Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 An 506/77
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Ausbildung zum „Schriftleiter” nach dem Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 (RGBl. I S. 713) und der hierzu erlassenen Verordnung vom 19. Dezember 1933 (RGBl. I S. 1085) ist keine Ausfallzeit.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 18. März 1977 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anrechenbarkeit der Zeit vom 1. Mai 1933 bis 30. April 1934 als Ausfallzeit gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 4 a Angestelltenversicherungsgesetz (AVG).
Der 1911 geborene Kläger beantragte am 22. April 1974 die Gewährung von Altersruhegeld wegen Vollendung des 63. Lebensjahres und gab hierzu u.a. an, von Anfang Mai 1933 bis 30. April 1934 als Volontär bei der Nationalzeitung in E. beschäftigt gewesen zu sein. Beiträge zur Rentenversicherung seien nicht entrichtet worden. Im Anschluß daran sei er als Redakteur beschäftigt gewesen.
Durch Bescheid vom 24. Juli 1974 gewährte die Beklagte dem Kläger Altersruhegeld ab 1. August 1974. Die streitige Zeit wurde nicht angerechnet.
Mit seiner Klage gegen diesen Bescheid machte der Kläger geltend, bei der Volontärzeit habe es sich um eine Lehrzeit gehandelt. Nach den damaligen gesetzlichen Bestimmungen sei er zum "Schriftleiter” (Redakteur) ausgebildet worden. Diese Ausbildung sei für seinen künftigen Beruf als Redakteur erforderlich gewesen. Im Rahmen der Ausbildung habe er bei der Nationalzeitung in E. sämtliche Abteilungen durchlaufen und sei auf diese Weise fachmännisch ausgebildet worden. Er stützte sich hierzu auf eine Erklärung des Redakteurs W. K. vom 2. Oktober 1974 sowie auf ein Gutachten des Vereines R. Zeitungsverleger e.V. vom 1. März 1976.
Diesem Gutachten entnimmt der Kläger, daß die Ausbildung zum Redakteur eine Lehrzeit sei wie die eines Kaufmannes oder Handwerkers.
Die Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, der Beruf eines Redakteurs sei kein Lehrberuf. Der Kläger sei Volontär, nicht aber Lehrling gewesen. Die Anrechnung der streitigen Zeit als Ausfallzeit sei deshalb nicht möglich.
Durch Urteil vom 18. März 1977 hat das Sozialgericht Darmstadt die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Ausbildung zum Redakteur lasse sich nicht mit einer Lehrzeit vergleichen. Diese Ausbildung sei nicht mit einer Prüfung abgeschlossen worden. Eine entsprechende Anwendung des Begriffes Lehrzeit komme für andere Ausbildungsarten nicht in Betracht.
Gegen dieses am 20. April 1977 zwecks Zustellung an den Kläger zur Post gegebene Urteil richtet sich seine am 13. Mai 1977 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung, mit der er seinen Anspruch weiterverfolgt.
Der Kläger vertritt die Auffassung, auf das Erfordernis einer Abschlußprüfung dürfe es nicht ankommen. Tatsächlich sei die Ausbildung nach einem Jahr durch ein entsprechendes Zeugnis der Schriftleitung abgeschlossen worden. Durch die Ausbildung habe er die Fachkenntnisse eines Redakteurs erworben. Es entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, diesen Ausbildungsgang als Lehrzeit zu behandeln.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 18. März 1977 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 24. Juli 1974 zu verurteilen, die Zeit vom 1. Mai 1933 bis 30. April 1934 als Ausfallzeit anzurechnen und das Altersruhegeld neu zu berechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichts- und Rentenakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig; sie ist an sich statthaft und in rechter Form und Frist eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
In der Sache selbst erweist sich jedoch die Berufung als unbegründet.
Dem angefochtenen Urteil ist im Ergebnis zuzustimmen. Die streitige Zeit ist keine Ausfallzeit im Sinne des § 36 AVG. Sie fällt insbesondere nicht unter § 36 Abs. 1 Nr. 4 a AVG, weil sie keine Lehrzeit ist.
Nach dem Inhalt des § 36 AVG wie auch nach dem Willen des Gesetzgebers soll nicht jede Ausbildungszeit, für die keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet wurden, als Ausfallzeit anrechenbar sein (vgl. BSG SozR RVO § 1259 Nr. 40 mit weiteren Nachweisen). Das Gesetz enthält eine abschließende Aufzählung aller Ausfalltatbestände.
Dabei ist es möglich und vom Gesetzgeber in Kauf genommen, daß einzelne Tatbestände nicht erfaßt sind. Dies hat zur Folge, daß sie keine anrechenbaren Ausfallzeiten begründen.
Der Begriff "Lehrzeit” in § 36 Abs. 1 Nr. 4 a AVG umfaßt nicht die Zeiten als Praktikant oder als Volontär (vgl. KOCH-HARTMANN, AVG, § 36 Anm. B 2.4). Letztere sind sowohl nach der Terminologie der Gesetze wie auch nach der Verkehrsauffassung durchweg keine Lehrzeiten. Sie fallen mit dieser nur in den Oberbegriff "Berufsausbildung” zusammen. Das Gesetz will aber nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht alle unter diesen Oberbegriff fallende Zeiten, sondern nur Lehrzeiten im engeren Sinne als Ausfallzeiten behandelt wissen.
Hiernach kommt es darauf an, ob der Kläger während seiner Ausbildung zum Redakteur die Rechtsstellung eines Lehrlings hatte (vgl. BSG 31, 230). Diese Frage ist zu verneinen. Kennzeichnend für ein Lehrverhältnis ist die planmäßige Fachausbildung für einen bestimmten Beruf (vgl. HUECK-NIPPERDEY, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 6. Auflage, Band 1 S. 72). Dies erfordert nach den für anerkannten Lehrberufe üblichen Gepflogenheiten eine von vornherein festgelegte Lehrzeit, eine planmäßige Vermittlung von Berufskenntnissen und als Ausbildungsziel einen bestimmten Standard beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten, die über die Anforderungen und Besonderheiten des Ausbildungsbetriebes hinausgehen können. Aufgrund dieses allgemeinen (allgemein anerkannten) Standards soll der Ausgebildete in die Lage versetzt worden, seinen Beruf überall ausüben zu können.
Diesen Anforderungen genügt die vom Kläger absolvierte Ausbildung zum Redakteur nicht.
Zu Beginn der Ausbildung (Mai 1933) gab es hierfür noch keine gesetzliche Grundlage. Diese wurde erst geschaffen durch das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 (RGBl. I S. 713) und der hierzu erlassenen Verordnung vom 19. Dezember 1933 (RGBl. I S. 1085). Indessen eignet sich diese gesetzliche Grundlage nicht dazu, die Ausbildung als Lehrzeit anzusehen.
Eine fachmännische Ausbildung war nach § 5 Nr. 6 des Schriftleitergesetzes für die Zulassung zum Schriftleiterberuf erforderlich. Hierfür gab es allerdings keine feste, sondern nur eine Mindestausbildungszeit (§ 7). Diese Ausbildungszeit konnte danach ohne weiteres durch den Ausbildungsbetrieb verlängert werden, mag dies in der Praxis nicht oder nur selten vorgenommen sein. Diese Ausbildung mußte sich auch nicht planmäßig wie bei einem Lehrling vollziehen. Weder das Schriftleitergesetz noch die hierzu erlassene Verordnung enthalten einen Ausbildungsplan oder wenigstens Bereiche, in denen ausgebildet werden mußte. Die Gestaltung der Ausbildung blieb den Ausbildungsbetrieben überlassen. Ein Ansatz für eine planmäßige, nach einheitlichen Grundsätzen durchzuführende Ausbildung findet sich in § 25 Abs. 1 Nr. 1 des Schriftleitergesetzes, wonach der Reichsverband der Schriftleiter u.a. die Aufgabe hat, Ausbildungseinrichtungen für Schriftleiter zu schaffen. Hierdurch hätte eine systematische Berufsausbildung sichergestellt werden können, die den Charakter einer Lehrzeit gehabt hätte. Diese vom Gesetz erst vorgesehene Entwicklung kann dem Kläger noch nicht zugute kommen.
Es gibt auch kein Berufsbild, das als Ziel einer planmäßigen Ausbildung für die Tätigkeit eines Redakteurs normiert oder allgemein anerkannt wäre. Demgegenüber zeichnen sich die üblichen Lehrberufe durch ein Berufsbild aus, wo die durch die Lehre zu vermittelnden beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten im einzelnen dargestellt sind. Auch das Schriftleitergesetz und die dazu ergangene Verordnung haben ein solches Berufsbild nicht fixiert. Das Gesetz enthält zwar Vorschriften über die Aufgaben eines Redakteurs (geistige Einwirkung auf die Öffentlichkeit – § 5 Nr. 7) wie auch über seine Pflichten (Erhaltung der Kraft des Deutschen Reiches, den Gemeinschaftswillen des deutschen Volkes etc. – § 14), jedoch keine Bestimmungen über Mindestanforderungen an Fachwissen und Fachkönnen. Es blieb vielmehr dem Ausbildungsbetrieb überlassen, nach mindestens einem Jahr ein Zeugnis über die fachliche Qualifikation zum Redakteur schlechthin auszustellen.
Unter diesen Umständen ist die Ausbildung zum Redakteur keine Lehrzeit, sondern eine Volontärzeit, die als Ausfallzeit nicht anrechenbar ist. Sie dient der Vermittlung von praktischen Kenntnissen des Zeitungswesens, die für die Ausübung einer Redakteurtätigkeit nützlich, ja notwendig sein mögen. Dies ist indessen keine systematische, auf das Ziel eines normierten oder allgemein anerkannten Berufsbildes hin gerichtete Lehre. Auch im allgemeinen Sprachgebrauch heißt es allenfalls "Redaktionsvolontär”, nicht aber "Redakteurlehrling” oder ähnlich. Dieser allgemeine Sprachgebrauch spricht ebenfalls gegen eine Lehre im eigentlichen Sinne.
Nach alldem erweist sich die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt als unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, weil die Anrechenbarkeit einer Redakteurausbildung als Ausfallzeit von grundsätzlicher Bedeutung ist.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anrechenbarkeit der Zeit vom 1. Mai 1933 bis 30. April 1934 als Ausfallzeit gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 4 a Angestelltenversicherungsgesetz (AVG).
Der 1911 geborene Kläger beantragte am 22. April 1974 die Gewährung von Altersruhegeld wegen Vollendung des 63. Lebensjahres und gab hierzu u.a. an, von Anfang Mai 1933 bis 30. April 1934 als Volontär bei der Nationalzeitung in E. beschäftigt gewesen zu sein. Beiträge zur Rentenversicherung seien nicht entrichtet worden. Im Anschluß daran sei er als Redakteur beschäftigt gewesen.
Durch Bescheid vom 24. Juli 1974 gewährte die Beklagte dem Kläger Altersruhegeld ab 1. August 1974. Die streitige Zeit wurde nicht angerechnet.
Mit seiner Klage gegen diesen Bescheid machte der Kläger geltend, bei der Volontärzeit habe es sich um eine Lehrzeit gehandelt. Nach den damaligen gesetzlichen Bestimmungen sei er zum "Schriftleiter” (Redakteur) ausgebildet worden. Diese Ausbildung sei für seinen künftigen Beruf als Redakteur erforderlich gewesen. Im Rahmen der Ausbildung habe er bei der Nationalzeitung in E. sämtliche Abteilungen durchlaufen und sei auf diese Weise fachmännisch ausgebildet worden. Er stützte sich hierzu auf eine Erklärung des Redakteurs W. K. vom 2. Oktober 1974 sowie auf ein Gutachten des Vereines R. Zeitungsverleger e.V. vom 1. März 1976.
Diesem Gutachten entnimmt der Kläger, daß die Ausbildung zum Redakteur eine Lehrzeit sei wie die eines Kaufmannes oder Handwerkers.
Die Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, der Beruf eines Redakteurs sei kein Lehrberuf. Der Kläger sei Volontär, nicht aber Lehrling gewesen. Die Anrechnung der streitigen Zeit als Ausfallzeit sei deshalb nicht möglich.
Durch Urteil vom 18. März 1977 hat das Sozialgericht Darmstadt die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Ausbildung zum Redakteur lasse sich nicht mit einer Lehrzeit vergleichen. Diese Ausbildung sei nicht mit einer Prüfung abgeschlossen worden. Eine entsprechende Anwendung des Begriffes Lehrzeit komme für andere Ausbildungsarten nicht in Betracht.
Gegen dieses am 20. April 1977 zwecks Zustellung an den Kläger zur Post gegebene Urteil richtet sich seine am 13. Mai 1977 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung, mit der er seinen Anspruch weiterverfolgt.
Der Kläger vertritt die Auffassung, auf das Erfordernis einer Abschlußprüfung dürfe es nicht ankommen. Tatsächlich sei die Ausbildung nach einem Jahr durch ein entsprechendes Zeugnis der Schriftleitung abgeschlossen worden. Durch die Ausbildung habe er die Fachkenntnisse eines Redakteurs erworben. Es entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, diesen Ausbildungsgang als Lehrzeit zu behandeln.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 18. März 1977 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 24. Juli 1974 zu verurteilen, die Zeit vom 1. Mai 1933 bis 30. April 1934 als Ausfallzeit anzurechnen und das Altersruhegeld neu zu berechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichts- und Rentenakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig; sie ist an sich statthaft und in rechter Form und Frist eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
In der Sache selbst erweist sich jedoch die Berufung als unbegründet.
Dem angefochtenen Urteil ist im Ergebnis zuzustimmen. Die streitige Zeit ist keine Ausfallzeit im Sinne des § 36 AVG. Sie fällt insbesondere nicht unter § 36 Abs. 1 Nr. 4 a AVG, weil sie keine Lehrzeit ist.
Nach dem Inhalt des § 36 AVG wie auch nach dem Willen des Gesetzgebers soll nicht jede Ausbildungszeit, für die keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet wurden, als Ausfallzeit anrechenbar sein (vgl. BSG SozR RVO § 1259 Nr. 40 mit weiteren Nachweisen). Das Gesetz enthält eine abschließende Aufzählung aller Ausfalltatbestände.
Dabei ist es möglich und vom Gesetzgeber in Kauf genommen, daß einzelne Tatbestände nicht erfaßt sind. Dies hat zur Folge, daß sie keine anrechenbaren Ausfallzeiten begründen.
Der Begriff "Lehrzeit” in § 36 Abs. 1 Nr. 4 a AVG umfaßt nicht die Zeiten als Praktikant oder als Volontär (vgl. KOCH-HARTMANN, AVG, § 36 Anm. B 2.4). Letztere sind sowohl nach der Terminologie der Gesetze wie auch nach der Verkehrsauffassung durchweg keine Lehrzeiten. Sie fallen mit dieser nur in den Oberbegriff "Berufsausbildung” zusammen. Das Gesetz will aber nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht alle unter diesen Oberbegriff fallende Zeiten, sondern nur Lehrzeiten im engeren Sinne als Ausfallzeiten behandelt wissen.
Hiernach kommt es darauf an, ob der Kläger während seiner Ausbildung zum Redakteur die Rechtsstellung eines Lehrlings hatte (vgl. BSG 31, 230). Diese Frage ist zu verneinen. Kennzeichnend für ein Lehrverhältnis ist die planmäßige Fachausbildung für einen bestimmten Beruf (vgl. HUECK-NIPPERDEY, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 6. Auflage, Band 1 S. 72). Dies erfordert nach den für anerkannten Lehrberufe üblichen Gepflogenheiten eine von vornherein festgelegte Lehrzeit, eine planmäßige Vermittlung von Berufskenntnissen und als Ausbildungsziel einen bestimmten Standard beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten, die über die Anforderungen und Besonderheiten des Ausbildungsbetriebes hinausgehen können. Aufgrund dieses allgemeinen (allgemein anerkannten) Standards soll der Ausgebildete in die Lage versetzt worden, seinen Beruf überall ausüben zu können.
Diesen Anforderungen genügt die vom Kläger absolvierte Ausbildung zum Redakteur nicht.
Zu Beginn der Ausbildung (Mai 1933) gab es hierfür noch keine gesetzliche Grundlage. Diese wurde erst geschaffen durch das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 (RGBl. I S. 713) und der hierzu erlassenen Verordnung vom 19. Dezember 1933 (RGBl. I S. 1085). Indessen eignet sich diese gesetzliche Grundlage nicht dazu, die Ausbildung als Lehrzeit anzusehen.
Eine fachmännische Ausbildung war nach § 5 Nr. 6 des Schriftleitergesetzes für die Zulassung zum Schriftleiterberuf erforderlich. Hierfür gab es allerdings keine feste, sondern nur eine Mindestausbildungszeit (§ 7). Diese Ausbildungszeit konnte danach ohne weiteres durch den Ausbildungsbetrieb verlängert werden, mag dies in der Praxis nicht oder nur selten vorgenommen sein. Diese Ausbildung mußte sich auch nicht planmäßig wie bei einem Lehrling vollziehen. Weder das Schriftleitergesetz noch die hierzu erlassene Verordnung enthalten einen Ausbildungsplan oder wenigstens Bereiche, in denen ausgebildet werden mußte. Die Gestaltung der Ausbildung blieb den Ausbildungsbetrieben überlassen. Ein Ansatz für eine planmäßige, nach einheitlichen Grundsätzen durchzuführende Ausbildung findet sich in § 25 Abs. 1 Nr. 1 des Schriftleitergesetzes, wonach der Reichsverband der Schriftleiter u.a. die Aufgabe hat, Ausbildungseinrichtungen für Schriftleiter zu schaffen. Hierdurch hätte eine systematische Berufsausbildung sichergestellt werden können, die den Charakter einer Lehrzeit gehabt hätte. Diese vom Gesetz erst vorgesehene Entwicklung kann dem Kläger noch nicht zugute kommen.
Es gibt auch kein Berufsbild, das als Ziel einer planmäßigen Ausbildung für die Tätigkeit eines Redakteurs normiert oder allgemein anerkannt wäre. Demgegenüber zeichnen sich die üblichen Lehrberufe durch ein Berufsbild aus, wo die durch die Lehre zu vermittelnden beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten im einzelnen dargestellt sind. Auch das Schriftleitergesetz und die dazu ergangene Verordnung haben ein solches Berufsbild nicht fixiert. Das Gesetz enthält zwar Vorschriften über die Aufgaben eines Redakteurs (geistige Einwirkung auf die Öffentlichkeit – § 5 Nr. 7) wie auch über seine Pflichten (Erhaltung der Kraft des Deutschen Reiches, den Gemeinschaftswillen des deutschen Volkes etc. – § 14), jedoch keine Bestimmungen über Mindestanforderungen an Fachwissen und Fachkönnen. Es blieb vielmehr dem Ausbildungsbetrieb überlassen, nach mindestens einem Jahr ein Zeugnis über die fachliche Qualifikation zum Redakteur schlechthin auszustellen.
Unter diesen Umständen ist die Ausbildung zum Redakteur keine Lehrzeit, sondern eine Volontärzeit, die als Ausfallzeit nicht anrechenbar ist. Sie dient der Vermittlung von praktischen Kenntnissen des Zeitungswesens, die für die Ausübung einer Redakteurtätigkeit nützlich, ja notwendig sein mögen. Dies ist indessen keine systematische, auf das Ziel eines normierten oder allgemein anerkannten Berufsbildes hin gerichtete Lehre. Auch im allgemeinen Sprachgebrauch heißt es allenfalls "Redaktionsvolontär”, nicht aber "Redakteurlehrling” oder ähnlich. Dieser allgemeine Sprachgebrauch spricht ebenfalls gegen eine Lehre im eigentlichen Sinne.
Nach alldem erweist sich die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt als unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, weil die Anrechenbarkeit einer Redakteurausbildung als Ausfallzeit von grundsätzlicher Bedeutung ist.
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