Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 5 Ar 252/82
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 Ar 1522/84
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Mindestvoraussetzung für die Förderung der Teilnahme an der Arbeitstrainingsstufe in einer Behindertenwerkstatt durch die Bundesanstalt ist, daß die Prognose lautet, daß der behinderte durch die Maßnahme ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen werde. Vor Förderungsbeginn des zweiten Jahres ist eine erneute Prognose zu stellen, bei der die Erkenntnisse der Beschäftigten der Behindertenwerkstatt zu berücksichtigen sind, die Bundesanstalt jedoch auch eigene Ermittlungen anstellen kann.
Ist im ersten Jahr der Teilnahme an der Arbeitstrainingsstufe bereits ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erreicht worden, schließt dies die Weiterförderung grundsätzlich nicht aus, da auch die Erhöhung einer bereits vorhandenen Leistungsfähigkeit förderbar ist.
Ist im ersten Jahr der Teilnahme an der Arbeitstrainingsstufe bereits ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erreicht worden, schließt dies die Weiterförderung grundsätzlich nicht aus, da auch die Erhöhung einer bereits vorhandenen Leistungsfähigkeit förderbar ist.
I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 14. August 1984 insoweit aufgehoben und die Klage abgewiesen, als die Beklagte zur Übernahme der Kosten für Unterkunft und Verpflegung im Wohnheim der Lebenshilfe verurteilt wurde und der Bescheid vom 30. September 1982 sowie der Widerspruchsbescheid vom 29. November 1982 insoweit aufgehoben wurden.
In übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin beider Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
In dem Rechtsstreit geht es um die Kosten der Teilnahme für ein zweites Jahr an der Arbeitstrainingsstufe in der Werkstatt für Behinderte, einem Ausbildungsgeld, sowie Unterkunft und Verpflegung im Wohnheim.
Die 1925 geborene Klägerin soll die Volksschule durchlaufen haben, jedoch weder Lesen noch Schreiben können. Sie lebte zunächst bei ihren Eltern, später im Haushalt ihrer Schwester K. S., die 1981 verstarb. Die Klägerin war bis zu diesem Zeitpunkt niemals berufstätig gewesen. Die Klägerin ist im besitz eines Schwerbehindertenausweises mit einem anerkannten Grad der Hinderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 % sowie den Merkzeichen "H”, "RF” und "B”.
Am 22. Juli 1981 beantragte die Klägerin bei der Beklagten "die erforderlichen Leistungen für meine berufliche Rehabilitation”. Dr. A. vom Arbeitsamtsärztlichen Dienst kam in seinen Gutachten vom 27. August 1981 zu dem Ergebnis, daß bei der Klägerin ein übergewichtiger Ernährungs- und ausreichender Kräftezustand bestehe. Das Leistungsvermögen werde eingeschränkt durch einen Schwachsinn dritten Grades. Zumutbar seien ihr, wenn überhaupt, nur ganz leichte, einfache Tätigkeiten unter ständiger Beaufsichtigung. Es bestünden Bedenken, ob die Klägerin in der Lage sei, ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Leistung zu erbringen. Ein Versuch sollte aber unternommen werden. Die Beschäftigung in einer Werkstatt für Behinderte werde nach Durchlaufen der Eingangs- und Trainingsstufe befürwortet. Die Klägerin falle unter den Personenkreis des § 39 i.V. § 100 Bundessozialhilfegesetz (BSHG).
Mit Bescheid vom 8. September 1981 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß sie die im Zusammenhang mit der Teilnahme an der Eingangs- und Arbeitstrainingsstufe in der Werkstatt für Behinderte in der Lebenshilfe für zunächst ein Jahr entstehenden Kosten übernehme, Über Art, Höhe und Dauer der Leistung erhalte sie gesonderten Bescheid. Mit Schreiben vom 23. September 1981 teilte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin der Beklagten mit, daß die Klägerin am 21. September 1981 in die Eingangs- Trainingsstufe der Werkstatt aufgenommen worden sei. Da die Schwester der Klägerin vor kurzen verstorben sei, habe sich die Notwendigkeit einer Wohnheimaufnahme der Klägerin ergeben. Es werde deshalb um Übernahme der Wohnheimkosten gebeten. Mit Bescheid vom 25. September 1981 übernahm die Beklagte die Kosten für Unterkunft und Verpflegung im Rahmen der Eingangs- und Trainingsstufe für zunächst ein Jahr. Über Art, Höhe und Dauer der Leistungen erhalte sie gesonderten Bescheid. Tut Bescheid vom 8. Dezember 1981 bewilligte die Beklagte Ausbildungsgeld von monatlich DM 65,– für die Zeit vom 1. November 1981 bis 20. August 1982. Für die Zeit vom 21. September bis 31. Oktober 1981 lehnte die Beklagte die Zahlung von Ausbildungsgeld ab, da die Klägerin in dieser Zeit über ein monatliches Einkommen von DM 450,20 verfügt habe.
Am 14. September 1982 beantragte die Klägerin die Verlängerung der Trainingsstufe für ein weiteres Jahr mit dem Hinweis darauf, daß es wegen ihres hohen. Alters in den ersten Monaten erhebliche Eingewöhnungsschwierigkeiten gegeben habe. Die Arbeitsmotivation habe auch erst langsam geweckt bzw. aufgebaut werden müssen. Durch die langsame Auffassungsgabe und Vergeßlichkeit bedürfe sie noch der ständigen Überwachung. Nach intensivem Training zeigten sich die ersten kleineren Fortschritte. Sie bedürfe jedoch noch der weiteren Förderung bezüglich ihrer manuellen Fähigkeiten und ihrer Arbeitsmotivation. Mit Bescheid vom 30. September 1982 lehnte die Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, daß durch eine weitere Förderung keine Leistungssteigerung mehr erreicht werden könne. Auch im Hinblick auf das fortgeschrittene Alter dürften die Aufwendungen nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg stehen. Die Klägerin solle mit der erreichten Leistungsfähigkeit in den Produktionsbereich übernommen werden. In Widerspruch von 29. Oktober 1982 wies die Klägerin vor allem auf die intensive Betreuung im Trainingsbereich durch den günstigen Betreuungsschlüssel (1:6) hin. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. November 1982 wies die Beklagte den Widerspruch im wesentlichen mit der Begründung zurück, daß auf Grund des Alters und der Schwere der Behinderung davon ausgegangen werden müsse, daß auch bei einer weiteren einjährigen Förderung eine weitere Leistungssteigerung nicht erreicht werde. Eine weitergehende Förderung sei auch im Hinblick auf § 5 Abs. 3 Anordnung-Rehabilitation (A-Reha) nicht vertretbar. Der Grundsatz von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verbiete weitere Förderungsleistungen.
Hiergegen hat die Klägerin am 23. Dezember 1982 Klage erhoben und vorgetragen, ihre Fortschritte im ersten Jahr hätten bestätigt, daß die Leistungsfähigkeit durch weiteres intensives Training noch weiter entwickelt werden könne. Die Ablehnung durch die Beklagte gefährde die Gleichbehandlung aller Behinderten, da hier auf Grund der Art und der Schwere der Behinderung sowie ihres Alters eine weitere Förderung abgelehnt werde. Weder im Arbeitsförderungsgesetz (AFG) noch in der A-Reha sei eine bestimmte Altershöchstgrenze bezüglich der Förderbarkeit im Arbeitstrainingsbereich festgesetzt.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, daß bei der Klägerin wegen ihres Alters – vorausgesetzt, daß sie das Bildungsziel erreichen würde – nur eine relativ kurze produktive Beschäftigungszeit erwartet werden könne. Bei der Einschätzung der künftigen Leistung könne die Schwere der Behinderung nicht außer Betracht bleiben. Die Versichertengemeinschaft habe die bisherige einjährige Teilnahme der Klägerin an der Bildungsmaßnahme mit knapp DM 30.000,– gefordert. Eine weitere Förderung wäre unvernünftig und finanziell unverantwortlich.
Mit Urteil vom 14. August 1984 (S-5/Ar-252/82) hob das Sozialgericht Wiesbaden die Bescheide der Beklagten vom 30. September 1982 und vom 29. November 1982 auf und verurteilte die Beklagte, im Anschluß an die Bewilligung vom 8. September 1981, von 25. September 1981 und vom 8. Dezember 1981 für ein weiteres Jahr die Kosten für die Teilnahme der Klägerin an der Eingangs- und Arbeitstrainingsstufe sowie für Unterkunft und Verpflegung zu übernehmen und Ausbildungsgeld zu bewilligen. Das Sozialgericht begründete die Entscheidung damit, der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus §§ 56, 58 AFG i.V. §§ 24 Abs. 3 Nr. 4, 29 Abs. 3 und 33 Abs. 3 A-Reha (vom 21. Juli 1975 in der Fassung der 7. Änderungsanordnung vom 16. März 1982 – ANBA S. 575). Mit der Gewährung für ein weiteres Jahr sei die grundsätzliche Höchstdauer von zwei Jahren nicht überschritten.
Gegen das ihr am 17. Oktober 1984 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14. November 1984 Berufung eingelegt. Die Beklagte trägt vor, nach § 56 Abs. 1 AFG gewähre sie als berufsfördernde Maßnahme zur Rehabilitation die Hilfen, die erforderlich seien, um die Erwerbsfähigkeit der körperlich, geistig oder seelisch Behinderten entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wieder herzustellen und die Behinderten möglichst auf Dauer beruflich einzugliedern. Dazu gehörten gemäß § 58 Abs. 1 a AFG auch Leistungen zur Teilnahme an Maßnahmen im Eingangsverfahren und Arbeitstrainingsbereich anerkannter Werkstätten für behinderte bis zu zwei Jahren, sofern die Maßnahmen zur Entwicklung, Erhöhung oder Wiedergewinnung der Leistungsfähigkeit der behinderten erforderlich seien und als Maßnahmeerfolg wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich vertretbarer Arbeitsleistung im Sinne des § 52 Abs. 3 Schwerbehindertengesetz (SchwbG) erwartet werden könne. Die Konkretisierung des Anspruchs erfolge in der A-Reha. Nach § 22 Abs. 2 A-Reha würden berufsfördernde und ergänzende Leistungen zur Teilnahme an einer Maßnahme über ein Jahr hinaus nur dann gewährt, wenn festgestellt werde, daß auch weiterhin die Leistungsfähigkeit des Behinderten entwickelt, erhöht oder wiedergewonnen werden könne. Die Gesamtaufwendungen müßten nach § 5 Abs. 3 A-Reha im Hinblick auf den angestrebten Erfolg unter Berücksichtigung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vertretbar und auf Grund der Umstände des Einzelfalles erforderlich seien. Für eine Weiterförderung der Klägerin um ein Jahr entsprechend dem Antrag vom 14. September 1982 wäre Voraussetzung gewesen, daß die Leistungsfähigkeit der Klägerin auch weiterhin hätte entwickelt oder erhöht werden können. Eine taugliche Leistungsentwicklung bzw. -erhöhung habe von Seiten der Beklagten nicht festgestellt werden können. Erfahrungsgemäß hätte die Verlängerung des Arbeitstrainingsbereiches um ein weiteres Jahr auf Grund der altersbedingten Abnahme der Lernfähigkeit und Auffassungsgabe nicht zu einer Leistungsentwicklung bzw. -erhöhung geführt. Die positive Entscheidung des Sozialgerichts habe zur Folge, daß die Werkstätten für Behinderte gleichsam die Höflichkeit erhielten, allein über eine Weiterförderung zu entscheiden. Dabei sei es aufgäbe des überörtlichen Sozialhilfeträgers, Behinderten nach dem erfolgreichen Absolvieren vier Arbeitstrainingsstufe Gelegenheit zur Ausübung einer ihrer Behinderung entsprechenden Beschäftigung in einer Werkstatt für Behinderte zu geben und etwaige "Defizitkosten” des Arbeitsplatzes zu tragen (Urteil des BUG von 9. Dezember 1982 – 7 Rar 14/82 in SozR 4100 § 56 AFG Nr. 13, Bundestagsdrucksache 8/2914 zu Art. 1 Nr. 17 S. 42 ff). Ergänzend werde auf die Urteile des BSG vom 7. Dezember 1983 (7 RAr 73/82 in Dienstblatt-Recht – DBlR – 2928 a zu § 58 AFG) und von 22. Februar 1984 (7 RAr 72/82) hingewiesen, wonach es für das Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung i.S. § 52 Abs. 3 SchwbG ausreiche, wenn der Behinderte irgendwie am Arbeitsauftrag der Werkstatt für Behinderte mitwirken könne. Diesen Endstand habe die Klägerin nach knapp einjähriger Förderung erreicht gehabt, da sie einfache Montagearbeiten habe ausführen können. Die vorgelegten Beobachtungsbögen seien dem zuständigen Rena-Berater der Beklagten nicht bekannt gewesen, es ergäben sich daraus jedoch keine Hinweise auf die Qualität der verwertbaren Arbeitsleistung der Klägerin. Laut Aussage der Zeugin N. am 3. April 1987 habe die Leistungsfähigkeit der Klägerin altersbedingt seit ein bis zwei Jahren stark nachgelassen. Eine derartige Entwicklung sei von der beklagten erwartet worden, so daß von ihr unter Berücksichtigung von Aufwand und Ertrag entschieden worden sei, die Klägerin nur für ein Jahr zu fördern. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung seien auf keinen Fall von der Beklagten zu tragen, da die Klägerin auch ohne die Teilnahme an der Maßnahme in einem Wohnheim hätte untergebracht werden müssen (Urteil des BSG vom 9. November 1983 – 7 RAr 48/82 in DBlR Nr. 2918 a zu § 56 AFG).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 14. August 1984 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin trägt vor, sie sei bis zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Eingangs- und Trainingsstufe der Behindertenwerkstatt am 21. September 1981 von ihrer Schwester betreut worden und dort mit einfachen Haushaltstätigkeiten beschäftigt worden, deshalb habe sie große Schwierigkeiten gehabt, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Als ihre Schwester gestorben sei, habe sie am 13. Oktober 1981 auch noch in das Wohnheim aufgenommen werden müssen, was eine noch gröbere Umstellung bedeutet habe. Nach einigen Wochen sei es über das Angebot bekannter Arbeiten (Teebecher spülen, Aufräumen, Kehren etc.) gelungen, sie halbwegs in die Gruppe einzugliedern und vor allem an den Gruppenraum zu gewöhnen. Erst zu diesen Zeitpunkt haue sie langsam auch an andere arbeiten herangeführt werden können. Unter ständiger Beaufsichtigung und Aufforderung habe sie gelernt, Rollenlager für Industriemaschinen zusammenzusetzen (8 Eisenstifte in eine Rolle mit Einkerbungen drücken), und zwar zehn bis fünfzehn Stück am Tag, wenn auch mit größerer Fehlerquote, Heizungshalterungen zusammenzuschrauben (fünf bis sechs Teile pro Tag) und Getriebe für Teppichkehrer zu montieren (vier Teile aufeinandersetzen, fünf bis sechs Stück am Tag). Im zweiten Trainingsjahr sei es gelungen, Motivation, Selbständigkeit, Feinmotorik und Ausdauer zu verbessern, sowie die Fehlerquote stark zu vermindern. Sie habe keine ständige Unterweisung mehr benötigt. Die Leistungssteigerung habe täglich ca. 40 Rollenlager, bzw. 15 bis 20 Heizungshalterungen bzw. 10 Getriebe trieben. Sie habe auch differenziertere Tätigkeiten verrichten können, wie kleine Federn in Schneidradhalter (für Küchenabroller) setzen (20 bis 25 Stück pro Stunde), kleine Gummis auf die Schneidräder drücken (50 bis 60 Stück in der Stunde) und Pinsel in Schraubverschlußdeckel drücken (ca. 40 Stück in der Stunde). Es Handele sich dabei um Durchschnittswerte, wobei jedoch zwischendurch inner größere Pausen gelegen hatten. AUS den in Kopie vorgelegten Schreiben vom 23. September 1981 an das Arbeitsamt Limburg sowie vom 24. Oktober 1981 an den Beigeladenen ergäben sich die Gründe für die Wohnheimaufnahme. Die Klägerin hat ferner die "Beobachtungsbögen” über ihre Arbeitsleistung und ihr Verhalten während der ersten zwei Jahre in der Behindertenwerkstatt vorgelegt.
Die Klägerin hat ferner ein Schreiben des Beigeladenen vom 3. Juni 1982 sowie ein Protokoll der Sitzung des Fachausschusses vom 7. Juni 1982 vorgelegt. Sie trägt ergänzend vor, ihr Bevollmächtigter habe seine Unterlagen durchgesehen und nicht feststellen können, daß ihre Angelegenheit Gegenstand der Fachausschußsitzung am 7. Juni 1982 gewesen sei. An dieser Fachausschußsitzung haue jedenfalls kein Vertreter des Beigeladenen teilgenommen. Es sei ihr unverständlich, woher die entsprechende schriftsätzliche Behauptung des Beigeladenen stamme, üblicherweise werde die Frage der Verlängerung nach einjähriger Teilnahme an der Trainingsstufe auch nicht in die Fachausschußsitzung hineingenommen, sondern bei der beklagten ein schriftlicher Verlängerungsantrag gestellt, wie es auch in ihrem Fall mit Schreiben vom 14. September 1982 geschehen sei.
Der Beigeladene beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene trägt vor, aus seiner Gicht sei den Gründen des Sozialgerichts Wiesbaden vom 14. August 1984 in vollen Maße zu folgen, entgegen der Auffassung der Beklagten gebe es keine gesetzliche Grundlage einer Altersbeschränkung bei diesen Maßnahmen. Das Sozialgericht Wiesbaden habe richtig herausgestellt, daß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Runderlasses der Beklagten vom 22. Januar 1981 bestünden, daß in der Regel spätestens mit Erreichen des 60. Lebensjahres bei Aufnahme der Behinderten im Arbeitstrainingsbereich einer Behindertenwerkstatt die wirtschaftliche Vertretbarkeit im Sinne von § 5 Abs. 3 A-Reha nicht mehr gegeben sei. Die Beklagte müsse die Förderung der Maßnahmen individuell ausrichten. Danach lägen bei der Klägerin eindeutig die Voraussetzungen für die Erfüllung eines zweiten Arbeitstrainingsjahres vor, in dem eine Leistungssteigerung der Klägerin erreicht worden sei. In Normalfall müsse aber eine günstige Prognose nach Ablauf des ersten Arbeits- und Trainingsjahres ausreichen. In übrigen hätten die Vertreter im Fachausschuß der Werkstatt bis auf die Beklagte selbst in ihrer Sitzung am 7. Juni 1982 die Empfehlung für die Durchführung des zweiten Arbeits- und Trainingsjahres ebenfalls gegeben. Nach § 22 Abs. 3 der A-Reha sei sogar die Wiederholung einer Maßnahme im Arbeits- und Trainingsjahr vorgesehen, wenn auf andere Weise die vollständige und dauerhafte berufliche Eingliederung nicht erreicht werden könne, wenn sich die Beklagte i.S. des § 52 Abs. 3 SchwbG auf das Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeit beziehe, und dies zur Voraussetzung einer Förderung bzw. Nichtförderung mache, könne ja gerade nur anhand verschiedener Arbeitsabläufe überprüft werden, ob eine Leistungssteigerung durch weitere Trainingsmaßnahmen noch möglich sei, oder ob bei Erreichung des Mindestmaßes an wirtschaftlich verwertbarer Arbeit keine weitere Ausdauer, Belastung oder Fertigkeit mit höherem Schwierigkeitsgrad antrainiert werden könne.
Der Berichterstatter hat im Erörterungstermin am 3. April 1987 den Trainings- und Produktionsbereich der Behindertenwerkstatt der Lebenshilfe e.V. in besichtigt, ohne Erfolg versucht, mit der Klägerin ein kurzes Gespräch zu führen, sowie den bei der Beklagten tätigen Zeugen R. V. und die in der Behindertenwerkstatt tätige Zeugin B. N. vernommen, wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll Bezug genommen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und der Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zulässig, § 143 SGG. Berufungsausschließungsgründe nach §§ 144 ff SGG liegen nicht vor. Streitgegenstand sind wiederkehrende Leistungen über einen Zeitraum von mehr als dreizehn Wochen. Der Senat konnte auch in Abwesenheit eines Vertreters des Beigeladenen verhandeln und entscheiden, da der Beigeladene rechtzeitig und ordnungsgemäß zum Termin am 12. August 1987 geladen und dabei darauf hingewiesen worden war, daß auch im Falle der Abwesenheit eines Vertreters verhandelt und entschieden werden könne.
Die Berufung ist teilweise begründet. Soweit das Sozialgericht Wiesbaden den Bescheid der Beklagten vom 30. September 1982 und den Widerspruchsbescheid vom 29. November 1982 aufgehoben und die Beklagte zur Übernahme der Kosten des zweiten Jahres für Unterkunft und Verpflegung im Wohnheim der Lebenshilfe verurteilt hat, hält das Urteil einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand und war deshalb aufzuheben; die Klage war insoweit abzuweisen.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf übernähme der Kosten für Unterkunft und Verpflegung für das zweite Ausbildungsjahr (21. September 1982 bis 20. September 1983) in der Behindertenwerkstatt nach § 56 Abs. 3 Nr. 3 a AFG in der Fassung des Arbeitsförderungskonsolidierungsgesetzes vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1497). Danach werden die berufsfördernden Leistungen ergänzt durch die Übernahme der erforderlichen Kosten für Unterkunft und Verpflegung, wenn für die Teilnahme an der Maßnahme eine Unterbringung außerhalb des eigenen oder des elterlichen Haushaltes wegen Art oder Schwere der Behinderung oder zur Sicherung des Erfolges der Rehabilitation notwendig ist, entsprechend § 11 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (Reha-AnglG vom 7. August 1974 – BGBl. I S. 1881). Die Klägerin verfügte jedoch seit dem Tod ihrer Schwester im Herbst 1981 über keinen Haushalt außerhalb des Wohnheimes mehr (vgl. Urteil des BSG vom 21. August 1986 – 11 b RAr 8/85). Aus der Übernahme der Kosten für Unterkunft und Verpflegung für das erste Ausbildungsjahr durch die Beklagte läßt sich ein Anspruch für das zweite Jahr nicht herleiten, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, wobei hier dahinstehen kann, ob für das erste Jahr die Beklagte insoweit zu Recht geleistet hat, da dies nicht Streitgegenstand des zu entscheidenden Rechtsstreits ist.
Im übrigen ist die Berufung unbegründet und war deshalb zurückzuweisen. Zu Recht hat das Sozialgericht Wiesbaden eile Beklagte zur Bewilligung der Kosten der Teilnahme der Klägerin an der Arbeitstrainingsstufe und Ausbildungsgeld für ein weiteres Jahr verurteilt und insoweit zu Recht die entgegenstehenden Bescheide der Beklagten vom 30. September 1982 und vom 29. November 1982 aufgehoben.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung der Kosten der Teilnahme und von Ausbildungsgeld für das zweite Jahr in der Arbeitstrainingsstufe der Behindertenwerkstatt nach §§ 56, 58 Abs. 1 a Nr. 2 AFG in der Fassung des AFKG i.V. §§ 22 Abs. 2, 24 Abs. 3 Nr. 4 b A-Reha.
Nach § 56 Abs. 1 AFG gewährt die Beklagte als berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation die Hilfen, die erforderlich sind, um die Erwerbsfähigkeit der körperlich, geistig oder seelisch Behinderten entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wiederherzustellen und die Behinderten möglichst auf Dauer beruflich einzugliedern, entsprechend § 11 Abs. 1 Reha-AnglG vom 7. August 1974. Nach § 58 Abs. 1 a Nr. 2 APG (entsprechend § 11 Abs. 3 Reha-AnglG) werden berufsfördernde und ergänzende Leistungen zur Teilnahme an Maßnahmen im Eingangsverfahren und im Arbeitstrainingsbereich anerkannter Werkstätten für Behinderte erbracht, und zwar
1) ...
2) im Arbeitstrainingsbereich, wenn die Maßnahmen erforderlich sind, um die Leistungsfähigkeit des Behinderten zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen. Behinderte werden in diesem Bereich nur gefördert, sofern erwartet werden kann, daß sie nach Teilnahme an diesen Maßnahmen in der Lage sind, wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Sinne des § 52 Abs. 3 des Schwerbehindertengesetzes zu erbringen. Die Leistungen werden im Eingangsverfahren und im Arbeitstrainingsbereich insgesamt bis zu zwei Jahren erbracht. Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt entsprechend.
Nach § 58 Abs. 2 AFG bestimmt die Beklagte durch Anordnung das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der berufsfördernden und ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation. Sie hat dabei die besonderen Verhältnisse der Behinderten sowie die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu berücksichtigen und ihre Leistungen in Übereinstimmung mit den für die anderen Rehaträger im Sinne des Reha-Angleichungsgesetzes geltenden gesetzlichen Vorschriften zu regeln. Der Anspruch auf Zahlung von Ausbildungsgeld ergibt sich aus § 24 Abs. 3 Nr. 4 b der A-Reha, der Anspruch auf die Maßnahmekosten (hier noch Kosten der Ausbildung) ergibt sich aus § 29 Abs. 3 i.V. § 23 a A-Reha.
Die ablehnenden Bescheide der beklagten waren ohne die erforderliche Tatsachenermittlung zustande gekommen. Die Beklagte hätte auf den Antrag der Klägerin vom 14. September 1982 auf Verlängerung der Arbeitstrainingsstufe um ein weiteres Jahr zunächst Feststellungen treffen müssen über den bisher erreichten Grad der Erwerbsfähigkeit der Klägerin und die durch ein weiteres Arbeitstrainingsjahr voraussichtlich erzielbare Steigerung. Hierzu hat der Zeuge V. am 3. April 1987 eindeutig ausgesagt, daß er sich nicht von den Leistungsfortschritten der Klägerin überzeugt habe und sich auch keine Leistungsproben habe zeigen lassen. Der Bescheid vom 30. September 1982 stamme von ihm, er habe jedoch keine entsprechenden Tatsachenfeststellungen getroffen. Die Ablehnung habe auf seiner Erfahrung und dem ärztlichen Gutachten basiert. Dabei hat er offenbar das ärztliche Gutachten von 27. August 1981 gemeint, das jedoch bereits wegen des Zeitpunktes der Erstellung nichts darüber aussagen konnte, welche Fortschritte die Klägerin im ersten Jahr tatsächlich gemacht hatte und welche Fortschritte im zweiten Jahr voraussichtlich zu erwarten wären. Die allgemeine Erfahrung eines Reha-Sachbearbeiters kann jedoch niemals die Feststellung eines konkreten Sachverhaltes ersetzen, zumal der Zeuge V. noch zugegeben hat, daß das hohe Alter der Klägerin die Ausnahme darstellte, er insoweit also offenbar auch nicht über einschlägige Erfahrungen verfügte. Bei richtiger und vollständiger Bearbeitung hätte sich nach Auffassung des erkennenden Senats im September 1982 ergeben, daß durch ein weiteres Trainingsjahr die Leistungsfähigkeit der Klägerin voraussichtlich teilweise zu erhöhen und in bestimmten Bereichen erst zu entwickeln gewesen wäre. Dabei mußte es sich notwendigerweise um eine Prognose handeln. Die Prognose darf auch nicht im Rechtsstreit ersetzt werden durch eine nachträgliche Betrachtungsweise. Es ist also nicht möglich und zulässig, den nach der Aussage der Zeugin N. etwa im Jahr 1985/1986 tatsächlich eingetretenen verstärkten Altersabbau der Klägerin als Nachweis dafür heranzuziehen, daß im September 1982 keine Verlängerung der Rena-Maßnahme in Betracht gekommen wäre. Keinem der Beteiligten lag damals ein konkreter Anhaltspunkt vor, daß die Klägerin gerade 1985/1986 und nicht früher oder später oder evtl. überhaupt nicht einen verstärkten Altersabbau erleiden werde. Im Reha-Bericht ist angegeben, daß die Klägerin von Geburt an schwachsinnig sei und ein Verdacht auf Mongolismus bestehe, Sie nehme Kreislaufmittel, sonst sei sie gesund und auch bisher nicht ernsthaft krank gewesen. Im arbeitsamtsärztlichen Bericht des Dr. A. vom 27. August 1981 werden zwar Bedenken geäußert, ob die Klägerin ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Leistung erbringen Könne, ein Versuch sollte aber unternommen werden. Aus medizinischer Sicht wurde die Beschäftigung in der Behindertenwerkstatt nach Durchlaufen der Eingangs- und Trainingsstufe befürwortet. Auch insoweit taugen die allgemeinen Erfahrungen des Zeugen V. nicht, eine ungünstige Prognose zu begründen, Soweit die Beteiligten im Zusammenhang mit der. Runderlaß vom 22. Januar 1981 – II a 1-6014 – über die Gesetzmäßigkeit einer Altersbegrenzung für den Beginn berufsfördernder Maßnahmen auf 60 Jahre diskutieren, ist dies im vorliegenden Fall schon deshalb unerheblich, da die Klägerin im September 1982 erst 57 Jahre alt war. Es ist auch nicht überzeugend, wenn die beklagte befürchtet, daß die positive Entscheidung des Rechtsstreites gleichsam den Werkstätten für Behinderte die Kompetenz zuweise, über die Weiterförderung jeweils selbst zu entscheiden. Die Entscheidung liegt eindeutig bei der Beklagten. Die Regelung des § 22 Abs. 2 A-Reha schaltet eine erneute Überprüfung vor Bewilligung der Leistungen für das zweite Arbeitstrainingsjahr vor, was angesichts der Ungewißheit der Prognose bei Schwerstbehinderten sicherstellt, daß auch die Entwicklung des ersten Arbeitstrainingsjahres in die weitere Prognose einfließt. Sicherlich sind dabei die Feststellungen der Beschäftigten der Behindertenwerkstatt zu berücksichtigen, die Beklagte kann jedoch diese Feststellungen überprüfen, indem sie sich Leistungsproben zeigen läßt und ggf. selbständige Beurteilungen evtl. durch Gutachter abgeben läßt. Der Beklagte ist es jedoch verwehrt, die Erkenntnisse der Beschäftigten der Behindertenwerkstatt zu ignorieren und statt eigener Ermittlungen unbelegte Vermutungen zur Prognose zu erheben.
Nach den vorgelegten Beobachtungsbögen und vor allem den konkreten Angaben der für die Klägerin im Trainingsbereich als Sozialpädagogin zuständigen Zeugin N. im Termin am 3. April 1987 hat es fast ein halbes Jahr gedauert, bis die Klägerin im Raum blieb. Erst dann konnte begonnen werden, mit der Klägerin zu trainieren, daß sie sitzenblieb und an bestimmte Arbeiten der Trainingsstufe herangeführt wurde. Nach einem Jahr konnte die Klägerin zwei bis drei Arbeiten einigermaßen erledigen, hatte allerdings relativ hohe Fehlerquoten, war unstetig und mußte ständig vom Gruppenleiter angeleitet und beaufsichtigt werden. Zu diesem Zeitpunkt ging die Zeugin N. davon aus, daß die Klägerin vor allem wegen der hohen Fehlerquote und Unbeständigkeit nur in geringem Umfang im Produktionsbereich hätte eingesetzt werden können. Vor allem, da im Trainingsbereich der Betreuungsschlüssel bei 1:6 und im Produktionsbereich bei 1:12 liegt. Die im zweiten Trainingsjahr tatsächlich eingetretenen Fortschritte – wesentlich geringere Fehlerquote, erhebliche Besserung der feinmotorischen Fähigkeiten, höhere Stückzahl und Zunahme der Beständigkeit – waren nach Auffassung der Zeugin N. nach der Vorgeschichte der Klägerin nach Ende des ersten Trainingsjahres auch zu erwarten gewesen. Dieser Meinung der glaubwürdig und sachlich fundiert erscheinenden Zeugin schließt sich der erkennende Senat an. Es ist deshalb davon auszugehen, daß vor Beginn des zweiten Trainingsjahres anhand der konkreten Kenntnisse und Feststellungen der Beschäftigten der Behindertenwerkstatt eine günstige Prognose gestellt werden konnte. Die Richtigkeit einer günstigen Prognose wurde dann durch den tatsächlichen Verlauf bestätigt, wobei dies allerdings nur ein weiteres Indiz für die Richtigkeit der Prognose darstellt und nicht etwa selbständig den vollen Beweis erbringt.
Entgegen der Auffassung der Beklagten scheitert der Anspruch der Klägerin nicht daran, daß sie nach einem Jahr möglicherweise bereits ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung i.S. des § 52 Abs. 3 SchwbG erbrachte, § 58 Abs. 1 a Nr. 2 AFG. Insoweit handelt es sich um eine Mindestvoraussetzung, die bei Stellung der Prognose vor der Maßnahme erfüllt sein muß. Nur dann, wenn die Prognose lautet, daß der Behinderte durch die Maßnahme im Arbeitstrainingsbereich voraussichtlich ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen werde, kann die Maßnahme überhaupt gefördert werden (vgl. Urteil des BSG vom 7. Dezember 1983 – 7 RAr 73/82 – in DBlR Nr. 2928 a zu § 58 AFG). Der Umkehrschluß ist jedoch nicht zulässig, daß dann die Maßnahme nicht mehr weitergeführt werden darf oder gar abgebrochen werden muß, wenn ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erreicht ist. Insoweit sind die Maßnahmen im Arbeitstrainingsbereich zu erbringen, die erforderlich sind, um die Leistungsfähigkeit des Behinderten zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen. Dabei ist eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit bereits begrifflich nur dann möglich, wenn ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung schon vorhanden ist. Wie oben bereits ausgeführt wurde, war das zweite Trainingsjahr erforderlich (auch aus der Sicht des September 1982), um die guten Ansätze der Klägerin soweit auszubauen, daß die Klägerin sinnvoll im Produktionsbereich der Behindertenwerkstatt eingesetzt werden konnte. Der drei bis vier Jahre später eingetretene starke Abbau der Klägerin widerlegt die Richtigkeit der Prognose nicht, und führt auch nicht dazu, den einmal entstandenen Anspruch der Klägerin wieder entfallen zu lassen.
Der erkennende Senat konnte nicht feststellen, daß die Förderung des zweiten Arbeitstrainingsjahres der Klägerin entsprechend § 58 Abs. 2 i.V. § 5 Abs. 3 A-Reha im Hinblick auf den angestrebten Erfolg unter Berücksichtigung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht vertretbar war. So hat zum einen das Sozialgericht Wiesbaden zutreffend darauf hingewiesen, daß zu berücksichtigen sei, daß bereits für ein Jahr Förderungskosten bezahlt worden seien und deshalb ein vorzeitiger Abbruch (vor Erreichen des Maßnahmeziels) unwirtschaftlich wäre. Auch kann nicht auf die Rentabilität insoweit abgestellt werden, ob die Klägerin in der Folgezeit die Arbeitsplatzkosten oder gar einen Überschuß erwirtschaften kann. Dies hat der Gesetzgeber bereits mit der Verweisung auf § 52 Abs. 3 SchwbG und das damit lediglich zu erwartende Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung verneint. Zum anderen wird der von der Beklagten zu tragende Aufwand für das zweite Jahr dadurch verringert, daß keine Kosten für Unterkunft und Verpflegung anfallen, was bei einem von der Beklagten genannten Gesamtaufwand von etwa DM 30.000,– für das erste Jahr ausweislich einer Aufstellung in den Verwaltungsakten eine Verminderung um ca. ein Drittel ausmacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
In übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin beider Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
In dem Rechtsstreit geht es um die Kosten der Teilnahme für ein zweites Jahr an der Arbeitstrainingsstufe in der Werkstatt für Behinderte, einem Ausbildungsgeld, sowie Unterkunft und Verpflegung im Wohnheim.
Die 1925 geborene Klägerin soll die Volksschule durchlaufen haben, jedoch weder Lesen noch Schreiben können. Sie lebte zunächst bei ihren Eltern, später im Haushalt ihrer Schwester K. S., die 1981 verstarb. Die Klägerin war bis zu diesem Zeitpunkt niemals berufstätig gewesen. Die Klägerin ist im besitz eines Schwerbehindertenausweises mit einem anerkannten Grad der Hinderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 % sowie den Merkzeichen "H”, "RF” und "B”.
Am 22. Juli 1981 beantragte die Klägerin bei der Beklagten "die erforderlichen Leistungen für meine berufliche Rehabilitation”. Dr. A. vom Arbeitsamtsärztlichen Dienst kam in seinen Gutachten vom 27. August 1981 zu dem Ergebnis, daß bei der Klägerin ein übergewichtiger Ernährungs- und ausreichender Kräftezustand bestehe. Das Leistungsvermögen werde eingeschränkt durch einen Schwachsinn dritten Grades. Zumutbar seien ihr, wenn überhaupt, nur ganz leichte, einfache Tätigkeiten unter ständiger Beaufsichtigung. Es bestünden Bedenken, ob die Klägerin in der Lage sei, ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Leistung zu erbringen. Ein Versuch sollte aber unternommen werden. Die Beschäftigung in einer Werkstatt für Behinderte werde nach Durchlaufen der Eingangs- und Trainingsstufe befürwortet. Die Klägerin falle unter den Personenkreis des § 39 i.V. § 100 Bundessozialhilfegesetz (BSHG).
Mit Bescheid vom 8. September 1981 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß sie die im Zusammenhang mit der Teilnahme an der Eingangs- und Arbeitstrainingsstufe in der Werkstatt für Behinderte in der Lebenshilfe für zunächst ein Jahr entstehenden Kosten übernehme, Über Art, Höhe und Dauer der Leistung erhalte sie gesonderten Bescheid. Mit Schreiben vom 23. September 1981 teilte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin der Beklagten mit, daß die Klägerin am 21. September 1981 in die Eingangs- Trainingsstufe der Werkstatt aufgenommen worden sei. Da die Schwester der Klägerin vor kurzen verstorben sei, habe sich die Notwendigkeit einer Wohnheimaufnahme der Klägerin ergeben. Es werde deshalb um Übernahme der Wohnheimkosten gebeten. Mit Bescheid vom 25. September 1981 übernahm die Beklagte die Kosten für Unterkunft und Verpflegung im Rahmen der Eingangs- und Trainingsstufe für zunächst ein Jahr. Über Art, Höhe und Dauer der Leistungen erhalte sie gesonderten Bescheid. Tut Bescheid vom 8. Dezember 1981 bewilligte die Beklagte Ausbildungsgeld von monatlich DM 65,– für die Zeit vom 1. November 1981 bis 20. August 1982. Für die Zeit vom 21. September bis 31. Oktober 1981 lehnte die Beklagte die Zahlung von Ausbildungsgeld ab, da die Klägerin in dieser Zeit über ein monatliches Einkommen von DM 450,20 verfügt habe.
Am 14. September 1982 beantragte die Klägerin die Verlängerung der Trainingsstufe für ein weiteres Jahr mit dem Hinweis darauf, daß es wegen ihres hohen. Alters in den ersten Monaten erhebliche Eingewöhnungsschwierigkeiten gegeben habe. Die Arbeitsmotivation habe auch erst langsam geweckt bzw. aufgebaut werden müssen. Durch die langsame Auffassungsgabe und Vergeßlichkeit bedürfe sie noch der ständigen Überwachung. Nach intensivem Training zeigten sich die ersten kleineren Fortschritte. Sie bedürfe jedoch noch der weiteren Förderung bezüglich ihrer manuellen Fähigkeiten und ihrer Arbeitsmotivation. Mit Bescheid vom 30. September 1982 lehnte die Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, daß durch eine weitere Förderung keine Leistungssteigerung mehr erreicht werden könne. Auch im Hinblick auf das fortgeschrittene Alter dürften die Aufwendungen nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg stehen. Die Klägerin solle mit der erreichten Leistungsfähigkeit in den Produktionsbereich übernommen werden. In Widerspruch von 29. Oktober 1982 wies die Klägerin vor allem auf die intensive Betreuung im Trainingsbereich durch den günstigen Betreuungsschlüssel (1:6) hin. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. November 1982 wies die Beklagte den Widerspruch im wesentlichen mit der Begründung zurück, daß auf Grund des Alters und der Schwere der Behinderung davon ausgegangen werden müsse, daß auch bei einer weiteren einjährigen Förderung eine weitere Leistungssteigerung nicht erreicht werde. Eine weitergehende Förderung sei auch im Hinblick auf § 5 Abs. 3 Anordnung-Rehabilitation (A-Reha) nicht vertretbar. Der Grundsatz von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verbiete weitere Förderungsleistungen.
Hiergegen hat die Klägerin am 23. Dezember 1982 Klage erhoben und vorgetragen, ihre Fortschritte im ersten Jahr hätten bestätigt, daß die Leistungsfähigkeit durch weiteres intensives Training noch weiter entwickelt werden könne. Die Ablehnung durch die Beklagte gefährde die Gleichbehandlung aller Behinderten, da hier auf Grund der Art und der Schwere der Behinderung sowie ihres Alters eine weitere Förderung abgelehnt werde. Weder im Arbeitsförderungsgesetz (AFG) noch in der A-Reha sei eine bestimmte Altershöchstgrenze bezüglich der Förderbarkeit im Arbeitstrainingsbereich festgesetzt.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, daß bei der Klägerin wegen ihres Alters – vorausgesetzt, daß sie das Bildungsziel erreichen würde – nur eine relativ kurze produktive Beschäftigungszeit erwartet werden könne. Bei der Einschätzung der künftigen Leistung könne die Schwere der Behinderung nicht außer Betracht bleiben. Die Versichertengemeinschaft habe die bisherige einjährige Teilnahme der Klägerin an der Bildungsmaßnahme mit knapp DM 30.000,– gefordert. Eine weitere Förderung wäre unvernünftig und finanziell unverantwortlich.
Mit Urteil vom 14. August 1984 (S-5/Ar-252/82) hob das Sozialgericht Wiesbaden die Bescheide der Beklagten vom 30. September 1982 und vom 29. November 1982 auf und verurteilte die Beklagte, im Anschluß an die Bewilligung vom 8. September 1981, von 25. September 1981 und vom 8. Dezember 1981 für ein weiteres Jahr die Kosten für die Teilnahme der Klägerin an der Eingangs- und Arbeitstrainingsstufe sowie für Unterkunft und Verpflegung zu übernehmen und Ausbildungsgeld zu bewilligen. Das Sozialgericht begründete die Entscheidung damit, der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus §§ 56, 58 AFG i.V. §§ 24 Abs. 3 Nr. 4, 29 Abs. 3 und 33 Abs. 3 A-Reha (vom 21. Juli 1975 in der Fassung der 7. Änderungsanordnung vom 16. März 1982 – ANBA S. 575). Mit der Gewährung für ein weiteres Jahr sei die grundsätzliche Höchstdauer von zwei Jahren nicht überschritten.
Gegen das ihr am 17. Oktober 1984 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14. November 1984 Berufung eingelegt. Die Beklagte trägt vor, nach § 56 Abs. 1 AFG gewähre sie als berufsfördernde Maßnahme zur Rehabilitation die Hilfen, die erforderlich seien, um die Erwerbsfähigkeit der körperlich, geistig oder seelisch Behinderten entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wieder herzustellen und die Behinderten möglichst auf Dauer beruflich einzugliedern. Dazu gehörten gemäß § 58 Abs. 1 a AFG auch Leistungen zur Teilnahme an Maßnahmen im Eingangsverfahren und Arbeitstrainingsbereich anerkannter Werkstätten für behinderte bis zu zwei Jahren, sofern die Maßnahmen zur Entwicklung, Erhöhung oder Wiedergewinnung der Leistungsfähigkeit der behinderten erforderlich seien und als Maßnahmeerfolg wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich vertretbarer Arbeitsleistung im Sinne des § 52 Abs. 3 Schwerbehindertengesetz (SchwbG) erwartet werden könne. Die Konkretisierung des Anspruchs erfolge in der A-Reha. Nach § 22 Abs. 2 A-Reha würden berufsfördernde und ergänzende Leistungen zur Teilnahme an einer Maßnahme über ein Jahr hinaus nur dann gewährt, wenn festgestellt werde, daß auch weiterhin die Leistungsfähigkeit des Behinderten entwickelt, erhöht oder wiedergewonnen werden könne. Die Gesamtaufwendungen müßten nach § 5 Abs. 3 A-Reha im Hinblick auf den angestrebten Erfolg unter Berücksichtigung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vertretbar und auf Grund der Umstände des Einzelfalles erforderlich seien. Für eine Weiterförderung der Klägerin um ein Jahr entsprechend dem Antrag vom 14. September 1982 wäre Voraussetzung gewesen, daß die Leistungsfähigkeit der Klägerin auch weiterhin hätte entwickelt oder erhöht werden können. Eine taugliche Leistungsentwicklung bzw. -erhöhung habe von Seiten der Beklagten nicht festgestellt werden können. Erfahrungsgemäß hätte die Verlängerung des Arbeitstrainingsbereiches um ein weiteres Jahr auf Grund der altersbedingten Abnahme der Lernfähigkeit und Auffassungsgabe nicht zu einer Leistungsentwicklung bzw. -erhöhung geführt. Die positive Entscheidung des Sozialgerichts habe zur Folge, daß die Werkstätten für Behinderte gleichsam die Höflichkeit erhielten, allein über eine Weiterförderung zu entscheiden. Dabei sei es aufgäbe des überörtlichen Sozialhilfeträgers, Behinderten nach dem erfolgreichen Absolvieren vier Arbeitstrainingsstufe Gelegenheit zur Ausübung einer ihrer Behinderung entsprechenden Beschäftigung in einer Werkstatt für Behinderte zu geben und etwaige "Defizitkosten” des Arbeitsplatzes zu tragen (Urteil des BUG von 9. Dezember 1982 – 7 Rar 14/82 in SozR 4100 § 56 AFG Nr. 13, Bundestagsdrucksache 8/2914 zu Art. 1 Nr. 17 S. 42 ff). Ergänzend werde auf die Urteile des BSG vom 7. Dezember 1983 (7 RAr 73/82 in Dienstblatt-Recht – DBlR – 2928 a zu § 58 AFG) und von 22. Februar 1984 (7 RAr 72/82) hingewiesen, wonach es für das Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung i.S. § 52 Abs. 3 SchwbG ausreiche, wenn der Behinderte irgendwie am Arbeitsauftrag der Werkstatt für Behinderte mitwirken könne. Diesen Endstand habe die Klägerin nach knapp einjähriger Förderung erreicht gehabt, da sie einfache Montagearbeiten habe ausführen können. Die vorgelegten Beobachtungsbögen seien dem zuständigen Rena-Berater der Beklagten nicht bekannt gewesen, es ergäben sich daraus jedoch keine Hinweise auf die Qualität der verwertbaren Arbeitsleistung der Klägerin. Laut Aussage der Zeugin N. am 3. April 1987 habe die Leistungsfähigkeit der Klägerin altersbedingt seit ein bis zwei Jahren stark nachgelassen. Eine derartige Entwicklung sei von der beklagten erwartet worden, so daß von ihr unter Berücksichtigung von Aufwand und Ertrag entschieden worden sei, die Klägerin nur für ein Jahr zu fördern. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung seien auf keinen Fall von der Beklagten zu tragen, da die Klägerin auch ohne die Teilnahme an der Maßnahme in einem Wohnheim hätte untergebracht werden müssen (Urteil des BSG vom 9. November 1983 – 7 RAr 48/82 in DBlR Nr. 2918 a zu § 56 AFG).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 14. August 1984 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin trägt vor, sie sei bis zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Eingangs- und Trainingsstufe der Behindertenwerkstatt am 21. September 1981 von ihrer Schwester betreut worden und dort mit einfachen Haushaltstätigkeiten beschäftigt worden, deshalb habe sie große Schwierigkeiten gehabt, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Als ihre Schwester gestorben sei, habe sie am 13. Oktober 1981 auch noch in das Wohnheim aufgenommen werden müssen, was eine noch gröbere Umstellung bedeutet habe. Nach einigen Wochen sei es über das Angebot bekannter Arbeiten (Teebecher spülen, Aufräumen, Kehren etc.) gelungen, sie halbwegs in die Gruppe einzugliedern und vor allem an den Gruppenraum zu gewöhnen. Erst zu diesen Zeitpunkt haue sie langsam auch an andere arbeiten herangeführt werden können. Unter ständiger Beaufsichtigung und Aufforderung habe sie gelernt, Rollenlager für Industriemaschinen zusammenzusetzen (8 Eisenstifte in eine Rolle mit Einkerbungen drücken), und zwar zehn bis fünfzehn Stück am Tag, wenn auch mit größerer Fehlerquote, Heizungshalterungen zusammenzuschrauben (fünf bis sechs Teile pro Tag) und Getriebe für Teppichkehrer zu montieren (vier Teile aufeinandersetzen, fünf bis sechs Stück am Tag). Im zweiten Trainingsjahr sei es gelungen, Motivation, Selbständigkeit, Feinmotorik und Ausdauer zu verbessern, sowie die Fehlerquote stark zu vermindern. Sie habe keine ständige Unterweisung mehr benötigt. Die Leistungssteigerung habe täglich ca. 40 Rollenlager, bzw. 15 bis 20 Heizungshalterungen bzw. 10 Getriebe trieben. Sie habe auch differenziertere Tätigkeiten verrichten können, wie kleine Federn in Schneidradhalter (für Küchenabroller) setzen (20 bis 25 Stück pro Stunde), kleine Gummis auf die Schneidräder drücken (50 bis 60 Stück in der Stunde) und Pinsel in Schraubverschlußdeckel drücken (ca. 40 Stück in der Stunde). Es Handele sich dabei um Durchschnittswerte, wobei jedoch zwischendurch inner größere Pausen gelegen hatten. AUS den in Kopie vorgelegten Schreiben vom 23. September 1981 an das Arbeitsamt Limburg sowie vom 24. Oktober 1981 an den Beigeladenen ergäben sich die Gründe für die Wohnheimaufnahme. Die Klägerin hat ferner die "Beobachtungsbögen” über ihre Arbeitsleistung und ihr Verhalten während der ersten zwei Jahre in der Behindertenwerkstatt vorgelegt.
Die Klägerin hat ferner ein Schreiben des Beigeladenen vom 3. Juni 1982 sowie ein Protokoll der Sitzung des Fachausschusses vom 7. Juni 1982 vorgelegt. Sie trägt ergänzend vor, ihr Bevollmächtigter habe seine Unterlagen durchgesehen und nicht feststellen können, daß ihre Angelegenheit Gegenstand der Fachausschußsitzung am 7. Juni 1982 gewesen sei. An dieser Fachausschußsitzung haue jedenfalls kein Vertreter des Beigeladenen teilgenommen. Es sei ihr unverständlich, woher die entsprechende schriftsätzliche Behauptung des Beigeladenen stamme, üblicherweise werde die Frage der Verlängerung nach einjähriger Teilnahme an der Trainingsstufe auch nicht in die Fachausschußsitzung hineingenommen, sondern bei der beklagten ein schriftlicher Verlängerungsantrag gestellt, wie es auch in ihrem Fall mit Schreiben vom 14. September 1982 geschehen sei.
Der Beigeladene beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene trägt vor, aus seiner Gicht sei den Gründen des Sozialgerichts Wiesbaden vom 14. August 1984 in vollen Maße zu folgen, entgegen der Auffassung der Beklagten gebe es keine gesetzliche Grundlage einer Altersbeschränkung bei diesen Maßnahmen. Das Sozialgericht Wiesbaden habe richtig herausgestellt, daß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Runderlasses der Beklagten vom 22. Januar 1981 bestünden, daß in der Regel spätestens mit Erreichen des 60. Lebensjahres bei Aufnahme der Behinderten im Arbeitstrainingsbereich einer Behindertenwerkstatt die wirtschaftliche Vertretbarkeit im Sinne von § 5 Abs. 3 A-Reha nicht mehr gegeben sei. Die Beklagte müsse die Förderung der Maßnahmen individuell ausrichten. Danach lägen bei der Klägerin eindeutig die Voraussetzungen für die Erfüllung eines zweiten Arbeitstrainingsjahres vor, in dem eine Leistungssteigerung der Klägerin erreicht worden sei. In Normalfall müsse aber eine günstige Prognose nach Ablauf des ersten Arbeits- und Trainingsjahres ausreichen. In übrigen hätten die Vertreter im Fachausschuß der Werkstatt bis auf die Beklagte selbst in ihrer Sitzung am 7. Juni 1982 die Empfehlung für die Durchführung des zweiten Arbeits- und Trainingsjahres ebenfalls gegeben. Nach § 22 Abs. 3 der A-Reha sei sogar die Wiederholung einer Maßnahme im Arbeits- und Trainingsjahr vorgesehen, wenn auf andere Weise die vollständige und dauerhafte berufliche Eingliederung nicht erreicht werden könne, wenn sich die Beklagte i.S. des § 52 Abs. 3 SchwbG auf das Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeit beziehe, und dies zur Voraussetzung einer Förderung bzw. Nichtförderung mache, könne ja gerade nur anhand verschiedener Arbeitsabläufe überprüft werden, ob eine Leistungssteigerung durch weitere Trainingsmaßnahmen noch möglich sei, oder ob bei Erreichung des Mindestmaßes an wirtschaftlich verwertbarer Arbeit keine weitere Ausdauer, Belastung oder Fertigkeit mit höherem Schwierigkeitsgrad antrainiert werden könne.
Der Berichterstatter hat im Erörterungstermin am 3. April 1987 den Trainings- und Produktionsbereich der Behindertenwerkstatt der Lebenshilfe e.V. in besichtigt, ohne Erfolg versucht, mit der Klägerin ein kurzes Gespräch zu führen, sowie den bei der Beklagten tätigen Zeugen R. V. und die in der Behindertenwerkstatt tätige Zeugin B. N. vernommen, wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll Bezug genommen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und der Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zulässig, § 143 SGG. Berufungsausschließungsgründe nach §§ 144 ff SGG liegen nicht vor. Streitgegenstand sind wiederkehrende Leistungen über einen Zeitraum von mehr als dreizehn Wochen. Der Senat konnte auch in Abwesenheit eines Vertreters des Beigeladenen verhandeln und entscheiden, da der Beigeladene rechtzeitig und ordnungsgemäß zum Termin am 12. August 1987 geladen und dabei darauf hingewiesen worden war, daß auch im Falle der Abwesenheit eines Vertreters verhandelt und entschieden werden könne.
Die Berufung ist teilweise begründet. Soweit das Sozialgericht Wiesbaden den Bescheid der Beklagten vom 30. September 1982 und den Widerspruchsbescheid vom 29. November 1982 aufgehoben und die Beklagte zur Übernahme der Kosten des zweiten Jahres für Unterkunft und Verpflegung im Wohnheim der Lebenshilfe verurteilt hat, hält das Urteil einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand und war deshalb aufzuheben; die Klage war insoweit abzuweisen.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf übernähme der Kosten für Unterkunft und Verpflegung für das zweite Ausbildungsjahr (21. September 1982 bis 20. September 1983) in der Behindertenwerkstatt nach § 56 Abs. 3 Nr. 3 a AFG in der Fassung des Arbeitsförderungskonsolidierungsgesetzes vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1497). Danach werden die berufsfördernden Leistungen ergänzt durch die Übernahme der erforderlichen Kosten für Unterkunft und Verpflegung, wenn für die Teilnahme an der Maßnahme eine Unterbringung außerhalb des eigenen oder des elterlichen Haushaltes wegen Art oder Schwere der Behinderung oder zur Sicherung des Erfolges der Rehabilitation notwendig ist, entsprechend § 11 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (Reha-AnglG vom 7. August 1974 – BGBl. I S. 1881). Die Klägerin verfügte jedoch seit dem Tod ihrer Schwester im Herbst 1981 über keinen Haushalt außerhalb des Wohnheimes mehr (vgl. Urteil des BSG vom 21. August 1986 – 11 b RAr 8/85). Aus der Übernahme der Kosten für Unterkunft und Verpflegung für das erste Ausbildungsjahr durch die Beklagte läßt sich ein Anspruch für das zweite Jahr nicht herleiten, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, wobei hier dahinstehen kann, ob für das erste Jahr die Beklagte insoweit zu Recht geleistet hat, da dies nicht Streitgegenstand des zu entscheidenden Rechtsstreits ist.
Im übrigen ist die Berufung unbegründet und war deshalb zurückzuweisen. Zu Recht hat das Sozialgericht Wiesbaden eile Beklagte zur Bewilligung der Kosten der Teilnahme der Klägerin an der Arbeitstrainingsstufe und Ausbildungsgeld für ein weiteres Jahr verurteilt und insoweit zu Recht die entgegenstehenden Bescheide der Beklagten vom 30. September 1982 und vom 29. November 1982 aufgehoben.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung der Kosten der Teilnahme und von Ausbildungsgeld für das zweite Jahr in der Arbeitstrainingsstufe der Behindertenwerkstatt nach §§ 56, 58 Abs. 1 a Nr. 2 AFG in der Fassung des AFKG i.V. §§ 22 Abs. 2, 24 Abs. 3 Nr. 4 b A-Reha.
Nach § 56 Abs. 1 AFG gewährt die Beklagte als berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation die Hilfen, die erforderlich sind, um die Erwerbsfähigkeit der körperlich, geistig oder seelisch Behinderten entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wiederherzustellen und die Behinderten möglichst auf Dauer beruflich einzugliedern, entsprechend § 11 Abs. 1 Reha-AnglG vom 7. August 1974. Nach § 58 Abs. 1 a Nr. 2 APG (entsprechend § 11 Abs. 3 Reha-AnglG) werden berufsfördernde und ergänzende Leistungen zur Teilnahme an Maßnahmen im Eingangsverfahren und im Arbeitstrainingsbereich anerkannter Werkstätten für Behinderte erbracht, und zwar
1) ...
2) im Arbeitstrainingsbereich, wenn die Maßnahmen erforderlich sind, um die Leistungsfähigkeit des Behinderten zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen. Behinderte werden in diesem Bereich nur gefördert, sofern erwartet werden kann, daß sie nach Teilnahme an diesen Maßnahmen in der Lage sind, wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Sinne des § 52 Abs. 3 des Schwerbehindertengesetzes zu erbringen. Die Leistungen werden im Eingangsverfahren und im Arbeitstrainingsbereich insgesamt bis zu zwei Jahren erbracht. Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt entsprechend.
Nach § 58 Abs. 2 AFG bestimmt die Beklagte durch Anordnung das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der berufsfördernden und ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation. Sie hat dabei die besonderen Verhältnisse der Behinderten sowie die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu berücksichtigen und ihre Leistungen in Übereinstimmung mit den für die anderen Rehaträger im Sinne des Reha-Angleichungsgesetzes geltenden gesetzlichen Vorschriften zu regeln. Der Anspruch auf Zahlung von Ausbildungsgeld ergibt sich aus § 24 Abs. 3 Nr. 4 b der A-Reha, der Anspruch auf die Maßnahmekosten (hier noch Kosten der Ausbildung) ergibt sich aus § 29 Abs. 3 i.V. § 23 a A-Reha.
Die ablehnenden Bescheide der beklagten waren ohne die erforderliche Tatsachenermittlung zustande gekommen. Die Beklagte hätte auf den Antrag der Klägerin vom 14. September 1982 auf Verlängerung der Arbeitstrainingsstufe um ein weiteres Jahr zunächst Feststellungen treffen müssen über den bisher erreichten Grad der Erwerbsfähigkeit der Klägerin und die durch ein weiteres Arbeitstrainingsjahr voraussichtlich erzielbare Steigerung. Hierzu hat der Zeuge V. am 3. April 1987 eindeutig ausgesagt, daß er sich nicht von den Leistungsfortschritten der Klägerin überzeugt habe und sich auch keine Leistungsproben habe zeigen lassen. Der Bescheid vom 30. September 1982 stamme von ihm, er habe jedoch keine entsprechenden Tatsachenfeststellungen getroffen. Die Ablehnung habe auf seiner Erfahrung und dem ärztlichen Gutachten basiert. Dabei hat er offenbar das ärztliche Gutachten von 27. August 1981 gemeint, das jedoch bereits wegen des Zeitpunktes der Erstellung nichts darüber aussagen konnte, welche Fortschritte die Klägerin im ersten Jahr tatsächlich gemacht hatte und welche Fortschritte im zweiten Jahr voraussichtlich zu erwarten wären. Die allgemeine Erfahrung eines Reha-Sachbearbeiters kann jedoch niemals die Feststellung eines konkreten Sachverhaltes ersetzen, zumal der Zeuge V. noch zugegeben hat, daß das hohe Alter der Klägerin die Ausnahme darstellte, er insoweit also offenbar auch nicht über einschlägige Erfahrungen verfügte. Bei richtiger und vollständiger Bearbeitung hätte sich nach Auffassung des erkennenden Senats im September 1982 ergeben, daß durch ein weiteres Trainingsjahr die Leistungsfähigkeit der Klägerin voraussichtlich teilweise zu erhöhen und in bestimmten Bereichen erst zu entwickeln gewesen wäre. Dabei mußte es sich notwendigerweise um eine Prognose handeln. Die Prognose darf auch nicht im Rechtsstreit ersetzt werden durch eine nachträgliche Betrachtungsweise. Es ist also nicht möglich und zulässig, den nach der Aussage der Zeugin N. etwa im Jahr 1985/1986 tatsächlich eingetretenen verstärkten Altersabbau der Klägerin als Nachweis dafür heranzuziehen, daß im September 1982 keine Verlängerung der Rena-Maßnahme in Betracht gekommen wäre. Keinem der Beteiligten lag damals ein konkreter Anhaltspunkt vor, daß die Klägerin gerade 1985/1986 und nicht früher oder später oder evtl. überhaupt nicht einen verstärkten Altersabbau erleiden werde. Im Reha-Bericht ist angegeben, daß die Klägerin von Geburt an schwachsinnig sei und ein Verdacht auf Mongolismus bestehe, Sie nehme Kreislaufmittel, sonst sei sie gesund und auch bisher nicht ernsthaft krank gewesen. Im arbeitsamtsärztlichen Bericht des Dr. A. vom 27. August 1981 werden zwar Bedenken geäußert, ob die Klägerin ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Leistung erbringen Könne, ein Versuch sollte aber unternommen werden. Aus medizinischer Sicht wurde die Beschäftigung in der Behindertenwerkstatt nach Durchlaufen der Eingangs- und Trainingsstufe befürwortet. Auch insoweit taugen die allgemeinen Erfahrungen des Zeugen V. nicht, eine ungünstige Prognose zu begründen, Soweit die Beteiligten im Zusammenhang mit der. Runderlaß vom 22. Januar 1981 – II a 1-6014 – über die Gesetzmäßigkeit einer Altersbegrenzung für den Beginn berufsfördernder Maßnahmen auf 60 Jahre diskutieren, ist dies im vorliegenden Fall schon deshalb unerheblich, da die Klägerin im September 1982 erst 57 Jahre alt war. Es ist auch nicht überzeugend, wenn die beklagte befürchtet, daß die positive Entscheidung des Rechtsstreites gleichsam den Werkstätten für Behinderte die Kompetenz zuweise, über die Weiterförderung jeweils selbst zu entscheiden. Die Entscheidung liegt eindeutig bei der Beklagten. Die Regelung des § 22 Abs. 2 A-Reha schaltet eine erneute Überprüfung vor Bewilligung der Leistungen für das zweite Arbeitstrainingsjahr vor, was angesichts der Ungewißheit der Prognose bei Schwerstbehinderten sicherstellt, daß auch die Entwicklung des ersten Arbeitstrainingsjahres in die weitere Prognose einfließt. Sicherlich sind dabei die Feststellungen der Beschäftigten der Behindertenwerkstatt zu berücksichtigen, die Beklagte kann jedoch diese Feststellungen überprüfen, indem sie sich Leistungsproben zeigen läßt und ggf. selbständige Beurteilungen evtl. durch Gutachter abgeben läßt. Der Beklagte ist es jedoch verwehrt, die Erkenntnisse der Beschäftigten der Behindertenwerkstatt zu ignorieren und statt eigener Ermittlungen unbelegte Vermutungen zur Prognose zu erheben.
Nach den vorgelegten Beobachtungsbögen und vor allem den konkreten Angaben der für die Klägerin im Trainingsbereich als Sozialpädagogin zuständigen Zeugin N. im Termin am 3. April 1987 hat es fast ein halbes Jahr gedauert, bis die Klägerin im Raum blieb. Erst dann konnte begonnen werden, mit der Klägerin zu trainieren, daß sie sitzenblieb und an bestimmte Arbeiten der Trainingsstufe herangeführt wurde. Nach einem Jahr konnte die Klägerin zwei bis drei Arbeiten einigermaßen erledigen, hatte allerdings relativ hohe Fehlerquoten, war unstetig und mußte ständig vom Gruppenleiter angeleitet und beaufsichtigt werden. Zu diesem Zeitpunkt ging die Zeugin N. davon aus, daß die Klägerin vor allem wegen der hohen Fehlerquote und Unbeständigkeit nur in geringem Umfang im Produktionsbereich hätte eingesetzt werden können. Vor allem, da im Trainingsbereich der Betreuungsschlüssel bei 1:6 und im Produktionsbereich bei 1:12 liegt. Die im zweiten Trainingsjahr tatsächlich eingetretenen Fortschritte – wesentlich geringere Fehlerquote, erhebliche Besserung der feinmotorischen Fähigkeiten, höhere Stückzahl und Zunahme der Beständigkeit – waren nach Auffassung der Zeugin N. nach der Vorgeschichte der Klägerin nach Ende des ersten Trainingsjahres auch zu erwarten gewesen. Dieser Meinung der glaubwürdig und sachlich fundiert erscheinenden Zeugin schließt sich der erkennende Senat an. Es ist deshalb davon auszugehen, daß vor Beginn des zweiten Trainingsjahres anhand der konkreten Kenntnisse und Feststellungen der Beschäftigten der Behindertenwerkstatt eine günstige Prognose gestellt werden konnte. Die Richtigkeit einer günstigen Prognose wurde dann durch den tatsächlichen Verlauf bestätigt, wobei dies allerdings nur ein weiteres Indiz für die Richtigkeit der Prognose darstellt und nicht etwa selbständig den vollen Beweis erbringt.
Entgegen der Auffassung der Beklagten scheitert der Anspruch der Klägerin nicht daran, daß sie nach einem Jahr möglicherweise bereits ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung i.S. des § 52 Abs. 3 SchwbG erbrachte, § 58 Abs. 1 a Nr. 2 AFG. Insoweit handelt es sich um eine Mindestvoraussetzung, die bei Stellung der Prognose vor der Maßnahme erfüllt sein muß. Nur dann, wenn die Prognose lautet, daß der Behinderte durch die Maßnahme im Arbeitstrainingsbereich voraussichtlich ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen werde, kann die Maßnahme überhaupt gefördert werden (vgl. Urteil des BSG vom 7. Dezember 1983 – 7 RAr 73/82 – in DBlR Nr. 2928 a zu § 58 AFG). Der Umkehrschluß ist jedoch nicht zulässig, daß dann die Maßnahme nicht mehr weitergeführt werden darf oder gar abgebrochen werden muß, wenn ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erreicht ist. Insoweit sind die Maßnahmen im Arbeitstrainingsbereich zu erbringen, die erforderlich sind, um die Leistungsfähigkeit des Behinderten zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen. Dabei ist eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit bereits begrifflich nur dann möglich, wenn ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung schon vorhanden ist. Wie oben bereits ausgeführt wurde, war das zweite Trainingsjahr erforderlich (auch aus der Sicht des September 1982), um die guten Ansätze der Klägerin soweit auszubauen, daß die Klägerin sinnvoll im Produktionsbereich der Behindertenwerkstatt eingesetzt werden konnte. Der drei bis vier Jahre später eingetretene starke Abbau der Klägerin widerlegt die Richtigkeit der Prognose nicht, und führt auch nicht dazu, den einmal entstandenen Anspruch der Klägerin wieder entfallen zu lassen.
Der erkennende Senat konnte nicht feststellen, daß die Förderung des zweiten Arbeitstrainingsjahres der Klägerin entsprechend § 58 Abs. 2 i.V. § 5 Abs. 3 A-Reha im Hinblick auf den angestrebten Erfolg unter Berücksichtigung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht vertretbar war. So hat zum einen das Sozialgericht Wiesbaden zutreffend darauf hingewiesen, daß zu berücksichtigen sei, daß bereits für ein Jahr Förderungskosten bezahlt worden seien und deshalb ein vorzeitiger Abbruch (vor Erreichen des Maßnahmeziels) unwirtschaftlich wäre. Auch kann nicht auf die Rentabilität insoweit abgestellt werden, ob die Klägerin in der Folgezeit die Arbeitsplatzkosten oder gar einen Überschuß erwirtschaften kann. Dies hat der Gesetzgeber bereits mit der Verweisung auf § 52 Abs. 3 SchwbG und das damit lediglich zu erwartende Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung verneint. Zum anderen wird der von der Beklagten zu tragende Aufwand für das zweite Jahr dadurch verringert, daß keine Kosten für Unterkunft und Verpflegung anfallen, was bei einem von der Beklagten genannten Gesamtaufwand von etwa DM 30.000,– für das erste Jahr ausweislich einer Aufstellung in den Verwaltungsakten eine Verminderung um ca. ein Drittel ausmacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved