L 6 Ar 448/94

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 5 Ar 34/93
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 Ar 448/94
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Anrechnung eines fiktiven Einkommens eines im Rahmen der familiären Mithilfe im Gewerbebetrieb des Ehegatten arbeitenden Arbeitslosen
2. Zur Anrechnung eines fiktiven Gewinnanteils
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 22. März 1994 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer teilweisen Aufhebung der Gewährung von Arbeitslosengeld wegen anrechenbaren Nebeneinkommens sowie die Rückforderung von Arbeitslosengeld in Höhe von 1.115,50 DM.

Der Kläger, geboren 1963, war von November 1988 bis September 1991 als Schweißer versicherungspflichtig beschäftigt. Die Beklagte gewährte dem Kläger antragsgemäß mit Bescheid vom 21. Oktober 1991 Arbeitslosengeld ab 1. Oktober 1991 für 312 Tage in Höhe von 373,20 DM wöchentlich.

Die Ehefrau des Klägers, die Zeugin , ist seit Juni 1991 Inhaberin des Restaurants " ” in. Der Kläger gab in dem Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld an, er übe keine Nebenbeschäftigung aus und helfe auch keinem Familienangehörigen bei seiner selbständigen Tätigkeit. Anläßlich einer Außenprüfung der Beklagten in dem Restaurant der Ehefrau des Klägers am 8. April 1992, lud die Beklagte den Kläger am 9. April 1992 vor. Dabei erklärte dieser, er sei seit 1. Oktober 1991 durchschnittlich 10 Stunden pro Woche in dem Restaurant seiner Ehefrau tätig. Er habe hierfür keinen Lohn erhalten und sehe seine Tätigkeit als Familienmithilfe an.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 19. Juni 1992 mit, sie beabsichtige die Bewilligung von Arbeitslosengeld in Höhe von 124,13 DM wöchentlich wegen anrechenbaren Nebeneinkommens aufzuheben und das zu viel erhaltene Arbeitslosengeld zurückzufordern. Die Beklagte erließ unter dem Datum vom 16. Juli 1992 einen entsprechenden Bescheid und stützte ihn auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X und § 115 AFG. Sie forderte für den Zeitraum vom 1. Oktober 1991 bis 13. Juli 1992 einen Betrag in Höhe von 5.089,33 DM zurück. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und trug dazu vor, er habe mit dem Restaurant seiner Ehefrau nichts zu tun. Seine Mithilfe erfolge lediglich im Rahmen der ehelichen Verpflichtung zur Unterstützung seiner Ehefrau.

Die Beklagte berechnete mit Änderungsbescheid vom 23. November 1992 den wöchentlichen Anrechnungsbetrag auf der Grundlage des Einkommens einer Küchenhilfe in Höhe von 1.880,00 DM monatlich neu und forderte einen Betrag in Höhe von 1.115,50 DM (23,– DM pro Werktag) zurück. Im übrigen half sie dem Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 1992 nicht ab. Im wesentlichen begründete die Beklagte dies damit, die Tätigkeit des Klägers in dem Restaurant seiner Ehefrau sei so zu beurteilen, dass er seine Arbeitskraft unter Verzicht auf das ihm zustehende Einkommen eingesetzt habe. Sie stützte ihre Auffassung zur Anrechenbarkeit eines fiktiven Einkommens als Nebeneinkommen im Sinne von § 115 AFG auf die Bestimmung des § 850 h Abs. 2 Satz 1 Zivilprozeßordnung (ZPO) analog. Danach gelte im Verhältnis des Gläubigers zum Schuldner eine angemessene Vergütung als geschuldet, wenn der Schuldner einem Dritten in einem ständigen Verhältnis Arbeit oder Dienste leiste, die nach Art und Umfang üblicherweise vergütet werden, der Schuldner jedoch diese unentgeltlich oder gegen eine unverhältnismäßig geringe Vergütung ausübe. Der Hinweis des Klägers auf § 1356 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sei vorliegend nicht entscheidungsrelevant, da es vorliegend weder um die Haushaltsführung noch um eine Rücksicht auf die Erwerbstätigkeit eines Ehegatten gehe. Auch könne sich der Kläger nicht auf einen Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X berufen. Danach könne sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruhe, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. In dem Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld habe der Kläger auf eine unmissverständliche Frage nach der Mithilfe im Gewerbe eines Familienangehörigen wahrheitswidrige Angaben gemacht. Unter Berücksichtigung dieser Umstände sei in Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens nicht von der teilweisen Rücknahme des Verwaltungsaktes abzusehen.

Dagegen hat der Kläger am 8. Januar 1993 Klage erhoben.

Ergänzend führt er aus, er habe bereits während seines Beschäftigungsverhältnisses als Schweißer bis September 1991 am Abend nach Arbeitsende in dem Restaurant ebenso wie andere Familienangehörige mitgeholfen. Seit seiner Arbeitslosigkeit sei er auch am Tag zu unregelmäßigen Zeiten im Lokal anwesend gewesen. Bei Bedarf habe er Gläser gespült, in der Küche mitgeholfen oder auch einmal bedient bzw. habe er hinter dem Tresen gestanden. Regelmäßig sei er zu den Essenszeiten im Lokal anwesend gewesen. Es sei auch vorgekommen, dass er am Abend nach Abflauen des Geschäfts anstelle der Ehefrau bis zum Lokalschluß dort geblieben sei, während seine Ehefrau mit dem Kind nach Hause gegangen sei. Art und Umfang seiner Mithilfe im Lokal seiner Ehefrau sei für ihn und seine Familienangehörigen sowie seine Landsleute selbstverständlich. Keiner habe dafür einen Lohn bekommen. Mahlzeiten seien gemeinsam eingenommen worden.

Das Sozialgericht Gießen hat mit Urteil vom 22. März 1994 den Bescheid vom 16. Juli 1992 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 23. November 1992 beide in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 8. Dezember 1992 aufgehoben. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig. Der Tatbestand der Anrechnung von Nebeneinkommen im Sinne von § 115 AFG liege nicht vor. Eine Anrechnung von Nebeneinkommen könne im Falle des Klägers trotz seiner unstreitigen Mithilfe im Lokal seiner Ehefrau von ca. 10 Stunden wöchentlich nicht erfolgen. Zwar sei Nebeneinkommen im Sinne von § 115 Abs. 1 AFG grundsätzlich auch dann anzurechnen, wenn die Dienstleistung im Betrieb eines Angehörigen ohne Lohn oder Gehalt geleistet werde. Dies gelte jedenfalls in den Fällen, in denen der Arbeitslose und die Person, für die er tätig sei, gegenseitig unterhaltspflichtig seien oder in einen Topf wirtschafteten. In solchen Fällen wirke sich der Verzicht auf Lohn oder Gehalt auf selten des Begünstigenden in einer Erhöhung des Gewinns aus, der wiederum indirekt dem Arbeitslosen zugute komme. Der Umstand, dass der Kläger für seine Dienste keinen Lohn erhalten habe, stehe der Anrechnung nach § 115 Abs. 1 AFG grundsätzlich nicht entgegen. Die Anrechnung scheitere vorliegend daran, dass die Mithilfe des Klägers nach Art und Umfang der Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit im Betrieb nicht vergleichbar sei. Nach den überzeugenden Angaben der Ehefrau des Klägers sei er weder in einem festgelegten Umfang noch zu festgelegten Zeiten oder für bestimmte Tätigkeiten in ihrem Betrieb tätig gewesen. Zwar müsse nach ihren Angaben und denen des Klägers davon ausgegangen werden, dass er täglich zu den Mittagszeiten und oft auch am Abend im Restaurant anwesend gewesen sei. Der Umfang der Mithilfe habe gewechselt und sei keinesfalls im Sinne der Einordnung in den Betrieb der Zeugin festgelegt oder vorher bestimmt gewesen. In den meisten Fällen habe sich die Frage, ob der Kläger mithelfe, nach dem Anfall der Arbeit in dem Sinne ergeben und er habe sich, wie andere Familienangehörige auch, nützlich gemacht. Nach Ansicht der Kammer sei der Umfang einer zehnstündigen Mithilfe im Lokal eines Ehepartners wöchentlich jedenfalls dann nicht der Ausübung einer abhängigen Erwerbstätigkeit gleichzusetzen, wenn keine feste Einordnung im Betrieb im Sinne der Festlegung der Arbeitszeiten erfolgt sei, die ihrerseits die Einstellung anderer Hilfskräfte tatsächlich überflüssig gemacht habe und wenn diese Mithilfe zu einem guten Teil am Abend erfolgt sei. Nach den Angaben des Klägers arbeitete er auch vor Beginn seiner Arbeitslosigkeit abends im Bedarfsfall im Lokal mit. Diese Angaben zweifele die Kammer nicht an, denn eine solche Art der Mitarbeit sei unter Eheleuten üblich, wenn ein Ehegatte ein selbständiges Unternehmen betreibe, welches bis in die späten Abendstunden Arbeitseinsätze erforderlich mache. Dabei hänge die Frage der Wertung der Mithilfe als unselbständige Tätigkeit oder als unverbindliche Mithilfe unter Eheleuten zum einen vom zeitlichen Umfang der Mithilfe und zum anderen von der festen Einordnung in den Betriebsablauf ab. Da sich die Tätigkeit am momentanen Bedarf orientiert und pro Woche zehn Stunden betragen habe, sei sie als familiäre Mithilfe anzusehen. In diesem Sinne habe die Zeugin angegeben, dass durch die Mithilfe ihres Ehemannes keinesfalls eine Arbeitskraft ersetzt worden sei. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass mehrere Familienangehörige abwechselnd mitgeholfen hätten, seien diese Angaben glaubhaft.

Gegen das ihr am 12. April 1994 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10. Mai 1994 Berufung erhoben. Zur Begründung führt sie aus, sie könne sich nicht der Auffassung des Sozialgerichts anschließen, die Mithilfe des Klägers sei nach Art und Umfang der Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit im Betrieb nicht vergleichbar, da keine feste Einordnung im Betrieb im Sinne einer Festlegung der Arbeitszeit erfolgt sei und die Anstellung anderer Hilfskräfte nicht überflüssig gemacht habe. Auch im Umfang der Tätigkeit des Klägers wirke sich der Lohnverzicht indirekt auf das Familieneinkommen aus. Es würde eine Umgehung des Sinns und Zwecks des § 115 AFG darstellen, wenn in Fällen der vorliegenden Art von der Anwendung dieser Vorschrift gänzlich abgesehen werde. Im Einkommensteuerrecht mindere die Mithilfe von Familienangehörigen den Gewinn aus selbständiger Tätigkeit, wenn die Angehörigen als Arbeitnehmer beschäftigt werden würden. Ihr Arbeitsentgelt würde dann bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgaben abgesetzt. Sei dagegen zweifelhaft oder könne nicht nachgewiesen werden, daß eine abhängige Beschäftigung des Angehörigen als Arbeitnehmer vorliege und werde auch kein Arbeitsentgelt gezahlt, lasse das Einkommensteuerrecht eine Ermittlung, welcher Teil des Gewinns für den Betriebsinhaber und welcher Teil für den Angehörigen entfalle, nicht zu. Die Finanzverwaltung stelle jedoch den Gesamtgewinn des Betriebes fest, der in den Einkommensteuerbescheiden aufgeführt werde. Sofern dieser Gewinn von dem Betriebsinhaber als auch von seinen Familienangehörigen erarbeitet worden sei, könne das auf die Tätigkeit des arbeitslosen Familienangehörigen entfallende Einkommen durch Aufteilung des Gewinns nach der Arbeitszeit der im Betrieb beschäftigten Personen ermittelt werden. Diese Berechnung könne wegen der fehlenden Angaben der Zeugin nicht durchgeführt werden. Sie halte jedoch eine nach diesen Grundsätzen vorzunehmende Einkommensermittlung als geeignete Möglichkeit, das Nebeneinkommen festzustellen.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 22. März 1994 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Auf Anregung der Beklagten legte der Kläger den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1991 und für das Jahr 1992 vor. Des weiteren gab er an, in der Zeit vom 1. November 1991 bis zum 31. Juli 1992 sei lediglich eine Person, Herr , im Lokal seiner Ehefrau beschäftigt gewesen. Im übrigen seien dort nur Familienangehörige tätig geworden. Des weiteren legte der Kläger eine Kopie der Lohnkonten aus den Jahren 1991 und 1992 für den beschäftigten vor.

Das Gericht hat die Leistungsakte der Beklagten beigezogen. Des weiteren hat die Zeugin im Schriftsatz vom 10. Oktober 1995 die tätigen Familienangehörigen wie folgt benannt:

... Welcher Familienangehöriger was, wann und wieviel im Lokal getan habe, könne sie nicht mehr sagen. Die Familienangehörigen seien wechselnd, zu verschiedenen Zeiten und auch nur stundenweise nach Bedarf tätig geworden. Dafür habe sie ihnen weder Geld noch sonstige Leistungen für ihre Hilfe gegeben. Eine Stunden- oder Tätigkeitsliste oder sonstige Nachweise habe sie nicht. Der Senat hat den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 26. Februar 1997 angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin. Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Leistungsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht erhoben und ist statthaft gem. § 151 Abs. 1; §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Sie ist jedoch nicht begründet.

Das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 22. März 1994 war nicht aufzuheben. Das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Urteil zutreffend den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 1992 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 23. November 1992, beide i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 1992 aufgehoben.

Der Senat ist nach Anhörung des Klägers und nach Vernehmung seiner Ehefrau, , als Zeugin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 26. Februar 1997 zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei seiner Tätigkeit im Restaurant seiner Ehefrau in dem streitigen Zeitraum vom 1. Oktober 1991 bis zum 13. Juli 1992 um eine unentgeltliche, familiäre Mithilfe handelte, die nicht unter die Anwendung des § 115 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) i.d.F. vom 20. Dezember 1991 (BGBl. I, S. 2321) fällt. Nach dieser gesetzlichen Regelung sind Nebeneinkünfte aus einer kurzfristigen Beschäftigung (§ 102 AFG) grundsätzlich auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld im Umfang der weiteren gesetzlichen Regelungen des § 115 AFG anzurechnen. Dies gilt nach der Auffassung des Senats nicht für die unentgeltliche familiäre Mithilfe.

Der Kläger war im streitigen Zeitraum unentgeltlich tätig. Nach den übereinstimmenden Erklärungen des Klägers und der Zeugin im Verwaltungsverfahren, vor dem Sozialgericht Gießen und im Berufungsverfahren, erhielt der Kläger im streitigen Zeitraum kein Entgelt für seine Tätigkeit. Dies ist glaubhaft. Der Senat kann aus den vorliegenden Steuerbescheiden keine anders lautenden Anhaltspunkte erkennen.

Der Senat geht nach den Angaben des Klägers davon aus, dass er im streitigen Zeitraum im Durchschnitt wöchentlich 10 Stunden im Restaurant seiner Ehefrau mitarbeitete. Nach seinen Angaben erledigte er in dieser Zeit alle Arbeiten, die trotz der Mithilfe anderer Familienangehöriger anfielen, wie Tisch abräumen, Gläser spülen, in der Küche Salat zubereiten. Dies hat die Ehefrau des Klägers mit ihrer glaubhaften Zeugenaussage bestätigt. Danach habe der Kläger mal hier 5 Minuten geholfen und mal dort. Er habe mal gespült, die Spülmaschine angestellt oder den Tisch abgeräumt.

Diese Tätigkeiten des Klägers sind als familiäre Mithilfe anzusehen. Das Landessozialgericht Bremen hat in seinem Urteil vom 18. Juli 1985 – Az.: L-1/Kr 1/85 entschieden, dass es sich um eine familiäre Mithilfe und nicht um Tätigkeiten eines Arbeitnehmers handele, wenn der Ehemann im Betrieb seiner Ehefrau einige Stunden am Tag arbeite, ohne dass ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Eheleuten vereinbart und kein Entgelt gezahlt worden sei. Diese Auffassung macht sich der Senat zu eigen. Gegen die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses spricht auch, dass der Kläger nur gelegentlich tätig wurde und seine Tätigkeiten nicht im voraus nach Art und Umfang bestimmt war.

Es fehlt damit an einer Eingliederung des Klägers im Betrieb seiner Ehefrau als typisches Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses. Zudem ist es nach Überzeugung des Senats im Gastgewerbe üblich, dass sich der Ehegatte, wie vom Kläger beschrieben, mit dem gemeinsamen Kind im Restaurant aufhält und gemeinsam die Mittags- und/oder Abendmahlzeit in dem Restaurant eingenommen wird. Aus dem Umstand allein, dass der Kläger später von seiner Ehefrau als Versicherungspflichtiger Arbeitnehmer angestellt wurde, läßt sich nichts Gegenteiliges annehmen. Der Senat stützt seine Überzeugung u.a. auf die Aussage der Ehefrau des Klägers als Zeugin. Ihre Aussage ist glaubhaft und die Zeugin glaubwürdig.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann ein fiktiver Lohnanteil i.H.v. 23,– DM wöchentlich nicht auf den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld angerechnet werden.

Der Senat geht dabei davon aus, dass die Beklagte in ihrer Berechnung zutreffend von einem fiktiven wöchentlichen Lohn i.H.v. 76,– DM (1.880,– DM: 173,33 St. abzüglich 30 % gesetzlicher Abzüge × 10 Stunden) ausgegangen ist. Die Anrechnung dieses fiktiven Lohnanspruchs i.H.v. 23,– DM wöchentlich (76,– DM abzüglich 30,– DM: 2) auf den Leistungsanspruch des Klägers scheitert jedoch daran, dass dieser nur fiktiv ist und der Kläger von seiner Ehefrau kein Entgelt für seine Tätigkeiten erhielt. Nach der modifizierten Zuflußtheorie des Bundessozialgerichts (Urteil vom 28. Juni 1995 – Az.: 7 RAr 102/94) ist nur der Lohn bei der Berechnung eines Leistungsanspruchs maßgeblich, der dem Versicherten tatsächlich (evtl. auch nach Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis zur nachträglichen Vertragserfüllung) zugeflossen ist. Ohne einen solchen Zufluß kommt, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich der Senat anschließt, eine Berücksichtigung nicht in Betracht. Dieser Grundsatz ist nach Überzeugung des Senats auch auf die Anrechnung von unentgeltlicher familiärer Mithilfe im Gewerbe des Ehegatten anwendbar. Ein fiktiver, nicht zugeflossener Lohnanspruch ist im Rahmen des § 115 AFG nicht auf den Leistungsanspruch des Versicherten anzurechnen, zumal wenn es sich um eine familiäre Mithilfe im Gewerbe des Ehegatten handelt.

Ebenso war auf den Leistungsanspruch des Klägers kein fiktiver Anteil am Gewinn aus dem Betrieb des Restaurants seiner Ehefrau anzurechnen. Zwar erzielte die Ehefrau des Klägers im Jahre 1991 einen Gewinn aus ihrem Gewerbebetrieb i.H.v. 19.022 DM (lt. Steuerbescheid für das Jahr 1991) und im Jahr 1992 einen Gewinn i.H.v. 47.236,– DM (lt. Steuerbescheid für das Jahr 1992). Durch die Tätigkeit des Klägers im Restaurant wurden seiner Ehefrau wöchentliche Ausgaben für eine entsprechende entgeltliche Aushilfe i.H.v. 76,– DM erspart und der Gewinn ist entsprechend höher ausgefallen. Da die Tätigkeit des Klägers im streitigen Zeitraum jedoch als familiäre Mithilfe anzusehen ist, ist auf seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht dieser fiktive Gewinnanteil anzurechnen.

Damit konnte die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war gem. § 160 Abs. 1 Nr. 1 SGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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