Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 5 Ar 133/95
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 Ar 1334/95
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
verb. mit L 6 Ar 1335/95
I. Auf die Berufungen des Klägers werden die Urteile des Sozialgerichts Kassel vom 24. Oktober 1995 sowie die Bescheide der Beklagten vom 1. Juni 1994, vom 20. Oktober 1994, vom 23. Dezember 1994 und vom 2. Mai 1995 und die Widerspruchsbescheide vom 3. August 1994, vom 11. Januar 1995, vom 15. Februar 1995 und vom 14. Juli 1995 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Es geht in dem Rechtsstreit um die vom Kläger begehrten Kosten für ein Abonnement "Stellentips Berufe im Umweltschutz”.
Der 1958 geborene Kläger ist Dipl. Biologe, seit September 1993 arbeitslos und bezieht Arbeitslosenhilfe. Er war Abonnent der Zeitung "Stellentips Berufe im Umweltschutz”, die vom Wissenschaftsladen Bonn e.V. herausgegeben wird. In der Zeitung sind aktuelle Stellenanzeigen einer Vielzahl von Fachzeitschriften sowie von Tages- und Wochenzeitungen aus dem Bereich des Umweltschutzes ausgewertet und veröffentlicht.
Am 16. März 1994 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung von DM 60,– unter Vorlage einer Rechnung über den Bezug von 12 Exemplaren der genannten Zeitung (Ausgabe 94/17 – Ausgabe 94/28). Mit Bescheid vom 1. Juni 1994 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, daß zwar die üblichen Bewerbungskosten gewährt werden könnten, wie z.B. Kosten für Fotokopien, Porti, Lichtbilder etc., daß die vom Kläger geltend gemachten Kosten jedoch nicht zu den üblichen Bewerbungskosten gehörten.
Hiergegen hat der Kläger am 1. Juli 1994 Widerspruch erhoben. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 1994 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen mit der Begründung, daß nach § 6 der aufgrund des § 53 Absatz 4 AFG erlassenen Anordnung zur Förderung der Arbeitsaufnahme (FdA-Anordnung) die üblicherweise im Zusammenhang mit einer Bewerbung entstehenden Kosten übernommen werden könnten, daß hierzu jedoch nicht die Kosten des Erwerbs von Zeitungen und Zeitschriften zur Auswertung von Stellenangeboten gehörten. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 11. August 1994 mit Postzustellungsurkunde zugestellt.
Hiergegen hat der Kläger am Montag, dem 12. September 1994 Klage erhoben (S-5/Ar-1084/94).
Am 8. August 1994 beantragte der Kläger, daß die Beklagte einen weiteren Betrag in Höhe von DM 75,– für die Verlängerung des Abonnements übernehme (Ausgabe 94/29 bis Ausgabe 94/40). Mit Bescheid vom 20. Oktober 1994 hat die Beklagte auch diesen Antrag mit der früheren Begründung abgelehnt.
Den Widerspruch des Klägers vom 8. November 1994 hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 1995 mit gleicher Begründung zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger am 3. Februar 1995 Klage erhoben (S-5/Ar-133/95).
Am 11. November 1994 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung von DM 75,– unter Vorlage einer Rechnung über den Bezug von 12 Exemplaren der genannten Zeitung (Ausgabe 94/43-Ausgabe 95/04). Mit Bescheid vom 23. Dezember 1994 hat die Beklagte den Antrag mit der bisherigen Begründung abgelehnt.
Hiergegen hat der Kläger am 17. Januar 1995 Widerspruch erhoben. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 1995 hat die Beklagte den Widerspruch mit der seitherigen Begründung zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 16. März 1995 Klage erhoben (S-5/Ar-338/95).
Am 22. Februar 1995 beantragte der Kläger, daß die Beklagte einen weiteren Betrag in Höhe von DM 75,– für die Verlängerung des Abonnements übernehme (Ausgabe 95/05 bis Ausgabe 95/16). Mit Bescheid vom 2. Mai 1995 hat die Beklagte auch diesen Antrag mit der früheren Begründung abgelehnt.
Den Widerspruch des Klägers vom 6. Juni 1995 hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 1995 mit gleicher Begründung zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger am 17. August 1995 Klage erhoben (S-5/Ar-956/95).
Das Sozialgericht Kassel hat jeweils zwei Klagen miteinander verbunden und diese mit Urteilen vom 24. Oktober 1995 unter Zulassung der Berufung abgewiesen. In der Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, daß sich die Beklagte im Rahmen der Ermächtigung des § 53 Abs. 4 AFG gehalten habe, als sie nach § 6 FdA-Anordnung als Bewerbungskosten diejenigen notwendigen Kosten festgelegt habe, die üblicherweise im Zusammenhang mit Bewerbungen entstünden. Es sei auch zu berücksichtigen, daß es sich dabei um Ermessensleistungen handele. Die vom Kläger geltend gemachten Kosten stünden üblicherweise nicht im Zusammenhang mit einer Bewerbung. Vielmehr schafften die dem Kläger mitgeteilten Stellenangebote erst die Voraussetzungen für Bewerbungen. Nur die Kosten, die im Zusammenhang mit konkreten Bewerbungen um eine Arbeitsstelle entstünden, seien erstattungsfähig.
Gegen die dem Kläger am 6. November 1995 im Wege der Niederlegung zugestellten Urteile hat dieser am 4. Dezember 1995 Berufung eingelegt. Der Kläger trägt in den beiden vom erkennenden Senat verbundenen Berufungsverfahren u.a. vor, die Ablehnung der begehrten Leistung stelle insbesondere einen Verstoß gegen §§ 1 und 2 AFG dar. Das Arbeitsamt Kassel sei weiterhin nicht fähig, ihm eine Stelle zu vermitteln, die seiner Qualifikation und den von ihm angestrebten Tätigkeiten entspreche. Dann solle es ihn wenigstens finanziell bei der Stellensuche unterstützen. Seine Spezialisierung liege auf dem Gebiet der Gewässerökologie. Deshalb habe er auch gerade diese Zeitschrift abonniert, da er dort am ehesten an einschlägige Stellenangebote herankomme. Das Arbeitsamt dürfe sogar Kosten für Zeitungsinserate übernehmen und habe dies auch getan. Die A FdA. zähle nur Beispiele für Kosten auf. Die von ihm bezogene Zeitung gehöre zu den Bewerbungskosten, da sie im Zusammenhang mit einer Bewerbung stehe. Es handele sich auch um eine notwendige Leistung, da die Beklagte nicht in der Lage gewesen sei, ihm adäquate Stellen anzubieten. Das Arbeitsamt habe aber auch sein Ermessen nicht richtig ausgeübt, da es die Zeitung nicht gekannt, keine Einzelfallprüfung durchgeführt und willkürlich zu enge Grenzen gezogen habe.
Der Kläger hat ein neueres Exemplar der streitgegenständlichen Zeitung vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Kassel vom 24. Oktober 1995 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Juni 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 1994, den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 1995, den Bescheid der Beklagten vom 23. Dezember 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 1995 und den Bescheid der Beklagten vom 2. Mai 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 1995 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte bezieht sich auf die erstinstanzliche Entscheidung.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist kraft Zulassung zulässig, §§ 151, 144 Abs. 3 Sozialgericht (SGG).
Die Berufung ist auch begründet. Die angefochtenen Urteile des Sozialgerichts Kassel vom 24. Oktober 1995 sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtsfehlerhaft und waren deshalb aufzuheben.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Neubescheidung nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 AFG i.V. § 6 FdA-Anordnung. Den noch in erster Instanz verfolgten Zahlungsanspruch hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufrechterhalten, so daß darüber keine Entscheidung zu ergehen hatte.
Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG kann die Beklagte für arbeitslose Arbeitsuchende zur Förderung der Arbeitsaufnahme einen Zuschuß zu Bewerbungskosten gewähren, soweit die Arbeitsuchenden entsprechend Abs. 3 die erforderlichen Mittel nicht selbst aufbringen können. Nach § 6 Anordnung des Verwaltungsrats der Beklagten zur Förderung der Arbeitsaufnahme (A FdA. in der Fassung der 2. Änderungsanordnung vom 27. Januar 1993) können als Bewerbungskosten die notwendigen Kosten, die üblicherweise im Zusammenhang mit der Bewerbung entstehen, als Zuschuß übernommen werden.
Die Beklagte hat von dem ihr durch § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG eingeräumten Ermessen im Falle des Klägers nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (Ermessensmißbrauch), § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG. Die Beklagte sowie das Sozialgericht sind zu Unrecht davon ausgegangen, daß der Erwerb von Zeitungen grundsätzlich nicht zu den notwendigen Kosten gehören könne, die üblicherweise im Zusammenhang mit Bewerbungen stehen können. Es ist zwar richtig, daß alle Aufwendungen, die vor Kenntnis eines konkreten Stellenangebotes erbracht werden, nicht mit einer konkreten Bewerbung in Zusammenhang stehen und dieser zugeordnet werden können, jedoch muß § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG nicht dahin einengend ausgelegt werden, daß der Gesetzgeber Zuschußmöglichkeiten für die Beklagte erst eröffnen wollte, wenn dem Arbeitsuchenden ein konkretes Stellenangebot bekannt ist. Vielmehr umfaßt grundsätzlich der Begriff der Bewerbungskosten auch den Bereich der kostenträchtigen Suche nach solchen Stellenangeboten. Zu diesen kostenträchtigen Suchmethoden gehören sowohl die Aufgabe eigener Annoncen und als Gegenstück hierzu der Erwerb von Zeitungen zum Studium von Stellenanzeigen. Beide Methoden werden von der Beklagten für die Arbeitsuchenden im Rahmen der Arbeitsvermittlung mit eigenen Mitteln und Methoden (sozusagen hausintern) angeboten, z.B. durch Arbeitsvermittler, die computergestützten Stellennachweise, aber auch die Veröffentlichung von Stellengesuchen in der Zeitung der Beklagten "Markt und Chance”. Darüber hinaus wurde in der mündlichen Verhandlung von den Beteiligten übereinstimmend erklärt, daß die Beklagte in bestimmten Fällen auch die Kosten von Stellensuchanzeigen für den einzelnen Arbeitsuchenden in Zeitungen übernimmt. Darin sieht der erkennende Senat einen "Zuschuß zu Bewerbungskosten” im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG und hält diese Art der Leistung auch grundsätzlich als Ermessensleistung für rechtmäßig. Damit hat die Beklagte aber das ihr zustehende Ermessen dahin ausgeübt und ist durch den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden (vgl. Bundessozialgericht vom 19.7.1983, 6 RKa 26/81 = BSGE 55, S. 212; OVG Münster 16.3.1977 = DÖV 1977, 907), daß sie Bewerbungskosten nicht allein deshalb ablehnen kann, weil sie nicht im Zusammenhang mit einer konkreten Bewerbung stehen. Die eigene Handlungsweise der Beklagten schließt demnach eine einschränkende Auslegung des § 6 Abs. 1 A FdA. dahin aus, daß nur Bewerbungskosten im Zusammenhang mit einer konkreten Bewerbung gefördert werden können.
Die Beklagte wird das ihr zustehende Ermessen, das nicht vom Gericht ersetzt werden kann, nunmehr nachholen müssen und die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche unter Beachtung der nachfolgenden Rechtsauffassung des erkennenden Senats erneut bescheiden.
Zu § 6 Abs. 1 A FdA.: Bei dem Erwerb von Zeitungen zum Studium von Stellenangeboten handelt es sich um üblicherweise im Zusammenhang mit Bewerbungen entstehende Kosten jedenfalls dann, wenn die Zeitung nur zu diesem Zweck gekauft und eine anderweitige, private Verwendung (als Tageszeitung, zur Unterhaltung oder sonstige Informationen) nahezu ausgeschlossen ist. Im vorliegenden Fall der speziell für die Stellensuche konzipierten Zeitung kann eine anderweitige Verwendung nahezu ausgeschlossen werden. Es handelt sich damit um üblicherweise im Zusammenhang mit Bewerbungen entstehende Kosten. Ob es sich um notwendige Kosten im Sinne der §§ 4 Abs. 5 und 6 Abs. 1 A FdA. gehandelt hat, wird die Beklagte noch ermitteln müssen. Dabei wird sie zu berücksichtigen haben, daß die Notwendigkeit entsprechend Art und Inhalt der streitbefangenen Zeitungen nur dann verneint werden kann, wenn der Kläger andere ausreichende und zumutbare Möglichkeiten hatte, die für sein Fachgebiet einschlägigen Stellenangebote zur Kenntnis zu nehmen, sei es durch die entsprechenden ihm zugänglichen Dateien der Beklagten oder durch Einsichtnahme an anderer – für ihn kostenloser – Stelle. Nach Auffassung des erkennenden Senats stehen die vom Kläger geltend gemachten Kosten auch in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Zweck, § 4 Abs. 5 Halbsatz 2 A FdA ... Dies ergibt sich sowohl aus dem relativ niedrigen Preis für das einzelne Heft (zwischen DM 5,– und 6,25) und der Fülle der ausgewerteten Fachzeitschriften und Zeitungen sowie der dennoch gegebenen Aktualität. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Beklagte es selbst in der Hand hat, die Kosten für einen einzelnen Arbeitslosen zu senken, wenn sie entsprechende Zeitungen selbst abonniert oder durch eigene Auswertung einschlägiger Fachzeitschriften oder Zeitungen den Arbeitsuchenden die darin enthaltenen Stellenangebote zugänglich macht.
Die Beklagte wird ferner zu prüfen haben, ob der Kläger die erforderlichen Mittel nicht entsprechend § 4 Abs. 4 A FdA. selbst aufbringen konnte. Dabei kann sie sich zur Ablehnung nicht darauf berufen, daß der Kläger die entsprechenden Mittel tatsächlich aufgebracht hat. Vielmehr wird sie den Kläger im Einklang mit ihrer damaligen Zuschußgewährung zu behandeln haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Es geht in dem Rechtsstreit um die vom Kläger begehrten Kosten für ein Abonnement "Stellentips Berufe im Umweltschutz”.
Der 1958 geborene Kläger ist Dipl. Biologe, seit September 1993 arbeitslos und bezieht Arbeitslosenhilfe. Er war Abonnent der Zeitung "Stellentips Berufe im Umweltschutz”, die vom Wissenschaftsladen Bonn e.V. herausgegeben wird. In der Zeitung sind aktuelle Stellenanzeigen einer Vielzahl von Fachzeitschriften sowie von Tages- und Wochenzeitungen aus dem Bereich des Umweltschutzes ausgewertet und veröffentlicht.
Am 16. März 1994 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung von DM 60,– unter Vorlage einer Rechnung über den Bezug von 12 Exemplaren der genannten Zeitung (Ausgabe 94/17 – Ausgabe 94/28). Mit Bescheid vom 1. Juni 1994 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, daß zwar die üblichen Bewerbungskosten gewährt werden könnten, wie z.B. Kosten für Fotokopien, Porti, Lichtbilder etc., daß die vom Kläger geltend gemachten Kosten jedoch nicht zu den üblichen Bewerbungskosten gehörten.
Hiergegen hat der Kläger am 1. Juli 1994 Widerspruch erhoben. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 1994 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen mit der Begründung, daß nach § 6 der aufgrund des § 53 Absatz 4 AFG erlassenen Anordnung zur Förderung der Arbeitsaufnahme (FdA-Anordnung) die üblicherweise im Zusammenhang mit einer Bewerbung entstehenden Kosten übernommen werden könnten, daß hierzu jedoch nicht die Kosten des Erwerbs von Zeitungen und Zeitschriften zur Auswertung von Stellenangeboten gehörten. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 11. August 1994 mit Postzustellungsurkunde zugestellt.
Hiergegen hat der Kläger am Montag, dem 12. September 1994 Klage erhoben (S-5/Ar-1084/94).
Am 8. August 1994 beantragte der Kläger, daß die Beklagte einen weiteren Betrag in Höhe von DM 75,– für die Verlängerung des Abonnements übernehme (Ausgabe 94/29 bis Ausgabe 94/40). Mit Bescheid vom 20. Oktober 1994 hat die Beklagte auch diesen Antrag mit der früheren Begründung abgelehnt.
Den Widerspruch des Klägers vom 8. November 1994 hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 1995 mit gleicher Begründung zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger am 3. Februar 1995 Klage erhoben (S-5/Ar-133/95).
Am 11. November 1994 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung von DM 75,– unter Vorlage einer Rechnung über den Bezug von 12 Exemplaren der genannten Zeitung (Ausgabe 94/43-Ausgabe 95/04). Mit Bescheid vom 23. Dezember 1994 hat die Beklagte den Antrag mit der bisherigen Begründung abgelehnt.
Hiergegen hat der Kläger am 17. Januar 1995 Widerspruch erhoben. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 1995 hat die Beklagte den Widerspruch mit der seitherigen Begründung zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 16. März 1995 Klage erhoben (S-5/Ar-338/95).
Am 22. Februar 1995 beantragte der Kläger, daß die Beklagte einen weiteren Betrag in Höhe von DM 75,– für die Verlängerung des Abonnements übernehme (Ausgabe 95/05 bis Ausgabe 95/16). Mit Bescheid vom 2. Mai 1995 hat die Beklagte auch diesen Antrag mit der früheren Begründung abgelehnt.
Den Widerspruch des Klägers vom 6. Juni 1995 hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 1995 mit gleicher Begründung zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger am 17. August 1995 Klage erhoben (S-5/Ar-956/95).
Das Sozialgericht Kassel hat jeweils zwei Klagen miteinander verbunden und diese mit Urteilen vom 24. Oktober 1995 unter Zulassung der Berufung abgewiesen. In der Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, daß sich die Beklagte im Rahmen der Ermächtigung des § 53 Abs. 4 AFG gehalten habe, als sie nach § 6 FdA-Anordnung als Bewerbungskosten diejenigen notwendigen Kosten festgelegt habe, die üblicherweise im Zusammenhang mit Bewerbungen entstünden. Es sei auch zu berücksichtigen, daß es sich dabei um Ermessensleistungen handele. Die vom Kläger geltend gemachten Kosten stünden üblicherweise nicht im Zusammenhang mit einer Bewerbung. Vielmehr schafften die dem Kläger mitgeteilten Stellenangebote erst die Voraussetzungen für Bewerbungen. Nur die Kosten, die im Zusammenhang mit konkreten Bewerbungen um eine Arbeitsstelle entstünden, seien erstattungsfähig.
Gegen die dem Kläger am 6. November 1995 im Wege der Niederlegung zugestellten Urteile hat dieser am 4. Dezember 1995 Berufung eingelegt. Der Kläger trägt in den beiden vom erkennenden Senat verbundenen Berufungsverfahren u.a. vor, die Ablehnung der begehrten Leistung stelle insbesondere einen Verstoß gegen §§ 1 und 2 AFG dar. Das Arbeitsamt Kassel sei weiterhin nicht fähig, ihm eine Stelle zu vermitteln, die seiner Qualifikation und den von ihm angestrebten Tätigkeiten entspreche. Dann solle es ihn wenigstens finanziell bei der Stellensuche unterstützen. Seine Spezialisierung liege auf dem Gebiet der Gewässerökologie. Deshalb habe er auch gerade diese Zeitschrift abonniert, da er dort am ehesten an einschlägige Stellenangebote herankomme. Das Arbeitsamt dürfe sogar Kosten für Zeitungsinserate übernehmen und habe dies auch getan. Die A FdA. zähle nur Beispiele für Kosten auf. Die von ihm bezogene Zeitung gehöre zu den Bewerbungskosten, da sie im Zusammenhang mit einer Bewerbung stehe. Es handele sich auch um eine notwendige Leistung, da die Beklagte nicht in der Lage gewesen sei, ihm adäquate Stellen anzubieten. Das Arbeitsamt habe aber auch sein Ermessen nicht richtig ausgeübt, da es die Zeitung nicht gekannt, keine Einzelfallprüfung durchgeführt und willkürlich zu enge Grenzen gezogen habe.
Der Kläger hat ein neueres Exemplar der streitgegenständlichen Zeitung vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Kassel vom 24. Oktober 1995 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Juni 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 1994, den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 1995, den Bescheid der Beklagten vom 23. Dezember 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 1995 und den Bescheid der Beklagten vom 2. Mai 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 1995 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte bezieht sich auf die erstinstanzliche Entscheidung.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist kraft Zulassung zulässig, §§ 151, 144 Abs. 3 Sozialgericht (SGG).
Die Berufung ist auch begründet. Die angefochtenen Urteile des Sozialgerichts Kassel vom 24. Oktober 1995 sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtsfehlerhaft und waren deshalb aufzuheben.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Neubescheidung nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 AFG i.V. § 6 FdA-Anordnung. Den noch in erster Instanz verfolgten Zahlungsanspruch hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufrechterhalten, so daß darüber keine Entscheidung zu ergehen hatte.
Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG kann die Beklagte für arbeitslose Arbeitsuchende zur Förderung der Arbeitsaufnahme einen Zuschuß zu Bewerbungskosten gewähren, soweit die Arbeitsuchenden entsprechend Abs. 3 die erforderlichen Mittel nicht selbst aufbringen können. Nach § 6 Anordnung des Verwaltungsrats der Beklagten zur Förderung der Arbeitsaufnahme (A FdA. in der Fassung der 2. Änderungsanordnung vom 27. Januar 1993) können als Bewerbungskosten die notwendigen Kosten, die üblicherweise im Zusammenhang mit der Bewerbung entstehen, als Zuschuß übernommen werden.
Die Beklagte hat von dem ihr durch § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG eingeräumten Ermessen im Falle des Klägers nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (Ermessensmißbrauch), § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG. Die Beklagte sowie das Sozialgericht sind zu Unrecht davon ausgegangen, daß der Erwerb von Zeitungen grundsätzlich nicht zu den notwendigen Kosten gehören könne, die üblicherweise im Zusammenhang mit Bewerbungen stehen können. Es ist zwar richtig, daß alle Aufwendungen, die vor Kenntnis eines konkreten Stellenangebotes erbracht werden, nicht mit einer konkreten Bewerbung in Zusammenhang stehen und dieser zugeordnet werden können, jedoch muß § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG nicht dahin einengend ausgelegt werden, daß der Gesetzgeber Zuschußmöglichkeiten für die Beklagte erst eröffnen wollte, wenn dem Arbeitsuchenden ein konkretes Stellenangebot bekannt ist. Vielmehr umfaßt grundsätzlich der Begriff der Bewerbungskosten auch den Bereich der kostenträchtigen Suche nach solchen Stellenangeboten. Zu diesen kostenträchtigen Suchmethoden gehören sowohl die Aufgabe eigener Annoncen und als Gegenstück hierzu der Erwerb von Zeitungen zum Studium von Stellenanzeigen. Beide Methoden werden von der Beklagten für die Arbeitsuchenden im Rahmen der Arbeitsvermittlung mit eigenen Mitteln und Methoden (sozusagen hausintern) angeboten, z.B. durch Arbeitsvermittler, die computergestützten Stellennachweise, aber auch die Veröffentlichung von Stellengesuchen in der Zeitung der Beklagten "Markt und Chance”. Darüber hinaus wurde in der mündlichen Verhandlung von den Beteiligten übereinstimmend erklärt, daß die Beklagte in bestimmten Fällen auch die Kosten von Stellensuchanzeigen für den einzelnen Arbeitsuchenden in Zeitungen übernimmt. Darin sieht der erkennende Senat einen "Zuschuß zu Bewerbungskosten” im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG und hält diese Art der Leistung auch grundsätzlich als Ermessensleistung für rechtmäßig. Damit hat die Beklagte aber das ihr zustehende Ermessen dahin ausgeübt und ist durch den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden (vgl. Bundessozialgericht vom 19.7.1983, 6 RKa 26/81 = BSGE 55, S. 212; OVG Münster 16.3.1977 = DÖV 1977, 907), daß sie Bewerbungskosten nicht allein deshalb ablehnen kann, weil sie nicht im Zusammenhang mit einer konkreten Bewerbung stehen. Die eigene Handlungsweise der Beklagten schließt demnach eine einschränkende Auslegung des § 6 Abs. 1 A FdA. dahin aus, daß nur Bewerbungskosten im Zusammenhang mit einer konkreten Bewerbung gefördert werden können.
Die Beklagte wird das ihr zustehende Ermessen, das nicht vom Gericht ersetzt werden kann, nunmehr nachholen müssen und die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche unter Beachtung der nachfolgenden Rechtsauffassung des erkennenden Senats erneut bescheiden.
Zu § 6 Abs. 1 A FdA.: Bei dem Erwerb von Zeitungen zum Studium von Stellenangeboten handelt es sich um üblicherweise im Zusammenhang mit Bewerbungen entstehende Kosten jedenfalls dann, wenn die Zeitung nur zu diesem Zweck gekauft und eine anderweitige, private Verwendung (als Tageszeitung, zur Unterhaltung oder sonstige Informationen) nahezu ausgeschlossen ist. Im vorliegenden Fall der speziell für die Stellensuche konzipierten Zeitung kann eine anderweitige Verwendung nahezu ausgeschlossen werden. Es handelt sich damit um üblicherweise im Zusammenhang mit Bewerbungen entstehende Kosten. Ob es sich um notwendige Kosten im Sinne der §§ 4 Abs. 5 und 6 Abs. 1 A FdA. gehandelt hat, wird die Beklagte noch ermitteln müssen. Dabei wird sie zu berücksichtigen haben, daß die Notwendigkeit entsprechend Art und Inhalt der streitbefangenen Zeitungen nur dann verneint werden kann, wenn der Kläger andere ausreichende und zumutbare Möglichkeiten hatte, die für sein Fachgebiet einschlägigen Stellenangebote zur Kenntnis zu nehmen, sei es durch die entsprechenden ihm zugänglichen Dateien der Beklagten oder durch Einsichtnahme an anderer – für ihn kostenloser – Stelle. Nach Auffassung des erkennenden Senats stehen die vom Kläger geltend gemachten Kosten auch in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Zweck, § 4 Abs. 5 Halbsatz 2 A FdA ... Dies ergibt sich sowohl aus dem relativ niedrigen Preis für das einzelne Heft (zwischen DM 5,– und 6,25) und der Fülle der ausgewerteten Fachzeitschriften und Zeitungen sowie der dennoch gegebenen Aktualität. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Beklagte es selbst in der Hand hat, die Kosten für einen einzelnen Arbeitslosen zu senken, wenn sie entsprechende Zeitungen selbst abonniert oder durch eigene Auswertung einschlägiger Fachzeitschriften oder Zeitungen den Arbeitsuchenden die darin enthaltenen Stellenangebote zugänglich macht.
Die Beklagte wird ferner zu prüfen haben, ob der Kläger die erforderlichen Mittel nicht entsprechend § 4 Abs. 4 A FdA. selbst aufbringen konnte. Dabei kann sie sich zur Ablehnung nicht darauf berufen, daß der Kläger die entsprechenden Mittel tatsächlich aufgebracht hat. Vielmehr wird sie den Kläger im Einklang mit ihrer damaligen Zuschußgewährung zu behandeln haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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