L 6 AL 917/96

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 12 Ar 876/95
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AL 917/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Aufenthalt eines Arbeitslosen in einer psychosomatischen Klinik steht dem Anspruch auf Leistungen wegen Arbeitslosigkeit nicht entgegen, wenn das Therapieziel in der Wiedereingliederung des Arbeitslosen in das Arbeitsleben besteht und die Therapie in eine Phase eingetreten ist, in der diese jeder Zeit (von heute auf morgen) beendet werden kann.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 30. Mai 1996 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der zweiten Instanz zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld in der Zeit vom 2. November bis zum 23. November 1994.

Der Kläger, geboren im Jahre 1953, ist Berufskraftfahrer.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 25. Februar 1994 Arbeitslosengeld ab 15. Januar 1994. Dieser befand sich ab dem 10. August 1994 in stationärer Behandlung in der Klinik für Psychosomatische Medizin in G ... Der Kläger bezog in dieser Zeit Krankengeld bis zum Ausschöpfen seines Anspruchs am 25. Oktober 1994. Am 2. November 1994 meldete er sich in Begleitung des Zeugen Dr. S. bei dem Arbeitsamt M. (Zeugin Z., Arbeitsvermittlerin) arbeitslos und gab dabei an, daß er sich voraussichtlich bis zum 23. November 1994 in der Klinik aufhalten werde. Anläßlich einer persönlichen Vorsprache bei der Zeugin Z. am 17. November 1994 teilte der Kläger mit, er plane zum 1. Dezember 1994 einen Umzug nach W ... An diesem Tag wurde der Kläger vom Arzt der Beklagten, Herrn M., untersucht. In seinem Gutachten kam der Arzt zu dem Ergebnis, der Kläger sei unter günstigen Bedingungen in der Lage, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen (körperlich leichte und mittelschwere Arbeit im Freien, in Werkshallen oder in geschlossenen und temperierten Räumen, vollschichtig in der Tagesschicht in stehender, gehender und sitzender Körperhaltung). Dem Kläger sollte jedoch überdurchschnittliche Streßbelastung und vorsorglich keine häufigen Arbeiten im Gehen oder in der Hocke zugemutet werden.

Nach seinem Umzug am 2. Dezember 1994 meldete sich der Kläger bei dem Arbeitsamt L. erneut arbeitslos.

Das Arbeitsamt M. lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 24. Januar 1995 ab. Dazu führte es aus, der Kläger besitze keinen Leistungsanspruch, da er sich in der streitigen Zeit in stationärer Behandlung befunden habe. Er habe der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden und sei nicht in der Lage gewesen, eine beitragspflichtige Beschäftigung aufzunehmen.

Dagegen erhob der Kläger am 24. Februar 1995 Widerspruch mit der Begründung, er sei nicht bettlägerig gewesen. Er hätte die Therapie jederzeit beenden können. Wäre er in eine Beschäftigung vermittelt worden, hätte er die Möglichkeit besessen, ein Zimmer in der Wohnung einer Bekannten zu nehmen. Das Arbeitsamt M. wies diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 1995 als unbegründet zurück.

Gegen den ihm am 5. Mai 1995 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 30. Mai 1995 Klage vor dem Sozialgericht in Gießen erhoben.

Das Sozialgericht hat die Zeugin Z. durch das Sozialgericht Augsburg und den Zeugen Dr. S. durch das Sozialgericht Nürnberg in Rechtshilfe vernehmen lassen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 34 bis 38 und Blatt 59 bis 62 der Gerichtsakte verwiesen. Des weiteren hat das Sozialgericht die Unterlagen des ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes M. bei gezogen.

Auf dieser Grundlage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 30. Mai 1996 den Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 1995 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld für die Zeit vom 2. November bis zum 23. November 1994 in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger besitze in dem streitigen Zeitraum einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, da er unstreitig in dieser Zeit arbeitslos gewesen sei, die Anwartschaftszeit erfüllt, sich arbeitslos gemeldet und die Gewährung von Arbeitslosengeld besei krank. Daraus könne jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnommen werden, daß der Kläger damit habe zum Ausdruck bringen wollen, er sei zur Arbeitsleistung tatsächlich nicht in der Lage. Aus der Aussage der Zeugin werde vielmehr deutlich, daß die Frage der Verfügbarkeit des Klägers im Gespräch am 2. November 1994 überhaupt nicht thematisiert worden sei. Dies sei aus der von der Zeugin dargelegten Überlegung zu schließen, daß die Bereitschaft zur Aufnahme einer Arbeit und der Aufenthalt des Klägers in der Klinik sich von vornherein ausschließen würden. Offensichtlich sei dies der Grund, weshalb eine eindeutige Klärung der Frage unterblieben sei, ob und ggf. in welchem Rahmen der Kläger zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bereit gewesen sei. Demgegenüber werde die Erklärung des Klägers durch die Aussage des Zeugen Dr. S. gestützt. Dieser habe sich an eine Erklärung des Klägers, er sei krank, nicht erinnern können. Auch habe dieser eine fehlende Arbeitsbereitschaft in keiner Weise zum Ausdruck gebracht. Das Sozialgericht hat die Berufung gegen das Urteil zugelassen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 21. Juni 1996 zugestellte Urteil am 18. Juli 1996 Berufung eingelegt.

Sie ist weiterhin der Auffassung, daß der Kläger in der streitigen Zeit objektiv der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden habe. Er sei wegen seines stationären Aufenthaltes in der Klinik gehindert gewesen, ohne Verzug eine zumutbare Beschäftigung aufzunehmen. So habe das Bundessozialgericht in seinen Urteilen vom 29. September 1987 (Az.: 7 RAr 22/86, 7 RAr 15/86, 7 RAr 24/87) und in seinem Urteil vom 29. November 1989 (Az.: 7 RAr 8/89) entschieden, daß die Bereitschaft des Arbeitslosen zum Abbruch einer Bildungsveranstaltung für die objektive Verfügbarkeit nicht ausreiche. Auch könne von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 19. Oktober 1977 (Az.: 4 RJ 139/76 in SozR 2200 § 1248 RVO Nr. 17) entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht abgewichen werden.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 30. Mai 1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, das Sozialgericht habe zutreffend entschieden. In der letzten Phase seines Aufenthalts in der Klinik habe die Aufgabe der psychiatrischen Betreuung darin bestanden, ihn bei dem Versuch, in das Arbeitsleben wieder zurückzukehren, zu begleiten. Die Aufnahme eines normalen Arbeitsverhältnisses sei Ziel seiner Therapie gewesen und er sei dazu von der Klinik angehalten worden.

Der Senat hat den Entlassungsbericht der Klinik für Psychosomatische Medizin G. vom 28. November 1994 beigezogen und den den Kläger dort behandelnden Arzt Dr. G. schriftlich als Zeugen befragt. Des weiteren hat der Senat den Kläger durch die Berichterstatterin im Erörterungstermin am 27. August 1997 angehört. Wegen des Vertrages der Beteiligten und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die beigezogene Leistungsakte (Stamm-Nr. Blatt bis ) und die Gerichtsakte ergänzend verwiesen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte gem. §§ 124 Abs. 2 i.V.m. 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten dazu ihr Einverständnis erteilt haben.

Die Berufung ist auch zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt und ist statthaft gem. § 151 Abs. 1 SGG. Des weiteren hat das Sozialgericht die Berufung gem. § 144 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.

Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet.

Das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 30. Mai 1996 war nicht aufzuheben.

Es hat zutreffend entschieden, daß der Kläger einen Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Zeit vom 2. November bis zum 23. November 1994 besitzt.

Wie das Sozialgericht in seinem Urteil ausgeführt hat, war der Kläger in der streitigen Zeit gem. § 100 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) arbeitslos, erfüllte die Anwartschaftszeit, hatte sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld beantragt.

Der Kläger besitzt einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, da er auch in der streitigen Zeit der Arbeitsvermittlung gem. §§ 100 Abs. 1, 103 Abs. 1 AFG zur Verfügung stand.

Gem. § 103 Abs. 1 AFG in der Fassung vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2911) steht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, wer

1. eine zumutbare nach § 168 AFG die Beitragspflicht begründende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, nach Nr. 2 bereit ist, a) jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen, die er ausüben kann und darf, sowie b) an zumutbaren Maßnahmen zur beruflichen Ausbildung, Fortbildung und Umschulung, zur beruflichen Rehabilitation teilzunehmen, sowie nach Nr. 3 das Arbeitsamt täglich aufsuchen kann und für das Arbeitsamt erreichbar ist.

Der Senat ist nach freier Beweiswürdigung gem. § 128 Abs. 1 SGG zu der Überzeugung gekommen, daß der Kläger diese Voraussetzungen auch in der hier streitigen Zeit erfüllt.

Der Kläger stand der Arbeitsvermittlung objektiv gem. § 103 Abs. 1 Nr. 1 AFG zur Verfügung.

Zum Begriff des "Könnens” in § 103 Abs. 1 Nr. 1 AFG gehört insbesondere die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit des Arbeitslosen. Insoweit kommt es nicht darauf an, was sich der Arbeitslose noch zutraut, sondern darauf, was ihm objektiv möglich ist (Heuer in Hennig/Kühl/Heuer/Henkel, Arbeitsförderungsgesetz, § 103 Nr. 4).

Nach dem Gutachten des Arztes M. vom 17. November 1994 war der Kläger in der Lage, eine bis zu mittelschwere Tätigkeit vollschichtig mit Ausnahme von überdurchschnittlichem Streß und häufigem Arbeiten im Knien oder in der Hocke zu verrichten. Zwar bestand noch keine Eignung des Klägers für eine Tätigkeit als Berufskraftfahrer. Er war jedoch in der Lage, unter günstigen Bedingungen einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Dem steht nicht entgegen, daß sich der Kläger in dieser Zeit in einer psychosomatischen Klinik aufgehalten hat. Der Entlassungsbericht der Klinik für Psychosomatische Medizin G. vom 28. November 1994 enthält keinen Befund, der einer geregelten Erwerbstätigkeit entgegensteht. Zu diesem Ergebnis ist auch Herr M. in seinem Befundbogen vom 17. November 1994 gekommen. Aus den schriftlichen Äußerungen des Zeugen Dr. G. vom 19. September 1997 geht ergänzend hervor, daß der Kläger auch aus psychiatrischer Sicht wieder in der Lage war, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Danach sei der therapeutische Prozeß erst am Ende des Aufenthalts des Klägers in der Klinik abgeschlossen gewesen. Dennoch sei der Kläger in der hier streitigen Zeit bereits so stabil gewesen, daß die Klinik einer nichtaufschiebbaren Aufnahme einer Arbeit zugestimmt hätte.

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dieser Entscheidung das Urteil des Bundessozialgerichts vom 9. Oktober 1977, Az.: 4 RJ 139/76 in SozR 2200 § 1248 RVO Nr. 17 nicht entgegen. Zwar hat das Bundessozialgericht in diesem Urteil ausgeführt, daß grundsätzlich ein Arbeitsloser während der Zeit einer Heilmaßnahme nicht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Das Bundessozialgericht hat jedoch in diesem Urteil es ausdrücklich offen gelassen, wie die Verfügbarkeit eines Versicherten zu beurteilen sei, wenn der Träger der Maßnahme dem Abbruch vorher zugestimmt habe. Falls dem Versicherten in dieser Zeit eine geeignete Arbeit angeboten wird. Der vorliegende Sachverhalt ist mit dem des Urteils des Bundessozialgerichts nicht vergleichbar. Die Klinik hat zwar, wie den Ausführungen des Dr. G. zu entnehmen ist, nicht von Anfang an ihre Zustimmung zu einer vorzeitigen Entlassung des Klägers erklärt. Jedoch hätte sie ihr Einverständnis in der hier streitigen letzten Phase des Aufenthaltes des Klägers erteilt, da die soziale Wiedereingliederung, insbesondere die Eingliederung des Klägers in das Arbeitsleben, ein wichtiges Therapieziel gewesen ist. Auch wäre vorliegend das Einverständnis der Klinik und nicht des Trägers der Maßnahme ausreichend gewesen. Denn allein die Psychosomatische Klinik hätte beurteilen können, ob der Kläger nunmehr stabil genug gewesen wäre, um vorzeitig aus der Klinik zur unmittelbaren Arbeitsaufnahme entlassen zu werden.

Auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 29. September 1987, Az.: 7 RAr 22/86, steht dem nicht entgegen. Wie das Bundessozialgericht in seinem Urteil ausführt, bedeutet die objektive Verfügbarkeit, daß der Arbeitslose durch nichts gehindert sein darf, um ohne Verzug eine gemäß § 103 AFG zumutbare Beschäftigung aufnehmen zu können. Nicht ausreichend sei eine Lage, die gegenwärtig eine berufliche Tätigkeit ausschließe und erst beseitigt werden müsse. Aus der schriftlichen Äußerung von Dr. G. ist jedoch erkennbar, daß die Situation des Klägers in der Zeit vom 2. November bis zum 23. November 1994 durch seine Vorbereitung auf eine geregelte Beschäftigung gekennzeichnet war. Sein Aufenthalt in der Klinik in dieser Zeit sollte damit nicht mehr zu einer Arbeitsaufnahme zu einem späteren Zeitpunkt beitragen. Nach seinen Äußerungen war der Kläger vielmehr in der Zeit vom 2. bis zum 23. November 1994 soweit stabil, daß er unmittelbar eine Arbeit hätte aufnehmen können. Damit war, wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung ausführt, die Verfügbarkeit des Klägers an jedem Tag erfüllt, für den Arbeitslosengeld erbracht werden soll.

Ebenso steht dieser Entscheidung das Urteil des Bundessozialgerichts vom 24. April 1997 (Az.: 11 RAr 39/96) nicht entgegen. Das Bundessozialgericht führt darin aus, der Arbeitslose habe sich aktuell der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen. Diesem Erfordernis genüge es in der Regel nicht, wenn es für die Aufnahme einer Beschäftigung einer gestaltenden Entscheidung des Arbeitslosen (Abbruch der Maßnahme) bedürfe. Der Senat ist zu der Überzeugung gekommen, daß vorliegend Umstände gegeben sind, die eine Ausnahme von dieser Regel rechtfertigen. Denn das Therapieziel bestand in der Wiedereingliederung des Klägers in das Arbeitsleben. Nach der Auskunft von Dr. G. war die Therapie im Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung des Klägers bereits in eine Phase getreten, die seine Entlassung von einem auf den anderen Tag ermöglicht hätte. Dies war für die Klinik nicht außergewöhnlich. Der Zeuge Dr. S. verließ nach seiner Aussage selbst die Klinik als Patient von heute auf morgen zur Aufnahme einer Tätigkeit. Der Senat ist insoweit zu dem Ergebnis gekommen, daß nicht nur im Falle der Betreuung von Angehörigen (Bundessozialgericht, Urteil vom 25.04.1991, Az.: 11 RAr 9/90 in SozR 3 – 4100 § 103 AFG Nr. 5; Urteil vom 12.12.1990, Az.: 11 RAr 137/89 in SozR 3 – 4100 § 103 AFG Nr. 4) sondern auch im vorliegenden Fall die Bereitschaft zum Abbruch des Klinikaufenthaltes für die Annahme der objektiven Verfügbarkeit ausreichend ist.

Der Kläger stand der Arbeitsvermittlung auch subjektiv nach § 103 Abs. 1 Nr. 2 AFG zur Verfügung.

Wie der Zeuge Dr. S. in seiner Vernehmung ausgesagt hat, hat sich der Kläger bei seiner Arbeitslosmeldung am 2. November 1994 der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt. Da der Kläger keine Rücklagen mehr besessen hat und er von der Krankenkasse ausgesteuert gewesen ist, hat er sich bei dem Arbeitsamt in M. arbeitslos gemeldet. Wäre dem Kläger eine Arbeitsstelle angeboten worden, so hätte der Kläger die Klinik von einem Tag auf den anderen verlassen und bei einer Bekannten wohnen können. Dies wird auch durch die schriftliche Äußerung des Zeugen Dr. G. vom 19. September 1997 bestätigt. Eine kurzfristige Beendigung des stationären Aufenthalts des Klägers zum Zwecke einer nicht aufschiebbaren Arbeitsaufnahme wäre im streitigen Zeitraum von der Klinik unterstützt worden. Daß der Kläger bereit gewesen ist, eine zumutbare Tätigkeit aufzunehmen, zeigt auch die Aussage von Dr. S. insoweit, als dieser ausführt, der Kläger habe sich sehr darüber aufgeregt, daß ein Gutachten zur Frage seiner Verrentung eingeholt werden sollte. Dazu erklärt der Zeuge: "Er (der Kläger) wollte keinesfalls schon in jungen Jahren in Rente gehen.” Dies zeigt deutlich, daß der Kläger sich bei seiner Arbeitslosmeldung am 2. November 1994 für eine zumutbare Tätigkeit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellte.

Die Aussage der Arbeitsvermittlerin des Klägers für die streitige Zeit, der Zeugin Z., steht dem nicht entgegen. Nach ihrer Aussage ist sie bei der Arbeitslosmeldung des Klägers auf die Frage seiner Verfügbarkeit nicht eingegangen. Für sie habe sich nur die Frage des Leistungsbezuges nach § 105 a AFG gestellt. Es ist anzunehmen, daß sie die Erklärungen des Klägers und ihre Bedeutung für seine Verfügbarkeit nicht wahrgenommen hat. Denn sie hat ausgesagt, nach ihrer Auffassung schließe sich die Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme und der Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik von vornherein aus. Dem ist zu entnehmen, daß die Zeugin aus dem Klinikaufenthalt des Klägers den Schluß gezogen hat, der Kläger sei in einer Weise krank, die eine Arbeitsaufnahme unmöglich mache.

Der Kläger konnte das Arbeitsamt M. auch gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 3 AFG täglich aufsuchen und war für das Arbeitsamt täglich erreichbar.

Nach der schriftlichen Aussage des Zeugen Dr. G. vom 19. September 1997 wäre es dem Kläger während der streitigen Zeit möglich gewesen, auch kurzfristigen Einladungen des Arbeitsamtes M., für den nächsten Tag, nachzukommen, selbst wenn therapeutische Veranstaltungen deshalb ausgefallen wären.

Auch die Voraussetzungen des § 1 Satz 1 der Aufenthaltsordnung sind erfüllt.

Der Kläger konnte nach den schriftlichen Erklärungen des Zeugen Dr. G. täglich seine Post in Empfang nehmen.

Da die Berufung somit keinen Erfolg hat, ist die Beklagte gemäß § 193 SGG verpflichtet, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.

Die Berufung war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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