Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 14 AL 1479/96
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AL 1792/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 25. November 1998 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der zweiten Instanz zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung einer betrieblichen Sonderzahlung bei der Zahlung von Konkursausfallgeld.
Der Kläger, geboren im Jahr 1949, war bei der Fa. H. R. KG in F. versicherungspflichtig beschäftigt.
Seit dem Jahr 1978 leistete die frühere Arbeitgeberin des Klägers ihren Mitarbeitern eine betriebliche Sonderleistung nach den tariflichen Regelungen über betriebliche Sonderzahlungen für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende des Installateur-. Klempner-, Kupferschmiede- und Zentralheizungsbauer-Handwerks in Hessen vom 13. Juni 1977. Die Auszahlung erfolgte zum 01. Dezember jeden Jahres.
Nach § 3 (Fälligkeit) Ziff. 1 dieses Tarifvertrags wird der Zeitpunkt der Auszahlung durch Betriebsvereinbarung geregelt. Falls dieser Zeitpunkt durch Betriebsvereinbarung nicht geregelt ist, so gilt nach § 3 Ziff. 2 des Tarifvertrages als Auszahlungstag der 1. Dezember.
Das Amtsgericht F. eröffnete mit Beschluss vom 17. März 1993 (Az.: 6 VN 2/93) das Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses über das Vermögen der früheren Arbeitgeberin des Klägers.
Am 28. November 1995 schlossen der Zeuge K. als Vorsitzender des Betriebsrates, und der Zeuge T. als Geschäftsführer der Arbeitgeberin, eine erste Betriebsvereinbarung (Betriebsvereinbarung Nr. 1) zur Auszahlung der betrieblichen Sonderzahlung für das Jahr 1995. Diese lautet u.a.:
1) "Zwischen dem Fachverband Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, Hessen, und der Industriegewerkschaft Metall für die Bundesrepublik Deutschland besteht seit dem 01.01.1978 eine tarifliche Regelung über betriebliche Sonderzahlungen für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende des Gas- und Wasserinstallateurs-, Klempner-, Kupferschmiede, Zentralheizungs- und Lüftungsbauerhandwerks in Hessen.
2) Demzufolge sind gemäß § 3 des betreffenden Tarifvertrages Sonderzahlungen in bestimmten Staffeln zu zahlen, wobei als Auszahlungstag jeweils der 01. Dezember gilt. Die Auszahlungen wurden seit dem 01.01.1978 an sämtliche organisierten und nichtorganisierten Arbeitnehmer ohne Widerrufsvorbehalt vorgenommen.
3) Da die Firma H. R. KG aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage ist, die Sonderzahlungen zum 01. Dezember 1995 zu leisten, wird vereinbart, die Sonderzahlungen bis spätestens zum 31. Januar 1996 nachzuzahlen.”
Mit Datum vom 01. Februar 1996 wurde eine zweite Betriebsvereinbarung (Betriebsvereinbarung Nr. 2), ebenfalls unterschrieben von den Zeugen K. und T., geschlossen. Darin wird u.a. geregelt: "Da die H. R. KG aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage war, die Sonderzahlung bis zum 01. Februar 1996 nachzuzahlen, gemäß der Betriebsvereinbarung vom 28.11.1995, wird in Abänderung der vorgenannten Betriebsvereinbarung nunmehr vereinbart, daß die Sonderzahlungen bis spätestens zum 01. April 1996 vorzunehmen sind und zwar für sämtliche nachstehend genannten Arbeitnehmer: (es folgen die Namen der Arbeitnehmer, auch der Name des Klägers)”.
Ebenfalls mit Datum vom 01. Februar 1996 wurde eine dritte Betriebsvereinbarung (Betriebsvereinbarung Nr. 3), gleichfalls unterschieben von den beiden Zeugen, geschlossen. Darin heißt es u.a.: "Da die H. R. KG aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage war, die Sonderzahlungen bis zum 31. Januar 1996 nachzuzahlen, gemäß Betriebsvereinbarung vom 28.11.1995, wird in Abänderung der vorgenannten Betriebsvereinbarung nunmehr vereinbart, daß die Sonderzahlungen bis spätestens zum 31. März 1996 vorzunehmen sind und zwar für sämtliche nachstehend genannten Arbeitnehmer: (es folgen auch hier die Namen der Arbeitnehmer, auch der Name des Klägers)”.
Am 15. Februar 1996 wurde erneut die Eröffnung des Vergleichsverfahrens zur Abwendung des Konkurses über das Vermögen der Arbeitgeberin beantragt. Dieses Verfahren wurde beim Amtsgericht F. unter dem Az.: VN 1/96 geführt. Dieser Versuch scheiterte. Mit Beschluss des Amtsgerichts F. (Az.: N 30/96) vom 01. April 1996 wurde die Eröffnung des Anschlußkonkurses beschlossen.
Am 17. Mai 1996 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Konkursausfallgeld.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 18. Juni 1996 Konkursausfallgeld für ausstehenden Lohn in der Zeit vom 01. Februar 1996 bis 31. März 1996 in Höhe von 6.780,25 DM. Weiter heißt es in dem Bescheid: Die betriebliche Sonderzahlung sei nicht berücksichtigt worden, da der maßgebliche Auszahlungstermin (01. Dezember 1995) außerhalb des maßgeblichen Zeitraums von 01. Februar bis 31. März 1996 liege. Die Betriebsvereinbarungen vom 28. November 1995 und vom 01. Februar 1996 beinhalteten keine Änderung des Stichtags nach § 3 des Tarifvertrages.
Der Kläger erhob dagegen am 05. Juli 1996 Widerspruch. Zum einem sei nach § 141b Arbeitsförderungsgesetz (AFG) Konkursausfallgeld für die letzten drei und nicht wie mit dem angefochtenen Bescheid geschehen, für die letzten zwei Monate vor dem Insolvenzereignis zu zahlen. Auch sei er der Auffassung, daß auch die vereinbarte betriebliche Sonderzahlung bei der Gewährung von Konkursausfallgeld zu berücksichtigen sei. Die Fälligkeit dieser Sonderzahlung sei durch die Betriebsvereinbarungen vom 28. November 1995 und vom 01. Februar 1996 neu geregelt worden. Damit sei für die Fälligkeit dieser Sonderzahlung nicht § 3 des maßgeblichen Tarifvertrages, sondern die Vereinbarung der Vertragsparteien, Fälligkeit zum 31. Januar 1996, maßgeblich.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01. August 1996 als unbegründet zurück. Dazu führte sie aus, ein vom Arbeitgeber nicht befriedigter Anspruch des Arbeitnehmers könne bei der Bemessung des Konkursausfallgeldes nur berücksichtigt werden, wenn der Anspruch dem dreimonatigen Konkursausfallgeld-Zeitraum zugeordnet werden könne. Dies sei bei der vorliegend streitigen betrieblichen Sonderzahlung nicht möglich, da der Zahlungsanspruch bereits am 01. Dezember 1995 entstanden sei. Daran änderten auch die späteren Vereinbarungen nichts, da diese lediglich eine Stundungsvereinbarung enthielten.
Gegen den am 06. August 1996 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 21. August 1996 Klage vor dem Sozialgericht in Gießen erhoben. Er vertritt weiterhin die Auffassung, daß mit den Betriebsvereinbarungen vom 28. November 1995 und vom 01. Februar 1996 die Regelung des § 2 des Tarifvertrages wirksam abgeändert worden sei. Die Fälligkeit der Zahlung der betrieblichen Sonderzahlung sei damit vom 01. Dezember 1995 auf dem 31. Januar 1996 verlegt worden. Er habe somit auch einen Anspruch auf Konkursausfallgeld in Höhe der anteiligen betrieblichen Sonderzahlung. Des weiteren hat der Kläger auf die weitere Betriebsvereinbarung vom 01. Februar 1996 verwiesen, mit der eine Auszahlung der betrieblichen Sonderzahlung zum 31. März 1996 vereinbart wurde.
Unter Hinweis, daß der Vortrag des Klägers keine neuen Argumente aufweise, hat die Beklagte ihren Widerspruchsbescheid zum Gegenstand ihres Vertrags gemacht.
Das Sozialgericht hat Rechtsanwalt und Konkursverwalter U. K. und G. K. schriftlich als Zeugen befragt und mit Urteil vom 25. November 1998 unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Juni 1996 und des Widerspruchsbescheides vom 01. August 1996 die Beklagte verurteilt, Konkursausfallgeld unter Berücksichtigung der betrieblichen Sonderzahlung zu gewähren. Dazu hat es ausgeführt, die betriebliche Sonderzahlung sei bei der Gewährung von Konkursausfallgeld zu berücksichtigen. Die Jahressonderzahlung sei Arbeitsentgelt i.S. von § 141b Abs. 2 AFG. Bei der Sonderzahlung handele es sich um die Gegenleistung des Arbeitgebers für eine Leistung des Arbeitnehmers. Hierfür spreche schon, daß die Leistung nach § 2 Nr. 2 des Tarifvertrages prozentual nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelt sei. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei die Jahressonderzahlung auch dem Konkursausfallgeld-Zeitraum vom 01. Februar bis 31. März 1996 zuzuordnen. Die Zahlung sei erst am 31. März 1996 fällig geworden. Dies ergebe sich aus der vom Kläger überreichten Betriebsvereinbarung vom 01. Februar 1996. Die Kammer sei von der Gültigkeit dieser Betriebsvereinbarung überzeugt, auch wenn unter dem gleichen Datum eine Betriebsvereinbarung mit dem Auszahlungsdatum 01. April 1996 existiere. Der ehemalige Betriebsratsvorsitzende der früheren Arbeitgeberin des Klägers habe in seiner Antwort auf seine schriftliche Befragung als Zeuge ausgeführt, die Vereinbarung mit dem Auszahlungsdatum 01. April 1996 sei im gegenseitigen Einvernehmen aufgehoben worden. Die einzig gültige Betriebsvereinbarung sei die mit dem Auszahlungsdatum 31. März 1996. Die Kammer habe keine Veranlassung, an der Richtigkeit der Darstellung des Zeugen zu zweifeln. Auch habe der weitere Zeuge, der Konkursverwalter der früheren Arbeitgeberin des Klägers, keine anderen Angaben gemacht. Die Auffassung der Beklagten, der Anspruch der Sonderzahlung sei bereits am 01. Dezember 1995 entstanden, lasse sich mit den Regelungen des Tarifvertrages nicht in Einklang bringen. Gemäß § 3 Nr. 1 des Tarifvertrages werde der Zeitpunkt der Auszahlung der betrieblichen Sonderzahlung durch den Abschluß einer Betriebsvereinbarung geregelt. Nur wenn dies nicht der Fall sei, gelte der Auszahlungsstichtag des § 3 Nr. 2 des Tarifvertrages (01. Dezember des jeweiligen Jahres). Vorliegend liege eine Betriebsvereinbarung vor, die die Fälligkeit der Sonderzahlung zum 31. März 1996 bestimme. Es handele sich vorliegend nicht um eine Stundungsvereinbarung, sondern um eine Regelung nach § 3 Nr. 1 des Tarifvertrages. Der Anspruch sei damit erst bei seiner Fälligkeit zum 31. März 1996 entstanden und nicht zu einem früheren Zeitpunkt (mit Hinweis auf: BSG, Urteil vom 18.01.1990 – 10 RAr 10/89 in SozR 3–4100 § 141 b AFG Nr. 1). Da der Anspruch auf die betriebliche Sonderzahlung innerhalb der letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor dem Insolvenzereignis entstanden und vom Arbeitgeber nicht befriedigt worden sei, bestehe Anspruch auf Konkursausfallgeld in voller Höhe der betrieblichen Sonderzahlung.
Gegen das der Beklagten am 04. Dezember 1998 zugestellte Urteil hat sie am 30. Dezember 1998 Berufung eingelegt
Dazu führt sie aus, bisher sei seit dem Jahre 1978 die betrieblichen Sonderzahlungen entsprechend den Regelungen des Tarifvertrages gezahlt worden. Mit der ersten Betriebsvereinbarung vom 28. November 1995 sei vereinbar worden, daß die Sonderleistung zum 31. Januar 1996 nachgezahlt werde, da der Arbeitgeber aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, die betriebliche Sonderleistung zum 01. Dezember 1995 zu leisten. Mit der zweiten Betriebsvereinbarung vom 01. Februar 1996 sei die Betriebsvereinbarung vom 28. November 1995 abgeändert worden. Die betriebliche Sonderzahlung sei danach spätestens zum 01. April 1996 vorzunehmen gewesen. Ebenfalls am 01. Februar 1996 sei eine weitere Betriebsvereinbarung mit dem Inhalt geschlossen worden, nach der die Sonderzahlung zum 31. März 1996 habe erfolgen sollen. Die letzte Vereinbarung habe bisher nicht vorgelegen und sei erstmals im sozialgerichtlichen Verfahren erwähnt und vorgelegt worden. Weiter wendet die Beklagte ein, es sei wenig glaubhaft, daß die Änderung des Auszahlungstermins mit dem Ziel erfolgt sei, den Zeitpunkt in eine Zeit zu legen, in der zu erwarten gewesen sei, daß es dem Betrieb wirtschaftlich besser gehe. Insbesondere die letzten beiden Änderungen vom 01. Februar 1996, Verschiebung des Auszahlungszeitpunkts zunächst auf den 01. April 1996 und später auf den 31. März 1996, ließen erkennen, daß es bei den Änderungen darum gegangen sei, den Auszahlungszeitpunkt in den Konkursausfallgeld-Zeitraum zu verlegen. Dies widerspreche der Intention der Vorschriften des Konkursausfallgeldes. Zweck des Konkursausfallgeldes sei es, Arbeitnehmer, die regelmäßig nicht in der Lage seien, für ihre Ansprüche Sicherheiten zu fordern, für einen begrenzten Zeitraum vor Lohneinbußen zu schützen. Das Konkursausfallgeld sei jedoch nicht zugunsten zahlungsunfähiger Unternehmen eingeführt worden. Da die Betriebsvereinbarung rechtsmißbräuchlich geschlossen worden sei, verbleibe es bei der vereinbarten Auszahlung zum 01. Dezember 1995.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Gießen vom 25. November 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dazu trägt er vor, es sei im Hinblick darauf, daß es seiner früheren Arbeitgeberin wirtschaftlich immer schlechter gegangen und Konkurs beantragt worden sei, nicht verwunderlich, daß mit mehreren Betriebsvereinbarungen versucht worden sei, den Mitarbeitern der Firma die betriebliche Sonderzahlung zu sichern. Dies sei jedoch nicht rechtsmißbräuchlich. Im übrigen weist er daraufhin, daß § 3 Nr. 2 des Tarifvertrages (Auszahlung zum 01. Dezember jeden Jahres) nur gültig sei, wenn keine Betriebsvereinbarung getroffen worden sei.
Der Senat hat die Kaug-Akte der Beklagten und die Akte des Amtsgericht F. (Az.: 6 N 30/96) beigezogen. Aus der letztgenannten Akte hat der Senat auszugsweise Kopien angefertigt. Des weiteren hat der Senat die Zeugen G. K. und A. T. vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gerichtsakte verwiesen. Im übrigen wird wegen der Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Unterlagen verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt und ist statthaft gem. § 151 Abs. 1; §§ 143,144 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Sie ist jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht Gießen hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß der Kläger auch hinsichtlich der betrieblichen Sonderzahlung einen Anspruch auf Konkursausfallgeld besitzt.
Der Senat ist nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen und der Aussagen der Zeugen T. und K. vor dem Senat zu dem Ergebnis gekommen, daß mit der Betriebsvereinbarung 1 vom 28. November 1995 der Zahlungstermin für die betriebliche Sonderzahlung für das Jahr 1995 auf den 31. Januar 1996 vereinbart wurde und damit innerhalb des Kaug-Zeitraumes fällt.
Anspruch auf Konkursausfallgeld hat ein Arbeitnehmer gem. § 141 b Abs. 1 Satz 1 AFG, der bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen seines Arbeitgebers für die letzten der Eröffnung des Konkurses vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hat.
Da das Amtsgericht Friedberg mit Beschluss vom 01. April 1996 über die Eröffnung des Konkurses entschieden hat, umfaßt der vorliegend maßgebliche Zeitraum die Zeit vom 31. Dezember 1995 bis zum 31. März 1996. Die erst zum 01. Februar 1996 fällig gewordene betriebliche Sonderzahlung fällt damit in diesen Kaug-Zeitraum.
Die Beweiserhebung vor dem Senat durch die Vernehmung der Zeugen T. und K. hat einen übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien der Betriebsvereinbarung vom 28. November 1995 dahingehend ergeben, daß der Auszahlungstermin der betrieblichen Sonderzahlung für das Jahr 1995 auf den 31. Januar 1996 festgelegt werden sollte.
Gemäß §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist im Falle eines auslegungsbedürftigen Vertrages der wirkliche Wille und die objektive Erklärungsbedeutung der vertraglichen Regelung zu ermitteln (Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 54 Aufl., § 133 Rdnr. 7). Der Wortlaut der vorliegend streitigen Betriebsvereinbarung vom 28. November 1995 ist, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, nicht eindeutig und deshalb auslegungsbedürftig, weil es darin heißt, " die Sonderzahlung bis spätestens zum 31. Januar 1996 nachzuzahlen ”
Der Senat ist nach den Aussagen des Zeugen T. zu dem Ergebnis gekommen, daß der Betriebsrat (vertreten durch schien Vorsitzenden, den Zeugen K.) und er als Geschäftsführer der H. R. KG mit der Betriebsvereinbarung vom 28. November 1995 übereinstimmend den Auszahlungstermin der betrieblichen Sonderzahlung für das Jahr 1995 durch Betriebsvereinbarung neu regem wollten. Anders als in den Jahren zuvor sollte die Auszahlung nicht zum 01. Dezember des laufenden Jahres, sondern am 31. Januar 1996 erfolgen. Wie der Zeuge erklärte, habe er im November 1995 wegen sich abzeichnender Liquidationsschwierigkeiten Kontakt mit dem Betriebsrat mit dem Ziel aufgenommen, die Fälligkeit der betrieblichen Sonderzahlung auf den 31. Januar 1996 zu verlegen. Das Ziel sei es gewesen, von der Fälligkeit 01. Dezember 1995 wegzukommen. Mit dieser Betriebsvereinbarung habe ein "neuer Fakt” geschaffen werden sollen.
Dem widerspricht auch nicht das im Text der Betriebsvereinbarung vom 28. November 1995 verwendete Wort "nachzuzahlen”. Auf die Verwendung dieses Wortes angesprochen erklärte der Zeuge, es habe aus der Sicht der Betriebsleitung keine besondere (rechtliche) Bedeutung gehabt. Dies ist dem Senat nachvollziehbar, da weder die Betriebsleitung noch der Betriebsrats rechtlichen Rat eingeholt hatten.
Nach Überzeugung des Senats spricht auch der Wortlaut der Ziff. 2 der Betriebsvereinbarung nicht gegen die Annahme, daß mit dem Abschluß dieser Betriebsvereinbarung die Fälligkeit der betrieblichen Sonderzahlung für das Jahr 1995 neu geregelt werden sollte. Der Zeuge erklärte zum Text der Nr. 2 der Betriebsvereinbarung, damit sei beabsichtigt gewesen, die frühere betriebliche Übung nach der tariflichen Regelung zu beschreiben.
Dafür spricht zudem die Aussage des Zeugen, daß im Zeitpunkt der Betriebsvereinbarung vom 28. November 1995 eine realistische Chance bestand, die betriebliche Sonderzahlung zum 31. Januar 1996 tatsächlich erbringen zu können. Diese Einschätzung habe darauf beruht, daß noch Zahlungen aus öffentlichen Aufträgen zu erwarten gewesen seien.
Der Senat hat keinen Anhaltspunkt, an der Glaubhaftigkeit der Aussage und der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln.
Dies wurde durch die Aussage des Zeugen K. bestätigt.
Auch insoweit bestehen für den Senat keine Anhaltspunkte, an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen K. und seiner Glaubwürdigkeit, zu zweifeln.
Lediglich ergänzend weist der Senat daraufhin, daß nach seiner Überzeugung mit den weiteren Betriebsvereinbarungen (2 und 3) nicht die Fälligkeit der zum 31. Januar 1996 fällig gewordenen betrieblichen Sonderzahlung verändert wurde. Denn die beiden anschließenden Betriebsvereinbarungen wurden erst nach dem Fälligkeitsdatum am 01. Februar 1996 abgeschlossen. Somit wurde mit den Betriebsvereinbarungen 2 und 3 lediglich ein Zahlungsaufschub für die bereits zum 31. Januar 1996 fällig gewordenen Zahlungen vereinbart.
Die weiteren Voraussetzungen für einen Anspruch auf Konkursausfallgeld hat der Kläger erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der zweiten Instanz zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung einer betrieblichen Sonderzahlung bei der Zahlung von Konkursausfallgeld.
Der Kläger, geboren im Jahr 1949, war bei der Fa. H. R. KG in F. versicherungspflichtig beschäftigt.
Seit dem Jahr 1978 leistete die frühere Arbeitgeberin des Klägers ihren Mitarbeitern eine betriebliche Sonderleistung nach den tariflichen Regelungen über betriebliche Sonderzahlungen für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende des Installateur-. Klempner-, Kupferschmiede- und Zentralheizungsbauer-Handwerks in Hessen vom 13. Juni 1977. Die Auszahlung erfolgte zum 01. Dezember jeden Jahres.
Nach § 3 (Fälligkeit) Ziff. 1 dieses Tarifvertrags wird der Zeitpunkt der Auszahlung durch Betriebsvereinbarung geregelt. Falls dieser Zeitpunkt durch Betriebsvereinbarung nicht geregelt ist, so gilt nach § 3 Ziff. 2 des Tarifvertrages als Auszahlungstag der 1. Dezember.
Das Amtsgericht F. eröffnete mit Beschluss vom 17. März 1993 (Az.: 6 VN 2/93) das Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses über das Vermögen der früheren Arbeitgeberin des Klägers.
Am 28. November 1995 schlossen der Zeuge K. als Vorsitzender des Betriebsrates, und der Zeuge T. als Geschäftsführer der Arbeitgeberin, eine erste Betriebsvereinbarung (Betriebsvereinbarung Nr. 1) zur Auszahlung der betrieblichen Sonderzahlung für das Jahr 1995. Diese lautet u.a.:
1) "Zwischen dem Fachverband Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, Hessen, und der Industriegewerkschaft Metall für die Bundesrepublik Deutschland besteht seit dem 01.01.1978 eine tarifliche Regelung über betriebliche Sonderzahlungen für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende des Gas- und Wasserinstallateurs-, Klempner-, Kupferschmiede, Zentralheizungs- und Lüftungsbauerhandwerks in Hessen.
2) Demzufolge sind gemäß § 3 des betreffenden Tarifvertrages Sonderzahlungen in bestimmten Staffeln zu zahlen, wobei als Auszahlungstag jeweils der 01. Dezember gilt. Die Auszahlungen wurden seit dem 01.01.1978 an sämtliche organisierten und nichtorganisierten Arbeitnehmer ohne Widerrufsvorbehalt vorgenommen.
3) Da die Firma H. R. KG aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage ist, die Sonderzahlungen zum 01. Dezember 1995 zu leisten, wird vereinbart, die Sonderzahlungen bis spätestens zum 31. Januar 1996 nachzuzahlen.”
Mit Datum vom 01. Februar 1996 wurde eine zweite Betriebsvereinbarung (Betriebsvereinbarung Nr. 2), ebenfalls unterschrieben von den Zeugen K. und T., geschlossen. Darin wird u.a. geregelt: "Da die H. R. KG aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage war, die Sonderzahlung bis zum 01. Februar 1996 nachzuzahlen, gemäß der Betriebsvereinbarung vom 28.11.1995, wird in Abänderung der vorgenannten Betriebsvereinbarung nunmehr vereinbart, daß die Sonderzahlungen bis spätestens zum 01. April 1996 vorzunehmen sind und zwar für sämtliche nachstehend genannten Arbeitnehmer: (es folgen die Namen der Arbeitnehmer, auch der Name des Klägers)”.
Ebenfalls mit Datum vom 01. Februar 1996 wurde eine dritte Betriebsvereinbarung (Betriebsvereinbarung Nr. 3), gleichfalls unterschieben von den beiden Zeugen, geschlossen. Darin heißt es u.a.: "Da die H. R. KG aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage war, die Sonderzahlungen bis zum 31. Januar 1996 nachzuzahlen, gemäß Betriebsvereinbarung vom 28.11.1995, wird in Abänderung der vorgenannten Betriebsvereinbarung nunmehr vereinbart, daß die Sonderzahlungen bis spätestens zum 31. März 1996 vorzunehmen sind und zwar für sämtliche nachstehend genannten Arbeitnehmer: (es folgen auch hier die Namen der Arbeitnehmer, auch der Name des Klägers)”.
Am 15. Februar 1996 wurde erneut die Eröffnung des Vergleichsverfahrens zur Abwendung des Konkurses über das Vermögen der Arbeitgeberin beantragt. Dieses Verfahren wurde beim Amtsgericht F. unter dem Az.: VN 1/96 geführt. Dieser Versuch scheiterte. Mit Beschluss des Amtsgerichts F. (Az.: N 30/96) vom 01. April 1996 wurde die Eröffnung des Anschlußkonkurses beschlossen.
Am 17. Mai 1996 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Konkursausfallgeld.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 18. Juni 1996 Konkursausfallgeld für ausstehenden Lohn in der Zeit vom 01. Februar 1996 bis 31. März 1996 in Höhe von 6.780,25 DM. Weiter heißt es in dem Bescheid: Die betriebliche Sonderzahlung sei nicht berücksichtigt worden, da der maßgebliche Auszahlungstermin (01. Dezember 1995) außerhalb des maßgeblichen Zeitraums von 01. Februar bis 31. März 1996 liege. Die Betriebsvereinbarungen vom 28. November 1995 und vom 01. Februar 1996 beinhalteten keine Änderung des Stichtags nach § 3 des Tarifvertrages.
Der Kläger erhob dagegen am 05. Juli 1996 Widerspruch. Zum einem sei nach § 141b Arbeitsförderungsgesetz (AFG) Konkursausfallgeld für die letzten drei und nicht wie mit dem angefochtenen Bescheid geschehen, für die letzten zwei Monate vor dem Insolvenzereignis zu zahlen. Auch sei er der Auffassung, daß auch die vereinbarte betriebliche Sonderzahlung bei der Gewährung von Konkursausfallgeld zu berücksichtigen sei. Die Fälligkeit dieser Sonderzahlung sei durch die Betriebsvereinbarungen vom 28. November 1995 und vom 01. Februar 1996 neu geregelt worden. Damit sei für die Fälligkeit dieser Sonderzahlung nicht § 3 des maßgeblichen Tarifvertrages, sondern die Vereinbarung der Vertragsparteien, Fälligkeit zum 31. Januar 1996, maßgeblich.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01. August 1996 als unbegründet zurück. Dazu führte sie aus, ein vom Arbeitgeber nicht befriedigter Anspruch des Arbeitnehmers könne bei der Bemessung des Konkursausfallgeldes nur berücksichtigt werden, wenn der Anspruch dem dreimonatigen Konkursausfallgeld-Zeitraum zugeordnet werden könne. Dies sei bei der vorliegend streitigen betrieblichen Sonderzahlung nicht möglich, da der Zahlungsanspruch bereits am 01. Dezember 1995 entstanden sei. Daran änderten auch die späteren Vereinbarungen nichts, da diese lediglich eine Stundungsvereinbarung enthielten.
Gegen den am 06. August 1996 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 21. August 1996 Klage vor dem Sozialgericht in Gießen erhoben. Er vertritt weiterhin die Auffassung, daß mit den Betriebsvereinbarungen vom 28. November 1995 und vom 01. Februar 1996 die Regelung des § 2 des Tarifvertrages wirksam abgeändert worden sei. Die Fälligkeit der Zahlung der betrieblichen Sonderzahlung sei damit vom 01. Dezember 1995 auf dem 31. Januar 1996 verlegt worden. Er habe somit auch einen Anspruch auf Konkursausfallgeld in Höhe der anteiligen betrieblichen Sonderzahlung. Des weiteren hat der Kläger auf die weitere Betriebsvereinbarung vom 01. Februar 1996 verwiesen, mit der eine Auszahlung der betrieblichen Sonderzahlung zum 31. März 1996 vereinbart wurde.
Unter Hinweis, daß der Vortrag des Klägers keine neuen Argumente aufweise, hat die Beklagte ihren Widerspruchsbescheid zum Gegenstand ihres Vertrags gemacht.
Das Sozialgericht hat Rechtsanwalt und Konkursverwalter U. K. und G. K. schriftlich als Zeugen befragt und mit Urteil vom 25. November 1998 unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Juni 1996 und des Widerspruchsbescheides vom 01. August 1996 die Beklagte verurteilt, Konkursausfallgeld unter Berücksichtigung der betrieblichen Sonderzahlung zu gewähren. Dazu hat es ausgeführt, die betriebliche Sonderzahlung sei bei der Gewährung von Konkursausfallgeld zu berücksichtigen. Die Jahressonderzahlung sei Arbeitsentgelt i.S. von § 141b Abs. 2 AFG. Bei der Sonderzahlung handele es sich um die Gegenleistung des Arbeitgebers für eine Leistung des Arbeitnehmers. Hierfür spreche schon, daß die Leistung nach § 2 Nr. 2 des Tarifvertrages prozentual nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelt sei. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei die Jahressonderzahlung auch dem Konkursausfallgeld-Zeitraum vom 01. Februar bis 31. März 1996 zuzuordnen. Die Zahlung sei erst am 31. März 1996 fällig geworden. Dies ergebe sich aus der vom Kläger überreichten Betriebsvereinbarung vom 01. Februar 1996. Die Kammer sei von der Gültigkeit dieser Betriebsvereinbarung überzeugt, auch wenn unter dem gleichen Datum eine Betriebsvereinbarung mit dem Auszahlungsdatum 01. April 1996 existiere. Der ehemalige Betriebsratsvorsitzende der früheren Arbeitgeberin des Klägers habe in seiner Antwort auf seine schriftliche Befragung als Zeuge ausgeführt, die Vereinbarung mit dem Auszahlungsdatum 01. April 1996 sei im gegenseitigen Einvernehmen aufgehoben worden. Die einzig gültige Betriebsvereinbarung sei die mit dem Auszahlungsdatum 31. März 1996. Die Kammer habe keine Veranlassung, an der Richtigkeit der Darstellung des Zeugen zu zweifeln. Auch habe der weitere Zeuge, der Konkursverwalter der früheren Arbeitgeberin des Klägers, keine anderen Angaben gemacht. Die Auffassung der Beklagten, der Anspruch der Sonderzahlung sei bereits am 01. Dezember 1995 entstanden, lasse sich mit den Regelungen des Tarifvertrages nicht in Einklang bringen. Gemäß § 3 Nr. 1 des Tarifvertrages werde der Zeitpunkt der Auszahlung der betrieblichen Sonderzahlung durch den Abschluß einer Betriebsvereinbarung geregelt. Nur wenn dies nicht der Fall sei, gelte der Auszahlungsstichtag des § 3 Nr. 2 des Tarifvertrages (01. Dezember des jeweiligen Jahres). Vorliegend liege eine Betriebsvereinbarung vor, die die Fälligkeit der Sonderzahlung zum 31. März 1996 bestimme. Es handele sich vorliegend nicht um eine Stundungsvereinbarung, sondern um eine Regelung nach § 3 Nr. 1 des Tarifvertrages. Der Anspruch sei damit erst bei seiner Fälligkeit zum 31. März 1996 entstanden und nicht zu einem früheren Zeitpunkt (mit Hinweis auf: BSG, Urteil vom 18.01.1990 – 10 RAr 10/89 in SozR 3–4100 § 141 b AFG Nr. 1). Da der Anspruch auf die betriebliche Sonderzahlung innerhalb der letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor dem Insolvenzereignis entstanden und vom Arbeitgeber nicht befriedigt worden sei, bestehe Anspruch auf Konkursausfallgeld in voller Höhe der betrieblichen Sonderzahlung.
Gegen das der Beklagten am 04. Dezember 1998 zugestellte Urteil hat sie am 30. Dezember 1998 Berufung eingelegt
Dazu führt sie aus, bisher sei seit dem Jahre 1978 die betrieblichen Sonderzahlungen entsprechend den Regelungen des Tarifvertrages gezahlt worden. Mit der ersten Betriebsvereinbarung vom 28. November 1995 sei vereinbar worden, daß die Sonderleistung zum 31. Januar 1996 nachgezahlt werde, da der Arbeitgeber aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, die betriebliche Sonderleistung zum 01. Dezember 1995 zu leisten. Mit der zweiten Betriebsvereinbarung vom 01. Februar 1996 sei die Betriebsvereinbarung vom 28. November 1995 abgeändert worden. Die betriebliche Sonderzahlung sei danach spätestens zum 01. April 1996 vorzunehmen gewesen. Ebenfalls am 01. Februar 1996 sei eine weitere Betriebsvereinbarung mit dem Inhalt geschlossen worden, nach der die Sonderzahlung zum 31. März 1996 habe erfolgen sollen. Die letzte Vereinbarung habe bisher nicht vorgelegen und sei erstmals im sozialgerichtlichen Verfahren erwähnt und vorgelegt worden. Weiter wendet die Beklagte ein, es sei wenig glaubhaft, daß die Änderung des Auszahlungstermins mit dem Ziel erfolgt sei, den Zeitpunkt in eine Zeit zu legen, in der zu erwarten gewesen sei, daß es dem Betrieb wirtschaftlich besser gehe. Insbesondere die letzten beiden Änderungen vom 01. Februar 1996, Verschiebung des Auszahlungszeitpunkts zunächst auf den 01. April 1996 und später auf den 31. März 1996, ließen erkennen, daß es bei den Änderungen darum gegangen sei, den Auszahlungszeitpunkt in den Konkursausfallgeld-Zeitraum zu verlegen. Dies widerspreche der Intention der Vorschriften des Konkursausfallgeldes. Zweck des Konkursausfallgeldes sei es, Arbeitnehmer, die regelmäßig nicht in der Lage seien, für ihre Ansprüche Sicherheiten zu fordern, für einen begrenzten Zeitraum vor Lohneinbußen zu schützen. Das Konkursausfallgeld sei jedoch nicht zugunsten zahlungsunfähiger Unternehmen eingeführt worden. Da die Betriebsvereinbarung rechtsmißbräuchlich geschlossen worden sei, verbleibe es bei der vereinbarten Auszahlung zum 01. Dezember 1995.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Gießen vom 25. November 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dazu trägt er vor, es sei im Hinblick darauf, daß es seiner früheren Arbeitgeberin wirtschaftlich immer schlechter gegangen und Konkurs beantragt worden sei, nicht verwunderlich, daß mit mehreren Betriebsvereinbarungen versucht worden sei, den Mitarbeitern der Firma die betriebliche Sonderzahlung zu sichern. Dies sei jedoch nicht rechtsmißbräuchlich. Im übrigen weist er daraufhin, daß § 3 Nr. 2 des Tarifvertrages (Auszahlung zum 01. Dezember jeden Jahres) nur gültig sei, wenn keine Betriebsvereinbarung getroffen worden sei.
Der Senat hat die Kaug-Akte der Beklagten und die Akte des Amtsgericht F. (Az.: 6 N 30/96) beigezogen. Aus der letztgenannten Akte hat der Senat auszugsweise Kopien angefertigt. Des weiteren hat der Senat die Zeugen G. K. und A. T. vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gerichtsakte verwiesen. Im übrigen wird wegen der Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Unterlagen verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt und ist statthaft gem. § 151 Abs. 1; §§ 143,144 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Sie ist jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht Gießen hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß der Kläger auch hinsichtlich der betrieblichen Sonderzahlung einen Anspruch auf Konkursausfallgeld besitzt.
Der Senat ist nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen und der Aussagen der Zeugen T. und K. vor dem Senat zu dem Ergebnis gekommen, daß mit der Betriebsvereinbarung 1 vom 28. November 1995 der Zahlungstermin für die betriebliche Sonderzahlung für das Jahr 1995 auf den 31. Januar 1996 vereinbart wurde und damit innerhalb des Kaug-Zeitraumes fällt.
Anspruch auf Konkursausfallgeld hat ein Arbeitnehmer gem. § 141 b Abs. 1 Satz 1 AFG, der bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen seines Arbeitgebers für die letzten der Eröffnung des Konkurses vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hat.
Da das Amtsgericht Friedberg mit Beschluss vom 01. April 1996 über die Eröffnung des Konkurses entschieden hat, umfaßt der vorliegend maßgebliche Zeitraum die Zeit vom 31. Dezember 1995 bis zum 31. März 1996. Die erst zum 01. Februar 1996 fällig gewordene betriebliche Sonderzahlung fällt damit in diesen Kaug-Zeitraum.
Die Beweiserhebung vor dem Senat durch die Vernehmung der Zeugen T. und K. hat einen übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien der Betriebsvereinbarung vom 28. November 1995 dahingehend ergeben, daß der Auszahlungstermin der betrieblichen Sonderzahlung für das Jahr 1995 auf den 31. Januar 1996 festgelegt werden sollte.
Gemäß §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist im Falle eines auslegungsbedürftigen Vertrages der wirkliche Wille und die objektive Erklärungsbedeutung der vertraglichen Regelung zu ermitteln (Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 54 Aufl., § 133 Rdnr. 7). Der Wortlaut der vorliegend streitigen Betriebsvereinbarung vom 28. November 1995 ist, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, nicht eindeutig und deshalb auslegungsbedürftig, weil es darin heißt, " die Sonderzahlung bis spätestens zum 31. Januar 1996 nachzuzahlen ”
Der Senat ist nach den Aussagen des Zeugen T. zu dem Ergebnis gekommen, daß der Betriebsrat (vertreten durch schien Vorsitzenden, den Zeugen K.) und er als Geschäftsführer der H. R. KG mit der Betriebsvereinbarung vom 28. November 1995 übereinstimmend den Auszahlungstermin der betrieblichen Sonderzahlung für das Jahr 1995 durch Betriebsvereinbarung neu regem wollten. Anders als in den Jahren zuvor sollte die Auszahlung nicht zum 01. Dezember des laufenden Jahres, sondern am 31. Januar 1996 erfolgen. Wie der Zeuge erklärte, habe er im November 1995 wegen sich abzeichnender Liquidationsschwierigkeiten Kontakt mit dem Betriebsrat mit dem Ziel aufgenommen, die Fälligkeit der betrieblichen Sonderzahlung auf den 31. Januar 1996 zu verlegen. Das Ziel sei es gewesen, von der Fälligkeit 01. Dezember 1995 wegzukommen. Mit dieser Betriebsvereinbarung habe ein "neuer Fakt” geschaffen werden sollen.
Dem widerspricht auch nicht das im Text der Betriebsvereinbarung vom 28. November 1995 verwendete Wort "nachzuzahlen”. Auf die Verwendung dieses Wortes angesprochen erklärte der Zeuge, es habe aus der Sicht der Betriebsleitung keine besondere (rechtliche) Bedeutung gehabt. Dies ist dem Senat nachvollziehbar, da weder die Betriebsleitung noch der Betriebsrats rechtlichen Rat eingeholt hatten.
Nach Überzeugung des Senats spricht auch der Wortlaut der Ziff. 2 der Betriebsvereinbarung nicht gegen die Annahme, daß mit dem Abschluß dieser Betriebsvereinbarung die Fälligkeit der betrieblichen Sonderzahlung für das Jahr 1995 neu geregelt werden sollte. Der Zeuge erklärte zum Text der Nr. 2 der Betriebsvereinbarung, damit sei beabsichtigt gewesen, die frühere betriebliche Übung nach der tariflichen Regelung zu beschreiben.
Dafür spricht zudem die Aussage des Zeugen, daß im Zeitpunkt der Betriebsvereinbarung vom 28. November 1995 eine realistische Chance bestand, die betriebliche Sonderzahlung zum 31. Januar 1996 tatsächlich erbringen zu können. Diese Einschätzung habe darauf beruht, daß noch Zahlungen aus öffentlichen Aufträgen zu erwarten gewesen seien.
Der Senat hat keinen Anhaltspunkt, an der Glaubhaftigkeit der Aussage und der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln.
Dies wurde durch die Aussage des Zeugen K. bestätigt.
Auch insoweit bestehen für den Senat keine Anhaltspunkte, an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen K. und seiner Glaubwürdigkeit, zu zweifeln.
Lediglich ergänzend weist der Senat daraufhin, daß nach seiner Überzeugung mit den weiteren Betriebsvereinbarungen (2 und 3) nicht die Fälligkeit der zum 31. Januar 1996 fällig gewordenen betrieblichen Sonderzahlung verändert wurde. Denn die beiden anschließenden Betriebsvereinbarungen wurden erst nach dem Fälligkeitsdatum am 01. Februar 1996 abgeschlossen. Somit wurde mit den Betriebsvereinbarungen 2 und 3 lediglich ein Zahlungsaufschub für die bereits zum 31. Januar 1996 fällig gewordenen Zahlungen vereinbart.
Die weiteren Voraussetzungen für einen Anspruch auf Konkursausfallgeld hat der Kläger erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
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