Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 12 KA 8/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 34/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Beschlusses vom 13.03.2001 verurteilt, die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit der Kläger in einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis zu genehmigen. Der Beklagte trägt die erstattungspflichtigen Kosten der Kläger. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist die Genehmigung zur Bildung einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis.
Die Kläger sind Fachärzte für Laboratoriumsmedizin, die Kläger zu 1) und 2) mit Praxissitz in Q und der Kläger zu 3) mit Praxissitz in C. Am 01.10.1999 beantragten die Kläger zu 1) und 2) die Führung einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis mit dem Kläger zu 3) zu genehmigen. Zur Begründung führten sie aus, die EBM-Reform habe zu einer nicht mehr tragbaren Unterdeckung geführt mit den Folgen der Personalentlassung und der Aufgabe von Untersuchungsverfahren. Zudem sei die Ausübung einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen für zulässig gehalten worden.
In ihrer Stellungnahme vom 03.11.1999 führte die Beigeladene zu 2) aus, die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit von Ärzten in einer Gemeinschaftspraxis drücke sich neben der gemeinsamen Beschäftigung von Praxispersonal insbesondere in der gemeinschaftlichen Behandlung der Patienten und der gemeinschaftlichen Karteiführung und Abrechnung aus. Sie erfordere im Hinblick auf die im Vertragsarztrecht enthaltenen Grundsätze zum Vertragsarztsitz und zur Präsenz- sowie Residenzpflicht eine räumliche Einheit bei der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit. Aus diesen Gründen könne dem Antrag auf Genehmigung einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis nicht entsprochen werden. Ebenso sah auch die Beigeladene zu 1) ausweislich ihrer Stellungnahme vom 17.11.1999 keine Rechtsgrundlage für die Gründung einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis. Darin heißt es, zwischen Fachgruppen, die patientenbezogen arbeiteten und Fachgruppen, die keinen unmittelbaren Patientenkontakt hätten, könne kein Unterschied gemacht werden. Im Übrigen sei auch die Berufsausübungsgemeinschaft nach Kapitel D II Nr. 8 des Berufsausübungsgesetzes der Ärztekammer Westfalen-Lippe nur zulässig, wenn die Tätigkeit an einem gemeinsamen Praxissitz ausgeübt werde.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Berufungsausschuss mit Beschluss vom 13.03.2001 zurück und führte dazu aus, entscheidend sei, dass die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit an ein und demselben Vertragsarztsitz erfolge, sonst stelle sie keine Gemeinschaftspraxis im Sinne des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV dar. Rechtlich handele es sich mithin um eine einheitliche Praxis mit einem Vertragsarztsitz. Diese Definition schließe eine gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit zwischen Ärzten aus, die verschiedene Vertragsarztsitze hätten. Eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit solcher Ärzte falle nicht unter § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV und sei deshalb nach Vertragsarztrecht weder genehmigungspflichtig noch genehmigungsfähig. Ob eine solche Zusammenarbeit nach anderen Vorschriften, etwa dem Berufsrecht, genehmigungsfähig oder anzeigepflichtig sei, könne dahinstehen, da diese Frage nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Regelung über Ärztliche Berufsausübungsgemeinschaften in Abschnitt D II Nr. 8 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Zwar sei nach dem Berufsrecht eine Berufsausübungsgemeinschaft zwischen Ärzten, die nicht patientenbezogen tätig seien, mit verschiedenen Vertragsarztsitzen zulässig. Jedoch werde nichts darüber gesagt, ob es sich bei dieser Art der Zusammenarbeit um eine gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit im Sinne des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV handele. Schließlich werde auch das Grundrecht der Freiheit der Berufsausübung (Artikel 12 Grundgesetz -GG-) durch die Versagung der begehrten Genehmigung nicht berührt. Die gemeinsame Ausübung vertraglicher Tätigkeit stelle eine besondere privilegierte Form der Zusammenarbeit dar, für die der Gesetzgeber Voraussetzungen habe statuieren können.
Hiergegen richtet sich die am 07.06.2001 erhobene Klage, mit der die Kläger weiterhin die Genehmigung zur Führung einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis begehren. Sie tragen hierzu vor, die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV seien sämtlich erfüllt. Zudem ständen die landesrechtlichen Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung einer Genehmigung nicht entgegen. Solch eine Genehmigung sei insbesondere vereinbar mit der Berufsordnung der Ärztekammer- Westfalen Lippe. Nach Abschnitt B § 22 i.V.m. Abschnitt D I Nr. 8 BO dürften sich Ärzte, die ihrem typischen Fachgebietsinhalt nach regelmäßig nicht unmittelbar patientenbezogen tätig seien, zu einer Berufsausübungsgemeinschaft derart zusammenschließen, dass jeder Gemeinschaftspartner seine Tätigkeit an einem Praxissitz ausübe, der den Mittelpunkt seiner Berufstätigkeit bilde. Diese Voraussetzungen seien für Ärzte des Fachgebiets der Laboratoriumsmedizin eindeutig erfüllt, da diese Ärzte ausschließlich auf Überweisung anderer Ärzte tätig würden und die Auftragsleistungen zudem nicht unmittelbar patientenbezogen seien. Ferner könne eine gemeinsame Berufsausübung in einer Gemeinschaftspraxis auch an verschiedenen Vertragsarztsitzen erfolgen. Dies zeige schon die Regelung des ärztlichen Berufsrechts, denn die tatsächliche gemeinsame Berufsausübung in einer rein privatärztlichen überörtlichen Gemeinschaftspraxis unterscheide sich nicht von derjenigen in einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis von Vertragsärzten. In den §§ 98 Abs. 2 Nr. 13 SGB V und 33 Abs. 2 Ärzte-ZV fänden sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die gemeinsame Berufsausübung auf eine bestimmte vom ärztlichen Berufsrecht abweichende Gestaltung beschränkt sein solle. Eine solche Beschränkung der gemeinsamen Berufsausübung entspräche auch nicht dem Sinn und Zweck der Vorschriften über die vertragsärztliche Versorgung. Im Interesse des Patienten und der gesamten ärztlichen Versorgung dienten die Vorschriften über den Vertragsarztsitz der Sicherstellung der örtlichen Versorgung der Patienten. Einen Bezug zur gemeinsamen Berufsausübung hätten die Vorschriften über den Vertragsarztsitz dagegen nicht. § 24 Ärzte-ZV regele nämlich nur den Ort der ärztlichen Leistungserbringung, nicht dagegen den Ort, an dem Rechtsgeschäfte über die Leistungserbringung geschlossen würden. Es sei daher ohne weiteres zulässig, dass Behandlungsverträge durch andere Ärzte in Vertretung und mit Wirkung auch für einen Arzt an einem anderen Ort geschlossen würden. Entscheidend sei nur, dass der Arzt, der die Laboruntersuchung vornehme, diese Leistungen an seinem Vertragsarztsitz erbringe. Nur diese Auslegung werde auch dem Grundrecht der Berufsfreiheit gerecht. Denn eine vom ärztlichen Berufsrecht abweichende Regelung über die Unzulässigkeit der überörtlichen Gemeinschaftspraxis für nicht unmittelbar patientenbezogen tätige Ärzte würde die Berufsausübungsfreiheit verletzen. Eine überörtliche Gemeinschaftspraxis beeinträchtige auch nicht die Versorgung der Versicherten. Vielmehr ermögliche die überörtliche Zusammenarbeit mehrerer Laboratorien in der Region eine verbesserte Versorgung der Versicherten, da durch Rationalisierungsvorteile die im Interesse einer qualitativ guten Versorgung unersetzlichen regional tätigen Laboratorien erhalten würden und durch Spezialisierung an den einzelnen Praxisstandorten eine bessere Qualität erzielt werden könne. Auch verwaltungspraktische Schwierigkeiten, wie sie für eine die KV-Grenzen überschreitende überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft hinsichtlich der Honorarabrechnung und der Zuständigkeit der Disziplinarausschüsse vorliegen könnten, seien nicht gegeben, da die geplante überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft gerade die KV-Grenzen nicht überschreite. Den konkreten Antrag auf Genehmigung der gemeinsamen Berufsausübung könnten abstrakte Bedenken, die möglicherweise gegen eine KV-Grenzen überschreitende überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft erhoben würden, nicht entgegen gehalten werden.
Schließlich könne die bloße Möglichkeit eines Verstoßes gegen die berufs- und vertragsarztrechtliche Pflicht des einzelnen Arztes, seine ärztliche Tätigkeit am Ort seiner Niederlassung auszuüben, die Versagung der Genehmigung der gemeinsamen Berufsausübung nicht rechtfertigen. Insoweit werde auf die Rechtsprechung des BGH zu dem parallel gelagerten Problem überörtlicher Anwaltssozietäten im Hinblick auf die auch nach dem anwaltlichen Berufsrecht bestehende Residenzpflicht verwiesen.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten unter Aufhebung des Beschlusses vom 13.03.2001 zu verurteilen, die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit der Kläger in einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis zu genehmigen.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1), 2), 3), 4) und 6) beantragen,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung beziehen sich der Beklagte und die Beigeladenen im Wesentlichen auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss. Darüber hinaus trägt die Beigeladene zu 1) vor, die Ärzte-ZV kenne die gemeinschaftliche Berufsausübung nur an einem gemeinsamen Praxissitz. Dieses Erfordernis sei zwar nicht ausdrücklich in § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV geregelt. Es sei jedoch der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit immanent. Nach § 24 Ärzte-ZV würde eine Zulassung nur für einen konkreten Vertragsarztsitz erteilt mit der Folge, dass der Vertragsarzt am Vertragsarztsitz berechtigt und auch verpflichtet sei, die vertragsärztliche Versorgung sicherzustellen. Wenn die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit zwingend an die Örtlichkeit des Vertragsarztsitzes gebunden sei, könne die gemeinschaftliche Tätigkeit von Vertragsärzten nur an einem gemeinschaftlichen Praxissitz erfolgen. Eine ortsübergreifende Gemeinschaftspraxis beinhalte zudem Gefährdungsmomente für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung, insbesondere wenn die beteiligten Vertragsärzte in verschiedenen Kassenärztlichen Vereinigungen gelegene Vertragsarztsitze führten. Aus dem für Gemeinschaftspraxen prägenden Wesensmerkmal der gemeinschaftlichen Abrechnung aller Fälle ergebe sich die Frage, bei welcher Kassenärztlichen Vereinigung die Gemeinschaftspraxis bei KV-übergreifender Zusammensetzung ihre Leistung abrechnen könne. Bei einem Wahlrecht der Gemeinschaftspraxis würde die steuernde Wirkung der Honorarverteilung für die Sicherstellung damit obsolet. Darüber hinaus wäre bei einer KV-übergreifenden überörtlichen Gemeinschaftspraxis die Frage der Disziplinargewalt zu klären. Auch sei nicht festgelegt, welcher Zulassungsausschuss zur Entscheidung über die jeweilige Genehmigung berufen sei. Zudem ergäbe sich auch aus der Vertragsrechtsprechung des BSG (BSG-Urteil vom 12.09.2001 - Az.: B 6 KA 64/00 R), dass die berufliche Kooperation von Ärzten an einen gemeinsamen Praxissitz gebunden sei.
In der öffentlichen Sitzung vom 28.06.2002 haben der Klägerbevollmächtigte, der Beklagtenvertreter und die übrigen anwesenden Beigeladenen beantragt,
die Sprungrevision zuzulassen.
Der Klägervertreter erklärte zudem sein Einverständnis mit der Einlegung der Sprungrevision durch den Beklagten, der Beklagtenvertreter und die übrigen Anwesenden erklärten ihr Einverständnis mit der Einlegung der Sprungrevision durch den Klägerbevollmächtigten.
Hinsichtlich der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes nimmt die Kammer Bezug auf die Gerichtsakte sowie auf die über die Kläger geführten Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die das Gericht beigezogen hat und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der angefochtene Beschluss des Beklagten vom 13.03.2001 ist rechtswidrig, da die Kläger einen Rechtsanspruch auf die Genehmigung der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis haben.
Nach § 33 Abs. 2 Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) bedarf die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit, die nur unter Vertragsärzten zulässig ist (Satz 1), der vorherigen Genehmigung durch den Zulassungsausschuss (Satz 2). Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Versorgung der Versicherten beeinträchtigt wird oder landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung entgegenstehen (Satz 4).
Diese Verordnungsregelung ist gültig, denn sie beruht auf einer sie tragenden gesetzlichen Ermächtigung und hält sich im Rahmen des Gesetzes. § 98 Abs. 1 SGB V bestimmt insoweit, dass das Nähere über die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und die zu ihrer Sicherstellung erforderliche Bedarfsplanung sowie die Beschränkung von Zulassungen durch die Zulassungsverordnungen geregelt wird und dass in diesen u.a. Vorschriften über die Voraussetzungen enthalten sein müssen, unter denen nach den Grundsätzen der Ausübung eines freien Berufs die Vertragsärzte die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam ausüben können (Absatz 2 Nr. 13).
Diese gesetzliche Ermächtigung rechtfertigt auch den in der Ärzte-ZV aufgenommenen Genehmigungsvorbehalt. Die gesetzlichen Einzelregelungen über die vertragsärztliche Versorgung beziehen sich auf die Behandlung durch einen Arzt. Für die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit durch mehrere Ärzte bedarf es daher einer ergänzenden Regelung, die dem Verordnungsgeber überlassen ist. Sie muss aber, da die gesetzliche Ermächtigung nichts Abweichendes bestimmt, den allgemein gesetzlichen Regelungen über die kassenärztliche Tätigkeit entsprechen. Der Genehmigungsvorbehalt des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV erfüllt diese Voraussetzung, denn die Genehmigung darf danach nur versagt werden, soweit dies die Einhaltung des Gesetzes erfordert. Es ergibt sich bereits aus der den Zulassungsordnungen vorgegebenen Rechtslage, dass die Vertragsärzte nicht durch eine besondere Art der Praxisausübung die Versorgung des Versicherten beeinträchtigen und gegen landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung verstoßen dürfen (vgl. BSG, Urteil vom 22.04.1983, Az.: 6 RKa 7/81; BSGE 23, 97 ff. m.w.N.). Der die Gewährleistung dieser vertragsärztlichen Verpflichtung bezweckende Genehmigungsvorbehalt ist ebenso wenig zu beanstanden wie andere in den Zulassungsordnungen geregelten Beschränkungen, die sich aus der den Vertragsärzten und den Krankenkassen gemeinsam obliegenden Aufgabe ergeben, die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen des Gesetzes sicherzustellen (vgl. § 24 Abs. 1 bis 4, § 32 Abs. 1 bis 4 Ärzte-ZV).
Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist davon auszugehen, dass es sich bei der Tätigkeit als Vertragsarzt um eine besondere Ausübungsform des Berufes des frei praktizierenden Arztes handelt. Seit der so genannten Kassenarztentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23.03.1960 (BVerfGE 11, 30) ist anerkannt, dass die gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen des kassen- bzw. vertragsärztlichen Zulassungsrechts den Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit berühren, wegen der besonderen Bedeutung der kassen- (vertrags)ärztlichen Tätigkeit im Rahmen der ambulanten Versorgung der Bevölkerung dem Schutzbereich der Berufswahl aber nahe kommen (BVerfGE 11, 42, 43). An der Zuordnung der vertragsärztlichen Tätigkeit zum Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) hat sich trotz der zunehmenden Einbindung dieser Ausübungsform des Arztberufes in eine öffentlich-rechtlich (vertragsarztrechtlich) geprägte Pflichtenstellung nichts grundlegend geändert (vgl. dazu Hess, Jahrbuch der Bitburger Gespräche, 1996, 67, 77). Es gilt deshalb auch für das Vertragsarztrecht, dass das Recht auf freie Berufsausübung nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden darf (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 des GG) und zwar lediglich insoweit, als vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls dies rechtfertigen (BVerfGE 33, 125, 167). Das Recht auf freie Berufsausübung umfasst auch das Recht, mit anderen die berufliche Tätigkeit gemeinsam auszuüben (BSG, Urteil vom 22.04.1983 a.a.O.). Dieses Recht ist in den ärztlichen Berufsordnungen ausdrücklich anerkannt (vgl. z.B. Abschnitt D II Nr. 8 Abs. 4 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe).
Einen Eingriff in diese Rechtsposition erlaubt Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung, die Umfang und Grenzen des Eingriffs deutlich erkennen lässt. Dabei muss der Gesetzgeber selbst aber wesentliche Entscheidungen treffen, soweit sie gesetzlichen Regelungen zugänglich sind. Dies bedeutet nicht, dass sich die erforderlichen Vorgaben ohne weiteres aus dem Wortlaut des Gesetzes ergeben müssten; es genügt, dass sie sich mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Vorgeschichte der Regelung (BVerfGE 82, 209, 224; BSGE 70, 285, 292).
Hier hat der Gesetzgeber den besonderen Belangen der vertragsärztlichen Versorgung insoweit Rechnung getragen, als er die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit von Vertragsärzten unter den Genehmigungsvorbehalt des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV gestellt hat. Danach darf die Genehmigung der gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nur versagt werden, wenn die Versorgung der Versicherten beeinträchtigt wird oder landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung entgegenstehen. Diese eine Genehmigung ausschließenden Voraussetzungen sind jedoch nach Auffassung der Kammer nicht erfüllt.
Eine ausdrückliche Bestimmung, die in jedem Fall eine gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nur für einen gemeinsamen Praxissitz vorsieht, ist dieser gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen.
Auch unter systematischen Gesichtspunkten lässt sich entgegen der Ansicht des Beklagten ein Anspruch auf Genehmigung einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis nicht generell ausschließen. Zwar trifft es zu, dass § 24 Ärzte-ZV das Gebot der Konzentration vertragsärztlicher Tätigkeit sowie der ärztlichen Tätigkeit überhaupt auf den Ort der Niederlassung zu entnehmen ist. Aspekte der Bedarfsplanung könnten vollständig unterlaufen werden, wenn Ärzte wichtige Teile ihres Leistungsangebotes ohne Prüfung eines entsprechenden Bedarfs an mehreren Orten den Patienten zugänglich machen und lediglich formal darauf hinwiesen, Sprechstunden fänden allein am Hauptsitz ihrer Praxen statt. Die danach geforderte grundsätzliche Bindung der ärztlichen Tätigkeit an den Praxissitz steht auch im Einklang mit weiteren Regelungen des ärztlichen Berufsrechts. Nach § 22 der Muster-BO und - in deren Folge - der BOen zahlreicher Ärztekammern sind zur gemeinsamen Berufsausübung von Ärzten, die in Kapitel D Nr. 7 bis 11 geregelten Berufsausübungsgemeinschaften von Ärzten (Gemeinschaftspraxis, Ärztepartnerschaft), Organisationsgemeinschaften unter Ärzten (z.B. Praxisgemeinschaften, Apparategemeinschaften) und die Medizinischen Kooperationsgemeinschaften sowie der Praxisverbund zugelassen. Nach Kapitel D Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 Muster-BO ist die Berufsausübungsgemeinschaft nur an einem gemeinsamen Praxissitz zulässig. Satz 2 a.a.O. lässt allerdings begrenzt Ausnahmen für die Ärzte zu, die ihrem typischen Fachgebietsinhalt nach regelmäßig nicht unmittelbar patientenbezogen tätig sind. Daraus ist abzuleiten, dass jedenfalls bezogen auf die unmittelbar patientenbezogene Tätigkeit auch die neueren ärztlichen Kooperationsformen nach wie vor an den Praxissitz als Ort der Behandlung gebunden sind (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2002, Az.: B 6 KA 64/00 R).
Die Kläger werden als Fachärzte für Laboratoriumsmedizin jedoch gerade nicht unmittelbar patientenbezogen tätig, weil sie lediglich Proben zur Untersuchung erhalten. Aus diesem Grunde sind im Gegensatz zu patientenbezogen tätigen Vertragsärzten die besonderen Belange des § 24 Ärzte-ZV nicht auf die Bildung einer überörtlichen Praxisgemeinschaft von Labormedizinern heranzuziehen. Die Regelung über den Vertragsarztsitz des § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV ist nämlich in Zusammenhang mit § 24 Abs. 2 Ärze-ZV zu sehen. Der Vertragsarzt muss danach am Vertragsarztsitz seine Sprechstunden halten und in räumlicher Nähe hierzu seine Wohnung nehmen. Ingesamt regeln die Vorschriften über den Vertragsarztsitz den Ort der ärztlichen Leistungserbringung. Im Interesse der Patienten und der gesamten ärztlichen Versorgung dienen die Vorschriften über den Vertragsarztsitz der Sicherstellung der örtlichen Versorgung der Patienten. Sie stehen der gemeinsamen überörtlichen Berufsausübung nicht patientenbezogen tätiger Ärzte deshalb nicht zwingend entgegen. Diese Ärzte halten nämlich gerade keine Sprechstunden ab (s. BSG, Urteil vom 05.11.1997, Az. 6 RKa 42/97 in NJW 1998, 3442, 3443). Ein besonderes Bedürfnis für die Erreichbarkeit des niedergelassenen Arztes an seinem Praxissitz besteht daher für nicht unmittelbar patientenbezogen tätige Ärzte gerade nicht.
Die Argumentation der Beigeladenen zu 1), aufgrund der Bindung der vertragsärztlichen Tätigkeit an den Vertragsarztsitz könne eine gemeinschaftliche Tätigkeit von Vertragsärzten nur an einem gemeinschaftlichen Praxissitz erfolgen, überzeugt auch nicht im Hinblick auf das Regelungssystem des ärztlichen Berufsrechts. Gemäß § 17 Abs. 1 BO ist die Ausübung ambulanter ärztlicher Tätigkeit an die Niederlassung in eigener Praxis gebunden, die durch ein Praxisschild kenntlich zu machen ist (§ 17 Abs. 4 Satz 1 BO). Der niedergelassene Arzt darf auch nach dem Berufsrecht grundsätzlich nur an einem Praxissitz Sprechstunden abhalten (§ 17 Abs. 4 Satz 4 und § 18 Abs. 1 BO). Wenn das ärztliche Berufsrecht trotz der Niederlassungspflicht für die nach dem Fachgebietsinhalt nicht unmittelbar patientenbezogen tätigen Ärzte eine gemeinsame Berufsausübung in einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft zulässt (D II Nr. 8 BO), zeigt dies, dass die Pflicht des einzelnen Arztes zur Niederlassung und zur Tätigkeit an seinem Praxissitz einer gemeinsamen Berufsausübung in einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft gerade nicht entgegensteht. Auch in der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft übt jeder ihr angehörende Arzt seine ärztliche Tätigkeit an seinem Praxissitz aus. Die gemeinsame Karteiführung und Abrechnung aller Fälle unter einem Namen ist auch in einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis problemlos möglich. Eine darüber hinausgehende wechselseitige Zurechnung der ärztlichen Tätigkeit an den Praxissitzen der verschiedenen Gesellschafter einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft findet dagegen weder nach dem Berufsrecht noch nach dem Vertragsarztrecht statt. Dies zeigt - worauf die Kläger zu Recht hinweisen - schon die Rechtsprechung des BSG zur Zulässigkeit der fachgebietsübergreifenden Gemeinschaftspraxis (BSGE 55, 97 ff.). Denn wenn sich jeder der fachgebietsübergreifenden Gemeinschaftspraxis angehörende Arzt die ärztliche Tätigkeit der anderen Ärzte zurechnen lassen müsste, würde der die Grenzen seines Fachgebiets überschreiten. Dies ist jedoch nicht der Fall. Aus diesem Grunde verstoßen die einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft angehörenden Ärzte auch nicht gegen die Verpflichtung, an ihrem Praxissitz ihre vertragsärztliche Tätigkeit auszuüben.
Überdies beeinträchtigt die überörtliche Gemeinschaftspraxis nach Auffassung der Kammer auch nicht die Versorgung der Versicherten. Vielmehr ist es nachvollziehbar, dass eine verbesserte Versorgung der Versicherten durch die überörtliche Zusammenarbeit mehrerer Laboratorien in der Region erreicht wird, da Rationalisierungsvorteile regional tätiger Laboratorien erhalten und durch Spezialisierung an den einzelnen Praxisstandorten eine bessere Qualität erzielt werden kann.
Soweit die Beigeladene zu 1) auf Probleme der Genehmigung einer KV-Grenzen übergreifenden überörtlichen Gemeinschaftspraxis hinweist (Zuständigkeit der Disziplinarausschüsse und der Honorarverteilung, Zuständigkeit der Zulassungsausschüsse), führt dies nach Auffassung der Kammer zu keinem anderen Ergebnis. Da die Genehmigung nur insoweit abgelehnt werden darf, als die in § 33 Ärzte-ZV genannten Gründe im Einzelfall vorliegen, müssen die besonderen Verhältnisse der jeweils in Frage stehenden Gemeinschaftspraxis berücksichtigt werden. Danach haben die Kläger allein eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft innerhalb der Grenzen der Beigeladenen zu 1) zur Genehmigung durch die Zulassungsgremien gestellt. Aus diesem Grunde konnte die Kammer dahinstehen lassen, ob einer die KV-Grenzen übergreifenden überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft die Genehmigung nach § 33 Ärzte-ZV zu versagen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Die Kammer hat die Sprungrevision gemäß § 161 Abs. 2 in Verbindung mit § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Tatbestand:
Umstritten ist die Genehmigung zur Bildung einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis.
Die Kläger sind Fachärzte für Laboratoriumsmedizin, die Kläger zu 1) und 2) mit Praxissitz in Q und der Kläger zu 3) mit Praxissitz in C. Am 01.10.1999 beantragten die Kläger zu 1) und 2) die Führung einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis mit dem Kläger zu 3) zu genehmigen. Zur Begründung führten sie aus, die EBM-Reform habe zu einer nicht mehr tragbaren Unterdeckung geführt mit den Folgen der Personalentlassung und der Aufgabe von Untersuchungsverfahren. Zudem sei die Ausübung einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen für zulässig gehalten worden.
In ihrer Stellungnahme vom 03.11.1999 führte die Beigeladene zu 2) aus, die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit von Ärzten in einer Gemeinschaftspraxis drücke sich neben der gemeinsamen Beschäftigung von Praxispersonal insbesondere in der gemeinschaftlichen Behandlung der Patienten und der gemeinschaftlichen Karteiführung und Abrechnung aus. Sie erfordere im Hinblick auf die im Vertragsarztrecht enthaltenen Grundsätze zum Vertragsarztsitz und zur Präsenz- sowie Residenzpflicht eine räumliche Einheit bei der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit. Aus diesen Gründen könne dem Antrag auf Genehmigung einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis nicht entsprochen werden. Ebenso sah auch die Beigeladene zu 1) ausweislich ihrer Stellungnahme vom 17.11.1999 keine Rechtsgrundlage für die Gründung einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis. Darin heißt es, zwischen Fachgruppen, die patientenbezogen arbeiteten und Fachgruppen, die keinen unmittelbaren Patientenkontakt hätten, könne kein Unterschied gemacht werden. Im Übrigen sei auch die Berufsausübungsgemeinschaft nach Kapitel D II Nr. 8 des Berufsausübungsgesetzes der Ärztekammer Westfalen-Lippe nur zulässig, wenn die Tätigkeit an einem gemeinsamen Praxissitz ausgeübt werde.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Berufungsausschuss mit Beschluss vom 13.03.2001 zurück und führte dazu aus, entscheidend sei, dass die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit an ein und demselben Vertragsarztsitz erfolge, sonst stelle sie keine Gemeinschaftspraxis im Sinne des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV dar. Rechtlich handele es sich mithin um eine einheitliche Praxis mit einem Vertragsarztsitz. Diese Definition schließe eine gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit zwischen Ärzten aus, die verschiedene Vertragsarztsitze hätten. Eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit solcher Ärzte falle nicht unter § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV und sei deshalb nach Vertragsarztrecht weder genehmigungspflichtig noch genehmigungsfähig. Ob eine solche Zusammenarbeit nach anderen Vorschriften, etwa dem Berufsrecht, genehmigungsfähig oder anzeigepflichtig sei, könne dahinstehen, da diese Frage nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Regelung über Ärztliche Berufsausübungsgemeinschaften in Abschnitt D II Nr. 8 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Zwar sei nach dem Berufsrecht eine Berufsausübungsgemeinschaft zwischen Ärzten, die nicht patientenbezogen tätig seien, mit verschiedenen Vertragsarztsitzen zulässig. Jedoch werde nichts darüber gesagt, ob es sich bei dieser Art der Zusammenarbeit um eine gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit im Sinne des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV handele. Schließlich werde auch das Grundrecht der Freiheit der Berufsausübung (Artikel 12 Grundgesetz -GG-) durch die Versagung der begehrten Genehmigung nicht berührt. Die gemeinsame Ausübung vertraglicher Tätigkeit stelle eine besondere privilegierte Form der Zusammenarbeit dar, für die der Gesetzgeber Voraussetzungen habe statuieren können.
Hiergegen richtet sich die am 07.06.2001 erhobene Klage, mit der die Kläger weiterhin die Genehmigung zur Führung einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis begehren. Sie tragen hierzu vor, die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV seien sämtlich erfüllt. Zudem ständen die landesrechtlichen Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung einer Genehmigung nicht entgegen. Solch eine Genehmigung sei insbesondere vereinbar mit der Berufsordnung der Ärztekammer- Westfalen Lippe. Nach Abschnitt B § 22 i.V.m. Abschnitt D I Nr. 8 BO dürften sich Ärzte, die ihrem typischen Fachgebietsinhalt nach regelmäßig nicht unmittelbar patientenbezogen tätig seien, zu einer Berufsausübungsgemeinschaft derart zusammenschließen, dass jeder Gemeinschaftspartner seine Tätigkeit an einem Praxissitz ausübe, der den Mittelpunkt seiner Berufstätigkeit bilde. Diese Voraussetzungen seien für Ärzte des Fachgebiets der Laboratoriumsmedizin eindeutig erfüllt, da diese Ärzte ausschließlich auf Überweisung anderer Ärzte tätig würden und die Auftragsleistungen zudem nicht unmittelbar patientenbezogen seien. Ferner könne eine gemeinsame Berufsausübung in einer Gemeinschaftspraxis auch an verschiedenen Vertragsarztsitzen erfolgen. Dies zeige schon die Regelung des ärztlichen Berufsrechts, denn die tatsächliche gemeinsame Berufsausübung in einer rein privatärztlichen überörtlichen Gemeinschaftspraxis unterscheide sich nicht von derjenigen in einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis von Vertragsärzten. In den §§ 98 Abs. 2 Nr. 13 SGB V und 33 Abs. 2 Ärzte-ZV fänden sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die gemeinsame Berufsausübung auf eine bestimmte vom ärztlichen Berufsrecht abweichende Gestaltung beschränkt sein solle. Eine solche Beschränkung der gemeinsamen Berufsausübung entspräche auch nicht dem Sinn und Zweck der Vorschriften über die vertragsärztliche Versorgung. Im Interesse des Patienten und der gesamten ärztlichen Versorgung dienten die Vorschriften über den Vertragsarztsitz der Sicherstellung der örtlichen Versorgung der Patienten. Einen Bezug zur gemeinsamen Berufsausübung hätten die Vorschriften über den Vertragsarztsitz dagegen nicht. § 24 Ärzte-ZV regele nämlich nur den Ort der ärztlichen Leistungserbringung, nicht dagegen den Ort, an dem Rechtsgeschäfte über die Leistungserbringung geschlossen würden. Es sei daher ohne weiteres zulässig, dass Behandlungsverträge durch andere Ärzte in Vertretung und mit Wirkung auch für einen Arzt an einem anderen Ort geschlossen würden. Entscheidend sei nur, dass der Arzt, der die Laboruntersuchung vornehme, diese Leistungen an seinem Vertragsarztsitz erbringe. Nur diese Auslegung werde auch dem Grundrecht der Berufsfreiheit gerecht. Denn eine vom ärztlichen Berufsrecht abweichende Regelung über die Unzulässigkeit der überörtlichen Gemeinschaftspraxis für nicht unmittelbar patientenbezogen tätige Ärzte würde die Berufsausübungsfreiheit verletzen. Eine überörtliche Gemeinschaftspraxis beeinträchtige auch nicht die Versorgung der Versicherten. Vielmehr ermögliche die überörtliche Zusammenarbeit mehrerer Laboratorien in der Region eine verbesserte Versorgung der Versicherten, da durch Rationalisierungsvorteile die im Interesse einer qualitativ guten Versorgung unersetzlichen regional tätigen Laboratorien erhalten würden und durch Spezialisierung an den einzelnen Praxisstandorten eine bessere Qualität erzielt werden könne. Auch verwaltungspraktische Schwierigkeiten, wie sie für eine die KV-Grenzen überschreitende überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft hinsichtlich der Honorarabrechnung und der Zuständigkeit der Disziplinarausschüsse vorliegen könnten, seien nicht gegeben, da die geplante überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft gerade die KV-Grenzen nicht überschreite. Den konkreten Antrag auf Genehmigung der gemeinsamen Berufsausübung könnten abstrakte Bedenken, die möglicherweise gegen eine KV-Grenzen überschreitende überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft erhoben würden, nicht entgegen gehalten werden.
Schließlich könne die bloße Möglichkeit eines Verstoßes gegen die berufs- und vertragsarztrechtliche Pflicht des einzelnen Arztes, seine ärztliche Tätigkeit am Ort seiner Niederlassung auszuüben, die Versagung der Genehmigung der gemeinsamen Berufsausübung nicht rechtfertigen. Insoweit werde auf die Rechtsprechung des BGH zu dem parallel gelagerten Problem überörtlicher Anwaltssozietäten im Hinblick auf die auch nach dem anwaltlichen Berufsrecht bestehende Residenzpflicht verwiesen.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten unter Aufhebung des Beschlusses vom 13.03.2001 zu verurteilen, die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit der Kläger in einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis zu genehmigen.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1), 2), 3), 4) und 6) beantragen,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung beziehen sich der Beklagte und die Beigeladenen im Wesentlichen auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss. Darüber hinaus trägt die Beigeladene zu 1) vor, die Ärzte-ZV kenne die gemeinschaftliche Berufsausübung nur an einem gemeinsamen Praxissitz. Dieses Erfordernis sei zwar nicht ausdrücklich in § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV geregelt. Es sei jedoch der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit immanent. Nach § 24 Ärzte-ZV würde eine Zulassung nur für einen konkreten Vertragsarztsitz erteilt mit der Folge, dass der Vertragsarzt am Vertragsarztsitz berechtigt und auch verpflichtet sei, die vertragsärztliche Versorgung sicherzustellen. Wenn die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit zwingend an die Örtlichkeit des Vertragsarztsitzes gebunden sei, könne die gemeinschaftliche Tätigkeit von Vertragsärzten nur an einem gemeinschaftlichen Praxissitz erfolgen. Eine ortsübergreifende Gemeinschaftspraxis beinhalte zudem Gefährdungsmomente für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung, insbesondere wenn die beteiligten Vertragsärzte in verschiedenen Kassenärztlichen Vereinigungen gelegene Vertragsarztsitze führten. Aus dem für Gemeinschaftspraxen prägenden Wesensmerkmal der gemeinschaftlichen Abrechnung aller Fälle ergebe sich die Frage, bei welcher Kassenärztlichen Vereinigung die Gemeinschaftspraxis bei KV-übergreifender Zusammensetzung ihre Leistung abrechnen könne. Bei einem Wahlrecht der Gemeinschaftspraxis würde die steuernde Wirkung der Honorarverteilung für die Sicherstellung damit obsolet. Darüber hinaus wäre bei einer KV-übergreifenden überörtlichen Gemeinschaftspraxis die Frage der Disziplinargewalt zu klären. Auch sei nicht festgelegt, welcher Zulassungsausschuss zur Entscheidung über die jeweilige Genehmigung berufen sei. Zudem ergäbe sich auch aus der Vertragsrechtsprechung des BSG (BSG-Urteil vom 12.09.2001 - Az.: B 6 KA 64/00 R), dass die berufliche Kooperation von Ärzten an einen gemeinsamen Praxissitz gebunden sei.
In der öffentlichen Sitzung vom 28.06.2002 haben der Klägerbevollmächtigte, der Beklagtenvertreter und die übrigen anwesenden Beigeladenen beantragt,
die Sprungrevision zuzulassen.
Der Klägervertreter erklärte zudem sein Einverständnis mit der Einlegung der Sprungrevision durch den Beklagten, der Beklagtenvertreter und die übrigen Anwesenden erklärten ihr Einverständnis mit der Einlegung der Sprungrevision durch den Klägerbevollmächtigten.
Hinsichtlich der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes nimmt die Kammer Bezug auf die Gerichtsakte sowie auf die über die Kläger geführten Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die das Gericht beigezogen hat und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der angefochtene Beschluss des Beklagten vom 13.03.2001 ist rechtswidrig, da die Kläger einen Rechtsanspruch auf die Genehmigung der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis haben.
Nach § 33 Abs. 2 Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) bedarf die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit, die nur unter Vertragsärzten zulässig ist (Satz 1), der vorherigen Genehmigung durch den Zulassungsausschuss (Satz 2). Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Versorgung der Versicherten beeinträchtigt wird oder landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung entgegenstehen (Satz 4).
Diese Verordnungsregelung ist gültig, denn sie beruht auf einer sie tragenden gesetzlichen Ermächtigung und hält sich im Rahmen des Gesetzes. § 98 Abs. 1 SGB V bestimmt insoweit, dass das Nähere über die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und die zu ihrer Sicherstellung erforderliche Bedarfsplanung sowie die Beschränkung von Zulassungen durch die Zulassungsverordnungen geregelt wird und dass in diesen u.a. Vorschriften über die Voraussetzungen enthalten sein müssen, unter denen nach den Grundsätzen der Ausübung eines freien Berufs die Vertragsärzte die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam ausüben können (Absatz 2 Nr. 13).
Diese gesetzliche Ermächtigung rechtfertigt auch den in der Ärzte-ZV aufgenommenen Genehmigungsvorbehalt. Die gesetzlichen Einzelregelungen über die vertragsärztliche Versorgung beziehen sich auf die Behandlung durch einen Arzt. Für die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit durch mehrere Ärzte bedarf es daher einer ergänzenden Regelung, die dem Verordnungsgeber überlassen ist. Sie muss aber, da die gesetzliche Ermächtigung nichts Abweichendes bestimmt, den allgemein gesetzlichen Regelungen über die kassenärztliche Tätigkeit entsprechen. Der Genehmigungsvorbehalt des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV erfüllt diese Voraussetzung, denn die Genehmigung darf danach nur versagt werden, soweit dies die Einhaltung des Gesetzes erfordert. Es ergibt sich bereits aus der den Zulassungsordnungen vorgegebenen Rechtslage, dass die Vertragsärzte nicht durch eine besondere Art der Praxisausübung die Versorgung des Versicherten beeinträchtigen und gegen landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung verstoßen dürfen (vgl. BSG, Urteil vom 22.04.1983, Az.: 6 RKa 7/81; BSGE 23, 97 ff. m.w.N.). Der die Gewährleistung dieser vertragsärztlichen Verpflichtung bezweckende Genehmigungsvorbehalt ist ebenso wenig zu beanstanden wie andere in den Zulassungsordnungen geregelten Beschränkungen, die sich aus der den Vertragsärzten und den Krankenkassen gemeinsam obliegenden Aufgabe ergeben, die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen des Gesetzes sicherzustellen (vgl. § 24 Abs. 1 bis 4, § 32 Abs. 1 bis 4 Ärzte-ZV).
Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist davon auszugehen, dass es sich bei der Tätigkeit als Vertragsarzt um eine besondere Ausübungsform des Berufes des frei praktizierenden Arztes handelt. Seit der so genannten Kassenarztentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23.03.1960 (BVerfGE 11, 30) ist anerkannt, dass die gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen des kassen- bzw. vertragsärztlichen Zulassungsrechts den Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit berühren, wegen der besonderen Bedeutung der kassen- (vertrags)ärztlichen Tätigkeit im Rahmen der ambulanten Versorgung der Bevölkerung dem Schutzbereich der Berufswahl aber nahe kommen (BVerfGE 11, 42, 43). An der Zuordnung der vertragsärztlichen Tätigkeit zum Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) hat sich trotz der zunehmenden Einbindung dieser Ausübungsform des Arztberufes in eine öffentlich-rechtlich (vertragsarztrechtlich) geprägte Pflichtenstellung nichts grundlegend geändert (vgl. dazu Hess, Jahrbuch der Bitburger Gespräche, 1996, 67, 77). Es gilt deshalb auch für das Vertragsarztrecht, dass das Recht auf freie Berufsausübung nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden darf (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 des GG) und zwar lediglich insoweit, als vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls dies rechtfertigen (BVerfGE 33, 125, 167). Das Recht auf freie Berufsausübung umfasst auch das Recht, mit anderen die berufliche Tätigkeit gemeinsam auszuüben (BSG, Urteil vom 22.04.1983 a.a.O.). Dieses Recht ist in den ärztlichen Berufsordnungen ausdrücklich anerkannt (vgl. z.B. Abschnitt D II Nr. 8 Abs. 4 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe).
Einen Eingriff in diese Rechtsposition erlaubt Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung, die Umfang und Grenzen des Eingriffs deutlich erkennen lässt. Dabei muss der Gesetzgeber selbst aber wesentliche Entscheidungen treffen, soweit sie gesetzlichen Regelungen zugänglich sind. Dies bedeutet nicht, dass sich die erforderlichen Vorgaben ohne weiteres aus dem Wortlaut des Gesetzes ergeben müssten; es genügt, dass sie sich mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Vorgeschichte der Regelung (BVerfGE 82, 209, 224; BSGE 70, 285, 292).
Hier hat der Gesetzgeber den besonderen Belangen der vertragsärztlichen Versorgung insoweit Rechnung getragen, als er die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit von Vertragsärzten unter den Genehmigungsvorbehalt des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV gestellt hat. Danach darf die Genehmigung der gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nur versagt werden, wenn die Versorgung der Versicherten beeinträchtigt wird oder landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung entgegenstehen. Diese eine Genehmigung ausschließenden Voraussetzungen sind jedoch nach Auffassung der Kammer nicht erfüllt.
Eine ausdrückliche Bestimmung, die in jedem Fall eine gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nur für einen gemeinsamen Praxissitz vorsieht, ist dieser gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen.
Auch unter systematischen Gesichtspunkten lässt sich entgegen der Ansicht des Beklagten ein Anspruch auf Genehmigung einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis nicht generell ausschließen. Zwar trifft es zu, dass § 24 Ärzte-ZV das Gebot der Konzentration vertragsärztlicher Tätigkeit sowie der ärztlichen Tätigkeit überhaupt auf den Ort der Niederlassung zu entnehmen ist. Aspekte der Bedarfsplanung könnten vollständig unterlaufen werden, wenn Ärzte wichtige Teile ihres Leistungsangebotes ohne Prüfung eines entsprechenden Bedarfs an mehreren Orten den Patienten zugänglich machen und lediglich formal darauf hinwiesen, Sprechstunden fänden allein am Hauptsitz ihrer Praxen statt. Die danach geforderte grundsätzliche Bindung der ärztlichen Tätigkeit an den Praxissitz steht auch im Einklang mit weiteren Regelungen des ärztlichen Berufsrechts. Nach § 22 der Muster-BO und - in deren Folge - der BOen zahlreicher Ärztekammern sind zur gemeinsamen Berufsausübung von Ärzten, die in Kapitel D Nr. 7 bis 11 geregelten Berufsausübungsgemeinschaften von Ärzten (Gemeinschaftspraxis, Ärztepartnerschaft), Organisationsgemeinschaften unter Ärzten (z.B. Praxisgemeinschaften, Apparategemeinschaften) und die Medizinischen Kooperationsgemeinschaften sowie der Praxisverbund zugelassen. Nach Kapitel D Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 Muster-BO ist die Berufsausübungsgemeinschaft nur an einem gemeinsamen Praxissitz zulässig. Satz 2 a.a.O. lässt allerdings begrenzt Ausnahmen für die Ärzte zu, die ihrem typischen Fachgebietsinhalt nach regelmäßig nicht unmittelbar patientenbezogen tätig sind. Daraus ist abzuleiten, dass jedenfalls bezogen auf die unmittelbar patientenbezogene Tätigkeit auch die neueren ärztlichen Kooperationsformen nach wie vor an den Praxissitz als Ort der Behandlung gebunden sind (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2002, Az.: B 6 KA 64/00 R).
Die Kläger werden als Fachärzte für Laboratoriumsmedizin jedoch gerade nicht unmittelbar patientenbezogen tätig, weil sie lediglich Proben zur Untersuchung erhalten. Aus diesem Grunde sind im Gegensatz zu patientenbezogen tätigen Vertragsärzten die besonderen Belange des § 24 Ärzte-ZV nicht auf die Bildung einer überörtlichen Praxisgemeinschaft von Labormedizinern heranzuziehen. Die Regelung über den Vertragsarztsitz des § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV ist nämlich in Zusammenhang mit § 24 Abs. 2 Ärze-ZV zu sehen. Der Vertragsarzt muss danach am Vertragsarztsitz seine Sprechstunden halten und in räumlicher Nähe hierzu seine Wohnung nehmen. Ingesamt regeln die Vorschriften über den Vertragsarztsitz den Ort der ärztlichen Leistungserbringung. Im Interesse der Patienten und der gesamten ärztlichen Versorgung dienen die Vorschriften über den Vertragsarztsitz der Sicherstellung der örtlichen Versorgung der Patienten. Sie stehen der gemeinsamen überörtlichen Berufsausübung nicht patientenbezogen tätiger Ärzte deshalb nicht zwingend entgegen. Diese Ärzte halten nämlich gerade keine Sprechstunden ab (s. BSG, Urteil vom 05.11.1997, Az. 6 RKa 42/97 in NJW 1998, 3442, 3443). Ein besonderes Bedürfnis für die Erreichbarkeit des niedergelassenen Arztes an seinem Praxissitz besteht daher für nicht unmittelbar patientenbezogen tätige Ärzte gerade nicht.
Die Argumentation der Beigeladenen zu 1), aufgrund der Bindung der vertragsärztlichen Tätigkeit an den Vertragsarztsitz könne eine gemeinschaftliche Tätigkeit von Vertragsärzten nur an einem gemeinschaftlichen Praxissitz erfolgen, überzeugt auch nicht im Hinblick auf das Regelungssystem des ärztlichen Berufsrechts. Gemäß § 17 Abs. 1 BO ist die Ausübung ambulanter ärztlicher Tätigkeit an die Niederlassung in eigener Praxis gebunden, die durch ein Praxisschild kenntlich zu machen ist (§ 17 Abs. 4 Satz 1 BO). Der niedergelassene Arzt darf auch nach dem Berufsrecht grundsätzlich nur an einem Praxissitz Sprechstunden abhalten (§ 17 Abs. 4 Satz 4 und § 18 Abs. 1 BO). Wenn das ärztliche Berufsrecht trotz der Niederlassungspflicht für die nach dem Fachgebietsinhalt nicht unmittelbar patientenbezogen tätigen Ärzte eine gemeinsame Berufsausübung in einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft zulässt (D II Nr. 8 BO), zeigt dies, dass die Pflicht des einzelnen Arztes zur Niederlassung und zur Tätigkeit an seinem Praxissitz einer gemeinsamen Berufsausübung in einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft gerade nicht entgegensteht. Auch in der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft übt jeder ihr angehörende Arzt seine ärztliche Tätigkeit an seinem Praxissitz aus. Die gemeinsame Karteiführung und Abrechnung aller Fälle unter einem Namen ist auch in einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis problemlos möglich. Eine darüber hinausgehende wechselseitige Zurechnung der ärztlichen Tätigkeit an den Praxissitzen der verschiedenen Gesellschafter einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft findet dagegen weder nach dem Berufsrecht noch nach dem Vertragsarztrecht statt. Dies zeigt - worauf die Kläger zu Recht hinweisen - schon die Rechtsprechung des BSG zur Zulässigkeit der fachgebietsübergreifenden Gemeinschaftspraxis (BSGE 55, 97 ff.). Denn wenn sich jeder der fachgebietsübergreifenden Gemeinschaftspraxis angehörende Arzt die ärztliche Tätigkeit der anderen Ärzte zurechnen lassen müsste, würde der die Grenzen seines Fachgebiets überschreiten. Dies ist jedoch nicht der Fall. Aus diesem Grunde verstoßen die einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft angehörenden Ärzte auch nicht gegen die Verpflichtung, an ihrem Praxissitz ihre vertragsärztliche Tätigkeit auszuüben.
Überdies beeinträchtigt die überörtliche Gemeinschaftspraxis nach Auffassung der Kammer auch nicht die Versorgung der Versicherten. Vielmehr ist es nachvollziehbar, dass eine verbesserte Versorgung der Versicherten durch die überörtliche Zusammenarbeit mehrerer Laboratorien in der Region erreicht wird, da Rationalisierungsvorteile regional tätiger Laboratorien erhalten und durch Spezialisierung an den einzelnen Praxisstandorten eine bessere Qualität erzielt werden kann.
Soweit die Beigeladene zu 1) auf Probleme der Genehmigung einer KV-Grenzen übergreifenden überörtlichen Gemeinschaftspraxis hinweist (Zuständigkeit der Disziplinarausschüsse und der Honorarverteilung, Zuständigkeit der Zulassungsausschüsse), führt dies nach Auffassung der Kammer zu keinem anderen Ergebnis. Da die Genehmigung nur insoweit abgelehnt werden darf, als die in § 33 Ärzte-ZV genannten Gründe im Einzelfall vorliegen, müssen die besonderen Verhältnisse der jeweils in Frage stehenden Gemeinschaftspraxis berücksichtigt werden. Danach haben die Kläger allein eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft innerhalb der Grenzen der Beigeladenen zu 1) zur Genehmigung durch die Zulassungsgremien gestellt. Aus diesem Grunde konnte die Kammer dahinstehen lassen, ob einer die KV-Grenzen übergreifenden überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft die Genehmigung nach § 33 Ärzte-ZV zu versagen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Die Kammer hat die Sprungrevision gemäß § 161 Abs. 2 in Verbindung mit § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Rechtskraft
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