Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 5 Ka 123/85
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 Ka 1363/88
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Juli 1988 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, daß die beantragte Ablehnung der Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten im Jahr 1985 rechtswidrig war.
Der Kläger ist 1945 geboren. Er verfügt seit 1975 über die Approbation als Arzt. Seit 1980 führt er die Zusatzbezeichnung als Arzt für Arbeitsmedizin. Seit Dezember 1982 ist der Kläger als Arzt für den Kassenarztsitz W.-B. zur kassenärztlichen sowie zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen.
Im Jahr 1985 hatte der Kläger in seiner kassenärztlichen Praxis im Vergleich zur Gruppe der Allgemeinmediziner folgende Fallzahlen aufzuweisen:
Quartal Kläger Gruppe Allgemeinmedizin
I/85 114 771
II/85 143 740
III/85 134 742
IV/85 117 731
Nach seinen eigenen Bekundungen erreicht der Kläger auch heute noch lediglich eine Fallzahl in Höhe etwa eines Fünftels der Fallzahlen seiner Fachgruppe.
Am 5. Februar 1985 beantragte der Kläger die Genehmigung zur Beschäftigung von Herrn Dr. D. in seiner Praxis als Vorbereitungsassistent für die Zeit vom 1. Februar 1985 bis zum 5. April 1985. Durch Bescheid vom 11. März 1985 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 1985 zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Vorbereitungszeit diene insbesondere dazu, niederlassungswillige Ärzte mit den Besonderheiten medizinischer und administrativer Art vertraut zu machen, die in der kassenärztlichen Versorgung der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen seien. Die Vorbereitungszeit als Assistent eines Kassenarztes müsse deshalb ganztägig abgeleistet werden, um dem Assistenten die Vielfalt der verschiedenen Sachverhalte zu vermitteln und zugänglich zu machen. Eine solche ganztägige Beschäftigung sei jedoch beim Kläger nicht gewährleistet, da dieser offensichtlich überwiegend arbeitsmedizinisch tätig und seine kassenärztliche Tätigkeit von eher nebengeordneter Bedeutung sei. Dies komme auch in den wenigen Behandlungsfällen zum Ausdruck, die der Kläger bisher abgerechnet habe. Auch würden nur in geringem Umfang offene Sprechstunden ausgewiesen. Im übrigen habe der Kläger den Zeitaufwand für die kassenärztliche und arbeitsmedizinische Tätigkeit nicht abgegrenzt und nachvollziehbar dargelegt. Da ein Vorbereitungsassistent nur unter der Aufsicht, Anleitung und Verantwortung eines Kassenarztes tätig werden durfte, seien nach alledem die Voraussetzungen einer Genehmigung nicht erfüllt.
Die dagegen erhobene Klage, mit der der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit der ergangenen Bescheide begehrt hatte, hat das Sozialgericht Frankfurt am Main durch Urteil vom 13. Juli 1988 abgewiesen. Das Sozialgericht hat die Auffassung vertreten, die Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, da sich die getroffene Regelung über die Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten durch Zeitablauf erledigt habe. Der Kläger habe auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Gerichts, um eine Klärung hinsichtlich der Voraussetzungen einer Assistentenbeschäftigung für die Zukunft zu erreichen. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten seien indes nicht rechtswidrig. Die Genehmigung zur Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten sei zu Recht nicht genehmigt worden. Aus § 32 Abs. 2 Satz 1 der Zulassungsordnung für Kassenärzte (ZO-Ä) i.V.m. § 3 Abs. 3 ZO-Ä sei zu entnehmen, daß die Assistentenbeschäftigung im Kassenarztbereich ganztätig erfolgen müsse und zwar in einer Zeitdauer, die der Tätigkeit in einer normalen Kassenarztpraxis entspreche. Nur bei dieser Auslegung werde dem Sinn und Zweck der Vorschrift Rechnung getragen, der darin bestehe, dem zukünftigen Kassenarzt eine mindestens halbjährige Zeit der Ausbildung in der Kassenarztpraxis zukommen zu lassen. Der Umfang der kassenärztlichen Tätigkeit des Klägers sei jedoch nur gering. Die von ihm im RVO- und Ersatzkassenbereich abgerechneten Fallzahlen von durchschnittlich etwas mehr als 100 im Quartal entsprächen bei weitem nicht denen einer üblichen Kassenarztpraxis. Mit der Betreuung dieses Patientenkreises könne eine sinnvolle ganztägige Assistentenbeschäftigung nicht erreicht werden. Dies stehe deshalb der beantragten Genehmigung entgegen.
Gegen das dem Kläger am 15. November 1988 zugestellte Urteil richtet sich die am 5. Dezember 1988 eingegangene Berufung. Der Kläger ist der Auffassung, die Zahl von mehr als 100 Kassenpatienten pro Quartal sei durchaus ausreichend, um einem Vorbereitungsassistenten ein ausreichendes Betätigungsfeld zu gewährleisten. Eine solche Patientenzahl ermögliche nicht nur eine sorgfältige Ausbildung des Vorbereitungsassistenten, sondern auch eine intensive Zuwendung zu den Patienten. Der Vorbereitungsassistent sei dadurch in die Lage versetzt, die technische Organisation einer Arztpraxis ausreichend zu studieren und sich mit Verwaltungsdingen vertraut zu machen, die den Berufsanfängern häufig die meisten Schwierigkeiten bereiteten. Insgesamt habe die geringe Patientenzahl also mehr Vorteile als Nachteile. Er stehe seinen Patienten regelmäßig zur Verfügung, wobei die Praxis überwiegend in Form einer Bestellpraxis geführt werde. Im nichtkassenärztlichen Bereich beschäftige er hauptberufliche Arbeitsmediziner, die die Termine in den Betrieben wahrnehmen. Seine Tätigkeit in diesem Bereich beschränke sich im wesentlichen auf die Koordination und Administration. Er selbst sei seit Ende 1982 zur kassenärztlichen Tätigkeit zugelassen, ohne daß es irgendwelcher Beanstandungen bezüglich der Erfüllung seiner kassenärztlichen Pflichten gegeben habe. Ohnehin hätte das Sozialgericht nicht prüfen dürfen, ob die geringe Patientenzahl ein ausreichender Grund für die Verweigerung der Genehmigung sei, sondern ob der von der Beklagten selbst als maßgebend angesehene Grund die Versagung gerechtfertigt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Juli 1988 aufzuheben und festzustellen, daß der Bescheid der Beklagten vom 11. März 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 1985 rechtswidrig war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die sozialgerichtliche Entscheidung für zutreffend. Zwar würden neuerdings für Vorbereitungsassistenten auch Halbtagsstellen zur Verfügung gestellt, falls sich – insbesondere bei Frauen – die Notwendigkeit einer lediglich halbtägigen Tätigkeit ergebe. Die Gesamtdauer der Vorbereitungszeit verlängere sich dann aber von sechs auf zwölf Monate. Die Beklagte verweist im übrigen darauf, daß das Gebiet Arbeitsmedizin nach der Berufsordnung für Ärzte in Hessen nicht Gegenstand der kassenärztlichen Versorgung sei, so daß auch der Kläger seine Tätigkeit auf diesem Gebiet nicht als Kassenarzt ausübe.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vertrags der Beteiligten wird im übrigen auf den gesamten weiteren Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (WI 295/85) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach §§ 144 ff. SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts zur Zulässigkeit der erhobenen Fortsetzungsfeststellungsklage. § 131 Abs. 1 Satz 2 SGG, der bei Vorliegen eines berechtigten Interesses nach Erledigung des ursprünglich angegriffenen Verwaltungsaktes die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage bei einer Erledigung der anhängig gewesenen Anfechtungsklage vorsieht, und der nach allgemeiner Meinung auch bei Erledigung des Verwaltungsaktes vor der Klageerhebung unmittelbar Anwendung findet (Meyer-Ladewig, SGG, Anm. 9 zu § 131), erfährt eine analoge Anwendung auch bei der Erledigung einer Verpflichtungsklage sowie einer allgemeinen Leistungsklage (Meyer-Ladewig, a.a.O.).
Vorliegend war eine Erledigung durch Zeitablauf bereits vor Klageerhebung eingetreten, nachdem Dr. D. lediglich in der Zeit vom 1. Februar 1985 bis zum 5. April 1985 als Vorbereitungsassistent tätig werden sollte.
Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung der Rechtswidrigkeit der ergangenen Bescheide. Der Umfang seiner kassenärztlichen Praxis ist gegenüber dem Zeitraum für den ursprünglich die Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten vorgesehen war, weitgehend gleichgeblieben. Der Kläger ist im übrigen nach seinem Vortrag weiterhin daran interessiert, einen Vorbereitungsassistenten in seiner Praxis zu beschäftigen. Da andererseits die Beklagte an ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dem Kläger festhält, besteht die Gefahr, daß die Beklagte im Falle eines erneuten Antrags auf Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten diesen Antrag wiederum ablehnt. Für die Annahme eines Feststellungsinteresses reicht dies aus.
Dem Feststellungsbegehren des Klägers konnte indes nicht entsprochen werden. Im Ergebnis hat die Beklagte die Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten zu Recht nicht genehmigt.
Die Grundlage für die Regelung der Beschäftigung von Vorbereitungsassistenten durch Kassenärzte findet sich in § 32 Abs. 2 Satz 1 der "Zulassungsordnung für Kassenärzte (ZO-Ä)”, die seit dem 20. Juli 1987 die Bezeichnung "Zulassungsverordnung für Kassenärzte (Ärzte-ZV)” führt und die auf der bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Fassung des § 368 c Abs. 2 Nr. 13 Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. ab dem 1. Januar 1989 auf § 98 Abs. 2 Nr. 13 Sozialgesetzbuch V (SGB V) beruht. Die Vorbereitungszeit selbst ist in § 3 Abs. 2 b und Abs. 3 der ZO-Ä bzw. der Ärzte-ZV geregelt.
Beide Regelungen haben seit der Antragstellung durch den Kläger in ihrem Wortlaut mehrfache Veränderungen erfahren. Die jetzige Fassung durch Artikel 18 des Gesundheitsreformgesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I, S. 2477) ist in ihrem Kern jedoch identisch mit derjenigen Regelung, die galt, als der Kläger Herrn Dr. D als Vorbereitungsassistenten beschäftigen wollte.
Danach bedarf die Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten nach § 32 Abs. 2 Satz 1 Ärzte-ZV der Genehmigung der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung. § 3 Abs. 2 Ärzte-ZV setzt seinerseits u.a. die Ableistung einer einjährigen Vorbereitungszeit auf die kassenärztliche Tätigkeit voraus, bevor – nach der Approbation als Arzt – die Eintragung im Ärzteregister der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung erfolgen kann. Die Vorbereitungszeit muß nach § 3 Abs. 3 Ärzte-ZV eine sechsmonatige Tätigkeit als Assistent oder Vertreter eines Kassenarztes einschließen.
In der Ärzte-ZV ist nicht geregelt, welche Voraussetzungen im einzelnen an die Erteilung der Genehmigung zur Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten zu stellen sind. In der Literatur ist deshalb auch umstritten, ob für die Beschäftigung eines solchen Assistenten eine besondere persönliche Eignung des anstellenden Kassenarztes vorhanden sein muß (vgl. dazu Heinemann/Liebold, Kassenarztrecht, Anm. E 230 zu § 32 ZO-Ä). Diese Frage braucht von Senat indes nicht entschieden zu werden.
Denn nicht die persönliche Eignung des Klägers ist es, die im vorliegenden Fall der Beschäftigung eines Ausbildungsassistenten entgegensteht. Vielmehr ist es die vom Kläger betriebene Kassenarztpraxis selbst, die die Durchführung einer ordnungsgemäßen Vorbereitungszeit für den Vorbereitungsassistenten nicht erlaubt und angesichts des derzeitigen Umfangs dieser Kassenarztpraxis die Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten nicht ermöglicht.
Wenn die Ärzte-ZV von einer bestimmten Zeitdauer der Vorbereitungszeit ausgeht, so unterstellt sie damit, daß in der gesamten Zeit auch eine entsprechende Vorbereitung auf die kassenärztliche Tätigkeit erfolgt, und zwar in einer Dichte, die für eine kassenärztliche Tätigkeit üblich ist. Zu Recht wird deshalb in der Literatur die Auffassung vertreten, es müsse sich bei der Vorbereitungszeit grundsätzlich um eine "Vollzeittätigkeit” handeln (Heinemann/Liebold, Anm. E 16 b zu § 3 ZO-Ä). Nur dadurch ist nämlich gewährleistet, daß die spezifischen Kenntnisse, über die ein Kassenarzt verfügen muß, tatsächlich auch vermittelt werden können. Vollzeittätigkeit heißt damit noch nicht zwangsläufig die Ausübung einer "Ganztagsbeschäftigung”. Deshalb läßt sich für den Kläger auch keine günstige Rechtsfolge daraus herleiten, daß die Beklagte – wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat –, zwischenzeitlich auch Halbtagsstellen für Vorbereitungsassistenten zuläßt. Denn bei Ausübung einer solchen Halbtagsbeschäftigung verdoppelt sich die Dauer der Vorbereitungszeit, so daß im Saldo wiederum eine sechsmonatige Vollzeittätigkeit erreicht wird.
Beim Umfang der kassenärztlichen Tätigkeit des Klägers läßt sich eine solchermaßen verstandene Vollzeittätigkeit dagegen nicht erreichen. Der Kläger liegt mit seinen Fallzahlen nach wie vor gerade etwa bei einem Sechstel der durchschnittlichen Fallzahlen einer Allgemeinpraxis. Es liegt auf der Hand, daß bei einer derart geringen Fallzahl in einer solchen Praxis ein völlig anderes Bild vom Alltag eines Kassenarztes vermittelt wird, als dies ansonsten der Fall ist. Gerade auch das vom Kläger übersandte Bestellbuch für das Jahr 1985 macht dies deutlich. Zwar hat der Kläger vereinzelt Sprechtage, an denen die Zahl von 10 Kassenpatienten überschritten wird. Bei der Mehrzahl der Tage findet jedoch eine Behandlung in einem weitaus geringeren Umfang statt. Für eine Allgemeinpraxis ist dies – und die Gesamtfallzahlen des Klägers an Kassenpatienten bestätigen dies – ein völlig untypisches Bild. Für einen Vorbereitungsassistenten läßt sich unter diesen Umständen eine Vollzeitbeschäftigung nicht erreichen.
Die Berufung des Klägers konnte aus diesen Gründen keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, daß die beantragte Ablehnung der Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten im Jahr 1985 rechtswidrig war.
Der Kläger ist 1945 geboren. Er verfügt seit 1975 über die Approbation als Arzt. Seit 1980 führt er die Zusatzbezeichnung als Arzt für Arbeitsmedizin. Seit Dezember 1982 ist der Kläger als Arzt für den Kassenarztsitz W.-B. zur kassenärztlichen sowie zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen.
Im Jahr 1985 hatte der Kläger in seiner kassenärztlichen Praxis im Vergleich zur Gruppe der Allgemeinmediziner folgende Fallzahlen aufzuweisen:
Quartal Kläger Gruppe Allgemeinmedizin
I/85 114 771
II/85 143 740
III/85 134 742
IV/85 117 731
Nach seinen eigenen Bekundungen erreicht der Kläger auch heute noch lediglich eine Fallzahl in Höhe etwa eines Fünftels der Fallzahlen seiner Fachgruppe.
Am 5. Februar 1985 beantragte der Kläger die Genehmigung zur Beschäftigung von Herrn Dr. D. in seiner Praxis als Vorbereitungsassistent für die Zeit vom 1. Februar 1985 bis zum 5. April 1985. Durch Bescheid vom 11. März 1985 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 1985 zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Vorbereitungszeit diene insbesondere dazu, niederlassungswillige Ärzte mit den Besonderheiten medizinischer und administrativer Art vertraut zu machen, die in der kassenärztlichen Versorgung der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen seien. Die Vorbereitungszeit als Assistent eines Kassenarztes müsse deshalb ganztägig abgeleistet werden, um dem Assistenten die Vielfalt der verschiedenen Sachverhalte zu vermitteln und zugänglich zu machen. Eine solche ganztägige Beschäftigung sei jedoch beim Kläger nicht gewährleistet, da dieser offensichtlich überwiegend arbeitsmedizinisch tätig und seine kassenärztliche Tätigkeit von eher nebengeordneter Bedeutung sei. Dies komme auch in den wenigen Behandlungsfällen zum Ausdruck, die der Kläger bisher abgerechnet habe. Auch würden nur in geringem Umfang offene Sprechstunden ausgewiesen. Im übrigen habe der Kläger den Zeitaufwand für die kassenärztliche und arbeitsmedizinische Tätigkeit nicht abgegrenzt und nachvollziehbar dargelegt. Da ein Vorbereitungsassistent nur unter der Aufsicht, Anleitung und Verantwortung eines Kassenarztes tätig werden durfte, seien nach alledem die Voraussetzungen einer Genehmigung nicht erfüllt.
Die dagegen erhobene Klage, mit der der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit der ergangenen Bescheide begehrt hatte, hat das Sozialgericht Frankfurt am Main durch Urteil vom 13. Juli 1988 abgewiesen. Das Sozialgericht hat die Auffassung vertreten, die Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, da sich die getroffene Regelung über die Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten durch Zeitablauf erledigt habe. Der Kläger habe auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Gerichts, um eine Klärung hinsichtlich der Voraussetzungen einer Assistentenbeschäftigung für die Zukunft zu erreichen. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten seien indes nicht rechtswidrig. Die Genehmigung zur Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten sei zu Recht nicht genehmigt worden. Aus § 32 Abs. 2 Satz 1 der Zulassungsordnung für Kassenärzte (ZO-Ä) i.V.m. § 3 Abs. 3 ZO-Ä sei zu entnehmen, daß die Assistentenbeschäftigung im Kassenarztbereich ganztätig erfolgen müsse und zwar in einer Zeitdauer, die der Tätigkeit in einer normalen Kassenarztpraxis entspreche. Nur bei dieser Auslegung werde dem Sinn und Zweck der Vorschrift Rechnung getragen, der darin bestehe, dem zukünftigen Kassenarzt eine mindestens halbjährige Zeit der Ausbildung in der Kassenarztpraxis zukommen zu lassen. Der Umfang der kassenärztlichen Tätigkeit des Klägers sei jedoch nur gering. Die von ihm im RVO- und Ersatzkassenbereich abgerechneten Fallzahlen von durchschnittlich etwas mehr als 100 im Quartal entsprächen bei weitem nicht denen einer üblichen Kassenarztpraxis. Mit der Betreuung dieses Patientenkreises könne eine sinnvolle ganztägige Assistentenbeschäftigung nicht erreicht werden. Dies stehe deshalb der beantragten Genehmigung entgegen.
Gegen das dem Kläger am 15. November 1988 zugestellte Urteil richtet sich die am 5. Dezember 1988 eingegangene Berufung. Der Kläger ist der Auffassung, die Zahl von mehr als 100 Kassenpatienten pro Quartal sei durchaus ausreichend, um einem Vorbereitungsassistenten ein ausreichendes Betätigungsfeld zu gewährleisten. Eine solche Patientenzahl ermögliche nicht nur eine sorgfältige Ausbildung des Vorbereitungsassistenten, sondern auch eine intensive Zuwendung zu den Patienten. Der Vorbereitungsassistent sei dadurch in die Lage versetzt, die technische Organisation einer Arztpraxis ausreichend zu studieren und sich mit Verwaltungsdingen vertraut zu machen, die den Berufsanfängern häufig die meisten Schwierigkeiten bereiteten. Insgesamt habe die geringe Patientenzahl also mehr Vorteile als Nachteile. Er stehe seinen Patienten regelmäßig zur Verfügung, wobei die Praxis überwiegend in Form einer Bestellpraxis geführt werde. Im nichtkassenärztlichen Bereich beschäftige er hauptberufliche Arbeitsmediziner, die die Termine in den Betrieben wahrnehmen. Seine Tätigkeit in diesem Bereich beschränke sich im wesentlichen auf die Koordination und Administration. Er selbst sei seit Ende 1982 zur kassenärztlichen Tätigkeit zugelassen, ohne daß es irgendwelcher Beanstandungen bezüglich der Erfüllung seiner kassenärztlichen Pflichten gegeben habe. Ohnehin hätte das Sozialgericht nicht prüfen dürfen, ob die geringe Patientenzahl ein ausreichender Grund für die Verweigerung der Genehmigung sei, sondern ob der von der Beklagten selbst als maßgebend angesehene Grund die Versagung gerechtfertigt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Juli 1988 aufzuheben und festzustellen, daß der Bescheid der Beklagten vom 11. März 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 1985 rechtswidrig war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die sozialgerichtliche Entscheidung für zutreffend. Zwar würden neuerdings für Vorbereitungsassistenten auch Halbtagsstellen zur Verfügung gestellt, falls sich – insbesondere bei Frauen – die Notwendigkeit einer lediglich halbtägigen Tätigkeit ergebe. Die Gesamtdauer der Vorbereitungszeit verlängere sich dann aber von sechs auf zwölf Monate. Die Beklagte verweist im übrigen darauf, daß das Gebiet Arbeitsmedizin nach der Berufsordnung für Ärzte in Hessen nicht Gegenstand der kassenärztlichen Versorgung sei, so daß auch der Kläger seine Tätigkeit auf diesem Gebiet nicht als Kassenarzt ausübe.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vertrags der Beteiligten wird im übrigen auf den gesamten weiteren Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (WI 295/85) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach §§ 144 ff. SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts zur Zulässigkeit der erhobenen Fortsetzungsfeststellungsklage. § 131 Abs. 1 Satz 2 SGG, der bei Vorliegen eines berechtigten Interesses nach Erledigung des ursprünglich angegriffenen Verwaltungsaktes die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage bei einer Erledigung der anhängig gewesenen Anfechtungsklage vorsieht, und der nach allgemeiner Meinung auch bei Erledigung des Verwaltungsaktes vor der Klageerhebung unmittelbar Anwendung findet (Meyer-Ladewig, SGG, Anm. 9 zu § 131), erfährt eine analoge Anwendung auch bei der Erledigung einer Verpflichtungsklage sowie einer allgemeinen Leistungsklage (Meyer-Ladewig, a.a.O.).
Vorliegend war eine Erledigung durch Zeitablauf bereits vor Klageerhebung eingetreten, nachdem Dr. D. lediglich in der Zeit vom 1. Februar 1985 bis zum 5. April 1985 als Vorbereitungsassistent tätig werden sollte.
Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung der Rechtswidrigkeit der ergangenen Bescheide. Der Umfang seiner kassenärztlichen Praxis ist gegenüber dem Zeitraum für den ursprünglich die Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten vorgesehen war, weitgehend gleichgeblieben. Der Kläger ist im übrigen nach seinem Vortrag weiterhin daran interessiert, einen Vorbereitungsassistenten in seiner Praxis zu beschäftigen. Da andererseits die Beklagte an ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dem Kläger festhält, besteht die Gefahr, daß die Beklagte im Falle eines erneuten Antrags auf Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten diesen Antrag wiederum ablehnt. Für die Annahme eines Feststellungsinteresses reicht dies aus.
Dem Feststellungsbegehren des Klägers konnte indes nicht entsprochen werden. Im Ergebnis hat die Beklagte die Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten zu Recht nicht genehmigt.
Die Grundlage für die Regelung der Beschäftigung von Vorbereitungsassistenten durch Kassenärzte findet sich in § 32 Abs. 2 Satz 1 der "Zulassungsordnung für Kassenärzte (ZO-Ä)”, die seit dem 20. Juli 1987 die Bezeichnung "Zulassungsverordnung für Kassenärzte (Ärzte-ZV)” führt und die auf der bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Fassung des § 368 c Abs. 2 Nr. 13 Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. ab dem 1. Januar 1989 auf § 98 Abs. 2 Nr. 13 Sozialgesetzbuch V (SGB V) beruht. Die Vorbereitungszeit selbst ist in § 3 Abs. 2 b und Abs. 3 der ZO-Ä bzw. der Ärzte-ZV geregelt.
Beide Regelungen haben seit der Antragstellung durch den Kläger in ihrem Wortlaut mehrfache Veränderungen erfahren. Die jetzige Fassung durch Artikel 18 des Gesundheitsreformgesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I, S. 2477) ist in ihrem Kern jedoch identisch mit derjenigen Regelung, die galt, als der Kläger Herrn Dr. D als Vorbereitungsassistenten beschäftigen wollte.
Danach bedarf die Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten nach § 32 Abs. 2 Satz 1 Ärzte-ZV der Genehmigung der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung. § 3 Abs. 2 Ärzte-ZV setzt seinerseits u.a. die Ableistung einer einjährigen Vorbereitungszeit auf die kassenärztliche Tätigkeit voraus, bevor – nach der Approbation als Arzt – die Eintragung im Ärzteregister der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung erfolgen kann. Die Vorbereitungszeit muß nach § 3 Abs. 3 Ärzte-ZV eine sechsmonatige Tätigkeit als Assistent oder Vertreter eines Kassenarztes einschließen.
In der Ärzte-ZV ist nicht geregelt, welche Voraussetzungen im einzelnen an die Erteilung der Genehmigung zur Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten zu stellen sind. In der Literatur ist deshalb auch umstritten, ob für die Beschäftigung eines solchen Assistenten eine besondere persönliche Eignung des anstellenden Kassenarztes vorhanden sein muß (vgl. dazu Heinemann/Liebold, Kassenarztrecht, Anm. E 230 zu § 32 ZO-Ä). Diese Frage braucht von Senat indes nicht entschieden zu werden.
Denn nicht die persönliche Eignung des Klägers ist es, die im vorliegenden Fall der Beschäftigung eines Ausbildungsassistenten entgegensteht. Vielmehr ist es die vom Kläger betriebene Kassenarztpraxis selbst, die die Durchführung einer ordnungsgemäßen Vorbereitungszeit für den Vorbereitungsassistenten nicht erlaubt und angesichts des derzeitigen Umfangs dieser Kassenarztpraxis die Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten nicht ermöglicht.
Wenn die Ärzte-ZV von einer bestimmten Zeitdauer der Vorbereitungszeit ausgeht, so unterstellt sie damit, daß in der gesamten Zeit auch eine entsprechende Vorbereitung auf die kassenärztliche Tätigkeit erfolgt, und zwar in einer Dichte, die für eine kassenärztliche Tätigkeit üblich ist. Zu Recht wird deshalb in der Literatur die Auffassung vertreten, es müsse sich bei der Vorbereitungszeit grundsätzlich um eine "Vollzeittätigkeit” handeln (Heinemann/Liebold, Anm. E 16 b zu § 3 ZO-Ä). Nur dadurch ist nämlich gewährleistet, daß die spezifischen Kenntnisse, über die ein Kassenarzt verfügen muß, tatsächlich auch vermittelt werden können. Vollzeittätigkeit heißt damit noch nicht zwangsläufig die Ausübung einer "Ganztagsbeschäftigung”. Deshalb läßt sich für den Kläger auch keine günstige Rechtsfolge daraus herleiten, daß die Beklagte – wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat –, zwischenzeitlich auch Halbtagsstellen für Vorbereitungsassistenten zuläßt. Denn bei Ausübung einer solchen Halbtagsbeschäftigung verdoppelt sich die Dauer der Vorbereitungszeit, so daß im Saldo wiederum eine sechsmonatige Vollzeittätigkeit erreicht wird.
Beim Umfang der kassenärztlichen Tätigkeit des Klägers läßt sich eine solchermaßen verstandene Vollzeittätigkeit dagegen nicht erreichen. Der Kläger liegt mit seinen Fallzahlen nach wie vor gerade etwa bei einem Sechstel der durchschnittlichen Fallzahlen einer Allgemeinpraxis. Es liegt auf der Hand, daß bei einer derart geringen Fallzahl in einer solchen Praxis ein völlig anderes Bild vom Alltag eines Kassenarztes vermittelt wird, als dies ansonsten der Fall ist. Gerade auch das vom Kläger übersandte Bestellbuch für das Jahr 1985 macht dies deutlich. Zwar hat der Kläger vereinzelt Sprechtage, an denen die Zahl von 10 Kassenpatienten überschritten wird. Bei der Mehrzahl der Tage findet jedoch eine Behandlung in einem weitaus geringeren Umfang statt. Für eine Allgemeinpraxis ist dies – und die Gesamtfallzahlen des Klägers an Kassenpatienten bestätigen dies – ein völlig untypisches Bild. Für einen Vorbereitungsassistenten läßt sich unter diesen Umständen eine Vollzeitbeschäftigung nicht erreichen.
Die Berufung des Klägers konnte aus diesen Gründen keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
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