Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 11 AL 2223/02
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AL 104/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die in § 120 Abs. 2 S. 1 SGB III geregelte Vermutung, dass Schüler oder Studenten einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können, greift im Falle des Besuchs einer nichtstaatlichen Hochschule nur ein, wenn von der zuständigen Landesbehörde die Gleichwertigkeit der nichtstaatlichen Hochschule mit einer öffentlichen Hochschule anerkannt worden ist.
2. Der Besuch einer privaten Hochschule mit Unterrichtsverpflichtungen neben den Abendstunden auch ganztags an jedem Freitag der Woche steht der Ausübung einer Vollzeittätigkeit unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes nicht entgegen, wobei dies sowohl für Hilfstätigkeiten als auch für gehobene Tätigkeiten auf Führungsebene gilt.
2. Der Besuch einer privaten Hochschule mit Unterrichtsverpflichtungen neben den Abendstunden auch ganztags an jedem Freitag der Woche steht der Ausübung einer Vollzeittätigkeit unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes nicht entgegen, wobei dies sowohl für Hilfstätigkeiten als auch für gehobene Tätigkeiten auf Führungsebene gilt.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 24. Februar 2005 aufgehoben.
Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 26. Juli 2002 und Aufhebung des Bescheides vom 15. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2002 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Juni 2002 bis 30. September 2002 Arbeitslosengeld in gesetzlichem Umfang zu zahlen.
Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01.06.2002 bis 30.09.2002 streitig. Streitig ist dabei insbesondere die Verfügbarkeit des Klägers während seines Studiums.
Der 1968 geborene Kläger verfügt über eine Berufsausbildung als Ingenieur der Luft- und Raumfahrttechnik. Er war in der Zeit von März 1998 bis August 1998 bei I. (X.) in B-Stadt und im Anschluss bei T. GmbH (Y.) in L-Stadt jeweils als Projektleiter versicherungspflichtig beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis wurde zum 31.03.2002 gekündigt. Der Kläger meldete sich am 28.03.2002 zum 01.04.2002 arbeitslos und stellte Antrag auf Arbeitslosengeld. Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 13.06.2002 teilte der Kläger der Beklagten mit, er studiere seit dem 01.06.2002 an der A-Stadt International Management School (KIMS). Der Sachbearbeiter vermerkte daraufhin, dass Verfügbarkeit nicht mehr vorliege.
Durch Bescheid vom 26.07.2002 (Bewilligungs-Verfügung vom 27.06.2002) gewährte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31.05.2002 wöchentliches Arbeitslosengeld in Höhe von 268,10 EUR. Im Hinblick auf die Bewilligungsdauer verwies sie auf eine Abmeldung aus dem Leistungsbezug ab dem 01.06.2002.
Der Kläger erhob Widerspruch am 07.08.2002 und machte geltend, eine Abmeldung aus dem Leistungsbezug sei nicht erfolgt. Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens legte er eine Bescheinigung der KIMS vom 30.10.2002 vor und gab weiter an, die Ausbildungsveranstaltungen besuche er montags bis donnerstags von 18 bis 21 Uhr und freitags von 9 bis 16 Uhr (sowie samstags von 9 bis 17 Uhr). Die Ausbildung finde in Abschnitten statt. Der erste Abschnitt umfasse die Zeit vom 01.06.2002 bis 31.07.2002, der zweite Abschnitt die Zeit vom 01.10.2002 bis 15.12.2002. Im weiteren Verlauf nahm der Kläger am 01.10.2002 eine selbstständige Tätigkeit auf.
Durch Bescheid vom 15.11.2002 hob die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 27.06.2002 ab dem 01.06.2002 auf und führte zur Begründung aus, die Voraussetzungen für die Leistungen seien weggefallen. Anspruch auf Leistungen habe nur, wer arbeitslos und damit arbeitsfähig sei. Arbeitsfähigkeit setze voraus, dass eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausgeübt werden könne. Der Kläger sei seit dem 01.06.2002 Student einer Hochschule, so dass die Vermutungsregelung des § 120 Abs. 2 S. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) eingreife, wonach vermutet werde, dass dieser Personenkreis nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben könne. Diese Vermutung habe der Kläger nicht widerlegt, weil der Kläger nicht dargelegt und nachgewiesen habe, dass sein Ausbildungsgang bei ordnungsgemäßer Absolvierung eine mindestens 15 Stunden umfassende Beschäftigung zulasse. Abschließend teilte die Beklagte mit, der Bescheid werde Gegenstand des Widerspruchsverfahrens.
Die Beklagte wies durch Widerspruchsbescheid vom 19.11.2002 den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, unter Beachtung seines Studienaufwandes könne der Kläger keine versicherungspflichtige Beschäftigung unter den allgemein üblichen Arbeitsmarktbedingungen mit einem üblichen Beginn und Ende der Arbeitszeit an den einzelnen Werktagen ausüben, so dass er seit dem 01.06.2002 der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe und deshalb keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr habe. Aus dem überreichten Merkblatt für Arbeitslose seien dem Kläger die Voraussetzungen für eine Verfügbarkeit bekannt gewesen. Dementsprechend sei die Leistungsbewilligung ab dem 01.06.2002 gemäß § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III aufzuheben gewesen.
Der Kläger hat dagegen am 04.12.2002 Klage vor dem Sozialgericht Kassel erhoben. Er hat vorgetragen, die KIMS sei eine private, von der Wirtschaft getragene Hochschule, die berufsbegleitende Studiengänge anbiete. Dementsprechend seien die Vorlesungen auf die Abendstunden gelegt. Lediglich freitags bestehe auch von 9 bis 16 Uhr Präsenzpflicht. Insgesamt sei es jedoch Ziel der Hochschule, den Studenten die Fortführung einer beruflichen Tätigkeit während des Studiums zu ermöglichen. Das bedeute, dass die Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt nicht verneint werden könne. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Arbeitsmarkt dem Arbeitnehmer Flexibilität abfordere und die tradierte Beschränkung auf Arbeitszeiten von Montag bis Freitag überholt sei. Seine Auffassung werde auch dadurch bestätigt, dass er von der Universität A-Stadt zum 01.03.2003 als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit voller Stelle angestellt worden sei und daneben sein Studium weiter betreibe.
Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, aufgrund des ganztägigen Vorlesungsbesuchs am Freitag sei es dem Kläger nur möglich, eine berufliche Tätigkeit montags bis donnerstags auszuüben. Eine solche Verteilung der Arbeitszeit sei jedoch, vor allem in den von dem Kläger offensichtlich angestrebten Berufsfeldern, nicht arbeitsmarktüblich.
Durch Urteil vom 24.02.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe für die Zeit ab dem 01.06.2002 zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld wegen des begonnenen Studiums verneint. Der Leistungsanspruch setze nach § 119 Abs. 1 und 2 SGB III u. a. voraus, dass der Arbeitslose den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung stehe, mithin arbeitsfähig und arbeitsbereit sei. Gemäß § 119 Abs. 3 Nr. 1 SGB III sei ein Arbeitsloser u. a. dann arbeitsfähig, wenn er eine versicherungspflichtige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufnehmen und ausüben könne. Sei der Arbeitslose Schüler oder Student einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte, werde nach § 120 Abs. 2 S. 1 SGB III jedoch vermutet, dass er nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben könne. Diese Vermutung sei nur dann widerlegt, wenn der Arbeitslose darlege und nachweise, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulasse. Vorliegend sei in Übereinstimmung mit der Auffassung der Beklagten nicht nachgewiesen, dass der Kläger neben seinem Studium an der KIMS noch eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben könne. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger vor Eintritt der Arbeitslosigkeit in Vollzeit tätig gewesen sei. Verfügbarkeit des Klägers könne deshalb nur bejaht werden, wenn dem Kläger neben seinem Studium eine Vollzeittätigkeit möglich sei. Die für den Kläger in Betracht kommenden Stellen auf dem Arbeitsmarkt seien dem Bereich Management bzw. der Führungsebene zuzuordnen. In diesem Bereich müsse es nach wie vor als unüblich angesehen werden, die Arbeitszeit auf die Wochentage Montag bis Donnerstag zu beschränken und den Freitag aus der möglichen Arbeitszeit herauszunehmen. Falle der Freitag aber als Arbeitstag weg, sei eine Vermittlung des Klägers unter den für eine Managerposition bzw. Führungsposition geltenden Bedingungen nicht denkbar. Das Studium an der KIMS sei zwar grundsätzlich so ausgelegt, dass es berufsbegleitend Qualifizierungsmöglichkeiten im Managementbereich biete. Der Kläger habe das Studium jedoch nicht bei bestehendem Arbeitsverhältnis und in Absprache mit einem Arbeitgeber aufgenommen, sondern sei aus der Arbeitslosigkeit heraus in das Studium gestartet. Insoweit sei es unerheblich, dass das Studium an der KIMS grundsätzlich neben der Ausübung des Berufes absolviert werden könne. Entscheidend sei vielmehr die Einschränkung der Vermittlungsmöglichkeiten der Beklagten durch die Aufnahme des Studiums. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger ab dem 01.03.2003 neben dem Studium eine Vollzeittätigkeit aufgenommen habe. Insoweit könnten die besonderen Möglichkeiten der Arbeitszeitverteilung in einem Universitätsbetrieb nicht mit den üblichen Bedingungen des für den Kläger maßgeblichen Arbeitsmarktes gleichgesetzt werden.
Gegen das dem Kläger am 18.03.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 14.04.2005 eingegangene Berufung. Der Kläger trägt vor, ihm sei neben seinem Studium an der KIMS eine Vollzeitbeschäftigung bzw. Beschäftigung von mehr als 15 Stunden wöchentlich möglich gewesen. Er verweist insoweit erneut auf den Ausbildungsbetrieb in den Abendstunden und am Freitag. Allein die Beschränkung den Freitag betreffend stehe der erforderlichen Verfügbarkeit nicht entgegen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Ausbildung in Abschnitten mit dazwischen liegenden veranstaltungsfreien Zeiten von 1 bis 6 Wochen absolviert worden sei. Die beiden letzten Ausbildungsabschnitte hätten zeitlich variabel eingerichtet werden können. Im Falle einer Vermittlung in eine Beschäftigung hätte er den Abschluss des Studiums mit dem Arbeitgeber zeitlich abstimmen können. Im Hinblick auf den Freitag wäre eine Arbeitsfreistellung oder aber das Anrechnen von Urlaub denkbar gewesen. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass der Arbeitsmarkt immer flexiblere Arbeitszeiten biete. Insgesamt müsse deshalb sein Studium bezogen auf die Verfügbarkeit als unschädlich angesehen werden. Ergänzend legt der Kläger diverse Bewerbungsschreiben aus der Zeit Juli 2002 bis Februar 2003 vor. Auf Nachfrage trägt er klarstellend vor, die Zeit vom 28.07.2002 bis 29.09.2002 habe zwischen zwei Kursterminen gelegen, so dass er in diesem Zeitraum ohne Einschränkung, auch am Freitag, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden habe.
Im Erörterungstermin vom 27.09.2006 ist der Kläger persönlich angehört worden. Er hat u.a. vorgetragen, wenn ihm in der Zeit nach Beginn des Studiums an der KIMS andere Tätigkeiten (z. B. Tätigkeiten als Pförtner, Parkplatzwächter, Datenerfasser oder im Hotel- und Gaststättengewerbe) angeboten worden wären, hätte er derartige Tätigkeiten angenommen. Er habe gegenüber der Beklagten zu keiner Zeit seine Verfügbarkeit eingeschränkt. Auf die Niederschrift vom 27.09.2006 wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 24.02.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26.07.2002 sowie Aufhebung des Bescheides vom 15.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2002 zu verurteilen, ihm auch für die Zeit vom 01.06.2002 bis 30.09.2002 Arbeitslosengeld in gesetzlichem Umfang zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die sozialgerichtliche Entscheidung sowie den angefochtenen Bescheid für zutreffend. Sie trägt ergänzend vor, es reiche nicht aus, wenn nur in Einzel- und Ausnahmefällen Arbeitsverhältnisse mit der dem Kläger möglichen Arbeitszeitverteilung eingegangen würden. Vielmehr seien auf dem Arbeitsmarkt entsprechende Arbeitsverhältnisse in nennenswertem Umfang erforderlich, um von üblichen Bedingungen ausgehen zu können. Hiervon könne für den Bereich der Führungskräfte nicht ausgegangen werden. Die für den Kläger in Betracht kommenden Stellen seien diesem Bereich zuzuordnen. Im Hinblick auf die veranstaltungsfreie Zeit zwischen den Kursterminen sei zu berücksichtigen, dass die Eigenschaft als Schüler oder Student auch während dieser Zeiträume fortbestehe, so dass grundsätzlich die Vermutungswirkung des § 120 Abs. 2 SGB III weiter gelte. Soweit der Kläger im Erörterungstermin auf seine damalige Bereitschaft zur Annahme von Tätigkeiten deutlich unterhalb seiner beruflichen Qualifikation verwiesen habe, komme dieser Erklärung keine Wirkung für die Vergangenheit zu. Eine entsprechende Arbeitsbereitschaft habe der Kläger damals nicht erklärt. Als gewünschte Tätigkeit sei in den Beratungsvermerken "Unternehmensberater" festgehalten. Es finde sich kein Hinweis, dass auch die Bereitschaft zur Aufnahme einer weniger qualifizierten Tätigkeit bestanden habe. Die Beklagte legt insoweit diverse BewA-Vermerke bzw. Computerausdrucke vor. Auf Nachfrage des Gerichts trägt die Beklagte weiter vor, eine Rücksprache mit der Arbeitsvermittlung in der Agentur für Arbeit A-Stadt habe ergeben, dass die Aufnahme einer Tätigkeit auf Helferniveau (unter den dem Kläger möglichen Bedingungen) nicht ausgeschlossen werden könne. Im Hinblick auf die Tätigkeit als Pförtner oder Aufsichtskraft im Reinigungsgewerbe sei zwar eine Arbeitsaufnahme aufgrund des wegfallenden Freitags deutlich erschwert, jedoch nicht ausgeschlossen. Eine Erschwernis ergebe sich auch aus der "Überqualifikation" des Klägers bezogen auf Helfertätigkeiten. Kategorisch auszuschließen sei eine entsprechende Arbeitsaufnahme jedoch nicht. Die Beklagte trägt hierzu weiter vor, ungeachtet dieser Stellungnahme der Arbeitsvermittlung fehle es an einer entsprechenden Arbeitsbereitschaft des Klägers. Dieser habe im Übrigen auch keine Eigenbemühungen im Hinblick auf Tätigkeiten auf Helferniveau nachgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Leistungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.
Die Berufung des Klägers ist auch sachlich begründet. Das Sozialgericht Kassel hat die Klage zu Unrecht durch Urteil vom 24.02.2005 abgewiesen. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 01.06.2002 bis 30.09.2002. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 15.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2002 ist rechtswidrig und war ebenso wie das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben. Der bewilligende Bescheid vom 26.07.2002 war entsprechend zu ändern.
Vorab ist festzustellen, dass die Beklagte mit dem Bescheid vom 15.11.2002 den Bewilligungsbescheid vom 26.07.2002 unzutreffend für die Zeit ab dem 01.06.2002 aufgehoben hat. Insoweit regelt der Bescheid vom 26.07.2002 lediglich eine bis zum 31.05.2002 befristete Bewilligung von Arbeitslosengeld. Streitig ist die Zeit ab dem 01.06.2002. Dementsprechend bedurfte es – auch aus der Sicht der Beklagten – keiner Aufhebung des Bewilligungsbescheides. Die Ausführungen zu § 48 SGB X im Widerspruchsbescheid gehen deshalb fehl.
Der Kläger erfüllt zunächst unstreitig die Voraussetzungen der Arbeitslosmeldung (am 28.03.2002) sowie der Erfüllung der Anwartschaftszeit (§ 117 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 SGB III in der bis 31.12.2004 geltenden Fassung, § 123 SGB III in der Fassung bis 31.12.2003). Für die Zeit vom 01.06.2002 bis 30.09.2002 stand der Kläger zur Überzeugung des Senats auch den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung. Verfügbar und damit arbeitslos ist nur, wer u.a. eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (§§ 118 Abs. 1 Nr. 2, 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III jeweils in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung). Nach § 119 Abs. 2 SGB III (ebenfalls Fassung bis zum 31.12.2004) steht den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist. Arbeitsfähig ist, wer u.a. eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkts ausüben kann und darf (§ 119 Abs. 3 Nr. 1 SGB III in der vorgenannten Fassung).
Nach § 120 Abs. 2 S. 1 SGB III (in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung) wird bei Schülern und Studenten einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte vermutet, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können. Diese Vermutung ist widerlegt, wenn der Schüler oder Student darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt. Entgegen der Auffassung der Beklagten greift die Vermutungsregelung des § 120 SGB III vorliegend nicht ein. Die Vorschrift korrespondiert mit § 27 Abs. 4 S. 1 SGB III. Erfasst ist der dort genannte Personenkreis, d.h. es muss sich um einen Schüler/Studenten handeln, der eine Ausbildung an einer in § 2 Abs. 1 S. 1 Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) genannten Ausbildungsstätte betreibt (vgl. Brand in Niesel, SGB III, 4. Aufl., § 120 Rdnr. 8). Wie sich aus § 2 Abs. 1 S. 3 BAföG ergibt, kommt es auf die Ausbildung an einer öffentlichen Einrichtung an. Von diesem Erfordernis sind ausgenommen nichtstaatliche Hochschulen. Dies gilt jedoch nach § 2 Abs. 2 S. 1 BAföG nur dann, wenn die nichtstaatliche Hochschule von der zuständigen Landesbehörde als gleichwertig anerkannt worden ist (vgl. Gagel, SGB III, Stand: 30. Ergänzungslief. 2007, § 120 Rdnr. 69). Der Kläger hat in der fraglichen Zeit eine Ausbildung an der KIMS betrieben. Es handelt sich hierbei um eine private Hochschule. Träger ist zwar mittlerweile die Universität A-Stadt. Diese betreibt die KIMS jedoch privat in der Rechtsform einer GmbH. Zuvor waren Gesellschafter der GmbH die IHK und verschiedene Unternehmen. Aufgrund der auf der Internetseite des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst gegebenen Informationen erfüllt die KIMS nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 BAföG. Hierüber sind die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung informiert worden. Damit kann im Ergebnis die Vermutungsregelung nicht angewendet werden und es verbleibt bei der Prüfung des § 119 Abs. 3 Nr. 1 SGB III (in der oben genannten Fassung).
Obwohl sich der Wortlaut der Vorschrift auf eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung bezieht, muss im Fall des Klägers – wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat – auf eine Vollzeittätigkeit abgestellt werden. Er war vor Eintritt der Arbeitslosigkeit in Vollzeit beschäftigt und begehrt nach einer Vollzeitbeschäftigung bemessenes Arbeitslosengeld. Es kommt mithin darauf an, ob der Kläger neben dem Studium an der KIMS unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes eine Vollzeittätigkeit ausüben konnte. Dies ist nach Auffassung des Senates zu bejahen. Nach dem Ausbildungsvertrag vom 15.03.2002 hat der Kläger bezogen auf den streitigen Leistungszeitraum 01.06.2002 bis 30.09.2002 folgende Ausbildungsabschnitte absolviert: Term I 27.05.2002 bis 27.07.2002; Unterbrechung 28.07.2002 bis 29.09.2002 und Term II 30.09.2002 bis 14.12.2002. Die Ausbildungsstunden fanden montags bis mittwochs von 18:00 Uhr bis 21:00 Uhr (Online-Tutorien), donnerstags von 18:00 Uhr bis 21:00 Uhr, freitags von 9:00 Uhr bis 19:30 Uhr und samstags von 9:00 Uhr bis 17:30 Uhr jeweils im Rahmen der Präsenz in der Hochschule statt. Die Ausbildungsstunden abends und samstags stehen einer Vollzeitbeschäftigung unter den üblichen Bedingungen unzweifelhaft nicht entgegen. Allein der Ganztagsunterricht am Freitag könnte zu einer anderen Beurteilung führen. Soweit das Sozialgericht darauf abgestellt hat, dass im Bereich Management/Führungsebene die Herausnahme eines vollen Wochentages, hier des Freitags, unüblich sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Hierfür sind folgende Erwägungen bedeutsam: Zunächst ist zu berücksichtigen, dass auf dem Arbeitsmarkt im Hinblick auf die Arbeitszeiten eine deutliche Flexibilisierung eingetreten ist. Dies gilt auch für den Bereich Management/Führungsebene, so dass der Senat davon ausgeht, dass trotz der Herausnahme des Freitags Stellen, die für den Kläger in Betracht kommen, in nennenswertem Umfang auf dem Arbeitsmarkt vorhanden sind und auch bereits in der streitigen Zeit vorhanden waren. Hierbei ist weiter zu berücksichtigen, dass etwaige Arbeitgeber gerade an einem Arbeitnehmer interessiert sein dürften, der zum einen im Bereich Management bzw. auf der Führungsebene eingesetzt werden soll und zum andern in diesem Bereich eine Fortbildung betreibt (hier Master of Business Administration – MBA). Dementsprechend liegt es nahe, dass ein solcher Arbeitgeber die Herausnahme des Freitags – befristet – akzeptieren wird, zumal zwischen den einzelnen Ausbildungsabschnitten Zeiten der Unterbrechung gelegen haben, in denen der Kläger auch freitags für den Arbeitgeber hätte tätig werden können. Bezogen auf die Zeit der Ausbildungsunterbrechung zwischen dem ersten Ausbildungsabschnitt und dem zweiten Ausbildungsabschnitt vom 28.07.2002 bis 29.09.2002 kann ohnehin nicht von einer relevanten Einschränkung der Arbeitszeitverteilung ausgegangen werden. Insoweit ist unstreitig, dass der Kläger keine Unterrichtsverpflichtungen hatte, so dass er in jedem Fall unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes tätig werden konnte. Die Beklagte hat sich hierzu unzutreffend auf die Vermutungswirkung des § 120 Abs. 2 SGB III bezogen und vorgetragen, die Eigenschaft als Schüler oder Student im Sinne dieser Vorschrift bestehe auch während der Ferienzeiten, so dass die Vermutungswirkung auch für diese Zeiten gelte. Die Voraussetzungen des § 120 Abs. 2 SGB III sind jedoch, wie ausgeführt, nicht erfüllt, so dass im Ergebnis Verfügbarkeit des Klägers während der Zeit der Ausbildungsunterbrechung von vornherein nicht verneint werden kann. Ungeachtet des Berufsbereichs Management/Führungsebene ist zu berücksichtigen, dass der Kläger im Erörterungstermin vom 27.09.2006 erklärt hat, er sei seinerzeit bereit gewesen, nicht nur mit der bisherigen Tätigkeit vergleichbare Beschäftigungen auszuüben, sondern auch deutlich weniger qualifizierte Tätigkeiten (Aufsichtstätigkeiten im Reinigungsgewerbe, Pförtnertätigkeit, Parkplatzwächter, Datenerfasser, Tätigkeiten im Hotel- und Gaststättengewerbe). Weiter hat er vorgetragen, dass er der Beklagten gegenüber zu keiner Zeit seine Verfügbarkeit eingeschränkt habe. Gründe, an der Glaubhaftigkeit dieser Angaben zu zweifeln, sind nicht ersichtlich. Soweit die Beklagte dem entgegengehalten hat, die Erklärung der Arbeitsbereitschaft des Klägers im Erörterungstermin habe keine rückwirkende Bedeutung und der Kläger habe sich ihr gegenüber nie für derartige Helfertätigkeiten angeboten, ist zunächst festzustellen, dass nach der Aktenlage der Kläger eine Vermittlung in weniger qualifizierte Tätigkeiten nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat. Allein in dem Beratungsvermerk (Blatt 131 der Gerichtsakte) ist als "gewünschte Tätigkeit" "Unternehmensberater" angegeben. Insoweit ist naheliegend, dass der Kläger in erster Linie die Vermittlung in eine Tätigkeit anstrebte, die seiner beruflichen Qualifikation entsprach. Der Ausschluss von weniger qualifizierten Tätigkeiten ist damit jedoch nicht dokumentiert. Soweit die Beklagte weiter vorgetragen hat, eine entsprechende Arbeitsbereitschaft habe auch auf Nachfrage die damals zuständige Vermittlungsfachkraft nicht bestätigen können, ist dies in der Akte nicht dokumentiert. Etwaige Dokumentationsmängel gehen insoweit zu Lasten der Beklagten. Bezogen auf die genannten weniger qualifizierten Tätigkeiten liegt eine berufskundliche Stellungnahme der Arbeitsagentur A-Stadt (Blatt 153 der Gerichtsakte) vor. Danach könne (unter Berücksichtigung der dem Kläger möglichen Arbeitszeitverteilung) die Aufnahme einer Tätigkeit auf Helferniveau "nicht ausgeschlossen werden". Ausdrücklich sind Tätigkeiten als Pförtner und Aufsichtskraft im Reinigungsgewerbe genannt. Angesichts dieser Angaben hält es der Senat für gerechtfertigt, hieraus auf "übliche Bedingungen" (Stellen in nennenswertem Umfang) zu schließen. Im Ergebnis steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger während des gesamten streitigen Zeitraums vom 01.06.2002 bis 30.09.2002 nicht gehindert war, neben der Ausbildung an der KIMS unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes in Vollzeit tätig zu sein, wobei dies sowohl für den Berufsbereich Management/Führungsebene als auch für die genannten Tätigkeiten auf Helferniveau gilt.
Soweit die Beklagte weiter geltend gemacht hat, der Kläger müsse auch entsprechende Eigenbemühungen nachweisen und ein solcher Nachweis sei nicht erbracht, ergibt sich aus § 119 Abs. 5 S. 1 SGB III in der oben genannten Fassung, dass das Arbeitsamt den Arbeitslosen bei der Arbeitslosmeldung auf seine Verpflichtung nach Abs. 1 Nr. 1 besonders hinzuweisen hat. Weiter regelt § 119 Abs. 5 S. 2 SGB III, dass der Arbeitslose auf Verlangen des Arbeitsamtes seine Eigenbemühungen (nur dann) nachzuweisen hat, wenn er rechtzeitig auf die Nachweispflicht hingewiesen worden ist. Ein solcher Hinweis ist hier nicht erfolgt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 03.12.2007 eingeräumt, Unterlagen bezüglich des Hinweises an den Kläger über seine Verpflichtung nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III würden ihr nicht vorliegen. Auch einen Hinweis nach § 119 Abs. 5 S. 2 SGB III hat sie nicht bestätigt. Damit muss davon ausgegangen werden, dass der Kläger weder auf seine Verpflichtung zu Eigenbemühungen noch auf seine Nachweispflicht im Hinblick auf die Eigenbemühungen hingewiesen worden ist, so dass die Nachweispflicht entfällt. Dessen ungeachtet können hier Eigenbemühungen des Klägers bezogen auf Tätigkeiten, die mit dem bisherigen Berufsbereich vergleichbar sind (Tätigkeiten im unternehmensberatenden Bereich), durch die vorgelegten Kopien von Bewerbungsunterlagen als nachgewiesen angesehen werden, zumal die Beklagte die Existenz dieser Bewerbungen nicht bestritten hat. Der Kläger hat insoweit mit Schriftsatz vom 26.08.2005 seine Bewerbungen aufgelistet. Danach liegen vier Bewerbungen innerhalb des streitigen Leistungszeitraums, wobei die letzte Bewerbung (vom 15.08.2002) eine Stelle als freier Mitarbeiter betraf und deshalb nicht zu berücksichtigen ist. Mit Kopien der Bewerbungsunterlagen sind aber die Bewerbungen vom 10.06.2002 (Firma S., Blatt 83 der Gerichtsakte), vom 23.07.2002 (Firma T., Blatt 84 der Gerichtsakte) und vom 08.08.2002 (IHK A-Stadt, Blatt 85 bis 87 der Gerichtsakte) belegt. Nach alledem hat der Kläger zumindest für den Berufsbereich Management/Führungsebene seine Eigenbemühungen nachgewiesen, wobei wegen des fehlenden Hinweises nach § 119 Abs. 5 S. 2 SGB III eine Nachweispflicht des Klägers bezogen auf alle Berufsbereiche ohnehin nicht besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 26. Juli 2002 und Aufhebung des Bescheides vom 15. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2002 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Juni 2002 bis 30. September 2002 Arbeitslosengeld in gesetzlichem Umfang zu zahlen.
Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01.06.2002 bis 30.09.2002 streitig. Streitig ist dabei insbesondere die Verfügbarkeit des Klägers während seines Studiums.
Der 1968 geborene Kläger verfügt über eine Berufsausbildung als Ingenieur der Luft- und Raumfahrttechnik. Er war in der Zeit von März 1998 bis August 1998 bei I. (X.) in B-Stadt und im Anschluss bei T. GmbH (Y.) in L-Stadt jeweils als Projektleiter versicherungspflichtig beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis wurde zum 31.03.2002 gekündigt. Der Kläger meldete sich am 28.03.2002 zum 01.04.2002 arbeitslos und stellte Antrag auf Arbeitslosengeld. Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 13.06.2002 teilte der Kläger der Beklagten mit, er studiere seit dem 01.06.2002 an der A-Stadt International Management School (KIMS). Der Sachbearbeiter vermerkte daraufhin, dass Verfügbarkeit nicht mehr vorliege.
Durch Bescheid vom 26.07.2002 (Bewilligungs-Verfügung vom 27.06.2002) gewährte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31.05.2002 wöchentliches Arbeitslosengeld in Höhe von 268,10 EUR. Im Hinblick auf die Bewilligungsdauer verwies sie auf eine Abmeldung aus dem Leistungsbezug ab dem 01.06.2002.
Der Kläger erhob Widerspruch am 07.08.2002 und machte geltend, eine Abmeldung aus dem Leistungsbezug sei nicht erfolgt. Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens legte er eine Bescheinigung der KIMS vom 30.10.2002 vor und gab weiter an, die Ausbildungsveranstaltungen besuche er montags bis donnerstags von 18 bis 21 Uhr und freitags von 9 bis 16 Uhr (sowie samstags von 9 bis 17 Uhr). Die Ausbildung finde in Abschnitten statt. Der erste Abschnitt umfasse die Zeit vom 01.06.2002 bis 31.07.2002, der zweite Abschnitt die Zeit vom 01.10.2002 bis 15.12.2002. Im weiteren Verlauf nahm der Kläger am 01.10.2002 eine selbstständige Tätigkeit auf.
Durch Bescheid vom 15.11.2002 hob die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 27.06.2002 ab dem 01.06.2002 auf und führte zur Begründung aus, die Voraussetzungen für die Leistungen seien weggefallen. Anspruch auf Leistungen habe nur, wer arbeitslos und damit arbeitsfähig sei. Arbeitsfähigkeit setze voraus, dass eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausgeübt werden könne. Der Kläger sei seit dem 01.06.2002 Student einer Hochschule, so dass die Vermutungsregelung des § 120 Abs. 2 S. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) eingreife, wonach vermutet werde, dass dieser Personenkreis nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben könne. Diese Vermutung habe der Kläger nicht widerlegt, weil der Kläger nicht dargelegt und nachgewiesen habe, dass sein Ausbildungsgang bei ordnungsgemäßer Absolvierung eine mindestens 15 Stunden umfassende Beschäftigung zulasse. Abschließend teilte die Beklagte mit, der Bescheid werde Gegenstand des Widerspruchsverfahrens.
Die Beklagte wies durch Widerspruchsbescheid vom 19.11.2002 den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, unter Beachtung seines Studienaufwandes könne der Kläger keine versicherungspflichtige Beschäftigung unter den allgemein üblichen Arbeitsmarktbedingungen mit einem üblichen Beginn und Ende der Arbeitszeit an den einzelnen Werktagen ausüben, so dass er seit dem 01.06.2002 der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe und deshalb keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr habe. Aus dem überreichten Merkblatt für Arbeitslose seien dem Kläger die Voraussetzungen für eine Verfügbarkeit bekannt gewesen. Dementsprechend sei die Leistungsbewilligung ab dem 01.06.2002 gemäß § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III aufzuheben gewesen.
Der Kläger hat dagegen am 04.12.2002 Klage vor dem Sozialgericht Kassel erhoben. Er hat vorgetragen, die KIMS sei eine private, von der Wirtschaft getragene Hochschule, die berufsbegleitende Studiengänge anbiete. Dementsprechend seien die Vorlesungen auf die Abendstunden gelegt. Lediglich freitags bestehe auch von 9 bis 16 Uhr Präsenzpflicht. Insgesamt sei es jedoch Ziel der Hochschule, den Studenten die Fortführung einer beruflichen Tätigkeit während des Studiums zu ermöglichen. Das bedeute, dass die Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt nicht verneint werden könne. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Arbeitsmarkt dem Arbeitnehmer Flexibilität abfordere und die tradierte Beschränkung auf Arbeitszeiten von Montag bis Freitag überholt sei. Seine Auffassung werde auch dadurch bestätigt, dass er von der Universität A-Stadt zum 01.03.2003 als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit voller Stelle angestellt worden sei und daneben sein Studium weiter betreibe.
Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, aufgrund des ganztägigen Vorlesungsbesuchs am Freitag sei es dem Kläger nur möglich, eine berufliche Tätigkeit montags bis donnerstags auszuüben. Eine solche Verteilung der Arbeitszeit sei jedoch, vor allem in den von dem Kläger offensichtlich angestrebten Berufsfeldern, nicht arbeitsmarktüblich.
Durch Urteil vom 24.02.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe für die Zeit ab dem 01.06.2002 zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld wegen des begonnenen Studiums verneint. Der Leistungsanspruch setze nach § 119 Abs. 1 und 2 SGB III u. a. voraus, dass der Arbeitslose den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung stehe, mithin arbeitsfähig und arbeitsbereit sei. Gemäß § 119 Abs. 3 Nr. 1 SGB III sei ein Arbeitsloser u. a. dann arbeitsfähig, wenn er eine versicherungspflichtige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufnehmen und ausüben könne. Sei der Arbeitslose Schüler oder Student einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte, werde nach § 120 Abs. 2 S. 1 SGB III jedoch vermutet, dass er nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben könne. Diese Vermutung sei nur dann widerlegt, wenn der Arbeitslose darlege und nachweise, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulasse. Vorliegend sei in Übereinstimmung mit der Auffassung der Beklagten nicht nachgewiesen, dass der Kläger neben seinem Studium an der KIMS noch eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben könne. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger vor Eintritt der Arbeitslosigkeit in Vollzeit tätig gewesen sei. Verfügbarkeit des Klägers könne deshalb nur bejaht werden, wenn dem Kläger neben seinem Studium eine Vollzeittätigkeit möglich sei. Die für den Kläger in Betracht kommenden Stellen auf dem Arbeitsmarkt seien dem Bereich Management bzw. der Führungsebene zuzuordnen. In diesem Bereich müsse es nach wie vor als unüblich angesehen werden, die Arbeitszeit auf die Wochentage Montag bis Donnerstag zu beschränken und den Freitag aus der möglichen Arbeitszeit herauszunehmen. Falle der Freitag aber als Arbeitstag weg, sei eine Vermittlung des Klägers unter den für eine Managerposition bzw. Führungsposition geltenden Bedingungen nicht denkbar. Das Studium an der KIMS sei zwar grundsätzlich so ausgelegt, dass es berufsbegleitend Qualifizierungsmöglichkeiten im Managementbereich biete. Der Kläger habe das Studium jedoch nicht bei bestehendem Arbeitsverhältnis und in Absprache mit einem Arbeitgeber aufgenommen, sondern sei aus der Arbeitslosigkeit heraus in das Studium gestartet. Insoweit sei es unerheblich, dass das Studium an der KIMS grundsätzlich neben der Ausübung des Berufes absolviert werden könne. Entscheidend sei vielmehr die Einschränkung der Vermittlungsmöglichkeiten der Beklagten durch die Aufnahme des Studiums. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger ab dem 01.03.2003 neben dem Studium eine Vollzeittätigkeit aufgenommen habe. Insoweit könnten die besonderen Möglichkeiten der Arbeitszeitverteilung in einem Universitätsbetrieb nicht mit den üblichen Bedingungen des für den Kläger maßgeblichen Arbeitsmarktes gleichgesetzt werden.
Gegen das dem Kläger am 18.03.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 14.04.2005 eingegangene Berufung. Der Kläger trägt vor, ihm sei neben seinem Studium an der KIMS eine Vollzeitbeschäftigung bzw. Beschäftigung von mehr als 15 Stunden wöchentlich möglich gewesen. Er verweist insoweit erneut auf den Ausbildungsbetrieb in den Abendstunden und am Freitag. Allein die Beschränkung den Freitag betreffend stehe der erforderlichen Verfügbarkeit nicht entgegen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Ausbildung in Abschnitten mit dazwischen liegenden veranstaltungsfreien Zeiten von 1 bis 6 Wochen absolviert worden sei. Die beiden letzten Ausbildungsabschnitte hätten zeitlich variabel eingerichtet werden können. Im Falle einer Vermittlung in eine Beschäftigung hätte er den Abschluss des Studiums mit dem Arbeitgeber zeitlich abstimmen können. Im Hinblick auf den Freitag wäre eine Arbeitsfreistellung oder aber das Anrechnen von Urlaub denkbar gewesen. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass der Arbeitsmarkt immer flexiblere Arbeitszeiten biete. Insgesamt müsse deshalb sein Studium bezogen auf die Verfügbarkeit als unschädlich angesehen werden. Ergänzend legt der Kläger diverse Bewerbungsschreiben aus der Zeit Juli 2002 bis Februar 2003 vor. Auf Nachfrage trägt er klarstellend vor, die Zeit vom 28.07.2002 bis 29.09.2002 habe zwischen zwei Kursterminen gelegen, so dass er in diesem Zeitraum ohne Einschränkung, auch am Freitag, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden habe.
Im Erörterungstermin vom 27.09.2006 ist der Kläger persönlich angehört worden. Er hat u.a. vorgetragen, wenn ihm in der Zeit nach Beginn des Studiums an der KIMS andere Tätigkeiten (z. B. Tätigkeiten als Pförtner, Parkplatzwächter, Datenerfasser oder im Hotel- und Gaststättengewerbe) angeboten worden wären, hätte er derartige Tätigkeiten angenommen. Er habe gegenüber der Beklagten zu keiner Zeit seine Verfügbarkeit eingeschränkt. Auf die Niederschrift vom 27.09.2006 wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 24.02.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26.07.2002 sowie Aufhebung des Bescheides vom 15.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2002 zu verurteilen, ihm auch für die Zeit vom 01.06.2002 bis 30.09.2002 Arbeitslosengeld in gesetzlichem Umfang zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die sozialgerichtliche Entscheidung sowie den angefochtenen Bescheid für zutreffend. Sie trägt ergänzend vor, es reiche nicht aus, wenn nur in Einzel- und Ausnahmefällen Arbeitsverhältnisse mit der dem Kläger möglichen Arbeitszeitverteilung eingegangen würden. Vielmehr seien auf dem Arbeitsmarkt entsprechende Arbeitsverhältnisse in nennenswertem Umfang erforderlich, um von üblichen Bedingungen ausgehen zu können. Hiervon könne für den Bereich der Führungskräfte nicht ausgegangen werden. Die für den Kläger in Betracht kommenden Stellen seien diesem Bereich zuzuordnen. Im Hinblick auf die veranstaltungsfreie Zeit zwischen den Kursterminen sei zu berücksichtigen, dass die Eigenschaft als Schüler oder Student auch während dieser Zeiträume fortbestehe, so dass grundsätzlich die Vermutungswirkung des § 120 Abs. 2 SGB III weiter gelte. Soweit der Kläger im Erörterungstermin auf seine damalige Bereitschaft zur Annahme von Tätigkeiten deutlich unterhalb seiner beruflichen Qualifikation verwiesen habe, komme dieser Erklärung keine Wirkung für die Vergangenheit zu. Eine entsprechende Arbeitsbereitschaft habe der Kläger damals nicht erklärt. Als gewünschte Tätigkeit sei in den Beratungsvermerken "Unternehmensberater" festgehalten. Es finde sich kein Hinweis, dass auch die Bereitschaft zur Aufnahme einer weniger qualifizierten Tätigkeit bestanden habe. Die Beklagte legt insoweit diverse BewA-Vermerke bzw. Computerausdrucke vor. Auf Nachfrage des Gerichts trägt die Beklagte weiter vor, eine Rücksprache mit der Arbeitsvermittlung in der Agentur für Arbeit A-Stadt habe ergeben, dass die Aufnahme einer Tätigkeit auf Helferniveau (unter den dem Kläger möglichen Bedingungen) nicht ausgeschlossen werden könne. Im Hinblick auf die Tätigkeit als Pförtner oder Aufsichtskraft im Reinigungsgewerbe sei zwar eine Arbeitsaufnahme aufgrund des wegfallenden Freitags deutlich erschwert, jedoch nicht ausgeschlossen. Eine Erschwernis ergebe sich auch aus der "Überqualifikation" des Klägers bezogen auf Helfertätigkeiten. Kategorisch auszuschließen sei eine entsprechende Arbeitsaufnahme jedoch nicht. Die Beklagte trägt hierzu weiter vor, ungeachtet dieser Stellungnahme der Arbeitsvermittlung fehle es an einer entsprechenden Arbeitsbereitschaft des Klägers. Dieser habe im Übrigen auch keine Eigenbemühungen im Hinblick auf Tätigkeiten auf Helferniveau nachgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Leistungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.
Die Berufung des Klägers ist auch sachlich begründet. Das Sozialgericht Kassel hat die Klage zu Unrecht durch Urteil vom 24.02.2005 abgewiesen. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 01.06.2002 bis 30.09.2002. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 15.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2002 ist rechtswidrig und war ebenso wie das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben. Der bewilligende Bescheid vom 26.07.2002 war entsprechend zu ändern.
Vorab ist festzustellen, dass die Beklagte mit dem Bescheid vom 15.11.2002 den Bewilligungsbescheid vom 26.07.2002 unzutreffend für die Zeit ab dem 01.06.2002 aufgehoben hat. Insoweit regelt der Bescheid vom 26.07.2002 lediglich eine bis zum 31.05.2002 befristete Bewilligung von Arbeitslosengeld. Streitig ist die Zeit ab dem 01.06.2002. Dementsprechend bedurfte es – auch aus der Sicht der Beklagten – keiner Aufhebung des Bewilligungsbescheides. Die Ausführungen zu § 48 SGB X im Widerspruchsbescheid gehen deshalb fehl.
Der Kläger erfüllt zunächst unstreitig die Voraussetzungen der Arbeitslosmeldung (am 28.03.2002) sowie der Erfüllung der Anwartschaftszeit (§ 117 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 SGB III in der bis 31.12.2004 geltenden Fassung, § 123 SGB III in der Fassung bis 31.12.2003). Für die Zeit vom 01.06.2002 bis 30.09.2002 stand der Kläger zur Überzeugung des Senats auch den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung. Verfügbar und damit arbeitslos ist nur, wer u.a. eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (§§ 118 Abs. 1 Nr. 2, 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III jeweils in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung). Nach § 119 Abs. 2 SGB III (ebenfalls Fassung bis zum 31.12.2004) steht den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist. Arbeitsfähig ist, wer u.a. eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkts ausüben kann und darf (§ 119 Abs. 3 Nr. 1 SGB III in der vorgenannten Fassung).
Nach § 120 Abs. 2 S. 1 SGB III (in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung) wird bei Schülern und Studenten einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte vermutet, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können. Diese Vermutung ist widerlegt, wenn der Schüler oder Student darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt. Entgegen der Auffassung der Beklagten greift die Vermutungsregelung des § 120 SGB III vorliegend nicht ein. Die Vorschrift korrespondiert mit § 27 Abs. 4 S. 1 SGB III. Erfasst ist der dort genannte Personenkreis, d.h. es muss sich um einen Schüler/Studenten handeln, der eine Ausbildung an einer in § 2 Abs. 1 S. 1 Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) genannten Ausbildungsstätte betreibt (vgl. Brand in Niesel, SGB III, 4. Aufl., § 120 Rdnr. 8). Wie sich aus § 2 Abs. 1 S. 3 BAföG ergibt, kommt es auf die Ausbildung an einer öffentlichen Einrichtung an. Von diesem Erfordernis sind ausgenommen nichtstaatliche Hochschulen. Dies gilt jedoch nach § 2 Abs. 2 S. 1 BAföG nur dann, wenn die nichtstaatliche Hochschule von der zuständigen Landesbehörde als gleichwertig anerkannt worden ist (vgl. Gagel, SGB III, Stand: 30. Ergänzungslief. 2007, § 120 Rdnr. 69). Der Kläger hat in der fraglichen Zeit eine Ausbildung an der KIMS betrieben. Es handelt sich hierbei um eine private Hochschule. Träger ist zwar mittlerweile die Universität A-Stadt. Diese betreibt die KIMS jedoch privat in der Rechtsform einer GmbH. Zuvor waren Gesellschafter der GmbH die IHK und verschiedene Unternehmen. Aufgrund der auf der Internetseite des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst gegebenen Informationen erfüllt die KIMS nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 BAföG. Hierüber sind die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung informiert worden. Damit kann im Ergebnis die Vermutungsregelung nicht angewendet werden und es verbleibt bei der Prüfung des § 119 Abs. 3 Nr. 1 SGB III (in der oben genannten Fassung).
Obwohl sich der Wortlaut der Vorschrift auf eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung bezieht, muss im Fall des Klägers – wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat – auf eine Vollzeittätigkeit abgestellt werden. Er war vor Eintritt der Arbeitslosigkeit in Vollzeit beschäftigt und begehrt nach einer Vollzeitbeschäftigung bemessenes Arbeitslosengeld. Es kommt mithin darauf an, ob der Kläger neben dem Studium an der KIMS unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes eine Vollzeittätigkeit ausüben konnte. Dies ist nach Auffassung des Senates zu bejahen. Nach dem Ausbildungsvertrag vom 15.03.2002 hat der Kläger bezogen auf den streitigen Leistungszeitraum 01.06.2002 bis 30.09.2002 folgende Ausbildungsabschnitte absolviert: Term I 27.05.2002 bis 27.07.2002; Unterbrechung 28.07.2002 bis 29.09.2002 und Term II 30.09.2002 bis 14.12.2002. Die Ausbildungsstunden fanden montags bis mittwochs von 18:00 Uhr bis 21:00 Uhr (Online-Tutorien), donnerstags von 18:00 Uhr bis 21:00 Uhr, freitags von 9:00 Uhr bis 19:30 Uhr und samstags von 9:00 Uhr bis 17:30 Uhr jeweils im Rahmen der Präsenz in der Hochschule statt. Die Ausbildungsstunden abends und samstags stehen einer Vollzeitbeschäftigung unter den üblichen Bedingungen unzweifelhaft nicht entgegen. Allein der Ganztagsunterricht am Freitag könnte zu einer anderen Beurteilung führen. Soweit das Sozialgericht darauf abgestellt hat, dass im Bereich Management/Führungsebene die Herausnahme eines vollen Wochentages, hier des Freitags, unüblich sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Hierfür sind folgende Erwägungen bedeutsam: Zunächst ist zu berücksichtigen, dass auf dem Arbeitsmarkt im Hinblick auf die Arbeitszeiten eine deutliche Flexibilisierung eingetreten ist. Dies gilt auch für den Bereich Management/Führungsebene, so dass der Senat davon ausgeht, dass trotz der Herausnahme des Freitags Stellen, die für den Kläger in Betracht kommen, in nennenswertem Umfang auf dem Arbeitsmarkt vorhanden sind und auch bereits in der streitigen Zeit vorhanden waren. Hierbei ist weiter zu berücksichtigen, dass etwaige Arbeitgeber gerade an einem Arbeitnehmer interessiert sein dürften, der zum einen im Bereich Management bzw. auf der Führungsebene eingesetzt werden soll und zum andern in diesem Bereich eine Fortbildung betreibt (hier Master of Business Administration – MBA). Dementsprechend liegt es nahe, dass ein solcher Arbeitgeber die Herausnahme des Freitags – befristet – akzeptieren wird, zumal zwischen den einzelnen Ausbildungsabschnitten Zeiten der Unterbrechung gelegen haben, in denen der Kläger auch freitags für den Arbeitgeber hätte tätig werden können. Bezogen auf die Zeit der Ausbildungsunterbrechung zwischen dem ersten Ausbildungsabschnitt und dem zweiten Ausbildungsabschnitt vom 28.07.2002 bis 29.09.2002 kann ohnehin nicht von einer relevanten Einschränkung der Arbeitszeitverteilung ausgegangen werden. Insoweit ist unstreitig, dass der Kläger keine Unterrichtsverpflichtungen hatte, so dass er in jedem Fall unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes tätig werden konnte. Die Beklagte hat sich hierzu unzutreffend auf die Vermutungswirkung des § 120 Abs. 2 SGB III bezogen und vorgetragen, die Eigenschaft als Schüler oder Student im Sinne dieser Vorschrift bestehe auch während der Ferienzeiten, so dass die Vermutungswirkung auch für diese Zeiten gelte. Die Voraussetzungen des § 120 Abs. 2 SGB III sind jedoch, wie ausgeführt, nicht erfüllt, so dass im Ergebnis Verfügbarkeit des Klägers während der Zeit der Ausbildungsunterbrechung von vornherein nicht verneint werden kann. Ungeachtet des Berufsbereichs Management/Führungsebene ist zu berücksichtigen, dass der Kläger im Erörterungstermin vom 27.09.2006 erklärt hat, er sei seinerzeit bereit gewesen, nicht nur mit der bisherigen Tätigkeit vergleichbare Beschäftigungen auszuüben, sondern auch deutlich weniger qualifizierte Tätigkeiten (Aufsichtstätigkeiten im Reinigungsgewerbe, Pförtnertätigkeit, Parkplatzwächter, Datenerfasser, Tätigkeiten im Hotel- und Gaststättengewerbe). Weiter hat er vorgetragen, dass er der Beklagten gegenüber zu keiner Zeit seine Verfügbarkeit eingeschränkt habe. Gründe, an der Glaubhaftigkeit dieser Angaben zu zweifeln, sind nicht ersichtlich. Soweit die Beklagte dem entgegengehalten hat, die Erklärung der Arbeitsbereitschaft des Klägers im Erörterungstermin habe keine rückwirkende Bedeutung und der Kläger habe sich ihr gegenüber nie für derartige Helfertätigkeiten angeboten, ist zunächst festzustellen, dass nach der Aktenlage der Kläger eine Vermittlung in weniger qualifizierte Tätigkeiten nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat. Allein in dem Beratungsvermerk (Blatt 131 der Gerichtsakte) ist als "gewünschte Tätigkeit" "Unternehmensberater" angegeben. Insoweit ist naheliegend, dass der Kläger in erster Linie die Vermittlung in eine Tätigkeit anstrebte, die seiner beruflichen Qualifikation entsprach. Der Ausschluss von weniger qualifizierten Tätigkeiten ist damit jedoch nicht dokumentiert. Soweit die Beklagte weiter vorgetragen hat, eine entsprechende Arbeitsbereitschaft habe auch auf Nachfrage die damals zuständige Vermittlungsfachkraft nicht bestätigen können, ist dies in der Akte nicht dokumentiert. Etwaige Dokumentationsmängel gehen insoweit zu Lasten der Beklagten. Bezogen auf die genannten weniger qualifizierten Tätigkeiten liegt eine berufskundliche Stellungnahme der Arbeitsagentur A-Stadt (Blatt 153 der Gerichtsakte) vor. Danach könne (unter Berücksichtigung der dem Kläger möglichen Arbeitszeitverteilung) die Aufnahme einer Tätigkeit auf Helferniveau "nicht ausgeschlossen werden". Ausdrücklich sind Tätigkeiten als Pförtner und Aufsichtskraft im Reinigungsgewerbe genannt. Angesichts dieser Angaben hält es der Senat für gerechtfertigt, hieraus auf "übliche Bedingungen" (Stellen in nennenswertem Umfang) zu schließen. Im Ergebnis steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger während des gesamten streitigen Zeitraums vom 01.06.2002 bis 30.09.2002 nicht gehindert war, neben der Ausbildung an der KIMS unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes in Vollzeit tätig zu sein, wobei dies sowohl für den Berufsbereich Management/Führungsebene als auch für die genannten Tätigkeiten auf Helferniveau gilt.
Soweit die Beklagte weiter geltend gemacht hat, der Kläger müsse auch entsprechende Eigenbemühungen nachweisen und ein solcher Nachweis sei nicht erbracht, ergibt sich aus § 119 Abs. 5 S. 1 SGB III in der oben genannten Fassung, dass das Arbeitsamt den Arbeitslosen bei der Arbeitslosmeldung auf seine Verpflichtung nach Abs. 1 Nr. 1 besonders hinzuweisen hat. Weiter regelt § 119 Abs. 5 S. 2 SGB III, dass der Arbeitslose auf Verlangen des Arbeitsamtes seine Eigenbemühungen (nur dann) nachzuweisen hat, wenn er rechtzeitig auf die Nachweispflicht hingewiesen worden ist. Ein solcher Hinweis ist hier nicht erfolgt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 03.12.2007 eingeräumt, Unterlagen bezüglich des Hinweises an den Kläger über seine Verpflichtung nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III würden ihr nicht vorliegen. Auch einen Hinweis nach § 119 Abs. 5 S. 2 SGB III hat sie nicht bestätigt. Damit muss davon ausgegangen werden, dass der Kläger weder auf seine Verpflichtung zu Eigenbemühungen noch auf seine Nachweispflicht im Hinblick auf die Eigenbemühungen hingewiesen worden ist, so dass die Nachweispflicht entfällt. Dessen ungeachtet können hier Eigenbemühungen des Klägers bezogen auf Tätigkeiten, die mit dem bisherigen Berufsbereich vergleichbar sind (Tätigkeiten im unternehmensberatenden Bereich), durch die vorgelegten Kopien von Bewerbungsunterlagen als nachgewiesen angesehen werden, zumal die Beklagte die Existenz dieser Bewerbungen nicht bestritten hat. Der Kläger hat insoweit mit Schriftsatz vom 26.08.2005 seine Bewerbungen aufgelistet. Danach liegen vier Bewerbungen innerhalb des streitigen Leistungszeitraums, wobei die letzte Bewerbung (vom 15.08.2002) eine Stelle als freier Mitarbeiter betraf und deshalb nicht zu berücksichtigen ist. Mit Kopien der Bewerbungsunterlagen sind aber die Bewerbungen vom 10.06.2002 (Firma S., Blatt 83 der Gerichtsakte), vom 23.07.2002 (Firma T., Blatt 84 der Gerichtsakte) und vom 08.08.2002 (IHK A-Stadt, Blatt 85 bis 87 der Gerichtsakte) belegt. Nach alledem hat der Kläger zumindest für den Berufsbereich Management/Führungsebene seine Eigenbemühungen nachgewiesen, wobei wegen des fehlenden Hinweises nach § 119 Abs. 5 S. 2 SGB III eine Nachweispflicht des Klägers bezogen auf alle Berufsbereiche ohnehin nicht besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved