L 8 Kr 725/80

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 9 Kr 13/79
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 Kr 725/80
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Versicherungspflichtig in der Krankenversicherung der Landwirte kann auch derjenige sein, der ein landwirtschaftliches Unternehmen lediglich in der Weise führt, daß er Grünlandaufwuchs mäht und wirbt oder verbrennt. Auf eine Gewinnerzielung kommt es dabei weder objektiv noch subjektiv an.
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 14. Mai 1980 abgeändert und der Bescheid der Beklagten vom 27. Juli 1978 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 1979 mit Wirkung vom 1. August 1979 ab aufgehoben.

II. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat dem Kläger 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten.

Der im Jahre 1933 geborene Kläger war als Unternehmer eines landwirtschaftlichen Betriebs Mitglied der Hessen-Nassauischen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft in K ... Mit Schreiben vom 1. März 1978 wandte sich die Beklagte an den Kläger und nahm darauf Bezug, daß er nach den ihr vorliegenden Unterlagen als Unternehmer geführt werde. Damit gehöre er zu dem Personenkreis, der in die landwirtschaftliche Krankenversicherung aufzunehmen sei und der ihr Pflichtmitglied werde. Zur endgültigen Feststellung seiner Pflichtmitgliedschaft verlangte sie von ihm die Ausfüllung eines Personenstandsbogens. Als der Kläger dem trotz mehrerer Erinnerungen nicht nachkam, erteilte die Beklagte ihm den angefochtenen Bescheid ohne Rechtsbehelfsbelehrung vom 27. Juli 1978, mit dem sie feststellte, daß er als landwirtschaftlicher Unternehmer dem Personenkreis angehöre, für den nach dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) Krankenversicherungspflicht eingetreten sei. Seine Mitgliedschaft bei ihr beginne mit dem 1. August 1978. Entsprechend der landwirtschaftlichen Nutzfläche, die von ihm bei der Hessen-Nassauischen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft gemeldet sei, gehöre er der Beitragsklasse 2 an. Sein Beitrag betrage danach monatlich 138,– DM. Zugleich forderte die Beklagte den Kläger wiederum auf, einen beigefügten Personenstandsbogen auszufüllen. Mit einem am 16. Oktober 1978 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben widersprach dem der Kläger mit der Begründung, er sei seit 8 Jahre bei der Deutschen Bundesbahn beschäftigt und auch dort in der Krankenkasse. Seit einem Jahr er kein Vieh mehr. Als der Kläger auch die unter dem 24. Oktober 1978 gestellten Fragen der Beklagten nicht beantwortete, leitete diese wegen der rückständigen Krankenversicherungsbeiträge am 11. Januar 1979 die Zwangsvollstreckung ein. Daraufhin erklärte der Kläger der Beklagten unter dem 6. Februar 1979, er betreibe keine Landwirtschaft mehr. Rund 1 ha seines Grund und Bodens habe er verpachten können. Für den verbleibenden Rest von weniger als 5 ha habe sich seither kein Pächter gefunden. Alles, was er bezüglich dieses Restes von weniger als 5 ha tue, sei, daß er jedes Jahr das Gras auf diesem Boden abmähe – es handele sich ausschließlich um Wiesengelände –, um zu verhindern, daß die Gemeinde auf seine Kosten das Abmähen vornehme. Im übrigen sei er Bundesbahnbeamter und in der privaten Krankenkasse für Beamte krankenversichert. Es liege also gar kein versicherbares Krankenrisiko mehr vor.

Am 22. Februar 1979 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Gießen (SG) erhoben und beantragt festzustellen, daß er nicht verpflichtet sei, Krankenkassenbeiträge an die Beklagte zu zahlen.

Die Beklagte hat das Verwaltungsvorverfahren nachgeholt und mit Widerspruchsbescheid vom 23. April 1979 den Widerspruchs des Klägers gegen den Mitglieds- und Beitragsbescheid vom 27. Juli 1978 zurückgewiesen. Seine Krankenversicherungspflicht ergebe sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG. Er bewirtschafte ein landwirtschaftliches Unternehmen, das nach den Unterlagen der Hessen-Nassauischen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft 2,56 ha Ackerland und 3,97 ha Grünland, insgesamt also 6,53 ha umfasse. Da in der Gemeinde R. bei einem Gemeindehektarsatz von 760,10 DM eine Existenzgrundlage im Sinne des § 1 Abs. 4 des Gesetzes über die Altershilfe für Landwirte (GAL) bereits bei einer Betriebsgröße von 5,00 ha gegeben sei, bilde sein Unternehmen eine Existenzgrundlage im Sinne des § 1 Abs. 4 GAL.

Das SG hat die Katasterunterlagen der Hessen-Nassauischen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft über das landwirtschaftliche Unternehmen des Klägers beigezogen und mit Urteil vom 14. Mai 1980 die Klage abgewiesen; auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen dieses ihm am 28. Mai 1980 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13. Juni 1980 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Im Berufungsverfahren ist von dem Amt für Landwirtschaft und Landentwicklung in Gießen eine Auskunft und sachverständige Stellungnahme vom 4. Februar 1981 über die landwirtschaftlichen Tätigkeiten des Klägers eingeholt worden. Darin wird mitgeteilt, daß der Kläger zum Stichtag am 1. August 1978 Eigentümer von 2,1176 ha landwirtschaftlich nutzbaren Bodens gewesen sei. Die Bodenqualitäten der Ackerparzellen hätten unter dem Gemarkungsdurchschnitt gelegen, die Grünlandzahlen überträfen den Gemarkungsdurchschnitt. Nach dem landwirtschaftlichen Unternehmerverzeichnis der Gemeinde B. habe der Kläger zum Stichtag zusätzlich zur Eigentumsfläche 3, 42 ha landwirtschaftlich genutzt. Der Kläger besitze einen 40 PS-Schlepper mit Mähwerk, einen Gummiwagen, einen Einschar-Anbaupflug, einen Kreiselzettwender, einen Sternrechwender sowie eine Hochdruckpresse. Die Maschinen, ausgenommen der Schlepper und die Hochdruckpresse, seien weitgehend verbraucht und veraltet. Der Kläger habe angegeben, am 1. August 1978 5,04 ha der Wirtschaftsfläche als Wiesen und 0,5 ha als Acker genutzt zu haben. Nach der Ernte sei auch die restliche Ackerfläche der Grünlandnutzung zugeführt worden. Sechs noch vorhanden gewesene Mastschweine habe er im November 1978 verkauft. Man könne deshalb davon ausgehen, daß die gesamte Wirtschaftsfläche ab Herbst 1978 zur Grünlandnutzung vorgesehen gewesen sei und danach die Tätigkeiten des Klägers nur noch im Mähen und Werben des Grünlandaufwuchses bestanden hätten. Die Grundstücke und Sachen seien landwirtschaftliches Vermögen. Es könnte mit weiteren Bestandteilen einem Betriebszweig eines landwirtschaftlichen Betriebes dienen. Für sich allein stelle dieses Vermögen nicht Grundlage eines Betriebes dar. Damit sei gemeint, daß der Bestand an Wirtschaftsgütern keine gesicherte Fortführung eines Betriebes erlaube. Abzüglich der festen Spezialkosten im Jahr könne der Kläger allenfalls ein jährliches Roheinkommen von 572,80 DM erzielen. Dieses Einkommen erlaube keine Rücklagenbildung. Sie sei jedoch Voraussetzung für die Beständigkeit eines Betriebs, da die fortlaufenden Kostensteigerungen für Produktionsmittel in der Kostenrechnung noch nicht einmal erfaßt seien. Aus der Sicht einer landwirtschaftlichen Fachbehörde seien die Tätigkeiten des Klägers lediglich als Hobby mit landschaftspflegerischer Nebenwirkung einzustufen.

Der Kläger, der zu der Auskunft des Amtes für Landwirtschaft und Landentwicklung nicht Stellung genommen hat, trägt vor, er sei seit mehr als 10 Jahren Bundesbahnbeamter. Seine Landwirtschaft sei eine Nebenerwerbslandwirtschaft. Sie sei im wesentlichen von seiner Ehefrau versorgt worden. Da diese im Jahre 1975 eine Allergie gegen Tierhaare bekommen habe, sei es eine zwangsläufige Folge gewesen, die Landwirtschaft aufzugeben. Das habe er auch getan. Das Land, das er nicht habe verpachten können, sei unbewirtschaftet geblieben. Er habe nur noch das Gras abgemäht oder verbrannt, damit dies nicht von der Gemeinde auf seine Kosten veranlaßt werde. Mit Wirkung vom 1. August 1979 habe er weitere 2,0 ha an seinen Sohn abgegeben. Dazu lege er die Bescheinigung des Bürgermeisters der Gemeinde B. vom 3. Oktober 1979 (Bl. 31 GA) vor.

Der Kläger beantragt, sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 14. Mai 1980 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Juli 1978 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 1979 aufzuheben,
hilfsweise,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 14. Mai 1980 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Juli 1978 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 1979 mit Wirkung vom 1. August 1979 ab aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheid und das Urteil des SG für zutreffend. Die von dem Amt für Landwirtschaft und Landentwicklung getroffenen Feststellungen seien für die Beurteilung der Frage, ob es sich bei dem Unternehmen des Klägers um eine Existenzgrundlage im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG in Verbindung mit § 1 Abs. 4 GAL handele, nicht ausschlaggebend. Entscheidend sei, ob das landwirtschaftliche Unternehmen seiner Größe, der Bonität seiner Grundstücke und der Kulturart nach geeignet sei, die Grundlage für die Existenz einer bäuerlichen Familie zu bilden. Welche Einkünfte der Unternehmer im Einzelfall aus dem landwirtschaftlichen Betrieb erziele und ob diese Einkünfte ausreichten, den Lebensunterhalt einer bäuerlichen Familie zu bestreiten, sei dabei unbeachtlich.

Wegen der übrigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der beigezogenen Katasterakten der Hessen-Nassauischen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft über den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Klägers und seines Prozeßbevollmächtigten im Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden, da letzterer in der ordnungsgemäß erfolgten Landung darauf hingewiesen worden ist (vgl. Peters-Sautter-Wolff, Komm. Zur Sozialgerichtsbarkeit, 32. Nachtrag 1980, Anm. 3 zu § 110 SGG).

Die statthafte Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt und somit zulässig (§§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SG –).

Sie ist jedoch nur zu einem Teil begründet.

Das SG hat insoweit zu Recht die Klage abgewiesen, wie mit ihr die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide von Anfang an bis zum 31. Juli 1979 geltend gemacht wird. Zu diesem Teil sind die angefochtenen Bescheide rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger war jedenfalls vom 1. August 1978 ab bis zum 31. Juli 1979 in der Krankenversicherung der Landwirte bei der Beklagten versichert, weil er zu dem Personenkreis der Unternehmer der Landwirtschaft gehörte, deren Unternehmen, unabhängig vom jeweiligen Unternehmer, eine auf Bodenbewirtschaftung beruhende Existenzgrundlage gemäß § 1 Abs. 4 GAL bildet (§§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 46 Abs. 1 KVLG). Hierzu ist zunächst festzustellen, daß der Kläger am Stichtag (1.8.1978) nach den unangegriffenen Feststellungen des Amtes für Landwirtschaft und Landentwicklung Eigentümer von 2,1176 ha landwirtschaftlicher Nutzflächen war. Darüber hinaus ergibt sich aus den Originalkatasterunterlagen der Hessen-Nassauischen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, daß der Kläger am Stichtag zusätzlich zu den in seinem Eigentum befindlichen landwirtschaftlichen Nutzflächen weitere landwirtschaftliche Nutzflächen bewirtschaftete, so daß sich seine Tätigkeit auf insgesamt 7,53 ha bezog. Die Originalunterlagen belegen die Ausführungen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 22. Oktober 1979, daß die Gesamtfläche vor dem 1. Januar 1977 5,54 ha betrug, daß am 1. Januar 1977 ein Zugang von insgesamt 1,99 ha erfolgte und daß mit Wirkung vom 1. November 1978 ein Abgang von 1,0 ha zu berücksichtigen ist, so daß sich für die Zeit ab 1. November 1978 eine bewirtschaftete Gesamtfläche von 6,53 ha ergab.

Gemäß den Vorschriften des KLVG und des GAL sind die nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens erwiesenen Tätigkeiten des Klägers in bezug auf diese landwirtschaftlichen Nutzflächen als Führung eines landwirtschaftlichen Unternehmens im Rechtssinne zu bewerten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG i.Verb.m. § 1 Abs. 4 GAL). Hierzu ist weiterhin festzustellen, daß nach den unbestrittenen Feststellungen des Amtes für Landwirtschaft und Landentwicklung der Kläger am Stichtag nicht nur landwirtschaftliche Grundstücke und Sachen besaß, die objektiv landwirtschaftliches Vermögen darstellten, sondern daß er auch noch Ackerland bewirtschaftete, Mastschweine besaß und Grünlandnutzung betrieb.

Selbst vom Kläger wird nicht bestritten, daß es sich hierbei nicht nur anhand objektiver Kriterien, sondern auch unter Berücksichtigung seiner individuellen Verhältnisse im landläufigen Sinne um die Führung eines landwirtschaftlichen Unternehmens handelt, das die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. KVLG ohne weiteres erfüllt. Darüber hinaus ergibt sich aber, daß der Kläger auch aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse nach der Ernte im Jahre 1978 und nach der Umwandlung sämtlicher landwirtschaftlichen Nutzflächen in Grünland Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens im Sinne der oben angeführten Vorschriften gewesen ist. Nach den eigenen Angaben des Klägers und den Feststellungen des Amtes für Landwirtschaft und Landentwicklung legt der Senat weiterhin zugrunde, daß der Kläger auf diesen landwirtschaftlichen Nutzflächen planmäßig in der Weise tätig gewesen ist, daß er den Grünlandaufwuchs gemäht und geworben oder verbrannt hat. Er war auch im Besitz der dazu notwendigen Geräte. Aus der Stellungnahme des Amtes für Landwirtschaft und Landentwicklung geht in überzeugender Weise hervor, daß es sich bei diesen Tätigkeiten objektiv nicht um ungeeignete oder um solche Tätigkeiten handelte, die in einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht vorzukommen pflegen, sondern statt dessen um Arbeiten, die Teil der landwirtschaftlichen Nutzung an sich sind. Durch spezifizierte Berechnungen im einzelnen ist dargelegt worden, daß mit dieser Grünlandnutzung ein Roheinkommen von 572,80 DM und ein Reineinkommen von 272,80 DM zu erzielen ist. Erst eine darüber hinausgehende Rentabilitätsberechnung aus betriebswirtschaftlicher Sicht ergibt, daß Rentabilität und Stabilität als die wichtigsten Ziele eines landwirtschaftlichen Unternehmens auf diese sehr eingeschränkte Art der Nutzung im Falle des Klägers nicht zu erreichen sind. Nur unter diesen Gesichtspunkten kann man zu dem Ergebnis kommen, daß die Tätigkeiten des Klägers als Hobby mit landschaftspflegerischer Nebenwirkung einzustufen sind.

Die oben angeführten Rechtsvorschriften zwingen indes zu einer der entgegengesetzten rechtlichen Schlußfolgerung. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 KLVG ist entscheidend, daß ein landwirtschaftliches Unternehmen vorliegt, welches eine auf Bodenbewirtschaftung beruhende Existenzgrundlage gemäß § 1 Abs. 4 GAL bildet. Bodenbewirtschaftung ist nach der in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung seit langem geltenden Begriffsbestimmung der Inbegriff derjenigen landwirtschaftlichen Tätigkeiten von nicht ganz kurzer Dauer, welche der landwirtschaftliche Unternehmer zum Zwecke einer überwiegend planmäßigen Aufzucht von Bodengewächsen für eigene Rechnung aufwendet. Dazu gehören alle Bestellungs-, Pflege- und Abernutungstätigkeiten einschließlich der Bearbeitung und Düngung des Bodens, andere Bodenbewirtschaftungsarbeiten, die Be- und Entwässerung der Grundstücke sowie die Bepflanzung landwirtschaftlicher Grundstücke, die Fortschaffung und die in landwirtschaftlichen Unternehmen übliche Be- und Verarbeitung der Erzeugnisse einschließlich der Verwertung und ihrer Pflege, aber auch die verwaltenden Tätigkeiten (vgl. Noell, Die Altershilfe für Landwirte, 9. Auflage, Stand: August 1978, Seite 110 f.). Die oben dargestellte Gründlandnutzung des Klägers erfüllt objektiv alle diese Merkmale der Bodenbewirtschaftung. Da die Bewirtschaftung auf seine Rechnung geht, ist der Kläger auch landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne der angeführten Rechtsvorschriften. Entscheidend ist aber darüber hinaus, daß das Unternehmen des Klägers, unabhängig von seinen eigenen Verhältnissen, eine auf Bodenbewirtschaftung beruhende Existenzgrundlage gemäß § 1 Abs. 4 GAL bildet. Diese Voraussetzung ist insbesondere dann gegeben, wenn der Einheitswert oder der Arbeitsbedarf des Unternehmens eine von der Alterskasse im Einvernehmen mit dem Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen nach billigem Ermessen aufgrund der örtlichen oder bezirklichen Gegebenheiten festzusetzende Mindesthöhe erreicht. Diese Festsetzung ist erfolgt und geht in der Gemeinde Breitscheid-Rabenscheid bei einem Gemeindehektarsatz von 760,10 DM dahin, daß eine Existenzgrundlage im Sinne des § 1 Abs. 4 GAL bereits bei einer Betriebsgröße von 5,0 ha gegeben ist. Die Existenzgrundlage im Sinne dieser Vorschrift ist ausschließlich nach objektiven Gesichtspunkten festzustellen, das bedeutet "unabhängig von den Verhältnissen des einzelnen Unternehmers”. Es kommt nur darauf an, ob das landwirtschaftliche Unternehmen seiner Größe, der Bonität seiner Grundstücke und seiner Kulturart nach geeignet ist, die Existenzgrundlage für eine bäuerliche Familie zu bilden (– objektive Betrachtungsweise –, dabei ist der Gesetzgeber von den im Jahre 1957 gegebenen Betriebsgrößen ausgegangen, vgl. BSG, Urteil vom 8. März 1977, 11 RLw 2/76). Nicht entscheidend ist dagegen, ob das landwirtschaftliche Unternehmen seiner Größe, Bonität und Kulturart nach für den einzelnen landwirtschaftlichen Unternehmer, der gerade bewirtschaftet, nach seinen persönlichen Verhältnissen eine Existenzgrundlage darstellt (vgl. Noell, a.a.O., Seite 122). Danach kommt es insbesondere nicht darauf an, daß der Kläger es nach seinen eigenen Angaben nicht mehr darauf abstellte, mit der eingeschränkten Führung seines landwirtschaftlichen Unternehmens Gewinn zu erzielen. Die von ihm objektiv durchgeführten Arbeiten mit landwirtschaftlichem Vermögen stellen bereits die Führung eines landwirtschaftlichen Unternehmens im Sinne des Gesetzes dar. Unerheblich sind auch die vom Kläger vorgetragenen Motive ordnungspolizeilicher Art. Der 3. Senat des Hessischen Landessozialgerichts hat in seinem Urteil vom 11. März 1981, L-3/U – 1303/80, z.B. auch dann die Führung eines forstwirtschaftlichen Unternehmens bejaht, wenn der Besitzer seinen Wald brachliegen läßt; es reicht aus, daß das Hessische Forstgesetz den Waldbesitzern im öffentlichen Interesse Pflichten zum Tätigwerden im Wald auferlegt.

Die Klage ist jedoch begründet, soweit sie die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten ab 1. August 1979 verneint. Insoweit hat das SG die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide halten wegen einer späteren Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse insoweit einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Vom 1. August 1979 ab bildete das Unternehmen des Klägers nicht mehr eine auf Bodenbewirtschaftung beruhende Existenzgrundlage im Sinne von § 1 Abs. 4 GAL, weil es die Mindestgröße unterschritt. Hierzu ist anhand der Katasterunterlagen der Hessen-Nassauischen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft festzustellen, daß der Kläger nach der Anzeige von Betriebsänderungen vom 27. September 1979, die vom Bürgermeister der Gemeinde Breitscheid nach Berichtigung der Eintragungen in der Abschrift des Unternehmerverzeichnisses bei der Beklagten eingereicht worden ist, 2 ha an seinen Sohn J. K. mit Wirkung vom 1. August 1979 abgegeben hat. Danach beträgt die gesamte vom Kläger bewirtschaftete Fläche nur noch 4,53 ha. Sie unterschreitet damit die für die Gemeinde B.-R. festgesetzte Mindestgröße. Es entbehrt jeder Grundlage, wenn das SG dazu ausführt, der Kläger habe dies nicht in ausreichender Weise nachgewiesen. Die Anzeige von Betriebsänderungen vom 27. September 1979 befindet sich ordnungsgemäß bei den Unterlagen der Beklagten. Sie ist vom Bürgermeister der Gemeinde B. bestätigt worden; eine entsprechende Bescheinigung des Bürgermeisters vom 3. Oktober 1979 hat der Kläger auch zu den Gerichtsakten eingereicht. Diese Urkunden haben dieselbe Qualität wie die übrigen Unterlagen der Katasterakten der Hessen-Nassauischen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, die die Beklagte und der Senat zu den oben angeführten Feststellungen der maßgebenden Gesamtfläche der bewirtschafteten Grundstücke zugrunde gelegt haben.

Daraus ergibt sich, daß der Kläger für die Zeit ab 1. August 1979 wegen Unterschreitung der von der Landwirtschaftlichen Alterskasse festgesetzten Mindestgröße seines landwirtschaftlichen Unternehmens nicht mehr die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KLVG für die Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten erfüllt. Von diesem Tage ab ist deshalb seine Mitgliedschaft bei der Beklagten beendet gewesen (vgl. Noell, Die Krankenversicherung der Landwirte, Stand: 1.10.1972, S. 103).

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision aus § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved