Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 5 Ar 227/85
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 Ar 430/87
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Wiederbesetzung eines freigemachten oder durch Umsetzung freigewordenen Vollzeitarbeitsplatzes mit einer Teilzeitarbeitskraft entspricht jedenfalls dann nicht den Anforderungen der Zuschußregelung nach dem VRG, wenn durch die Wiederbesetzung insgesamt nicht eine Wiedereinstellung im vergleichbaren zeitlichen Umfang im Verhältnis zur Beschäftigung des ausgeschiedenen Arbeitnehmers erreicht wird.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 11. Februar 1987 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Zuschuß zum Vorruhestandsgeld gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a des Vorruhestandsgesetzes (VRG) im Streit.
Die Klägerin beantragte zunächst mit formlosem Schreiben am 13. Februar 1985 bei der Beklagten einen Zuschuß zum Vorruhestandsgeld für den am 31. Dezember 1984 ausgeschiedenen Arbeitnehmer F. B., geboren am 1924. Der Arbeitsplatz wurde am 1. März 1985 mit der beim Arbeitsamt F. arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmerin G. P. besetzt. In dem Formantrag vom 27. Februar 1985 wies die Klägerin darauf hin, daß die Arbeitnehmerin P. als Teilzeitkraft mit einer regelmäßigen betrieblichen wöchentlichen Arbeitszeit von zwanzig Stunden eingestellt werde. Sie habe allgemeine Büroarbeiten, wie Schreibarbeiten, Ablage und Telefondienst auszuführen. Eine Vollzeitkraft werde nicht mehr benötigt, da die Buchhaltung ab dem 1. Januar 1985 von einem Steuerbüro in F. geführt werde. Der ausgeschiedene Arbeitnehmer B. verrichtete bei der Klägerin unter anderem die Tätigkeiten Bilanzbuchhaltung, Lohnbuchhaltung, Schreibarbeiten, Ablage und Telefondienst. Er war vierzig Stunden wöchentlich beschäftigt.
Mit Bescheid vom 22. März 1985 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschußes zu den Aufwendungen für Vorruhestandsleistungen vom 27. Februar 1985 für den Arbeitnehmer F. B. ab. Sie vertrat in ihrem Bescheid die Auffassung, daß diese Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 VRG nur dann erfüllt seien, wenn der Arbeitgeber aus Anlaß der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter anderem einen beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer auf dem frei gewordenen Arbeitsplatz beschäftige. Hierbei sei maßgebend, daß der Arbeitsplatz sowohl vom Inhalt als auch vom zeitlichen Umfang her erhalten bleibe. Da die Arbeitnehmerin P. jedoch nur zwanzig Stunden wöchentlich beschäftigt sei und im übrigen ein Großteil des Aufgabenbereichs des ausgeschiedenen Arbeitnehmers B. auf ein Steuerbüro übertragen worden sei, würden die Voraussetzungen des § 2 VRG nicht vorliegen. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. In diesem Widerspruch beschrieb die Klägerin den Arbeitsplatz des ausgeschiedenen Arbeitnehmers B. wie folgt: Zwar werde die Buchhaltung nun mehr von einem Steuerberater erledigt, die Vorarbeiten würden jedoch von Frau P. durchgeführt. Das Rechnungswesen selbst sei auch nicht mehr Aufgabe von Herrn B. gewesen. Was die Lohnbuchhaltung betreffe, müßte auch hier Frau P. die Vorarbeiten leisten; dies sei bei Herrn B. auch nicht anders gewesen, da die Lohnbuchhaltung schon seit 1984 an das Baurechenzentrum vergeben worden sei. Im übrigen seien die Arbeiten des Arbeitnehmers B. auch vom zeitlichen Aufwand her von Frau P. übernommen worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 1985 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Die Beklagte vertrat darin weiterhin die Auffassung, daß auch der zeitliche Umfang des frei gewordenen Arbeitsplatzes durch die Neubesetzung erhalten bleiben müsse. Zudem hätten sich auch inhaltliche Verschiebungen hinsichtlich des Arbeitsplatzes ergeben, so daß die Voraussetzungen für einen Zuschuß nicht gegeben seien.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 1. Juli 1985 vor dem Sozialgericht in Kassel Klage erhoben. Sie hat in der Klagebegründung unter anderem die Auffassung vertreten, daß es für Teilzeitbeschäftigte im VRG keine besondere Regelung gebe, so daß die Reduzierung des zeitlichen Aufwandes auf diesem Arbeitsplatz keine Rolle für die Gewährung von Zuschüssen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 VRG spielen könne. Zudem zeige die Tatsache, daß zum Teil bereits Tarifverträge über eine Vollzeitbeschäftigung für eine 35-Stundenwoche abgeschlossen worden seien, daß die Auffassung der Beklagten nicht rechtens sein könne, daß in solchen Fällen bei Nichteinhaltung der 40-Stundenwoche nach Auffassung der Beklagten die Zuschußvoraussetzungen nicht vorliegen würden.
Mit Urteil vom 11. Februar 1987 hat das Sozialgericht Kassel dem Begehren der Klägerin stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 22. März 1985 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 1985 mit der Maßgabe aufgehoben, daß die Beklagte verurteilt wurde, der Klägerin am 1. März 1985 einen Zuschuß zu den Vorruhestandsleistungen für den ausgeschiedenen Arbeitnehmer F. B. in gesetzlichem Umfange zu zahlen. Das Sozialgericht hat die Auffassung vertreten, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung des Zuschusses erfüllt seien. § 2 Abs. 1 Nr. 5 a VRG verpflichte in diesem Falle die Beklagte zur Zahlung eines Zuschusses. Es handele sich um denselben Arbeitsplatz, wobei es nicht entscheidend sei, daß die neu eingestellte Arbeitnehmerin wirklich zwanzig Stunden wöchentlich arbeite, während der ausgeschiedene Arbeitnehmer vierzig Stunden gearbeitet habe. Im übrigen entspreche die Zuschußzahlung in diesem Falle auch dem Sinn und Zweck des VRG. Dieser bestehe darin, den Arbeitsmarkt zu entlasten, indem z.B. durch Wiederbesetzung des freigewordenen Arbeitsplatzes mit einem arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer vorhandene Arbeitslosigkeit abgebaut werde. Der Entlastungseffekt trete aber bereits dann ein, wenn der freigewordene Arbeitsplatz auch mit einer Teilzeitkraft besetzt werde, sofern es sich nur um eine beitragspflichtige Tätigkeit handle. Die Auffassung der Beklagten, daß der freigemachte Arbeitsplatz zwar mit Teilzeitkräften wiederbesetzt werden könnte, diese aber insgesamt im gleichen zeitliche Umfang wie der ausgeschiedene Arbeitnehmer beschäftigt werden müßten, entspreche zwar der Interpretation des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung im Gesetzgebungsverfahren, widerspreche aber letztlich der Zielsetzung des Gesetzes.
Gegen das am 23. März 1987 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 16. April 1987. Sie begründet die Berufungseinlegung damit, daß gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 a VRG das Tatbestandsmerkmal "auf dem freigemachten Arbeitsplatz” nur den Schluß zulasse, daß der freigemachte Arbeitsplatz mit dem wiederbesetzten Arbeitsplatz nahezu identisch sein müsse und zwar sowohl was die Qualität als auch die Quantität betreffe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 11. Februar 1987 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt wie bereits in erster Instanz die gegenteilige Rechtsauffassung. Es sei nicht entscheidend, ob eine Teilzeit- oder Vollzeitkraft eingestellt werde. Dies müsse schon deshalb gelten, weil in der Firma der Klägerin gar kein Bedarf für eine Vollzeitkraft mehr vorhanden sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und statthaft (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 11. Februar 1987 ist nicht rechtsfehlerfrei ergangen und war daher aufzuheben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind hingegen zu Recht ergangen. Die Beklagte hat in diesen Bescheiden rechtsfehlerfrei einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines Zuschußes gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5 a Vorruhestandsgesetz (VRG) verneint.
Gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5 a VRG setzt der Anspruch auf den Zuschuß voraus, daß der Arbeitgeber aus Anlaß der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer auf dem freigemachten Arbeitsplatz beschäftigt. In Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der Beklagten geht der Senat davon aus, daß das Tatbestandsmerkmal "auf dem freigemachten Arbeitsplatz” im vorliegenden Fall mit der Besetzung der Arbeitnehmerin P. auf dem Arbeitsplatz des ausgeschiedenen Arbeitnehmers F. B. nicht erfüllt ist. Wie sich aus der Beschreibung des Arbeitsplatzes durch die Klägerin ergibt, war zwar Frau P. im wesentlichen mit einem Aufgabenbereich beschäftigt, der auch von dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer B. vertreten wurde; Frau P. hatte jedoch nur einen Teilbereich dieses Aufgabenbereiches zu betreuen und zwar als Teilzeitkraft. Schon die Tatsache, daß Frau P. als Teilzeitkraft eingestellt wurde und der ausgeschiedene Arbeitnehmer B. vollbeschäftigt war, läßt Zweifel an der Identität des Arbeitsplatzes wie es das Gesetz in § 2 Abs. 2 Nr. 5 a VRG fordert, entstehen. Bei der Frage der Identität des freigemachten Arbeitsplatzes kommt es sowohl auf den zeitlichen Umfang als auch auf den Inhalt des Aufgabenbereiches selbst an. Sicherlich ist in Übereinstimmung mit allen Beteiligten davon auszugehen, daß der freigemachte Arbeitsplatz auch mit Teilzeitkräften besetzt werden kann (hierzu Durchführungsanweisung (DA) der Beklagten 2.15.14). Voraussetzung hierfür ist in jedem Falle, daß diese Teilzeitbeschäftigung beitragspflichtig im Vergleich zur vorherigen (Teilzeit) Beschäftigung bleibt. Eine Reduzierung der Arbeitszeit der neuen Arbeitnehmerin muß dazu führen, daß nicht mehr vom gleichen Arbeitsplatz gesprochen werden kann. Zwar ist einzuräumen, wie das Sozialgericht Kassel ausgeführt hat, daß ein arbeitsmarktpolitischer Effekt auch dann eintritt, wenn eine freigemachte Stelle, die zuvor einen Arbeitnehmer vollbeschäftigte, nunmehr nur noch von einer Teilzeitkraft zum Teil besetzt ist. Es kann jedoch nicht Ziel des Vorruhestandsgesetzes sein, eine Rationalisierung in den Betrieben durch Zuschüsse zu subventionieren. Dieser Effekt tritt jedoch dann ein, wenn durch Rationalisierung Teilbereiche des bisherigen Arbeitsplatzes außer Haus gegeben werden und nur noch Restbestände des Aufgabenbereiches nunmehr von einer Teilzeitkraft wahrgenommen werden, wie dies im vorliegenden Fall gegeben ist.
Nach Auffassung des Senats muß daher der freigemachte Arbeitsplatz mit dem wiederbesetzten Arbeitsplatz hinsichtlich der Qualität und der Quantität, also in den zeitlichen als auch inhaltlichen Funktionen und Aufgabenbereichen zumindest annähernd identisch sein, und sei es im Wege der – zulässigen – Umsetzung. Dies ist dann nicht mehr der Fall, wenn ein erheblicher Teil des Aufgabenbereiches nicht mehr in die Zuständigkeit des Arbeitsplatzbesetzers fällt. Sinn und Zweck des Vorruhestandsgesetzes machen es erforderlich, die freigewordene Stelle auch in zeitlicher Hinsicht in vergleichbarem Umfange wieder zu besetzen. Wenn aus Rationalisierungsgründen kein Bedarf mehr für einen vollen Arbeitsplatz innerhalb des Betriebes besteht, so kann sicherlich dieser Arbeitsplatz mit einer Teilzeitkraft besetzt werden, darf jedoch für sich allein keinen Zuschuß nach dem Vorruhestandsgesetz ermöglichen. Anders wäre die Fallgestaltung zu beurteilen, daß ein Vollzeitarbeitsplatz durch zwei Teilzeitarbeitsplätze wiederbesetzt wird, ggf. i.S. der sog. Umsetzung; dieser Tatbestand liegt jedoch gerade nicht vor. Der erkennende Senat schließt sich damit der Auffassung des LSG Baden-Württemberg im Ergebnis an (Urteil vom 10. Februar 1988 – L-3/Ar-2553/86).
Nach alledem war der Berufung der Beklagten stattzugeben und die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat zugelassen, da er diesem Rechtsstreit gemäß § 160 Abs. 2 SGG grundsätzliche Bedeutung beimißt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Zuschuß zum Vorruhestandsgeld gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a des Vorruhestandsgesetzes (VRG) im Streit.
Die Klägerin beantragte zunächst mit formlosem Schreiben am 13. Februar 1985 bei der Beklagten einen Zuschuß zum Vorruhestandsgeld für den am 31. Dezember 1984 ausgeschiedenen Arbeitnehmer F. B., geboren am 1924. Der Arbeitsplatz wurde am 1. März 1985 mit der beim Arbeitsamt F. arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmerin G. P. besetzt. In dem Formantrag vom 27. Februar 1985 wies die Klägerin darauf hin, daß die Arbeitnehmerin P. als Teilzeitkraft mit einer regelmäßigen betrieblichen wöchentlichen Arbeitszeit von zwanzig Stunden eingestellt werde. Sie habe allgemeine Büroarbeiten, wie Schreibarbeiten, Ablage und Telefondienst auszuführen. Eine Vollzeitkraft werde nicht mehr benötigt, da die Buchhaltung ab dem 1. Januar 1985 von einem Steuerbüro in F. geführt werde. Der ausgeschiedene Arbeitnehmer B. verrichtete bei der Klägerin unter anderem die Tätigkeiten Bilanzbuchhaltung, Lohnbuchhaltung, Schreibarbeiten, Ablage und Telefondienst. Er war vierzig Stunden wöchentlich beschäftigt.
Mit Bescheid vom 22. März 1985 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschußes zu den Aufwendungen für Vorruhestandsleistungen vom 27. Februar 1985 für den Arbeitnehmer F. B. ab. Sie vertrat in ihrem Bescheid die Auffassung, daß diese Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 VRG nur dann erfüllt seien, wenn der Arbeitgeber aus Anlaß der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter anderem einen beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer auf dem frei gewordenen Arbeitsplatz beschäftige. Hierbei sei maßgebend, daß der Arbeitsplatz sowohl vom Inhalt als auch vom zeitlichen Umfang her erhalten bleibe. Da die Arbeitnehmerin P. jedoch nur zwanzig Stunden wöchentlich beschäftigt sei und im übrigen ein Großteil des Aufgabenbereichs des ausgeschiedenen Arbeitnehmers B. auf ein Steuerbüro übertragen worden sei, würden die Voraussetzungen des § 2 VRG nicht vorliegen. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. In diesem Widerspruch beschrieb die Klägerin den Arbeitsplatz des ausgeschiedenen Arbeitnehmers B. wie folgt: Zwar werde die Buchhaltung nun mehr von einem Steuerberater erledigt, die Vorarbeiten würden jedoch von Frau P. durchgeführt. Das Rechnungswesen selbst sei auch nicht mehr Aufgabe von Herrn B. gewesen. Was die Lohnbuchhaltung betreffe, müßte auch hier Frau P. die Vorarbeiten leisten; dies sei bei Herrn B. auch nicht anders gewesen, da die Lohnbuchhaltung schon seit 1984 an das Baurechenzentrum vergeben worden sei. Im übrigen seien die Arbeiten des Arbeitnehmers B. auch vom zeitlichen Aufwand her von Frau P. übernommen worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 1985 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Die Beklagte vertrat darin weiterhin die Auffassung, daß auch der zeitliche Umfang des frei gewordenen Arbeitsplatzes durch die Neubesetzung erhalten bleiben müsse. Zudem hätten sich auch inhaltliche Verschiebungen hinsichtlich des Arbeitsplatzes ergeben, so daß die Voraussetzungen für einen Zuschuß nicht gegeben seien.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 1. Juli 1985 vor dem Sozialgericht in Kassel Klage erhoben. Sie hat in der Klagebegründung unter anderem die Auffassung vertreten, daß es für Teilzeitbeschäftigte im VRG keine besondere Regelung gebe, so daß die Reduzierung des zeitlichen Aufwandes auf diesem Arbeitsplatz keine Rolle für die Gewährung von Zuschüssen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 VRG spielen könne. Zudem zeige die Tatsache, daß zum Teil bereits Tarifverträge über eine Vollzeitbeschäftigung für eine 35-Stundenwoche abgeschlossen worden seien, daß die Auffassung der Beklagten nicht rechtens sein könne, daß in solchen Fällen bei Nichteinhaltung der 40-Stundenwoche nach Auffassung der Beklagten die Zuschußvoraussetzungen nicht vorliegen würden.
Mit Urteil vom 11. Februar 1987 hat das Sozialgericht Kassel dem Begehren der Klägerin stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 22. März 1985 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 1985 mit der Maßgabe aufgehoben, daß die Beklagte verurteilt wurde, der Klägerin am 1. März 1985 einen Zuschuß zu den Vorruhestandsleistungen für den ausgeschiedenen Arbeitnehmer F. B. in gesetzlichem Umfange zu zahlen. Das Sozialgericht hat die Auffassung vertreten, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung des Zuschusses erfüllt seien. § 2 Abs. 1 Nr. 5 a VRG verpflichte in diesem Falle die Beklagte zur Zahlung eines Zuschusses. Es handele sich um denselben Arbeitsplatz, wobei es nicht entscheidend sei, daß die neu eingestellte Arbeitnehmerin wirklich zwanzig Stunden wöchentlich arbeite, während der ausgeschiedene Arbeitnehmer vierzig Stunden gearbeitet habe. Im übrigen entspreche die Zuschußzahlung in diesem Falle auch dem Sinn und Zweck des VRG. Dieser bestehe darin, den Arbeitsmarkt zu entlasten, indem z.B. durch Wiederbesetzung des freigewordenen Arbeitsplatzes mit einem arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer vorhandene Arbeitslosigkeit abgebaut werde. Der Entlastungseffekt trete aber bereits dann ein, wenn der freigewordene Arbeitsplatz auch mit einer Teilzeitkraft besetzt werde, sofern es sich nur um eine beitragspflichtige Tätigkeit handle. Die Auffassung der Beklagten, daß der freigemachte Arbeitsplatz zwar mit Teilzeitkräften wiederbesetzt werden könnte, diese aber insgesamt im gleichen zeitliche Umfang wie der ausgeschiedene Arbeitnehmer beschäftigt werden müßten, entspreche zwar der Interpretation des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung im Gesetzgebungsverfahren, widerspreche aber letztlich der Zielsetzung des Gesetzes.
Gegen das am 23. März 1987 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 16. April 1987. Sie begründet die Berufungseinlegung damit, daß gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 a VRG das Tatbestandsmerkmal "auf dem freigemachten Arbeitsplatz” nur den Schluß zulasse, daß der freigemachte Arbeitsplatz mit dem wiederbesetzten Arbeitsplatz nahezu identisch sein müsse und zwar sowohl was die Qualität als auch die Quantität betreffe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 11. Februar 1987 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt wie bereits in erster Instanz die gegenteilige Rechtsauffassung. Es sei nicht entscheidend, ob eine Teilzeit- oder Vollzeitkraft eingestellt werde. Dies müsse schon deshalb gelten, weil in der Firma der Klägerin gar kein Bedarf für eine Vollzeitkraft mehr vorhanden sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und statthaft (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 11. Februar 1987 ist nicht rechtsfehlerfrei ergangen und war daher aufzuheben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind hingegen zu Recht ergangen. Die Beklagte hat in diesen Bescheiden rechtsfehlerfrei einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines Zuschußes gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5 a Vorruhestandsgesetz (VRG) verneint.
Gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5 a VRG setzt der Anspruch auf den Zuschuß voraus, daß der Arbeitgeber aus Anlaß der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer auf dem freigemachten Arbeitsplatz beschäftigt. In Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der Beklagten geht der Senat davon aus, daß das Tatbestandsmerkmal "auf dem freigemachten Arbeitsplatz” im vorliegenden Fall mit der Besetzung der Arbeitnehmerin P. auf dem Arbeitsplatz des ausgeschiedenen Arbeitnehmers F. B. nicht erfüllt ist. Wie sich aus der Beschreibung des Arbeitsplatzes durch die Klägerin ergibt, war zwar Frau P. im wesentlichen mit einem Aufgabenbereich beschäftigt, der auch von dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer B. vertreten wurde; Frau P. hatte jedoch nur einen Teilbereich dieses Aufgabenbereiches zu betreuen und zwar als Teilzeitkraft. Schon die Tatsache, daß Frau P. als Teilzeitkraft eingestellt wurde und der ausgeschiedene Arbeitnehmer B. vollbeschäftigt war, läßt Zweifel an der Identität des Arbeitsplatzes wie es das Gesetz in § 2 Abs. 2 Nr. 5 a VRG fordert, entstehen. Bei der Frage der Identität des freigemachten Arbeitsplatzes kommt es sowohl auf den zeitlichen Umfang als auch auf den Inhalt des Aufgabenbereiches selbst an. Sicherlich ist in Übereinstimmung mit allen Beteiligten davon auszugehen, daß der freigemachte Arbeitsplatz auch mit Teilzeitkräften besetzt werden kann (hierzu Durchführungsanweisung (DA) der Beklagten 2.15.14). Voraussetzung hierfür ist in jedem Falle, daß diese Teilzeitbeschäftigung beitragspflichtig im Vergleich zur vorherigen (Teilzeit) Beschäftigung bleibt. Eine Reduzierung der Arbeitszeit der neuen Arbeitnehmerin muß dazu führen, daß nicht mehr vom gleichen Arbeitsplatz gesprochen werden kann. Zwar ist einzuräumen, wie das Sozialgericht Kassel ausgeführt hat, daß ein arbeitsmarktpolitischer Effekt auch dann eintritt, wenn eine freigemachte Stelle, die zuvor einen Arbeitnehmer vollbeschäftigte, nunmehr nur noch von einer Teilzeitkraft zum Teil besetzt ist. Es kann jedoch nicht Ziel des Vorruhestandsgesetzes sein, eine Rationalisierung in den Betrieben durch Zuschüsse zu subventionieren. Dieser Effekt tritt jedoch dann ein, wenn durch Rationalisierung Teilbereiche des bisherigen Arbeitsplatzes außer Haus gegeben werden und nur noch Restbestände des Aufgabenbereiches nunmehr von einer Teilzeitkraft wahrgenommen werden, wie dies im vorliegenden Fall gegeben ist.
Nach Auffassung des Senats muß daher der freigemachte Arbeitsplatz mit dem wiederbesetzten Arbeitsplatz hinsichtlich der Qualität und der Quantität, also in den zeitlichen als auch inhaltlichen Funktionen und Aufgabenbereichen zumindest annähernd identisch sein, und sei es im Wege der – zulässigen – Umsetzung. Dies ist dann nicht mehr der Fall, wenn ein erheblicher Teil des Aufgabenbereiches nicht mehr in die Zuständigkeit des Arbeitsplatzbesetzers fällt. Sinn und Zweck des Vorruhestandsgesetzes machen es erforderlich, die freigewordene Stelle auch in zeitlicher Hinsicht in vergleichbarem Umfange wieder zu besetzen. Wenn aus Rationalisierungsgründen kein Bedarf mehr für einen vollen Arbeitsplatz innerhalb des Betriebes besteht, so kann sicherlich dieser Arbeitsplatz mit einer Teilzeitkraft besetzt werden, darf jedoch für sich allein keinen Zuschuß nach dem Vorruhestandsgesetz ermöglichen. Anders wäre die Fallgestaltung zu beurteilen, daß ein Vollzeitarbeitsplatz durch zwei Teilzeitarbeitsplätze wiederbesetzt wird, ggf. i.S. der sog. Umsetzung; dieser Tatbestand liegt jedoch gerade nicht vor. Der erkennende Senat schließt sich damit der Auffassung des LSG Baden-Württemberg im Ergebnis an (Urteil vom 10. Februar 1988 – L-3/Ar-2553/86).
Nach alledem war der Berufung der Beklagten stattzugeben und die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat zugelassen, da er diesem Rechtsstreit gemäß § 160 Abs. 2 SGG grundsätzliche Bedeutung beimißt.
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