Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 1 SB 88/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SB 61/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 SB 1/12 R
Datum
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 8. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Erstattung des vom Kläger entrichteten Betrages für die Wertmarke zur unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis 30. April 2012 in Höhe von 60 EUR.
Bei dem 1945 geborenen Kläger waren zuletzt mit Bescheid vom 6. Juli 2005 ab 28. Dezember 2004 ein Grad der Behinderung (GdB) von 90 festgestellt und ihm die Merkzeichen G und B zuerkannt worden. Außerdem bezieht er aufgrund von Wehrdienstbeschädigungen eine Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) seit 1. Februar 2005 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) - jetzt Grad der Schädigung (GdS) - von 70 (Bescheid vom 6. Juni 2005). Überdies wurde ihm Kraftfahrzeughilfe nach § 27 d Abs. 1 Nr. 3 BVG der in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung zur Kriegsopferfürsorge (KFürsV) und dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) gewährt. Mit Bescheid vom 9. Januar 2010 bewilligte ihm der Landeswohlfahrtsverband Hessen für die Zeit vom 1. Februar 2010 des 31. Januar 2011 Kraftfahrzeughilfe (50 EUR) einschließlich der Beiträge zur Kfz-Versicherung (19,01 EUR) in Höhe von monatlich 69,01 EUR.
Am 15. Februar 2010 hatte der Kläger erstmals die Ausgabe einer Wertmarke für die unentgeltliche Beförderung im Personenverkehr beantragt, ohne dafür den grundsätzlich nach § 145 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) zu zahlenden Betrag von 60 EUR pro Jahr entrichten zu müssen, sowie die Rückzahlung der gezahlten Beträge für die Jahre 2004 bis 2009. Der Beklagte hatte den Antrag mit Bescheid vom 18. Februar 2010 mit der Begründung abgelehnt, dass der Kläger nicht unter die Besitzschutzregelung des § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 SGB IX falle, da er die dafür notwendigen Voraussetzungen zum Stichtag 1. Oktober 1979 nicht erfülle.
Am 22. Februar 2010 beantragte der Kläger erneut die Ausgabe einer kostenfreien Wertmarke mit der Begründung, er beziehe Leistungen nach § 27d BVG und habe nach § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX Anspruch auf die Wertmarke ohne Entrichtung von 60 EUR.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24. Februar 2010 ab. Zur Begründung führte er aus, die unentgeltliche Wertmarke stünde nur Personen zu, die laufende Leistungen für den Lebensunterhalt nach § 27d Bundesversorgungsgesetz erhielten. Die gewährte Kraftfahrzeughilfe zähle zu den Hilfen in besonderen Lebenslagen und sei keine laufende Leistung zum Lebensunterhalt.
Den hiergegen am 3. März 2010 eingelegten Widerspruch wies der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2010 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 30. April 2010 Klage beim Sozialgericht Marburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX missverständlich sei. Sowohl § 27d BVG als auch § 28 KFürsV gewährten Hilfen in besonderen Lebenslagen, so dass die Bezugnahme auf § 27d BVG wegen des missglückten Wortlauts "laufende Leistungen" ins Leere laufe. Die ihm gewährte Kraftfahrzeughilfe müsse als laufende Leistung im Sinne des § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX angesehen werden. Dies werde auch durch eine vergleichende Betrachtung mit den Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) und Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII) belegt. Auch diese würden - wie die Kraftfahrzeughilfe - nur für einen bestimmten Zeitraum bewilligt und seien als laufende Leistungen anzusehen. Diese Auslegung werde durch § 6 des Rundfunkgebühren-Staatsvertrages untermauert. Dort sei als Befreiungstatbestand der Bezug von Leistungen nach § 27d BVG ohne die weitere Voraussetzung der laufenden Leistung genannt. Auch die Historie spreche für seine Rechtsauffassung: Schon unter Geltung des § 59 des Schwerbehindertengesetzes sei überwiegend von einem Redaktionsversehen ausgegangen worden.
Der Landeswohlfahrtsverband hat dem Kläger mit Bescheid vom 3. November 2010 Kraftfahrzeughilfe für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 31. Januar 2012 (50 EUR) einschließlich der Beiträge zur Kfz-Versicherung (24,45 EUR) in Höhe von monatlich 74,45 EUR bewilligt.
Am 6. April 2011 hat der Beklagte dem Kläger eine für den Zeitraum vom 1. Mai 2011 bis 30. April 2012 gültige Wertmarke gegen Entrichtung von 60 EUR ausgegeben. Der Kläger hat seinen Klageantrag auf Erstattung des entsprechenden Betrages für die Wertmarke umgestellt. Er hat einen Bescheid des Hessischen Rundfunks vom 18. November 2010 zu den Akten gereicht, wonach er vom 1. Februar 2011 bis 31. Januar 2012 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Rundfunkgebühren-Staatsvertrag (RGEbStV) von der Rundfunkgebührenpflicht befreit wurde.
Mit Urteil vom 8. Juni 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Ausgabe einer kostenlosen Wertmarke für die unentgeltliche Nutzung des öffentlichen Personenverkehrs und daher auch keinen Anspruch auf Erstattung des entrichteten Betrages in Höhe von 60 EUR. Zu dem berechtigten Personenkreis gehörten gemäß § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX schwerbehinderte Menschen, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch oder für den Lebensunterhalt laufende Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des Zwölften Buches, dem Achten Buch oder den §§ 27a und 27 d BVG erhielten. Der Kläger falle nicht unter diesen Tatbestand. Er beziehe Kraftfahrzeughilfe als Hilfe in besonderen Lebenslagen im Rahmen der Kriegsopferfürsorge. Die Befreiung von der Entrichtung des Betrages trete nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Gesetzes nur ein, wenn laufende Leistungen zum Lebensunterhalt gewährt würden. Die Kraftfahrzeughilfe als Eingliederungshilfe diene nicht der Sicherung des Lebensunterhalts, sondern allein der Eingliederung des behinderten Menschen in die Gesellschaft. Sie werde in Form einer Pauschal-Beihilfe einkommens- und vermögensunabhängig gewährt, habe also keinen unterhaltssichernden Charakter im Unterschied zu den übrigen in § 145 Abs. 1 Satz 5 SGB IX genannten Leistungen. Lediglich der ergänzend geleistete Beitrag zur Kfz-Versicherung sei von einer vorhergehenden Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse abhängig. Aber auch dieser Zufluss diene nur dem Ziel der Eingliederung von behinderten Menschen. Der Kläger decke seinen Lebensunterhalt aus der Beschädigtenrente nach dem BVG und sei nicht auf zusätzliche Unterstützungsleistungen des Staates angewiesen. Die Befreiung sei hingegen für Bezieher von unterhaltssichernden Leistungen vorgesehen, bei denen bereits festgestellt worden sei, dass der notwendige Lebensunterhalt ohne fremde Hilfe nicht gedeckt sei (Urteil des BSG vom 13. Dezember 1994, 9 RVs 7/93). Auch der Hinweis des Klägers auf § 6 RGEbStV gehe fehl. Auch wenn er von der Rundfunkgebührenpflicht befreit worden sei, spreche der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 RGEbStV davon, dass "Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt ( ...) nach den §§ 27a und 27d BVG" auf Antrag von der Rundfunkgebührenpflicht befreit würden. Demnach stelle sich auch dort die Frage, ob die nach § 27d BVG bezogenen Leistungen dem Lebensunterhalt dienten, was zu verneinen sei. Entgegen der Auffassung des Klägers gehe die Verweisung in § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX auf § 27d BVG nicht ins Leere, da es durchaus Leistungen nach § 27d BVG gebe, die dem Lebensunterhalt dienten: Beispiel hierfür sei die Hilfe zum Aufbau oder zur Sicherung der Lebensgrundlage nach § 27d Abs. 1 Nr. 1 BVG in Verbindung mit § 28a KFürsV, die nur dann gezahlt werde, wenn die ausreichende wirtschaftliche Lebensgrundlage fehle oder gefährdet sei oder sonst ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt gezahlt werden müsste. Auch die Gewährung von Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach § 27d Abs. 1 Nr. 3 BVG könne beispielsweise bei einer Heimunterbringung die Gewährung von Leistungen für den Lebensunterhalt beinhalten. Das SG hat die Berufung zugelassen. Gegen das ihm am 22. Juni 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. Juni 2011 (Eingang bei SG Marburg) Berufung zum Hessischen Landessozialgericht (HLSG) eingelegt. Er hält die Auffassung des SG für unzutreffend. Nach dem Wortlaut des § 145 SGB IX handele es sich bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts um solche nach dem SGB II. In seinem Fall komme es allein darauf an, ob er für den Lebensunterhalt laufende Leistungen nach § 27d BVG erhalte, also keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Sowohl § 27d BVG als auch §§ 28ff KFürsV gewährten ausdrücklich Hilfen in besonderen Lebenslagen. Durch § 27d Abs. 3 BVG werde nochmals klargestellt, dass Hilfen in besonderen Lebenslagen nach dem SGB XII gemeint seien und keine laufenden Leistungen wie nach SGB XII Drittes und Viertes Kapitel. So regele § 53 SGB XII in Verbindung mit der Verordnung § 8 (§ 60 SGB XII), unter welchen Voraussetzungen Eingliederungshilfe als Hilfe in besonderen Lebenslagen gewährt werde. Außerdem nehme der Wortlaut des § 145 SGB X keinen der Tatbestände des § 27d Nr. 1-5 BVG aus, was klar dafür spreche, dass alle Hilfen im Sinne von § 27d BVG als laufende Hilfen erfasst seien. Der Gesetzgeber habe mit der Regelung anerkannt, dass schwerbehinderte Menschen einen laufenden Mehrbedarf hätten, um am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und dass bei gehbehinderten Menschen die unentgeltliche Nutzung des öffentlichen Transportweges nicht ausreiche. Dass die jährliche Kfz-Hilfe ohne Einkommensprüfung gewährt werde, unterstreiche nur, dass das Gesetz generell einen zusätzlichen fortlaufenden Bedarf bei dem Kläger unter Verzicht auf eine Einzelfallprüfung sehe. Der Hinweis des SG auf §§ 28a KFürsV, 27d Nr. 1 BVG als Beleg dafür, dass § 145 SGB IX nicht leer laufe, sondern hierin ein Beispiel für laufende Leistungen zum Lebensunterhalt zu sehen sei, gehe fehl. § 28a KFüsV sei keine Rechtsgrundlage für laufende Leistungen, sondern nur für vorübergehende mit bestimmter Zielsetzung. Auch sei nicht verständlich, dass der Kläger unter den gleichen Voraussetzungen von der Rundfunkgebührenpflicht befreit sei. Auch hier gelte die Regelung, dass Empfänger von Beihilfen nach § 27d BVG keine Gebühren zahlen müssten, weitere Einschränkungen fehlten. Es könne nicht sein, dass Befreiungstatbestände, die auf derselben gesetzlichen Grundlage beruhten, im Bereich des öffentlichen Rechts ganz unterschiedlich gehandhabt würden. Andernfalls könnte Art. 3 Grundgesetz (GG) betroffen sein.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des SG vom 8. Juni 2011 sowie den Bescheid vom 24. Februar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger den gezahlten Betrag für die Wertmarke für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis 30. April 2012 in Höhe von 60,00 EUR zu erstatten,
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil sowie die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.
Der Senat hat die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter angehört.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts und Verwaltungsakten, der Gegenstand der Beratung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zuvor gehört worden (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Berufung ist aufgrund der Zulassung durch das SG (§ 144 Abs. 2 und 3 SGG) zulässig, sie ist jedoch unbegründet.
Das Urteil des SG vom 8. Juni 2011 sowie der Bescheid vom 24. Februar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung des für die Wertmarke für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis 30. April 2012 bereits entrichteten Betrags in Höhe von 60 EUR.
Der geltend gemachte Erstattungsanspruch ist schon deshalb nicht gegeben, weil der Kläger keinen Anspruch auf kostenfreie Ausgabe der Wertmarke zur unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr hat. Gemäß § 145 Abs. 1 SGB IX werden schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder Gehörlosen, von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 SGB IX im Nahverkehr unentgeltlich befördert. Voraussetzung ist, dass der Ausweis mit einer gültigen Wertmarke versehen ist. Diese wird gegen Entrichtung eines Betrages von 60 EUR für ein Jahr oder 30 EUR für ein halbes Jahr ausgegeben. Nach der Ausnahmeregelung des §§ 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX, auf die sich der Kläger vorliegend stützt, wird eine für ein Jahr gültige Wertmarke auf Antrag kostenlos an schwerbehinderte Menschen ausgegeben, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch oder für den Lebensunterhalt laufende Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des Zwölften Buches, dem Achten Buch oder den §§ 27a und 27d BVG erhalten.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Kläger gehört zwar insoweit dem Kreis der berechtigten Personen im Sinne des § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX an, als ihm das Merkzeichen G zuerkannt wurde. Er erfüllt jedoch weder die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX noch der anderen Ausnahmetatbestände (§ 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX Nr. 1 und 3).
Zur Überzeugung des erkennenden Senats steht fest, dass es sich bei der vom Kläger bezogenen Kraftfahrzeughilfe nicht um laufende Leistungen für den Lebensunterhalt im Sinne des § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB X handelt, sondern um Leistungen, die allein der Eingliederung des behinderten Menschen in die Gesellschaft dienen. Entsprechendes gilt für den Beitrag zur Kfz-Versicherung, auch wenn dieser von einer vorhergehenden Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse abhängig ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründe des SG gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Ergänzend ist auszuführen, dass entgegen der in der Berufungsbegründung geäußerten Auffassung des Klägers § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX nicht ohne Einschränkungen auf die in §§ 27a und 27d BVG aufgeführten Leistungen verweist. Bereits nach dem Wortlaut des § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX muss es sich bei den außerhalb des Zweiten Buches aufgeführten Leistungen um "für den Lebensunterhalt laufende Leistungen" handeln, für §§ 27a und 27d BVG gilt insoweit keine Ausnahme. Dies entspricht auch Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung. § 145 SGB IX dient der Förderung der Mobilität schwerbehinderter Menschen durch Teilnahme am öffentlichen Personenverkehr: Durch unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr erlangt der schwerbehinderte Mensch, dessen Behinderung seine Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr einschränkt, einen erleichterten Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln. Das Ziel, die Mobilität schwerbehinderter Menschen zu fördern, wird jedoch bereits durch die Unentgeltlichkeit der Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mithin durch § 145 Abs. 1 Sätze 1 bis 2 SGB IX erreicht. Die Kostenbeteiligung nach Satz 3 dient lediglich dazu, die finanziellen Belastungen der öffentlichen Hand zur Erstattung der Ausfälle nach § 145 Abs. 3 in Verbindung mit §§ 148 bis 150 SGB IX einzudämmen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 2008, B 9/9a SB 11/06 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 28 m.w.N.). Der Anspruch auf die Ausgabe kostenloser Wertmarken nach § 145 Abs. 1 S. 5 Nr. 1-3 SGB IX steht zur Freifahrtberechtigung unter Zahlung einer Eigenbeteiligung systematisch in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis: Das Gesetz sieht als Regelfall die Ausgabe der Wertmarken nur gegen Eigenbeteiligung vor. Nur noch einem begrenzten Personenkreis sollte seit der Einführung der Kostenbeteiligung durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 das Privileg unentgeltlicher Beförderung ohne Eigenbeteiligung nach der damals geltenden Vorschrift des § 57 SchwbG zugute kommen. Die übrigen Freifahrtberechtigten sollten sich an den Kosten der Vergünstigung beteiligen. Damit wollte der Gesetzgeber eine Entwicklung im Vergünstigungswesen für schwerbehinderte Menschen aufhalten, die zu finanziell untragbaren Auswirkungen für die öffentlichen Haushalte geführt hatte (vgl. BSG, a. a. O., Juris Rn. 29).
Der Kläger unterscheidet sich von dem durch § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX erfassten Personenkreis dadurch, dass er seinen Lebensbedarf durch eigenes Einkommen durch die Beschädigtenrente nach dem BVG decken kann. Personen, die über Einkommen verfügen, das ihren individuellen sozialhilferechtlichen Bedarf deckt, haben keinen Anspruch auf laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII und in der Folge auch keinen Anspruch auf die kostenfreie Ausstellung der Wertmarken nach § 145 Abs. 1 SGB IX. Dies ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BSG a. a. O. Juris Rn. 33 m. w. N.). Entsprechendes muss für Bezieher laufender Leistungen nach §§ 27a und 27d BVG gelten, die über Einkommen verfügen, das ihren individuellen sozialhilferechtlichen Bedarf deckt. Die Begünstigung des in § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX genannten Personenkreises ist deshalb geboten, weil die in Betracht kommenden Personen mangels finanzieller Mittel ohnehin auf die finanzielle Hilfe der öffentlichen Hand angewiesen sind (vgl. BSG, Urteil vom 8. Oktober 1987 - 9a RVs 6/87 - SozR 3870 § 57 Nr. 1 Satz 2). Weil im Rahmen des § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX nur lebensunterhaltssichernde laufende Leistungen von Bedeutung sind, erfasst die Bezugnahme auf § 27 d BVG entsprechend der Situation bei der sozialhilferechtlichen Hilfe in besonderen Lebenslagen auch nur derartige Leistungen (so zutreffend Schorn in Müller-Wenner/Schorn, SGB IX Teil 2 Schwerbehindertenrecht Rn. 30 zu § 145 SGB IX). Unter lebensunterhaltssicherndene laufende Leistungen lassen sich Leistungen der Eingliederungshilfe in der Regel nicht subsumieren (vgl. Schorn in Müller-Wenner/Schorn, a. a. O., Rn. 28 zu § 145). Bei der vom Kläger bezogenen Kraftfahrzeughilfe handelt es sich nicht um lebensunterhaltssichernde Leistungen.
Soweit sich der Kläger auf seine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht beruft, hatte der Senat nicht über die Auslegung des § 6 Abs. 1 Satz 1 RGEbStV zu entscheiden. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Zusammenhang mit der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht lässt sich unter Berufung auf Art. 3 GG nicht herleiten, da es sich um verschiedene Sachverhalte handelt. Ob die dort formulierten Tatbestandsvoraussetzungen, wonach "Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt.nach den § 27a und 27 d BVG" auf Antrag von der Rundfunkgebührenpflicht befreit werden, in vergleichbarer Weise auszulegen wären, konnte der Senat daher offen lassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Erstattung des vom Kläger entrichteten Betrages für die Wertmarke zur unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis 30. April 2012 in Höhe von 60 EUR.
Bei dem 1945 geborenen Kläger waren zuletzt mit Bescheid vom 6. Juli 2005 ab 28. Dezember 2004 ein Grad der Behinderung (GdB) von 90 festgestellt und ihm die Merkzeichen G und B zuerkannt worden. Außerdem bezieht er aufgrund von Wehrdienstbeschädigungen eine Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) seit 1. Februar 2005 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) - jetzt Grad der Schädigung (GdS) - von 70 (Bescheid vom 6. Juni 2005). Überdies wurde ihm Kraftfahrzeughilfe nach § 27 d Abs. 1 Nr. 3 BVG der in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung zur Kriegsopferfürsorge (KFürsV) und dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) gewährt. Mit Bescheid vom 9. Januar 2010 bewilligte ihm der Landeswohlfahrtsverband Hessen für die Zeit vom 1. Februar 2010 des 31. Januar 2011 Kraftfahrzeughilfe (50 EUR) einschließlich der Beiträge zur Kfz-Versicherung (19,01 EUR) in Höhe von monatlich 69,01 EUR.
Am 15. Februar 2010 hatte der Kläger erstmals die Ausgabe einer Wertmarke für die unentgeltliche Beförderung im Personenverkehr beantragt, ohne dafür den grundsätzlich nach § 145 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) zu zahlenden Betrag von 60 EUR pro Jahr entrichten zu müssen, sowie die Rückzahlung der gezahlten Beträge für die Jahre 2004 bis 2009. Der Beklagte hatte den Antrag mit Bescheid vom 18. Februar 2010 mit der Begründung abgelehnt, dass der Kläger nicht unter die Besitzschutzregelung des § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 SGB IX falle, da er die dafür notwendigen Voraussetzungen zum Stichtag 1. Oktober 1979 nicht erfülle.
Am 22. Februar 2010 beantragte der Kläger erneut die Ausgabe einer kostenfreien Wertmarke mit der Begründung, er beziehe Leistungen nach § 27d BVG und habe nach § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX Anspruch auf die Wertmarke ohne Entrichtung von 60 EUR.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24. Februar 2010 ab. Zur Begründung führte er aus, die unentgeltliche Wertmarke stünde nur Personen zu, die laufende Leistungen für den Lebensunterhalt nach § 27d Bundesversorgungsgesetz erhielten. Die gewährte Kraftfahrzeughilfe zähle zu den Hilfen in besonderen Lebenslagen und sei keine laufende Leistung zum Lebensunterhalt.
Den hiergegen am 3. März 2010 eingelegten Widerspruch wies der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2010 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 30. April 2010 Klage beim Sozialgericht Marburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX missverständlich sei. Sowohl § 27d BVG als auch § 28 KFürsV gewährten Hilfen in besonderen Lebenslagen, so dass die Bezugnahme auf § 27d BVG wegen des missglückten Wortlauts "laufende Leistungen" ins Leere laufe. Die ihm gewährte Kraftfahrzeughilfe müsse als laufende Leistung im Sinne des § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX angesehen werden. Dies werde auch durch eine vergleichende Betrachtung mit den Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) und Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII) belegt. Auch diese würden - wie die Kraftfahrzeughilfe - nur für einen bestimmten Zeitraum bewilligt und seien als laufende Leistungen anzusehen. Diese Auslegung werde durch § 6 des Rundfunkgebühren-Staatsvertrages untermauert. Dort sei als Befreiungstatbestand der Bezug von Leistungen nach § 27d BVG ohne die weitere Voraussetzung der laufenden Leistung genannt. Auch die Historie spreche für seine Rechtsauffassung: Schon unter Geltung des § 59 des Schwerbehindertengesetzes sei überwiegend von einem Redaktionsversehen ausgegangen worden.
Der Landeswohlfahrtsverband hat dem Kläger mit Bescheid vom 3. November 2010 Kraftfahrzeughilfe für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 31. Januar 2012 (50 EUR) einschließlich der Beiträge zur Kfz-Versicherung (24,45 EUR) in Höhe von monatlich 74,45 EUR bewilligt.
Am 6. April 2011 hat der Beklagte dem Kläger eine für den Zeitraum vom 1. Mai 2011 bis 30. April 2012 gültige Wertmarke gegen Entrichtung von 60 EUR ausgegeben. Der Kläger hat seinen Klageantrag auf Erstattung des entsprechenden Betrages für die Wertmarke umgestellt. Er hat einen Bescheid des Hessischen Rundfunks vom 18. November 2010 zu den Akten gereicht, wonach er vom 1. Februar 2011 bis 31. Januar 2012 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Rundfunkgebühren-Staatsvertrag (RGEbStV) von der Rundfunkgebührenpflicht befreit wurde.
Mit Urteil vom 8. Juni 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Ausgabe einer kostenlosen Wertmarke für die unentgeltliche Nutzung des öffentlichen Personenverkehrs und daher auch keinen Anspruch auf Erstattung des entrichteten Betrages in Höhe von 60 EUR. Zu dem berechtigten Personenkreis gehörten gemäß § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX schwerbehinderte Menschen, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch oder für den Lebensunterhalt laufende Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des Zwölften Buches, dem Achten Buch oder den §§ 27a und 27 d BVG erhielten. Der Kläger falle nicht unter diesen Tatbestand. Er beziehe Kraftfahrzeughilfe als Hilfe in besonderen Lebenslagen im Rahmen der Kriegsopferfürsorge. Die Befreiung von der Entrichtung des Betrages trete nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Gesetzes nur ein, wenn laufende Leistungen zum Lebensunterhalt gewährt würden. Die Kraftfahrzeughilfe als Eingliederungshilfe diene nicht der Sicherung des Lebensunterhalts, sondern allein der Eingliederung des behinderten Menschen in die Gesellschaft. Sie werde in Form einer Pauschal-Beihilfe einkommens- und vermögensunabhängig gewährt, habe also keinen unterhaltssichernden Charakter im Unterschied zu den übrigen in § 145 Abs. 1 Satz 5 SGB IX genannten Leistungen. Lediglich der ergänzend geleistete Beitrag zur Kfz-Versicherung sei von einer vorhergehenden Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse abhängig. Aber auch dieser Zufluss diene nur dem Ziel der Eingliederung von behinderten Menschen. Der Kläger decke seinen Lebensunterhalt aus der Beschädigtenrente nach dem BVG und sei nicht auf zusätzliche Unterstützungsleistungen des Staates angewiesen. Die Befreiung sei hingegen für Bezieher von unterhaltssichernden Leistungen vorgesehen, bei denen bereits festgestellt worden sei, dass der notwendige Lebensunterhalt ohne fremde Hilfe nicht gedeckt sei (Urteil des BSG vom 13. Dezember 1994, 9 RVs 7/93). Auch der Hinweis des Klägers auf § 6 RGEbStV gehe fehl. Auch wenn er von der Rundfunkgebührenpflicht befreit worden sei, spreche der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 RGEbStV davon, dass "Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt ( ...) nach den §§ 27a und 27d BVG" auf Antrag von der Rundfunkgebührenpflicht befreit würden. Demnach stelle sich auch dort die Frage, ob die nach § 27d BVG bezogenen Leistungen dem Lebensunterhalt dienten, was zu verneinen sei. Entgegen der Auffassung des Klägers gehe die Verweisung in § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX auf § 27d BVG nicht ins Leere, da es durchaus Leistungen nach § 27d BVG gebe, die dem Lebensunterhalt dienten: Beispiel hierfür sei die Hilfe zum Aufbau oder zur Sicherung der Lebensgrundlage nach § 27d Abs. 1 Nr. 1 BVG in Verbindung mit § 28a KFürsV, die nur dann gezahlt werde, wenn die ausreichende wirtschaftliche Lebensgrundlage fehle oder gefährdet sei oder sonst ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt gezahlt werden müsste. Auch die Gewährung von Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach § 27d Abs. 1 Nr. 3 BVG könne beispielsweise bei einer Heimunterbringung die Gewährung von Leistungen für den Lebensunterhalt beinhalten. Das SG hat die Berufung zugelassen. Gegen das ihm am 22. Juni 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. Juni 2011 (Eingang bei SG Marburg) Berufung zum Hessischen Landessozialgericht (HLSG) eingelegt. Er hält die Auffassung des SG für unzutreffend. Nach dem Wortlaut des § 145 SGB IX handele es sich bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts um solche nach dem SGB II. In seinem Fall komme es allein darauf an, ob er für den Lebensunterhalt laufende Leistungen nach § 27d BVG erhalte, also keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Sowohl § 27d BVG als auch §§ 28ff KFürsV gewährten ausdrücklich Hilfen in besonderen Lebenslagen. Durch § 27d Abs. 3 BVG werde nochmals klargestellt, dass Hilfen in besonderen Lebenslagen nach dem SGB XII gemeint seien und keine laufenden Leistungen wie nach SGB XII Drittes und Viertes Kapitel. So regele § 53 SGB XII in Verbindung mit der Verordnung § 8 (§ 60 SGB XII), unter welchen Voraussetzungen Eingliederungshilfe als Hilfe in besonderen Lebenslagen gewährt werde. Außerdem nehme der Wortlaut des § 145 SGB X keinen der Tatbestände des § 27d Nr. 1-5 BVG aus, was klar dafür spreche, dass alle Hilfen im Sinne von § 27d BVG als laufende Hilfen erfasst seien. Der Gesetzgeber habe mit der Regelung anerkannt, dass schwerbehinderte Menschen einen laufenden Mehrbedarf hätten, um am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und dass bei gehbehinderten Menschen die unentgeltliche Nutzung des öffentlichen Transportweges nicht ausreiche. Dass die jährliche Kfz-Hilfe ohne Einkommensprüfung gewährt werde, unterstreiche nur, dass das Gesetz generell einen zusätzlichen fortlaufenden Bedarf bei dem Kläger unter Verzicht auf eine Einzelfallprüfung sehe. Der Hinweis des SG auf §§ 28a KFürsV, 27d Nr. 1 BVG als Beleg dafür, dass § 145 SGB IX nicht leer laufe, sondern hierin ein Beispiel für laufende Leistungen zum Lebensunterhalt zu sehen sei, gehe fehl. § 28a KFüsV sei keine Rechtsgrundlage für laufende Leistungen, sondern nur für vorübergehende mit bestimmter Zielsetzung. Auch sei nicht verständlich, dass der Kläger unter den gleichen Voraussetzungen von der Rundfunkgebührenpflicht befreit sei. Auch hier gelte die Regelung, dass Empfänger von Beihilfen nach § 27d BVG keine Gebühren zahlen müssten, weitere Einschränkungen fehlten. Es könne nicht sein, dass Befreiungstatbestände, die auf derselben gesetzlichen Grundlage beruhten, im Bereich des öffentlichen Rechts ganz unterschiedlich gehandhabt würden. Andernfalls könnte Art. 3 Grundgesetz (GG) betroffen sein.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des SG vom 8. Juni 2011 sowie den Bescheid vom 24. Februar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger den gezahlten Betrag für die Wertmarke für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis 30. April 2012 in Höhe von 60,00 EUR zu erstatten,
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil sowie die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.
Der Senat hat die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter angehört.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts und Verwaltungsakten, der Gegenstand der Beratung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zuvor gehört worden (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Berufung ist aufgrund der Zulassung durch das SG (§ 144 Abs. 2 und 3 SGG) zulässig, sie ist jedoch unbegründet.
Das Urteil des SG vom 8. Juni 2011 sowie der Bescheid vom 24. Februar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung des für die Wertmarke für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis 30. April 2012 bereits entrichteten Betrags in Höhe von 60 EUR.
Der geltend gemachte Erstattungsanspruch ist schon deshalb nicht gegeben, weil der Kläger keinen Anspruch auf kostenfreie Ausgabe der Wertmarke zur unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr hat. Gemäß § 145 Abs. 1 SGB IX werden schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder Gehörlosen, von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 SGB IX im Nahverkehr unentgeltlich befördert. Voraussetzung ist, dass der Ausweis mit einer gültigen Wertmarke versehen ist. Diese wird gegen Entrichtung eines Betrages von 60 EUR für ein Jahr oder 30 EUR für ein halbes Jahr ausgegeben. Nach der Ausnahmeregelung des §§ 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX, auf die sich der Kläger vorliegend stützt, wird eine für ein Jahr gültige Wertmarke auf Antrag kostenlos an schwerbehinderte Menschen ausgegeben, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch oder für den Lebensunterhalt laufende Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des Zwölften Buches, dem Achten Buch oder den §§ 27a und 27d BVG erhalten.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Kläger gehört zwar insoweit dem Kreis der berechtigten Personen im Sinne des § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX an, als ihm das Merkzeichen G zuerkannt wurde. Er erfüllt jedoch weder die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX noch der anderen Ausnahmetatbestände (§ 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX Nr. 1 und 3).
Zur Überzeugung des erkennenden Senats steht fest, dass es sich bei der vom Kläger bezogenen Kraftfahrzeughilfe nicht um laufende Leistungen für den Lebensunterhalt im Sinne des § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB X handelt, sondern um Leistungen, die allein der Eingliederung des behinderten Menschen in die Gesellschaft dienen. Entsprechendes gilt für den Beitrag zur Kfz-Versicherung, auch wenn dieser von einer vorhergehenden Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse abhängig ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründe des SG gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Ergänzend ist auszuführen, dass entgegen der in der Berufungsbegründung geäußerten Auffassung des Klägers § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX nicht ohne Einschränkungen auf die in §§ 27a und 27d BVG aufgeführten Leistungen verweist. Bereits nach dem Wortlaut des § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX muss es sich bei den außerhalb des Zweiten Buches aufgeführten Leistungen um "für den Lebensunterhalt laufende Leistungen" handeln, für §§ 27a und 27d BVG gilt insoweit keine Ausnahme. Dies entspricht auch Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung. § 145 SGB IX dient der Förderung der Mobilität schwerbehinderter Menschen durch Teilnahme am öffentlichen Personenverkehr: Durch unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr erlangt der schwerbehinderte Mensch, dessen Behinderung seine Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr einschränkt, einen erleichterten Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln. Das Ziel, die Mobilität schwerbehinderter Menschen zu fördern, wird jedoch bereits durch die Unentgeltlichkeit der Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mithin durch § 145 Abs. 1 Sätze 1 bis 2 SGB IX erreicht. Die Kostenbeteiligung nach Satz 3 dient lediglich dazu, die finanziellen Belastungen der öffentlichen Hand zur Erstattung der Ausfälle nach § 145 Abs. 3 in Verbindung mit §§ 148 bis 150 SGB IX einzudämmen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 2008, B 9/9a SB 11/06 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 28 m.w.N.). Der Anspruch auf die Ausgabe kostenloser Wertmarken nach § 145 Abs. 1 S. 5 Nr. 1-3 SGB IX steht zur Freifahrtberechtigung unter Zahlung einer Eigenbeteiligung systematisch in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis: Das Gesetz sieht als Regelfall die Ausgabe der Wertmarken nur gegen Eigenbeteiligung vor. Nur noch einem begrenzten Personenkreis sollte seit der Einführung der Kostenbeteiligung durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 das Privileg unentgeltlicher Beförderung ohne Eigenbeteiligung nach der damals geltenden Vorschrift des § 57 SchwbG zugute kommen. Die übrigen Freifahrtberechtigten sollten sich an den Kosten der Vergünstigung beteiligen. Damit wollte der Gesetzgeber eine Entwicklung im Vergünstigungswesen für schwerbehinderte Menschen aufhalten, die zu finanziell untragbaren Auswirkungen für die öffentlichen Haushalte geführt hatte (vgl. BSG, a. a. O., Juris Rn. 29).
Der Kläger unterscheidet sich von dem durch § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX erfassten Personenkreis dadurch, dass er seinen Lebensbedarf durch eigenes Einkommen durch die Beschädigtenrente nach dem BVG decken kann. Personen, die über Einkommen verfügen, das ihren individuellen sozialhilferechtlichen Bedarf deckt, haben keinen Anspruch auf laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII und in der Folge auch keinen Anspruch auf die kostenfreie Ausstellung der Wertmarken nach § 145 Abs. 1 SGB IX. Dies ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BSG a. a. O. Juris Rn. 33 m. w. N.). Entsprechendes muss für Bezieher laufender Leistungen nach §§ 27a und 27d BVG gelten, die über Einkommen verfügen, das ihren individuellen sozialhilferechtlichen Bedarf deckt. Die Begünstigung des in § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX genannten Personenkreises ist deshalb geboten, weil die in Betracht kommenden Personen mangels finanzieller Mittel ohnehin auf die finanzielle Hilfe der öffentlichen Hand angewiesen sind (vgl. BSG, Urteil vom 8. Oktober 1987 - 9a RVs 6/87 - SozR 3870 § 57 Nr. 1 Satz 2). Weil im Rahmen des § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX nur lebensunterhaltssichernde laufende Leistungen von Bedeutung sind, erfasst die Bezugnahme auf § 27 d BVG entsprechend der Situation bei der sozialhilferechtlichen Hilfe in besonderen Lebenslagen auch nur derartige Leistungen (so zutreffend Schorn in Müller-Wenner/Schorn, SGB IX Teil 2 Schwerbehindertenrecht Rn. 30 zu § 145 SGB IX). Unter lebensunterhaltssicherndene laufende Leistungen lassen sich Leistungen der Eingliederungshilfe in der Regel nicht subsumieren (vgl. Schorn in Müller-Wenner/Schorn, a. a. O., Rn. 28 zu § 145). Bei der vom Kläger bezogenen Kraftfahrzeughilfe handelt es sich nicht um lebensunterhaltssichernde Leistungen.
Soweit sich der Kläger auf seine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht beruft, hatte der Senat nicht über die Auslegung des § 6 Abs. 1 Satz 1 RGEbStV zu entscheiden. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Zusammenhang mit der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht lässt sich unter Berufung auf Art. 3 GG nicht herleiten, da es sich um verschiedene Sachverhalte handelt. Ob die dort formulierten Tatbestandsvoraussetzungen, wonach "Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt.nach den § 27a und 27 d BVG" auf Antrag von der Rundfunkgebührenpflicht befreit werden, in vergleichbarer Weise auszulegen wären, konnte der Senat daher offen lassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
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