Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 1 KR 89/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 27/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 14.12.2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch des Klägers auf eine plastische Operation zur Korrektur einer im Januar 2005 durchgeführten subkutanen Mastektomie beidseits streitig.
Der Kläger, geboren 1982, ist bei der Beklagten krankenversichert. Er leidet an Transsexualismus (Frau-zu-Mann). Auf dieser Grundlage wurde u. a. im Januar 2005 im St. Josef Hospital Troisdorf eine subkutane Mastektomie beidseits zu Lasten der Beklagten durchgeführt.
Im November 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine operative Hautmantelkorrektur der Brust unter Vorlage einer Bescheinigung von Dr. D. (St. Josef Hospital Troisdorf). Danach sei die Hautmantelkorrektur beidseits medizinisch indiziert.
Die Beklagte veranlasste eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen (MDK), die Dr. med. E. (Arzt für Chirurgie) am 02.03.2007 nach körperlicher Untersuchung des Klägers erstellte. Danach ergab die körperliche Untersuchung folgendes: Insgesamt imponiere der Kläger männlich. Die Wundverhältnisse nach subkutaner Mastektomie beidseits seien reizlos. Diskrete Brustdrüsenreste stellten sich palpatorisch links wie rechts mit einer gewissen Präelektion links dar. Eine Asymmetrie liege nicht vor. Wesentliche überschüssige Hautareale lägen weder im Bereich der rechten noch der linken Brust vor. Es bestünde kein Hinweis auf floride Hauterkrankungen. Zusammenfassend kam Dr. med. E. zu dem Ergebnis, dass der vorgesehenen operative Korrektur ein deutlich höherer kosmetischen Nutzen als eine medizinische Notwendigkeit beizumessen sei. Eine Empfehlung zur Kostenübernahme könne nicht gegeben werden.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 08.03.2007 gestützt auf diese Stellungnahme des MDK ab.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und legte zur Begründung eine Stellungnahme von Dr. med. F. (Arzt für Psychotherapeutische Medizin, Psychoanalyse) vom 05.05.2008 vor. Danach sei das gegenwärtige Ergebnis der subkutanen Mastektomie beidseits für den Kläger nicht ausreichend, um sein männliches Körperbild zu integrieren. Es bestünden für ihn deutliche Hinweise auf die entfernte weibliche Brust. Es werde dringend zur Kostenübernahme der beantragten Maßnahme geraten, um die befriedigende Entwicklung des Klägers durch den noch bestehenden Leidensdruck nicht zu gefährden.
Die Beklagte veranlasste dazu die Stellungnahme des MDK, die Dr. med. E. am 01.11.2007 nach Aktenlage erstellte. Darin kam dieser zu dem Ergebnis, dass auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme von Dr. med. F. vom 05.05.2007 eine Kostenübernahme der beantragten Operation nicht empfohlen werden könne. Wesentliche funktionelle Beeinträchtigungen beschreibe Dr. med. F. nicht. Bei der körperlichen Untersuchung des Klägers seien nur diskrete Brustdrüsenreste tastbar gewesen. Aus somatischer Sicht sei der vorgesehenen Operation mehr ein kosmetischer als ein medizinischer Nutzen beizumessen. Psychische Alterationen (vermindertes Selbstwertgefühl) sei mit den Mitteln der Psychotherapie und nicht der Chirurgie zu behandeln.
Dem begegnete der Kläger mit Vorlage einer erneuten Stellungnahme von Dr. med. F. vom 08.12.2007. Danach könne bei Transsexuellen eine rein somatische Sicht nicht eingenommen werden. Jede geschlechtsumwandelnde Operation sei kein rein somatischer Eingriff, sondern habe in besonderer Weise eine psychische Funktion.
Die erneut von der Beklagten veranlassten Stellungnahme des MDK, die von Frau Dr. med. G. (Ärztin für Innere Medizin, Psychotherapie, Sozialmedizin) am 15.01.2008 nach Aktenlage erstellte wurde, schloss sich den vorhergehenden Stellungnahmen des MDK an.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2008 den Widerspruch des Klägers gestützt auf das Ergebnis der Stellungnahmen des MDK als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger am 25.04.2008 Klage vor dem Sozialgericht in Wiesbaden erhoben, mit der er den geltend gemachten Anspruch weiterverfolgt.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte (Dr. med. F. vom 04.07.2008, Dr. med. H. vom 10.07.2008 und Prof. Dr. med. J. vom 18.07.2008) und ein Gutachten von Amts wegen bei Frau Dr. med. K. vom 25.05.2009 eingeholt. Zur Dokumentation fertigte Frau Dr. med. K. 2 Fotos vom Oberkörper des Klägers an. In ihrem Gutachten kommt sie nach körperlicher Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis, bei ihm bestünden eine Mamilleneinziehung und ein wulstiger Hautüberschuss bei Zustand nach subkutaner Mastektomie beidseits. Die beantragte operative Hautmantelkorrektur sei notwendig. Das Sozialgericht hat wegen der fehlenden Begründung dieser Beurteilung ein weiteres Gutachten von Amts wegen bei Dr. med. L. vom 29.04.2011 nach körperlicher Untersuchung des Klägers eingeholt. Auch Dr. L. fertigte zur Dokumentation 2 Bilder von dem Oberkörper des Klägers an. In seinem Gutachten führt Dr. L. aus, insgesamt liege ein männlicher Aspekt vor. Der Kläger berichte auf Nachfrage über häufige Angstzustände, die sich manchmal bis zu Panikattacken ausweiteten und insbesondere in Menschenansammlungen auftreten. Dies sei einer der Gründe, weshalb er sich zurückziehe. Eine Asymmetrie im Sinne einer Abweichung der rechten Mamille nach seitlich unten sei bei Zurückführen der Arme festzustellen. Rechtsseitig befinde sich unterhalb der Brustwarze eine von Thoraxmitte nach seitlich unten verlaufende 3 cm breite Wulstbildung, die auf überschüssige Haut und überschüssiges subkutanes Fettgewebe zurückzuführen sei. Auf der linken Seite zeige sich eine weniger ausgeprägte Wulst- und Faltenbildung in gleicher Verlaufsrichtung, jedoch asymmetrisch etwas höher liegend. Es bestünden regelrechte Narbenverhältnisse. Auch sei eine Einziehung der Brustwarzen festzustellen. Die Falten- und Wulstbildung sei als wesentlich zu bezeichnen. Therapieziel sei eine Geschlechtsumwandlung, die beim Kläger angesichts des störenden Lokalbefundes, der im Zusammenhang mit psychischen Bearbeitsungs- und Identifikationsproblematik stehe, noch nicht erreicht sei. Es handele sich nicht um eine kosmetisch begründete Operation. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 13.09.2011 führt Dr. L. aus, zwar bestünden unstreitig keine funktionellen Beeinträchtigungen. Es könne jedoch nicht von einem ausreichenden kosmetischen Operationsergebnis ausgegangen werden, da eine erhebliche Asymmetrie vorliege. Darüber hinaus gehe es nicht darum, ob eine Entstellung vorliege, sondern darum, ob der genehmigte operative Eingriff ausreichend erfolgreich gewesen sei. Abzustellen sei auf das therapeutische Gesamtkonzept einer Geschlechtsumwandlung.
Der Kläger hat sich durch das Ergebnis des Gutachtens von Dr. med. L. vom 29.04.2011 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13.09.2011 bestätigt gesehen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es bestehe nur ein Anspruch auf eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechtes. Sie schloss sich der Auffassung des Sächsischen Landessozialgerichtes sowie des Landessozialgerichtes Berlin-Brandenburg an, wonach auch bei festgestelltem Transsexualismus eine Brustoperation nur in Betracht komme, wenn eine Entstellung vorliege. Auch bei transsexuellen Männern müssten identische Begutachtungsgrundsätze angelegt werden, wie bei anderen Patienten mit gewünschten Brustoperationen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 14.12.2011 die Beklagte verurteilt, die Kosten für eine operative Hautmantelkorrektur der rechten und linken Brust als Krankenbehandlung gem. § 27 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Form der Krankenhausbehandlung zu übernehmen. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, mit der Bewilligung der Mastektomie-Operation habe die Beklagte zu erkennen gegeben, dass bei dem Kläger die sekundären Geschlechtsmerkmale an die des Mannes anzugleichen seien. Ziel der vorliegend streitigen Operation sei nicht, eine Entstellung zu beseitigen oder eine funktionelle Beeinträchtigung zu beseitigen, sondern vielmehr eine Angleichung an den männlichen Oberkörper. Dieses Therapieziel sei – gestützt auf das Gutachten von Dr. med. L. - noch nicht erreicht. Da die Beklagte im Fall des Klägers die Erfüllung der Kriterien für eine geschlechtsangleichende Operation anerkannt habe, müsse sie auch die Konsequenzen tragen und in Fällen, in denen die Geschlechtsangleichung nicht zufriedenstellend erfolgt sei, die Kosten einer Korrekturoperation übernehmen.
Gegen das ihr am 03.01.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26.01.2012 Berufung eingelegt.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, nicht jede körperliche Unregelmäßigkeit stelle eine behandlungsbedürftige Krankheit dar. Behandlungsbedürftigkeit bestehe erst, wenn eine Funktionsbeeinträchtigung vorliege oder die körperliche Unregelmäßigkeit entstellend wirke (Bundessozialgericht, Urteil vom 28.02.2008, Az. B 1 KR 19/07 R). Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) dienten nicht der Verwirklichung eines Idealbildes bzw. der vom Versicherten als angemessen empfundenen Körperform. Entsprechend der Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 TSG sei ein operativer Eingriff zur deutlichen Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts geschuldet. Dies sei durch die subkutane Mastektomie geschehen. Die nunmehr geforderte operative Korrektur der nach dieser Operation entstandenen Narben und geringe Asymmetrie sei keine Maßnahme zur Behandlung einer behandlungsbedürftigen Krankheit. Zudem könne die geringe Asymmetrie durch Bekleidung des Oberkörpers kaschiert werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 14.12.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger vertritt die Auffassung, mit der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 sei das Therapieziel der Geschlechtsangleichung nicht erreicht worden. Aufgrund des Operationsergebnisses könne er sich im Freibad, Schwimmbad oder in der Sauna nicht mit freiem Oberkörper zeigen. Auch sei ein Kaschieren der Asymmetrie durch Tragen von Oberbekleidung nur im Falle des Tragens einer zusätzlichen Weste möglich. Dies sei ihm bei heißem Wetter nicht zuzumuten.
Der Senat hat bei dem St. Josef-Hospital in Troisdorf eine Fotodokumentation des Oberkörpers des Klägers (3 Bilder) vor der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 beigezogen und von Amts wegen ein plastisch-chirurgisches Fachgutachten bei Priv. Doz. Dr. med. M. vom 25.06.2013 nach körperlicher Untersuchung des Klägers eingeholt. Dr. med. M. fertigte zur Dokumentation 3 Fotos vom Oberkörper des Klägers an. In seinem Gutachten führt Dr. med. M. aus, trotz des männlichen Erscheinungsbildes schäme sich der Kläger aufgrund seiner asymmetrischen OP-Narben, vor allem links unter der Brustwarze und der ovalen Brustwarzenform, sich in Freibädern oder sonstigen öffentlichen Orten mit freiem Oberkörper zu zeigen. Der Kläger fühle sich eingeschränkt und minderwertig gegenüber anderen Männern. Bei der klinischen Untersuchung des Klägers zeige sich ein altersentsprechender und männlich erscheinender Habitus mit weiblichem Fettverteilungsmuster. Der BMI mit 24,2 (Körpergröße 160 cm und Körpergewicht von 62 kg) entspreche dem Normalgewicht. Inspektorisch zeige sich eine geringe Asymmetrie beider Brüste mit eingefallenen oberen Brustwarzenhälften, eine auffällig eingezogene Narbe an der linken Brust (medial-kranial verlaufend nach lateral-kaudal). Diese sei 7 cm lang und befinde sich 1,4 cm kaudal unter der Arolea. Durch diese Narbe zeige sich die darunter liegende Unterbrustfalte verstrichen. Dies führe zu einem gering erscheinenden asymmetrischen Erscheinungsbild. An der rechten Brust zeige sich im Seitenvergleich etwas mehr Gewebe mit einer Wulstbildung horizontal verlaufend, die Distanz zwischen Arolea bis zur Unterbrustfalte betrage. 2,5 cm. Das optische Erscheinungsbild zeige linksseitig die eingezogene Narbe als Unterbrustfalte. Dort betrage die Distanz zwischen Arolea und Unterbrustfalte 1,4 cm. An der rechten Brust zeige sich zudem eine 3 cm lange narbige Einziehung am medialen Arolea. Restbrustdrüsengewebe sei nicht tastbar. Die Induration an der linken Brust bei ca. 7 Uhr (2 x 1 cm) sei am ehesten eine bindegewebige Verhärtung. Der Gewebeüberschuss an der rechten Brust zeige keine knotige Verhärtung und sei auf postoperative narbige Umbauvorgänge zurückzuführen. Der Aroleadurchmesser sei seitengleich (Breite 2,5 cm, Länge 1,5 cm). Der Abstand zwischen Jugulum und Arolea betrage rechts 15,8 cm und links 16 cm. Dr. med. M. kommt zu dem Ergebnis, die Fotos vom körperlichen Befund des Klägers vor der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 zeigten eine natürlich geformte weibliche Brust beidseits mit geringer Asymmetrie bei rechtsseitig leicht größerer Brust und tiefer sitzender Mamille. Nach der subkutanen Mastektomie zeige sich ein männlicher Habitus des Brustkorbes mit geringen asymmetrischen Narben. Es ergebe sich keine streng medizinische Indikation für eine erneute operative Behandlung unter Berücksichtigung des Befundes vor der subkutanen Mastektomie 2005 und dem nunmehr bestehenden Gesamthabitus des Klägers. Es liege eine geringe kosmetische Beeinträchtigung des Normalbildes einer männlichen Brust vor. Das Gesamtziel der operativen Therapie sei erreicht. Die bestehenden geringen Mängel könnten durch Kleidung kaschiert werden. Auch wenn sich im Bereich der linken Brust kein optimales klinisches Ergebnis zeige, sei das Operationsergebnis als zufriedenstellend anzusehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Gerichtsakten (2 Bände) und die Verwaltungsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Auf die gem. § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht erhobene Berufung war das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger besitzt gegen die Beklagte keinen Anspruch nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V auf eine korrigierende operative Behandlung des Operationsergebnisses der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 beidseits. Mit der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 ist eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des damals anderen Geschlechts eingetreten. Das Operationsergebnis führt weder zu einer Beeinträchtigung der Körperfunktion noch wirkt die festzustellende Asymmetrie bzw. operativ bedingte Narbenbildung nach subkutaner Mastektomie objektiv entstellend.
Die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V sind nicht erfüllt. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung in Form der Krankenhausbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Begriff der Krankheit ist gesetzlich nicht definiert (dazu BT-Drs. 11/2237, S. 170). Nach ständiger Rechtsprechung ist Krankheit im Sinne dieser Norm ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (st. Rspr. des Bundessozialgerichts, siehe dazu Urteil vom 28. Februar 2008, Az. B 1 KR 19/07 R, mit weiteren Nachweisen, veröff. in Juris).
Der Kläger leidet an Transsexualismus. Dies hat die Rechtsprechung als behandlungsbedürftige Krankheit im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V anerkannt. Danach ist Transsexualismus nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse eine psychische Krankheit. Transsexuelle leben in dem irreversiblen und dauerhaften Bewusstsein, dem Geschlecht anzugehören, dem sie aufgrund ihrer äußeren körperlichen Geschlechtsmerkmale zum Zeitpunkt der Geburt nicht zugeordnet wurden (siehe dazu Bundessozialgericht, Urteil vom 11.09.2012, Az. B 1 KR 9/12 R, Rdnr. 11 mit weiteren Nachweisen, zit. nach Juris).
Nachdem der Gesetzgeber durch Schaffung des Transsexuellengesetzes (TSG) vom 10.09.1980 (zuletzt geändert durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11.1.2011, Az. 1 BvR 3295/07) bestätigt hat, dass der Befund des Transsexualismus eine außergewöhnliche rechtliche Bewertung rechtfertigt (BSGE 93, 252), ist nun Transsexualismus als seltene Erkrankung in § 116b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe i SGB V erfasst und damit der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung zugänglich.
Anknüpfend an den Erkenntnisfortschritt über diese Erkrankung ist das Spektrum medizinisch indizierter Krankenbehandlung des Transsexualismus mittlerweile weit gefächert. Für erforderlich werden individuelle therapeutische Lösungen (§ 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V) erachtet, die von einem Leben im anderen Geschlecht ohne somatische Maßnahmen über hormonelle Behandlungen bis hin zur weitgehenden operativen Geschlechtsangleichung (§ 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V) reichen können (Bundessozialgericht, Urteil vom 11.09.2012, Az. B 1 KR 9/12 R, Rdnr. 13 m. w. N., zit. nach Juris).
Der von der Rechtsprechung gebildete Grundsatz, dass Operationen am gesunden Körper, welche psychische Leiden beeinflussen sollen, grundsätzlich nicht zu Lasten der GKV durchgeführt werden (Bundessozialgericht in SozR 4-2500 § 27 Nr. 20 Rdnr. 13), bedarf im Fall des Transsexualismus einer Abschwächung. Denn während notwendige Krankenbehandlung des Transsexualismus auf psychischer Ebene nach den allgemeinen Grundsätzen zur Ermöglichung und Stützung eines Lebens im anderen Geschlecht ohne somatische Maßnahmen unproblematisch von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V erfasst ist, versteht sich dies für hormonelle Behandlungen bis hin zur weitgehenden operativen Geschlechtsangleichung nicht in gleicher Weise von selbst. Das Bundessozialgericht erachtet dennoch solche Ansprüche weiterhin für möglich (Bundessozialgericht, Urteil vom 11.09.2012, Az. B 1 KR 9/12 R, Rdnr. 14 m. w. N., zit. nach Juris). Dem schließt sich der Senat an.
Jedoch ist der Senat der Auffassung, dass allein die subjektiven Vorstellungen vom anzustrebenden idealen Erscheinungsbild und die Empfinden des Versicherten in Bezug auf die Regelwidrigkeit des Erscheinungsbildes und die daraus abgeleitete Behandlungsbedürftigkeit seines Zustandes nicht allein ausschlaggebend sind. Ein Anspruch des an Transsexualismus leidenden Versicherten auf eine größtmögliche Angleichung an ein vom Versicherten bestimmtes Idealbild besteht nicht. Insoweit ist er nicht besser zu stellen als andere Versicherte, die den Wunsch nach einer kosmetischen Operation haben. Auch diese werden im Falle eines psychischen Leidensdrucks wegen ihres Aussehens auf die psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten im System der GKV verwiesen. Entscheidend für die Regelwidrigkeit sind vielmehr objektive Kriterien, nämlich der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse (§ 2 Abs. 1 Satz 3, § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V).
Die Rechtsprechung hat im Falle einer besonders tiefgreifenden Form des Transsexualismus unter Hinweis auf die Regelungen des TSG Grenzen und Reichweite des Anspruchs auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V und zusätzlich nach dem Regelungskonzept des TSG bestimmt. Danach sind Ansprüche auf geschlechtsangleichende Operationen beschränkt auf einen Zustand, bei dem aus der Sicht eines verständigen Betrachters eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts eintritt (Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Februar 2008, Az. B 1 KR 19/07 R, Rdnr. 17). Dies kann auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht, § 8 Abs. 1 Nr. 4 TSG mit Art. 2 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG für nicht vereinbar und bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung für nicht anwendbar ist (BVerfGE 128, 109) weiterhin gelten. Das Bundesverfassungsgericht zielt mit seiner Entscheidung darauf ab, Transsexuelle vor unverhältnismäßigen Belastungen zu schützen. Es sieht die von § 8 Abs. 1 Nr. 4 TSG zum Erreichen personenstandsrechtlicher Änderungen zwingend vorgegebene deutliche Annäherung der transsexuellen Person an die körperliche Erscheinung des angestrebten anderen Geschlechts im Sinne einer genitalverändernden Operation angesichts der damit verbundenen gesundheitlichen Risiken als unzumutbar an. Demgegenüber stellt ein operativer Eingriff als solcher bei wirksamer Einwilligung des Transsexuellen keinen Verstoß gegen seine Menschenwürde, sein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und das Sittengesetz dar (BVerfGE 49, 286, 299f.). Unverändert kann bei Transsexuellen eine Operation zur Herbeiführung einer deutlichen Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts eine gebotene medizinische Maßnahme sein (Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Februar 2008, Az. B 1 KR 19/07 R, Rdnr. 18).
Der Senat ist nach den vorliegenden Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass das Therapieziel der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 (deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts) erreicht wurde. Mit Ausnahme des Gutachtens von Fr. Dr. K., stellten übereinstimmend die Sachverständigen im Zeitpunkt ihrer körperlichen Untersuchung beim Kläger ein deutliches männliches Erscheinungsbild nach der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 fest. So konnte Dr. med. E. in seinem Gutachten für den MDK vom 02.03.2007, Dr. med. L. in seinem Gutachten vom 29.04.2011 und Dr. med. M. vom 25.06.2013 einen männlichen Habitus feststellen. Diese Beurteilung entspricht auch den im Rahmen der Begutachtung durchgeführten Bilddokumentationen. Der Senat kann einen Widerspruch dazu im Gutachten von Fr. Dr. K. nicht erkennen, da ihrem Gutachten jegliche Angaben zum Erscheinungsbild des Klägers fehlen.
Nach der mit der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 erreichten deutlichen Annäherung an das Erscheinungsbild der männlichen Brust und der unstreitig fehlenden Funktionseinschränkung hätte ein Anspruch auf eine das Operationsergebnis der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 korrigierende operative Behandlung der rechten und linken Brust nur im Falle einer Entstellung bestanden. Eine solche besteht jedoch nicht.
Die Feststellung, dass im Einzelfall ein Versicherter wegen einer körperlichen Anormalität an einer Entstellung leidet, ist in erster Linie Tatfrage (BSGE 93, 252). Zur Begründung einer Auffälligkeit in dem Ausmaß einer Entstellung muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein. Ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen, etwa die Ausbildung eines sechsten Fingers an einer Hand, ist nicht ausreichend. Vielmehr muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie schon bei einer flüchtigen Begegnung in alltäglichen Situationen "im Vorbeigehen" erkennbar ist und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer führt. Dies gilt gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Rechtsordnung im Interesse der Eingliederung behinderter Menschen fordert, dass Nichtbehinderte ihre Wahrnehmung von Behinderung korrigieren müssen (Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Februar 2008, Az. B 1 KR 19/07 R, Rdnr. 14, zit. nach Juris). So hat das Bundessozialgericht eine Entstellung für das Fehlen natürlichen Kopfhaares bei einer Frau oder eine Wangenatrophie oder Narben im Lippenbereich angenommen oder erörtert (BSGE 93, 252). Dagegen hat das Bundessozialgericht die Fehlanlage eines Hodens eines männlichen Versicherten als eine Entstellung nicht einmal für erörterungswürdig angesehen (BSGE 82, 158, 163f.) und eine Entstellung bei fehlender oder wenig ausgeprägter Brustanlage unter Berücksichtigung der außerordentlichen Vielfalt in Form und Größe der weiblichen Brust revisionsrechtlich abgelehnt (BSGE 93, 252). Um eine Entstellung annehmen zu können, genügt nicht jede körperliche Anomalität. Vielmehr muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass die Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Februar 2008, Az. B 1 KR 19/07 R, Rdnr. 13).
Nach Überzeugung des Senats begründet die gutachterlich festgestellte Asymmetrie der linken und rechten Brust des Klägers bzw. die nach der subkutanen Mastektomie entstandenen Narben keine Entstellung, die eine Indikation für die streitige Operation begründen könnte. Auch wenn dem Kläger insoweit zuzustimmen ist, dass das Ergebnis der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 nicht als optimal anzusehen ist, rechtfertigt dies nicht den geltend gemachten Anspruch. Die von Dr. med. M. beschriebenen Befunde zeigen eine Asymmetrie der rechten gegenüber der linken Brust. Darin stimmen alle vorliegenden Gutachten überein. Die Gutachten der Sachverständigen unterscheiden sich lediglich in der Bewertung der Befunde.
Unter Zugrundelegung der ausführlichen Befunderhebung durch Dr. med. M. kann eine Entstellung des Klägers nicht angenommen werden. Das objektive Erscheinungsbild der Brust des Klägers steht innerhalb der Normbreite des Bildes einer männlichen Brust. Das Erscheinungsbild des Klägers entspricht nach dem im Gutachten von Dr. med. M. wiedergegebenen Maßen zwar nicht dem Idealbild einer symmetrisch aufgebauten männlichen Brust, bewegt sich aber – nach Überzeugung des Senats - nach Form, Aussehen und Behaarung in einem geschlechtstypischen Bereich. Der Körper eines erwachsenen Menschen ist in den seltensten Fällen symmetrisch gestaltet. Auch war der Oberkörper des Klägers vor der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 nicht symmetrisch.
Der Senat legt seiner Entscheidung das Gutachten von Dr. med. M. zu Grunde. Der Senat hat in dem Sachverständigengutachten keine Widersprüche, Sachverhaltslücken oder falsche Aussagen festgestellt. Das Gutachten ist schlüssig und nachvollziehbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch des Klägers auf eine plastische Operation zur Korrektur einer im Januar 2005 durchgeführten subkutanen Mastektomie beidseits streitig.
Der Kläger, geboren 1982, ist bei der Beklagten krankenversichert. Er leidet an Transsexualismus (Frau-zu-Mann). Auf dieser Grundlage wurde u. a. im Januar 2005 im St. Josef Hospital Troisdorf eine subkutane Mastektomie beidseits zu Lasten der Beklagten durchgeführt.
Im November 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine operative Hautmantelkorrektur der Brust unter Vorlage einer Bescheinigung von Dr. D. (St. Josef Hospital Troisdorf). Danach sei die Hautmantelkorrektur beidseits medizinisch indiziert.
Die Beklagte veranlasste eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen (MDK), die Dr. med. E. (Arzt für Chirurgie) am 02.03.2007 nach körperlicher Untersuchung des Klägers erstellte. Danach ergab die körperliche Untersuchung folgendes: Insgesamt imponiere der Kläger männlich. Die Wundverhältnisse nach subkutaner Mastektomie beidseits seien reizlos. Diskrete Brustdrüsenreste stellten sich palpatorisch links wie rechts mit einer gewissen Präelektion links dar. Eine Asymmetrie liege nicht vor. Wesentliche überschüssige Hautareale lägen weder im Bereich der rechten noch der linken Brust vor. Es bestünde kein Hinweis auf floride Hauterkrankungen. Zusammenfassend kam Dr. med. E. zu dem Ergebnis, dass der vorgesehenen operative Korrektur ein deutlich höherer kosmetischen Nutzen als eine medizinische Notwendigkeit beizumessen sei. Eine Empfehlung zur Kostenübernahme könne nicht gegeben werden.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 08.03.2007 gestützt auf diese Stellungnahme des MDK ab.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und legte zur Begründung eine Stellungnahme von Dr. med. F. (Arzt für Psychotherapeutische Medizin, Psychoanalyse) vom 05.05.2008 vor. Danach sei das gegenwärtige Ergebnis der subkutanen Mastektomie beidseits für den Kläger nicht ausreichend, um sein männliches Körperbild zu integrieren. Es bestünden für ihn deutliche Hinweise auf die entfernte weibliche Brust. Es werde dringend zur Kostenübernahme der beantragten Maßnahme geraten, um die befriedigende Entwicklung des Klägers durch den noch bestehenden Leidensdruck nicht zu gefährden.
Die Beklagte veranlasste dazu die Stellungnahme des MDK, die Dr. med. E. am 01.11.2007 nach Aktenlage erstellte. Darin kam dieser zu dem Ergebnis, dass auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme von Dr. med. F. vom 05.05.2007 eine Kostenübernahme der beantragten Operation nicht empfohlen werden könne. Wesentliche funktionelle Beeinträchtigungen beschreibe Dr. med. F. nicht. Bei der körperlichen Untersuchung des Klägers seien nur diskrete Brustdrüsenreste tastbar gewesen. Aus somatischer Sicht sei der vorgesehenen Operation mehr ein kosmetischer als ein medizinischer Nutzen beizumessen. Psychische Alterationen (vermindertes Selbstwertgefühl) sei mit den Mitteln der Psychotherapie und nicht der Chirurgie zu behandeln.
Dem begegnete der Kläger mit Vorlage einer erneuten Stellungnahme von Dr. med. F. vom 08.12.2007. Danach könne bei Transsexuellen eine rein somatische Sicht nicht eingenommen werden. Jede geschlechtsumwandelnde Operation sei kein rein somatischer Eingriff, sondern habe in besonderer Weise eine psychische Funktion.
Die erneut von der Beklagten veranlassten Stellungnahme des MDK, die von Frau Dr. med. G. (Ärztin für Innere Medizin, Psychotherapie, Sozialmedizin) am 15.01.2008 nach Aktenlage erstellte wurde, schloss sich den vorhergehenden Stellungnahmen des MDK an.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2008 den Widerspruch des Klägers gestützt auf das Ergebnis der Stellungnahmen des MDK als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger am 25.04.2008 Klage vor dem Sozialgericht in Wiesbaden erhoben, mit der er den geltend gemachten Anspruch weiterverfolgt.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte (Dr. med. F. vom 04.07.2008, Dr. med. H. vom 10.07.2008 und Prof. Dr. med. J. vom 18.07.2008) und ein Gutachten von Amts wegen bei Frau Dr. med. K. vom 25.05.2009 eingeholt. Zur Dokumentation fertigte Frau Dr. med. K. 2 Fotos vom Oberkörper des Klägers an. In ihrem Gutachten kommt sie nach körperlicher Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis, bei ihm bestünden eine Mamilleneinziehung und ein wulstiger Hautüberschuss bei Zustand nach subkutaner Mastektomie beidseits. Die beantragte operative Hautmantelkorrektur sei notwendig. Das Sozialgericht hat wegen der fehlenden Begründung dieser Beurteilung ein weiteres Gutachten von Amts wegen bei Dr. med. L. vom 29.04.2011 nach körperlicher Untersuchung des Klägers eingeholt. Auch Dr. L. fertigte zur Dokumentation 2 Bilder von dem Oberkörper des Klägers an. In seinem Gutachten führt Dr. L. aus, insgesamt liege ein männlicher Aspekt vor. Der Kläger berichte auf Nachfrage über häufige Angstzustände, die sich manchmal bis zu Panikattacken ausweiteten und insbesondere in Menschenansammlungen auftreten. Dies sei einer der Gründe, weshalb er sich zurückziehe. Eine Asymmetrie im Sinne einer Abweichung der rechten Mamille nach seitlich unten sei bei Zurückführen der Arme festzustellen. Rechtsseitig befinde sich unterhalb der Brustwarze eine von Thoraxmitte nach seitlich unten verlaufende 3 cm breite Wulstbildung, die auf überschüssige Haut und überschüssiges subkutanes Fettgewebe zurückzuführen sei. Auf der linken Seite zeige sich eine weniger ausgeprägte Wulst- und Faltenbildung in gleicher Verlaufsrichtung, jedoch asymmetrisch etwas höher liegend. Es bestünden regelrechte Narbenverhältnisse. Auch sei eine Einziehung der Brustwarzen festzustellen. Die Falten- und Wulstbildung sei als wesentlich zu bezeichnen. Therapieziel sei eine Geschlechtsumwandlung, die beim Kläger angesichts des störenden Lokalbefundes, der im Zusammenhang mit psychischen Bearbeitsungs- und Identifikationsproblematik stehe, noch nicht erreicht sei. Es handele sich nicht um eine kosmetisch begründete Operation. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 13.09.2011 führt Dr. L. aus, zwar bestünden unstreitig keine funktionellen Beeinträchtigungen. Es könne jedoch nicht von einem ausreichenden kosmetischen Operationsergebnis ausgegangen werden, da eine erhebliche Asymmetrie vorliege. Darüber hinaus gehe es nicht darum, ob eine Entstellung vorliege, sondern darum, ob der genehmigte operative Eingriff ausreichend erfolgreich gewesen sei. Abzustellen sei auf das therapeutische Gesamtkonzept einer Geschlechtsumwandlung.
Der Kläger hat sich durch das Ergebnis des Gutachtens von Dr. med. L. vom 29.04.2011 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13.09.2011 bestätigt gesehen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es bestehe nur ein Anspruch auf eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechtes. Sie schloss sich der Auffassung des Sächsischen Landessozialgerichtes sowie des Landessozialgerichtes Berlin-Brandenburg an, wonach auch bei festgestelltem Transsexualismus eine Brustoperation nur in Betracht komme, wenn eine Entstellung vorliege. Auch bei transsexuellen Männern müssten identische Begutachtungsgrundsätze angelegt werden, wie bei anderen Patienten mit gewünschten Brustoperationen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 14.12.2011 die Beklagte verurteilt, die Kosten für eine operative Hautmantelkorrektur der rechten und linken Brust als Krankenbehandlung gem. § 27 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Form der Krankenhausbehandlung zu übernehmen. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, mit der Bewilligung der Mastektomie-Operation habe die Beklagte zu erkennen gegeben, dass bei dem Kläger die sekundären Geschlechtsmerkmale an die des Mannes anzugleichen seien. Ziel der vorliegend streitigen Operation sei nicht, eine Entstellung zu beseitigen oder eine funktionelle Beeinträchtigung zu beseitigen, sondern vielmehr eine Angleichung an den männlichen Oberkörper. Dieses Therapieziel sei – gestützt auf das Gutachten von Dr. med. L. - noch nicht erreicht. Da die Beklagte im Fall des Klägers die Erfüllung der Kriterien für eine geschlechtsangleichende Operation anerkannt habe, müsse sie auch die Konsequenzen tragen und in Fällen, in denen die Geschlechtsangleichung nicht zufriedenstellend erfolgt sei, die Kosten einer Korrekturoperation übernehmen.
Gegen das ihr am 03.01.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26.01.2012 Berufung eingelegt.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, nicht jede körperliche Unregelmäßigkeit stelle eine behandlungsbedürftige Krankheit dar. Behandlungsbedürftigkeit bestehe erst, wenn eine Funktionsbeeinträchtigung vorliege oder die körperliche Unregelmäßigkeit entstellend wirke (Bundessozialgericht, Urteil vom 28.02.2008, Az. B 1 KR 19/07 R). Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) dienten nicht der Verwirklichung eines Idealbildes bzw. der vom Versicherten als angemessen empfundenen Körperform. Entsprechend der Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 TSG sei ein operativer Eingriff zur deutlichen Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts geschuldet. Dies sei durch die subkutane Mastektomie geschehen. Die nunmehr geforderte operative Korrektur der nach dieser Operation entstandenen Narben und geringe Asymmetrie sei keine Maßnahme zur Behandlung einer behandlungsbedürftigen Krankheit. Zudem könne die geringe Asymmetrie durch Bekleidung des Oberkörpers kaschiert werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 14.12.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger vertritt die Auffassung, mit der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 sei das Therapieziel der Geschlechtsangleichung nicht erreicht worden. Aufgrund des Operationsergebnisses könne er sich im Freibad, Schwimmbad oder in der Sauna nicht mit freiem Oberkörper zeigen. Auch sei ein Kaschieren der Asymmetrie durch Tragen von Oberbekleidung nur im Falle des Tragens einer zusätzlichen Weste möglich. Dies sei ihm bei heißem Wetter nicht zuzumuten.
Der Senat hat bei dem St. Josef-Hospital in Troisdorf eine Fotodokumentation des Oberkörpers des Klägers (3 Bilder) vor der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 beigezogen und von Amts wegen ein plastisch-chirurgisches Fachgutachten bei Priv. Doz. Dr. med. M. vom 25.06.2013 nach körperlicher Untersuchung des Klägers eingeholt. Dr. med. M. fertigte zur Dokumentation 3 Fotos vom Oberkörper des Klägers an. In seinem Gutachten führt Dr. med. M. aus, trotz des männlichen Erscheinungsbildes schäme sich der Kläger aufgrund seiner asymmetrischen OP-Narben, vor allem links unter der Brustwarze und der ovalen Brustwarzenform, sich in Freibädern oder sonstigen öffentlichen Orten mit freiem Oberkörper zu zeigen. Der Kläger fühle sich eingeschränkt und minderwertig gegenüber anderen Männern. Bei der klinischen Untersuchung des Klägers zeige sich ein altersentsprechender und männlich erscheinender Habitus mit weiblichem Fettverteilungsmuster. Der BMI mit 24,2 (Körpergröße 160 cm und Körpergewicht von 62 kg) entspreche dem Normalgewicht. Inspektorisch zeige sich eine geringe Asymmetrie beider Brüste mit eingefallenen oberen Brustwarzenhälften, eine auffällig eingezogene Narbe an der linken Brust (medial-kranial verlaufend nach lateral-kaudal). Diese sei 7 cm lang und befinde sich 1,4 cm kaudal unter der Arolea. Durch diese Narbe zeige sich die darunter liegende Unterbrustfalte verstrichen. Dies führe zu einem gering erscheinenden asymmetrischen Erscheinungsbild. An der rechten Brust zeige sich im Seitenvergleich etwas mehr Gewebe mit einer Wulstbildung horizontal verlaufend, die Distanz zwischen Arolea bis zur Unterbrustfalte betrage. 2,5 cm. Das optische Erscheinungsbild zeige linksseitig die eingezogene Narbe als Unterbrustfalte. Dort betrage die Distanz zwischen Arolea und Unterbrustfalte 1,4 cm. An der rechten Brust zeige sich zudem eine 3 cm lange narbige Einziehung am medialen Arolea. Restbrustdrüsengewebe sei nicht tastbar. Die Induration an der linken Brust bei ca. 7 Uhr (2 x 1 cm) sei am ehesten eine bindegewebige Verhärtung. Der Gewebeüberschuss an der rechten Brust zeige keine knotige Verhärtung und sei auf postoperative narbige Umbauvorgänge zurückzuführen. Der Aroleadurchmesser sei seitengleich (Breite 2,5 cm, Länge 1,5 cm). Der Abstand zwischen Jugulum und Arolea betrage rechts 15,8 cm und links 16 cm. Dr. med. M. kommt zu dem Ergebnis, die Fotos vom körperlichen Befund des Klägers vor der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 zeigten eine natürlich geformte weibliche Brust beidseits mit geringer Asymmetrie bei rechtsseitig leicht größerer Brust und tiefer sitzender Mamille. Nach der subkutanen Mastektomie zeige sich ein männlicher Habitus des Brustkorbes mit geringen asymmetrischen Narben. Es ergebe sich keine streng medizinische Indikation für eine erneute operative Behandlung unter Berücksichtigung des Befundes vor der subkutanen Mastektomie 2005 und dem nunmehr bestehenden Gesamthabitus des Klägers. Es liege eine geringe kosmetische Beeinträchtigung des Normalbildes einer männlichen Brust vor. Das Gesamtziel der operativen Therapie sei erreicht. Die bestehenden geringen Mängel könnten durch Kleidung kaschiert werden. Auch wenn sich im Bereich der linken Brust kein optimales klinisches Ergebnis zeige, sei das Operationsergebnis als zufriedenstellend anzusehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Gerichtsakten (2 Bände) und die Verwaltungsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Auf die gem. § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht erhobene Berufung war das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger besitzt gegen die Beklagte keinen Anspruch nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V auf eine korrigierende operative Behandlung des Operationsergebnisses der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 beidseits. Mit der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 ist eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des damals anderen Geschlechts eingetreten. Das Operationsergebnis führt weder zu einer Beeinträchtigung der Körperfunktion noch wirkt die festzustellende Asymmetrie bzw. operativ bedingte Narbenbildung nach subkutaner Mastektomie objektiv entstellend.
Die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V sind nicht erfüllt. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung in Form der Krankenhausbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Begriff der Krankheit ist gesetzlich nicht definiert (dazu BT-Drs. 11/2237, S. 170). Nach ständiger Rechtsprechung ist Krankheit im Sinne dieser Norm ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (st. Rspr. des Bundessozialgerichts, siehe dazu Urteil vom 28. Februar 2008, Az. B 1 KR 19/07 R, mit weiteren Nachweisen, veröff. in Juris).
Der Kläger leidet an Transsexualismus. Dies hat die Rechtsprechung als behandlungsbedürftige Krankheit im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V anerkannt. Danach ist Transsexualismus nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse eine psychische Krankheit. Transsexuelle leben in dem irreversiblen und dauerhaften Bewusstsein, dem Geschlecht anzugehören, dem sie aufgrund ihrer äußeren körperlichen Geschlechtsmerkmale zum Zeitpunkt der Geburt nicht zugeordnet wurden (siehe dazu Bundessozialgericht, Urteil vom 11.09.2012, Az. B 1 KR 9/12 R, Rdnr. 11 mit weiteren Nachweisen, zit. nach Juris).
Nachdem der Gesetzgeber durch Schaffung des Transsexuellengesetzes (TSG) vom 10.09.1980 (zuletzt geändert durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11.1.2011, Az. 1 BvR 3295/07) bestätigt hat, dass der Befund des Transsexualismus eine außergewöhnliche rechtliche Bewertung rechtfertigt (BSGE 93, 252), ist nun Transsexualismus als seltene Erkrankung in § 116b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe i SGB V erfasst und damit der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung zugänglich.
Anknüpfend an den Erkenntnisfortschritt über diese Erkrankung ist das Spektrum medizinisch indizierter Krankenbehandlung des Transsexualismus mittlerweile weit gefächert. Für erforderlich werden individuelle therapeutische Lösungen (§ 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V) erachtet, die von einem Leben im anderen Geschlecht ohne somatische Maßnahmen über hormonelle Behandlungen bis hin zur weitgehenden operativen Geschlechtsangleichung (§ 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V) reichen können (Bundessozialgericht, Urteil vom 11.09.2012, Az. B 1 KR 9/12 R, Rdnr. 13 m. w. N., zit. nach Juris).
Der von der Rechtsprechung gebildete Grundsatz, dass Operationen am gesunden Körper, welche psychische Leiden beeinflussen sollen, grundsätzlich nicht zu Lasten der GKV durchgeführt werden (Bundessozialgericht in SozR 4-2500 § 27 Nr. 20 Rdnr. 13), bedarf im Fall des Transsexualismus einer Abschwächung. Denn während notwendige Krankenbehandlung des Transsexualismus auf psychischer Ebene nach den allgemeinen Grundsätzen zur Ermöglichung und Stützung eines Lebens im anderen Geschlecht ohne somatische Maßnahmen unproblematisch von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V erfasst ist, versteht sich dies für hormonelle Behandlungen bis hin zur weitgehenden operativen Geschlechtsangleichung nicht in gleicher Weise von selbst. Das Bundessozialgericht erachtet dennoch solche Ansprüche weiterhin für möglich (Bundessozialgericht, Urteil vom 11.09.2012, Az. B 1 KR 9/12 R, Rdnr. 14 m. w. N., zit. nach Juris). Dem schließt sich der Senat an.
Jedoch ist der Senat der Auffassung, dass allein die subjektiven Vorstellungen vom anzustrebenden idealen Erscheinungsbild und die Empfinden des Versicherten in Bezug auf die Regelwidrigkeit des Erscheinungsbildes und die daraus abgeleitete Behandlungsbedürftigkeit seines Zustandes nicht allein ausschlaggebend sind. Ein Anspruch des an Transsexualismus leidenden Versicherten auf eine größtmögliche Angleichung an ein vom Versicherten bestimmtes Idealbild besteht nicht. Insoweit ist er nicht besser zu stellen als andere Versicherte, die den Wunsch nach einer kosmetischen Operation haben. Auch diese werden im Falle eines psychischen Leidensdrucks wegen ihres Aussehens auf die psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten im System der GKV verwiesen. Entscheidend für die Regelwidrigkeit sind vielmehr objektive Kriterien, nämlich der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse (§ 2 Abs. 1 Satz 3, § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V).
Die Rechtsprechung hat im Falle einer besonders tiefgreifenden Form des Transsexualismus unter Hinweis auf die Regelungen des TSG Grenzen und Reichweite des Anspruchs auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V und zusätzlich nach dem Regelungskonzept des TSG bestimmt. Danach sind Ansprüche auf geschlechtsangleichende Operationen beschränkt auf einen Zustand, bei dem aus der Sicht eines verständigen Betrachters eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts eintritt (Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Februar 2008, Az. B 1 KR 19/07 R, Rdnr. 17). Dies kann auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht, § 8 Abs. 1 Nr. 4 TSG mit Art. 2 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG für nicht vereinbar und bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung für nicht anwendbar ist (BVerfGE 128, 109) weiterhin gelten. Das Bundesverfassungsgericht zielt mit seiner Entscheidung darauf ab, Transsexuelle vor unverhältnismäßigen Belastungen zu schützen. Es sieht die von § 8 Abs. 1 Nr. 4 TSG zum Erreichen personenstandsrechtlicher Änderungen zwingend vorgegebene deutliche Annäherung der transsexuellen Person an die körperliche Erscheinung des angestrebten anderen Geschlechts im Sinne einer genitalverändernden Operation angesichts der damit verbundenen gesundheitlichen Risiken als unzumutbar an. Demgegenüber stellt ein operativer Eingriff als solcher bei wirksamer Einwilligung des Transsexuellen keinen Verstoß gegen seine Menschenwürde, sein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und das Sittengesetz dar (BVerfGE 49, 286, 299f.). Unverändert kann bei Transsexuellen eine Operation zur Herbeiführung einer deutlichen Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts eine gebotene medizinische Maßnahme sein (Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Februar 2008, Az. B 1 KR 19/07 R, Rdnr. 18).
Der Senat ist nach den vorliegenden Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass das Therapieziel der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 (deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts) erreicht wurde. Mit Ausnahme des Gutachtens von Fr. Dr. K., stellten übereinstimmend die Sachverständigen im Zeitpunkt ihrer körperlichen Untersuchung beim Kläger ein deutliches männliches Erscheinungsbild nach der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 fest. So konnte Dr. med. E. in seinem Gutachten für den MDK vom 02.03.2007, Dr. med. L. in seinem Gutachten vom 29.04.2011 und Dr. med. M. vom 25.06.2013 einen männlichen Habitus feststellen. Diese Beurteilung entspricht auch den im Rahmen der Begutachtung durchgeführten Bilddokumentationen. Der Senat kann einen Widerspruch dazu im Gutachten von Fr. Dr. K. nicht erkennen, da ihrem Gutachten jegliche Angaben zum Erscheinungsbild des Klägers fehlen.
Nach der mit der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 erreichten deutlichen Annäherung an das Erscheinungsbild der männlichen Brust und der unstreitig fehlenden Funktionseinschränkung hätte ein Anspruch auf eine das Operationsergebnis der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 korrigierende operative Behandlung der rechten und linken Brust nur im Falle einer Entstellung bestanden. Eine solche besteht jedoch nicht.
Die Feststellung, dass im Einzelfall ein Versicherter wegen einer körperlichen Anormalität an einer Entstellung leidet, ist in erster Linie Tatfrage (BSGE 93, 252). Zur Begründung einer Auffälligkeit in dem Ausmaß einer Entstellung muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein. Ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen, etwa die Ausbildung eines sechsten Fingers an einer Hand, ist nicht ausreichend. Vielmehr muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie schon bei einer flüchtigen Begegnung in alltäglichen Situationen "im Vorbeigehen" erkennbar ist und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer führt. Dies gilt gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Rechtsordnung im Interesse der Eingliederung behinderter Menschen fordert, dass Nichtbehinderte ihre Wahrnehmung von Behinderung korrigieren müssen (Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Februar 2008, Az. B 1 KR 19/07 R, Rdnr. 14, zit. nach Juris). So hat das Bundessozialgericht eine Entstellung für das Fehlen natürlichen Kopfhaares bei einer Frau oder eine Wangenatrophie oder Narben im Lippenbereich angenommen oder erörtert (BSGE 93, 252). Dagegen hat das Bundessozialgericht die Fehlanlage eines Hodens eines männlichen Versicherten als eine Entstellung nicht einmal für erörterungswürdig angesehen (BSGE 82, 158, 163f.) und eine Entstellung bei fehlender oder wenig ausgeprägter Brustanlage unter Berücksichtigung der außerordentlichen Vielfalt in Form und Größe der weiblichen Brust revisionsrechtlich abgelehnt (BSGE 93, 252). Um eine Entstellung annehmen zu können, genügt nicht jede körperliche Anomalität. Vielmehr muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass die Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Februar 2008, Az. B 1 KR 19/07 R, Rdnr. 13).
Nach Überzeugung des Senats begründet die gutachterlich festgestellte Asymmetrie der linken und rechten Brust des Klägers bzw. die nach der subkutanen Mastektomie entstandenen Narben keine Entstellung, die eine Indikation für die streitige Operation begründen könnte. Auch wenn dem Kläger insoweit zuzustimmen ist, dass das Ergebnis der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 nicht als optimal anzusehen ist, rechtfertigt dies nicht den geltend gemachten Anspruch. Die von Dr. med. M. beschriebenen Befunde zeigen eine Asymmetrie der rechten gegenüber der linken Brust. Darin stimmen alle vorliegenden Gutachten überein. Die Gutachten der Sachverständigen unterscheiden sich lediglich in der Bewertung der Befunde.
Unter Zugrundelegung der ausführlichen Befunderhebung durch Dr. med. M. kann eine Entstellung des Klägers nicht angenommen werden. Das objektive Erscheinungsbild der Brust des Klägers steht innerhalb der Normbreite des Bildes einer männlichen Brust. Das Erscheinungsbild des Klägers entspricht nach dem im Gutachten von Dr. med. M. wiedergegebenen Maßen zwar nicht dem Idealbild einer symmetrisch aufgebauten männlichen Brust, bewegt sich aber – nach Überzeugung des Senats - nach Form, Aussehen und Behaarung in einem geschlechtstypischen Bereich. Der Körper eines erwachsenen Menschen ist in den seltensten Fällen symmetrisch gestaltet. Auch war der Oberkörper des Klägers vor der subkutanen Mastektomie im Januar 2005 nicht symmetrisch.
Der Senat legt seiner Entscheidung das Gutachten von Dr. med. M. zu Grunde. Der Senat hat in dem Sachverständigengutachten keine Widersprüche, Sachverhaltslücken oder falsche Aussagen festgestellt. Das Gutachten ist schlüssig und nachvollziehbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved