L 5 R 84/16

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 4 R 208/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 84/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 352/16 B
Datum
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 2. Februar 2016 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt eine höhere Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Mit Rentenbescheid vom 29. Juli 1996 bewilligte die Beklagte dem 1957 geborenen Kläger aufgrund neurologisch-psychiatrischer Gesundheitsbeeinträchtigungen für die Zeit ab dem 1. September 1995 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (Beginn der Regelaltersrente). Der monatliche Rentenzahlbetrag belief sich dabei zunächst auf 1.537,47 DM. Mit weiterem Bescheid vom 25. Oktober 1996 stellte die Beklagte die Erwerbsunfähigkeitsrente des Klägers wegen Berücksichtigung von Zeiten schulischer Ausbildung (27. April 1973 bis 31. Juli 1973) neu fest und errechnete auf dieser Grundlage nunmehr einen monatlichen Rentenzahlbetrag von 1.549,49 DM.

Der Kläger macht seit Jahren gegenüber der Beklagten eine höhere Erwerbsunfähigkeitsrente geltend. Er ist der Auffassung, seinerzeit den Rentenantrag auf Veranlassung des Arbeitsamtes B-Stadt und nicht aus eigenem Antrieb gestellt zu haben, weshalb ihm die Rente ohne finanzielle Verluste ausgezahlt werden müsse. Seine Rente sei von Anfang an falsch berechnet worden, weil er gerade keine "Privatrente mit finanziellen Verlusten" beantragt habe. Diese Privatrente sei in seinem Fall mit der "Rente auf Behördenwunsch" vertauscht worden. Dennoch habe die Beklagte bislang noch keine entsprechende Rentenumrechnung vorgenommen, so dass es sich bei den zwischenzeitlich erfolgten Rentenanpassungen stets um "unterbezahlte Rentenerhöhungen" gehandelt habe. Zutreffend wäre es, wenn ihm eine Rente auf der Grundlage von 70,2 Prozent seines letzten vollmonatlichen Gehalts (Juli 1992) gezahlt werde. Im Übrigen müsse auch sein Weihnachts- und Urlaubsgeld, auf das er Beiträge entrichtet habe, bei der Berechnung der Rentenhöhe anerkannt werden.

Mit diesem Begehren ist der Kläger trotz einer Vielzahl von ihm angestrengter Klageverfahren bislang nicht durchgedrungen (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 8. März 2002, Az. S 8 RJ 142/01, Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Februar 2003, Az. L 2 RJ 403/02; Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 15. April 2010, Az. S 7 R 646/07; Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 15. April 2010, Az. S 7 R 435/09, Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 5. November 2010, Az. L 5 R 191/10, Beschluss des Bundessozialgerichts vom 13. Januar 2011, Az. B 5 R 418/10 B; Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 28. Mai 2013, Az. S 4 R 199/11, Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 3. Februar 2014, Az. L 5 R 295/13, Beschluss des Bundessozialgerichts vom 8. April 2014, B 5 R 102/14 B).

Im Zuge der Rentenanpassung zum 1. Juli 2015 erhielt der Kläger eine entsprechende Mitteilung, wonach sich der aktuelle Rentenwert von 28,61 EUR auf 29,21 EUR erhöhe und sich unter Berücksichtigung dieses neuen aktuellen Rentenwertes multipliziert mit dem der Rente zugrundeliegenden Rentenartfaktor und seiner bisherigen persönlichen Entgeltpunkte nunmehr ein monatlicher Bruttorentenbetrag von 1.048,99 EUR bzw. nach Abzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ein monatlicher Rentenzahlbetrag von 935,71 EUR errechne.

Auch diese Mitteilung nahm der Kläger zum Anlass, um mit Schreiben vom 6. Juli 2015 Widerspruch zu erheben, mit dem er sein Begehren nach einer höheren Rentenzahlung erneut vorbrachte.

Durch Widerspruchsbescheid vom 22. September 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, weil die Rente zum 1. Juli 2015 zutreffend entsprechend der gesetzlichen Vorschriften erhöht worden sei.

Den hiergegen vom Kläger mit Schreiben vom 25. September 2015 erhobenen "Widerspruch", bei ihr eingegangen am 29. September 2015, wertete die Beklagte als Klage gegen ihren Widerspruchsbescheid, die sie nachfolgend mit Schreiben vom 8. Oktober 2015 an das Sozialgericht Marburg weiterleitete.

Zur Begründung seiner Klage wiederholte und vertiefte der Kläger sein bisheriges Vorbringen.

Demgegenüber erwiderte die Beklagte, dass mit der Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2015 nur geregelt worden sei, dass die mit Bescheid vom 29. Juli 1996 bestandskräftig festgestellten Entgeltpunkte unter Berücksichtigung des neuen aktuellen Rentenwertes von 29,21 EUR neu berechnet würden. Eine andere Regelung sei nicht getroffen worden.

Durch Urteil vom 2. Februar 2016 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dass über das Begehren des Klägers bereits mehrfach gerichtlich entschieden worden sei. Der vom Kläger angestellte Vergleich seiner Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer privaten Renten- oder Lebensversicherung gehe fehl. Die Berechnung seiner Rente richte sich allein nach den gesetzlich vorgegebenen Rechenfaktoren, wie sie insbesondere in §§ 63 ff. Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) geregelt seien. Ebenso unzutreffend sei daher der Ansatz des Klägers, dass seine Rente auf der Grundlage einer "Rentenbemessungsgrundlage von 70,2 Prozent" berechnet werden müsse. Die Beklagte habe die Rente des Klägers nach Maßgabe geltenden Rechts berechnet. Unerheblich für die Rentenberechnung sei, ob der Kläger seinerzeit den Rentenantrag aus eigenem Antrieb oder auf Veranlassung des Arbeitsamtes gestellt habe.

Gegen das ihm am 18. März 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. März 2016 Berufung eingelegt, mit der er an seinem Begehren nach einer höheren Erwerbsunfähigkeitsrente festhält.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 2. Februar 2016 aufzuheben sowie die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2015 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine höhere Erwerbsunfähigkeitsrente auf der Grundlage von 70,2 Prozent seines letzten vollmonatlichen Lohnes für Juli 1992 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf die angefochtene Entscheidung.

Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 7. Juni 2016 zu seiner Absicht, die Berufung durch Beschluss als unbegründet zurückzuweisen, angehört.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Rentenakte der Beklagten Bezug genommen.

II.

Der Senat hat nach Anhörung der Beteiligten von der in § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht und zur Beschleunigung des Verfahrens durch Beschluss entschieden, weil er das Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg. Das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 2. Februar 2016 ist nicht zu beanstanden. Die angefochtene Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2015 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG.

Rentenanpassungsmitteilungen enthalten selbständig anfechtbare Verwaltungsakte, nämlich die wertmäßigen Fortschreibungen eines bereits zuerkannten Werts des Rechts auf Rente durch Feststellung des Veränderungsfaktors (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BSG, Urteil vom 23. März 1999, B 4 RA 41/98 R = SozR 3-1300 § 31 Nr. 13). Diese Feststellungen stehen rechtlich und faktisch neben den Feststellungen des jeweiligen Geldwertes eines Rechts oder Anspruchs, denn insoweit wird nicht über den Geldwert des Rechts auf Rente, sondern ausschließlich über den Grad der Anpassung entschieden (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2003, B 4 RA 62/02 R - juris Rdnr. 27). Demgemäß enthält die vorliegend gegenüber dem Kläger ergangene und von ihm angefochtene Rentenanpassungsmitteilung nach ihrem Verfügungssatz lediglich eine Regelung hinsichtlich der Rentenanpassung, die aufgrund des durch § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte zum 1. Juli 2015 (Rentenwertbestimmungsverordnung (RWBestV) 2015, BGBl. I, S. 965) geänderten aktuellen Rentenwerts vorzunehmen war. Anhaltspunkte dafür, dass das Rechenwerk der Beklagten insoweit unzutreffend sein könnte, sind weder vom Kläger dargetan worden noch sonst erkennbar.

Da der Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2015 kein weitergehender Regelungsgehalt im Sinne des § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) zukommt und sie über ihren eigentlichen Regelungsgehalt hinaus nicht anfechtbar ist, kann der Kläger schon allein aus diesem Grund im vorliegenden Verfahren nicht mit seinem Begehren nach einer anderen - aus seiner Sicht zutreffenden - Rentenberechnung auf der Grundlage einer Bemessungsgrundlage von 70,2 Prozent seines letzten vollmonatlichen Gehalts für Juli 1992 durchdringen.

Nach alledem musste die Berufung des Klägers ohne Erfolg bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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