Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 5 AS 78/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 197/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 419/16 B
Datum
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 21. Januar 2016 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung höherer Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab dem 1. April 2014 bis 30. September 2014.
Der im Jahr 1955 geborene Kläger steht seit geraumer Zeit im Leistungsbezug nach dem SGB II bei dem Beklagten. Er erzielt aus einer selbständigen Nebenbeschäftigung Einkommen in wechselnder Höhe. Mit Bescheid vom 19. März 2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1. April 2014 bis 30. September 2014 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 761,00 EUR. Hiervon entfielen 391,00 EUR auf die Regelleistung und 370,00 EUR auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die Bewilligung erfolgte im Hinblick auf das selbständige Einkommen vorläufig.
Der Kläger erhob am 1. April 2014 Widerspruch und machte sinngemäß geltend, dass ihm ein Regelsatz von 420,00 EUR zuzüglich tatsächlicher Kosten der Unterkunft zustehe, da das Existenzminimum anders nicht gesichert sei.
Mit Bescheid vom 19. Mai 2014 wurde von Seiten des Beklagten eine Erhöhung der Mietzahlung anerkannt und die Kosten der Unterkunft ab dem Leistungsmonat 1. Januar 2014 auf 382,00 EUR erhöht.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 2014 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Regelleistung nach den Vorgaben des Gesetzes bewilligt worden sei. Im Rahmen der vorläufigen Bewilligung sei auch kein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit angerechnet worden, so dass der Widerspruch bezüglich der Ermittlung des Einkommens unzulässig sei. Im Übrigen sei die vorläufige Bewilligung wegen der schwankenden Höhe der Einnahmen zulässig. Die Kosten der Unterkunft seien in tatsächlicher Höhe bewilligt worden.
Der Kläger hat am 11. Juni 2014 Klage vor dem Sozialgericht Marburg erhoben und zunächst geltend gemacht, dass der Regelsatz auf 420,00 EUR erhöht werden müsse, da ansonsten das Existenzminimum nicht gesichert sei (Aktenzeichen S 5 AS 137/14).
Mit Bescheid vom 7. Januar 2015 wurden die Bescheide vom 19. März 2014 und 19. Mai 2014 ersetzt und die Leistungen für den Leistungszeitraum 1. April 2014 bis 30. Juni 2014 in Höhe von 633,91 EUR und für den Leistungszeitraum 1. Juli 2014 bis 30. September 2014 in Höhe von 645,91 EUR endgültig festgesetzt. Dabei wurde ein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit nach Vorlage entsprechender Unterlagen durch den Kläger in Höhe von monatlich 258,86 EUR ermittelt und nach Abzug der gesetzlichen Freibeträge in Höhe von 127,09 EUR angerechnet.
Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers vom 12. Januar 2015 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2015 als unbegründet zurückgewiesen. Mit einem weiteren Widerspruchsbescheid vom 30. März 2015 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 22. Januar 2015 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 7. April 2015 vor dem Sozialgericht Marburg jeweils Klage erhoben (Aktenzeichen S 5 AS 78/15 und S 5 AS 82/15).
Das Sozialgericht Marburg hat die Klagen S 5 AS 137/14, S 5 AS 82/15 und S 5 AS 78/15 nach Anhörung der Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21. Januar 2016 zur gemeinsamen Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen S 5 AS 78/15 miteinander verbunden.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger außerdem klargestellt, dass er für die vergangenen Zeiträume lediglich die Frage der Einkommensermittlung geklärt haben möchte. An der ursprünglichen Forderung eines höheren Regelsatzes halte er nicht mehr fest. Er hat zuletzt beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 7. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit zu bewilligen.
Mit Urteil vom 21. Januar 2016 hat das Sozialgericht Marburg die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt:
"Die zulässige Klage, ist unbegründet.
Der Bescheid vom 18.03.2014 in der Fassung des Bescheides vom 19.05.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.06.2014, allesamt in der Fassung des Bescheides vom 07.01.2015, wiederum in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Streitgegenständlich ist das Begehren des Klägers auf eine höhere monatliche Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit. Die vorläufigen Festsetzungen der Leistungshöhe in dem Bescheid vom 19.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.06.2014, sowie der Bescheid vom 19.05.2014 haben sich durch Erlass des endgültigen Bescheides vom 07.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2015 im Klageverfahren auf sonstige Weise im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X erledigt (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB Ill, K § 328 RdNr 59; Eicher in Eicher/Schlegel, § 328 SGB III RdNr 60). Der endgültige Bescheid hat die vorläufigen Bescheide ersetzt und ist damit alleiniger Gegenstand der Klage geworden.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Bewilligung höherer Leistungen. Insbesondere ist die Einkommensanrechnung zutreffend erfolgt. Als Einkommen sind nach § 11 Abs. 1 SGB Il Einnahmen in Geld oder Geldeswert anzusehen. Zu berücksichtigen sind somit die Einkünfte des Klägers aus seiner selbstständigen Tätigkeit. Nach § 3 Abs. 1 Alg II-VO ist bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind dabei alle aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II) tatsächlich zufließen. Nach § 3 Abs. 2 Alg II-VO sind dabei zur Berechnung des Einkommens von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen. Hierbei ist nach § 3 Abs. 3 Alg II -VO zu berücksichtigen, dass tatsächliche Ausgaben nicht abgesetzt werden sollen, soweit diese ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechen.
Der Kläger hat eine Einnahmen- Ausgabenliste vorgelegt, aus der sich für den streitgegenständlichen Zeitraum Einnahmen in Höhe von 5.012,- EUR und Ausgaben in Höhe von 4.058,86 EUR ergeben. In den Ausgaben waren von Kläger getätigte und von ihm auch so bezeichnete Privatentnahmen in Höhe von insgesamt 600,- EUR enthalten. Privatentnahmen sind aber – wie der Name schon sagt – nicht betrieblich, sondern privat veranlasst und führen daher nicht zu einer Betriebsausgabe, welche den Gewinn schmälert [vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.09.2011 – L 19 AS 1304/11 B]. Dies entspricht im Übrigen auch der vom Kläger für relevant gehaltenen steuerrechtlichen Beurteilung. Denn der steuerrechtliche Gewinn ist nach § 4 Abs. 1 S. 1 EStG der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Mithin sind die vom Kläger geltend gemachten Betriebsausgaben um die getätigten Privatentnahmen in Höhe von 600,- EUR zu bereinigen, so dass den Einnahmen in Höhe von 5.012,- EUR Ausgaben in Höhe von 3.458,86 EUR gegenüberstehen. Dies ergibt einen Gewinn im Bewilligungszeitraum in Höhe von 1.553,14 EUR und damit ein monatliches Einkommen in Höhe von 258,86 EUR. Dies hat der Beklagte insoweit zutreffend ermittelt und der Leistungsberechnung zugrunde gelegt. Abzuziehen waren von dem monatlichen Einkommen die gesetzlichen Freibeträge in Höhe von insgesamt 131,77 EUR, so dass ein (monatlich) anrechenbares Einkommen von 127,09 EUR verbleibt. Auch dies hat der Beklagte zutreffend berechnet.
Hinsichtlich der Frage der Rechtmäßigkeit der Alg II-VO und der Umstellung des Bewilligungszeitraums verweist die Kammer auf das Urteil vom heutigen Tag in dem Verfahren S 5 AS 344/13. Sonstige Fehler in der Leistungsberechnung sind nicht ersichtlich.
Die Klage ist daher abzuweisen."
Das Urteil des Sozialgerichts Marburg ist dem Kläger am 3. Februar 2016 zugestellt worden. Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 21. Februar 2016, beim Hessischen Landessozialgericht eingegangen am 24. Februar 2016, Berufung eingelegt und seinen bisherigen Vortrag im Widerspruchs- und Klageverfahren wiederholt und vertieft. Auf den ausführlichen Schriftsatz vom 21. Februar 2016 (Bl. 28 bis 38 der Gerichtsakte) wird insoweit ausdrücklich Bezug genommen.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 21. Januar 2016 sowie den Bescheid des Beklagten vom 7. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm für den Zeitraum vom 1. April 2014 bis 30. September 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit zu bewilligen,
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid sowie die seiner Auffassung nach überzeugenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil des Sozialgerichts Marburg. Die Berufungsbegründung enthalte keine Ausführungen, die nicht schon im Urteil des Sozialgerichts Berücksichtigung gefunden hätten.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2016 hat der Berichterstatter die Beteiligten im Hinblick auf die mögliche Vorgehensweise nach § 153 Abs. 4 SGG angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Leistungsakten der Beklagten, die bei der Entscheidung jeweils vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 SGG eingelegt worden.
Die Berufung ist jedoch nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht begründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich. Das Rechtsmittel ist daher durch Beschluss zurückzuweisen, nachdem die Beteiligten dazu gehört worden sind (§ 153 Abs. 4 SGG).
Das Sozialgericht Marburg (SG) hat die Klage zu Recht und aus zutreffenden Gründen abgewiesen. Der Senat schließt sich nach eigener Überzeugung den sehr ausführlichen Ausführungen des SG an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 153 Abs. 2 SGG). Insbesondere lassen auch die Ausführungen des Klägers im Berufungsverfahren eine andere rechtliche Bewertung nicht zu. Soweit der Kläger die Vernehmung der Zeugen C., D. und E. beantragt hat, war diesem Beweisantrag schon deshalb nicht nachzukommen, da es schon an der Benennung klärungsbedürftiger Tatsachen mangelt, zu denen die Zeugen hätten Aussagen können. Ob das Gesetz im vorliegenden Fall ordnungsgemäß angewendet wurde oder nicht, hat vielmehr alleine das Gericht zu entscheiden.
Soweit im Berufungsverfahren (erneut) Bedenken gegen die Höhe des Regelbedarfs für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vorgetragen werden, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ausdrücklich erklärt hat, für die Vergangenheit einen höheren Regelsatz nicht mehr geltend zu machen, teilt der Senat diese Bedenken nicht. Die Regelleistung des Klägers ist nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden. Das hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 = BVerfGE 137, 34-103 = NJW 2014, 3425) entschieden. Danach sind § 20 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 1, Abs. 4 und 5, § 23 Nr. 1, § 77 Abs. 4 Nr. 1 und 2 SGB II und § 8 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4 und 6, Abs. 2 Nr. 1 und 3 RBEG, jeweils in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II und § 28a SGB XII, sowie die Anlage zu § 28 SGB XII sowie § 2 RBSFV 2012, § 2 RBSFV 2013 und § 2 RBSFV 2014 mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG nach Maßgabe der Gründe derzeit noch vereinbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung höherer Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab dem 1. April 2014 bis 30. September 2014.
Der im Jahr 1955 geborene Kläger steht seit geraumer Zeit im Leistungsbezug nach dem SGB II bei dem Beklagten. Er erzielt aus einer selbständigen Nebenbeschäftigung Einkommen in wechselnder Höhe. Mit Bescheid vom 19. März 2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1. April 2014 bis 30. September 2014 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 761,00 EUR. Hiervon entfielen 391,00 EUR auf die Regelleistung und 370,00 EUR auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die Bewilligung erfolgte im Hinblick auf das selbständige Einkommen vorläufig.
Der Kläger erhob am 1. April 2014 Widerspruch und machte sinngemäß geltend, dass ihm ein Regelsatz von 420,00 EUR zuzüglich tatsächlicher Kosten der Unterkunft zustehe, da das Existenzminimum anders nicht gesichert sei.
Mit Bescheid vom 19. Mai 2014 wurde von Seiten des Beklagten eine Erhöhung der Mietzahlung anerkannt und die Kosten der Unterkunft ab dem Leistungsmonat 1. Januar 2014 auf 382,00 EUR erhöht.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 2014 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Regelleistung nach den Vorgaben des Gesetzes bewilligt worden sei. Im Rahmen der vorläufigen Bewilligung sei auch kein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit angerechnet worden, so dass der Widerspruch bezüglich der Ermittlung des Einkommens unzulässig sei. Im Übrigen sei die vorläufige Bewilligung wegen der schwankenden Höhe der Einnahmen zulässig. Die Kosten der Unterkunft seien in tatsächlicher Höhe bewilligt worden.
Der Kläger hat am 11. Juni 2014 Klage vor dem Sozialgericht Marburg erhoben und zunächst geltend gemacht, dass der Regelsatz auf 420,00 EUR erhöht werden müsse, da ansonsten das Existenzminimum nicht gesichert sei (Aktenzeichen S 5 AS 137/14).
Mit Bescheid vom 7. Januar 2015 wurden die Bescheide vom 19. März 2014 und 19. Mai 2014 ersetzt und die Leistungen für den Leistungszeitraum 1. April 2014 bis 30. Juni 2014 in Höhe von 633,91 EUR und für den Leistungszeitraum 1. Juli 2014 bis 30. September 2014 in Höhe von 645,91 EUR endgültig festgesetzt. Dabei wurde ein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit nach Vorlage entsprechender Unterlagen durch den Kläger in Höhe von monatlich 258,86 EUR ermittelt und nach Abzug der gesetzlichen Freibeträge in Höhe von 127,09 EUR angerechnet.
Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers vom 12. Januar 2015 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2015 als unbegründet zurückgewiesen. Mit einem weiteren Widerspruchsbescheid vom 30. März 2015 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 22. Januar 2015 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 7. April 2015 vor dem Sozialgericht Marburg jeweils Klage erhoben (Aktenzeichen S 5 AS 78/15 und S 5 AS 82/15).
Das Sozialgericht Marburg hat die Klagen S 5 AS 137/14, S 5 AS 82/15 und S 5 AS 78/15 nach Anhörung der Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21. Januar 2016 zur gemeinsamen Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen S 5 AS 78/15 miteinander verbunden.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger außerdem klargestellt, dass er für die vergangenen Zeiträume lediglich die Frage der Einkommensermittlung geklärt haben möchte. An der ursprünglichen Forderung eines höheren Regelsatzes halte er nicht mehr fest. Er hat zuletzt beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 7. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit zu bewilligen.
Mit Urteil vom 21. Januar 2016 hat das Sozialgericht Marburg die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt:
"Die zulässige Klage, ist unbegründet.
Der Bescheid vom 18.03.2014 in der Fassung des Bescheides vom 19.05.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.06.2014, allesamt in der Fassung des Bescheides vom 07.01.2015, wiederum in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Streitgegenständlich ist das Begehren des Klägers auf eine höhere monatliche Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit. Die vorläufigen Festsetzungen der Leistungshöhe in dem Bescheid vom 19.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.06.2014, sowie der Bescheid vom 19.05.2014 haben sich durch Erlass des endgültigen Bescheides vom 07.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2015 im Klageverfahren auf sonstige Weise im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X erledigt (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB Ill, K § 328 RdNr 59; Eicher in Eicher/Schlegel, § 328 SGB III RdNr 60). Der endgültige Bescheid hat die vorläufigen Bescheide ersetzt und ist damit alleiniger Gegenstand der Klage geworden.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Bewilligung höherer Leistungen. Insbesondere ist die Einkommensanrechnung zutreffend erfolgt. Als Einkommen sind nach § 11 Abs. 1 SGB Il Einnahmen in Geld oder Geldeswert anzusehen. Zu berücksichtigen sind somit die Einkünfte des Klägers aus seiner selbstständigen Tätigkeit. Nach § 3 Abs. 1 Alg II-VO ist bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind dabei alle aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II) tatsächlich zufließen. Nach § 3 Abs. 2 Alg II-VO sind dabei zur Berechnung des Einkommens von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen. Hierbei ist nach § 3 Abs. 3 Alg II -VO zu berücksichtigen, dass tatsächliche Ausgaben nicht abgesetzt werden sollen, soweit diese ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechen.
Der Kläger hat eine Einnahmen- Ausgabenliste vorgelegt, aus der sich für den streitgegenständlichen Zeitraum Einnahmen in Höhe von 5.012,- EUR und Ausgaben in Höhe von 4.058,86 EUR ergeben. In den Ausgaben waren von Kläger getätigte und von ihm auch so bezeichnete Privatentnahmen in Höhe von insgesamt 600,- EUR enthalten. Privatentnahmen sind aber – wie der Name schon sagt – nicht betrieblich, sondern privat veranlasst und führen daher nicht zu einer Betriebsausgabe, welche den Gewinn schmälert [vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.09.2011 – L 19 AS 1304/11 B]. Dies entspricht im Übrigen auch der vom Kläger für relevant gehaltenen steuerrechtlichen Beurteilung. Denn der steuerrechtliche Gewinn ist nach § 4 Abs. 1 S. 1 EStG der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Mithin sind die vom Kläger geltend gemachten Betriebsausgaben um die getätigten Privatentnahmen in Höhe von 600,- EUR zu bereinigen, so dass den Einnahmen in Höhe von 5.012,- EUR Ausgaben in Höhe von 3.458,86 EUR gegenüberstehen. Dies ergibt einen Gewinn im Bewilligungszeitraum in Höhe von 1.553,14 EUR und damit ein monatliches Einkommen in Höhe von 258,86 EUR. Dies hat der Beklagte insoweit zutreffend ermittelt und der Leistungsberechnung zugrunde gelegt. Abzuziehen waren von dem monatlichen Einkommen die gesetzlichen Freibeträge in Höhe von insgesamt 131,77 EUR, so dass ein (monatlich) anrechenbares Einkommen von 127,09 EUR verbleibt. Auch dies hat der Beklagte zutreffend berechnet.
Hinsichtlich der Frage der Rechtmäßigkeit der Alg II-VO und der Umstellung des Bewilligungszeitraums verweist die Kammer auf das Urteil vom heutigen Tag in dem Verfahren S 5 AS 344/13. Sonstige Fehler in der Leistungsberechnung sind nicht ersichtlich.
Die Klage ist daher abzuweisen."
Das Urteil des Sozialgerichts Marburg ist dem Kläger am 3. Februar 2016 zugestellt worden. Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 21. Februar 2016, beim Hessischen Landessozialgericht eingegangen am 24. Februar 2016, Berufung eingelegt und seinen bisherigen Vortrag im Widerspruchs- und Klageverfahren wiederholt und vertieft. Auf den ausführlichen Schriftsatz vom 21. Februar 2016 (Bl. 28 bis 38 der Gerichtsakte) wird insoweit ausdrücklich Bezug genommen.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 21. Januar 2016 sowie den Bescheid des Beklagten vom 7. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm für den Zeitraum vom 1. April 2014 bis 30. September 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit zu bewilligen,
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid sowie die seiner Auffassung nach überzeugenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil des Sozialgerichts Marburg. Die Berufungsbegründung enthalte keine Ausführungen, die nicht schon im Urteil des Sozialgerichts Berücksichtigung gefunden hätten.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2016 hat der Berichterstatter die Beteiligten im Hinblick auf die mögliche Vorgehensweise nach § 153 Abs. 4 SGG angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Leistungsakten der Beklagten, die bei der Entscheidung jeweils vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 SGG eingelegt worden.
Die Berufung ist jedoch nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht begründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich. Das Rechtsmittel ist daher durch Beschluss zurückzuweisen, nachdem die Beteiligten dazu gehört worden sind (§ 153 Abs. 4 SGG).
Das Sozialgericht Marburg (SG) hat die Klage zu Recht und aus zutreffenden Gründen abgewiesen. Der Senat schließt sich nach eigener Überzeugung den sehr ausführlichen Ausführungen des SG an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 153 Abs. 2 SGG). Insbesondere lassen auch die Ausführungen des Klägers im Berufungsverfahren eine andere rechtliche Bewertung nicht zu. Soweit der Kläger die Vernehmung der Zeugen C., D. und E. beantragt hat, war diesem Beweisantrag schon deshalb nicht nachzukommen, da es schon an der Benennung klärungsbedürftiger Tatsachen mangelt, zu denen die Zeugen hätten Aussagen können. Ob das Gesetz im vorliegenden Fall ordnungsgemäß angewendet wurde oder nicht, hat vielmehr alleine das Gericht zu entscheiden.
Soweit im Berufungsverfahren (erneut) Bedenken gegen die Höhe des Regelbedarfs für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vorgetragen werden, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ausdrücklich erklärt hat, für die Vergangenheit einen höheren Regelsatz nicht mehr geltend zu machen, teilt der Senat diese Bedenken nicht. Die Regelleistung des Klägers ist nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden. Das hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 = BVerfGE 137, 34-103 = NJW 2014, 3425) entschieden. Danach sind § 20 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 1, Abs. 4 und 5, § 23 Nr. 1, § 77 Abs. 4 Nr. 1 und 2 SGB II und § 8 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4 und 6, Abs. 2 Nr. 1 und 3 RBEG, jeweils in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II und § 28a SGB XII, sowie die Anlage zu § 28 SGB XII sowie § 2 RBSFV 2012, § 2 RBSFV 2013 und § 2 RBSFV 2014 mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG nach Maßgabe der Gründe derzeit noch vereinbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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