L 7 AS 1011/15

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 26 AS 350/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 1011/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 185/17 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. November 2015 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Gegen die Klägerin werden Verschuldenskosten in Höhe von 225,- EUR verhängt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die 1948 geborene Klägerin stand zusammen mit ihrem Mann im Jahr 2005 im Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bei dem Beklagten; ein weiterer Antrag auf entsprechende Leistungen aus dem Jahr 2008 wurde abgelehnt.

Am 26. Oktober 2012 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten erneut die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Beklagte forderte daraufhin mit Schreiben vom 2. November 2012 die Vorlage verschiedener Unterlagen, u.a. von Kontoauszügen, Lohnbescheiden, Angaben über Hausnebenkosten und Grundbuchauszüge an.

Am 19. Dezember 2012 stellte die Klägerin nochmals einen Leistungsantrag bei dem Beklagten, woraufhin dieser mit Schreiben vom 20. Dezember 2012 an die Vorlage der bereits mit Schreiben vom 2. November 2012 angeforderten Unterlagen erinnerte. Den am 19. Dezember 2012 gestellten Antrag auf Gewährung von Geldleistungen (mind. 100 Euro Kostenvorschuss) zur Beschaffung der geforderten Unterlagen lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 20. Dezember 2012 ab. Nachdem die Klägerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 26. Dezember 2012 einen weiteren Neuantrag stellte, teilte der Beklagte mit Schreiben vom 3. Januar 2013 (Bl. 1167 der Verwaltungsakte des Beklagten, künftig: VA) der Klägerin daraufhin mit, dass er sie schon zweimal aufgefordert habe, die notwendigen Unterlagen zu dem bisher noch nicht beschiedenen Neuantrag vom 26. Oktober 2012/19. Dezember 2012 einzureichen. Es werde auf die Schreiben vom 2. November 2012 und 20. Dezember 2012 verwiesen. Die Frist zur Abgabe der Unterlagen sei der 9. Januar 2013.

Mit Bescheid vom 11. Januar 2013 (Bl. 1173 VA) versagte der Beklagte sodann gegenüber der Klägerin eine Leistungsgewährung nach dem SGB II aufgrund ihres Antrags vom 26. Oktober 2012 wegen der Nichtvorlage leistungsrelevanter Unterlagen.

Gegen das Schreiben vom 3. Januar 2013 legte die Klägerin am 26. Januar 2013 (Bl. 1179 VA) Widerspruch ein, welchen der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. März 2013 (Bl. 1206 VA) als unzulässig zurückwies. Das Schreiben vom 3. Januar 2013 stelle keinen Verwaltungsakt dar.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2013 (Bl. 1221 VA) wies der Beklagte sodann auch den gegen den Versagensbescheid vom 11. Januar 2013 eingelegten Widerspruch zurück.

Am 19. März 2013 erhob die Klägerin in der Folgezeit bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main zum einen Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 8. März 2013. Zum anderen erhob sie auch Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 14. März 2013, welche unter dem Aktenzeichen S 26 AS 348/13 geführt wurde. Zur Begründung der vorliegenden Klage ließ die Klägerin vortragen, dass der Beklagte vollständige Leistungen zu gewähren habe. Es werde Antrag auf Feststellung der Untätigkeit des Beklagten gestellt, da dieser zum Leistungsantrag vom 26. Oktober 2012 einen Verwaltungsakt noch immer nicht herausgekehrt habe.

Mit Verfügung vom 8. August 2013 hat das Sozialgericht die Beteiligten auf die beabsichtigte Entscheidung des Rechtsstreits durch Gerichtsbescheid hingewiesen. Die Beteiligten erhielten insoweit Gelegenheit zur Stellungnahme.

Mit Fax-Schreiben vom 4. September 2013 beantragte die Klägerin die Ablehnung der damaligen Vorsitzenden der 26. Kammer des Sozialgerichts Frankfurt am Main als befangen.

In der Sache hatte die Klägerin sinngemäß beantragt, den Beklagten zu verurteilen, für den betreffenden Zeitraum vollständige Leistungen zu gewähren sowie die Untätigkeit des Beklagten festzustellen.

Der Beklagte hatte keinen Antrag gestellt.

Mit Gerichtsbescheid vom 13. November 2015 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die Klage abgewiesen.

Das Gericht habe in der Sache entscheiden können, obwohl die Klägerin die damalige Kammervorsitzende Frau G. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt habe. Der Befangenheitsantrag habe sich durch den Wechsel der Vorsitzenden erledigt. Da die jetzige Vorsitzende der Kammer nicht abgelehnt worden sei, bestehe auch kein Handlungsverbot.

Das Gericht habe den Rechtsstreit auch gemäß § 105 SGG durch Gerichtsbescheid entscheiden können, da dieser weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten aufweise, der Sachverhalt geklärt sei und die Beteiligten gehört worden seien.

Die Klage sei unzulässig, soweit die Klägerin eine Untätigkeitsklage erhoben habe. Der Beklagte habe den Leistungsantrag der Klägerin vom 26. Oktober 2012 fristgerecht beschieden, sei also nicht untätig gewesen. Die Klägerin habe hiergegen nach Durchführung des Vorverfahrens auch zeitgleich mit dem vorliegenden Verfahren Klage erhoben, so dass die Untätigkeitsklage von Anfang an unzulässig gewesen sei.

Ebenfalls unzulässig sei der Antrag auf Gewährung von Leistungen, da dies nicht Gegenstand des angegriffenen Bescheids/Widerspruchsbescheids sei. Die Frage, ob der Klägerin aufgrund ihres Antrags vom 26. Oktober 2012 Leistungen nach dem SGB II zustünden, sei Gegenstand des Verfahrens S 26 AS 348/13.

Soweit die Klägerin den Widerspruchsbescheid vom 8. März 2013 angreife, sei die Klage unbegründet, da der Beklagte den Widerspruch zu Recht als unzulässig verworfen habe. Bei dem Schreiben vom 3. Januar 2013 handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X. Es handele sich vielmehr um ein bloßes Informationsschreiben bzw. eine Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen. Der Beklagte habe hiermit noch keine Verfügung zur Regelung eines Einzelfalls mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen getroffen. Der von der Klägerin gegen das Schreiben eingelegte Widerspruch sei somit unzulässig gewesen, so dass die Entscheidung des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 8. März 2013 rechtmäßig sei. Die Klage sei deshalb mit der Kostenfolge des § 193 SGG abzuweisen gewesen.

Der Gerichtsbescheid ist der Klägerin am 17. November 2015 zugestellt worden. Mit der am 15. Dezember 2015 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Das Gericht habe rechtliches Gehör verweigert und den Sachverhalt nicht aufgeklärt sowie das wirklich Gewollte nicht erforscht. Die Darstellung einerseits, es liege keine Untätigkeit vor, weil in der Frist beschieden worden sei, es andererseits jedoch noch keine Regelung im Einzelfall gäbe, sei völlig sinnbefreit, da im krassen Widerspruch. Das Gericht habe den wirklichen Sachverhalt aufzuklären, so dass es völlig gleichgültig sei, was zulässig sei oder geltend gemacht werde. Mithin betreffe die vorliegende Klage den Widerspruchsbescheid vom 14. März 2013. Zudem habe der Gegner bis dato nicht darauf hingewirkt, dass die Antragstellerin die ihr zustehenden Leistungen umfassend und zügig erhalte.

Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. November 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr für den betreffenden Zeitraum vollständige Leistungen zu gewähren sowie die Untätigkeit des Beklagten festzustellen.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Seiner Auffassung nach sei der angefochtene Gerichtsbescheid nicht zu beanstanden.

Mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2016 hat der Senat die Klägerin unter Verweis auf die Vorschrift des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG darauf hingewiesen, dass Kosten des Rechtsstreits mindestens in Höhe von 225 Euro auferlegt werden können, wenn weiterhin an der Berufung festgehalten werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, die jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Die Entscheidung des Sozialgerichts Frankfurt am Main (SG) ist nicht zu beanstanden. Das SG hat folglich zu Recht und mit zutreffender Begründung die Klage der Klägerin abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat daher auf die Gründe in dem angefochtenen Gerichtsbescheid des SG und sieht gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab. Auch die im Rahmen der Berufungsbegründung gemachten Ausführungen rechtfertigen keine andere Bewertung der Sach- und Rechtslage. Bei dem Schreiben vom 3. Januar 2013 handelte es sich um ein bloßes Informationsschreiben bzw. eine Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen und gerade nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X. Folglich hat der Beklagte den gegen dieses Schreiben erhobenen Widerspruch zu Recht bereits als unzulässig verworfen. Soweit die Klägerin Untätigkeitsklage bzw. Leistungsklage erhoben hatte, hat das Sozialgericht ebenfalls zutreffend auf deren Unzulässigkeit hingewiesen.

Auch der Vortrag des Bevollmächtigten der Klägerin, die hier zugrunde liegende Klage sei gegen den Widerspruchsbescheid vom 14. März 2013 gerichtet, geht fehl. Insoweit ergibt sich aus dem Klageschriftsatz vom 19. März 2013 nebst Anlage (Bl. 1 bis 3 der Gerichtsakte) eindeutig, dass sich diese gegen den Widerspruchsbescheid vom 8. März 2013 gerichtet hat. Demgegenüber ist der Widerspruchsbescheid vom 14. März 2013 Gegenstand des Verfahrens S 26 AS 348/13 gewesen, welches zwischenzeitlich in der Berufung bei dem erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen L 7 AS 528/16 (bzw. nach erfolgter Verbindung zwischenzeitlich unter dem Aktenzeichen L 7 AS 524/16) anhängig ist.

Vor diesem Hintergrund hatte der Senat bereits mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2016 unter Verweis auf die Vorschrift des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG darauf hingewiesen, dass Kosten des Rechtsstreits mindestens in Höhe von 225 Euro auferlegt werden können, wenn weiterhin an der Berufung festgehalten werde.

Soweit die Klägerin sowie ihr Bevollmächtigter trotz dieses Hinweises dennoch an der Berufung festgehalten haben, sieht der Senat die Voraussetzungen des § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG als erfüllt an. Angesichts des in der Gesamtschau eindeutigen Ergebnisses und der Tatsache, dass die von der Klägerin eigentlich begehrte Überprüfung der Versagensentscheidung (Widerspruchsbescheid vom 14. März 2013) im beim Senat noch anhängigen Berufungsverfahren L 7 AS 528/16 (nach Verbindung L 7 AS 524/16) erfolgt, drängte sich für die Klägerin auf, das vorliegende Verfahren durch Rücknahme der Berufung zu beenden. Soweit sie trotz Kenntnis von diesen Umständen das Berufungsverfahren fortgeführt hat, ist von Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung auszugehen. Die Höhe der verhängten Verschuldenskosten war im Rahmen einer Schätzung (§ 202 SGG in Verbindung mit § 287 Zivilprozessordnung -ZPO-) auf den Betrag festzusetzen, der sich aus §§ 192 Abs. 1 S. 3, 184 Abs. 2 SGG ergibt. Dieser Betrag bleibt noch deutlich hinter den tatsächlichen Kosten des Gerichts für das vorliegende Verfahren zurück.

Die Kostenentscheidung (im Übrigen) beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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