L 4 SO 88/14 ZVW

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 18 SO 38/10 VR
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 88/14 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 45/16 BH
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 18. September 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, inwieweit der Beklagte verpflichtet ist, die Zuzahlungen für das Medikament J. in Höhe von jeweils 1,63 EUR für den Zeitraum von November 2009 bis November 2010 zu übernehmen.

Der Kläger beantragte am 22. November 2009 die Übernahme der Mehrkosten über dem Festbetrag in Höhe von 1,63 EUR für J. beim Beklagten. Der Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten mit Bescheid vom 27. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2010 ab. Der Kläger hat am 9. April 2010 hiergegen Klage beim Sozialgericht Gießen (S 18 SO 38/10 VR) erhoben.

Der Kläger beantragte am 9. Dezember 2009 die Übernahme der Mehrkosten über dem Festbetrag in Höhe von 1,63 EUR für J. beim Beklagten. Der Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten mit Bescheid vom 21. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2010 ab. Der Kläger hat hiergegen Klage am 18. Mai 2010 beim Sozialgericht Gießen (S 18 SO 59/10) erhoben.

Der Kläger beantragte am 17. Dezember 2009 und 22. Januar 2010 die Übernahme der Mehrkosten über dem Festbetrag in Höhe von 1,63 EUR für J. beim Beklagten. Der Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten mit Bescheid vom 4. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2010 ab. Der Kläger hat hiergegen am 16. Mai 2010 Klage beim Sozialgericht Gießen (S 18 SO 58/10) erhoben.

Der Kläger beantragte am 14. und 22. Januar 2010 die Übernahme der Mehrkosten über dem Festbetrag in Höhe von 1,63 EUR für J. beim Beklagten. Der Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten mit Bescheid vom 4. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2010 ab. Der Kläger hat hiergegen am 16. Mai 2010 Klage beim Sozialgericht Gießen (S 18 SO 57/10) erhoben.

Der Kläger beantragte am 21. März 2010 die Übernahme der Mehrkosten über dem Festbetrag in Höhe von 1,63 EUR für J. beim Beklagten. Der Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten mit Bescheid vom 26. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2010 ab. Der Kläger hat hiergegen am 15. August 2010 Klage beim Sozialgerichte Gießen (S 18 SO 108/10) erhoben.

Der Kläger beantragte am 8. und 16. April 2010 die Übernahme der Mehrkosten über dem Festbetrag in Höhe von 1,63 EUR für J. beim Beklagten. Der Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten mit Bescheid vom 19. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2010 ab. Der Kläger hat hiergegen am 15. August 2010 Klage beim Sozialgericht Gießen (S 18 SO 109/10) erhoben.

Der Kläger beantragte am 11. Mai 2010 die Übernahme der Mehrkosten über dem Festbetrag in Höhe von 1,63 EUR für J. beim Beklagten. Der Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten mit Bescheid vom 25. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2010 ab. Der Kläger hat hiergegen am 25. September 2010 Klage beim Sozialgericht Gießen (S 18 SO 135/10) erhoben.

Der Kläger beantragte am 18. und 21. Mai 2010 die Übernahme der Mehrkosten über dem Festbetrag in Höhe von 1,63 EUR für J. beim Beklagten. Der Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten mit Bescheid vom 25. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2010 ab. Der Kläger hat am 25. September 2010 hiergegen Klage beim Sozialgericht Gießen (S 18 SO 136/10) erhoben.

Der Kläger beantragte am 2. Juli 2010 die Übernahme der Mehrkosten über dem Festbetrag in Höhe von 1,63 EUR für J. beim Beklagten. Der Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten mit Bescheid vom 8. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2010 ab. Der Kläger hat hiergegen am 12. November 2010 Klage beim Sozialgericht Gießen (S 18 SO 168/10) erhoben.

Der Kläger beantragte am 17. Juli 2010 die Übernahme der Mehrkosten über dem Festbetrages in Höhe von 1,63 EUR für J. beim Beklagten. Der Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten mit Bescheid vom 19. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2010 ab. Der Kläger hat hiergegen am 12. November 2010 Klage beim Sozialgericht Gießen (S 18 SO 169/10) erhoben.

Der Kläger beantragte am 17. und 23. November 2010 die Übernahme der Mehrkosten über dem Festbetrag in Höhe von 1,63 EUR für J. beim Beklagten. Der Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten mit Bescheid vom 26. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2012 ab. Der Kläger hat hiergegen am 20. August 2012 Klage beim Sozialgericht Gießen (S 18 SO 144/12) erhoben.

Der Kläger beantragte am 23. und 27. August 2010 die Übernahme der Mehrkosten über dem Festbetrag in Höhe von 1,63 EUR für J. beim Beklagten. Der Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten mit Bescheid vom 23. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2012 ab. Der Kläger hat hiergegen am 20. August 2012 Klage beim Sozialgericht Gießen (S 18 SO 149/12) erhoben.

Der Kläger beantragte am 12. September 2010 die Übernahme der Mehrkosten über dem Festbetrag in Höhe von 1,63 EUR für J. beim Beklagten. Der Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten mit Bescheid vom 23. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2012 ab. Der Kläger hat hiergegen am 20. August 2012 Klage zum Sozialgericht Gießen (S 18 SO 150/12) erhoben.

Der Kläger beantragte am 12. Oktober 2010 die Übernahme der Mehrkosten über dem Festbetrag in Höhe von 1,63 EUR für J. beim Beklagten. Der Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten mit Bescheid vom 16. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2012 ab. Der Kläger hat hiergegen am 20. August 2012 Klage beim Sozialgericht Gießen (S 18 SO 156/12) erhoben.

Der Kläger beantragte am 1. November 2010 die Übernahme der Mehrkosten über dem Festbetrag in Höhe von 1,63 EUR für J. beim Beklagten. Der Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten mit Bescheid vom 16. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2012 ab. Der Kläger hat hiergegen am 20. August 2012 Klage beim Sozialgericht Gießen (S 18 SO 157/12) erhoben.

Mit Beschluss vom 11. April 2012 hat das Sozialgericht die Verfahren S 18 SO 57/10, S 18 SO 58/10, S 18 SO 59/10, S 18 SO 108/10, S 18 SO 109/10, S 18 SO 135/10, S 18 SO 136/10, S 18 SO 168/10 und S 18 SO 169/10 mit dem Verfahren S 18 SO 38/10 (führend) gemäß § 113 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Mit Beschluss vom 18. September 2012 hat das Sozialgericht die Verfahren S 18 SO 144/12, S 18 SO 149/12, S 18 SO 150/12, S 18 SO 156/12 und S 18 SO 157/12 mit dem Verfahren S 18 SO 38/10 VR (führend) zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Mit Gerichtsbescheid vom 18. September 2012 hat das Sozialgericht nach Anhörung der Beteiligten die Klagen als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme der Zuzahlung in Höhe von jeweils 1,63 EUR gegen den Beklagten. Aus diesem Grund seien die angegriffenen Bescheide rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten.

Gegen den ihm am 20. September 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20. Oktober 2010 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt, die das erkennende Gericht durch Urteil vom 24.April 2013 als unzulässig verworfen hat.

Der 8. Senat des Bundessozialgerichts hat nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Bestellung von Herrn Rechtsanwalt F. zum besonderen Vertreter des Klägers auf dessen Beschwerde die Revision zugelassen und sodann das Urteil des erkennenden Gerichts vom 24.April 2013 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Der Revisionssenat stellte dabei fest, dass bei dem Kläger eine partielle Prozessunfähigkeit im Hinblick auf die Führung von sozialgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vorliege und im Berufungsverfahren nicht davon abgesehen hätte werden können, einen besonderen Vertreter zu bestellen. Stehe wie vorliegend die Prozessunfähigkeit für den Prozess fest, könne diese grundsätzlich nur mit einem besonderen Vertreter fortgeführt werden, wenn eine sonstige gesetzliche Vertretung nicht gewährleistet ist und - wie hier - das Amtsgericht von der Bestellung eines Betreuers abgesehen hat. Zwar seien Ausnahmen von der Vertreterbestellung dann für zulässig achtet worden, wenn das Rechtsmittel unter Anlegung eines strengen Maßstabs "offensichtlich haltlos" sei, was insbesondere bei absurden Klagebegehren ohne jeden Rückhalt im Gesetz oder bei offensichtlich unschlüssigem Vorbringen anzunehmen sei, etwa wenn kein konkreter Streitgegenstand erkennbar ist, der Kläger nur allgemeine Ausführungen ohne irgendeinen Bezug zum materiellen Recht mache oder wenn sein Vorbringen bereits mehrmals Gegenstand gerichtlicher Entscheidung gewesen sei. Ein solches haltloses Begehren liege vorliegend aber nicht vor.

Mit Beschluss vom 13. Mai 2015 hat der Vorsitzende des Senats anstelle von Rechtsanwalt F., der die Funktion als besonderer Vertreter für die Verfahren vor dem LSG abgelehnt hat, Herrn Justizinspektor B. als besonderen Vertreter des Klägers gemäß § 72 Abs. 1 SGG bestellt. Dieser hat die bisherige Prozessführung des Klägers in diesem Verfahren genehmigt und sich den gestellten Anträgen des Klägers angeschlossen. Weitergehende Anträge hat er nicht gestellt. In Übereinstimmung mit dem Beklagten hat er sich mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden/Berichterstatter anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 18. September 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 27. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2010, des Bescheides vom 4. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2010, des Bescheides vom 4. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2010, des Bescheides vom 21. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2010, des Bescheides vom 26. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2010, des Bescheides vom 19. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2010, des Bescheides vom 25. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2010, des Bescheides vom 25. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2010, des Bescheides vom 8. Juli.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2010, des Bescheides vom 19. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2010, des Bescheides vom 26. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2012, des Bescheides vom 23. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2012, des Bescheides vom 23. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2012, des Bescheides vom 16. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2012, des Bescheides vom 16. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2012, zu verurteilen, jeweils 1,63 EUR für das fachärztlich verordnete Medikament J. zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen, wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Vorsitzende konnte anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung entscheiden nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1, 155 Abs. 3 SGG).

Die Berufung ist zulässig.

Dem Kläger fehlt zwar die Prozessfähigkeit für das vorliegende Verfahren, er wird jedoch von dem nach § 72 Abs. 1 SGG bestellten besonderen Vertreter rechtswirksam vertreten, dieser hat seine bisherigen Prozesshandlungen genehmigt, diese sind daher wirksam.

Ein Beteiligter ist gemäß § 71 Abs. 1 SGG prozessfähig, soweit er sich durch Verträge verpflichten kann. Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit, einen Prozess selbst oder durch einen selbst bestellten Prozessbevollmächtigten zu führen, Verfahrenshandlungen (Prozesshandlungen) selbst oder durch einen selbst bestellten Vertreter wirksam vorzunehmen und entgegenzunehmen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 71 Rn. 1a, 3). Die Prozessfähigkeit ist eine Prozessvoraussetzung und in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (§ 71 Abs. 6 SGG in Verbindung mit § 56 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO).

Im Hinblick auf die Durchführung sozialgerichtlicher Streitverfahren gegen den Sozialhilfeträger ist die zumindest seit April 2008 bestehende partielle Prozessunfähigkeit des Klägers festgestellt. Diesbezüglich wird auf den Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Februar 2011 (Az.: L 9 SO 58/09 B) und die Beschlussgründe Bezug genommen. Der Senat hat sich im Rahmen der persönlichen Anhörung des Klägers am 26. September 2012 im Verfahren mit dem Az.: L 4 SO 81/12 B nochmals von dem Fortbestehen der partiellen Prozessunfähigkeit des Klägers überzeugt, auf die Gründe des Beschlusses des Senats vom 26. September 2012 (Az.: L 4 SO 81/12 B) wird Bezug genommen. Das BSG teilt in mehreren Entscheidungen – so auch in der zurückweisenden Entscheidung im vorliegenden Verfahren - diese Einschätzung. Hinweise auf eine Änderung der Verhältnisse liegen nicht vor.

Der Kläger leidet - wovon auch das BSG im Ergebnis ausgeht - an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung und einer rezidivierenden depressiven Störung. Der Sachverständige Dr. G. führt hierzu in seinem Gutachten vom 9. Januar 2010 (S. 26) u. a. aus: " als andere Begrifflichkeit der paranoiden Persönlichkeitsstörung kann auch der eines Querulantenwahns bzw. einer querulatorischen Entwicklung genannt werden. In der Folge hat sich entwickelt, dass sich Herr A. grundsätzlich als ungerecht behandelt fühlt und dann entsprechend dagegen gerichtlich vorgehen muss, auch wenn das Verhältnis zwischen Anliegen und Verhaltensweisen völlig unverhältnismäßig erscheint. So ist auch der als verbissen anzusehende Kampf des Herrn A. anzusehen, der mannigfaltige Prozesse auf Grund vermeintlicher Ansprüche verfolgt."

Mit Beschluss vom 24. Januar 2011 hat das Amtsgericht Friedberg - Betreuungsgericht die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung für den Kläger mit der Begründung abgelehnt, dass bei diesem eine schwere paranoide Persönlichkeitsstörung mit rezidivierenden depressiven Episoden und eine Benzodiazepinabhängigkeit vorliege. Dies entspreche dem Ergebnis des durch das Hessische Landessozialgericht eingeholten psychiatrischen Gutachtens des Facharztes für Psychiatrie Dr. G. vom 9. Januar 2010. Auch das im Auftrag des Betreuungsgerichts eingeholte Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. H. komme zu dem Ergebnis, dass bezüglich des Aufgabenkreises Prozessangelegenheiten der Kläger zu realitätsgerechtem und situationsadäquatem Denken und Handeln nicht in der Lage sei. Der pathologische Geisteszustand des Klägers führe ihn nämlich ersichtlich nicht dazu, dass er eigene Rechte nicht wahrnehmen oder Ansprüche nicht geltend machen würde und dadurch in Gefahr geriete, erhebliche Nachteile zu erleiden. Vielmehr führe ihn seine pathologische Querulanz dazu, eine Unzahl von Anträgen vor allem an Sozialbehörden zu stellen und sozialgerichtliche Verfahren anhängig zu machen. Dies stelle ohne Zweifel für die betroffenen Behörden und Gerichte einen erheblichen Nachteil dar, nicht jedoch für den Kläger selbst, da diese Verfahren typischer Weise kostenfrei seien und deshalb eine Vermögensgefährdung nicht zu befürchten sei. Auf Anregung des Vorsitzenden hat das Amtsgericht Friedberg mit neuerlichem Beschluss vom 13. Januar 2015 abermals entschieden, dass für den Kläger kein Betreuer bestellt wird.

Nach Berechnung des Sozialgerichts (z. B. Beschluss vom 2. September 2014, Az.: S 18 SO 91/14 ER) hat der Kläger von September 2004 bis September 2014 mehr als 860 sozialgerichtliche Antrags- und Klageverfahren angestrengt.

Die Berufung ist jedoch aus den Gründen der aufgehobenen Entscheidung unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Übernahme bzw. Erstattung der von ihm geltend gemachten über den Festbetrag gem. §§ 35, 35a SGB V hinausgehenden Kosten für das ihm mehrfach vertragsärztlich (aut idem) verordnete Fertigarzneimittel J. in Höhe von 1,63 EUR pro Verordnung gegen den Beklagten.

Ein derartiger Anspruch auf höhere Leistungen kann sich für die Zeit bis 31. Dezember 2010 auf der Grundlage von § 28 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) a. F. ergeben. Danach muss eine abweichende Festsetzung der Regelsätze erfolgen, wenn ein Bedarf unabweisbar erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Er besteht indessen wegen des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII) bereits deshalb nicht, weil der Kläger nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) einen Anspruch auf Vollversorgung mit Arzneimitteln ohne Begrenzung auf den hierfür festgesetzten Festbetrag gegen seine gesetzliche Krankenkasse hat, wenn aufgrund ungewöhnlicher Individualverhältnisse keine ausreichende Versorgung zum Festbetrag möglich ist (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 31 SGB V, vgl. BSG, Urteil vom 3. Juli 2012, B 1 KR 22/11 R), weil die zum Festbetrag erhältlichen Arzneimittel unerwünschte Nebenwirkungen verursachen, die über bloße Unannehmlichkeiten oder Befindlichkeitsstörungen hinausgehen und damit die Qualität einer behandlungsbedürftigen Krankheit (§ 27 Abs. 1 S 1 SGB V) erreichen (BSG. a. a. O). Diesen Anspruch nach § 27 i. V. m. § 31 SGB V hat der Kläger vorrangig einzusetzen.

Soweit dieser Anspruch auf Vollversorgung mit Arzneimitteln nach dem SGB V nicht bestehen sollte, weil beim Kläger die genannten ungewöhnlichen Individualverhältnisse in dem genannten Sinne nicht bestehen, schließt dies zugleich die Unabweisbarkeit eines etwaigen erhöhten Regelbedarfs im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 2 SGB XII a. F. aus, weil der Kläger in diesem Fall zumutbar auf ein Arzneimittel zum Festbetrag zu verweisen wäre.

Im Übrigen kann der geltend gemachte Anspruch bezüglich des Medikaments J. auch deshalb nicht bzw. nicht über einen längeren Zeitraum zuerkannt werden, weil dessen Wirkstoff zu den Benzodiazepinen gehört, die sehr schnell zu einer Abhängigkeit führen, die bei dem Kläger mittlerweile auch festgestellt ist.

Unter Berücksichtigung des vorrangigen Anspruchs aus § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 31 SGB V kommt auch ein Anspruch gegen den Beklagten aus § 73 SGB XII nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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