Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 20 SO 14/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 77/14 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 49/16 BH
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 27. März 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) über die Gewährung eines monatlichen Mehrbedarfes in Höhe von 60,00 EUR für eine kostenaufwendige Ernährung bei Diabetes Mellitus für den Bewilligungszeitraum vom 1. Juli 2006 bis zum 26. Juni 2008.
Der Kläger bezog bis zum 30. Juni 2006 Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII, die mit Bescheid des Beklagten vom 8. Juni 2006 eingestellt wurden. Mit Bescheid vom 8. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. November 2006 bewilligte der Beklagte Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII in Höhe von zunächst 571,91 EUR monatlich für die Zeit vom 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007. Mit Bescheid vom 6. Juni 2007, geändert durch Bescheid vom 28. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. September 2007 bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 30. Juni 2008 weiterhin laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII in Höhe von zunächst 578,65 EUR.
Am 30. Mai 2006 beantragte der Kläger die Gewährung eines Mehrbedarfes wegen einer kostenaufwändigen Ernährung nach § 30 SGB XII unter Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme seines Hausarztes Dr. K. vom 29. Mai 2006, wonach bei dem Kläger ein Diabetes mellitus vorliege, der medikamentös behandelt werde. Mit Bescheid vom 13. Juli 2006 lehnte der Beklagte nach Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme seines Fachdienstes Gesundheit den beantragten Mehrbedarf ab, gemäß den Richtlinien des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge sei für den übergewichtigen Diabetiker eine nicht kostenaufwendige Reduktionskost ausreichend. Mit hiergegen erhobenen Widerspruch (Schreiben vom 24. Juli 2006) machte der Kläger einen monatlichen Mehrbedarf in Höhe von 52,00 EUR geltend und führte aus, er bedürfe einer seiner Erkrankung angemessene Vollkost. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Hiergegen hat der Kläger am 24. Januar 2007 Klage (S 18 SO 14/07) beim Sozialgericht Gießen eingelegt.
Am 31. Oktober 2007 beantragte der Kläger erneut einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung unter Vorlage einer Stellungnahme der Fachärzte für Allgemeinmedizin Dres. L./M. vom 30. Oktober 2007 wonach beim Kläger Diabetes mellitus Typ 2a bestehe, der medikamentös behandelt werden. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 20. Dezember 2007 nach Einholung einer Stellungnahme bei seinem Fachdienst Gesundheit vom 5. Dezember 2007, nach der kein ernährungsbedingter Mehrbedarf bestehe, ab. Hiergegen erhob der Kläger am 9. Januar 2008 Widerspruch und machte einen monatlichen Mehrbedarf in Höhe von 120,00 EUR geltend. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2008 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 18. März 2008 Klage (Az.: S 20 SO 49/08) beim Sozialgericht Gießen erhoben.
Im Verfahren S 18 SO 14/07 hat der Kläger eine Bescheinigung des Dr. N. vom 19. Juli 2007 und ein weiteres Attest dieses Arztes vom 11. September 2007 vorgelegt. Das Sozialgericht hat einen Befundbericht der Gemeinschaftspraxis Dr. L. und Dr. M. (Dr. N.) vom 29. November 2007 eingeholt. Die Ärzte kommen darin zu der Feststellung, dass der Kläger wegen seines Diabetes Mellitus grundsätzlich auf Zugabe von Kochsalz verzichten solle, bei der Ernährung den Fettanteil reduzieren solle und möglichst eine obst- und gemüsereiche Kost bevorzugen solle. Eine Spezialkost sei nicht erforderlich.
Mit Beschluss vom 27. März 2012 hat das Sozialgericht die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Urteil ebenfalls vom 27. März 2012 die Klagen abgewiesen. Unter der Annahme der grundsätzlichen Leistungsberechtigung des Klägers nach dem SGB XII bestehe kein Anspruch auf Gewährung des von ihm geltend gemachten Mehrbedarfs in Höhe von 60,00 EUR monatlich für eine kostenaufwendige Ernährung. Anspruchsgrundlage sei § 30 SGB XII. Aus den im Verfahren beigezogenen Arztbriefen, insbesondere aus dem Befundbericht des Dr. M. vom 29. November 2007 ergebe sich nicht, dass eine besondere Kostform indiziert sei. Das Gericht sehe im Übrigen generell bei Diabetes Mellitus Typ II, mit oder ohne Übergewicht, keinen besonderen ernährungsbedingten Mehrbedarf, denn die empfohlene Diabeteskost unterscheide sich nicht von der Kostform, die generell als gesund angesehen werde. Auch Übergewicht ohne Begleiterkrankungen begründe allein ebenfalls keinen ernährungsbedingten Mehrbedarf, da eine einfache Reduktion der Kalorienzufuhr den Abbau einer Adipositas bewirke. Dies sei auch dem Kläger bekannt, denn er habe schon mehrfach (aber nicht langfristig wirkend) erhebliche Gewichtsreduktionen durchführen können. Eine hierbei notwendige reduzierte Kalorienzufuhr sei auch im Rahmen einer sogenannten ausgewogenen Mischkost möglich. Etwas anderes ergebe sich auch nicht bei insulinpflichtigen Diabetikern.
Gegen das ihm am 27. April 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. Mai 2012 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt, das diese durch Urteil vom 26. September 2012 als unzulässig verworfen hat.
Mit Beschluss vom 8. April 2014 hat das Bundessozialgericht (BSG) auf die Beschwerde des Klägers diesen Beschluss aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das erkennende Gericht zurückverwiesen. Der Revisionssenat stellte dabei fest, dass bei dem Kläger eine partielle Prozessunfähigkeit im Hinblick auf die Führung von sozialgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vorliege und im Berufungsverfahren nicht davon abgesehen hätte werden können, einen besonderen Vertreter zu bestellen. Stehe wie vorliegend die Prozessunfähigkeit für den Prozess fest, könne diese grundsätzlich nur mit einem besonderen Vertreter fortgeführt werden, wenn eine sonstige gesetzliche Vertretung nicht gewährleistet ist und - wie hier - das Amtsgericht von der Bestellung eines Betreuers abgesehen hat. Zwar seien Ausnahmen von der Vertreterbestellung dann für zulässig achtet worden, wenn das Rechtsmittel unter Anlegung eines strengen Maßstabs "offensichtlich haltlos" sei, was insbesondere bei absurden Klagebegehren ohne jeden Rückhalt im Gesetz oder bei offensichtlich unschlüssigem Vorbringen anzunehmen sei, etwa wenn kein konkreter Streitgegenstand erkennbar ist, der Kläger nur allgemeine Ausführungen ohne irgendeinen Bezug zum materiellen Recht mache oder wenn sein Vorbringen bereits mehrmals Gegenstand gerichtlicher Entscheidung gewesen sei. Ein solches haltloses Begehren liege vorliegend aber nicht vor.
Mit Beschluss vom 13. Mai 2015 hat der Vorsitzende des Senats anstelle von Rechtsanwalt F., der die Funktion als besonderer Vertreter im Verfahren vor dem BSG wahrgenommen hatte, jedoch für die Verfahren vor dem LSG abgelehnt hat, Herrn Justizinspektor B. als besonderen Vertreter des Klägers gemäß § 72 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestellt. Dieser hat die bisherige Prozessführung des Klägers in diesem Verfahren genehmigt und sich den gestellten Anträgen des Klägers angeschlossen. Weitergehende Anträge hat er nicht gestellt.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 27. März 2007 und den Bescheid vom 13. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Dezember 2006 sowie den Bescheid vom 20. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm monatlich weitere Leistungen in Höhe von 60,00 EUR nach dem SGB XII unter Anerkennung eines Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung bei Diabetes Mellitus für die Zeit vom 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2008 zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Beklagtenakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Vorsitzende konnte anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung entscheiden nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1, 155 Abs. 3 SGG).
Die Berufung ist zulässig.
Zwar fehlt dem Kläger die Prozessfähigkeit, er wird jedoch von dem nach § 72 Abs. 1 SGG bestellten besonderen Vertreter rechtswirksam vertreten.
Ein Beteiligter ist gemäß § 71 Abs. 1 SGG prozessfähig, soweit er sich durch Verträge verpflichten kann. Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit, einen Prozess selbst oder durch einen selbst bestellten Prozessbevollmächtigten zu führen, Verfahrenshandlungen (Prozesshandlungen) selbst oder durch einen selbst bestellten Vertreter wirksam vorzunehmen und entgegenzunehmen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 71 Rn. 1a, 3). Die Prozessfähigkeit ist eine Prozessvoraussetzung und in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (§ 71 Abs. 6 SGG in Verbindung mit § 56 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO).
Im Hinblick auf die Durchführung sozialgerichtlicher Streitverfahren gegen den Sozialhilfeträger ist die zumindest seit April 2008 bestehende partielle Prozessunfähigkeit des Klägers festgestellt. Diesbezüglich wird auf den Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Februar 2011 (Az.: L 9 SO 58/09 B) und die Beschlussgründe Bezug genommen. Der Senat hat sich im Rahmen der persönlichen Anhörung des Klägers am 26. September 2012 im Verfahren mit dem Az.: L 4 SO 81/12 B nochmals von dem Fortbestehen der partiellen Prozessunfähigkeit des Klägers überzeugt, auf die Gründe des Beschlusses des Senats vom 26. September 2012 (Az.: L 4 SO 81/12 B) wird Bezug genommen. Das BSG teilt in mehreren Entscheidungen – so auch in der zurückweisenden Entscheidung im vorliegenden Verfahren - diese Einschätzung. Hinweise auf eine Änderung der Verhältnisse liegen nicht vor.
Der Kläger leidet - wovon auch das BSG im Ergebnis ausgeht - an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung und einer rezidivierenden depressiven Störung. Der Sachverständige Dr. G. führt hierzu in seinem Gutachten vom 9. Januar 2010 (S. 26) u. a. aus: " als andere Begrifflichkeit der paranoiden Persönlichkeitsstörung kann auch der eines Querulantenwahns bzw. einer querulatorischen Entwicklung genannt werden. In der Folge hat sich entwickelt, dass sich Herr A. grundsätzlich als ungerecht behandelt fühlt und dann entsprechend dagegen gerichtlich vorgehen muss, auch wenn das Verhältnis zwischen Anliegen und Verhaltensweisen völlig unverhältnismäßig erscheint. So ist auch der als verbissen anzusehende Kampf des Herrn A. anzusehen, der mannigfaltige Prozesse auf Grund vermeintlicher Ansprüche verfolgt."
Mit Beschluss vom 24. Januar 2011 hat das Amtsgericht Friedberg - Betreuungsgericht die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung für den Kläger mit der Begründung abgelehnt, dass bei diesem eine schwere paranoide Persönlichkeitsstörung mit rezidivierenden depressiven Episoden und eine Benzdiazepinabhängigkeit vorliege. Dies entspreche dem Ergebnis des durch das Hessische Landessozialgericht eingeholten psychiatrischen Gutachtens des Facharztes für Psychiatrie Dr. G. vom 9. Januar 2010. Auch das im Auftrag des Betreuungsgerichts eingeholte Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. H. komme zu dem Ergebnis, dass bezüglich des Aufgabenkreises Prozessangelegenheiten der Kläger zu realitätsgerechtem und situationsadäquatem Denken und Handeln nicht in der Lage sei. Der pathologische Geisteszustand des Klägers führe ihn nämlich ersichtlich nicht dazu, dass er eigene Rechte nicht wahrnehmen oder Ansprüche nicht geltend machen würde und dadurch in Gefahr geriete, erhebliche Nachteile zu erleiden. Vielmehr führe ihn seine pathologische Querulanz dazu, eine Unzahl von Anträgen vor allem an Sozialbehörden zu stellen und sozialgerichtliche Verfahren anhängig zu machen. Dies stelle ohne Zweifel für die betroffenen Behörden und Gerichte einen erheblichen Nachteil dar, nicht jedoch für den Kläger selbst, da diese Verfahren typischer Weise kostenfrei seien und deshalb eine Vermögensgefährdung nicht zu befürchten sei. Auf Anregung des Vorsitzenden hat das Amtsgericht Friedberg mit neuerlichem Beschluss vom 13. Januar 2015 abermals entschieden, dass für den Kläger kein Betreuer bestellt wird.
Nach Berechnung des Sozialgerichts (z. B. Beschluss vom 2. September 2014, Az.: S 18 SO 91/14 ER) hat der Kläger von September 2004 bis September 2014 mehr als 860 sozialgerichtliche Antrags- und Klageverfahren angestrengt.
Die Berufung ist jedoch aus den Gründen der aufgehobenen Entscheidung unbegründet.
Zu Recht hat der Beklagte höhere Leistungen wegen eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs des Klägers abgelehnt. Der Bescheid vom 13. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Dezember 2006 und der Bescheid vom 20. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2008 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Streitgegenstand ist die Bewilligung eines monatlichen Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung für die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in den Bewilligungsabschnitten vom 1. Juli 2006 bis zum 30. Juni 2007 und vom 1. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2008.
Rechtsgrundlage ist § 30 Abs. 5 Sozialgesetzbuch – Zwölftes Buch (SGB XII), wonach für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt wird.
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, da ein ernährungsbedingter Mehrbedarf beim Kläger nicht erkennbar ist.
Zur Konkretisierung des Mehrbedarfs für eine Krankenkostzulage sind die vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen, 3. Auflage 2008 (im Folgenden: Mehrbedarfsempfehlungen) heranzuziehen. Ungeachtet der Frage, ob diese als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen sind (bejahend Beschluss des HLSG vom 22. Dezember 2008 – L 7 SO 7/08 B ER; Urteile des LSG Sachsen vom 27. August 2009 – L 3 AS 245/08 und 22. Juni 2009 – L 11 AS 124/08; LSG Bayern vom 23. April 2009 – L 11 AS 124/08; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 9. März 2009 – L 8 A 68/08; offengelassen: Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 4. Oktober 2010 – L 19 AS 1140/10 – und vom 15. März 2010 – L 19(20) AS 50/09; sämtlich veröffentlicht in Juris), können diese als Orientierungshilfe dienen und sind weitere Ermittlungen im Einzelfall nur dann erforderlich, sofern Besonderheiten, insbesondere von Mehrbedarfen abweichende Bedarfe substantiiert geltend gemacht werden (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/7b AS 64/06 R – Juris Rn. 28; Beschlüsse des LSG Nordrhein-Westfalen vom 15. September 2011 – L 6 AS 2052/10 B – und 7. Februar 2011 – L 19 AS 1868/10 B m. w. N, sämtlich veröffentlicht in Juris; Beschluss des HLSG vom 23. August 2011 – L 9 SO 202/11 B ER).
Das Sozialgericht hat im Rahmen seiner Ermittlungen einen Befundbericht der Gemeinschaftspraxis Dres. L./M. vom 29. November 2007 eingeholt, aus dem sich die Erforderlichkeit einer besonderen, kostenaufwändigen Ernährung nicht ergibt. Es bestehen daher keine Anhalte, dass die beim Kläger nach Aktenlage vorliegende Erkrankung etwas anderes erfordert als lediglich eine Vollkost, deren Beschaffung keine erhöhten Kosten verursacht (vgl. Ziff. II. 2. 4.1. der Mehrbedarfsempfehlungen). Das gilt auch unter Berücksichtigung des vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Befundberichts des Internisten Dr. J. vom 14. Mai 2012. Unabhängig davon, dass der Kläger erst seit 13. Mai 2008 bei dem Arzt in Behandlung ist, ergibt sich aus dessen Angaben ebenfalls keine besondere Kostform. Soweit der Kläger geltend macht, dass die im Regelsatz enthaltenen Anteile für Ernährung es nicht zuließen, neben drei Hauptmahlzeiten noch zwei Zwischenmahlzeiten und eine Spätmahlzeit zu finanzieren, kann dies keinen ernährungsbedingten Mehrbedarf im Sinne des Gesetzes begründen, da nach den Angaben des Dr. J. 2000 kcal auf sechs Mahlzeiten verteilt werden sollen, d. h. sechs kleine Mahlzeiten eingenommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) über die Gewährung eines monatlichen Mehrbedarfes in Höhe von 60,00 EUR für eine kostenaufwendige Ernährung bei Diabetes Mellitus für den Bewilligungszeitraum vom 1. Juli 2006 bis zum 26. Juni 2008.
Der Kläger bezog bis zum 30. Juni 2006 Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII, die mit Bescheid des Beklagten vom 8. Juni 2006 eingestellt wurden. Mit Bescheid vom 8. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. November 2006 bewilligte der Beklagte Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII in Höhe von zunächst 571,91 EUR monatlich für die Zeit vom 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007. Mit Bescheid vom 6. Juni 2007, geändert durch Bescheid vom 28. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. September 2007 bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 30. Juni 2008 weiterhin laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII in Höhe von zunächst 578,65 EUR.
Am 30. Mai 2006 beantragte der Kläger die Gewährung eines Mehrbedarfes wegen einer kostenaufwändigen Ernährung nach § 30 SGB XII unter Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme seines Hausarztes Dr. K. vom 29. Mai 2006, wonach bei dem Kläger ein Diabetes mellitus vorliege, der medikamentös behandelt werde. Mit Bescheid vom 13. Juli 2006 lehnte der Beklagte nach Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme seines Fachdienstes Gesundheit den beantragten Mehrbedarf ab, gemäß den Richtlinien des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge sei für den übergewichtigen Diabetiker eine nicht kostenaufwendige Reduktionskost ausreichend. Mit hiergegen erhobenen Widerspruch (Schreiben vom 24. Juli 2006) machte der Kläger einen monatlichen Mehrbedarf in Höhe von 52,00 EUR geltend und führte aus, er bedürfe einer seiner Erkrankung angemessene Vollkost. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Hiergegen hat der Kläger am 24. Januar 2007 Klage (S 18 SO 14/07) beim Sozialgericht Gießen eingelegt.
Am 31. Oktober 2007 beantragte der Kläger erneut einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung unter Vorlage einer Stellungnahme der Fachärzte für Allgemeinmedizin Dres. L./M. vom 30. Oktober 2007 wonach beim Kläger Diabetes mellitus Typ 2a bestehe, der medikamentös behandelt werden. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 20. Dezember 2007 nach Einholung einer Stellungnahme bei seinem Fachdienst Gesundheit vom 5. Dezember 2007, nach der kein ernährungsbedingter Mehrbedarf bestehe, ab. Hiergegen erhob der Kläger am 9. Januar 2008 Widerspruch und machte einen monatlichen Mehrbedarf in Höhe von 120,00 EUR geltend. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2008 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 18. März 2008 Klage (Az.: S 20 SO 49/08) beim Sozialgericht Gießen erhoben.
Im Verfahren S 18 SO 14/07 hat der Kläger eine Bescheinigung des Dr. N. vom 19. Juli 2007 und ein weiteres Attest dieses Arztes vom 11. September 2007 vorgelegt. Das Sozialgericht hat einen Befundbericht der Gemeinschaftspraxis Dr. L. und Dr. M. (Dr. N.) vom 29. November 2007 eingeholt. Die Ärzte kommen darin zu der Feststellung, dass der Kläger wegen seines Diabetes Mellitus grundsätzlich auf Zugabe von Kochsalz verzichten solle, bei der Ernährung den Fettanteil reduzieren solle und möglichst eine obst- und gemüsereiche Kost bevorzugen solle. Eine Spezialkost sei nicht erforderlich.
Mit Beschluss vom 27. März 2012 hat das Sozialgericht die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Urteil ebenfalls vom 27. März 2012 die Klagen abgewiesen. Unter der Annahme der grundsätzlichen Leistungsberechtigung des Klägers nach dem SGB XII bestehe kein Anspruch auf Gewährung des von ihm geltend gemachten Mehrbedarfs in Höhe von 60,00 EUR monatlich für eine kostenaufwendige Ernährung. Anspruchsgrundlage sei § 30 SGB XII. Aus den im Verfahren beigezogenen Arztbriefen, insbesondere aus dem Befundbericht des Dr. M. vom 29. November 2007 ergebe sich nicht, dass eine besondere Kostform indiziert sei. Das Gericht sehe im Übrigen generell bei Diabetes Mellitus Typ II, mit oder ohne Übergewicht, keinen besonderen ernährungsbedingten Mehrbedarf, denn die empfohlene Diabeteskost unterscheide sich nicht von der Kostform, die generell als gesund angesehen werde. Auch Übergewicht ohne Begleiterkrankungen begründe allein ebenfalls keinen ernährungsbedingten Mehrbedarf, da eine einfache Reduktion der Kalorienzufuhr den Abbau einer Adipositas bewirke. Dies sei auch dem Kläger bekannt, denn er habe schon mehrfach (aber nicht langfristig wirkend) erhebliche Gewichtsreduktionen durchführen können. Eine hierbei notwendige reduzierte Kalorienzufuhr sei auch im Rahmen einer sogenannten ausgewogenen Mischkost möglich. Etwas anderes ergebe sich auch nicht bei insulinpflichtigen Diabetikern.
Gegen das ihm am 27. April 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. Mai 2012 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt, das diese durch Urteil vom 26. September 2012 als unzulässig verworfen hat.
Mit Beschluss vom 8. April 2014 hat das Bundessozialgericht (BSG) auf die Beschwerde des Klägers diesen Beschluss aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das erkennende Gericht zurückverwiesen. Der Revisionssenat stellte dabei fest, dass bei dem Kläger eine partielle Prozessunfähigkeit im Hinblick auf die Führung von sozialgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vorliege und im Berufungsverfahren nicht davon abgesehen hätte werden können, einen besonderen Vertreter zu bestellen. Stehe wie vorliegend die Prozessunfähigkeit für den Prozess fest, könne diese grundsätzlich nur mit einem besonderen Vertreter fortgeführt werden, wenn eine sonstige gesetzliche Vertretung nicht gewährleistet ist und - wie hier - das Amtsgericht von der Bestellung eines Betreuers abgesehen hat. Zwar seien Ausnahmen von der Vertreterbestellung dann für zulässig achtet worden, wenn das Rechtsmittel unter Anlegung eines strengen Maßstabs "offensichtlich haltlos" sei, was insbesondere bei absurden Klagebegehren ohne jeden Rückhalt im Gesetz oder bei offensichtlich unschlüssigem Vorbringen anzunehmen sei, etwa wenn kein konkreter Streitgegenstand erkennbar ist, der Kläger nur allgemeine Ausführungen ohne irgendeinen Bezug zum materiellen Recht mache oder wenn sein Vorbringen bereits mehrmals Gegenstand gerichtlicher Entscheidung gewesen sei. Ein solches haltloses Begehren liege vorliegend aber nicht vor.
Mit Beschluss vom 13. Mai 2015 hat der Vorsitzende des Senats anstelle von Rechtsanwalt F., der die Funktion als besonderer Vertreter im Verfahren vor dem BSG wahrgenommen hatte, jedoch für die Verfahren vor dem LSG abgelehnt hat, Herrn Justizinspektor B. als besonderen Vertreter des Klägers gemäß § 72 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestellt. Dieser hat die bisherige Prozessführung des Klägers in diesem Verfahren genehmigt und sich den gestellten Anträgen des Klägers angeschlossen. Weitergehende Anträge hat er nicht gestellt.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 27. März 2007 und den Bescheid vom 13. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Dezember 2006 sowie den Bescheid vom 20. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm monatlich weitere Leistungen in Höhe von 60,00 EUR nach dem SGB XII unter Anerkennung eines Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung bei Diabetes Mellitus für die Zeit vom 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2008 zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Beklagtenakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Vorsitzende konnte anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung entscheiden nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1, 155 Abs. 3 SGG).
Die Berufung ist zulässig.
Zwar fehlt dem Kläger die Prozessfähigkeit, er wird jedoch von dem nach § 72 Abs. 1 SGG bestellten besonderen Vertreter rechtswirksam vertreten.
Ein Beteiligter ist gemäß § 71 Abs. 1 SGG prozessfähig, soweit er sich durch Verträge verpflichten kann. Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit, einen Prozess selbst oder durch einen selbst bestellten Prozessbevollmächtigten zu führen, Verfahrenshandlungen (Prozesshandlungen) selbst oder durch einen selbst bestellten Vertreter wirksam vorzunehmen und entgegenzunehmen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 71 Rn. 1a, 3). Die Prozessfähigkeit ist eine Prozessvoraussetzung und in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (§ 71 Abs. 6 SGG in Verbindung mit § 56 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO).
Im Hinblick auf die Durchführung sozialgerichtlicher Streitverfahren gegen den Sozialhilfeträger ist die zumindest seit April 2008 bestehende partielle Prozessunfähigkeit des Klägers festgestellt. Diesbezüglich wird auf den Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Februar 2011 (Az.: L 9 SO 58/09 B) und die Beschlussgründe Bezug genommen. Der Senat hat sich im Rahmen der persönlichen Anhörung des Klägers am 26. September 2012 im Verfahren mit dem Az.: L 4 SO 81/12 B nochmals von dem Fortbestehen der partiellen Prozessunfähigkeit des Klägers überzeugt, auf die Gründe des Beschlusses des Senats vom 26. September 2012 (Az.: L 4 SO 81/12 B) wird Bezug genommen. Das BSG teilt in mehreren Entscheidungen – so auch in der zurückweisenden Entscheidung im vorliegenden Verfahren - diese Einschätzung. Hinweise auf eine Änderung der Verhältnisse liegen nicht vor.
Der Kläger leidet - wovon auch das BSG im Ergebnis ausgeht - an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung und einer rezidivierenden depressiven Störung. Der Sachverständige Dr. G. führt hierzu in seinem Gutachten vom 9. Januar 2010 (S. 26) u. a. aus: " als andere Begrifflichkeit der paranoiden Persönlichkeitsstörung kann auch der eines Querulantenwahns bzw. einer querulatorischen Entwicklung genannt werden. In der Folge hat sich entwickelt, dass sich Herr A. grundsätzlich als ungerecht behandelt fühlt und dann entsprechend dagegen gerichtlich vorgehen muss, auch wenn das Verhältnis zwischen Anliegen und Verhaltensweisen völlig unverhältnismäßig erscheint. So ist auch der als verbissen anzusehende Kampf des Herrn A. anzusehen, der mannigfaltige Prozesse auf Grund vermeintlicher Ansprüche verfolgt."
Mit Beschluss vom 24. Januar 2011 hat das Amtsgericht Friedberg - Betreuungsgericht die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung für den Kläger mit der Begründung abgelehnt, dass bei diesem eine schwere paranoide Persönlichkeitsstörung mit rezidivierenden depressiven Episoden und eine Benzdiazepinabhängigkeit vorliege. Dies entspreche dem Ergebnis des durch das Hessische Landessozialgericht eingeholten psychiatrischen Gutachtens des Facharztes für Psychiatrie Dr. G. vom 9. Januar 2010. Auch das im Auftrag des Betreuungsgerichts eingeholte Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. H. komme zu dem Ergebnis, dass bezüglich des Aufgabenkreises Prozessangelegenheiten der Kläger zu realitätsgerechtem und situationsadäquatem Denken und Handeln nicht in der Lage sei. Der pathologische Geisteszustand des Klägers führe ihn nämlich ersichtlich nicht dazu, dass er eigene Rechte nicht wahrnehmen oder Ansprüche nicht geltend machen würde und dadurch in Gefahr geriete, erhebliche Nachteile zu erleiden. Vielmehr führe ihn seine pathologische Querulanz dazu, eine Unzahl von Anträgen vor allem an Sozialbehörden zu stellen und sozialgerichtliche Verfahren anhängig zu machen. Dies stelle ohne Zweifel für die betroffenen Behörden und Gerichte einen erheblichen Nachteil dar, nicht jedoch für den Kläger selbst, da diese Verfahren typischer Weise kostenfrei seien und deshalb eine Vermögensgefährdung nicht zu befürchten sei. Auf Anregung des Vorsitzenden hat das Amtsgericht Friedberg mit neuerlichem Beschluss vom 13. Januar 2015 abermals entschieden, dass für den Kläger kein Betreuer bestellt wird.
Nach Berechnung des Sozialgerichts (z. B. Beschluss vom 2. September 2014, Az.: S 18 SO 91/14 ER) hat der Kläger von September 2004 bis September 2014 mehr als 860 sozialgerichtliche Antrags- und Klageverfahren angestrengt.
Die Berufung ist jedoch aus den Gründen der aufgehobenen Entscheidung unbegründet.
Zu Recht hat der Beklagte höhere Leistungen wegen eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs des Klägers abgelehnt. Der Bescheid vom 13. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Dezember 2006 und der Bescheid vom 20. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2008 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Streitgegenstand ist die Bewilligung eines monatlichen Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung für die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in den Bewilligungsabschnitten vom 1. Juli 2006 bis zum 30. Juni 2007 und vom 1. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2008.
Rechtsgrundlage ist § 30 Abs. 5 Sozialgesetzbuch – Zwölftes Buch (SGB XII), wonach für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt wird.
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, da ein ernährungsbedingter Mehrbedarf beim Kläger nicht erkennbar ist.
Zur Konkretisierung des Mehrbedarfs für eine Krankenkostzulage sind die vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen, 3. Auflage 2008 (im Folgenden: Mehrbedarfsempfehlungen) heranzuziehen. Ungeachtet der Frage, ob diese als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen sind (bejahend Beschluss des HLSG vom 22. Dezember 2008 – L 7 SO 7/08 B ER; Urteile des LSG Sachsen vom 27. August 2009 – L 3 AS 245/08 und 22. Juni 2009 – L 11 AS 124/08; LSG Bayern vom 23. April 2009 – L 11 AS 124/08; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 9. März 2009 – L 8 A 68/08; offengelassen: Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 4. Oktober 2010 – L 19 AS 1140/10 – und vom 15. März 2010 – L 19(20) AS 50/09; sämtlich veröffentlicht in Juris), können diese als Orientierungshilfe dienen und sind weitere Ermittlungen im Einzelfall nur dann erforderlich, sofern Besonderheiten, insbesondere von Mehrbedarfen abweichende Bedarfe substantiiert geltend gemacht werden (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/7b AS 64/06 R – Juris Rn. 28; Beschlüsse des LSG Nordrhein-Westfalen vom 15. September 2011 – L 6 AS 2052/10 B – und 7. Februar 2011 – L 19 AS 1868/10 B m. w. N, sämtlich veröffentlicht in Juris; Beschluss des HLSG vom 23. August 2011 – L 9 SO 202/11 B ER).
Das Sozialgericht hat im Rahmen seiner Ermittlungen einen Befundbericht der Gemeinschaftspraxis Dres. L./M. vom 29. November 2007 eingeholt, aus dem sich die Erforderlichkeit einer besonderen, kostenaufwändigen Ernährung nicht ergibt. Es bestehen daher keine Anhalte, dass die beim Kläger nach Aktenlage vorliegende Erkrankung etwas anderes erfordert als lediglich eine Vollkost, deren Beschaffung keine erhöhten Kosten verursacht (vgl. Ziff. II. 2. 4.1. der Mehrbedarfsempfehlungen). Das gilt auch unter Berücksichtigung des vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Befundberichts des Internisten Dr. J. vom 14. Mai 2012. Unabhängig davon, dass der Kläger erst seit 13. Mai 2008 bei dem Arzt in Behandlung ist, ergibt sich aus dessen Angaben ebenfalls keine besondere Kostform. Soweit der Kläger geltend macht, dass die im Regelsatz enthaltenen Anteile für Ernährung es nicht zuließen, neben drei Hauptmahlzeiten noch zwei Zwischenmahlzeiten und eine Spätmahlzeit zu finanzieren, kann dies keinen ernährungsbedingten Mehrbedarf im Sinne des Gesetzes begründen, da nach den Angaben des Dr. J. 2000 kcal auf sechs Mahlzeiten verteilt werden sollen, d. h. sechs kleine Mahlzeiten eingenommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.
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