Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 14 SO 155/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 139/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Nicht in der sozialen Pflegeversicherung versicherte Personen, die vom Sozialhilfeträger Pflegegeld beziehen, haben zusätzlich Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen für die Beiträge ihrer Pflegeperson für deren angemessene Alterssicherung.
2. Die Höhe entspricht derjenigen von Pflichtbeiträgen für Pflegepersonen, die im selben Umfang Pflegebedürftige versorgen, die in der sozialen Pflegeversicherung oder der privaten Pflege-Pflichtversicherung versichert sind.
3. Der sich daraus ergebende Betrag ist nicht zu kürzen, wenn die Pflegeperson neben der Pflege noch andere Tätigkeiten ausübt und dadurch weitere Rentenanwartschaften erwirbt.
2. Die Höhe entspricht derjenigen von Pflichtbeiträgen für Pflegepersonen, die im selben Umfang Pflegebedürftige versorgen, die in der sozialen Pflegeversicherung oder der privaten Pflege-Pflichtversicherung versichert sind.
3. Der sich daraus ergebende Betrag ist nicht zu kürzen, wenn die Pflegeperson neben der Pflege noch andere Tätigkeiten ausübt und dadurch weitere Rentenanwartschaften erwirbt.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 11. Mai 2016 (berichtigt durch Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 13. Juni 2016) aufgehoben.
Der Beklagte wird unter dementsprechender Abänderung seines Bescheids vom 18. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2013 und des Bescheids vom 18. Januar 2016 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. April 2013 bis 31. Dezember 2013 zugunsten seiner Pflegeperson C. weitere Beiträge für deren Alterssicherung in Höhe von insgesamt 1.143,70 EUR zu zahlen.
Der Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten (nur noch) über die Höhe der dem Kläger zu erstattenden Aufwendungen für die Beiträge zu einer angemessenen Alterssicherung seiner Pflegeperson für die Monate April bis Dezember 2013.
In dieser Zeit bezog der 1949 geborene pflegebedürftige Kläger von dem beklagten Sozialhilfeträger Pflegegeld der Pflegestufe II nach § 64 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022 (a.F.). Er wurde von seiner Betreuerin, Frau C., gepflegt. Mit einem an die Betreuerin des Klägers gerichteten Bescheid vom 18. Dezember 2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2013 monatliche Leistungen für seine Aufwendungen für Beiträge seiner Pflegeperson zu einer angemessenen Alterssicherung in Höhe von 118,98 EUR. Dabei ging er davon aus, aus der Pflege des Klägers ergebe sich gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) i.V.m. § 166 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) grundsätzlich ein monatlicher Beitrag zur Rentenversicherung der Pflegekraft von 274,40 EUR. Davon seien die monatlich anderweitig erzielten Beiträge zur Rentenversicherung der Pflegeperson abzuziehen. Für Frau C. würden bereits monatliche Rentenversicherungsbeiträge von 18,22 EUR (wegen einer geringfügigen Beschäftigung) und von 137,42 EUR (wegen der Pflege ihres Sohnes) abgeführt. Der Differenzbetrag von monatlich 118,98 EUR (rechnerisch korrekt wären 118,76 EUR) werde dem Kläger als Beitrag zur Alterssicherung seiner Pflegekraft gewährt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger fristgerecht Widerspruch. Er wandte sich gegen die Kürzung des aus der Pflege resultierenden Beitrags zur Alterssicherung von 274,40 EUR auf 118,98 EUR. Lediglich die Kürzung in Höhe von 18,22 EUR, die auf dem 400-Euro-Job beruhe, könne nachvollzogen werden. Demzufolge seien dem Kläger monatlich 256,18 EUR zu erstatten. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2013 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 18. Dezember 2012 als unbegründet zurück. Beiträge für eine angemessene Alterssicherung der Pflegeperson seien nur insoweit zu erstatten, als diese nicht anderweitig sichergestellt sei.
Am 28. März 2013 (Eingangsdatum) hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Klage zum Sozialgericht Wiesbaden erhoben, wo das Verfahren zunächst unter dem Aktenzeichen S 14 SO 49/13 registriert worden ist. Mit seiner kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage hat er die Aufhebung der Begrenzung seines monatlichen Zahlungsanspruchs auf 118,98 EUR in dem Bewilligungsbescheid und um 137,20 EUR höhere monatliche Zahlungen begehrt. Die von dem Beklagten insoweit vorgenommene Kürzung der Beiträge zur Alterssicherung seiner Pflegeperson sei unrechtmäßig. Sie beruhe darauf, dass diese nicht nur ihn, sondern auch ihren eigenen pflegebedürftigen Sohn (Pflegestufe I) betreue. Dadurch könne sie jedoch keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen und sei für ihre Altersvorsorge auf die ungekürzten Beiträge angewiesen. Dem ist der Beklagte entgegengetreten.
Nach zwischenzeitlichem Ruhen zur Durchführung eines Güterichterverfahrens ist der Rechtsstreit unter dem Aktenzeichen S 14 SO 155/13 fortgeführt worden. Das Sozialgericht hat im Rahmen eines Erörterungstermins die Pflegeperson des Klägers, Frau C., informatorisch angehört. In der Folgezeit hat diese ihr Einverständnis erklärt, dass die streitgegenständlichen Beiträge zur Alterssicherung ihrem Depot bei der F. Bank AG (UnionDepot: 123456), in dem für sie ein Vertrag über eine staatlich geförderte zusätzliche private Altersvorsorge (sog. Riester-Rente) verwaltet wird, gutgeschrieben werden. Daraufhin hat der Beklagte seinen Bescheid vom 18. Januar 2016 erlassen, mit dem er dem Kläger u.a. für die Monate April bis Juli 2013 (wiederum) 118,98 EUR monatlich und für die Monate August bis Dezember 2013 137,20 EUR monatlich für Beiträge seiner Pflegeperson zu einer angemessenen Alterssicherung zuerkannt hat.
Mit Urteil vom 11. Mai 2016 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, ohne den Bescheid des Beklagten vom 18. Januar 2016 zu berücksichtigen. Die zulässige Klage sei unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten sei rechtmäßig und beschwere den Kläger nicht. Gemäß § 65 Abs. 2 SGB XII a.F. könnten pflegebedürftigen Personen Leistungen zur Übernahme der Beiträge ihrer Pflegeperson zu deren angemessener Alterssicherung gewährt werden, wenn diese nicht anderweitig sichergestellt sei. Der Kläger sei im streitgegenständlichen Zeitraum pflegebedürftig gewesen und habe Pflegegeld der Pflegestufe II bezogen. Seine Pflegekraft habe in dem streitgegenständlichen Zeitraum jedoch keine angemessene Alterssicherung betrieben, deren Beiträge der Kläger hätte übernehmen können. Dabei kämen Beitragszahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung oder Beiträge zu einer privaten Alterssicherung in Betracht. Als private Alterssicherung kämen Beiträge zur zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des Gesetzes über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen (AltZertG) oder eine private Rentenversicherung mit einem Verwertungsausschluss in Betracht. Maßgeblich sei, dass die private Rentenversicherung der Alterssicherung diene und nicht vor dem Eintritt in das Rentenalter verwertet werden könne bzw. bei Bedürftigkeit der Pflegekraft als einzusetzendes Vermögen vor dem Bezug von Sozialleistungen zu verwerten sei. Der Kläger habe seine Pflegekraft nicht angestellt, so dass insoweit auch keine Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet werden konnten. Auch freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung hätten nicht erbracht werden können. Letztlich habe die Pflegekraft in dem Erörterungstermin erklärt, dass ein zwischenzeitlich abgeschlossener Riester-Rentenvertrag für die streitgegenständlichen Beiträge nicht mehr zur Verfügung stehe.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 20. Mai 2016 zugestellte Urteil des Sozialgerichts hat der Kläger am 10. Juni 2016 Berufung eingelegt. Dabei hat er den Streitgegenstand auf den Zeitraum vom 1. April 2013 bis zum 31. Dezember 2013 beschränkt. Er hat darauf hingewiesen, dass das Sozialgericht den Bescheid des Beklagten vom 18. Januar 2016 übersehen habe. Dadurch sei die Begründung des erstinstanzlichen Urteils, wonach von der Pflegeperson keine geeignete private Altersvorsorge betrieben werde, hinfällig. Die dem Kläger bislang bewilligten Leistungen seien vollständig der Riester-Rente seiner Pflegeperson zugeflossen. Für die von dem Beklagten nach wie vor vorgenommene Kürzung des monatlichen Zahlbetrags gebe es keine Rechtsgrundlage.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 11. Mai 2016 (berichtigt durch Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 13. Juni 2016) aufzuheben und den Beklagten unter dementsprechender Abänderung seines Bescheides vom 18. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2013 und des Bescheides vom 18. Januar 2016 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 1. April 2013 bis 31. Dezember 2013 zugunsten seiner Pflegeperson C. weitere Beiträge für deren Alterssicherung in Höhe von insgesamt 1.143,70 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und stützt sich ergänzend auf ein Urteil des BSG vom 2. Februar 2012 – B 8 SO 15/10 R.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, denn sie ist zulässig und begründet.
Mit seiner statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage begehrt der Kläger höhere Beiträge zur Alterssicherung seiner Pflegeperson unter dementsprechender Abänderung des Bewilligungsbescheids des Beklagten.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 18. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2013 und des Bescheids vom 18. Januar 2016. Der letztgenannte Verwaltungsakt ist von Gesetzes wegen Gegenstand des Klageverfahrens geworden, weil er nach dem Widerspruchsbescheid erlassen worden ist und den angefochtenen Bewilligungsbescheid inhaltlich abgeändert hat (§ 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Dass der neue Verwaltungsakt – entgegen der verfahrensrechtlichen Pflicht aus § 96 Abs. 2 SGG – dem Sozialgericht nicht mitgeteilt und deshalb von diesem nicht berücksichtigt worden ist, ändert daran nichts. Den streitgegenständlichen Zeitraum hat der Kläger im Rahmen seiner Dispositionsbefugnis wirksam auf die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 2013 beschränkt.
Zu Recht gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass dem Kläger gegen den Beklagten ein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf Übernahme der Aufwendungen für die Beiträge seiner Pflegeperson für deren angemessene Alterssicherung aus § 65 Abs. 2 SGB XII a.F. zusteht. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm waren im streitgegenständlichen Zeitraum auch zur Überzeugung des Senats erfüllt. Der Kläger bezog Pflegegeld nach § 64 SGB XII a.F. und wurde von einer Pflegeperson versorgt. Diese, seine Betreuerin Frau C., war bei ihm nicht sozialversicherungsrechtlich beschäftigt. Ihre angemessene Alterssicherung war daher nicht schon durch die Zahlung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung in ausreichendem Ausmaß gewährleistet (ihre noch in einem Teil des streitgegenständlichen Zeitraums ausgeübte geringfügige Beschäftigung ist insoweit zu vernachlässigen). Sie verfügte auch nicht über eine eigene oder von einem Partner abgeleitete Alterssicherung beamtenrechtlicher oder berufsständischer Art.
Dieser Zahlungsanspruch steht dem Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum zumindest in der von ihm geltend gemachten Höhe von 256,18 EUR monatlich zu, so dass sich für neun Monate in der Summe (abzüglich der von dem Beklagten bereits bewilligten Leistungen) die Klageforderung von insgesamt 1.143,70 EUR ergibt.
In welcher Höhe dem Pflegebedürftigen die Aufwendungen für die Beiträge seiner Pflegeperson für deren angemessene Alterssicherung zu erstatten sind, lässt sich dem Wortlaut der Anspruchsgrundlage des § 65 Abs. 2 SGB XII a.F. nicht entnehmen. Auch die historische Auslegung der Norm, die eine wortgleiche Vorgängervorschrift in § 69b Abs. 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) hatte, führt nicht weiter. Diese Regelung geht auf das Pflege-Versicherungsgesetz vom 26. Mai 1994 (BGBl. I, S. 1014 ff.) zurück. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 12/5617) fand sie sich noch in § 69 Abs. 3 Satz 3 BSHG; die Gesetzesbegründung verhält sich zu ihr nicht. Systematische Erwägungen sprechen dafür, den Umfang der mit der Pflegeleistung erarbeiteten Altersversorgung an die Ansprüche von Pflegepersonen anzugleichen, die Pflegebedürftige versorgen, die in der sozialen Pflegeversicherung oder der privaten Pflege-Pflichtversicherung versichert sind. Zwar hat sich der Gesetzgeber in § 44 SGB XI, § 3 S. 1 Nr. 1a SGB VI insoweit für ein abweichendes System der Alterssicherung entschieden, indem er solche Pflegepersonen in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen hat (dazu schon BSG, Urteil vom 2. Februar 2012 – B 8 SO 15/10 R, BSGE 110, 93 ff., SozR 4-3500 § 19 Nr. 3). Das spricht indes nicht gegen einen Gleichlauf bezüglich der Höhe der Beiträge, denn insoweit ist kein rechtfertigender Sachgrund für eine Differenzierung gegeben. Sinn und Zweck der Regelungen stimmen überein. Drohende Altersarmut wegen des Verzichts der Pflegeperson auf eine Erwerbstätigkeit zugunsten der Pflegetätigkeit soll in beiden Fällen vermieden werden. Zudem soll ein Anreiz für die nicht erwerbsmäßige Pflege im häuslichen Bereich durch Laien aus dem persönlichen Umfeld gegeben werden.
Vor diesem Hintergrund folgt der Senat im Ausgangspunkt dem Berechnungsmodell, das der Beklagte seiner Verwaltungsentscheidung zugrunde gelegt hat. Danach hängt die Höhe der Beiträge in Anlehnung an die Regelungen des § 44 Abs. 1 SGB XI i.V.m. § 166 Abs. 2 SGB VI von der Einstufung des Pflegebedürftigen in die Pflegestufen (heute: Pflegegrade) der sozialen Pflegeversicherung und dem wöchentlichen Zeitaufwand für die Pflegetätigkeit ab. Dem kann im Anwendungsbereich des § 65 Abs. 2 SGB XII a.F. auch nicht entgegengehalten werden, dies führe zu einer Regelungslücke für die im Sozialhilferecht relevanten Fälle der sog. Pflegestufe "Null" (vgl. Meßling in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 65 Rn. 67 mit Fußn. 80). Denn in diesen Fällen besteht kein Anspruch auf Pflegegeld gemäß § 64 SGB XII a.F., so dass schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 65 Abs. 2 SGB XII a.F. nicht erfüllt sind. Die stattdessen vorgeschlagene Orientierung der Beitragshöhe an den Pflichtbeiträgen für einen in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Beschäftigten, der eine Pflegetätigkeit im selben zeitlichen Umfang erbringt und dafür das durchschnittliche Arbeitsentgelt einer angelernten Berufspflegekraft erhält (siehe Meßling a.a.O. m.w.N.), erscheint dem Senat nicht vorzugswürdig. Denn dieser Ansatz verwischt die Unterschiede zwischen der versicherungspflichtigen Beschäftigung einer Pflegekraft (Arbeitgebermodell) und der nicht erwerbsmäßigen Pflege durch eine Pflegeperson aus dem privaten Umfeld, die gerade kein Arbeitsentgelt erhält, sondern allenfalls persönliche Zuwendungen des Pflegebedürftigen bis zur Höhe des Pflegegeldes (vgl. § 3 Satz 2 SGB VI). Zudem ist der pauschalierende Ansatz des § 44 Abs. 1 SGB XI i.V.m. § 166 Abs. 2 SGB VI mit einer erheblichen Verwaltungsvereinfachung verbunden.
Im Ergebnis zutreffend hat der Beklagte auf dieser Grundlage einen monatlichen Höchstbeitrag für eine angemessene Alterssicherung ermittelt, der die Klageforderung übersteigt. Gemäß § 166 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI in der 2013 geltenden Fassung waren bei nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen, die einen Schwerpflegebedürftigen pflegen, 53,3333 % der Bezugsgröße als beitragspflichtige Einnahmen anzusetzen, wenn er mindestens 21 Stunden in der Woche gepflegt wird. Dies traf im streitgegenständlichen Zeitraum auf den Kläger zu. Die Bezugsgröße lag 2013 in den alten Bundesländern bei 2.695 EUR, der Beitragssatz zur allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung betrug 18,9 %. Daraus errechnet sich ein Monatsbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 271,65 EUR. Die Abweichung zum Ergebnis des Beklagten (274,40 EUR) beruht darauf, dass dieser mit geringfügig abweichenden, veralteten Werten gerechnet hatte.
Entgegen der Ansicht des Beklagten ist dieser Betrag nicht zu kürzen, weil insoweit die Alterssicherung der Pflegeperson bereits anderweitig sichergestellt wäre. Dabei handelt es sich nach der Normstruktur des § 65 Abs. 2 SGB XII a.F. nicht um eine Modifikation der Rechtsfolge, sondern um eine Tatbestandsvoraussetzung, die hier nach dem oben Gesagten erfüllt ist, weil die Pflegeperson des Klägers für den streitgegenständlichen Zeitraum keine anderweitigen auskömmlichen Alterseinkünfte zu erwarten hatte. Dagegen bietet das Sozialhilferecht keine Rechtsgrundlage für eine Kürzung des als angemessen erkannten Betrags, der sich aus der oben begründeten Heranziehung des Rechtsgedankens des § 44 Abs. 1 SGB XI i.V.m. § 166 Abs. 2 SGB VI ergibt. Denn die nach diesen Vorschriften maßgebende Staffelung der Beiträge nach dem zeitlichen Aufwand, der mit der Pflege verbunden ist, findet ihre Rechtfertigung in dem Gedanken, dass die Pflegeperson während dieser (für die Pflege benötigten) Zeit an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Nur für diese aufgewendete Zeit soll ihr daher ein Ersatz für entgangene Anwartschaften in der Altersvorsorge zukommen. In der restlichen Zeit ist es ihr dagegen möglich, etwa durch eine Erwerbstätigkeit anderweitige Rentenanwartschaften zu erwerben. Daher beziehen sich die (gestaffelten) Beiträge für die angemessene Alterssicherung auch lediglich auf die wöchentliche Dauer der Pflegetätigkeit. Während dieser Zeit konnte die Pflegeperson des Klägers jedoch keine anderweitigen Ansprüche zur Altersversorgung erwerben und hat dies auch nicht getan. Wenn sie dagegen in der übrigen, ihr verbleibenden Zeit in der Woche andere Tätigkeiten ausgeübt und dabei insoweit auch Rentenversicherungsbeiträge erarbeitet hat, entspricht dies nur dem Sinn und Zweck des § 44 Abs. 1 SGB XI i.V.m. § 166 Abs. 2 SGB VI. Denn für diese Zeiten, die nicht für die Pflege des Sozialhilfeempfängers benötigt werden, zahlt der Sozialhilfeträger ohnehin keine Beiträge nach § 65 Abs. 2 SGB XII a.F. Will die Pflegeperson insgesamt eine Altersversorgung erarbeiten, die einer Vollzeittätigkeit entspricht, ist sie demnach geradezu darauf angewiesen, neben der Pflege weitere Tätigkeiten auszuüben. Die auf diese Weise erarbeiteten Beiträge sind dann aber nach dem Konzept des Gesetzgebers nicht auf die Beiträge aus der Pflegetätigkeit anzurechnen.
Die von der Pflegeperson des Klägers nach heutigem Erkenntnisstand perspektivisch zu erwartenden Alterseinkünfte sind schließlich auch nicht etwa deswegen unangemessen, weil sie so niedrig sind, dass sich die Sozialhilfebedürftigkeit ohnehin nicht vermeiden ließe (siehe zu diesem Gedanken BVerwG, Urteil vom 22. März 1990 – 5 C 40/86, BVerwGE 85, 102 ff.). Denn zu der von der Deutschen Rentenversicherung im Mai 2016 prognostizierten gesetzlichen Regelaltersrente in Höhe von 636,66 EUR monatlich (bzw. bei entsprechender Rentenanpassung zwischen 690 EUR und 760 EUR monatlich) kommen zumindest noch die laufenden Leistungen der F. Bank AG aus dem Vertrag über eine staatlich geförderte zusätzliche private Altersvorsorge (sog. Riester-Rente) hinzu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der Frage, wie sich die Höhe der Beiträge für eine angemessene Alterssicherung einer Pflegeperson bemisst, grundsätzliche Bedeutung beimisst (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Die höchstrichterliche Rechtsprechung, einschließlich der von dem Beklagten angeführten Entscheidung (BSG, Urteil vom 2. Februar 2012 – B 8 SO 15/10 R, BSGE 110, 93 ff., SozR 4-3500 § 19 Nr. 3), verhält sich hierzu bislang nicht. Zwar ist die im vorliegenden Fall einschlägige Regelung des § 65 Abs. 2 SGB XII a.F. mittlerweile außer Kraft getreten; die Klärungsbedürftigkeit ist damit aber nicht entfallen, weil in § 64f Abs. 1 SGB XII eine nahezu wortgleiche Nachfolgevorschrift existiert.
Der Beklagte wird unter dementsprechender Abänderung seines Bescheids vom 18. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2013 und des Bescheids vom 18. Januar 2016 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. April 2013 bis 31. Dezember 2013 zugunsten seiner Pflegeperson C. weitere Beiträge für deren Alterssicherung in Höhe von insgesamt 1.143,70 EUR zu zahlen.
Der Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten (nur noch) über die Höhe der dem Kläger zu erstattenden Aufwendungen für die Beiträge zu einer angemessenen Alterssicherung seiner Pflegeperson für die Monate April bis Dezember 2013.
In dieser Zeit bezog der 1949 geborene pflegebedürftige Kläger von dem beklagten Sozialhilfeträger Pflegegeld der Pflegestufe II nach § 64 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022 (a.F.). Er wurde von seiner Betreuerin, Frau C., gepflegt. Mit einem an die Betreuerin des Klägers gerichteten Bescheid vom 18. Dezember 2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2013 monatliche Leistungen für seine Aufwendungen für Beiträge seiner Pflegeperson zu einer angemessenen Alterssicherung in Höhe von 118,98 EUR. Dabei ging er davon aus, aus der Pflege des Klägers ergebe sich gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) i.V.m. § 166 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) grundsätzlich ein monatlicher Beitrag zur Rentenversicherung der Pflegekraft von 274,40 EUR. Davon seien die monatlich anderweitig erzielten Beiträge zur Rentenversicherung der Pflegeperson abzuziehen. Für Frau C. würden bereits monatliche Rentenversicherungsbeiträge von 18,22 EUR (wegen einer geringfügigen Beschäftigung) und von 137,42 EUR (wegen der Pflege ihres Sohnes) abgeführt. Der Differenzbetrag von monatlich 118,98 EUR (rechnerisch korrekt wären 118,76 EUR) werde dem Kläger als Beitrag zur Alterssicherung seiner Pflegekraft gewährt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger fristgerecht Widerspruch. Er wandte sich gegen die Kürzung des aus der Pflege resultierenden Beitrags zur Alterssicherung von 274,40 EUR auf 118,98 EUR. Lediglich die Kürzung in Höhe von 18,22 EUR, die auf dem 400-Euro-Job beruhe, könne nachvollzogen werden. Demzufolge seien dem Kläger monatlich 256,18 EUR zu erstatten. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2013 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 18. Dezember 2012 als unbegründet zurück. Beiträge für eine angemessene Alterssicherung der Pflegeperson seien nur insoweit zu erstatten, als diese nicht anderweitig sichergestellt sei.
Am 28. März 2013 (Eingangsdatum) hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Klage zum Sozialgericht Wiesbaden erhoben, wo das Verfahren zunächst unter dem Aktenzeichen S 14 SO 49/13 registriert worden ist. Mit seiner kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage hat er die Aufhebung der Begrenzung seines monatlichen Zahlungsanspruchs auf 118,98 EUR in dem Bewilligungsbescheid und um 137,20 EUR höhere monatliche Zahlungen begehrt. Die von dem Beklagten insoweit vorgenommene Kürzung der Beiträge zur Alterssicherung seiner Pflegeperson sei unrechtmäßig. Sie beruhe darauf, dass diese nicht nur ihn, sondern auch ihren eigenen pflegebedürftigen Sohn (Pflegestufe I) betreue. Dadurch könne sie jedoch keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen und sei für ihre Altersvorsorge auf die ungekürzten Beiträge angewiesen. Dem ist der Beklagte entgegengetreten.
Nach zwischenzeitlichem Ruhen zur Durchführung eines Güterichterverfahrens ist der Rechtsstreit unter dem Aktenzeichen S 14 SO 155/13 fortgeführt worden. Das Sozialgericht hat im Rahmen eines Erörterungstermins die Pflegeperson des Klägers, Frau C., informatorisch angehört. In der Folgezeit hat diese ihr Einverständnis erklärt, dass die streitgegenständlichen Beiträge zur Alterssicherung ihrem Depot bei der F. Bank AG (UnionDepot: 123456), in dem für sie ein Vertrag über eine staatlich geförderte zusätzliche private Altersvorsorge (sog. Riester-Rente) verwaltet wird, gutgeschrieben werden. Daraufhin hat der Beklagte seinen Bescheid vom 18. Januar 2016 erlassen, mit dem er dem Kläger u.a. für die Monate April bis Juli 2013 (wiederum) 118,98 EUR monatlich und für die Monate August bis Dezember 2013 137,20 EUR monatlich für Beiträge seiner Pflegeperson zu einer angemessenen Alterssicherung zuerkannt hat.
Mit Urteil vom 11. Mai 2016 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, ohne den Bescheid des Beklagten vom 18. Januar 2016 zu berücksichtigen. Die zulässige Klage sei unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten sei rechtmäßig und beschwere den Kläger nicht. Gemäß § 65 Abs. 2 SGB XII a.F. könnten pflegebedürftigen Personen Leistungen zur Übernahme der Beiträge ihrer Pflegeperson zu deren angemessener Alterssicherung gewährt werden, wenn diese nicht anderweitig sichergestellt sei. Der Kläger sei im streitgegenständlichen Zeitraum pflegebedürftig gewesen und habe Pflegegeld der Pflegestufe II bezogen. Seine Pflegekraft habe in dem streitgegenständlichen Zeitraum jedoch keine angemessene Alterssicherung betrieben, deren Beiträge der Kläger hätte übernehmen können. Dabei kämen Beitragszahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung oder Beiträge zu einer privaten Alterssicherung in Betracht. Als private Alterssicherung kämen Beiträge zur zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des Gesetzes über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen (AltZertG) oder eine private Rentenversicherung mit einem Verwertungsausschluss in Betracht. Maßgeblich sei, dass die private Rentenversicherung der Alterssicherung diene und nicht vor dem Eintritt in das Rentenalter verwertet werden könne bzw. bei Bedürftigkeit der Pflegekraft als einzusetzendes Vermögen vor dem Bezug von Sozialleistungen zu verwerten sei. Der Kläger habe seine Pflegekraft nicht angestellt, so dass insoweit auch keine Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet werden konnten. Auch freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung hätten nicht erbracht werden können. Letztlich habe die Pflegekraft in dem Erörterungstermin erklärt, dass ein zwischenzeitlich abgeschlossener Riester-Rentenvertrag für die streitgegenständlichen Beiträge nicht mehr zur Verfügung stehe.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 20. Mai 2016 zugestellte Urteil des Sozialgerichts hat der Kläger am 10. Juni 2016 Berufung eingelegt. Dabei hat er den Streitgegenstand auf den Zeitraum vom 1. April 2013 bis zum 31. Dezember 2013 beschränkt. Er hat darauf hingewiesen, dass das Sozialgericht den Bescheid des Beklagten vom 18. Januar 2016 übersehen habe. Dadurch sei die Begründung des erstinstanzlichen Urteils, wonach von der Pflegeperson keine geeignete private Altersvorsorge betrieben werde, hinfällig. Die dem Kläger bislang bewilligten Leistungen seien vollständig der Riester-Rente seiner Pflegeperson zugeflossen. Für die von dem Beklagten nach wie vor vorgenommene Kürzung des monatlichen Zahlbetrags gebe es keine Rechtsgrundlage.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 11. Mai 2016 (berichtigt durch Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 13. Juni 2016) aufzuheben und den Beklagten unter dementsprechender Abänderung seines Bescheides vom 18. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2013 und des Bescheides vom 18. Januar 2016 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 1. April 2013 bis 31. Dezember 2013 zugunsten seiner Pflegeperson C. weitere Beiträge für deren Alterssicherung in Höhe von insgesamt 1.143,70 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und stützt sich ergänzend auf ein Urteil des BSG vom 2. Februar 2012 – B 8 SO 15/10 R.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, denn sie ist zulässig und begründet.
Mit seiner statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage begehrt der Kläger höhere Beiträge zur Alterssicherung seiner Pflegeperson unter dementsprechender Abänderung des Bewilligungsbescheids des Beklagten.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 18. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2013 und des Bescheids vom 18. Januar 2016. Der letztgenannte Verwaltungsakt ist von Gesetzes wegen Gegenstand des Klageverfahrens geworden, weil er nach dem Widerspruchsbescheid erlassen worden ist und den angefochtenen Bewilligungsbescheid inhaltlich abgeändert hat (§ 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Dass der neue Verwaltungsakt – entgegen der verfahrensrechtlichen Pflicht aus § 96 Abs. 2 SGG – dem Sozialgericht nicht mitgeteilt und deshalb von diesem nicht berücksichtigt worden ist, ändert daran nichts. Den streitgegenständlichen Zeitraum hat der Kläger im Rahmen seiner Dispositionsbefugnis wirksam auf die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 2013 beschränkt.
Zu Recht gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass dem Kläger gegen den Beklagten ein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf Übernahme der Aufwendungen für die Beiträge seiner Pflegeperson für deren angemessene Alterssicherung aus § 65 Abs. 2 SGB XII a.F. zusteht. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm waren im streitgegenständlichen Zeitraum auch zur Überzeugung des Senats erfüllt. Der Kläger bezog Pflegegeld nach § 64 SGB XII a.F. und wurde von einer Pflegeperson versorgt. Diese, seine Betreuerin Frau C., war bei ihm nicht sozialversicherungsrechtlich beschäftigt. Ihre angemessene Alterssicherung war daher nicht schon durch die Zahlung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung in ausreichendem Ausmaß gewährleistet (ihre noch in einem Teil des streitgegenständlichen Zeitraums ausgeübte geringfügige Beschäftigung ist insoweit zu vernachlässigen). Sie verfügte auch nicht über eine eigene oder von einem Partner abgeleitete Alterssicherung beamtenrechtlicher oder berufsständischer Art.
Dieser Zahlungsanspruch steht dem Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum zumindest in der von ihm geltend gemachten Höhe von 256,18 EUR monatlich zu, so dass sich für neun Monate in der Summe (abzüglich der von dem Beklagten bereits bewilligten Leistungen) die Klageforderung von insgesamt 1.143,70 EUR ergibt.
In welcher Höhe dem Pflegebedürftigen die Aufwendungen für die Beiträge seiner Pflegeperson für deren angemessene Alterssicherung zu erstatten sind, lässt sich dem Wortlaut der Anspruchsgrundlage des § 65 Abs. 2 SGB XII a.F. nicht entnehmen. Auch die historische Auslegung der Norm, die eine wortgleiche Vorgängervorschrift in § 69b Abs. 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) hatte, führt nicht weiter. Diese Regelung geht auf das Pflege-Versicherungsgesetz vom 26. Mai 1994 (BGBl. I, S. 1014 ff.) zurück. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 12/5617) fand sie sich noch in § 69 Abs. 3 Satz 3 BSHG; die Gesetzesbegründung verhält sich zu ihr nicht. Systematische Erwägungen sprechen dafür, den Umfang der mit der Pflegeleistung erarbeiteten Altersversorgung an die Ansprüche von Pflegepersonen anzugleichen, die Pflegebedürftige versorgen, die in der sozialen Pflegeversicherung oder der privaten Pflege-Pflichtversicherung versichert sind. Zwar hat sich der Gesetzgeber in § 44 SGB XI, § 3 S. 1 Nr. 1a SGB VI insoweit für ein abweichendes System der Alterssicherung entschieden, indem er solche Pflegepersonen in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen hat (dazu schon BSG, Urteil vom 2. Februar 2012 – B 8 SO 15/10 R, BSGE 110, 93 ff., SozR 4-3500 § 19 Nr. 3). Das spricht indes nicht gegen einen Gleichlauf bezüglich der Höhe der Beiträge, denn insoweit ist kein rechtfertigender Sachgrund für eine Differenzierung gegeben. Sinn und Zweck der Regelungen stimmen überein. Drohende Altersarmut wegen des Verzichts der Pflegeperson auf eine Erwerbstätigkeit zugunsten der Pflegetätigkeit soll in beiden Fällen vermieden werden. Zudem soll ein Anreiz für die nicht erwerbsmäßige Pflege im häuslichen Bereich durch Laien aus dem persönlichen Umfeld gegeben werden.
Vor diesem Hintergrund folgt der Senat im Ausgangspunkt dem Berechnungsmodell, das der Beklagte seiner Verwaltungsentscheidung zugrunde gelegt hat. Danach hängt die Höhe der Beiträge in Anlehnung an die Regelungen des § 44 Abs. 1 SGB XI i.V.m. § 166 Abs. 2 SGB VI von der Einstufung des Pflegebedürftigen in die Pflegestufen (heute: Pflegegrade) der sozialen Pflegeversicherung und dem wöchentlichen Zeitaufwand für die Pflegetätigkeit ab. Dem kann im Anwendungsbereich des § 65 Abs. 2 SGB XII a.F. auch nicht entgegengehalten werden, dies führe zu einer Regelungslücke für die im Sozialhilferecht relevanten Fälle der sog. Pflegestufe "Null" (vgl. Meßling in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 65 Rn. 67 mit Fußn. 80). Denn in diesen Fällen besteht kein Anspruch auf Pflegegeld gemäß § 64 SGB XII a.F., so dass schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 65 Abs. 2 SGB XII a.F. nicht erfüllt sind. Die stattdessen vorgeschlagene Orientierung der Beitragshöhe an den Pflichtbeiträgen für einen in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Beschäftigten, der eine Pflegetätigkeit im selben zeitlichen Umfang erbringt und dafür das durchschnittliche Arbeitsentgelt einer angelernten Berufspflegekraft erhält (siehe Meßling a.a.O. m.w.N.), erscheint dem Senat nicht vorzugswürdig. Denn dieser Ansatz verwischt die Unterschiede zwischen der versicherungspflichtigen Beschäftigung einer Pflegekraft (Arbeitgebermodell) und der nicht erwerbsmäßigen Pflege durch eine Pflegeperson aus dem privaten Umfeld, die gerade kein Arbeitsentgelt erhält, sondern allenfalls persönliche Zuwendungen des Pflegebedürftigen bis zur Höhe des Pflegegeldes (vgl. § 3 Satz 2 SGB VI). Zudem ist der pauschalierende Ansatz des § 44 Abs. 1 SGB XI i.V.m. § 166 Abs. 2 SGB VI mit einer erheblichen Verwaltungsvereinfachung verbunden.
Im Ergebnis zutreffend hat der Beklagte auf dieser Grundlage einen monatlichen Höchstbeitrag für eine angemessene Alterssicherung ermittelt, der die Klageforderung übersteigt. Gemäß § 166 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI in der 2013 geltenden Fassung waren bei nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen, die einen Schwerpflegebedürftigen pflegen, 53,3333 % der Bezugsgröße als beitragspflichtige Einnahmen anzusetzen, wenn er mindestens 21 Stunden in der Woche gepflegt wird. Dies traf im streitgegenständlichen Zeitraum auf den Kläger zu. Die Bezugsgröße lag 2013 in den alten Bundesländern bei 2.695 EUR, der Beitragssatz zur allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung betrug 18,9 %. Daraus errechnet sich ein Monatsbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 271,65 EUR. Die Abweichung zum Ergebnis des Beklagten (274,40 EUR) beruht darauf, dass dieser mit geringfügig abweichenden, veralteten Werten gerechnet hatte.
Entgegen der Ansicht des Beklagten ist dieser Betrag nicht zu kürzen, weil insoweit die Alterssicherung der Pflegeperson bereits anderweitig sichergestellt wäre. Dabei handelt es sich nach der Normstruktur des § 65 Abs. 2 SGB XII a.F. nicht um eine Modifikation der Rechtsfolge, sondern um eine Tatbestandsvoraussetzung, die hier nach dem oben Gesagten erfüllt ist, weil die Pflegeperson des Klägers für den streitgegenständlichen Zeitraum keine anderweitigen auskömmlichen Alterseinkünfte zu erwarten hatte. Dagegen bietet das Sozialhilferecht keine Rechtsgrundlage für eine Kürzung des als angemessen erkannten Betrags, der sich aus der oben begründeten Heranziehung des Rechtsgedankens des § 44 Abs. 1 SGB XI i.V.m. § 166 Abs. 2 SGB VI ergibt. Denn die nach diesen Vorschriften maßgebende Staffelung der Beiträge nach dem zeitlichen Aufwand, der mit der Pflege verbunden ist, findet ihre Rechtfertigung in dem Gedanken, dass die Pflegeperson während dieser (für die Pflege benötigten) Zeit an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Nur für diese aufgewendete Zeit soll ihr daher ein Ersatz für entgangene Anwartschaften in der Altersvorsorge zukommen. In der restlichen Zeit ist es ihr dagegen möglich, etwa durch eine Erwerbstätigkeit anderweitige Rentenanwartschaften zu erwerben. Daher beziehen sich die (gestaffelten) Beiträge für die angemessene Alterssicherung auch lediglich auf die wöchentliche Dauer der Pflegetätigkeit. Während dieser Zeit konnte die Pflegeperson des Klägers jedoch keine anderweitigen Ansprüche zur Altersversorgung erwerben und hat dies auch nicht getan. Wenn sie dagegen in der übrigen, ihr verbleibenden Zeit in der Woche andere Tätigkeiten ausgeübt und dabei insoweit auch Rentenversicherungsbeiträge erarbeitet hat, entspricht dies nur dem Sinn und Zweck des § 44 Abs. 1 SGB XI i.V.m. § 166 Abs. 2 SGB VI. Denn für diese Zeiten, die nicht für die Pflege des Sozialhilfeempfängers benötigt werden, zahlt der Sozialhilfeträger ohnehin keine Beiträge nach § 65 Abs. 2 SGB XII a.F. Will die Pflegeperson insgesamt eine Altersversorgung erarbeiten, die einer Vollzeittätigkeit entspricht, ist sie demnach geradezu darauf angewiesen, neben der Pflege weitere Tätigkeiten auszuüben. Die auf diese Weise erarbeiteten Beiträge sind dann aber nach dem Konzept des Gesetzgebers nicht auf die Beiträge aus der Pflegetätigkeit anzurechnen.
Die von der Pflegeperson des Klägers nach heutigem Erkenntnisstand perspektivisch zu erwartenden Alterseinkünfte sind schließlich auch nicht etwa deswegen unangemessen, weil sie so niedrig sind, dass sich die Sozialhilfebedürftigkeit ohnehin nicht vermeiden ließe (siehe zu diesem Gedanken BVerwG, Urteil vom 22. März 1990 – 5 C 40/86, BVerwGE 85, 102 ff.). Denn zu der von der Deutschen Rentenversicherung im Mai 2016 prognostizierten gesetzlichen Regelaltersrente in Höhe von 636,66 EUR monatlich (bzw. bei entsprechender Rentenanpassung zwischen 690 EUR und 760 EUR monatlich) kommen zumindest noch die laufenden Leistungen der F. Bank AG aus dem Vertrag über eine staatlich geförderte zusätzliche private Altersvorsorge (sog. Riester-Rente) hinzu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der Frage, wie sich die Höhe der Beiträge für eine angemessene Alterssicherung einer Pflegeperson bemisst, grundsätzliche Bedeutung beimisst (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Die höchstrichterliche Rechtsprechung, einschließlich der von dem Beklagten angeführten Entscheidung (BSG, Urteil vom 2. Februar 2012 – B 8 SO 15/10 R, BSGE 110, 93 ff., SozR 4-3500 § 19 Nr. 3), verhält sich hierzu bislang nicht. Zwar ist die im vorliegenden Fall einschlägige Regelung des § 65 Abs. 2 SGB XII a.F. mittlerweile außer Kraft getreten; die Klärungsbedürftigkeit ist damit aber nicht entfallen, weil in § 64f Abs. 1 SGB XII eine nahezu wortgleiche Nachfolgevorschrift existiert.
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