L 7 AS 412/16

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 8 AS 120/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 412/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 52/17 BH
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 4. April 2016 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch um die Rechtmäßigkeit der (zunächst teilweisen) Ablehnung einer Zusicherung der Kostenübernahme für eine Wohnungserstausstattung für die Wohnung "C-Straße" in A-Stadt und ihres späteren vollständigen Widerrufs sowie der Ablehnung einer Zusicherung nach § 22 Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) für den Umzug in eine andere neue Wohnung in A-Stadt gemäß Email des Klägers vom 26. Juli 2011.

Der seinerzeit im D-Weg in A-Stadt wohnhafte Kläger beantragte mit Schreiben vom 2. November 2011 bei dem Beklagten eine Wohnungserstausstattung für die Wohnung unter der Adresse: C-Straße in A-Stadt, die er aber nicht bezogen hat, weil er am 1. November 2012 vom D-Weg in die auch jetzt noch von ihm bewohnte Wohnung in der A-Straße in A-Stadt umgezogen war (laut Mitteilung des Klägers vom 29. Oktober 2012 in seinem Verfahren vor dem Hessischen Landessozialgericht – HLSG – L 6 AS 389/10 – Bl. 93 Gerichtsakte – GA). Nach seiner Recherche würde in E. für Einpersonenhaushalte ein Betrag in Höhe von 1.073,00 EUR gezahlt. Hinzu kämen noch die Anschaffungskosten für einen Herd, einen Kühlschrank und eine Waschmaschine, sodass insgesamt ein Betrag in Höhe von 1.898,00 EUR zur Verfügung gestellt würde. In diesem Betrag seien die Kosen für Bodenbeläge und Gardinen sowie die Liefer- und Verlegekosten noch nicht enthalten. Zudem beantragte er die Übernahme der Kosten einer privaten Haftpflichtversicherung, da das Bestehen einer solchen Versicherung für das Zustandekommen eines Mietvertrages erforderlich sei. Mit Bescheid vom 8. November 2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger eine einmalige Leistung für die Wohnungserstausstattung in Höhe von nur 372,00 EUR und lehnte die Übernahme der Kosten für die private Haftpflichtversicherung ab. Der Bescheid enthielt u.a. folgende Formulierung: "Die Leistung ist zweckgebunden, Nachweise über die sachgerechte Verwendung (Rechnungen/Quittungen) reichen Sie bitte innerhalb von 2 Monaten nach Auszahlung beim KreisJobCenter ein". Auf den dagegen eingelegten Widerspruch erließ der Beklagte am 23. März 2012 einen Widerspruchsbescheid mit folgendem Tenor:
"1. Der Bescheid vom 08.11.2011 wird widerrufen.
2. Das Widerspruchsverfahren wird eingestellt.
3. Verfahrenskosten werden nicht erhoben. Aufwendungen Verfahrensbeteiligter werden nicht erstattet." Der Bescheid könne nach § 47 Abs. 2 SGB X widerrufen werden, da dem Kläger die Leistungen für die Anschaffung einer Kücheneinrichtung in der Wohnung unter der Anschrift: C-Straße bewilligt worden waren und er diese nicht bezogen habe. Es bestehe kein schutzwürdiges Vertrauen, da der Kläger gewusst habe, dass die Bewilligung der Leistungen für die Kücheneinrichtung an den Bezug der zuvor genannten Wohnung geknüpft gewesen sei und die Leistungen mangels Abschlusses eines Mietvertrages noch nicht an den Kläger ausgezahlt worden seien. Dagegen hat der Kläger am 30. April 2012 bei dem Sozialgericht (SG) Marburg Klage erhoben (S 8 AS 120/12).

Mit E-Mail vom 26. Juli 2011 hatte der Kläger den Beklagten um Mitteilung gebeten, ob die Kosten der Unterkunft für das von ihm beigefügte Wohnungsangebot übernahmefähig seien. Es handelte sich um eine 50 qm große Wohnung in A-Stadt mit einer Kaltmiete von 360,00 EUR und Nebenkosten von 75,00 EUR. Der Beklagte teilte dem Kläger mit Email vom gleichen Tag mit, dass eine Zusicherung nicht erteilt werden könne, da die Kosten der Wohnung erheblich über der Angemessenheitsgrenze lägen. Mit Schreiben vom 31. Juli 2011 stellte der Kläger bei dem Beklagten einen förmlichen Antrag auf Übernahme der Wohnkosten für das zuvor genannte Wohnungsangebot, den der Beklagte mit Bescheid vom 18. August 2011 ablehnte, weil die Kosten der Unterkunft unangemessen hoch seien. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. März 2012 mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig zurück, weil der Wohnraum, für den die Zusicherung begehrt werde, nicht mehr verfügbar sei. Auch hiergegen hat der Kläger am 30. April 2012 bei dem SG Marburg Klage erhoben (S 8 AS 121/12), die das SG Marburg mit Beschluss vom 22. September 2014 mit dem Verfahren S 8 AS 120/12 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen S 8 AS 120/12 verbunden hat. Die Klage mit den Anträgen, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 8. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2012, der ihm ebenfalls erst am 28. März 2012 zugegangen sei, zu verpflichten, die notwendigen Sozialleistungen zukünftig zu erbringen und festzustellen, dass der Bescheid in die Rechte des Klägers eingreift, sowie den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 18. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. März 2012 zu verpflichten, die notwendigen Sozialleistungen zukünftig zu erbringen und festzustellen, dass der Bescheid in die Rechte des Klägers eingreift, hat das SG nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 4. April 2016 als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: "Die Klage in dem Verfahren: S 8 AS 120/12 ist bereits unzulässig, da sie verfristet ist und keine Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorgetragen oder ersichtlich sind. Nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Nach § 87 Abs. 2 SGG beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids, wenn ein Vorverfahren stattgefunden hat. Fristbeginn ist in den Fällen des § 87 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der Zeitpunkt der Bekanntgabe (Michael Wolff-Dellen in: Breitkreuz/Fichte, § 87, Rn. 12). Eine nach Monaten berechnete Frist endet um 24:00 Uhr des Tages, der nach seiner Zahl dem Tag entspricht, "in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt" (Michael Wolff-Dellen in: Breitkreuz/Fichte, § 64, Rn. 22). Ausweislich des Vortrags in der Klageschrift ist der Widerspruchsbescheid vom 23.03.2012 dem Kläger am 28.03.2012 zugegangen. Demzufolge endete die Frist am Donnerstag, den 28.04.2011. Die Klage wurde mit Schriftsatz vom 30.04.2012 erhoben und ging bei Gericht am 30.04.2012 ein. Der Widerspruchsbescheid war mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Die Bekanntgabefiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X greift im vorliegenden Fall hinsichtlich des Widerspruchsbescheids nicht ein. Die Anwendung setzt voraus, dass die Postaufgabe nachvollzogen werden kann. Als Grundlage für die Fiktion muss diese feststehen. Erforderlich ist daher, dass die Abgabe des Verwaltungsakts an die Post in der Verwaltungsakte dokumentiert ist. Der Aktenvermerk über die Abgabe an die Poststelle der Behörde reicht hierfür nicht aus, da dies ein innerbehördlicher Vorgang ist, der nichts darüber sagt, wann der Verwaltungsakt die Sphäre der Behörde verlassen hat (Littmann in: Hauck/Noftz, SGB, 08/13, § 37 SGB X, Rn, 29). Ausweislich der vorliegenden Verwaltungsakte kann nicht nachvollzogen werden, wann die Aufgabe des Widerspruchsbescheids an die Post erfolgte. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde nicht gestellt. Darüber hinaus wurden Gründe, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen weder vorgetragen noch sind sie für die Kammer ersichtlich. Ferner ist der Antrag des Klägers festzustellen, dass der Bescheid in die Rechte des Klägers eingreift, unzulässig. Allgemein ist die Feststellungsklage unzulässig, wenn durch eine andere Klageart dasselbe oder meist sogar mehr erreicht werden könnte. Ist eine solche an sich statthafte vorrangige Klage aus prozessrechtlichen Gründen nicht erfolgversprechend, dann ist auch die Feststellungsklage unzulässig. Kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, wo eine sachliche Prüfung des Begehrens bereits im Anfechtungs- und Leistungsverfahren erreicht wird (Dr. Tilman Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, § 55, Rn. 14). So liegt der Fall hier. Der Kläger begehrt von dem Beklagten einen Verwaltungsakt mit dem dieser die Kosten für eine Wohnungserstausstattung übernimmt. Dies kann der Kläger mit einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erreichen. In dem Verfahren: S 8 AS 121/12 ist der Antrag, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids 18.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.03.2012 zu verpflichten, ihm die notwendigen Sozialleistungen zu erbringen, nach § 123 SGG dahingehend auszulegen, dass der Kläger die Verpflichtung des Beklagten begehrt, ihm die Zusicherung für die Übernahme der Unterkunftskosten für das an den Beklagten übersandte Wohnungsangebot vom 26.07.2011 zu erteilen. Die Klage mit diesem Antrag ist bereits unzulässig. Der Kläger verfolgt sein Begehren, nämlich die Erteilung einer Zusicherung, mit einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 06. April 2011 - B 4 AS 5/10 R -, Rn. 13, juris). Bei der Zusicherung im Sinn des § 22 Abs. 4 SGB II handelt es sich um einen Verwaltungsakt nach §§ 34 und 31 SGB X. Gegenstand der Zusicherung ist die Übernahme der Unterkunftskosten für eine konkrete Unterkunft in konkreter Höhe. Es besteht daher kein Anspruch auf eine pauschale Zusicherung für den Umzug in irgendeine Unterkunft mit angemessenen Kosten (Piepenstock, in: SchlegelNoelzke, jurisPK-SGB II, 4. Auflage 2015, § 22 Rn. 182). Entscheidungserheblicher Zeitpunkt in einer Verpflichtungskonstellation ist die mündliche Verhandlung oder der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Da es sich um ein Wohnungsangebot vom Juli 2011 handelt, ist davon auszugehen, dass diese Wohnung zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr zur Verfügung steht. Somit kann das Gericht den Beklagten auch nicht mehr zur Erteilung einer Zusicherung für diese Wohnung verpflichten, selbst wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen würden. Darüber hinaus ist der Kläger zum 01.12.2011 in seine derzeitige Wohnung eingezogen. Vor diesem Hintergrund ist Erledigung eingetreten. Die Kammer hatte den Kläger im Rahmen ihres rechtlichen Hinweises vom 25.07.2014 auf die Erledigung durch Zeitablauf aufmerksam gemacht. Da der Kläger nichts Gegenteiliges vorgetragen hat, bestand für die Kammer auch keine Veranlassung an dieser Annahme zu zweifeln. Darüber hinaus besteht auch kein berechtigtes Interesse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage. Es genügt ein durch die Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigtes Interesse, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein kann. Die angestrebte Entscheidung muss geeignet sein, die Position des Klägers zu verbessern. Das Interesse kann bei Wiederholungsgefahr, Präjudizialität, Rehabilitionsinteresse oder einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff bestehen (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 11. Aufl., § 131 Rn. 10a). Ein tiefgreifender Eingriff in ein Grundrecht, der sich typischerweise schnell erledigt, bevor er einer gerichtlichen Überprüfung im Hauptsacheverfahren zugeführt werden kann, liegt, unabhängig davon, ob man diese Konstellation anerkennt, im vorliegenden Fall nicht vor. Diese Fallgruppe erfasst im verwaltungsrechtlichen Bereich typischerweise versammlungsrechtliche Konstellationen, da sich Maßnahmen gegen eine Versammlung in der Regel erledigen, bevor sie gerichtlich überprüft werden können. Die Überprüfung einer abgelehnten Zusicherung für ein Wohnungsangebot kann im Hauptsacheverfahren auch vor ihrer Erledigung überprüft werden. Es besteht auch kein Rehabilitationsinteresse des Klägers. Erforderlich ist hierfür eine Stigmatisierung des Betroffenen, die geeignet ist, dessen Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 14/12, Rn. 25, zitiert nach juris). Diese Voraussetzungen liegen bei einer abgelehnten Zusicherung für ein Wohnungsangebot nicht vor. Darüber hinaus besteht auch kein berechtigtes Interesse unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität. Die Ablehnung der Zusicherung hat keine Bindungswirkung für ein anderes Verfahren. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit für die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen erforderlich ist, insbesondere im Rahmen eines Amtshaftungsprozesses. Dies wurde auch nicht vorgetragen. Schließlich besteht keine Wiederholungsgefahr. Voraussetzung ist, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird. Es darf nicht völlig ungewiss bleiben, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse vorliegen wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsaktes. Für letzteres reicht nicht jede abstrakte, im Übrigen aber ungewisse oder vage Möglichkeit, dass die Behörde erneut über ein entsprechendes Begehren des Klägers zu entscheiden haben wird (Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 6. Aufl., Rn. 115). Gemessen an diesen rechtlichen Maßstäben fehlt es an den vorliegenden gleichen tatsächlichen Verhältnissen, da sich die Wohnungsangebote typischerweise immer unterscheiden und so nicht eine vergleichbare Situation eintreten kann. Darüber hinaus ist der Antrag des Klägers festzustellen, dass die Bescheide in die Rechte des Klägers eingreifen, unzulässig. Allgemein ist die Feststellungsklage unzulässig, wenn durch eine andere Klageart dasselbe oder meist sogar mehr erreicht werden könnte. Ist eine solche an sich statthafte vorrangige Klage aus prozessrechtlichen Gründen nicht erfolgversprechend, dann ist auch die Feststellungsklage unzulässig. Kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, wo eine sachliche Prüfung des Begehrens bereits im Anfechtungs- und Leistungsverfahren erreicht wird (Dr. Tilman Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, § 55, Rn. 14). So liegt der Fall hier. Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Zusicherung für ein konkretes Wohnungsangebot. Dies kann er mit einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erreichen".

Gegen den ihm am 8. April 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag dem 9. Mai 2016 Berufung eingelegt, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt. Mit Beschluss vom 4. Juli 2016 hat der Senat die Berufung dem Berichterstatter zur Entscheidung nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) übertragen. Auf seinen Antrag vom 7. Februar 2017 hat der Senat dem Kläger zur Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung mit Beschluss vom 8. Februar 2017 Reiseentschädigung bewilligt.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der unter Hinweis auf die Folgen des Ausbleibens mit Postzustellungsurkunde vom 1. Februar 2017 zur mündlichen Verhandlung am 17. Februar 2017 geladene Kläger ist ohne Angabe von Gründen nicht erschienen. Stattdessen hat er in einem vorangegangenen Termin (L 7 AS 218/16) derselben Senatssitzung einen Schriftsatz desselben Datums überreicht, mit dem er beantragt hat, den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht D. auch in den am Sitzungstag danach terminierten Verfahren zwischen den Beteiligten dieses Verfahrens wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Nachdem der abgelehnte Richter in Abwesenheit des Klägers die mündliche Verhandlung eröffnet und bis zur Antragstellung geleitet hat, hat als anwesender Vertreter des abgelehnten Richters der Richter am Landessozialgericht Professor Dr. E. mit in derselben mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern das Befangenheitsgesuch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen, weil alleine die vom Kläger gerügte möglicherweise fehlerhafte Ablehnung von Prozesskostenhilfe nicht geeignet sei, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Anschließend hat sich der Senat, wieder unter dem Vorsitz des ursprünglich abgelehnten Richters, zur Beratung zurückgezogen und das vorstehende Urteil verkündet.

Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 17. Februar 2017 sowie den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der in der Durchführung der mündlichen Verhandlung durch den abgelehnten Richter möglicherweise liegende Verstoß gegen die durch § 47 Abs. 1 ZPO begründete Wartepflicht, ist durch die spätere Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs unter dem Vorsitz eines anderen ständigen Senatsmitglieds noch vor Beratung und Verkündung eines Urteils geheilt (so zutreffend: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Komm., 11. Aufl. 2014, § 60 Rn. 13b m.w.N.; Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28. Dezember 1999, 9 AZN 739/99, Juris Rn. 10; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10. Oktober 2007, X S 16/06 (PKH), Juris Rn. 7; OLG München, Beschluss vom 5. März 1993, 2 Ws 100, 101/93, Juris). Eine Sachentscheidung konnte auch in Abwesenheit des ordnungsgemäß unter Hinweis auf die Folgen des Ausbleibens zum Termin geladenen Klägers ergehen, denn alleine das Ausbleiben eines Beteiligten ohne genügenden Entschuldigungsgrund vermag eine Terminsänderung nicht zu begründen (§ 202 SGG i.V.m. § 227 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Der Kläger konnte auch nicht aufgrund seines Ablehnungsgesuchs davon ausgehen, dass die Verhandlungen in den nachfolgenden Streitsachen nicht durchgeführt würden, denn er musste die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass der Senat – wie schließlich auch geschehen - noch in demselben Termin in anderer Besetzung über das Ablehnungsgesuch entscheiden und die mündliche Verhandlung in der Sache fortsetzen würde. Nach allem war der Kläger jedenfalls nicht ohne sein Verschulden am Erscheinen im Termin verhindert.

Die schon wegen der formellen Beschwer durch den angegriffenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts zulässige Berufung ist in der Sache nicht begründet.

Die Klage ist überwiegend schon unzulässig, wie das Sozialgericht im Ergebnis insoweit zutreffend ausgeführt hat. Allerdings ist die Klage entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts nicht verspätet sondern rechtzeitig erhoben. Das Ende der Klagefrist nach § 87 SGG fällt nämlich auf Samstag, den 28. April 2012, weshalb die Klage am Montag, dem 30. April 2012 noch rechtzeitig bei dem Sozialgericht eingegangen ist (§ 64 Abs. 3 SGG). Insoweit hat das Sozialgericht offenbar versehentlich den Kalender des Jahres 2011 zugrunde gelegt.

Soweit der Kläger die Verpflichtung des Beklagten zur zukünftigen Erbringung der "notwendigen Sozialleistungen" begehrt, ist die Klage schon mangels hinreichender Bestimmbarkeit des Klagebegehrens unzulässig, weil auch ausgehend vom Grundsatz der "Meistbegünstigung" (siehe: Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 92 Rn. 12) völlig offen bleibt, welche Sozialleistungen aus dem Anwendungsbereich des SGB II der Kläger künftig vom Beklagten begehren wird. Aber auch wenn man ausgehend vom Grundsatz der "Meistbegünstigung" den Antrag des Klägers mit dem Sozialgericht so auslegt, dass er die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der Zusicherung für die Übernahme der Unterkunftskosten für das von ihm am 26. Juli 2011 übersandte Wohnungsangebot begehrt, ist die Klage mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig, nachdem sich das ursprüngliche Klagebegehren spätestens durch den Umzug des Klägers in seine neue Wohnung in der A-Straße in A Stadt am 1. November 2012 erledigt hat. Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Gerichtsbescheids, auf die insoweit Bezug genommen wird (§ 153 Abs. 2 SGG) zutreffend ausgeführt, dass dem Kläger sowohl für eine Feststellungsklage als auch eine Fortsetzungsfeststellungsklage das berechtigte Interesse fehlt, auch wenn er erst am 1. November 2012 und nicht schon am 1. Dezember 2011 – wie das Sozialgericht angenommen hat - in seine neue Wohnung umgezogen ist. Dies gilt auch im Hinblick auf ein auf die Zusicherung höherer Kosten der Wohnungserstausstattung gerichtetes Begehren des Klägers, das sich ebenfalls in der Hauptsache erledigt hatte.

Soweit sich der Kläger gegen den erst im Widerspruchsbescheid vom 23. März 2012 ausgesprochenen Widerruf der Bewilligung von Leistungen zur Erstausstattung in Höhe von 372 EUR wendet, ist die Klage allerdings als reine Anfechtungsklage zulässig, denn die hiervon ausgehende Beschwer ist nicht nachträglich entfallen. Die Klage ist insoweit jedoch unbegründet, denn der Beklagte war nach § 47 Abs. 2 SGB X berechtigt, die ursprüngliche Bewilligung nach Wegfall des Verwendungszwecks zu widerrufen. Insoweit wird auf die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2012 ergänzend Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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