Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 22 R 923/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 987/14
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2012 wird aufgehoben, soweit die Beklagte Nachforderungen für die Zeit vom 01.12.2005 bis zum 31.12.2006 geltend macht. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu drei Vierteln, die Beklagte zu einem Viertel. Der Streitwert wird auf 38.221,84 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für den Zeitraum vom 01.12.2005 bis zum 31.12.2009 aufgrund einer Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) streitig.
Die Klägerin ist ein Unternehmen mit dem Geschäftsgegenstand der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung und im Besitz einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis nach § 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Im streitigen Zeitraum wandte die Klägerin bei der Arbeitsentgeltberechnung für die beschäftigten Leiharbeitnehmer die zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit (CGZP) vereinbarten Tarifverträge an und führte auf Grundlage der hiernach ermittelten Arbeitsentgelte Gesamtsozialversicherungsbeiträge ab.
Vom 06.02.2012 bis zum 13.02.2012 führte die Beklagte eine im Dezember 2011 angekündigte Betriebsprüfung bei der Klägerin durch.
Bereits zuvor hatte die Beklagte Betriebsprüfungen bei der Klägerin durchgeführt. Hierzu waren am 20.12.2006 und 15.07.2010 Bescheide ergangen.
Nach Anhörung im Rahmen der Schlussbesprechung der Betriebsprüfung am 13.02.2012 forderte die Beklagte von der Klägerin mit Bescheid vom 24.02.2012 für den Zeitraum vom 01.12.2005 bis zum 31.12.2009 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 38.221,84 Euro nach. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Gesetzgeber habe seit dem 01.01.2004 für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung den Grundsatz "equal pay" (gleicher Lohn für gleiche Arbeit) und das Gebot "equal treatment" (gleiche Arbeitsbedingungen) im Gesetz (§ 10 Abs. 4 AÜG) verankert. Das AÜG sehe jedoch einen Ausnahmefall für das gesetzliche Gleichbehandlungsgebot vor. Existiere ein Tarifvertrag, der die Entlohnung der Leiharbeitnehmer regle, könne gemäß § 9 Nr. 2 AÜG vom Gleichbehandlungsgrundsatz auch zum Nachteil des Leiharbeitnehmers abgewichen werden. Dies gelte nicht nur dann, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer tarifgebunden seien, sondern auch, wenn in Arbeitsverträgen die Geltung von Tarifverträgen vereinbart werde. Im Oktober 2008 sei von der Gewerkschaft Ver.di und dem Land Berlin ein Verfahren nach §§ 97 Abs. 1, 2a Abs. 1 Nr. 4 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) zur Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP vor dem Arbeitsgericht Berlin eingeleitet worden. Mit Beschluss vom 01.04.2009 habe das Arbeitsgericht Berlin unter dem Aktenzeichen 35 BV 17008/08 die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt. Dieser Beschluss sei auf die Beschwerde der dortigen Beklagten vom Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg am 07.12.2009 (Az. 23 TaBV 1016/09) bestätigt worden. Die zum Bundesarbeitsgericht (BAG) erhobene Rechtsbeschwerde sei am 14.12.2010 (Az. 1 ABR 19/10) als unbegründet zurückgewiesen worden. Zur Begründung sei im Wesentlichen ausgeführt worden, dass die Mitgliedsgewerkschaften der CGZP nach ihrem satzungsgemäßen Geltungsbereich nicht die Tariffähigkeit für die gesamte Zeitarbeitsbranche vermittelten. Die Bestätigung der Tarifunfä-higkeit der CGZP durch das BAG habe die Unwirksamkeit der von ihr geschlossenen Ta-rifverträge zur Folge. Damit komme es zur Anwendung des § 10 Abs. 4 AÜG. Der Leiharbeitnehmer, der auf Basis eines CGZP-Tarifvertrages beschäftigt sei oder gewesen sei, könne von dem Verleiher den Lohn beanspruchen, der im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer gezahlt werde. Im Beitragsrecht der Sozialversicherung gelte gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV das Entstehungsprinzip. Bemessungsgrundlage für den Beitragsanspruch sei nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht das vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte, sondern das von ihm geschuldete Arbeitsentgelt. Die Geltendmachung oder Durchsetzbarkeit des arbeitsrechtlichen Vergütungsanspruchs durch den Arbeitnehmer sei unerheblich. Beitragsbemessungsgrundlage für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge sei damit der Arbeitsentgeltanspruch eines vergleichbaren Stammarbeiters in dem Entleihbetrieb nach § 10 Abs. 4 AÜG. Es seien daher Beiträge zur Sozialversicherung auf Grundlage der Differenz zwischen dem gemeldeten und der Beitragsberechnung zugrunde gelegten Arbeitsentgelt und dem vergleichbaren Arbeitsentgelt eines Stammarbeitnehmers in dem jeweiligen Entleihbetrieb und Überlassungszeitraum für jeden Leiharbeitnehmer individuell nachzuerheben. Nach § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV sei die Höhe der Arbeitsentgelte zu schätzen, wenn diese nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermittelt werden könnten. Zwar seien hier die Arbeitsentgelte grundsätzlich bestimmten Beschäftigten zuzuordnen. Jedoch sei die personenbezogene Ermittlung der geschuldeten Arbeitsentgelte aufgrund der großen Anzahl der zu prüfenden Beschäftigungsverhältnisse, der zum Teil sehr kurzen Dauer der Beschäftigungsverhältnisse, der Anzahl der Entleiher und der Dauer der jeweiligen Überlassungszeiträume im Prüfzeitraum wenn überhaupt nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich. Im Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2009 hätten im Betrieb der Klägerin insgesamt ca. 620 Beschäftigungsverhältnisse vorgelegen. Die Überlassung sei an ca. 130 Entleiher erfolgt. Aus diesem Grund sei die Höhe der maßgeblichen Arbeitsentgelte zu schätzen gewesen. Es sei dabei wie folgt verfahren worden. Es seien Beschäftigungsgruppen nach Entleihern gebildet worden. Die Arbeitnehmer seien einer der Gruppen zugeordnet worden. Die Gruppenlohnsummen seien um Lohnzahlungen aufgrund von Zeiten ohne equal-pay-Anspruch bereinigt worden, namentlich verleihfreie Zeiten einschließlich Krankheits-, Feiertags- und Urlaubszeiten und Zeiten von zuvor ar-beitslosen Leiharbeitnehmern in den ersten sechs Wochen ihrer Beschäftigung, sofern der Verleiher mindestens ein Nettoentgelt in Höhe des zuletzt gezahlten Arbeitsentgelts gezahlt habe. Als repräsentative Stichprobe seien die Löhne der größten Entleiher, mit denen ca. 80 % des Umsatzes erzielt worden sei, summiert worden. Die tatsächlichen Arbeitsentgelte vergleichbarer Arbeitnehmer der Entleiher für die in der Stichprobe definierten Leiharbeitnehmer seien ermittelt worden. Die Stichprobe sei ausgewertet und ein Durchschnittswert je Entleiher gebildet worden. Der gesamte Durchschnittswert sei durch Gewichtung des Verhältnisses der einzelnen Umsätze zu den gesamten Umsätzen der Stichprobengruppe berechnet worden. Der prozentuale Lohnabstand sei in dem Verhältnis vermindert worden, wie die Arbeitsentgelte insgesamt zu den equal-pay-fähigen Arbeitsentgelten gestanden hätten. Der so ermittelte bereinigte Lohnabstand sei zur Ermittlung der Arbeitsentgeltdifferenz auf alle Leiharbeitnehmer angewendet worden. Hieraus ergebe sich als prozentualer Lohnabstand zu den vergleichbaren Stammarbeitnehmern 2,02 % im Jahr 2006, 2,21 % im Jahr 2007, 1,46 % im Jahr 2008 und 5,02 % im Jahr 2009.
Hiergegen erhob die Klägerin am 05.03.2012 Widerspruch. Zur Begründung verwies sie ohne nähere Erläuterungen auf Entscheidungen der Sozialgerichte Detmold und Duisburg.
Auf Antrag der Klägerin setzte die Beklagte mit Bescheid vom 14.03.2012 den Vollzug des angefochtenen Bescheides aus.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie aus, die CGZP sei auch in der Vergangenheit in dem betroffenen Prüfzeitraum tarifunfähig gewesen. Die vorangegangenen Betriebsprüfungsbescheide vom 20.12.2006 und 15.07.2010 bewirkten keinen Vertrauensschutz. Ebenso sei ein Vertrauen in die CGZP-Tarifverträge nicht geschützt.
Zur Begründung ihrer hiergegen am 30.08.2012 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, die Beklagte habe nicht einen Schätzungsbescheid aufgrund von Durchschnittswerten erlassen dürfen. Es sei nicht plausibel, aufgrund welcher tatsächlichen Umstände einzelfallbezogene Ermittlungen nicht möglich gewesen sein sollten. Auch sei keine plausible Darlegung der Schätzungsgrundlagen erfolgt. Zudem komme eine Verletzung der Aufzeichnungspflicht nur bei deren subjektiver Kenntnis in Betracht. Schließlich seien Ansprüche der Beklagten vor dem Jahr 2007 verjährt.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid der Beklagten vom 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 31.07.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie führt aus, die Lohnaufzeichnungen der Klägerin seien fehlerhaft gewesen, da tatsächlich höhere Lohn- bzw. Beitragsansprüche bestanden hätten. Es wäre Aufgabe der Klägerin gewesen, die Lohnaufzeichnungen von sich aus zu korrigieren und die Meldungen zu berichtigen. Von einer Überlassung an nur wenige Entleiher könne bei ca. 130 Entleihbetrieben keine Rede sein. Anders als in dem von der Klägerin zitierten Beschluss des Sozialgerichts Detmold seien vorliegend konkrete betriebsbezogene Ermittlungen erfolgt. Ab der Bekanntgabe der BAG-Entscheidung vom 14.12.2010, welche erhebliche Öffentlichkeitswirkung entfaltet habe, liege zumindest bedingter Vorsatz hinsichtlich der Nichtentrichtung der höheren Beiträge vor. Es greife daher die 30-jährige Verjährungsfrist.
Mit Beschluss vom 11.11.2013, den Beteiligten gegen Empfangsbekenntnis zugestellt und - jeweils überregional - in der Süddeutschen Zeitung am 23.11.2013 sowie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und im elektronischen Bundesanzeiger am 25.11.2013 veröffentlicht, hat das Gericht unter Hinweis auf § 75 Abs. 2a Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden, dass zum Verfahren nur solche Personen beigeladen werden, die dies bis zum 30.04.2014 beantragen. Ein entsprechender Antrag ist bis zum Ablauf der gesetzten Frist nicht gestellt worden.
Die Klägerin und die Beklagte haben sich mit Schriftsätzen vom 04.07.2014 bzw. vom 30.06.2014 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Vorliegend konnte die Kammer durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben.
Die zulässige Klage ist überwiegend unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2012 ist rechtswidrig, soweit die Beklagte damit Nachforderungen für die Zeit vom 01.12.2005 bis zum 31.12.2006 geltend macht. Im Übrigen sind die angegriffenen Bescheide rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Ansprüche der Beklagten auf Beiträge sind für die Zeit vom 01.12.2005 bis zum 31.12.2006 verjährt.
Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.01.2006 (BGBl. I, S. 86) wurden im Jahr 2006 Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt zu bemessen waren, in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung, mit der das Arbeitsentgelt erzielt wurde, ausgeübt worden ist. Damit sind alle im Jahr 2006 fällig gewordenen Beitragsansprüche mit Ablauf des 31.12.2010 nach der Regelverjährungsfrist verjährt.
Die Regelung des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV greift vorliegend nicht ein. Danach verjähren Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Für das Eingreifen der 30-jährigen Verjährungsfrist reicht es aus, wenn der Schuldner die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, er also seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat. Eine anfänglich vorhandene Gutgläubigkeit begründet dann keinen Vertrauensschutz mehr, wenn nach Fälligkeit, aber noch vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist Vorsatz hinzutritt. Auch in diesem Fall gilt die lange Verjährungsfrist. Hat der Beitragsschuldner bei Eintritt der Fälligkeit noch keinen Vorsatz zur Vorenthaltung, läuft zunächst vom folgenden Kalenderjahr an eine vierjährige Verjährungsfrist. Diese verlängert sich jedoch durch eine rückwirkende Umwandlung in die 30-jährige Verjährungsfrist, wenn der Beitragsschuldner noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist bösgläubig wird (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 30.03.2000, Az. B 12 KR 14/99 R).
Nach Auffassung der Kammer hat die Klägerin die Beiträge nicht vorsätzlich vorenthalten. Eindeutige Anhaltspunkte für das Vorliegen von (bedingtem) Vorsatz bereits im Jahr 2010 liegen nicht vor. Nach Ansicht der Kammer genügt die Kenntnis von der Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 allein nicht schon für die Annahme eines bedingten Vorsatzes im Hinblick auf die Vorenthaltung von Beiträgen. Zwar hat die Entscheidung ein großes Interesse in der Öffentlichkeit und in den Medien gefunden (vgl. dazu SG Kassel, Urteil vom 04.09.2013, Az. S 12 KR 246/12). Allerdings müssen für die einzelnen betroffenen Unternehmen zum Zeitpunkt der Entscheidung des BAG die Inhalte und Wirkungen der Entscheidung noch nicht in vollem Ausmaß bekannt bzw. absehbar gewesen sein. So wurde insbesondere auch immer wieder der Gegenwartsbezug der Entscheidung betont, sogar noch nach Veröffentlichung der Entscheidungsgründe im Februar 2011. Auch betont das BAG in seinen Entscheidungsgründen selbst den Gegenwartsbezug seiner Entscheidung (BAG, Beschluss vom 14.12.2010, Az. 1 ABR 19/10). Letztlich ist die endgültige Klärung der Tariffähigkeit der CGZP für die Vergangenheit erst durch den Beschluss des BAG vom 23.05.2012 (Az. 1 AZB 58/11) erfolgt (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21.02.2013, Az. L 1 KR 441/12 B ER). Dass die Klägerin abweichend von diesen Ausführungen dennoch bereits im Jahr 2010 Kenntnis gehabt hätte, die die Annahme eines (bedingten) Vorsatzes rechtfertigen würde, ergibt sich für die Kammer nicht. Erst im Jahr 2011 ist aufgrund jedenfalls der von der Beklagten angekündigten Prüfung vom Vorliegen von Vorsatz auszugehen, weil die Klägerin mit Beitragszahlungen rechnen musste. Zu diesem Zeitpunkt waren die Ansprüche für den o. g. Zeitraum allerdings bereits verjährt.
Im Hinblick auf die Nachforderung der Beklagten für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2009 ist die Klage unbegründet. Insoweit ist der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2012 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG in ihren Rechten. Die Beklagte fordert insoweit zu Recht Beiträge zur Sozialversicherung nach.
Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Bescheides ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV erfolgt mindestens alle vier Jahre - bei Vorliegen besonderer Gründe auch außerhalb dieses Turnus - eine Prüfung, ob die Arbeitgeber ihre Pflichten, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28d SGB IV) stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Bei kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten wird der Beitragsbemessung in den Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung insbesondere das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung zugrunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 57 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 162 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] und § 342 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Arbeitsentgelt sind nach § 14 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Zu Recht hat die Beklagte den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei der Klägerin im streitigen Zeitraum beschäftigten Leiharbeitnehmer dementsprechend jeweils nach dem Arbeitsentgelt bemessen, das vergleichbaren Arbeitnehmern in den Betrieben der jeweiligen Entleiher gezahlt wurde bzw. gezahlt worden wäre. Nach der Regelung des § 10 Abs. 4 AÜG in der bis zum 29.04.2011 geltenden Fassung des Art. 6 Nr. 5 Buchst. b) des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I S. 4607) kann der Leiharbeitnehmer im Falle der Unwirksamkeit der Vereinbarung mit dem Verleiher nach § 9 Nr. 2 AÜG von diesem die Gewährung der im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts verlangen. Unwirksam im Sinne des § 9 Nr. 2 AÜG sind Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen, es sei denn, der Verleiher gewährt dem zuvor arbeitslosen Leiharbeitnehmer für die Überlassung an einen Entleiher für die Dauer von insgesamt höchstens sechs Wochen mindestens ein Nettoarbeitsentgelt in Höhe des Be-trages, den der Leiharbeitnehmer zuletzt als Arbeitslosengeld erhalten hat; letzteres gilt nicht, wenn mit demselben Verleiher bereits ein Leiharbeitsverhältnis bestanden hat; ein Tarifvertrag kann abweichende Regelungen zulassen; im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.
Im streitigen Zeitraum lag eine wirksame, vom Grundsatz des "equal pay" zulasten der Leiharbeitnehmer abweichende Vereinbarung im Sinne von § 9 Nr. 2 AÜG nicht vor. Vorliegend haben die Klägerin und ihre Arbeitnehmer von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Tarifverträge der CGZP mit dem AMP auf die Arbeitsverträge anzuwenden, die eine Abweichung vom Grundsatz des "equal pay" ermöglichten. Diese Tarifverträge waren allerdings unwirksam. Die Unwirksamkeit der Tarifverträge folgt daraus, dass die CGZP im Streitzeitraum weder eine tariffähige Arbeitnehmervereinigung im Sinne von § 2 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG) noch eine tariffähige Spitzenorganisation im Sinne von § 2 Abs. 2 und 3 TVG war (BAG, Beschluss vom 14.12.2010, Az. 1 ABR 19/10). Voraussetzung für den Abschluss von Tarifverträgen im Sinne des § 1 TVG ist die Tariffähigkeit der Tarifvertragsparteien. Schließt eine Vereinigung ohne Tariffähigkeit einen Tarifvertrag ab, ist die-ser Tarifvertrag unwirksam und damit nichtig (BAG a.a.O.). Die Tarifunfähigkeit der CGZP gilt im zeitlichen Geltungsbereich ihrer Satzungen vom 11.12.2002, 05.12.2005 sowie vom 08.10.2009 (BAG, Beschluss vom 23.05.2012, Az. 1 AZB 58/11). Die Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung nach § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 ArbGG begründet oder beendet nicht erst die Tariffähigkeit, sondern stellt die Tariffähigkeit oder Tarifunfähigkeit nur fest (BAG, Beschluss vom 15.11.2006, Az. 10 AZR 665/05). Die Klägerin war daher für den genannten Zeitraum verpflichtet, den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die betroffenen Leiharbeitnehmer jeweils nach dem Arbeitsentgelt zu bemessen, das vergleichbaren Arbeitnehmern in den Betrieben der jeweiligen Entleiher gezahlt wurde bzw. worden wäre.
Die Beitragsansprüche sind unabhängig davon entstanden, ob die nach dem equal-pay-Prinzip geschuldeten Arbeitsentgelte den Arbeitnehmern tatsächlich zugeflossen sind. Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Der Anspruch auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag entsteht dabei, wenn der Arbeitsentgeltanspruch entstanden ist, selbst wenn der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt nicht oder erst später gezahlt hat. Insoweit folgt das Sozialversicherungsrecht nicht dem Zufluss-, sondern dem sog. Entstehungsprinzip (BSG, Urteil vom 03.06.2009, Az. B 12 R 12/07 R). Der Anspruch entsteht unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt verlangt hat oder es rechtlich noch verlangen könnte (BSG, Urteil vom 14.07.2004, Az. B 12 KR 7/04 R). Auch im vorliegenden Fall ist die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV anzuwenden. Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht zur Anwendung, wonach bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt der Beitragsanspruch erst mit Zufluss entsteht. In der Literatur wird insoweit zwar die Auffassung vertreten, dass der Beschluss des BAG vom 14.12.2010 konstitutiv wirke mit der Folge, dass Arbeitsentgelt- und Beitragsansprüche erst ab diesem Zeitpunkt entstehen könnten. Es handele sich somit nicht um Ansprüche auf laufendes Arbeitsentgelt, für die nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV das Entstehungsprinzip gelte, sondern um nachträglich rückwirkende Lohnerhöhungen, die wie Einmalzahlungen zu behandeln seien. Die konstitutive Wirkung folge aus § 97 Abs. 5 ArbGG (vgl. Plagemann/Brand, NJW 2011, 1488, 1490 f.). Allerdings folgt aus § 97 Abs. 5 ArbGG gerade, dass die Entscheidung im Beschlussverfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG die Tarifunfähigkeit lediglich deklaratorisch feststellt. Die Regelung wäre im Wesentlichen sinnlos, wenn die Entscheidung über die Tariffähigkeit nur für die Zeit nach der Verkündung der Entscheidung von Bedeutung wäre (BAG, Beschluss vom 15.11.2006, Az. 10 AZR 665/05). Insoweit hat das BAG ferner mit Urteil vom 13.03.2013 (Az. 5 AZR 954/11) festgestellt, dass der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch ist, der mit der Überlassung entsteht und zu dem im Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird.
Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 24.02.2012 ist auch hinsichtlich der Höhe der für die Jahre 2007 bis 2009 festgestellten Beitragsnachforderung nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die von der Beklagten vorgenommene Schätzung ist § 28f Abs. 2 SGB IV. Danach kann der prüfende Träger der Rentenversicherung in Fällen, in denen ein Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Höhe des Arbeitsentgelts und der Beiträge nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermittelt und festge-stellt werden kann, einerseits den Gesamtsozialversicherungsbeitrag im Wege eines Lohnsummenbescheides geltend machen (Satz 1), andererseits die Höhe der Arbeitsentgelte schätzen (Satz 3). Wenn auch die Aufzeichnungspflicht als solche nicht ausdrücklich im Gesetz aufgeführt ist, so ergibt sie sich doch zwingend aus dem Zusammenhang der übrigen gesetzlich bestimmten Melde-, Auskunfts- und Vorlagepflichten. Es ist nämlich ausgeschlossen, diese Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen, wenn nicht vorher der Arbeitgeber die versicherungsrechtlich maßgeblichen Angaben aufgezeichnet hat. Entsprechend regelt die auf der Grundlage der §§ 28n, 28p Abs. 9 SGB IV erlassene Beitragsver-fahrensverordnung (BVV) vom 03.05.2006 (BGBl. I S. 1138) in § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 BVV, dass der Arbeitgeber in den Entgeltunterlagen das beitragspflichtige Arbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung einschließlich seiner Zusammensetzung und seiner zeitlichen Zuordnung aufzunehmen hat (eine entsprechende Regelung sah die bis zum 30.06.2006 geltende Beitragsüberwachungsverordnung [BÜVO] in der Fassung der Bekanntmachung vom 28.07.1997 [BGBl. I S. 1930] in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 für die zu führenden Lohnunterlagen vor). Erforderlich ist allein, dass der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht objektiv verletzt hat; auf ein Verschulden kommt es nicht an (BSG, Urteil vom 07.02.2002, Az. B 12 KR 12/01 R, Rn. 22). Die Klägerin hat das nach dem Grundsatz des "equal pay" beitragspflichtige Arbeitsentgelt nicht aufgezeichnet. Ob sie subjektiv hierzu möglicherweise keine Veranlassung gesehen hat, ist aus den dargestellten Gründen unerheblich. Ausreichend für die Feststellung einer Pflichtverletzung ist die Kenntnis der Tatsachen, die eine Obliegenheit begründen (vgl. Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 16.09.2009, Az. IV ZR 246/08, Rn. 12), hier die Kenntnis der Tatsachen, die Gegenstand der Aufzeichnungspflicht sind. Dass die Klägerin wusste, dass sie das beitragspflichtige Arbeitsentgelt aufzuzeichnen hat, kann das erkennende Gericht unterstellen. Eine etwaige fehlerhafte Bewertung der Klägerin, ob der in Bezug genommene Entgeltvertrag zwischen der CGZP und dem AMP wirksam ist, stellt keine Unkenntnis der die Aufzeichnungspflicht begründenden Tatsachen dar, sondern allenfalls einen unbeachtlichen Rechtsirrtum (vgl. SG Dresden, Urteil vom 15.05.2013, Az. S 15 KR 440/12 m.w.N.). Die mit der Aufzeichnungspflicht korrespondierende Aufbewahrungs- und Vorlagepflicht endet zwar nach § 28f Abs. 1 SGB IV regelmäßig mit Ablauf des auf die letzte Prüfung nach § 28p SGB IV folgenden Kalenderjahres, vorliegend also mit Ablauf des 31.12.2011. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass auf Grund des Beschlusses des BAG vom 14.12.2010 (a.a.O.), welcher eine erhebliche Öffentlichkeitswirkung entfaltet hat, für die Klägerin objektiv Anlass dazu bestanden hat, das beitragspflichtige Arbeitsentgelt nach dem Grundsatz des "equal pay" aufzuzeichnen, die entsprechenden Entgeltunterlagen weiter aufzubewahren und bei der nächsten Prüfung vorzulegen.
Die Höhe des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts konnte die Beklagte nicht bzw. nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand ermitteln. Anzustellen wäre nämlich für jeden Leiharbeitnehmer ein Gesamtvergleich der Entgelte im jeweiligen Überlassungszeitraum unter Berücksichtigung tätigkeitsbezogener (d. h. bezogen auf den konkreten Arbeitsplatz) und personenbezogener (d. h. bezogen auf eine bestimmte Qualifikation oder eine Berufsaus-bildung, an die die Arbeitsbedingungen gebunden sind) Komponenten. Unter den Ge-samtvergleich der Entgelte fallen zudem nicht nur das laufende Entgelt, sondern auch alle Zulagen und Zuschläge, Ansprüche auf Entgeltfortzahlung sowie weitere Vergütungsbestandteile, die als Gegenleistung vom Vertragsarbeitgeber für die Erbringung der Arbeitsleistung vergleichbarer Arbeitnehmer des Entleihers erbracht werden (vgl. SG Dresden a.a.O.). Vor diesem Hintergrund war für die im Bescheid aufgeführten überschlägig etwa 620 Leiharbeitnehmer eine Schätzung gerechtfertigt.
Die Schätzung begegnet auch der Höhe nach keinen durchgreifenden Bedenken. Die Beklagte hat konkrete betriebsbezogene Ermittlungen angestellt. Wenn die Klägerin nunmehr pauschal rügt, die Schätzung sei nicht rechtens, so ist dem nicht weiter zu folgen und weitere Aufklärung zu betreiben. Der Einwand ist unsubstantiiert, so dass das Gericht nicht verpflichtet ist, ins Blaue hinein Ermittlungen zu ergreifen.
Der Beitragsnachforderung der Beklagten stehen auch keine Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen. Ein schützenswertes Vertrauen lässt sich insbesondere weder aus einem Vertrauen in eine ständige höchstrichterliche Rechtsprechung zur Tariffähigkeit der CGZP bzw. allgemein von Gewerkschaften und Spitzenverbänden, einem Vertrauen in die Wirksamkeit von Tarifverträgen noch aus einem Vertrauen in vorangegangene Betriebsprüfungen und die Bestandskraft hierbei erlassener Bescheide herleiten.
Eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Tariffähigkeit von Gewerkschaften und Spitzenorganisationen liegt durch den Beschluss des BAG vom 14.12.2010 (Az. 1 ABR 19/10) nicht vor. Weder hatte das BAG zuvor eine Entscheidung über die Tariffähigkeit der CGZP getroffen noch hat es mit dem genannten Beschluss seine Rechtsprechung zur Tariffähigkeit von Gewerkschaften und Spitzenorganisationen geändert (vgl. BAG, Beschluss vom 22.05.2012, Az. 1 ABN 27/12; BAG, Urteil vom 13.03.2013, Az. 5 AZR 242/12). Auch lag bislang keine sozialgerichtliche Rechtsprechung vor, wonach die CGZP als tariffähig angesehen wurde.
Überdies wird der gute Glaube an die Wirksamkeit eines Tarifvertrages, namentlich an die Tariffähigkeit einer Vereinigung, nicht geschützt (BAG, Urteil vom 15.11.2006, Az. 10 AZR 665/05). Dies gilt nach dem Urteil des BAG vom 13.03.2013 (Az. 5 AZR 242/12) ausdrücklich auch für die CGZP und auch für Vertrauen, welches aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder anderer Stellen entwickelt worden sein mag.
Ein Vertrauensschutz ergibt sich für die Klägerin auch nicht aus vorangegangenen Prüfungen nach § 28p SGB IV. Die Prüfbehörden sind bei Arbeitgeberprüfungen nach § 28p SGB IV selbst in kleinen Betrieben nicht zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten verpflichtet. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen einschließlich der Protokolle über die Schlussbesprechung nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen (BSG, Urteil vom 14.07.2004, Az. B 12 KR 7/04 R).
Schließlich steht die Bindungswirkung (§ 77 SGG) der aufgrund der vorangegangen Betriebsprüfung ergangenen Bescheide vom 20.12.2006 und vom 15.07.2010 der Nachforderung von Beiträgen für denselben Zeitraum durch den Bescheid vom 24.02.2012 nicht entgegen. Die vorangegangenen Bescheide brauchten daher auch nicht nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben zu werden. Die Bindungswirkung eines Bescheides erfasst grundsätzlich nur dessen Verfügungssatz bzw. -sätze, nicht hingegen die Gründe, die zu der Regelung geführt haben. Ein der Bestandskraft fähiger Verfügungssatz dahingehend, dass die Klägerin im Prüfzeitraum sämtliche nicht gesondert erwähnten Meldepflichten und sonstigen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt habe, lässt sich solchen Bescheiden hingegen regelhaft und auch vorliegend nicht entnehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Streitwert richtet sich nach der streitigen Beitragsforderung.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für den Zeitraum vom 01.12.2005 bis zum 31.12.2009 aufgrund einer Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) streitig.
Die Klägerin ist ein Unternehmen mit dem Geschäftsgegenstand der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung und im Besitz einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis nach § 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Im streitigen Zeitraum wandte die Klägerin bei der Arbeitsentgeltberechnung für die beschäftigten Leiharbeitnehmer die zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit (CGZP) vereinbarten Tarifverträge an und führte auf Grundlage der hiernach ermittelten Arbeitsentgelte Gesamtsozialversicherungsbeiträge ab.
Vom 06.02.2012 bis zum 13.02.2012 führte die Beklagte eine im Dezember 2011 angekündigte Betriebsprüfung bei der Klägerin durch.
Bereits zuvor hatte die Beklagte Betriebsprüfungen bei der Klägerin durchgeführt. Hierzu waren am 20.12.2006 und 15.07.2010 Bescheide ergangen.
Nach Anhörung im Rahmen der Schlussbesprechung der Betriebsprüfung am 13.02.2012 forderte die Beklagte von der Klägerin mit Bescheid vom 24.02.2012 für den Zeitraum vom 01.12.2005 bis zum 31.12.2009 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 38.221,84 Euro nach. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Gesetzgeber habe seit dem 01.01.2004 für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung den Grundsatz "equal pay" (gleicher Lohn für gleiche Arbeit) und das Gebot "equal treatment" (gleiche Arbeitsbedingungen) im Gesetz (§ 10 Abs. 4 AÜG) verankert. Das AÜG sehe jedoch einen Ausnahmefall für das gesetzliche Gleichbehandlungsgebot vor. Existiere ein Tarifvertrag, der die Entlohnung der Leiharbeitnehmer regle, könne gemäß § 9 Nr. 2 AÜG vom Gleichbehandlungsgrundsatz auch zum Nachteil des Leiharbeitnehmers abgewichen werden. Dies gelte nicht nur dann, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer tarifgebunden seien, sondern auch, wenn in Arbeitsverträgen die Geltung von Tarifverträgen vereinbart werde. Im Oktober 2008 sei von der Gewerkschaft Ver.di und dem Land Berlin ein Verfahren nach §§ 97 Abs. 1, 2a Abs. 1 Nr. 4 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) zur Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP vor dem Arbeitsgericht Berlin eingeleitet worden. Mit Beschluss vom 01.04.2009 habe das Arbeitsgericht Berlin unter dem Aktenzeichen 35 BV 17008/08 die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt. Dieser Beschluss sei auf die Beschwerde der dortigen Beklagten vom Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg am 07.12.2009 (Az. 23 TaBV 1016/09) bestätigt worden. Die zum Bundesarbeitsgericht (BAG) erhobene Rechtsbeschwerde sei am 14.12.2010 (Az. 1 ABR 19/10) als unbegründet zurückgewiesen worden. Zur Begründung sei im Wesentlichen ausgeführt worden, dass die Mitgliedsgewerkschaften der CGZP nach ihrem satzungsgemäßen Geltungsbereich nicht die Tariffähigkeit für die gesamte Zeitarbeitsbranche vermittelten. Die Bestätigung der Tarifunfä-higkeit der CGZP durch das BAG habe die Unwirksamkeit der von ihr geschlossenen Ta-rifverträge zur Folge. Damit komme es zur Anwendung des § 10 Abs. 4 AÜG. Der Leiharbeitnehmer, der auf Basis eines CGZP-Tarifvertrages beschäftigt sei oder gewesen sei, könne von dem Verleiher den Lohn beanspruchen, der im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer gezahlt werde. Im Beitragsrecht der Sozialversicherung gelte gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV das Entstehungsprinzip. Bemessungsgrundlage für den Beitragsanspruch sei nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht das vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte, sondern das von ihm geschuldete Arbeitsentgelt. Die Geltendmachung oder Durchsetzbarkeit des arbeitsrechtlichen Vergütungsanspruchs durch den Arbeitnehmer sei unerheblich. Beitragsbemessungsgrundlage für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge sei damit der Arbeitsentgeltanspruch eines vergleichbaren Stammarbeiters in dem Entleihbetrieb nach § 10 Abs. 4 AÜG. Es seien daher Beiträge zur Sozialversicherung auf Grundlage der Differenz zwischen dem gemeldeten und der Beitragsberechnung zugrunde gelegten Arbeitsentgelt und dem vergleichbaren Arbeitsentgelt eines Stammarbeitnehmers in dem jeweiligen Entleihbetrieb und Überlassungszeitraum für jeden Leiharbeitnehmer individuell nachzuerheben. Nach § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV sei die Höhe der Arbeitsentgelte zu schätzen, wenn diese nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermittelt werden könnten. Zwar seien hier die Arbeitsentgelte grundsätzlich bestimmten Beschäftigten zuzuordnen. Jedoch sei die personenbezogene Ermittlung der geschuldeten Arbeitsentgelte aufgrund der großen Anzahl der zu prüfenden Beschäftigungsverhältnisse, der zum Teil sehr kurzen Dauer der Beschäftigungsverhältnisse, der Anzahl der Entleiher und der Dauer der jeweiligen Überlassungszeiträume im Prüfzeitraum wenn überhaupt nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich. Im Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2009 hätten im Betrieb der Klägerin insgesamt ca. 620 Beschäftigungsverhältnisse vorgelegen. Die Überlassung sei an ca. 130 Entleiher erfolgt. Aus diesem Grund sei die Höhe der maßgeblichen Arbeitsentgelte zu schätzen gewesen. Es sei dabei wie folgt verfahren worden. Es seien Beschäftigungsgruppen nach Entleihern gebildet worden. Die Arbeitnehmer seien einer der Gruppen zugeordnet worden. Die Gruppenlohnsummen seien um Lohnzahlungen aufgrund von Zeiten ohne equal-pay-Anspruch bereinigt worden, namentlich verleihfreie Zeiten einschließlich Krankheits-, Feiertags- und Urlaubszeiten und Zeiten von zuvor ar-beitslosen Leiharbeitnehmern in den ersten sechs Wochen ihrer Beschäftigung, sofern der Verleiher mindestens ein Nettoentgelt in Höhe des zuletzt gezahlten Arbeitsentgelts gezahlt habe. Als repräsentative Stichprobe seien die Löhne der größten Entleiher, mit denen ca. 80 % des Umsatzes erzielt worden sei, summiert worden. Die tatsächlichen Arbeitsentgelte vergleichbarer Arbeitnehmer der Entleiher für die in der Stichprobe definierten Leiharbeitnehmer seien ermittelt worden. Die Stichprobe sei ausgewertet und ein Durchschnittswert je Entleiher gebildet worden. Der gesamte Durchschnittswert sei durch Gewichtung des Verhältnisses der einzelnen Umsätze zu den gesamten Umsätzen der Stichprobengruppe berechnet worden. Der prozentuale Lohnabstand sei in dem Verhältnis vermindert worden, wie die Arbeitsentgelte insgesamt zu den equal-pay-fähigen Arbeitsentgelten gestanden hätten. Der so ermittelte bereinigte Lohnabstand sei zur Ermittlung der Arbeitsentgeltdifferenz auf alle Leiharbeitnehmer angewendet worden. Hieraus ergebe sich als prozentualer Lohnabstand zu den vergleichbaren Stammarbeitnehmern 2,02 % im Jahr 2006, 2,21 % im Jahr 2007, 1,46 % im Jahr 2008 und 5,02 % im Jahr 2009.
Hiergegen erhob die Klägerin am 05.03.2012 Widerspruch. Zur Begründung verwies sie ohne nähere Erläuterungen auf Entscheidungen der Sozialgerichte Detmold und Duisburg.
Auf Antrag der Klägerin setzte die Beklagte mit Bescheid vom 14.03.2012 den Vollzug des angefochtenen Bescheides aus.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie aus, die CGZP sei auch in der Vergangenheit in dem betroffenen Prüfzeitraum tarifunfähig gewesen. Die vorangegangenen Betriebsprüfungsbescheide vom 20.12.2006 und 15.07.2010 bewirkten keinen Vertrauensschutz. Ebenso sei ein Vertrauen in die CGZP-Tarifverträge nicht geschützt.
Zur Begründung ihrer hiergegen am 30.08.2012 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, die Beklagte habe nicht einen Schätzungsbescheid aufgrund von Durchschnittswerten erlassen dürfen. Es sei nicht plausibel, aufgrund welcher tatsächlichen Umstände einzelfallbezogene Ermittlungen nicht möglich gewesen sein sollten. Auch sei keine plausible Darlegung der Schätzungsgrundlagen erfolgt. Zudem komme eine Verletzung der Aufzeichnungspflicht nur bei deren subjektiver Kenntnis in Betracht. Schließlich seien Ansprüche der Beklagten vor dem Jahr 2007 verjährt.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid der Beklagten vom 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 31.07.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie führt aus, die Lohnaufzeichnungen der Klägerin seien fehlerhaft gewesen, da tatsächlich höhere Lohn- bzw. Beitragsansprüche bestanden hätten. Es wäre Aufgabe der Klägerin gewesen, die Lohnaufzeichnungen von sich aus zu korrigieren und die Meldungen zu berichtigen. Von einer Überlassung an nur wenige Entleiher könne bei ca. 130 Entleihbetrieben keine Rede sein. Anders als in dem von der Klägerin zitierten Beschluss des Sozialgerichts Detmold seien vorliegend konkrete betriebsbezogene Ermittlungen erfolgt. Ab der Bekanntgabe der BAG-Entscheidung vom 14.12.2010, welche erhebliche Öffentlichkeitswirkung entfaltet habe, liege zumindest bedingter Vorsatz hinsichtlich der Nichtentrichtung der höheren Beiträge vor. Es greife daher die 30-jährige Verjährungsfrist.
Mit Beschluss vom 11.11.2013, den Beteiligten gegen Empfangsbekenntnis zugestellt und - jeweils überregional - in der Süddeutschen Zeitung am 23.11.2013 sowie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und im elektronischen Bundesanzeiger am 25.11.2013 veröffentlicht, hat das Gericht unter Hinweis auf § 75 Abs. 2a Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden, dass zum Verfahren nur solche Personen beigeladen werden, die dies bis zum 30.04.2014 beantragen. Ein entsprechender Antrag ist bis zum Ablauf der gesetzten Frist nicht gestellt worden.
Die Klägerin und die Beklagte haben sich mit Schriftsätzen vom 04.07.2014 bzw. vom 30.06.2014 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Vorliegend konnte die Kammer durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben.
Die zulässige Klage ist überwiegend unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2012 ist rechtswidrig, soweit die Beklagte damit Nachforderungen für die Zeit vom 01.12.2005 bis zum 31.12.2006 geltend macht. Im Übrigen sind die angegriffenen Bescheide rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Ansprüche der Beklagten auf Beiträge sind für die Zeit vom 01.12.2005 bis zum 31.12.2006 verjährt.
Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.01.2006 (BGBl. I, S. 86) wurden im Jahr 2006 Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt zu bemessen waren, in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung, mit der das Arbeitsentgelt erzielt wurde, ausgeübt worden ist. Damit sind alle im Jahr 2006 fällig gewordenen Beitragsansprüche mit Ablauf des 31.12.2010 nach der Regelverjährungsfrist verjährt.
Die Regelung des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV greift vorliegend nicht ein. Danach verjähren Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Für das Eingreifen der 30-jährigen Verjährungsfrist reicht es aus, wenn der Schuldner die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, er also seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat. Eine anfänglich vorhandene Gutgläubigkeit begründet dann keinen Vertrauensschutz mehr, wenn nach Fälligkeit, aber noch vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist Vorsatz hinzutritt. Auch in diesem Fall gilt die lange Verjährungsfrist. Hat der Beitragsschuldner bei Eintritt der Fälligkeit noch keinen Vorsatz zur Vorenthaltung, läuft zunächst vom folgenden Kalenderjahr an eine vierjährige Verjährungsfrist. Diese verlängert sich jedoch durch eine rückwirkende Umwandlung in die 30-jährige Verjährungsfrist, wenn der Beitragsschuldner noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist bösgläubig wird (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 30.03.2000, Az. B 12 KR 14/99 R).
Nach Auffassung der Kammer hat die Klägerin die Beiträge nicht vorsätzlich vorenthalten. Eindeutige Anhaltspunkte für das Vorliegen von (bedingtem) Vorsatz bereits im Jahr 2010 liegen nicht vor. Nach Ansicht der Kammer genügt die Kenntnis von der Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 allein nicht schon für die Annahme eines bedingten Vorsatzes im Hinblick auf die Vorenthaltung von Beiträgen. Zwar hat die Entscheidung ein großes Interesse in der Öffentlichkeit und in den Medien gefunden (vgl. dazu SG Kassel, Urteil vom 04.09.2013, Az. S 12 KR 246/12). Allerdings müssen für die einzelnen betroffenen Unternehmen zum Zeitpunkt der Entscheidung des BAG die Inhalte und Wirkungen der Entscheidung noch nicht in vollem Ausmaß bekannt bzw. absehbar gewesen sein. So wurde insbesondere auch immer wieder der Gegenwartsbezug der Entscheidung betont, sogar noch nach Veröffentlichung der Entscheidungsgründe im Februar 2011. Auch betont das BAG in seinen Entscheidungsgründen selbst den Gegenwartsbezug seiner Entscheidung (BAG, Beschluss vom 14.12.2010, Az. 1 ABR 19/10). Letztlich ist die endgültige Klärung der Tariffähigkeit der CGZP für die Vergangenheit erst durch den Beschluss des BAG vom 23.05.2012 (Az. 1 AZB 58/11) erfolgt (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21.02.2013, Az. L 1 KR 441/12 B ER). Dass die Klägerin abweichend von diesen Ausführungen dennoch bereits im Jahr 2010 Kenntnis gehabt hätte, die die Annahme eines (bedingten) Vorsatzes rechtfertigen würde, ergibt sich für die Kammer nicht. Erst im Jahr 2011 ist aufgrund jedenfalls der von der Beklagten angekündigten Prüfung vom Vorliegen von Vorsatz auszugehen, weil die Klägerin mit Beitragszahlungen rechnen musste. Zu diesem Zeitpunkt waren die Ansprüche für den o. g. Zeitraum allerdings bereits verjährt.
Im Hinblick auf die Nachforderung der Beklagten für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2009 ist die Klage unbegründet. Insoweit ist der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2012 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG in ihren Rechten. Die Beklagte fordert insoweit zu Recht Beiträge zur Sozialversicherung nach.
Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Bescheides ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV erfolgt mindestens alle vier Jahre - bei Vorliegen besonderer Gründe auch außerhalb dieses Turnus - eine Prüfung, ob die Arbeitgeber ihre Pflichten, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28d SGB IV) stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Bei kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten wird der Beitragsbemessung in den Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung insbesondere das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung zugrunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 57 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 162 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] und § 342 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Arbeitsentgelt sind nach § 14 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Zu Recht hat die Beklagte den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei der Klägerin im streitigen Zeitraum beschäftigten Leiharbeitnehmer dementsprechend jeweils nach dem Arbeitsentgelt bemessen, das vergleichbaren Arbeitnehmern in den Betrieben der jeweiligen Entleiher gezahlt wurde bzw. gezahlt worden wäre. Nach der Regelung des § 10 Abs. 4 AÜG in der bis zum 29.04.2011 geltenden Fassung des Art. 6 Nr. 5 Buchst. b) des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I S. 4607) kann der Leiharbeitnehmer im Falle der Unwirksamkeit der Vereinbarung mit dem Verleiher nach § 9 Nr. 2 AÜG von diesem die Gewährung der im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts verlangen. Unwirksam im Sinne des § 9 Nr. 2 AÜG sind Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen, es sei denn, der Verleiher gewährt dem zuvor arbeitslosen Leiharbeitnehmer für die Überlassung an einen Entleiher für die Dauer von insgesamt höchstens sechs Wochen mindestens ein Nettoarbeitsentgelt in Höhe des Be-trages, den der Leiharbeitnehmer zuletzt als Arbeitslosengeld erhalten hat; letzteres gilt nicht, wenn mit demselben Verleiher bereits ein Leiharbeitsverhältnis bestanden hat; ein Tarifvertrag kann abweichende Regelungen zulassen; im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.
Im streitigen Zeitraum lag eine wirksame, vom Grundsatz des "equal pay" zulasten der Leiharbeitnehmer abweichende Vereinbarung im Sinne von § 9 Nr. 2 AÜG nicht vor. Vorliegend haben die Klägerin und ihre Arbeitnehmer von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Tarifverträge der CGZP mit dem AMP auf die Arbeitsverträge anzuwenden, die eine Abweichung vom Grundsatz des "equal pay" ermöglichten. Diese Tarifverträge waren allerdings unwirksam. Die Unwirksamkeit der Tarifverträge folgt daraus, dass die CGZP im Streitzeitraum weder eine tariffähige Arbeitnehmervereinigung im Sinne von § 2 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG) noch eine tariffähige Spitzenorganisation im Sinne von § 2 Abs. 2 und 3 TVG war (BAG, Beschluss vom 14.12.2010, Az. 1 ABR 19/10). Voraussetzung für den Abschluss von Tarifverträgen im Sinne des § 1 TVG ist die Tariffähigkeit der Tarifvertragsparteien. Schließt eine Vereinigung ohne Tariffähigkeit einen Tarifvertrag ab, ist die-ser Tarifvertrag unwirksam und damit nichtig (BAG a.a.O.). Die Tarifunfähigkeit der CGZP gilt im zeitlichen Geltungsbereich ihrer Satzungen vom 11.12.2002, 05.12.2005 sowie vom 08.10.2009 (BAG, Beschluss vom 23.05.2012, Az. 1 AZB 58/11). Die Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung nach § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 ArbGG begründet oder beendet nicht erst die Tariffähigkeit, sondern stellt die Tariffähigkeit oder Tarifunfähigkeit nur fest (BAG, Beschluss vom 15.11.2006, Az. 10 AZR 665/05). Die Klägerin war daher für den genannten Zeitraum verpflichtet, den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die betroffenen Leiharbeitnehmer jeweils nach dem Arbeitsentgelt zu bemessen, das vergleichbaren Arbeitnehmern in den Betrieben der jeweiligen Entleiher gezahlt wurde bzw. worden wäre.
Die Beitragsansprüche sind unabhängig davon entstanden, ob die nach dem equal-pay-Prinzip geschuldeten Arbeitsentgelte den Arbeitnehmern tatsächlich zugeflossen sind. Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Der Anspruch auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag entsteht dabei, wenn der Arbeitsentgeltanspruch entstanden ist, selbst wenn der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt nicht oder erst später gezahlt hat. Insoweit folgt das Sozialversicherungsrecht nicht dem Zufluss-, sondern dem sog. Entstehungsprinzip (BSG, Urteil vom 03.06.2009, Az. B 12 R 12/07 R). Der Anspruch entsteht unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt verlangt hat oder es rechtlich noch verlangen könnte (BSG, Urteil vom 14.07.2004, Az. B 12 KR 7/04 R). Auch im vorliegenden Fall ist die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV anzuwenden. Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht zur Anwendung, wonach bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt der Beitragsanspruch erst mit Zufluss entsteht. In der Literatur wird insoweit zwar die Auffassung vertreten, dass der Beschluss des BAG vom 14.12.2010 konstitutiv wirke mit der Folge, dass Arbeitsentgelt- und Beitragsansprüche erst ab diesem Zeitpunkt entstehen könnten. Es handele sich somit nicht um Ansprüche auf laufendes Arbeitsentgelt, für die nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV das Entstehungsprinzip gelte, sondern um nachträglich rückwirkende Lohnerhöhungen, die wie Einmalzahlungen zu behandeln seien. Die konstitutive Wirkung folge aus § 97 Abs. 5 ArbGG (vgl. Plagemann/Brand, NJW 2011, 1488, 1490 f.). Allerdings folgt aus § 97 Abs. 5 ArbGG gerade, dass die Entscheidung im Beschlussverfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG die Tarifunfähigkeit lediglich deklaratorisch feststellt. Die Regelung wäre im Wesentlichen sinnlos, wenn die Entscheidung über die Tariffähigkeit nur für die Zeit nach der Verkündung der Entscheidung von Bedeutung wäre (BAG, Beschluss vom 15.11.2006, Az. 10 AZR 665/05). Insoweit hat das BAG ferner mit Urteil vom 13.03.2013 (Az. 5 AZR 954/11) festgestellt, dass der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch ist, der mit der Überlassung entsteht und zu dem im Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird.
Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 24.02.2012 ist auch hinsichtlich der Höhe der für die Jahre 2007 bis 2009 festgestellten Beitragsnachforderung nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die von der Beklagten vorgenommene Schätzung ist § 28f Abs. 2 SGB IV. Danach kann der prüfende Träger der Rentenversicherung in Fällen, in denen ein Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Höhe des Arbeitsentgelts und der Beiträge nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermittelt und festge-stellt werden kann, einerseits den Gesamtsozialversicherungsbeitrag im Wege eines Lohnsummenbescheides geltend machen (Satz 1), andererseits die Höhe der Arbeitsentgelte schätzen (Satz 3). Wenn auch die Aufzeichnungspflicht als solche nicht ausdrücklich im Gesetz aufgeführt ist, so ergibt sie sich doch zwingend aus dem Zusammenhang der übrigen gesetzlich bestimmten Melde-, Auskunfts- und Vorlagepflichten. Es ist nämlich ausgeschlossen, diese Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen, wenn nicht vorher der Arbeitgeber die versicherungsrechtlich maßgeblichen Angaben aufgezeichnet hat. Entsprechend regelt die auf der Grundlage der §§ 28n, 28p Abs. 9 SGB IV erlassene Beitragsver-fahrensverordnung (BVV) vom 03.05.2006 (BGBl. I S. 1138) in § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 BVV, dass der Arbeitgeber in den Entgeltunterlagen das beitragspflichtige Arbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung einschließlich seiner Zusammensetzung und seiner zeitlichen Zuordnung aufzunehmen hat (eine entsprechende Regelung sah die bis zum 30.06.2006 geltende Beitragsüberwachungsverordnung [BÜVO] in der Fassung der Bekanntmachung vom 28.07.1997 [BGBl. I S. 1930] in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 für die zu führenden Lohnunterlagen vor). Erforderlich ist allein, dass der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht objektiv verletzt hat; auf ein Verschulden kommt es nicht an (BSG, Urteil vom 07.02.2002, Az. B 12 KR 12/01 R, Rn. 22). Die Klägerin hat das nach dem Grundsatz des "equal pay" beitragspflichtige Arbeitsentgelt nicht aufgezeichnet. Ob sie subjektiv hierzu möglicherweise keine Veranlassung gesehen hat, ist aus den dargestellten Gründen unerheblich. Ausreichend für die Feststellung einer Pflichtverletzung ist die Kenntnis der Tatsachen, die eine Obliegenheit begründen (vgl. Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 16.09.2009, Az. IV ZR 246/08, Rn. 12), hier die Kenntnis der Tatsachen, die Gegenstand der Aufzeichnungspflicht sind. Dass die Klägerin wusste, dass sie das beitragspflichtige Arbeitsentgelt aufzuzeichnen hat, kann das erkennende Gericht unterstellen. Eine etwaige fehlerhafte Bewertung der Klägerin, ob der in Bezug genommene Entgeltvertrag zwischen der CGZP und dem AMP wirksam ist, stellt keine Unkenntnis der die Aufzeichnungspflicht begründenden Tatsachen dar, sondern allenfalls einen unbeachtlichen Rechtsirrtum (vgl. SG Dresden, Urteil vom 15.05.2013, Az. S 15 KR 440/12 m.w.N.). Die mit der Aufzeichnungspflicht korrespondierende Aufbewahrungs- und Vorlagepflicht endet zwar nach § 28f Abs. 1 SGB IV regelmäßig mit Ablauf des auf die letzte Prüfung nach § 28p SGB IV folgenden Kalenderjahres, vorliegend also mit Ablauf des 31.12.2011. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass auf Grund des Beschlusses des BAG vom 14.12.2010 (a.a.O.), welcher eine erhebliche Öffentlichkeitswirkung entfaltet hat, für die Klägerin objektiv Anlass dazu bestanden hat, das beitragspflichtige Arbeitsentgelt nach dem Grundsatz des "equal pay" aufzuzeichnen, die entsprechenden Entgeltunterlagen weiter aufzubewahren und bei der nächsten Prüfung vorzulegen.
Die Höhe des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts konnte die Beklagte nicht bzw. nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand ermitteln. Anzustellen wäre nämlich für jeden Leiharbeitnehmer ein Gesamtvergleich der Entgelte im jeweiligen Überlassungszeitraum unter Berücksichtigung tätigkeitsbezogener (d. h. bezogen auf den konkreten Arbeitsplatz) und personenbezogener (d. h. bezogen auf eine bestimmte Qualifikation oder eine Berufsaus-bildung, an die die Arbeitsbedingungen gebunden sind) Komponenten. Unter den Ge-samtvergleich der Entgelte fallen zudem nicht nur das laufende Entgelt, sondern auch alle Zulagen und Zuschläge, Ansprüche auf Entgeltfortzahlung sowie weitere Vergütungsbestandteile, die als Gegenleistung vom Vertragsarbeitgeber für die Erbringung der Arbeitsleistung vergleichbarer Arbeitnehmer des Entleihers erbracht werden (vgl. SG Dresden a.a.O.). Vor diesem Hintergrund war für die im Bescheid aufgeführten überschlägig etwa 620 Leiharbeitnehmer eine Schätzung gerechtfertigt.
Die Schätzung begegnet auch der Höhe nach keinen durchgreifenden Bedenken. Die Beklagte hat konkrete betriebsbezogene Ermittlungen angestellt. Wenn die Klägerin nunmehr pauschal rügt, die Schätzung sei nicht rechtens, so ist dem nicht weiter zu folgen und weitere Aufklärung zu betreiben. Der Einwand ist unsubstantiiert, so dass das Gericht nicht verpflichtet ist, ins Blaue hinein Ermittlungen zu ergreifen.
Der Beitragsnachforderung der Beklagten stehen auch keine Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen. Ein schützenswertes Vertrauen lässt sich insbesondere weder aus einem Vertrauen in eine ständige höchstrichterliche Rechtsprechung zur Tariffähigkeit der CGZP bzw. allgemein von Gewerkschaften und Spitzenverbänden, einem Vertrauen in die Wirksamkeit von Tarifverträgen noch aus einem Vertrauen in vorangegangene Betriebsprüfungen und die Bestandskraft hierbei erlassener Bescheide herleiten.
Eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Tariffähigkeit von Gewerkschaften und Spitzenorganisationen liegt durch den Beschluss des BAG vom 14.12.2010 (Az. 1 ABR 19/10) nicht vor. Weder hatte das BAG zuvor eine Entscheidung über die Tariffähigkeit der CGZP getroffen noch hat es mit dem genannten Beschluss seine Rechtsprechung zur Tariffähigkeit von Gewerkschaften und Spitzenorganisationen geändert (vgl. BAG, Beschluss vom 22.05.2012, Az. 1 ABN 27/12; BAG, Urteil vom 13.03.2013, Az. 5 AZR 242/12). Auch lag bislang keine sozialgerichtliche Rechtsprechung vor, wonach die CGZP als tariffähig angesehen wurde.
Überdies wird der gute Glaube an die Wirksamkeit eines Tarifvertrages, namentlich an die Tariffähigkeit einer Vereinigung, nicht geschützt (BAG, Urteil vom 15.11.2006, Az. 10 AZR 665/05). Dies gilt nach dem Urteil des BAG vom 13.03.2013 (Az. 5 AZR 242/12) ausdrücklich auch für die CGZP und auch für Vertrauen, welches aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder anderer Stellen entwickelt worden sein mag.
Ein Vertrauensschutz ergibt sich für die Klägerin auch nicht aus vorangegangenen Prüfungen nach § 28p SGB IV. Die Prüfbehörden sind bei Arbeitgeberprüfungen nach § 28p SGB IV selbst in kleinen Betrieben nicht zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten verpflichtet. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen einschließlich der Protokolle über die Schlussbesprechung nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen (BSG, Urteil vom 14.07.2004, Az. B 12 KR 7/04 R).
Schließlich steht die Bindungswirkung (§ 77 SGG) der aufgrund der vorangegangen Betriebsprüfung ergangenen Bescheide vom 20.12.2006 und vom 15.07.2010 der Nachforderung von Beiträgen für denselben Zeitraum durch den Bescheid vom 24.02.2012 nicht entgegen. Die vorangegangenen Bescheide brauchten daher auch nicht nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben zu werden. Die Bindungswirkung eines Bescheides erfasst grundsätzlich nur dessen Verfügungssatz bzw. -sätze, nicht hingegen die Gründe, die zu der Regelung geführt haben. Ein der Bestandskraft fähiger Verfügungssatz dahingehend, dass die Klägerin im Prüfzeitraum sämtliche nicht gesondert erwähnten Meldepflichten und sonstigen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt habe, lässt sich solchen Bescheiden hingegen regelhaft und auch vorliegend nicht entnehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Streitwert richtet sich nach der streitigen Beitragsforderung.
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