S 24 KR 439/13

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 24 KR 439/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 406/14
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung auf eine Leistung aus einer Kapitallebensver-sicherung zu zahlen hat.

Der am 1947 geborene Kläger ist seit dem 01.06.2011 als Rentner bei der Beklagten gegen Krankheit versichert und bei der Beigeladenen pflegeversichert.

Der Kläger hatte mit seinem Arbeitgeber Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vereinbart, die in Form einer Lebensversicherung zu Gunsten des Arbeitnehmers zwi-schen dem Arbeitgeber und dem Lebensversicherungsunternehmen, der R-AG, abge-schlossen wurde. Versicherungsbeginn war der 01.01.1990; als Ablaufdatum war der 01.01.2013 festgelegt. Versicherungsnehmer war fast durchgehend der Arbeitgeber des Klägers. Für die Zeit vom 01.07.1991 bis 01.01.1992 rückte der Kläger jedoch in die Ver-sicherungsnehmerstellung ein und zahlte in dieser Zeit auch entsprechende Prämien auf den Lebensversicherungsvertrag.

Am 01.01.2013 wurde dem Kläger von der R-AG eine einmalige Kapitalleistung in Höhe von 59.254,00 EUR ausgezahlt.

Die Beklagte teilte dem Kläger – zugleich im Namen der bei ihr errichteten Beigeladenen – mit Bescheid vom 14.01.2013 mit, dass die Kapitalleistung der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung unterliege. 1/120 des Gesamtbetrags werde für die Dauer von zehn Jahren als monatlicher Ausgangswert für die Beitragsberechnung zugrunde gelegt. Demnach habe er beginnend ab dem 01.02.2013 monatlich 87,08 EUR als Kranken- und 11,51 EUR als Pflegeversicherungsbeitrag zu zahlen.

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 04.02.2013 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass er noch vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG – vom 14.11.2003, BGBl. I, S. 2190) zum 01.01.2004 kurzzeitig Versicherungsnehmer geworden und die Kapitalleistung infolgedessen beitragsfrei sei. Er berufe sich insofern auf die Prinzipien des Vertrauens- und Bestandsschutzes sowie den allgemeinen Gleichheits-satz, weil Privatversicherte von einer Verbeitragung verschont blieben. Die Verbeitragung sei auch deshalb unzulässig, weil er bereits als Arbeitnehmer Höchstbeiträge zur Kran-ken- und Pflegeversicherung entrichtet habe. Die Verbeitragung bedeute auch eine enorme finanzielle Belastung für ihn und seine Familie. Dessen ungeachtet unterfalle jedenfalls der Teil der Kapitalleistung, den er als Versicherungsnehmer privat finanziert habe, nicht der Beitragspflicht.

In einem vom Kläger vorgelegten Schreiben vom 13.03.2013 teilte die R-AG mit, dass 57.966,00 EUR des Auszahlungsbetrages auf Zeiträume entfielen, in denen der Arbeit-geber des Klägers Versicherungsnehmer gewesen sei, 1.288,00 EUR beruhten dagegen auf Zeiträume, in denen der Kläger Versicherungsnehmer gewesen sei.

In einem weiteren Schreiben vom 19.03.2013 bestätigte die R-AG, dass der private Anteil an der ausgezahlten Kapitalleistung 1.288,00 EUR betrage. Die Berechnungsmethode beruhe auf dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30.03.2011 (Az.: B 12 KR 16/10 R). Der beitragspflichtige Teil einer Kapitalleistung sei danach in typisierender Weise prämienratierlich zu errechnen, d.h. danach, in welchem Umfang während der Zeit der Versicherungsnehmereigenschaft des Arbeitgebers und der Zeit der Versiche-rungsnehmereigenschaft des Arbeitnehmers Prämien gezahlt worden seien.

Mit weiterem Bescheid vom 27.03.2013 teilte die Beklagte – wiederum auch im Namen der Beigeladenen – mit, dass die Kapitalzahlung der R-AG nur in Höhe von 57.966,00 EUR der Beitragspflicht unterliege. Der ab dem 01.02.2013 zu zahlende monatliche Krankenversicherungsbeitrag betrage 85,41 EUR, der Pflegeversicherungsbeitrag 11,29 EUR.

Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 23.04.2013, dass er auch gegen diesen Bescheid Widerspruch erhebe.

Die Beklagte wies die Widersprüche des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2013 als unbegründet zurück. Die Kapitalleistung stelle in Höhe von 57.966,00 EUR eine einmalige Leistung der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) dar. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe entschieden, dass es gegen den allgemeinen Gleich-heitssatz verstoße, soweit auch der Teil einer Kapitalleistung aus einer Direktversicherung als Versorgungsbezug zur Beitragspflicht herangezogen werde, der auf Beiträgen beruhe, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebens-versicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers einge-zahlt habe. Dagegen sei die Beitragspflicht von Leistungen aus einer vom Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers abgeschlossenen Direktversicherung – übereinstimmend mit der Rechtsprechung des BSG – als verfassungskonform bestätigt worden. Die Bei-tragspflicht bestehe unabhängig davon, wer die Beiträge dafür gezahlt habe, solange der Arbeitgeber die Direktversicherung durchgehend als Versicherungsnehmer geführt habe. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe sei die Kapitalleistung in Höhe von 57.966,00 EUR der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung zu unterwerfen. Der Umstand, dass der Versicherungsvertrag bereits vor dem Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes abgeschlossen worden sei, habe keine Auswirkungen auf die Beitragspflicht. Maßgeblich sei nämlich allein, dass der Versicherungsfall nach Inkrafttre-ten des Gesetzes (01.01.2004) eingetreten sei. Für die Beitragspflicht der Kapitalleistung sei es auch unerheblich, dass der Kläger auf die Einkünfte, aus denen er die Versicherungsprämien finanziert habe, während seines Erwerbslebens bereits Höchstbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichtet habe.

Dagegen richtet sich die am 22.08.2013 erhobene Klage. Der Kläger wiederholt im We-sentlichen seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren. Er ist der Ansicht, dass § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes auf von vornhe-rein bei Vertragsabschluss rechtsverbindlich vereinbarte (einmalige) Kapitalzahlungen nicht anwendbar sei. Das BVerfG habe entschieden, dass Kapitalzahlungen aus betrieblichen Direktversicherungen den Versorgungsbezügen nach § 229 Abs. 1 SGB V gleichgestellt werden könnten, nicht müssten. Damit habe das BVerfG bestätigt, dass Kapital-zahlungen, die von vornherein bei Vertragsabschluss rechtsverbindlich vereinbart wor-den seien, keine Versorgungsbezüge darstellten. Ferner stelle der Wechsel in der Versi-cherungsnehmerstellung im Jahr 1991 eine Zäsur dar mit der Folge, dass die Kapitalleis-tung nicht mehr verbeitragt werden dürfe. Es liege auch eine Ungleichbehandlung darin, dass derjenige, der sich entscheide, die Versicherung selbst zu übernehmen, besser ge-stellt werde als derjenige, dessen Arbeitgeber Versicherungsnehmer bleibe. Die Verbei-tragung übersteige auch seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Bescheide vom 14.01.2013 und 27.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurtei-len, die bislang erhobenen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zurückzuerstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass die angefochtenen Bescheide der Sach- und Rechtslage entsprächen und daher nicht zu beanstanden seien. Sie verweist auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 25.07.2013.

Mit Beschluss vom 21.02.2014 wurde die Pflegekasse der U-Krankenkasse zum Verfahren beigeladen.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Sach- und Streitstand nimmt das Gericht Bezug auf die Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Bescheide der Beklagten vom 14.01.2013 und 27.03.2013 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 25.07.2013 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Kapitalleistung der R-AG unterliegt in Höhe von 57.966,00 EUR der Beitragspflicht zur gesetzli-chen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung. Der Kläger hat infolgedes-sen keinen Beitragserstattungsanspruch.

Der Kläger ist seit dem 01.06.2011 als Rentner bei der Beklagten pflichtversichert. Nach § 237 Satz 1 Nr. 2 SGB V wird bei versicherungspflichtigen Rentnern der Beitragsbemessung der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen zugrundegelegt. § 226 Abs. 2 und die §§ 228, 229 und 231 SGB V gelten entsprechend (§ 237 Satz 2 SGB V). Gemäß § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V gelten als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge), soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, auch Renten der betriebli-chen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im Öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung. Tritt an die Stelle der Versorgungsbezü-ge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Ein-tritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V ein Einhundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versor-gungsbezüge, längstens jedoch für einhundertzwanzig Monate. Für die Beitragsbemes-sung in der sozialen Pflegeversicherung gelten diese Vorschriften gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) entsprechend.

Zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V gehören auch Renten, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abge-schlossenen Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) gezahlt werden (BSG Urteil vom 30.03.2011 – B 12 KR 16/10 R –, juris Rn. 17; BSG Urteil vom 12.11.2008 – B 12 KR 6/08 R –, juris Rn. 14, jeweils m.w.N.). Um eine solche Direktversicherung handelt es sich, wenn für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen wird und der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistung des Versicherers ganz oder teilweise leistungsberechtigt sind. Die Leistung ist dann der betrieblichen Altersversorgung zuzu-rechnen, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod bezweckt, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen soll. Unerheblich ist, ob der Abschluss nach Auffassung der Beteiligten allein zur Ausnutzung der steuer-rechtlich anerkannten und begünstigten Gestaltungsmöglichkeiten der betrieblichen Al-tersversorgung erfolgt. Der hinreichende Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistungen aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit des Arbeitnehmers für die Qualifizierung als beitragspflichtige Einnahme der betrieblichen Altersversorgung ist bei einer solchen für die betriebliche Altersversorgung typischen Versicherungsart der Direktversicherung gegeben (BSG Urteil vom 30.03.2011 – B 12 KR 16/10 R –, juris Rn. 17; BSG Urteil vom 12.11.2008 – B 12 KR 6/08 R –, juris Rn. 14).

Das ist hier der Fall. Bei dem hier streitigen Lebensversicherungsvertrag handelt es sich ausweislich des Versicherungsscheines der R-AG um eine Direktversicherung, die von dem ehemaligen Arbeitgeber des Klägers abgeschlossen wurde. Zugesagt war von An-fang an keine regelmäßig wiederkehrende Leistung, sondern eine Einmalzahlung. Diese diente im Hinblick auf den Zeitpunkt der Auszahlung in dem Jahr, in dem der Kläger das 65. Lebensjahr vollendete, seiner Altersversorgung.

Dem Kläger kann nicht darin gefolgt werden, dass § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V Versiche-rungsverträge, die vor dem 01.01.2004 abgeschlossen wurden, nicht erfasse. Dem steht bereits der klare Gesetzeswortlaut entgegen, der es ausreichen lässt, dass die Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls entweder vereinbart oder zugesagt worden ist. Auch die Gesetzeshistorie spricht für diese Auslegung. In der ab 01.01.1989 geltenden ur-sprünglichen Fassung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V fehlte zunächst noch der Satzteil "oder zugesagt worden". Nach der alten Fassung galt die Vorschrift also nur, wenn an die Stelle der laufenden Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung trat. Die ursprüngliche Regelung galt demnach nicht, wenn von vornherein ei-ne nicht wiederkehrende Leistung (Kapitalzahlung) vereinbart war. Durch das GKV-Modernisierungsgesetz wurde mit Wirkung zum 01.01.2004 der Satzteil "oder zugesagt worden" eingefügt. Damit werden nun auch alle Versorgungsbezüge zur Beitragsbemes-sung herangezogen, die von vornherein oder jedenfalls vor dem Versicherungsfall als nicht wiederkehrende Leistung (Kapitalleistung) vereinbart worden sind (vgl. BSG Urteil vom 13.09.2006 – B 12 KR 5/06 R –, juris Rn. 14). Das wird auch durch die Gesetzesbe-gründung bestätigt: Im Gesetzesentwurf vom 08.09.2003 wird ausgeführt, dass die Rege-lung Umgehungsmöglichkeiten bei der Beitragspflicht für Versorgungsbezüge beseitige. Nach bisherigem Recht gelte für eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung (Kapi-talabfindung), die an die Stelle eines Versorgungsbezugs trete, als monatliche beitrags-pflichtige Einnahme 1/120 der Leistung für längstens zehn Jahre. Die Spitzenverbände der Kranken- und Rentenversicherungsträger hätten im Gemeinsamen Rundschreiben vom 21.03.2002 hierzu ausgeführt, dass Beiträge aus einer Kapitalabfindung nur dann berechnet werden könnten, wenn dadurch ein bereits geschuldeter Versorgungsbezug ersetzt werde. Geschuldet werde der Versorgungsbezug, wenn der Versicherungsfall bereits eingetreten sei. Im Umkehrschluss seien keine Beiträge zu berechnen, wenn der Anspruch auf die Kapitalleistung vor Eintritt des Versicherungsfalles zugesichert werde bzw. die einmalige Leistung von vornherein als solche zugesagt worden sei (originäre Kapitalleistung). Die Beitragspflicht werde also durch entsprechende Vereinbarungen umgangen. Aus Gründen der gleichmäßigen Behandlung aller Betroffenen solle diese Lücke geschlossen werden (BT-Drucks. 15/1525, S. 139).

Entgegen der Ansicht des Klägers liegt darin auch kein Fall einer unzulässigen Rück-wirkung. Zwar wurde der Direktversicherungsvertrag bereits zum 01.01.1990 und damit vor dem 01.01.2004 abgeschlossen. Das BSG hat jedoch bereits entscheiden, dass es verfassungsrechtlich jedenfalls nicht zu beanstanden ist, wenn der Gesetzgeber zum 01.01.2004 nach einer über 20-jährigen Beobachtungsphase in Wahrnehmung seines Spielraums auch im Hinblick auf Umgehungsmöglichkeiten Versorgungsbezüge in Form einmaliger Kapitalzahlungen mit regelmäßig wiederkehrend bezahlten Versorgungsbe-zügen gleichstellt und damit bei gleichartiger Verwurzelung in der früheren Erwerbstätig-keit eine Gleichbehandlung ohne Berücksichtigung der Zahlungsmodalitäten schafft (BSG Urteil vom 12.11.2008 – B 12 KR 10/08 R –, juris Rn 18). Dem schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an. Das BVerfG hat zudem darauf hingewiesen, dass die Versicherten, nachdem der Gesetzgeber bereits mit dem Rentenanpassungsgesetz (RAG) 1982 vom 01.12.1981 (BGBl. I, S. 1205) laufende Versorgungsbezüge in die Bei-tragspflicht einbezogen hatte, in den Fortbestand der Rechtslage, welche die nicht wie-derkehrenden Leistungen gegenüber anderen Versorgungsbezügen privilegierte, nicht uneingeschränkt vertrauen konnten (BVerfG Beschluss vom 07.04.2008 – 1 BvR 1924/07 –, juris Rn. 36).

Auch ist die Leistung der R-AG in Höhe von 57.966,00 EUR der betrieblichen Altersver-sorgung zuzurechnen. Für die Abgrenzung der beitragspflichtigen Leistungen der be-trieblichen Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V gegenüber den beitragsfreien sonstigen Leistungen aus privaten Lebensversicherungen ist nach der Rechtsprechung des BSG nicht auf den im Einzelfall jeweils nachweisbaren Zusammenhang mit dem früheren Erwerbsleben abzustellen. Es ist vielmehr typisierend von einem solchen Zusammenhang auszugehen. Die gesetzliche Regelung unterwirft mit den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und den Versorgungsbezü-gen im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V grundsätzlich Bezüge bestimmter Institutio-nen (z.B. Pensionskasse, § 1b Abs. 3 BetrAVG) und aus vergleichbaren Sicherungssys-temen (z.B. Direktversicherung, § 1b Abs. 2 BetrAVG) der Beitragspflicht, bei denen in der Regel ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu diesem System und einer Er-werbstätigkeit besteht. Diese sog. institutionelle Abgrenzung orientiert sich allein daran, ob die Rente bzw. die einmalige Kapitalleistung von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt wird und lässt Modalitäten des individuellen Rechtserwerbs unberücksichtigt (BSG Urteil vom 30.03.2011 – B 12 KR 16/10 R –, juris Rn. 19 m.w.N.). So hat das BSG zur typisierenden Anknüpfung sowohl im Hinblick auf die Leistung von Pensionskassen als auch hinsichtlich einer Direktversicherung ausgeführt, dass nur derjenige, der aufgrund einer bestimmten früheren Berufstätigkeit Mitglied einer entspre-chenden Einrichtung werden kann und dieses Recht ausübt, sich für seine zusätzliche Sicherung nicht irgendeiner Form der privaten Vorsorge bediene, sondern sich der be-trieblichen Altersversorgung anschließe und sich damit im gewissen Umfang deren Vor-teile nutzbar mache. Diese aber setze zwingend das Vorliegen eines Arbeitsverhältnis-ses zwischen dem Versicherungsnehmer (Arbeitgeber) und dem Versicherten (Arbeit-nehmer) voraus. Wer sich zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung der Institutionen der betrieblichen Altersversorgung und der hiermit verbundenen Vorteile bediene, müsse sich dann aber in der Konsequenz auch bezüglich der an diesen institutionellen Rah-men geknüpften beitragsrechtlichen Folgen hieran festhalten lassen, ohne dass es dem Krankenversicherungsträger zugemutet werden könnte, noch nach Jahren und Jahr-zehnten das Vorliegen der für diese Versorgungsform im Einzelnen vorgesehenen Vo-raussetzungen in jedem Einzelfall vollständig zu überprüfen (BSG Urteil vom 30.03.2011 – B 12 KR 16/10 R –, juris Rn. 19). In diesem Sinne bediente sich vorliegend auch der Kläger nicht irgendeiner beliebigen Form der privaten Vorsorge – beispielsweise einer privaten Kapitallebensversicherung –, sondern der nach § 1 BetrAVG i.V.m. § 1b Abs. 2 BetrAVG ausschließlich als Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung defi-nierten Direktversicherung. Er muss infolgedessen auch die daraus erwachsenden bei-tragsrechtlichen Folgen tragen.

Diese institutionelle Abgrenzung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie führt nach der Rechtsprechung des BSG noch am ehesten zu Ergebnissen, die mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zu vereinbaren sind (vgl. BSG Urteil vom 30.03.2011 – B 12 KR 24/09 R –, juris Rn. 22). Sie stellt aus verfassungs-rechtlicher Sicht grundsätzlich ein geeignetes Kriterium dar, um beitragspflichtige Ver-sorgungsbezüge und beitragsfreie private Lebensversicherungen voneinander abzu-grenzen (vgl. BVerfG Beschluss vom 06.09.2010 – 1 BvR 739/08 –, juris Rn. 12 ff.; BVerfG Beschluss vom 28.09.2010 – 1 BvR 1660/08 –, juris Rn. 12). Es ist auch un-schädlich, wenn die Leistungen aus einer Direktversicherung ganz oder zum Teil auf Leistungen des Arbeitnehmers bzw. des Bezugsberechtigten beruhen (BSG Urteil vom 12.11.2008 – B 12 KR 6/08 R –, juris Rn. 18). Sogar bei Prämien, die ein Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auf eine Direktversicherung einzahlt, bestehen gegen eine Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung keine ver-fassungsrechtlichen Bedenken, solange der Arbeitgeber die Direktversicherung als Ver-sicherungsnehmer fortführt (BVerfG Beschluss vom 06.09.2010 – 1 BvR 739/08 –, juris Rn. 15 f.; BVerfG Beschluss vom 28.09.2010 – 1 BvR 1660/08 –, juris Rn. 12). Eine hierin liegende Ungleichbehandlung gegenüber Pflichtversicherten, die Erträge aus privaten Lebensversicherungen oder anderen privaten Anlageformen erzielen, ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, weil das Betriebsrentenrecht auch die ausschließlich arbeitnehmerfinan-zierte Direktversicherung als betriebliche Altersversorgung qualifiziert und bei einem vom Arbeitgeber abgeschlossenen und als Versicherungsnehmer weitergeführten Versiche-rungsvertrag der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts erhalten bleibt (BVerfG Beschluss vom 06.09.2010 – 1 BvR 739/08 –, juris Rn. 15; BSG Urteil vom 30.03.2011 – B 12 KR 16/10 R –, juris Rn. 27).

Der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts wird auch nicht dadurch verlassen, dass der Versorgungsbezug aus bereits zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezoge-nem Arbeitsentgelt finanziert worden ist. Auch wenn für das Steuerrecht der Grundsatz gilt, dass steuerbares Einkommen nur beim erstmaligen Zufluss bzw. bei der erstmaligen Realisierung zu versteuern sei, gelten nämlich für die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung andere Grundsätze, wenn man bedenkt, dass dieser Versiche-rungsschutz nicht nur während des Erwerbslebens, sondern auch nach dem Eintritt in den Ruhestand zur Verfügung gestellt wird. Das BVerfG hat in Konsequenz dessen ei-nen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG und die wirtschaftliche Handlungsfreiheit der betroffenen Versicherten aus Art. 2 Abs. 1 GG verneint. Die Äqui-valenz von Beitrag und Risikoabsicherung sei durch einen Beitrag auf berufsbezogene Versorgungsbezüge des Rentners nicht gestört (BVerfG Beschluss vom 06.09.2010 – 1 BvR 739/08 –, juris Rn. 10 f.).

Der institutionelle Rahmen wird jedoch für den Fall verlassen, dass Kapitalleistungen auf Prämien beruhen, die ein Arbeitnehmer nach dem Ende seines Arbeitsverhältnisses auf einen Kapitallebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versiche-rungsnehmers eingezahlt hat. Solche Kapitalleistungen unterliegen nicht der Beitrags-pflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung. Würden auch Auszahlungen aus sol-chen Versicherungsverträgen der Beitragspflicht unterworfen, läge darin eine gleich-heitswidrige Benachteiligung der hierdurch Begünstigten gegenüber solchen Pflichtver-sicherten, die beitragsfreie Leistungen aus privaten Lebensversicherungsverträgen oder anderen privaten Anlageformen erhalten. Denn eine Ungleichbehandlung, die hinsicht-lich der Beitragspflicht allein daran anknüpft, dass die Lebensversicherungsverträge ur-sprünglich vom früheren Arbeitgeber abgeschlossen wurden und damit (nur) seinerzeit dem Regelwerk des Betriebsrentenrechts unterlagen, überschreitet die Grenzen zulässi-ger Typisierung. Wenn ein solcher Lebensversicherungsvertrag vollständig aus dem be-trieblichen bzw. beruflichen Bezug gelöst worden ist, unterscheidet er sich dann nicht mehr von einem privaten Kapitallebensversicherungsvertrag (BVerfG Beschluss vom 28.09.2010 – 1 BvR 1660/08 –, juris Rn. 13 ff.; BSG Urteil vom 30.03.2011 – B 12 KR 16/10 R –, juris Rn. 29).

Diese Voraussetzungen liegen hier zum Teil vor. Der Kläger rückte zwischen dem 01.07.1991 und 01.01.1992 in die Stellung des Versicherungsnehmers ein und zahlte in diesem Zeitraum auch Prämien privat weiter. Der vom Kläger finanzierte Anteil an der Gesamtzahlung beträgt ausweislich der Schreiben der R-AG vom 13.03.2013 und 19.03.2013 1.288,00 EUR. Nur in dieser Höhe unterliegt die Kapitalleistung nicht der Bei-tragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung. Dem entsprechend hat die Beklagte im Bescheid vom 27.03.2013 Beiträge lediglich auf Grundlage einer Kapitalleistung von 57.966,00 EUR berechnet.

Entgegen der Ansicht des Klägers unterliegt auch der Teil des Auszahlungsbetrags, der auf betrieblicher Altersversorgung mit dem Arbeitgeber als Versicherungsnehmer beruht, der Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung, wenn – wie hier – vor dem 01.01.2004 ein kurzzeitiger Versicherungsnehmerwechsel stattgefunden hat. Denn die aus verfassungsrechtlichen Gründen vorgenommene rechtliche Unterscheidung von betrieblicher und privater Altersversorgung anhand des Kriteriums der Versicherungs-nehmereigenschaft führt nicht (auch) versicherungsvertragsrechtlich dazu, dass in den Beziehungen zum Versicherungsunternehmen "Altverträge" von "Neuverträgen" zu un-terscheiden wären und daher für den auf dem "Altvertrag" beruhenden Auszahlungsteil-betrag nach dem bis zum 31.12.2003 geltenden Recht endgültig Beitragsfreiheit bestün-de. Wenn es – wie hier – bei dem ursprünglich vereinbarten Auszahlungszeitpunkt zu einem Datum nach dem 01.01.2004 verbleibt, so wird die ursprüngliche Direktversiche-rung auch nicht mit dem Versicherungsnehmerwechsel vor dem 01.01.2004 aus dem betrieblichen Bezug gelöst oder der auf ihr beruhende Auszahlungsteilbetrag wird nicht etwa nach altem Recht beitragsfrei (vgl. BSG Urteil vom 30.03.2011 – B 12 KR 16/10 R –, juris Rn. 24).

Es liegt auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG darin, dass die Versicherten, die Direktversicherungen als Versicherungsnehmer privat weiter finanziert haben, beitragsrechtlich besser gestellt sind als der Kläger. Denn inso-fern ist die Versicherungsnehmerstellung ein sachlich ausreichend differenzierendes Kriterium.

Soweit der Kläger meint, dass das BVerfG nur entschieden habe, dass die Auszahlung einer Direktversicherung verbeitragt werden könnte, nicht aber verbeitragt werden müss-te, entspricht dies der Aufgabe des BVerfG. Denn das BVerfG ist keine "Superrevisions-instanz". Die Auslegung des einfachen Rechts obliegt in erster Linie den Fachgerichten (vgl. BVerfG Beschluss vom 06.11.1975 – 1 BvR 358/75 –, juris Rn. 5). Nach der ständi-gen Rechtsprechung des BSG unterliegen Auszahlungen aus Direktversicherungen grundsätzlich der Beitragspflicht, und dies ist nach der Auslegung des BVerfG verfas-sungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG Beschluss vom 28.09.2010 – 1 BvR 1660/08 –, juris Rn. 12).

Auch der Einwand des Klägers, dass die Verbeitragung seine wirtschaftliche Leistungs-fähigkeit übersteige, vermag nicht zu überzeugen. Das BVerfG hat bereits entschieden, dass die Einbeziehung der nicht wiederkehrenden Versorgungsleistungen in die Bei-tragspflicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist (vgl. dazu und im Folgenden BVerfG Beschluss vom 07.04.2008 – 1 BvR 1924/07 –, juris Rn. 34 f.). Sie bil-det ein geeignetes und erforderliches Mittel zur Stärkung der Finanzgrundlagen der ge-setzlichen Krankenversicherung. Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen berech-tigt, jüngere Krankenversicherte von der Finanzierung des höheren Aufwands für die Rentner zu entlasten und die Rentner entsprechend ihrem Einkommen verstärkt zur Fi-nanzierung heranzuziehen. Die Höhe der dadurch hervorgerufenen Beitragsbelastung bewirkt keinen unzumutbaren Eingriff in die Vermögensverhältnisse der Betroffenen. Die monatliche Beitragspflicht aus der erfolgten Zahlung der Direktversicherung beträgt im Fall des Klägers monatlich 96,70 EUR, wobei dieser Betrag nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V längstens für 10 Jahre zu leisten ist. Das ist zwar nicht unerheblich, aber ange-sichts der Höhe der zugeflossenen Versicherungsleistungen nicht mit einer grundlegen-den Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse im Sinne einer erdrosselnden Wirkung verbunden (vgl. BVerfG Beschluss vom 07.04.2008 – 1 BvR 1924/07 –, juris Rn. 35).

Auch die Höhe und die Art und Weise der Berechnung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ist nicht zu beanstanden. Die R-AG hat den beitragspflichtigen Teil der Kapitalleistung prämienratierlich nach den Vorgaben des BSG (vgl. Urteil vom 30.03.2011 – B 12 KR 16/10 R –, juris Rn. 38 ff.) berechnet. Der Kläger ist dieser Berech-nungsmethode im Klageverfahren auch nicht mehr entgegen getreten.

Da die Beitragserhebung seit dem 01.02.2013 nicht zu Unrecht erfolgt, kommt eine Beitragsrückerstattung gemäß § 26 Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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