Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 2 SO 164/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 291/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Aufhebungsbescheid vom 15.05.2013 wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
Mit Bescheid vom 12.08.2010 hatte der Antragsgegner der Antragstellerin ursprünglich Hilfe zur Pflege gemäß § 61 SGB XII bewilligt. Hintergrund ist, dass die Antragstellerin nach einer durchgeführten Operation im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts schwerstpflegebedürftig geworden ist. Sie lebt seit dem 11.03.2009 in einer stationären Pflegeeinrichtung.
Am 26.02.2013 schloss die Klägerin beim Landgericht Bielefeld mit dem Beklagten, der Krankenhausgesellschaft, im Rahmen des Prozesses über ein Schmerzensgeld einen Vergleich, wonach die dortige Beklagte wegen der stationären Behandlung im Jahre 2008 einen Betrag von 110.000 Euro erhält. Damit seien sämtliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte und deren Mitarbeiter endgültig erledigt. Für die Einzelheiten wird auf das in Ablichtung in der hiesigen Gerichtsakte befindliche Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 86b Abs.1 SGG auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, 2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, 3. in den Fällen des § 86a Abs.3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Mit Bescheid vom 15.05.2013 hob die Antragsgegnerin den Bewilligungsbescheid vom 12.08.2010 auf. Der Einsatz des Vermögens jenseits der Freigrenze von 2.600 Euro sei zumutbar. Es handle sich nicht um eine reine Schmerzensgeldzahlung, die dann kein verwertbares Vermögen darstelle, sondern es seien damit sämtliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte und deren Mitarbeiter abgefunden worden. Angesichts der ausreichenden eigenen Mittel sei die sofortige Vollziehung anzuordnen. Das Interesse der Allgemeinheit an dem sparsamen Umgang mit Öffentlichen Mitteln überwiege hier. Für die Einzelheiten wird auf den Aufhebungsbescheid vom 15.05.2013 Bezug genommen. Widerspruch und Anfechtungsklage haben gemäß § 86a Abs.1 SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Hier hat die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung gemäß § 86a Abs.2 Nr. 5 SGG angeordnet.
Kern der Frage, ob die Geldzahlung verwertbares Vermögen ist oder nicht, ist die Frage ob es sich um Schmerzensgeld oder auch um sonstige Einkünfte handelt. Klagegegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht Bielefeld war die Zahlung von Schmerzensgeld. Aus dem abgeschlossenen Vergleich oder aus der bewilligten Prozesskostenhilfe ergibt sich nicht unmittelbar, dass eine über den Streitgegenstand hinaus getroffene Regelung im Sinne eines Mehrwerts eines Vergleichs geregelt worden wäre, dergestalt, dass auch materielle Schäden geregelt worden wären. Insoweit ist zunächst die Bestimmung des § 116 SGB X zu beachten, wonach materielle Ansprüche gegen Schadensersatzpflichtige nach näherer konkreter Ausgestaltung des § 116 SGB X ohnehin kraft Gesetzes auf die Sozialversicherungs- und Sozialleistungsträger übergehen, soweit diese aufgrund des Schadensereignisses Leistungen erbringen. Insoweit verbleibt es dem Verunfallten regelmäßig, den immateriellen Schaden geltend zu machen. Zwar gibt es darüber hinaus noch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Möglichkeit der Prozessstandschaft durch den Geschädigten, der dann als Prozessstandschafter die materiellen Ansprüche ohne vertragliche Rückabtretung doch im eigenen Namen geltend machen können soll. Ob ein solcher Fall hier vorliegt, ist jedoch zunächst einmal nicht erkennbar. Im regelmäßigen Prozessgang vor dem Zivilgericht hätte dann noch PKH auch für einen Mehrwert des Vergleichs (sprich: die Vergleichsgebühr aus dem höheren Streitwert aus immateriellem und materiellem Schaden zusammen) bewilligt werden müssen. Davon ist hier nichts ersichtlich.
Bei der Abwägung, ob das öffentliche Interesse im Rahmen der Anordnung der sofortigen Vollziehung, obwohl der Bescheid noch nicht bestandskräftig ist und überprüft werden muss, vorrangig ist, spricht für eine sofortige Vollziehung zwar die für soziaIhilferechtliche Maßstäbe hohe Summe eines Vermögens von 110.000 Euro. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Schmerzensgeld als solches kein verwertbares Vermögen darstellt. Dass in der Vergleichssumme eine Komponente einer materiellen Schadensregulierung enthalten wäre, ist derzeit nicht erkennbar. Es könnte sich höchstens durch weitere Ermittlungen herausstellen. Derzeit gibt es keinen Anlass, die Antragstellerin zu verpflichten, das Geld, was jedenfalls nach aktueller Beurteilung allein Schmerzensgeld sein dürfte, für die materielle Schadensbeseitigung einzusetzen. Es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin in Prozessstandschaft auch nach § 116 SGB X schon übergegangene materielle Schäden mit erledigen wollte. Dafür wäre die Summe von 110.000 Euro auch viel zu niedrig. Und die Kostenregelung des Vergleichs zeigt, dass dieser nahe am Anerkenntnis sich befindet, indem die Beklagte alle Verfahrenskosten auf sich genommen hat. Das gegenseitige Nachgeben dürfte hier im Aushandeln der Höhe des Schmerzensgeldes, das sich nicht mathematisch berechnen lässt und in einem Verzicht auf ein noch höheres Schmerzensgeld, um das man dann aber durch mehrere Instanz lange hätte prozessieren müssen, liegen. Ferner regelt der Vergleich, dass die dortige Klägerin kein weiteres Schmerzensgeld von einzelnen Ärzten oder anderen Krankenhausmitarbeitern geltend machen kann. Gegen die Regulierung auch des materiellen Schadens entgegen dem Grundsatz der Legalzession des § 116 SGB X spricht zusammengefasst die dann viel zu geringe Höhe des Zahlbetrags, die volle Übernahme der Verfahrenskosten im Zivilprozess durch die Beklagte und die Tatsache, dass in der Verhandlung vor dem Zivilgericht ausweislich des Sitzungsprotokolls kein Mehrwert für den Vergleich bewilligt wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf§ 193 SGG.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
Mit Bescheid vom 12.08.2010 hatte der Antragsgegner der Antragstellerin ursprünglich Hilfe zur Pflege gemäß § 61 SGB XII bewilligt. Hintergrund ist, dass die Antragstellerin nach einer durchgeführten Operation im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts schwerstpflegebedürftig geworden ist. Sie lebt seit dem 11.03.2009 in einer stationären Pflegeeinrichtung.
Am 26.02.2013 schloss die Klägerin beim Landgericht Bielefeld mit dem Beklagten, der Krankenhausgesellschaft, im Rahmen des Prozesses über ein Schmerzensgeld einen Vergleich, wonach die dortige Beklagte wegen der stationären Behandlung im Jahre 2008 einen Betrag von 110.000 Euro erhält. Damit seien sämtliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte und deren Mitarbeiter endgültig erledigt. Für die Einzelheiten wird auf das in Ablichtung in der hiesigen Gerichtsakte befindliche Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 86b Abs.1 SGG auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, 2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, 3. in den Fällen des § 86a Abs.3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Mit Bescheid vom 15.05.2013 hob die Antragsgegnerin den Bewilligungsbescheid vom 12.08.2010 auf. Der Einsatz des Vermögens jenseits der Freigrenze von 2.600 Euro sei zumutbar. Es handle sich nicht um eine reine Schmerzensgeldzahlung, die dann kein verwertbares Vermögen darstelle, sondern es seien damit sämtliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte und deren Mitarbeiter abgefunden worden. Angesichts der ausreichenden eigenen Mittel sei die sofortige Vollziehung anzuordnen. Das Interesse der Allgemeinheit an dem sparsamen Umgang mit Öffentlichen Mitteln überwiege hier. Für die Einzelheiten wird auf den Aufhebungsbescheid vom 15.05.2013 Bezug genommen. Widerspruch und Anfechtungsklage haben gemäß § 86a Abs.1 SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Hier hat die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung gemäß § 86a Abs.2 Nr. 5 SGG angeordnet.
Kern der Frage, ob die Geldzahlung verwertbares Vermögen ist oder nicht, ist die Frage ob es sich um Schmerzensgeld oder auch um sonstige Einkünfte handelt. Klagegegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht Bielefeld war die Zahlung von Schmerzensgeld. Aus dem abgeschlossenen Vergleich oder aus der bewilligten Prozesskostenhilfe ergibt sich nicht unmittelbar, dass eine über den Streitgegenstand hinaus getroffene Regelung im Sinne eines Mehrwerts eines Vergleichs geregelt worden wäre, dergestalt, dass auch materielle Schäden geregelt worden wären. Insoweit ist zunächst die Bestimmung des § 116 SGB X zu beachten, wonach materielle Ansprüche gegen Schadensersatzpflichtige nach näherer konkreter Ausgestaltung des § 116 SGB X ohnehin kraft Gesetzes auf die Sozialversicherungs- und Sozialleistungsträger übergehen, soweit diese aufgrund des Schadensereignisses Leistungen erbringen. Insoweit verbleibt es dem Verunfallten regelmäßig, den immateriellen Schaden geltend zu machen. Zwar gibt es darüber hinaus noch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Möglichkeit der Prozessstandschaft durch den Geschädigten, der dann als Prozessstandschafter die materiellen Ansprüche ohne vertragliche Rückabtretung doch im eigenen Namen geltend machen können soll. Ob ein solcher Fall hier vorliegt, ist jedoch zunächst einmal nicht erkennbar. Im regelmäßigen Prozessgang vor dem Zivilgericht hätte dann noch PKH auch für einen Mehrwert des Vergleichs (sprich: die Vergleichsgebühr aus dem höheren Streitwert aus immateriellem und materiellem Schaden zusammen) bewilligt werden müssen. Davon ist hier nichts ersichtlich.
Bei der Abwägung, ob das öffentliche Interesse im Rahmen der Anordnung der sofortigen Vollziehung, obwohl der Bescheid noch nicht bestandskräftig ist und überprüft werden muss, vorrangig ist, spricht für eine sofortige Vollziehung zwar die für soziaIhilferechtliche Maßstäbe hohe Summe eines Vermögens von 110.000 Euro. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Schmerzensgeld als solches kein verwertbares Vermögen darstellt. Dass in der Vergleichssumme eine Komponente einer materiellen Schadensregulierung enthalten wäre, ist derzeit nicht erkennbar. Es könnte sich höchstens durch weitere Ermittlungen herausstellen. Derzeit gibt es keinen Anlass, die Antragstellerin zu verpflichten, das Geld, was jedenfalls nach aktueller Beurteilung allein Schmerzensgeld sein dürfte, für die materielle Schadensbeseitigung einzusetzen. Es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin in Prozessstandschaft auch nach § 116 SGB X schon übergegangene materielle Schäden mit erledigen wollte. Dafür wäre die Summe von 110.000 Euro auch viel zu niedrig. Und die Kostenregelung des Vergleichs zeigt, dass dieser nahe am Anerkenntnis sich befindet, indem die Beklagte alle Verfahrenskosten auf sich genommen hat. Das gegenseitige Nachgeben dürfte hier im Aushandeln der Höhe des Schmerzensgeldes, das sich nicht mathematisch berechnen lässt und in einem Verzicht auf ein noch höheres Schmerzensgeld, um das man dann aber durch mehrere Instanz lange hätte prozessieren müssen, liegen. Ferner regelt der Vergleich, dass die dortige Klägerin kein weiteres Schmerzensgeld von einzelnen Ärzten oder anderen Krankenhausmitarbeitern geltend machen kann. Gegen die Regulierung auch des materiellen Schadens entgegen dem Grundsatz der Legalzession des § 116 SGB X spricht zusammengefasst die dann viel zu geringe Höhe des Zahlbetrags, die volle Übernahme der Verfahrenskosten im Zivilprozess durch die Beklagte und die Tatsache, dass in der Verhandlung vor dem Zivilgericht ausweislich des Sitzungsprotokolls kein Mehrwert für den Vergleich bewilligt wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf§ 193 SGG.
Rechtskraft
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