Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
21
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 21 AS 226/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Gründe:
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsteilers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus.
Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander, es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung derart, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG - Kommentar, 8. Auflage, § 86 b Rdnrn. 27 und 29 m. w. N.). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist, ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an einen Anordnungsgrund. ln der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. zuletzt Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05).
Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes (vgl. Meyer- Ladewig, a. a, O., Rdnrn. 16 b, 16 c, 40).
Ausgehend von diesen Grundsätzen war dem Antrag des Antragstellers nicht stattzugeben, denn er hat bereits einen Anordnungsanspruch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Nach § 7 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) erhalten Personen Leistungen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.
Nach § 9 SGB II ist Hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Der Antragsteller hat seine Hilfebedürftigkeit nicht hinreichend glaubhaft gemacht, denn er hat seine Mitwirkungspflicht gegenüber der Antragsgegnerin, die seinen Bedarf ab dem 29.05.2006 - dem Datum seines Folgeantrages auf Weiterbewilligung von Leistungen - zu ermitteln hat, verletzt. Nach § 60 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Beweisurkunden sind Urkunden, die entweder selbst den zu beweisenden Vorgang enthalten und ihn verkörpern oder die über einen außerhalb von ihnen liegenden Umstand berichte (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 51. Ergänzungslieferung, § 60 SGB I Rn 30-31 m.w.N.). Die Vorlagepflicht bezieht sich auf solche Beweisurkunden, die leistungs- und entscheidungserhebliche und gleichzeitig beweisbedürftige Tatsachen betreffen. Die Vorlage erstreckt sich auch auf vom Verpflichteten noch zu beschaffende Urkunden (vgl. BSG SozR 1200 § 66 Nr 10). Der Antragsteller hat seine Mitwirkungspflicht gegenüber der Antragsgegnerin dadurch verletzt, dass er ihr einen aktuellen Kontoauszug, aus dem sich seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse ergeben, nicht vorlegte, denn ohne den Kontoauszug konnte die Antragsgegnerin nicht feststellen, ob der Antragsteller zu den Anspruchsberechtigten i.S.v. § 7 SGB II gehört. Sie konnte deshalb über den Leistungsantrag vom 29.05.2006 nicht entscheiden, denn entgegen der Auffassung des Antragstellers, hätte dieser trotz des von der Antragsgegnerin am 15.11.2006 ausgesprochenen Haus- und Betretungsverbotes einen aktuellen Kontoauszug bei der Antragsgegnerin einreichen können. Dies wäre sowohl durch den Bevollmächtigten des Antragstellers, der diesen auch nach dem 29.05.2006 noch vertreten hat, als auch durch den Antragsteller persönlich am 22.08.2006 möglich gewesen, denn für diesen Tag hatte die Antragsgegnerin ihr Hausverbot aufgehoben. Außerdem hatte sie dem Antragsteller am 13.09.2006 einen weiteren Vorsprachetermin angeboten, den dieser jedoch ungenutzt verstreichen ließ.
Zu Unrecht geht der Antragsteller davon aus, dass er mit seinem persönlichen Erscheinen bei der Antragsgegnerin und der Vorlage von Kontoauszügen für die Zeit vom 21.02.2006 bis zum 19.05.2006 seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen ist, denn für diesen Zeitraum hat er überhaupt keine Leistungen beantragt, so dass hierfür auch kein Bedarf zu ermitteln war.
Entgegen der Auffassung der Beteiligten kommt es auf die Frage, ob die Antragsgegnerin die Vorlage von Kontoauszügen der letzten drei Monate vor Antragstellung verlangen durfte nicht an, denn der Antragsteller hat bereits keinen Kontoauszug vom 29.05.2006 - dem Datum der Antragsteilung bei der Antragsgegnerin - vorgelegt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers ist aber das Datum der Antragstellung, denn der Antragsteller begehrt Leistungen für die Zukunft und nicht für die Vergangenheit.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Gründe:
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsteilers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus.
Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander, es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung derart, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG - Kommentar, 8. Auflage, § 86 b Rdnrn. 27 und 29 m. w. N.). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist, ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an einen Anordnungsgrund. ln der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. zuletzt Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05).
Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes (vgl. Meyer- Ladewig, a. a, O., Rdnrn. 16 b, 16 c, 40).
Ausgehend von diesen Grundsätzen war dem Antrag des Antragstellers nicht stattzugeben, denn er hat bereits einen Anordnungsanspruch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Nach § 7 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) erhalten Personen Leistungen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.
Nach § 9 SGB II ist Hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Der Antragsteller hat seine Hilfebedürftigkeit nicht hinreichend glaubhaft gemacht, denn er hat seine Mitwirkungspflicht gegenüber der Antragsgegnerin, die seinen Bedarf ab dem 29.05.2006 - dem Datum seines Folgeantrages auf Weiterbewilligung von Leistungen - zu ermitteln hat, verletzt. Nach § 60 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Beweisurkunden sind Urkunden, die entweder selbst den zu beweisenden Vorgang enthalten und ihn verkörpern oder die über einen außerhalb von ihnen liegenden Umstand berichte (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 51. Ergänzungslieferung, § 60 SGB I Rn 30-31 m.w.N.). Die Vorlagepflicht bezieht sich auf solche Beweisurkunden, die leistungs- und entscheidungserhebliche und gleichzeitig beweisbedürftige Tatsachen betreffen. Die Vorlage erstreckt sich auch auf vom Verpflichteten noch zu beschaffende Urkunden (vgl. BSG SozR 1200 § 66 Nr 10). Der Antragsteller hat seine Mitwirkungspflicht gegenüber der Antragsgegnerin dadurch verletzt, dass er ihr einen aktuellen Kontoauszug, aus dem sich seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse ergeben, nicht vorlegte, denn ohne den Kontoauszug konnte die Antragsgegnerin nicht feststellen, ob der Antragsteller zu den Anspruchsberechtigten i.S.v. § 7 SGB II gehört. Sie konnte deshalb über den Leistungsantrag vom 29.05.2006 nicht entscheiden, denn entgegen der Auffassung des Antragstellers, hätte dieser trotz des von der Antragsgegnerin am 15.11.2006 ausgesprochenen Haus- und Betretungsverbotes einen aktuellen Kontoauszug bei der Antragsgegnerin einreichen können. Dies wäre sowohl durch den Bevollmächtigten des Antragstellers, der diesen auch nach dem 29.05.2006 noch vertreten hat, als auch durch den Antragsteller persönlich am 22.08.2006 möglich gewesen, denn für diesen Tag hatte die Antragsgegnerin ihr Hausverbot aufgehoben. Außerdem hatte sie dem Antragsteller am 13.09.2006 einen weiteren Vorsprachetermin angeboten, den dieser jedoch ungenutzt verstreichen ließ.
Zu Unrecht geht der Antragsteller davon aus, dass er mit seinem persönlichen Erscheinen bei der Antragsgegnerin und der Vorlage von Kontoauszügen für die Zeit vom 21.02.2006 bis zum 19.05.2006 seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen ist, denn für diesen Zeitraum hat er überhaupt keine Leistungen beantragt, so dass hierfür auch kein Bedarf zu ermitteln war.
Entgegen der Auffassung der Beteiligten kommt es auf die Frage, ob die Antragsgegnerin die Vorlage von Kontoauszügen der letzten drei Monate vor Antragstellung verlangen durfte nicht an, denn der Antragsteller hat bereits keinen Kontoauszug vom 29.05.2006 - dem Datum der Antragsteilung bei der Antragsgegnerin - vorgelegt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers ist aber das Datum der Antragstellung, denn der Antragsteller begehrt Leistungen für die Zukunft und nicht für die Vergangenheit.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
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