Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 2 KN 74/03 KR
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klagen werden abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte für Anwaltskosten schadenersatzpflichtig ist. Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkten Haftung eine Herz- und Gefäß-Klinik in 79616 Bad Neustadt. Diese Klinik ist unter der Kennziffer 67304 für die Fachrichtungen innere Medizin und Chirurgie in den Krankenhausplan des Freistaates Bayern aufgenommen. Die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenkasse. Die Beteiligten wenden im Rahmen der Abrechnung von stationären Krankenhausleistungen eine Pflegesatzvereinbarung nach § 17 Abs. 1 Bundespflegesatzverordnung zwischen der Klägerin und der AOK Bayern - die Gesundheitskasse, der BKK-Arbeitsgemeinschaft Krankenhaus in Bayern und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V./Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis 31.12.2001 an. § 11 dieser Vereinbarung hat unter der Überschrift Zahlungs- und andere Abrechnungsverfahren folgenden Wortlaut:
"Hinsichtlich der zeitnahen Zahlung der Pflegesätze, der Regelungen über angemessene Teilzahlungen und Verzugszinsen bei verspäteter Zahlung gelten bis zum Abschluss eines neuen Vertrages die Bestimmungen des Vertrages gemäß § 112 Abs. 1 SGB V zu § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V in Bayern in der Fassung vom 24.09.1991."
Der Vertrag gemäß § 112 Abs. 1 SGB V zu § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung - zwischen der Bayerischen Krankenhausgesellschaft e.V. und u.a. der Beklagten vom 24.09.1991 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"§ 21 Zahlungsfristen 1. Die Krankenkasse hat ihre Rechnung innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungseingang zu bezahlen. Als Tag der Zahlung gilt der Tag der Übergabe des Überweisungsauftrages an ein Geldinstitut oder der Übersendung von Zahlungsmitteln an das Krankenhaus. Ist der Fälligkeitstag ein Samstag, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag, so verschiebt er sich auf den nächst folgenden Arbeitstag. 2. Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art könnten auch nach Zahlung der Rechnung geltend gemacht werden. § 22 Zinsen Erfolgt die Zahlung nicht innerhalb von 14 Tagen (§ 21), kann das Krankenhaus Zinsen in Höhe von 2 % über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank ab Fälligkeitstag verlangen, ohne dass es einer Mahnung bedarf."
Folgende vier Patienten, sämtliche Versicherte der Beklagten, befanden sich in stationärer Krankenhausbehandlung bei der Klägerin:
L.E. geb.1934, vom 26.07.2001 bis 15.08.2001
H. E. geb. 1930, vom 25.03.2001 bis 30.03.2001
B. A.geb. 1923, vom 14.02.2001 bis 01.03.2001 und
K. H.geb. 1929, vom 29.03.2001 bis 05.04.2001.
Unter dem 06.03.2001, 05.04.2001, 12.04.2001 und 23.08.2001 hat die Klägerin jeweils Rechnungen für die erbrachten stationären Leistungen gegenüber der Beklagten gestellt, die sämtliche bei der Beklagten zugegangen sind. Die Rechnung vom 06.03.2001 wurde durch die Anwälte der Klägerin mit Schriftsatz vom 25.03.2001, die Rechnung vom 05.04.2001 mit Schriftsatz vom 18.03.2003, die Rechnung vom 12.04.2001 mit Schriftsatz vom 22.04.2003 und die Rechnung vom 23.08.2001 mit Schriftsatz vom 03.12.2002 gemahnt. Die in Rechnung gestellten Forderungen der Klägerin wurden am 22.04.2003, 28.03.2003, 13.06.2003, 17.12.2003 erfüllt. Die Klägerin macht Rechtsanwaltshonorare für die Rechnung vom 06.03.2001 in Höhe von 193,12 Euro (Az.: S 2 KN 137/03 KR), für die Rechnung vom 05.04.2001 in Höhe von 193,12 Euro (Az.: S 2 KN 79/03 KR), für die Rechnung vom 12.04.2001 in Höhe von 59,38 Euro (Az.: S 2 KN 311/03 KR) und für die Rechnung vom 23.08.2001 in Höhe von 339,53 Euro (Az.: S 2 KN 74/03 KR) geltend. Nachdem sich die Beklagte geweigert hat, die Anwaltshonorare zu begleichen, hat die Klägerin vier Klagen zum Sozialgericht München erhoben, die die oben angeführten Aktenzeichen erhalten haben. Die Gesamtforderung beläuft sich auf insgeamt 785,15 Euro. Die Klägerin macht geltend, dass es sich im vorliegenden Fall um Verzugsschaden handeln würde, der aufgrund der analogen Anwendung der Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches der klägerischen Seite zu ersetzen sei. Die Beklagte sei in Verzug gewesen und hätte erst auf ausdrückliche Mahnung und Fristsetzung durch die Anwälte der Klägerin bezahlt. Die Beklagte widersetzt sich dem klägerischen Begehren unter Hinweis auf die abschließende Regelung des § 69 SGB V, der für die Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuches keinen Raum eröffnet. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 01.07.2004 die Streitsachen S 2 KN 74/03 KR, S 2 KN 79/03 KR, S 2 KN 137/03 KR und S 2 KN 311/03 KR gemäß § 113 Abs. 1 SGG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und zum führenden Aktenzeichen S 2 KN 74/03 KR bestimmt. Die Klägerbevollmächtigte beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 785,15 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen. Die Beklagtenvertreterin beantragt, die Klagen abzuweisen. Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren neben den Klageakten die Akten der Beklagten in sämtlichen verbundenen Rechtsstreitigkeiten. Zur Ergänzung des Tatsbestandes wird auf den gesamten Akteninhalt und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Entscheidungsgründe:
Die zum sachlich (§ 51 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und örtlich (§ 57 SGG i.V.m. Artikel 1 Abs. 2 Bayerisches Ausführungsgesetz im Sozialgerichtsgesetz - AGSGG -) zuständigen Sozialgericht München erhobenen Klagen sind zulässig. Die Klägerin verfolgt mit den Leistungsklagen gemäß § 54 Abs. 5 SGG Schadensersatzansprüche auf Zahlung von Rechtsanwaltsvergütung. Kläger und Beklagte stehen sich im Gleichordnungsverhältnis gegenüber. Bei der Abrechnung von Krankenhausbehandlungskosten ergehen keine Verwaltungsakte im Sinne von § 31 Satz 1 Zehntes Buch, Sozialgesetzbuch - SGB X -. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der Rechtsanwaltsvergütung. Es ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich, nach der die Klägerin die Zahlung von Gebühren nach der Rechtsanwaltsgebührenordnung von der Beklagten erlangen kann.
Die Klägerin hat keinen Anspruch aus dem Vertrag. Grundsätzlich haftet derjenige für die Rechtsanwaltsvergütung, der dem Anwalt den Auftrag erteilt und damit den Vertrag abgeschlossen hat.
Im vorliegenden Rechtsverhältnis hat die Beklagte keinen Auftrag gegenüber den von der Klägerin bevollmächtigten Anwälten erteilt. So dass aus dem Auftragsverhältnis des Rechtsanwalts kein Vergütungsanspruch im Verhältnis zur Beklagten entstanden ist.
Die Klägerin hat weiter keine vertragsähnlichen Ansprüche. Im vorliegenden Rechtsstreit kommt § 69 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 22.12.1999 (BGBl I Seite 2626) zur Anwendung. Danach regeln §§ 63 und 64 SGB V sowie die Bestimmungen des 4. Kapitels des Fünften Buches, Sozialgesetzbuch abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Krankenhäusern. Daneben gelten die Bestimmungen des Krankenhausgesetzes sowie die hiernach erlassenen Rechtsvorschriften. Im vorliegenden Rechtsstreit kommt die auf der Grundlage der Bundespflegesatzverordnung geschlossene Pflegesatzvereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten gemäß § 17 Abs. 1 Bundespflegesatzverordnung vom 12.06.2001 zur Anwendung. Aus dieser Vereinbarung ergibt sich in ihrem § 11 lediglich eine Regelung über Zahlungs- und andere Abrechnungsverfahren. § 11 verweist auf §§ 21 und 22 des Vertrages gemäß § 112 Abs. 1 SGB V zu § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V vom 24.09.1991. Aus dem Wortlaut der Vertragsbestimmungen ergibt sich als Sanktion für ein nicht fristgerechtes Bezahlen des vereinbarten Pflegesatzes (verspätete Zahlung) die Möglichkeit gemäß § 22 des Vertrages über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung Zinsen zu berechnen. Eine weitere vertragliche Sanktion ist nicht vorgesehen. Insbesondere enthalten die Pflegesatzvereinbarung und die aufgrund Verweisung geltenden Landesverträge keine Bestimmung über Schadenersatzregelungen. Ein Rückgriff auf die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs für eine Anspruchsgrundlage aus Schadenersatz oder positiver Forderungsverletzung (so Urteil LSG Niedersachen-Bremen von 13.03.2002, L 16 KR 9/00) ist nicht statthaft. Gemäß § 69 S. 3 SGB V gelten im Übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesen Kapiteln vereinbar sind. § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V schreibt vor, dass die Versorgung der Versicherten der Beklagten wirtschaftlich erbracht werden muss. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, der mit dem Grundsatz der Beitragsstabilität korrespondiert, durchzieht das gesamte Versorgungsgeschehen nach dem Fünften Buch des Sozialgesetzbuchs. Die Klägerin hat sich bei der Erbringung von stationären Krankenhausleistungen an diese Grundsätze zu halten. Es widerspricht diesem Grundsatz, wenn die Beklagte zur Geltendmachung von Forderungen und anderen Ausständen eine Anwaltskanzlei beauftragt, die quasi als Inkassounternehmen dem Grunde nach berechtigte Forderungen eintreibt und Kosten für diese Tätigkeit in Rechnung stellt. Gemäß der eindeutigen gesetzlichen Vorgabe des § 17 Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze - KHG - sind die Vergütungsregelungen über die Pflegesatzregelung zwischen den Beteiligten abschließend. § 17 Abs. 3 Nr. 1 KHG sieht ausdrücklich vor, dass die Kosten für Leistungen, die nicht der stationären oder teilstationären Krankenhausversorgung dienen, im Pflegesatz nicht zu berücksichtigen sind. Anwaltskosten für Inkassotätigkeit fallen hierunter und sind nicht pflegesatzrelevant. Darüber hinaus schreibt § 17 Abs. 2 a Satz 10 KHG vor, dass mit den Fallpauschalen die gesamten Leistungen des Krankenhauses für einen bestimmten Behandlungsfall vergütet werden. Die Inkassotätigkeit durch die Anwaltskanzlei ist, wenn es die Klägerin für erforderlich erachtet, mit diesen Pauschalen abgegolten. § 14 Abs. 9 Bundespflegesatzverordnung - BPflV - sieht vor, dass Vorauszahlungen von der Beklagten verlangt werden können und verbindliche Regelungen durch Verträge gemäß §§ 112 bis 114 SGB V oder in der Pflegesatzvereinbarung getroffen werden können. Eine Schadenersatzregelung für Anwaltskosten ist in diesen Regelungen, wie bereits ausgeführt, nicht enthalten. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man durch die Anwendung des ab 01.01.2004 geltenden Krankenhausentgeltgesetzes - KHEntG -. § 7 Satz 2 KHEntG schreibt vor, dass alle für den Patienten erforderlichen Leistungen mit dem Pflegesatz abgegolten sind. Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 3 KHEntG können die Beteiligten eine Zusatzberechnung vornehmen, die aber gemäß § 8 Abs. 7 KHEntG einem Vertragsvorbehalt unterliegt, der die Fälligkeit und die zeitnahe Abrechnung regeln kann. In § 11 Abs. 1 Satz 4 KHEntG ist die Möglichkeit enthalten, Verzugszinsen bei verspäteter Zahlung zu vereinbaren. Weitere Sanktionsmöglichkeiten sieht sowohl das Krankenhausfinanzierungsgesetz, die Bundespflegesatzverordnung als auch das Krankenhausentgeltgesetz bei einer verspäteten Zahlung durch die Beklagte nicht vor. Das Bundessozialgericht hat durch Urteil vom 25.09.2001, Az.: B 3 KR 3/01.R festgestellt, dass die Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Beklagten seit dem 01.01.2000 öffentlich-rechtlicher Natur sind. Das bedeutet, dass alle Handlungen der Beklagten gegenüber der Klägerin ausschließlich nach dem öffentlichen Recht zu beurteilen sind. Da aber die Bestimmung des § 69 SGB V das Zehnte Buch des Sozialgesetzbuchs ausdrücklich ausschließt, kommen die Bestimmungen über den öffentlich-rechtlichen Vertrag nicht zur Anwendung. Auf § 286 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - (Ersatz des Verzugsschadens) kann nicht zurückgegriffen werden. Zwar sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die durch die Zuziehung eines Rechtsanwalts entstandenen Kosten, die dem adäquaten Kausalverlauf entsprechen, grundsätzlich ersatzpflichtig (so BGH 30, 156 zitiert in Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 61. Auflage, Ergänzungsband, § 286 RdNr. 47). Der Gesetzgeber wollte aber bei Erlass des § 69 SGB V ersichtlich keine neuen Anspruchsgrundlagen entstehen lassen, die im Bürgerlichen Gesetzbuch ihre Grundlage haben. Die Verweisung in § 69 Satz 3 SGB V ist so zu lesen, als nur diejenigen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend Anwendung finden, die durch den Ausschluss des Ersten und Zehnten Buches Sozialgesetzbuch zur Schließung von Regelungslücken erforderlich sind. Beispielsweise finden die Regelungen über den Vertragsschluss, über Willensmängel, über den Verjährungsbeginn Anwendung, nicht jedoch die Anspruchsgrundlagen über positive Forderungsverletzung, culpa in contrahendo oder den hier einschlägigen Verzugsschaden. Sollten die Beteiligten die Notwendigkeit für entsprechende Regelungen sehen, ist dies dem autonomen Vertragshandeln der Beteiligten gemäß §§ 112 bis 114 SGB V überantwortet. Da keine ausdrückliche Regelung für diesen Themenkomplex vorgenommen wurde und wohl auch nicht beabsichtigt war, kann die Klägerin die Anwaltskosten nicht von der Beklagten erlangen. Deliktische oder bereicherungsrechtliche Ansprüche bestehen nicht.
Die Klagen waren deshalb abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte für Anwaltskosten schadenersatzpflichtig ist. Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkten Haftung eine Herz- und Gefäß-Klinik in 79616 Bad Neustadt. Diese Klinik ist unter der Kennziffer 67304 für die Fachrichtungen innere Medizin und Chirurgie in den Krankenhausplan des Freistaates Bayern aufgenommen. Die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenkasse. Die Beteiligten wenden im Rahmen der Abrechnung von stationären Krankenhausleistungen eine Pflegesatzvereinbarung nach § 17 Abs. 1 Bundespflegesatzverordnung zwischen der Klägerin und der AOK Bayern - die Gesundheitskasse, der BKK-Arbeitsgemeinschaft Krankenhaus in Bayern und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V./Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis 31.12.2001 an. § 11 dieser Vereinbarung hat unter der Überschrift Zahlungs- und andere Abrechnungsverfahren folgenden Wortlaut:
"Hinsichtlich der zeitnahen Zahlung der Pflegesätze, der Regelungen über angemessene Teilzahlungen und Verzugszinsen bei verspäteter Zahlung gelten bis zum Abschluss eines neuen Vertrages die Bestimmungen des Vertrages gemäß § 112 Abs. 1 SGB V zu § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V in Bayern in der Fassung vom 24.09.1991."
Der Vertrag gemäß § 112 Abs. 1 SGB V zu § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung - zwischen der Bayerischen Krankenhausgesellschaft e.V. und u.a. der Beklagten vom 24.09.1991 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"§ 21 Zahlungsfristen 1. Die Krankenkasse hat ihre Rechnung innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungseingang zu bezahlen. Als Tag der Zahlung gilt der Tag der Übergabe des Überweisungsauftrages an ein Geldinstitut oder der Übersendung von Zahlungsmitteln an das Krankenhaus. Ist der Fälligkeitstag ein Samstag, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag, so verschiebt er sich auf den nächst folgenden Arbeitstag. 2. Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art könnten auch nach Zahlung der Rechnung geltend gemacht werden. § 22 Zinsen Erfolgt die Zahlung nicht innerhalb von 14 Tagen (§ 21), kann das Krankenhaus Zinsen in Höhe von 2 % über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank ab Fälligkeitstag verlangen, ohne dass es einer Mahnung bedarf."
Folgende vier Patienten, sämtliche Versicherte der Beklagten, befanden sich in stationärer Krankenhausbehandlung bei der Klägerin:
L.E. geb.1934, vom 26.07.2001 bis 15.08.2001
H. E. geb. 1930, vom 25.03.2001 bis 30.03.2001
B. A.geb. 1923, vom 14.02.2001 bis 01.03.2001 und
K. H.geb. 1929, vom 29.03.2001 bis 05.04.2001.
Unter dem 06.03.2001, 05.04.2001, 12.04.2001 und 23.08.2001 hat die Klägerin jeweils Rechnungen für die erbrachten stationären Leistungen gegenüber der Beklagten gestellt, die sämtliche bei der Beklagten zugegangen sind. Die Rechnung vom 06.03.2001 wurde durch die Anwälte der Klägerin mit Schriftsatz vom 25.03.2001, die Rechnung vom 05.04.2001 mit Schriftsatz vom 18.03.2003, die Rechnung vom 12.04.2001 mit Schriftsatz vom 22.04.2003 und die Rechnung vom 23.08.2001 mit Schriftsatz vom 03.12.2002 gemahnt. Die in Rechnung gestellten Forderungen der Klägerin wurden am 22.04.2003, 28.03.2003, 13.06.2003, 17.12.2003 erfüllt. Die Klägerin macht Rechtsanwaltshonorare für die Rechnung vom 06.03.2001 in Höhe von 193,12 Euro (Az.: S 2 KN 137/03 KR), für die Rechnung vom 05.04.2001 in Höhe von 193,12 Euro (Az.: S 2 KN 79/03 KR), für die Rechnung vom 12.04.2001 in Höhe von 59,38 Euro (Az.: S 2 KN 311/03 KR) und für die Rechnung vom 23.08.2001 in Höhe von 339,53 Euro (Az.: S 2 KN 74/03 KR) geltend. Nachdem sich die Beklagte geweigert hat, die Anwaltshonorare zu begleichen, hat die Klägerin vier Klagen zum Sozialgericht München erhoben, die die oben angeführten Aktenzeichen erhalten haben. Die Gesamtforderung beläuft sich auf insgeamt 785,15 Euro. Die Klägerin macht geltend, dass es sich im vorliegenden Fall um Verzugsschaden handeln würde, der aufgrund der analogen Anwendung der Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches der klägerischen Seite zu ersetzen sei. Die Beklagte sei in Verzug gewesen und hätte erst auf ausdrückliche Mahnung und Fristsetzung durch die Anwälte der Klägerin bezahlt. Die Beklagte widersetzt sich dem klägerischen Begehren unter Hinweis auf die abschließende Regelung des § 69 SGB V, der für die Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuches keinen Raum eröffnet. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 01.07.2004 die Streitsachen S 2 KN 74/03 KR, S 2 KN 79/03 KR, S 2 KN 137/03 KR und S 2 KN 311/03 KR gemäß § 113 Abs. 1 SGG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und zum führenden Aktenzeichen S 2 KN 74/03 KR bestimmt. Die Klägerbevollmächtigte beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 785,15 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen. Die Beklagtenvertreterin beantragt, die Klagen abzuweisen. Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren neben den Klageakten die Akten der Beklagten in sämtlichen verbundenen Rechtsstreitigkeiten. Zur Ergänzung des Tatsbestandes wird auf den gesamten Akteninhalt und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Entscheidungsgründe:
Die zum sachlich (§ 51 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und örtlich (§ 57 SGG i.V.m. Artikel 1 Abs. 2 Bayerisches Ausführungsgesetz im Sozialgerichtsgesetz - AGSGG -) zuständigen Sozialgericht München erhobenen Klagen sind zulässig. Die Klägerin verfolgt mit den Leistungsklagen gemäß § 54 Abs. 5 SGG Schadensersatzansprüche auf Zahlung von Rechtsanwaltsvergütung. Kläger und Beklagte stehen sich im Gleichordnungsverhältnis gegenüber. Bei der Abrechnung von Krankenhausbehandlungskosten ergehen keine Verwaltungsakte im Sinne von § 31 Satz 1 Zehntes Buch, Sozialgesetzbuch - SGB X -. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der Rechtsanwaltsvergütung. Es ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich, nach der die Klägerin die Zahlung von Gebühren nach der Rechtsanwaltsgebührenordnung von der Beklagten erlangen kann.
Die Klägerin hat keinen Anspruch aus dem Vertrag. Grundsätzlich haftet derjenige für die Rechtsanwaltsvergütung, der dem Anwalt den Auftrag erteilt und damit den Vertrag abgeschlossen hat.
Im vorliegenden Rechtsverhältnis hat die Beklagte keinen Auftrag gegenüber den von der Klägerin bevollmächtigten Anwälten erteilt. So dass aus dem Auftragsverhältnis des Rechtsanwalts kein Vergütungsanspruch im Verhältnis zur Beklagten entstanden ist.
Die Klägerin hat weiter keine vertragsähnlichen Ansprüche. Im vorliegenden Rechtsstreit kommt § 69 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 22.12.1999 (BGBl I Seite 2626) zur Anwendung. Danach regeln §§ 63 und 64 SGB V sowie die Bestimmungen des 4. Kapitels des Fünften Buches, Sozialgesetzbuch abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Krankenhäusern. Daneben gelten die Bestimmungen des Krankenhausgesetzes sowie die hiernach erlassenen Rechtsvorschriften. Im vorliegenden Rechtsstreit kommt die auf der Grundlage der Bundespflegesatzverordnung geschlossene Pflegesatzvereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten gemäß § 17 Abs. 1 Bundespflegesatzverordnung vom 12.06.2001 zur Anwendung. Aus dieser Vereinbarung ergibt sich in ihrem § 11 lediglich eine Regelung über Zahlungs- und andere Abrechnungsverfahren. § 11 verweist auf §§ 21 und 22 des Vertrages gemäß § 112 Abs. 1 SGB V zu § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V vom 24.09.1991. Aus dem Wortlaut der Vertragsbestimmungen ergibt sich als Sanktion für ein nicht fristgerechtes Bezahlen des vereinbarten Pflegesatzes (verspätete Zahlung) die Möglichkeit gemäß § 22 des Vertrages über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung Zinsen zu berechnen. Eine weitere vertragliche Sanktion ist nicht vorgesehen. Insbesondere enthalten die Pflegesatzvereinbarung und die aufgrund Verweisung geltenden Landesverträge keine Bestimmung über Schadenersatzregelungen. Ein Rückgriff auf die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs für eine Anspruchsgrundlage aus Schadenersatz oder positiver Forderungsverletzung (so Urteil LSG Niedersachen-Bremen von 13.03.2002, L 16 KR 9/00) ist nicht statthaft. Gemäß § 69 S. 3 SGB V gelten im Übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesen Kapiteln vereinbar sind. § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V schreibt vor, dass die Versorgung der Versicherten der Beklagten wirtschaftlich erbracht werden muss. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, der mit dem Grundsatz der Beitragsstabilität korrespondiert, durchzieht das gesamte Versorgungsgeschehen nach dem Fünften Buch des Sozialgesetzbuchs. Die Klägerin hat sich bei der Erbringung von stationären Krankenhausleistungen an diese Grundsätze zu halten. Es widerspricht diesem Grundsatz, wenn die Beklagte zur Geltendmachung von Forderungen und anderen Ausständen eine Anwaltskanzlei beauftragt, die quasi als Inkassounternehmen dem Grunde nach berechtigte Forderungen eintreibt und Kosten für diese Tätigkeit in Rechnung stellt. Gemäß der eindeutigen gesetzlichen Vorgabe des § 17 Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze - KHG - sind die Vergütungsregelungen über die Pflegesatzregelung zwischen den Beteiligten abschließend. § 17 Abs. 3 Nr. 1 KHG sieht ausdrücklich vor, dass die Kosten für Leistungen, die nicht der stationären oder teilstationären Krankenhausversorgung dienen, im Pflegesatz nicht zu berücksichtigen sind. Anwaltskosten für Inkassotätigkeit fallen hierunter und sind nicht pflegesatzrelevant. Darüber hinaus schreibt § 17 Abs. 2 a Satz 10 KHG vor, dass mit den Fallpauschalen die gesamten Leistungen des Krankenhauses für einen bestimmten Behandlungsfall vergütet werden. Die Inkassotätigkeit durch die Anwaltskanzlei ist, wenn es die Klägerin für erforderlich erachtet, mit diesen Pauschalen abgegolten. § 14 Abs. 9 Bundespflegesatzverordnung - BPflV - sieht vor, dass Vorauszahlungen von der Beklagten verlangt werden können und verbindliche Regelungen durch Verträge gemäß §§ 112 bis 114 SGB V oder in der Pflegesatzvereinbarung getroffen werden können. Eine Schadenersatzregelung für Anwaltskosten ist in diesen Regelungen, wie bereits ausgeführt, nicht enthalten. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man durch die Anwendung des ab 01.01.2004 geltenden Krankenhausentgeltgesetzes - KHEntG -. § 7 Satz 2 KHEntG schreibt vor, dass alle für den Patienten erforderlichen Leistungen mit dem Pflegesatz abgegolten sind. Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 3 KHEntG können die Beteiligten eine Zusatzberechnung vornehmen, die aber gemäß § 8 Abs. 7 KHEntG einem Vertragsvorbehalt unterliegt, der die Fälligkeit und die zeitnahe Abrechnung regeln kann. In § 11 Abs. 1 Satz 4 KHEntG ist die Möglichkeit enthalten, Verzugszinsen bei verspäteter Zahlung zu vereinbaren. Weitere Sanktionsmöglichkeiten sieht sowohl das Krankenhausfinanzierungsgesetz, die Bundespflegesatzverordnung als auch das Krankenhausentgeltgesetz bei einer verspäteten Zahlung durch die Beklagte nicht vor. Das Bundessozialgericht hat durch Urteil vom 25.09.2001, Az.: B 3 KR 3/01.R festgestellt, dass die Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Beklagten seit dem 01.01.2000 öffentlich-rechtlicher Natur sind. Das bedeutet, dass alle Handlungen der Beklagten gegenüber der Klägerin ausschließlich nach dem öffentlichen Recht zu beurteilen sind. Da aber die Bestimmung des § 69 SGB V das Zehnte Buch des Sozialgesetzbuchs ausdrücklich ausschließt, kommen die Bestimmungen über den öffentlich-rechtlichen Vertrag nicht zur Anwendung. Auf § 286 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - (Ersatz des Verzugsschadens) kann nicht zurückgegriffen werden. Zwar sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die durch die Zuziehung eines Rechtsanwalts entstandenen Kosten, die dem adäquaten Kausalverlauf entsprechen, grundsätzlich ersatzpflichtig (so BGH 30, 156 zitiert in Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 61. Auflage, Ergänzungsband, § 286 RdNr. 47). Der Gesetzgeber wollte aber bei Erlass des § 69 SGB V ersichtlich keine neuen Anspruchsgrundlagen entstehen lassen, die im Bürgerlichen Gesetzbuch ihre Grundlage haben. Die Verweisung in § 69 Satz 3 SGB V ist so zu lesen, als nur diejenigen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend Anwendung finden, die durch den Ausschluss des Ersten und Zehnten Buches Sozialgesetzbuch zur Schließung von Regelungslücken erforderlich sind. Beispielsweise finden die Regelungen über den Vertragsschluss, über Willensmängel, über den Verjährungsbeginn Anwendung, nicht jedoch die Anspruchsgrundlagen über positive Forderungsverletzung, culpa in contrahendo oder den hier einschlägigen Verzugsschaden. Sollten die Beteiligten die Notwendigkeit für entsprechende Regelungen sehen, ist dies dem autonomen Vertragshandeln der Beteiligten gemäß §§ 112 bis 114 SGB V überantwortet. Da keine ausdrückliche Regelung für diesen Themenkomplex vorgenommen wurde und wohl auch nicht beabsichtigt war, kann die Klägerin die Anwaltskosten nicht von der Beklagten erlangen. Deliktische oder bereicherungsrechtliche Ansprüche bestehen nicht.
Die Klagen waren deshalb abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.
Rechtskraft
Aus
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