Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
38
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 645/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Bescheide des Beklagten werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, über die Widersprüche des Klägers/der Beigeladenen zu 2. (Verfahren S 38 KA 710/05 und S 38 KA 780/05) und der Beigeladenen zu 2./Klägerin (Verfahren S 38 KA 710/05 und S 38 KA 780/05) erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Der Kläger betreibt eine internistische Praxis mit onkologischem Schwerpunkt. Er verordnet hierbei die zur Behandlung eingesetzten Onkologika, darunter Zytostatika, monoklonale Antikörper und sonstige zum Einsatz kommende Medikamente auf Einzelrezept. Diese Verfahrensweise steht im Streit.
In der 38. Kammer des Sozialgerichts München waren insgesamt 15 Klagen mit dieser Problemstellung anhängig, darunter 7 Klagen des Klägers, bei denen die AOK beigeladen war, 1 Klage, bei der der BKK-Landesverband beigeladen war und 5 Klagen, bei denen die Barmer beigeladen war. Weitere 2 Klagen wurden von der AOK betrieben. Diese betrafen die Quartale 1/01, 2/01, 3/01, 4/01, 2/02, 3/02, 4/02 und 1/03. Gegenstand des Urteils sind die Verfahren, bei denen die AOK beigeladen ist bzw. selbst als Klägerin auftritt.
Von den Prüfungsausschüssen wurde eine Prüfung der Verordnungsweise nach § 14 Abs. 1 der Prüfvereinbarung durchgeführt. Sie stellten fest, dass es sich bei der klägerischen Praxis um eine spezielle Schwerpunktpraxis mit etwa 250 Patienten und einem Arzneimittelverbrauch mit einem Kostenvolumen pro Quartal von ca. 900.000 bis 1 Million DM handle. Zunächst wurde darauf hingewiesen, dass nach der Sprechstundenbedarfsvereinbarung Zytostatika nicht über Sprechstundenbedarf angefordert werden könnten. Allerdings werde in einer Protokollnotiz auch gestattet, Zytostatika über Sprechstundenbedarf zu beziehen. Abschließend wurde festgestellt, es bestehe eine Unwirtschaftlichkeit durch die vom Kläger vorgenommenen Einzelverordnungen. Denn auch ein onkologisch schwerpunktmäßig tätiger Arzt müsse sich um eine preiswerte und günstige Therapie für seine Patienten bemühen. Es wurde deshalb eine "schriftliche Beratung" ausgesprochen.
Die dagegen eingelegten Widersprüche wurden vom Beschwerdeausschuss im Ergebnis zurückgewiesen, so dass die "schriftliche Beratung" bestehen blieb. Nach dem Beschwerdeausschuss ist zwischen toxischen und nicht toxischen Substanzen zu differenzieren. Bezüglich der toxischen Substanzen werde die Auffassung vertreten, dass die Verordnung von Einzelrezepturen und die Zubereitung durch die Apotheke aufgrund der geltenden Vorschriften nicht zu beanstanden seien. Anders stelle sich die Situation bei nicht toxischen Arzneimitteln dar. Hier sollten nur fertige Arzneimittel verordnet werden, welche im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot und unter Beachtung der geltenden Richtlinien in Form von kostengünstigen Großgebindenen als Sprechstundenbedarf zu beziehen seien.
Der Beschwerdeausschuss komme auch zu dem Ergebnis, dass bereits der Prüfantrag unzulässig war. Denn der Antrag hätte nach § 14 Abs. 4 Satz 2 der Prüfungsvereinbarung begründet werden müssen.
Weiterhin vertrat der Beschwerdeausschuss die Auffassung, es sei allerdings eine Gesamtunwirtschaftlichkeit nach § 12 Abs. 1 SGB V zu erkennen, so dass die durch die Erstinstanz ausgesprochene "schriftliche Beratung" im Sinne der Prüfungsvereinbarung zu bestätigen sei.
Dagegen ließ der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte Klagen zum Sozialgericht München einlegen. Zunächst wurde ausgeführt, es liege ein Begründungsmangel im Sinne von § 35 SGB X vor. Denn zunächst sei ein Antrag auf Einzelfallprüfung gestellt worden. Statt diesen Antrag wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen, sei schließlich auf die Gesamtunwirtschaftlichkeit abgestellt worden. Dies sei jedoch nicht nachvollziehbar.
Ferner liege ein Ermessensfehler vor. Selbst die AOK habe in dem Schreiben vom 24.11.2003 die Auffassung vertreten, dass Zytostatika nicht in einer Arztpraxis hergestellt werden könnten. Dies gelte jedoch auch für sog. nichttoxische Substanzen.
Zu beachten sei, dass die Onkologika für einen bestimmten Patienten angedacht seien, weshalb die Verordnung über Einzelrezept notwendig sei. Infusionen müssten stets auf den jeweiligen Patienten abgestimmt werden. Beim Herstellungsvorgang müssten sterile Bedingungen vorherrschen, insbesondere sei bei onkologischen Patienten eine erhöhte Infektanfälligkeit zu beobachten. Die Notwendigkeit steriler Bedingungen stelle sich sowohl für toxische, als auch für nichttoxische Substanzen. In diesem Zusammenhang werde auf das Positionspapier der Deutschen Krankenhausapotheker hingewiesen. Die aseptische Herstellung sei mit entsprechenden personellen, fachlichen und räumlichen Voraussetzungen verbunden. Beim Herstellungsvorgang seien Reinraumbedingungen erforderlich. Werde dagegen verstoßen, bestehe die Gefahr eines Behandlungsfehlers.
Was die behaupteten Einsparungen betreffe, so seien diese nicht notwendigerweise gegeben. Auf entsprechende Berechnungsbeispiele, insbesondere bei hochpreisigen Onkologika werde hingewiesen.
Die Verfahren wurden in der mündlichen Verhandlung am 28.9.2006 behandelt. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers führte u.a. aus, es gebe keine Rechtsgrundlage dafür, dass ein Arzt gezwungen sei, über Sprechstundenbedarf zu verordnen. Nochmals sei auf die Reinraumbedingungen hinzuweisen. Dies müsse sowohl für toxische, als auch für nicht toxische Substanzen gelten. Bei nicht toxischen Substanzen entfalle zwar der Personenschutz, nicht jedoch der Produktschutz. Bereits kleine Fehler könnten zu einer Kontamination führen, mit der Folge, dass das Medikament unwirksam werde. Der in der mündlichen Verhandlung anwesende Apotheker, von dem der Kläger die Onkologika bezog bzw. bezieht, übergab dem Gericht ein Geheft über die Herstellungsschritte bei der Herstellung einer Herceptin-Infusion. Es sei ein Zeitaufwand von ca. 47 Minuten notwendig, um eine Herceptin-Infusion herzustellen.
Dies bezweifelte der ebenfalls anwesende Beratungsapotheker der beigeladenen AOK bzw. der Klägerin. Er gehe vielmehr von lediglich 20 Minuten Herstellungsdauer aus, bei anderen nicht toxischen Substanzen bewege sich die Herstellungsdauer im Minutenbereich. Von der beigeladenen Krankenkasse wurde schließlich auch die Auffassung vertreten, der Kläger sei berechtigt, die Ziffer 8655 zum Ansatz zu bringen. Es handle sich hierbei um eine Komplexziffer, so dass ein entsprechender räumlicher, apparativer und personeller Aufwand hiermit abgegolten sei.
Was die Prüfanträge betreffe, so seien diese nicht unzulässig. In diesem Zusammenhang werde auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 27.6.2001, Az.: B 6 KA 66/00 R, hingewiesen.
Die mündliche Verhandlung vom 28.9.2006 wurde vertagt.
Im Anschluss daran wurde seitens des Gerichts eine Auskunft beim Krankenhausapotheker der Krankenhausapotheke des Klinikums Rechts der Isar der Technischen Universität München eingeholt. Unter Hinweis auf ein gemeinsames Positionspapier führte der Krankenhausapotheker mit Schreiben vom 25.11.2006 aus, auch bei der Herstellung von nicht toxischen in der Onkologie verwendeten Substanzen sei ein Patientenschutz durch das Produkt und durch die Dokumentation zu beachten. Für den Einsatz von Zytostatika komme es darüber hinaus auf die Personalsicherheit an. Die Herstellung von Zytostatika und monoklonalen Antikörpern betrage ca. 30 Minuten, ansonsten sei bei den übrigen Onkologika von einer Herstellungsdauer zwischen 5 bis 10 Minuten auszugehen. Der Krankenhausapotheker machte auf die notwendigen Reinraumbedingungen aufmerksam. Notwendig seien eine Sicherheitswerkbank, ein Luftfilter und entsprechend geschultes Personal.
Hierzu nahm die beigeladene Krankenkasse bzw. Klägerin Stellung. Sie machte darauf aufmerksam, dass das Auskunftsersuchen bei einem Krankenhausapotheker eventuell durch einen Interessenkonflikt belastet sei. Die stationäre Situation im Zusammenhang mit einer Krankenhaus-Apotheke sei nicht ohne weiteres auf die ambulante Versorgung übertragbar (Schreiben der AOK vom 21.11.2006). In einem weiteren Schreiben vom 4.12.2006 wurde seitens der beigeladenen Krankenkasse bzw. Klägerin die Auffassung bekräftigt, der Bezug von onkologischen Arzneimitteln sei als Sprechstundenbedarf zulässig. Insbesondere sei der Bezug von Arzneimitteln für den sog. Sprechstundenbedarf und die Anwendung dieser Arzneimittel durch den Arzt an den eigenen Patienten gesetzlich nicht eingeschränkt und könne daher auch im Rahmen von Sprechstundenbedarfsvereinbarungen vorgenommen werden. Mit den Sprechstundenbedarfsvereinbarungen werde lediglich die Frage des Abrechnungsweges geregelt.
In der mündlichen Verhandlung am 6.12.2006 war ein Apotheker der Beigeladenen zu 1) anwesend. Er führte u.a. aus, es sei eine Dreiteilung (Zytostatika-Antikörper - restliche in der Onkologie eingesetzte Stoffe einschließlich Diphosphonate) geboten. Diese Dreiteilung werde von einer zeitlichen und fachlichen Komponente überlagert. So seien bei der Herstellung von Zytostatika Sicherheitswerkbänke notwendig, bei der Herstellung von Antikörpern seien jedenfalls nach den Fachinformationen keine Werkbänke, aber geeignete aseptische Verfahren notwendig. Mit der Herstellung von monoklonalen Antikörpern gehe ein relativ großer zeitlicher Aufwand einher. Auch gelte es, ein mikrobiologisches Wachstum zu verhindern (Proteinlösung!). Bei dem Rest der zur Anwendung kommenden Medikamente handle es sich um fertige Arzneiprodukte, die mehrfach in der ärztlichen Praxis, nicht nur von Onkologen, angewendet würden. Im Übrigen teilte er mit, er sei am Zustandekommen der Protokollnotiz beteiligt gewesen. Absicht sei gewesen, Schwerpunktpraxen die Möglichkeit einzuräumen, aus Wirtschaftlichkeitsgründen Zytostatika über PC-Bedarf zu beziehen und den Verwurf zu minimieren. Eine Verpflichtung, über PC-Bedarf zu verordnen, sei ausdrücklich nicht gewollt worden.
Dagegen betonte der Beratungsapotheker der beigeladenen Krankenkasse bzw. Klägerin, seines Erachtens habe die Wirtschaftlichkeit bei der Protokollnotiz im Vordergrund gestanden. Es gebe keine Freiwilligkeit zur Wirtschaftlichkeit.
Dem Gericht wurden im Laufe der Verfahren verschiedene Unterlagen vorgelegt, darunter Hinweise des Referats Arzneimittel der KBV mit der Überschrift "Zur Verarbeitung resp. Zubereitung von Folinsäure für die onkologische Anwendung" vom 20.2.2002, ein Gutachten des KC Onkologie über "die Verordnung von monoklonalen Antikörpern" vom 14.6.2004, ein Leitfaden des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz zum "Umgang mit Zytostatika", ein Aufsatz mit der Überschrift "Proteinogene Arzneimittel in der Onkologie", veröffentlicht in der Zeitschrift PZ Prisma, 13. Jahrgang 2006, Nr. 4, eine "Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels MabCampath der Firma Schering, ein Schreiben der Firma Roche vom 20.11.2006 zur Herstellung von Herceptin, ein Aufsatz in der Zeitschrift Ergo med 2/2003, Seiten 40 ff. mit der Überschrift "Zentralisierung der Zytostatika-Zubereitung", ein Gemeinsames Positionspapier der ABDA, der ADKA und des VFA vom 30.8.2005 zur Herstellung parenteraler Lösungen, insbesondere von Lösungen mit toxischem Potential sowie der Beschluss des Beschwerdeausschusses der Ärzte und Krankenkassen Hamburg vom 23. Februar 2006 zur Verordnung der Arzneimittel Aredia und Bondronat.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers stellte die Anträge aus dem Schriftsatz vom 5.10.2006.
Die Vertreterin der Beigeladenen zu 2) stellte den Antrag aus dem Schriftsatz vom 30.10.2006.
Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlungen waren die Beklagtenakten. Im Übrigen wird auf den sonstigen Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Sitzungsniederschriften vom 28.9.2006 und 6.12.2006 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die angefochtenen Bescheide des Beschwerdeausschusses sind rechtswidrig und verletzen den Kläger und die Klägerin (AOK Bayern: Verfahren S 38 KA 710/05 und S 38 KA 780/05) in seinen/ihren Rechten.
I. Formelle Rechtswidrigkeit
Die angefochtenen Bescheide leiden nämlich an einem formellen Mangel. Nach § 35 Abs. 1 SGB X ist ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.
Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V hat der Beschwerdeausschuss einen Beurteilungsspielraum und ein Ermessen. Die vom Beschwerdeausschuss abgegebenen Begründungen machen deutlich, dass gravierende Ermessensfehler vorliegen. So setzt sich der Beschwerdeausschuss in seinen Entscheidungsgründen zunächst mit der Zulässigkeit des Prüfantrages der Beigeladenen zu 2) auseinander und vertritt die Auffassung, dass der Antrag mangels Antragsbegründung unzulässig sei. Diese Auffassung ist - rechtlich gesehen - nicht mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 27.6.2001, Az.: B 6 KA 66/00 R) zu vereinbaren. Das BSG vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung dass das Gesetz einen formgebundenen, qualifizierten Prüfantrag nicht voraussetzt. Wenn also die Prüfvereinbarung eine Antragsbegründung erfordere, komme dieser Regelung keine materiell-rechtliche Bedeutung zu, sondern sei lediglich bloße Verfahrensvoraussetzung. Die Folge davon sei, dass die Prüfgremien kraft des in § 20 Abs. 1 SGB X normierten Untersuchungsgrundsatzes den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären und alle für den Einzelfall bedeutsamen Umstände zu berücksichtigen haben.
Konsequenterweise hätte der Beschwerdeausschuss angesichts der von ihm vertretenen Auffassung wegen Unzulässigkeit der Prüfanträge die Regresse im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung ablehnen müssen.
Stattdessen diskutiert er die Verordnungsfähigkeit von in der Onkologie eingesetzten Medikamenten und vertritt die Meinung, die Verordnung von Einzelrezeptionen und die Zubereitung durch die Apotheke aufgrund der geltenden Vorschriften könne bei toxischen Substanzen nicht beanstandet werden. Anders sei die Situation aber bei nicht toxischen Arzneimitteln. Hier sollten nur fertige Arzneimittel verordnet werden, welche im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot unter Beachtung der geltenden Richtlinien in Form von kostengünstigen Großgebinden als Sprechstundenbedarf zu beziehen seien. Letztendlich bleibt auch diesbezüglich unklar, ob es sich hierbei, also bei der Erörterung der Frage, welche Medikamente als Sprechstundenbedarf zulässigerweise verordnet werden können, um die tragenden Entscheidungsgründe handelt.
Vielmehr spricht das im Anschluss daran vorgenommene Abstellen auf die Gesamtunwirtschaftlichkeit nach § 12 Abs. 1 SGB V dafür, dass die Frage der Gesamtunwirtschaftlichkeit als der ausschließlich tragende Grund anzusehen ist. Warum eine Gesamtunwirtschaftlichkeit vorliegen soll, erschließt sich jedoch nicht aus den Entscheidungsgründen. Insofern liegt ein klares Begründungsdefizit nach § 35 Abs. 1 SGB X vor. Die Bescheide vermitteln den Eindruck, dass sich der Beschwerdeausschuss im Ergebnis nicht festlegen wollte, ob und welche Arzneimittel, die in der Onkologie eingesetzt werden, zum Sprechstundenbedarf zu rechnen sind bzw. über Einzelrezepte verordnet werden müssen. Das Abstellen der Begründung ohne die erforderlichen näheren Ausführungen auf die Gesamtunwirtschaftlichkeit legt den Verdacht nahe, dass der Beschwerdeausschuss um jeden Preis den Rechtsfrieden auch durch Wahl der mildesten Wirtschaftlichkeitsprüfungsmaßnahme, nämlich des Ausspruchs einer "schriftlichen Beratung" wieder herstellen wollte. Letzteres ist aber, wie sich aus der Fülle der Verfahren ergibt, nicht gelungen.
Aus den genannten Gründen sind die Bescheide als rechtswidrig anzusehen und war zu entscheiden, wie geschehen. In einer neuerlichen Entscheidung wird der Beklagte keine Möglichkeit haben, sich einer umfassenden Erörterung der mit den Verfahren aufgeworfenen Rechtsfragen (Abgrenzung Sprechstundenbedarf zur Einzelverordnung; eventuelle Differenzierung bei den in der Onkologie eingesetzten Mittel; Prüfung der Wirtschaftlichkeit) zu verschließen.
II. Hinweise zur materiellen Rechtsfrage
Deshalb und weil dem Vernehmen nach noch zahlreiche andere Verfahren mit der gleichen Problematik zu behandeln sind, erscheint es tunlich, dass das Gericht nicht lediglich die formelle Seite der Bescheide überprüft, sondern dass sich in den Entscheidungsgründen auch Hinweise zur materiellen Rechtslage finden. Dabei handelt es sich selbstverständlich um den Sach-, Rechts- und Kenntnisstand, wie er sich für die 38. Kammer des Sozialgerichts München zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung darstellt, was eine spätere eventuell andere und divergierende Beurteilung in Verfahren, wo es entscheidend auf die materielle Rechtslage ankommt, nicht ausschließt.
Ausgangspunkt der Überlegungen im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Mittel dem PC-Bedarf zuzurechnen ist oder einzeln zu verordnen ist, ist die Sprechstundenbedarfsvereinbarung vom 1. April 1999. In ständiger Rechtsprechung der Sozialgerichte wird die Auffassung vertreten, dass Vorschriften der Sprechstundenbedarfsvereinbarung dem Wortlaut entsprechend eng auszu- legen und nur in einem sehr begrenzten Maße einer (erweiternden) Auslegung zugänglich sind, da damit von dem Grundsatz abgewichen wird, dass Medikamentenverordnungen patientenbezogen zu erfolgen haben (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.2.2003, Az.: L 11 KA 35/00). Der jeweilige Arzt soll nicht die Aufgaben eines Apothekers wahrnehmen.
Zu den allgemeinen Grundsätzen gehört auch, dass es keine beliebige Austauschbarkeit von Einzelverordnungen und Verordnungen über den Sprechstundenbedarf gibt. Dies hat insbesondere damit zu tun, dass Kosten des Sprechstundenbedarfs, den alle Vertragsärzte im Bezirk jeder KV zu Lasten einer einzigen, gesamtvertraglich bestimmten Krankenkasse ohne Bezug zu den einzelnen Patienten verordnen, nach einem bestimmten Schlüssel von allen Krankenkassen getragen werden. Dagegen fallen die Kosten für Einzelverordnungen nur bei denjenigen Krankenkassen an, bei denen der jeweilige Patient versichert ist. Entscheidend ist weiter, dass durch Sprechstundenbedarfvereinbarungen eine Transparenz in der Form angestrebt wird, dass Klarheit geschaffen werden soll, was "allgemeiner Bedarf" und was "individueller Bedarf" ist (vgl. BSG, Beschluss vom 31.5.2006, Az.: B 6 KA 10/06 B; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.12.2005, Az.: L 11 KA 44/05).
Konkret findet sich in Abschn. III 1 eine Legaldefinition zum Sprechstundenbedarf. Danach gelten als Sprechstundenbedarf nur solche Mittel, die ihrer Art nach bei mehr als einem Berechtigten im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung angewendet werden oder bei Notfällen für mehr als einem Berechtigten zur Verfügung stehen müssen. Außerdem ist in III 1 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung geregelt, dass bei der Anforderung von Sprechstundenbedarf die Anlage zu dieser Vereinbarung zu beachten sei. In Anlage zu Abschn. III.1 Buchst. e ist ausdrücklich ausgeführt, dass "Zytostatika, Metastasenhemmer und Diphosphonate" als Sprechstundenbedarf nicht verordnungsfähig sind.
Zur Frage der Verordnungsfähigkeit von Zytostatika, Metastasenhemmer und Disphosphonaten äußert sich auch die Protokollnotiz zu Abschn. III.1 wie folgt: "Zytostatika, Metastasenhemmer und Disphosphonate sind grundsätzlich vom Bezug als Sprechstundenbedarf ausgeschlossen und auf Einzelrezept auf den Namen des Patienten zu verordnen. Abweichend davon wird onkologischen Schwerpunktpraxen gestattet, Arzneimittel dieser Präparategruppen als Sprechstundenbedarf zu verordnen, um einen wirtschaftlichen Bezug sowie einen wirtschaftlichen Verbrauch im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung im Sinne von Abschn. IV der Sprechstundenbedarfvereinbarung zu ermöglichen."
Zunächst ist die Protokollnotiz zu III.1 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung entgegen der Auffassung der Kassenseite nicht im Sinne einer Verpflichtung onkologischer Praxen auszulegen. Dies ergibt sich nicht nur aus dem klaren Wortlaut ("Gestattung" und nicht "Verpflichtung") in der Protokollnotiz zu III.1, sondern auch aus den Ausführungen des in der mündlichen Verhandlung am 6.12.2006 anwesenden Apothekers der Beigeladenen zu 1). Danach gab dieser bekannt, er sei am Zustandekommen der Protokollnotiz beteiligt gewesen. Absicht sei es gewesen, Schwerpunktpraxen die Möglichkeit einzuräumen, aus Wirtschaftlichkeitsgründen Zytostatika über PC-Bedarf zu beziehen und den Verwurf zu minimieren. Eine Verpflichtung, über PC-Bedarf zu verordnen, sei ausdrücklich nicht gewollt worden. Die Protokollnotiz stellt auch keine Rechtsgrundlage dafür dar, das zunächst bestehende grundsätzliche Verordnungsverbot als PC-Bedarf ins Gegenteil zu verkehren.
Soweit die Kassenseite darauf aufmerksam macht, die stationäre Situation (Krankenkassenapotheke - Krankenhausabteilung) sei nicht ohne weiteres auf den ambulanten Bereich übertragbar, erscheint dies nicht nachvollziehbar. Abgesehen davon, dass hierfür keine sachlich einleuchtenden Gründe genannt werden, darf die Zubereitung der Onkologika im ambulanten Bereich nicht mit größeren Risiken für die Patienten als im stationären Bereich verbunden sein.
Eine gewisse rechtliche Problematik der "Protokollnotiz" besteht aber darin, dass durch die "Gestattung" die geforderte Transparenz zwischen Sprechstundenbedarf einerseits und Einzelverordnung andererseits aufgehoben wird. Ferner entsteht der Eindruck, dass auf diese Weise Sprechstundenbedarf und Einzelverordnungen austauschbar sind. Denn hierdurch gibt es nunmehr - zumindest nach dem Wortlaut - drei Konstellationen. Ärzte, die Zytostatika, Metastasenhemmer und Diphosphonate verordnen, nicht jedoch zu den Schwerpunktpraxen zählen, können die genannten Medikamente nur auf Einzelrezept verordnen. Weiter gibt es onkologische Schwerpunktpraxen, die von der Gestattung in der Protokollnotiz zu Abschn. III.1 nicht Gebrauch machen und, sich berufend auf III.1 e der Sprechstundenbedarfvereinbarung Zytostatika, Metastasenhemmer und Disphosphonate wie der Kläger auf den Namen des Patienten verordnen. Weiter gibt es eine Gruppe von onkologischen Schwerpunktpraxen, die von der Gestattung in der Protokollnotiz Abschn. III.1 Gebrauch macht und Zytostatika, Metastasenhemmer und Disphosphonate als Sprechstundenbedarf verordnen. Des Weiteren gibt es sonstige, in der Onkologie eingesetzte Mittel, die sich als Fertigarzneimittel auf dem Markt befinden, und bei denen eine Verordnung über PC-Bedarf nicht problematisch erscheint.
Die zunächst gegen die Protokollnotiz zu Anlage III.1 erhobenen Bedenken müssen jedoch dann zurückstehen, wenn es gilt, dem übergeordneten Grundsatz der "Wirtschaftlichkeit", wie er in § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V zum Ausdruck kommt, Rechnung zu tragen. § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V besagt, dass die Versorgung der Versicherten ausreichend und zweckmäßig sein muss, das Maß des Notwendigen nicht übersteigen darf und in der fachlich gebotenen Qualität wirtschaftlich erbracht werden muss. Im Grunde genommen ist die Protokollnotiz zu III.1 nichts anderes als eine Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsgebotes im Sinne von § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V, beschränkt auf onkologische Schwerpunktpraxen.
Das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V und in Konkretisierung die Protokollnotiz zu III.1 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung haben jedoch nach Auffassung des Gerichts dann keine Bedeutung für den Behandler und sind von diesem nicht zu beachten, wenn der therapeutische Nutzen bei der Verordnung auf Einzelrezept ein höherer ist. In diesem Fall sind höhere Kosten unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit in Kauf zu nehmen (vgl. Buchstabe D Nr. 12 der Arzneimittel-Richtlinien und die Entscheidung des Beschwerdeausschusses der Ärzte und Krankenkassen Hamburg vom 23.2.2006 zum Regress der Arzneimittel Aredia und Brondronat).
In Anwendung der oben dargestellten Grundsätze auf die streit- gegenständlichen Fälle würde dies folgendes bedeuten:
Da der Kläger unstrittig eine onkologische Schwerpunktpraxis betreibt, gilt für ihn grundsätzlich die Protokollnotiz III.1 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung. Je nachdem, ob es sich Zytostatika, Metastasenhemmer, Diphosphonate oder sonstige im Rahmen der onkologischen Behandlung verwendete Mittel handelt, ist zu differenzieren. Sämtliche strittigen Mittel sind solche, die grundsätzlich für mehr als einen Berechtigten zur Verfügung stehen müssen, wobei die abschließende Zubereitung zumindest bei Zytostatika, monoklonalen Antikörpern und Diphosphonaten patientenindividuell zu erfolgen hat.
Gegen die Verordnung von Zytostatika auf Einzelrezept und nicht über PC-Bedarf bestehen keine rechtlichen Bedenken. Denn bei Zytostatika handelt es sich um toxische Substanzen. Wie sich aus den in die Verfahren eingeführten Darstellungen (Zentralisierung der Zytostatika-Zubereitung, veröffentlicht in Ergo Med 2/203; gemeinsames Positionspapier der ABDA, der ADKA und des VFA vom 30.8.2005 zur Herstellung parenteraler Lösungen, insbesondere von Lösungen mit toxischem Potential; Umgang mit Zytostatika, ein Leitfaden für die Praxis des Bayer. Staatsministeriums für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz, 2. aktualisierte Auflage; schriftliche Äußerung des Krankenhausapothekers R.B. vom 25.11.2006; mündliche Äußerung des Apothekers der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung vom 6.12.2006) ergibt, steht bei der Herstellung von Zytostatika die Patientensicherheit durch das Produkt, die Patientensicherheit durch Dokumentation und die Personalsicherheit durch Training und Ausstattung im Vordergrund. Patientensicherheit ist insbesondere deshalb zu gewährleisten, weil bei vielen Tumorpatienten die Immunabwehr eingeschränkt und deshalb die Sterilität des applizierten Arzneimittels von eminenter Wichtigkeit ist, sollen die Patienten nicht einer zusätzlichen Gefährdung ausgesetzt werden. Konkret bedeutet dies, dass die Herstellung unter Reinraumbedingungen (Klasse A in B oder C) zu erfolgen hat. Erforderlich ist auch eine Sicherheitswerkbank mit laminarer Luftführung oder einem Isolator. Personalschutz bedeutet, dass das Personal in der Zubereitung von Zytostatika geschult und mit entsprechender Schutzkleidung während des Herstellungsvorgangs ausgestattet ist. Die Zubereitung von Zytostatika beträgt ca. 30 Minuten. Aus dem Leitfaden des Bayer. Staatsministeriums für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz ergibt sich ferner, dass Zytostatika für jeden Patienten individuell und wegen der geringen Haltbarkeit in der Regel zeitnah zubereitet werden müssen. Daraus erklären sich auch die qualitätssichernden Maßnahmen wie z.B. die Zubereitung unter Reinraumbedingungen. Dies wird auch durch die Aussage des Apothekers der Beigeladenen zu 1) bestätigt. Er weist auf die zeitliche und fachliche Komponente hin.
Nicht zuletzt aufgrund des Patientenschutzes, mit dem die erhöhten Qualitätsanforderungen einhergehen, sind höhere Kosten unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit in Kauf zu nehmen, da davon auszugehen ist, dass der therapeutische Nutzen ein höherer ist. Hinzu kommt, dass auch einer onkologischen Schwerpunktpraxis nicht zuzumuten ist, personell und ausstattungsmäßig so aufzurüsten, dass die vorgenannten Qualitätsanforderungen erfüllt werden.
Soweit die Beigeladene zu 2) in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die Abrechnungsmöglichkeit der GOP 8655 die Auffassung vertritt, es handle sich hierbei um eine Komplexziffer, weshalb Onkologen zumutbar sei, die Zubereitung von Zytostatika in der eigenen Praxis vorzunehmen, ist dem nicht zu folgen. Bekanntlich ist nämlich nicht unumstritten, ob es sich tatsächlich um eine Komplexziffer handelt. Selbst wenn dies zu bejahen wäre, ist daraus nicht automatisch zu folgern, dass von dem Leistungsinhalt dieser Ziffer auch die Herstellung von Zytostatika erfasst ist. Der Umstand, dass eine INN-Vereinbarung (International Non-Propritary Name) rückwirkend ab dem 1.7.2006 zwischen der KVB und allen gesetzlichen Krankenassen geschlossen wurde, spricht vielmehr für das Gegenteil. Ärzte, die an der INN-Vereinbarung teilnehmen (Teilnahme ist freiwillig), erhalten u.a. Pauschalen für die Bereitstellung von gebrauchsfertigen monoklonalen Antikörpern und von gebrauchsfertigen Zytostatika. Wäre die "Zubereitung" durch die GOP 8655 (jetzt III. arztgruppenspezifische Leistungen 13.3.4 EBM 2000 plus) mit erfasst, hätte es der INN-Vereinbarung überhaupt nicht bedurft.
Deshalb ist nicht zu beanstanden, wenn der Kläger von der Möglichkeit der "Gestattung" im Sinne der Protokollnotiz zu III.1 nicht Gebrauch macht und stattdessen die Zytostatika bezogen auf den einzelnen Patienten auf Rezept verordnet.
Im Ergebnis, nichts anderes gilt auch für sog. monoklonale Antikörper. Wie sich aus den in das Verfahren eingeführten Darstellungen (Proteinogene Arzneimittel in der Onkologie, veröffentlicht in PZ Prisma, 13. Jahrgang 2006; ADKA-Statement: aseptische Herstellung applikationsfertiger Zubereitung von monoklonalen Antikörpern für die Antitumortherapie in der Zeitschrift "Krankenhauspharmazie" Nr. 3, Jahrgang 2004; Arzneimittelinformation der Firma Schering zum Medikament MabCampath; schriftliche Äußerung des Krankenhaus-Apothekers R.B. vom 25.11.2006; Ausführungen des Apothekers der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung vom 6.12.2006) ergibt, sind auch bei der patientenindividuellen Zubereitung von monoklonalen Antikörpern die Patientensicherheit durch das Produkt und die Patientensicherheit durch Dokumentation zu beachten. Im Hinblick auf die eingeschränkte Immunabwehr der Patienten müssen auch bei der Herstellung von sog. monoklonalen Antikörpern aseptische Bedingungen vorherrschen und zwar insbesondere auch für die Dauer der Zubereitung, die wie bei den Zytostatika bei ca. 30 Minuten liegt. Hinzu kommt, dass nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft die Behandlung von Onkologiepatienten mit sog. Kombinations-Chemotherapien stattfindet, d.h. mit dem kombinierten, zeitgleichen Einsatz von Zytostatika und monoklonalen Antikörpern. Auch was die Herstellung von monoklonalen Antikörpern betrifft, sind den Onkologen ein personelles, apparatives und räumliches Aufrüsten, um den Qualitätsanforderungen zu entsprechen, nicht zuzumuten. Der in der mündlichen Verhandlung am 6.12.2006 anwesende Apotheker der Beigeladenen zu 1) wies darauf hin, dass auch mit der Herstellung von Antikörpern ein relativ großer zeitlicher Aufwand verbunden sei. Auch diesbezüglich gelte ein mikrobiologisches Wachstum zu verhindern (Proteinlösung!). Das Gericht geht daher auch bei den sog. monoklonalen Antikörpern von einem höheren therapeutischen Nutzen aus, wenn diese zentral in einer Apotheke zubereitet werden, so dass der Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit zurückzustehen hat. Dagegen gibt es keine eindeutige Aussage zur Personalsicherheit. Mehrheitlich wird offenbar davon ausgegangen, dass hier die Personalsicherheit anders zu beurteilen ist, wenngleich in dem Aufsatz "proteinogene Arzneimittel in der Onkologie" die Rede davon ist, dass eine reproduktionstoxische Wirkung nicht gänzlich auszuschließen sei.
Was das Gutachten des Kompetenzzentrums Onkologie zur "Verordnung von monoklonalen Antikörperpräparaten" vom 7.6.2004 betrifft, kann dieses nicht überzeugen. Darin wird die Auffassung vertreten, bei den monoklonalen Antikörperpräparaten handle es sich um verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel. Eine Verordnung der Substanzen als Rezepturarznei sei weder medizinisch begründet, noch wirtschaftlich.
Nach Auffassung des Gerichts wird in dem Gutachten übersehen, dass auch die Zubereitung von monoklonalen Antikörpern nicht nur patientenindividuell zu erfolgen hat, sondern auch mit wird der Notwendigkeit optimaler aseptischer Bedingungen bei der Zubereitung von monoklonalen Antikörpern zu wenig Gewicht beigemessen, wie auch der Tatsache, dass Zytostatika und monoklonale Antikörper häufig in Kombination gemeinsam verabreicht werden. Aber auch eine rechtliche Auseinandersetzung mit der Fragestellung, ob monoklonale Antikörper über PC-Bedarf verordnet werden können, findet in dem Gutachten nicht statt.
Anders zu beurteilen ist nach Auffassung des Gerichts allerdings die Verordnung von Diphosphonaten. Die Zubereitungsdauer ist deutlich kürzer als bei der Herstellung von Zytostatika und monoklonalen Antikörpern. Sie beträgt nämlich lediglich ca. 5 Minuten. Für die Einordnung als Sprechstundenbedarf spricht auch, dass es sich hierbei um sog. Fertigarzneiprodukte handelt, die mehrfach in der ärztlichen Praxis, nicht nur von Onkologen nach der Aussage des Apothekers der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung vom 6.12.2006, eingesetzt werden. Nicht gefolgt werden kann dabei der Auffassung der KBV in ihrem Rundschreiben vom 20.2.2002 zur "Folinsäure" und dem Beschluss des Beschwerdeausschusses Hamburg, Verordnung von Aredia und Bonat, die beide unter Hinweis auf die Notwendigkeit aseptischer Bedingungen eine Zuordnung zum Sprechstundenbedarf verneinen.
Denn die Gefährdung unter dem Aspekt des Patientenschutzes ist bei der doch wesentlich geringen Herstellungsdauer gegenüber Zytostatikazubereitungen und monoklonalen Antikörpern wesentlich geringer. Ein höherer therapeutischer Nutzen, der höhere Kosten rechtfertigen würde, ist nicht zu erkennen. Deshalb ist grundsätzlich der Wirtschaftlichkeitsaspekt im Sinne von § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V zu beachten. Die "Gestattung" in der Protokollnotiz zu III.1 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung ist diesbezüglich grundsätzlich als Verpflichtung zu verstehen.
Erforderlich ist jedoch, dass die Verordnung von Diphosphonaten über PC-Bedarf wirklich kostengünstiger ist, als die Verordnung auf Einzelrezept auf den Namen des Patienten. Den Nachweis ist der Beklagte, die beigeladene Krankenkasse bzw. klagende Krankenkasse bislang schuldig geblieben. Sollte ein Nachweis nicht zu führen sein, hat der Onkologe die Wahl zwischen dem Sprechstundenberdarf und der Einzelverordnung.
Sonstige in der Onkologie eingesetzte Medikamente unterfallen weder der Anlage III.1 noch der Protokollnotiz zu III.1 zur Sprechstundenbedarfsvereinbarung. Diese sind Fertigarzneimittel und als PC-Bedarf zu verordnen.
Es mag wünschenswert erscheinen (vgl. ADKA-Statement in Krankenhauspharmazie Nr. 3, 2004), sämtliche in der Onkologie eingesetzten Medikamente zentral von der Apotheke zu beziehen. Hierbei darf sicherlich nicht gänzlich außer Acht gelassen werden, dass auch die pekuniären Interessen von interessierter Seite eine Rolle spielen könnten. Es ist jedoch nicht alles wirtschaftlich, was wünschenswert ist.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die mehrfach geäußerte gänzlich restriktive Auffassung der Beigeladenen zu 2) bzw. der Klägerin in den Verfahren unter den Az.: S 38 KA 710/05 und S 38 KA 780/05 erstaunt, zumal sich diese im Schreiben vom 24.11.2003 dahin geäußert hat, dass nach dem zur Zeit bestehenden Apothekenrecht ein preiswerter PC-Bezug nicht realisierbar erscheint, so dass gegenüber der Einzelverordnung keine Einsparungen vorlägen. Des weiteren wird in den genannten Schreiben ausgeführt, es werde darum gebeten, die Vertragsärzte darauf hinzuweisen, dass ab dem 1.1.2004 nur noch Einzelverordnungen auf den Namen des Versicherten und dem jeweils zuständigen Kostenträger ausgestellt werden. Es ist nämlich nicht ersichtlich, warum für die streitbefangenen Quartale etwas anderes gelten sollte.
Aus den genannten Gründen war zu entscheiden wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 VwGO.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Der Kläger betreibt eine internistische Praxis mit onkologischem Schwerpunkt. Er verordnet hierbei die zur Behandlung eingesetzten Onkologika, darunter Zytostatika, monoklonale Antikörper und sonstige zum Einsatz kommende Medikamente auf Einzelrezept. Diese Verfahrensweise steht im Streit.
In der 38. Kammer des Sozialgerichts München waren insgesamt 15 Klagen mit dieser Problemstellung anhängig, darunter 7 Klagen des Klägers, bei denen die AOK beigeladen war, 1 Klage, bei der der BKK-Landesverband beigeladen war und 5 Klagen, bei denen die Barmer beigeladen war. Weitere 2 Klagen wurden von der AOK betrieben. Diese betrafen die Quartale 1/01, 2/01, 3/01, 4/01, 2/02, 3/02, 4/02 und 1/03. Gegenstand des Urteils sind die Verfahren, bei denen die AOK beigeladen ist bzw. selbst als Klägerin auftritt.
Von den Prüfungsausschüssen wurde eine Prüfung der Verordnungsweise nach § 14 Abs. 1 der Prüfvereinbarung durchgeführt. Sie stellten fest, dass es sich bei der klägerischen Praxis um eine spezielle Schwerpunktpraxis mit etwa 250 Patienten und einem Arzneimittelverbrauch mit einem Kostenvolumen pro Quartal von ca. 900.000 bis 1 Million DM handle. Zunächst wurde darauf hingewiesen, dass nach der Sprechstundenbedarfsvereinbarung Zytostatika nicht über Sprechstundenbedarf angefordert werden könnten. Allerdings werde in einer Protokollnotiz auch gestattet, Zytostatika über Sprechstundenbedarf zu beziehen. Abschließend wurde festgestellt, es bestehe eine Unwirtschaftlichkeit durch die vom Kläger vorgenommenen Einzelverordnungen. Denn auch ein onkologisch schwerpunktmäßig tätiger Arzt müsse sich um eine preiswerte und günstige Therapie für seine Patienten bemühen. Es wurde deshalb eine "schriftliche Beratung" ausgesprochen.
Die dagegen eingelegten Widersprüche wurden vom Beschwerdeausschuss im Ergebnis zurückgewiesen, so dass die "schriftliche Beratung" bestehen blieb. Nach dem Beschwerdeausschuss ist zwischen toxischen und nicht toxischen Substanzen zu differenzieren. Bezüglich der toxischen Substanzen werde die Auffassung vertreten, dass die Verordnung von Einzelrezepturen und die Zubereitung durch die Apotheke aufgrund der geltenden Vorschriften nicht zu beanstanden seien. Anders stelle sich die Situation bei nicht toxischen Arzneimitteln dar. Hier sollten nur fertige Arzneimittel verordnet werden, welche im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot und unter Beachtung der geltenden Richtlinien in Form von kostengünstigen Großgebindenen als Sprechstundenbedarf zu beziehen seien.
Der Beschwerdeausschuss komme auch zu dem Ergebnis, dass bereits der Prüfantrag unzulässig war. Denn der Antrag hätte nach § 14 Abs. 4 Satz 2 der Prüfungsvereinbarung begründet werden müssen.
Weiterhin vertrat der Beschwerdeausschuss die Auffassung, es sei allerdings eine Gesamtunwirtschaftlichkeit nach § 12 Abs. 1 SGB V zu erkennen, so dass die durch die Erstinstanz ausgesprochene "schriftliche Beratung" im Sinne der Prüfungsvereinbarung zu bestätigen sei.
Dagegen ließ der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte Klagen zum Sozialgericht München einlegen. Zunächst wurde ausgeführt, es liege ein Begründungsmangel im Sinne von § 35 SGB X vor. Denn zunächst sei ein Antrag auf Einzelfallprüfung gestellt worden. Statt diesen Antrag wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen, sei schließlich auf die Gesamtunwirtschaftlichkeit abgestellt worden. Dies sei jedoch nicht nachvollziehbar.
Ferner liege ein Ermessensfehler vor. Selbst die AOK habe in dem Schreiben vom 24.11.2003 die Auffassung vertreten, dass Zytostatika nicht in einer Arztpraxis hergestellt werden könnten. Dies gelte jedoch auch für sog. nichttoxische Substanzen.
Zu beachten sei, dass die Onkologika für einen bestimmten Patienten angedacht seien, weshalb die Verordnung über Einzelrezept notwendig sei. Infusionen müssten stets auf den jeweiligen Patienten abgestimmt werden. Beim Herstellungsvorgang müssten sterile Bedingungen vorherrschen, insbesondere sei bei onkologischen Patienten eine erhöhte Infektanfälligkeit zu beobachten. Die Notwendigkeit steriler Bedingungen stelle sich sowohl für toxische, als auch für nichttoxische Substanzen. In diesem Zusammenhang werde auf das Positionspapier der Deutschen Krankenhausapotheker hingewiesen. Die aseptische Herstellung sei mit entsprechenden personellen, fachlichen und räumlichen Voraussetzungen verbunden. Beim Herstellungsvorgang seien Reinraumbedingungen erforderlich. Werde dagegen verstoßen, bestehe die Gefahr eines Behandlungsfehlers.
Was die behaupteten Einsparungen betreffe, so seien diese nicht notwendigerweise gegeben. Auf entsprechende Berechnungsbeispiele, insbesondere bei hochpreisigen Onkologika werde hingewiesen.
Die Verfahren wurden in der mündlichen Verhandlung am 28.9.2006 behandelt. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers führte u.a. aus, es gebe keine Rechtsgrundlage dafür, dass ein Arzt gezwungen sei, über Sprechstundenbedarf zu verordnen. Nochmals sei auf die Reinraumbedingungen hinzuweisen. Dies müsse sowohl für toxische, als auch für nicht toxische Substanzen gelten. Bei nicht toxischen Substanzen entfalle zwar der Personenschutz, nicht jedoch der Produktschutz. Bereits kleine Fehler könnten zu einer Kontamination führen, mit der Folge, dass das Medikament unwirksam werde. Der in der mündlichen Verhandlung anwesende Apotheker, von dem der Kläger die Onkologika bezog bzw. bezieht, übergab dem Gericht ein Geheft über die Herstellungsschritte bei der Herstellung einer Herceptin-Infusion. Es sei ein Zeitaufwand von ca. 47 Minuten notwendig, um eine Herceptin-Infusion herzustellen.
Dies bezweifelte der ebenfalls anwesende Beratungsapotheker der beigeladenen AOK bzw. der Klägerin. Er gehe vielmehr von lediglich 20 Minuten Herstellungsdauer aus, bei anderen nicht toxischen Substanzen bewege sich die Herstellungsdauer im Minutenbereich. Von der beigeladenen Krankenkasse wurde schließlich auch die Auffassung vertreten, der Kläger sei berechtigt, die Ziffer 8655 zum Ansatz zu bringen. Es handle sich hierbei um eine Komplexziffer, so dass ein entsprechender räumlicher, apparativer und personeller Aufwand hiermit abgegolten sei.
Was die Prüfanträge betreffe, so seien diese nicht unzulässig. In diesem Zusammenhang werde auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 27.6.2001, Az.: B 6 KA 66/00 R, hingewiesen.
Die mündliche Verhandlung vom 28.9.2006 wurde vertagt.
Im Anschluss daran wurde seitens des Gerichts eine Auskunft beim Krankenhausapotheker der Krankenhausapotheke des Klinikums Rechts der Isar der Technischen Universität München eingeholt. Unter Hinweis auf ein gemeinsames Positionspapier führte der Krankenhausapotheker mit Schreiben vom 25.11.2006 aus, auch bei der Herstellung von nicht toxischen in der Onkologie verwendeten Substanzen sei ein Patientenschutz durch das Produkt und durch die Dokumentation zu beachten. Für den Einsatz von Zytostatika komme es darüber hinaus auf die Personalsicherheit an. Die Herstellung von Zytostatika und monoklonalen Antikörpern betrage ca. 30 Minuten, ansonsten sei bei den übrigen Onkologika von einer Herstellungsdauer zwischen 5 bis 10 Minuten auszugehen. Der Krankenhausapotheker machte auf die notwendigen Reinraumbedingungen aufmerksam. Notwendig seien eine Sicherheitswerkbank, ein Luftfilter und entsprechend geschultes Personal.
Hierzu nahm die beigeladene Krankenkasse bzw. Klägerin Stellung. Sie machte darauf aufmerksam, dass das Auskunftsersuchen bei einem Krankenhausapotheker eventuell durch einen Interessenkonflikt belastet sei. Die stationäre Situation im Zusammenhang mit einer Krankenhaus-Apotheke sei nicht ohne weiteres auf die ambulante Versorgung übertragbar (Schreiben der AOK vom 21.11.2006). In einem weiteren Schreiben vom 4.12.2006 wurde seitens der beigeladenen Krankenkasse bzw. Klägerin die Auffassung bekräftigt, der Bezug von onkologischen Arzneimitteln sei als Sprechstundenbedarf zulässig. Insbesondere sei der Bezug von Arzneimitteln für den sog. Sprechstundenbedarf und die Anwendung dieser Arzneimittel durch den Arzt an den eigenen Patienten gesetzlich nicht eingeschränkt und könne daher auch im Rahmen von Sprechstundenbedarfsvereinbarungen vorgenommen werden. Mit den Sprechstundenbedarfsvereinbarungen werde lediglich die Frage des Abrechnungsweges geregelt.
In der mündlichen Verhandlung am 6.12.2006 war ein Apotheker der Beigeladenen zu 1) anwesend. Er führte u.a. aus, es sei eine Dreiteilung (Zytostatika-Antikörper - restliche in der Onkologie eingesetzte Stoffe einschließlich Diphosphonate) geboten. Diese Dreiteilung werde von einer zeitlichen und fachlichen Komponente überlagert. So seien bei der Herstellung von Zytostatika Sicherheitswerkbänke notwendig, bei der Herstellung von Antikörpern seien jedenfalls nach den Fachinformationen keine Werkbänke, aber geeignete aseptische Verfahren notwendig. Mit der Herstellung von monoklonalen Antikörpern gehe ein relativ großer zeitlicher Aufwand einher. Auch gelte es, ein mikrobiologisches Wachstum zu verhindern (Proteinlösung!). Bei dem Rest der zur Anwendung kommenden Medikamente handle es sich um fertige Arzneiprodukte, die mehrfach in der ärztlichen Praxis, nicht nur von Onkologen, angewendet würden. Im Übrigen teilte er mit, er sei am Zustandekommen der Protokollnotiz beteiligt gewesen. Absicht sei gewesen, Schwerpunktpraxen die Möglichkeit einzuräumen, aus Wirtschaftlichkeitsgründen Zytostatika über PC-Bedarf zu beziehen und den Verwurf zu minimieren. Eine Verpflichtung, über PC-Bedarf zu verordnen, sei ausdrücklich nicht gewollt worden.
Dagegen betonte der Beratungsapotheker der beigeladenen Krankenkasse bzw. Klägerin, seines Erachtens habe die Wirtschaftlichkeit bei der Protokollnotiz im Vordergrund gestanden. Es gebe keine Freiwilligkeit zur Wirtschaftlichkeit.
Dem Gericht wurden im Laufe der Verfahren verschiedene Unterlagen vorgelegt, darunter Hinweise des Referats Arzneimittel der KBV mit der Überschrift "Zur Verarbeitung resp. Zubereitung von Folinsäure für die onkologische Anwendung" vom 20.2.2002, ein Gutachten des KC Onkologie über "die Verordnung von monoklonalen Antikörpern" vom 14.6.2004, ein Leitfaden des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz zum "Umgang mit Zytostatika", ein Aufsatz mit der Überschrift "Proteinogene Arzneimittel in der Onkologie", veröffentlicht in der Zeitschrift PZ Prisma, 13. Jahrgang 2006, Nr. 4, eine "Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels MabCampath der Firma Schering, ein Schreiben der Firma Roche vom 20.11.2006 zur Herstellung von Herceptin, ein Aufsatz in der Zeitschrift Ergo med 2/2003, Seiten 40 ff. mit der Überschrift "Zentralisierung der Zytostatika-Zubereitung", ein Gemeinsames Positionspapier der ABDA, der ADKA und des VFA vom 30.8.2005 zur Herstellung parenteraler Lösungen, insbesondere von Lösungen mit toxischem Potential sowie der Beschluss des Beschwerdeausschusses der Ärzte und Krankenkassen Hamburg vom 23. Februar 2006 zur Verordnung der Arzneimittel Aredia und Bondronat.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers stellte die Anträge aus dem Schriftsatz vom 5.10.2006.
Die Vertreterin der Beigeladenen zu 2) stellte den Antrag aus dem Schriftsatz vom 30.10.2006.
Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlungen waren die Beklagtenakten. Im Übrigen wird auf den sonstigen Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Sitzungsniederschriften vom 28.9.2006 und 6.12.2006 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die angefochtenen Bescheide des Beschwerdeausschusses sind rechtswidrig und verletzen den Kläger und die Klägerin (AOK Bayern: Verfahren S 38 KA 710/05 und S 38 KA 780/05) in seinen/ihren Rechten.
I. Formelle Rechtswidrigkeit
Die angefochtenen Bescheide leiden nämlich an einem formellen Mangel. Nach § 35 Abs. 1 SGB X ist ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.
Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V hat der Beschwerdeausschuss einen Beurteilungsspielraum und ein Ermessen. Die vom Beschwerdeausschuss abgegebenen Begründungen machen deutlich, dass gravierende Ermessensfehler vorliegen. So setzt sich der Beschwerdeausschuss in seinen Entscheidungsgründen zunächst mit der Zulässigkeit des Prüfantrages der Beigeladenen zu 2) auseinander und vertritt die Auffassung, dass der Antrag mangels Antragsbegründung unzulässig sei. Diese Auffassung ist - rechtlich gesehen - nicht mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 27.6.2001, Az.: B 6 KA 66/00 R) zu vereinbaren. Das BSG vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung dass das Gesetz einen formgebundenen, qualifizierten Prüfantrag nicht voraussetzt. Wenn also die Prüfvereinbarung eine Antragsbegründung erfordere, komme dieser Regelung keine materiell-rechtliche Bedeutung zu, sondern sei lediglich bloße Verfahrensvoraussetzung. Die Folge davon sei, dass die Prüfgremien kraft des in § 20 Abs. 1 SGB X normierten Untersuchungsgrundsatzes den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären und alle für den Einzelfall bedeutsamen Umstände zu berücksichtigen haben.
Konsequenterweise hätte der Beschwerdeausschuss angesichts der von ihm vertretenen Auffassung wegen Unzulässigkeit der Prüfanträge die Regresse im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung ablehnen müssen.
Stattdessen diskutiert er die Verordnungsfähigkeit von in der Onkologie eingesetzten Medikamenten und vertritt die Meinung, die Verordnung von Einzelrezeptionen und die Zubereitung durch die Apotheke aufgrund der geltenden Vorschriften könne bei toxischen Substanzen nicht beanstandet werden. Anders sei die Situation aber bei nicht toxischen Arzneimitteln. Hier sollten nur fertige Arzneimittel verordnet werden, welche im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot unter Beachtung der geltenden Richtlinien in Form von kostengünstigen Großgebinden als Sprechstundenbedarf zu beziehen seien. Letztendlich bleibt auch diesbezüglich unklar, ob es sich hierbei, also bei der Erörterung der Frage, welche Medikamente als Sprechstundenbedarf zulässigerweise verordnet werden können, um die tragenden Entscheidungsgründe handelt.
Vielmehr spricht das im Anschluss daran vorgenommene Abstellen auf die Gesamtunwirtschaftlichkeit nach § 12 Abs. 1 SGB V dafür, dass die Frage der Gesamtunwirtschaftlichkeit als der ausschließlich tragende Grund anzusehen ist. Warum eine Gesamtunwirtschaftlichkeit vorliegen soll, erschließt sich jedoch nicht aus den Entscheidungsgründen. Insofern liegt ein klares Begründungsdefizit nach § 35 Abs. 1 SGB X vor. Die Bescheide vermitteln den Eindruck, dass sich der Beschwerdeausschuss im Ergebnis nicht festlegen wollte, ob und welche Arzneimittel, die in der Onkologie eingesetzt werden, zum Sprechstundenbedarf zu rechnen sind bzw. über Einzelrezepte verordnet werden müssen. Das Abstellen der Begründung ohne die erforderlichen näheren Ausführungen auf die Gesamtunwirtschaftlichkeit legt den Verdacht nahe, dass der Beschwerdeausschuss um jeden Preis den Rechtsfrieden auch durch Wahl der mildesten Wirtschaftlichkeitsprüfungsmaßnahme, nämlich des Ausspruchs einer "schriftlichen Beratung" wieder herstellen wollte. Letzteres ist aber, wie sich aus der Fülle der Verfahren ergibt, nicht gelungen.
Aus den genannten Gründen sind die Bescheide als rechtswidrig anzusehen und war zu entscheiden, wie geschehen. In einer neuerlichen Entscheidung wird der Beklagte keine Möglichkeit haben, sich einer umfassenden Erörterung der mit den Verfahren aufgeworfenen Rechtsfragen (Abgrenzung Sprechstundenbedarf zur Einzelverordnung; eventuelle Differenzierung bei den in der Onkologie eingesetzten Mittel; Prüfung der Wirtschaftlichkeit) zu verschließen.
II. Hinweise zur materiellen Rechtsfrage
Deshalb und weil dem Vernehmen nach noch zahlreiche andere Verfahren mit der gleichen Problematik zu behandeln sind, erscheint es tunlich, dass das Gericht nicht lediglich die formelle Seite der Bescheide überprüft, sondern dass sich in den Entscheidungsgründen auch Hinweise zur materiellen Rechtslage finden. Dabei handelt es sich selbstverständlich um den Sach-, Rechts- und Kenntnisstand, wie er sich für die 38. Kammer des Sozialgerichts München zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung darstellt, was eine spätere eventuell andere und divergierende Beurteilung in Verfahren, wo es entscheidend auf die materielle Rechtslage ankommt, nicht ausschließt.
Ausgangspunkt der Überlegungen im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Mittel dem PC-Bedarf zuzurechnen ist oder einzeln zu verordnen ist, ist die Sprechstundenbedarfsvereinbarung vom 1. April 1999. In ständiger Rechtsprechung der Sozialgerichte wird die Auffassung vertreten, dass Vorschriften der Sprechstundenbedarfsvereinbarung dem Wortlaut entsprechend eng auszu- legen und nur in einem sehr begrenzten Maße einer (erweiternden) Auslegung zugänglich sind, da damit von dem Grundsatz abgewichen wird, dass Medikamentenverordnungen patientenbezogen zu erfolgen haben (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.2.2003, Az.: L 11 KA 35/00). Der jeweilige Arzt soll nicht die Aufgaben eines Apothekers wahrnehmen.
Zu den allgemeinen Grundsätzen gehört auch, dass es keine beliebige Austauschbarkeit von Einzelverordnungen und Verordnungen über den Sprechstundenbedarf gibt. Dies hat insbesondere damit zu tun, dass Kosten des Sprechstundenbedarfs, den alle Vertragsärzte im Bezirk jeder KV zu Lasten einer einzigen, gesamtvertraglich bestimmten Krankenkasse ohne Bezug zu den einzelnen Patienten verordnen, nach einem bestimmten Schlüssel von allen Krankenkassen getragen werden. Dagegen fallen die Kosten für Einzelverordnungen nur bei denjenigen Krankenkassen an, bei denen der jeweilige Patient versichert ist. Entscheidend ist weiter, dass durch Sprechstundenbedarfvereinbarungen eine Transparenz in der Form angestrebt wird, dass Klarheit geschaffen werden soll, was "allgemeiner Bedarf" und was "individueller Bedarf" ist (vgl. BSG, Beschluss vom 31.5.2006, Az.: B 6 KA 10/06 B; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.12.2005, Az.: L 11 KA 44/05).
Konkret findet sich in Abschn. III 1 eine Legaldefinition zum Sprechstundenbedarf. Danach gelten als Sprechstundenbedarf nur solche Mittel, die ihrer Art nach bei mehr als einem Berechtigten im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung angewendet werden oder bei Notfällen für mehr als einem Berechtigten zur Verfügung stehen müssen. Außerdem ist in III 1 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung geregelt, dass bei der Anforderung von Sprechstundenbedarf die Anlage zu dieser Vereinbarung zu beachten sei. In Anlage zu Abschn. III.1 Buchst. e ist ausdrücklich ausgeführt, dass "Zytostatika, Metastasenhemmer und Diphosphonate" als Sprechstundenbedarf nicht verordnungsfähig sind.
Zur Frage der Verordnungsfähigkeit von Zytostatika, Metastasenhemmer und Disphosphonaten äußert sich auch die Protokollnotiz zu Abschn. III.1 wie folgt: "Zytostatika, Metastasenhemmer und Disphosphonate sind grundsätzlich vom Bezug als Sprechstundenbedarf ausgeschlossen und auf Einzelrezept auf den Namen des Patienten zu verordnen. Abweichend davon wird onkologischen Schwerpunktpraxen gestattet, Arzneimittel dieser Präparategruppen als Sprechstundenbedarf zu verordnen, um einen wirtschaftlichen Bezug sowie einen wirtschaftlichen Verbrauch im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung im Sinne von Abschn. IV der Sprechstundenbedarfvereinbarung zu ermöglichen."
Zunächst ist die Protokollnotiz zu III.1 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung entgegen der Auffassung der Kassenseite nicht im Sinne einer Verpflichtung onkologischer Praxen auszulegen. Dies ergibt sich nicht nur aus dem klaren Wortlaut ("Gestattung" und nicht "Verpflichtung") in der Protokollnotiz zu III.1, sondern auch aus den Ausführungen des in der mündlichen Verhandlung am 6.12.2006 anwesenden Apothekers der Beigeladenen zu 1). Danach gab dieser bekannt, er sei am Zustandekommen der Protokollnotiz beteiligt gewesen. Absicht sei es gewesen, Schwerpunktpraxen die Möglichkeit einzuräumen, aus Wirtschaftlichkeitsgründen Zytostatika über PC-Bedarf zu beziehen und den Verwurf zu minimieren. Eine Verpflichtung, über PC-Bedarf zu verordnen, sei ausdrücklich nicht gewollt worden. Die Protokollnotiz stellt auch keine Rechtsgrundlage dafür dar, das zunächst bestehende grundsätzliche Verordnungsverbot als PC-Bedarf ins Gegenteil zu verkehren.
Soweit die Kassenseite darauf aufmerksam macht, die stationäre Situation (Krankenkassenapotheke - Krankenhausabteilung) sei nicht ohne weiteres auf den ambulanten Bereich übertragbar, erscheint dies nicht nachvollziehbar. Abgesehen davon, dass hierfür keine sachlich einleuchtenden Gründe genannt werden, darf die Zubereitung der Onkologika im ambulanten Bereich nicht mit größeren Risiken für die Patienten als im stationären Bereich verbunden sein.
Eine gewisse rechtliche Problematik der "Protokollnotiz" besteht aber darin, dass durch die "Gestattung" die geforderte Transparenz zwischen Sprechstundenbedarf einerseits und Einzelverordnung andererseits aufgehoben wird. Ferner entsteht der Eindruck, dass auf diese Weise Sprechstundenbedarf und Einzelverordnungen austauschbar sind. Denn hierdurch gibt es nunmehr - zumindest nach dem Wortlaut - drei Konstellationen. Ärzte, die Zytostatika, Metastasenhemmer und Diphosphonate verordnen, nicht jedoch zu den Schwerpunktpraxen zählen, können die genannten Medikamente nur auf Einzelrezept verordnen. Weiter gibt es onkologische Schwerpunktpraxen, die von der Gestattung in der Protokollnotiz zu Abschn. III.1 nicht Gebrauch machen und, sich berufend auf III.1 e der Sprechstundenbedarfvereinbarung Zytostatika, Metastasenhemmer und Disphosphonate wie der Kläger auf den Namen des Patienten verordnen. Weiter gibt es eine Gruppe von onkologischen Schwerpunktpraxen, die von der Gestattung in der Protokollnotiz Abschn. III.1 Gebrauch macht und Zytostatika, Metastasenhemmer und Disphosphonate als Sprechstundenbedarf verordnen. Des Weiteren gibt es sonstige, in der Onkologie eingesetzte Mittel, die sich als Fertigarzneimittel auf dem Markt befinden, und bei denen eine Verordnung über PC-Bedarf nicht problematisch erscheint.
Die zunächst gegen die Protokollnotiz zu Anlage III.1 erhobenen Bedenken müssen jedoch dann zurückstehen, wenn es gilt, dem übergeordneten Grundsatz der "Wirtschaftlichkeit", wie er in § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V zum Ausdruck kommt, Rechnung zu tragen. § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V besagt, dass die Versorgung der Versicherten ausreichend und zweckmäßig sein muss, das Maß des Notwendigen nicht übersteigen darf und in der fachlich gebotenen Qualität wirtschaftlich erbracht werden muss. Im Grunde genommen ist die Protokollnotiz zu III.1 nichts anderes als eine Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsgebotes im Sinne von § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V, beschränkt auf onkologische Schwerpunktpraxen.
Das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V und in Konkretisierung die Protokollnotiz zu III.1 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung haben jedoch nach Auffassung des Gerichts dann keine Bedeutung für den Behandler und sind von diesem nicht zu beachten, wenn der therapeutische Nutzen bei der Verordnung auf Einzelrezept ein höherer ist. In diesem Fall sind höhere Kosten unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit in Kauf zu nehmen (vgl. Buchstabe D Nr. 12 der Arzneimittel-Richtlinien und die Entscheidung des Beschwerdeausschusses der Ärzte und Krankenkassen Hamburg vom 23.2.2006 zum Regress der Arzneimittel Aredia und Brondronat).
In Anwendung der oben dargestellten Grundsätze auf die streit- gegenständlichen Fälle würde dies folgendes bedeuten:
Da der Kläger unstrittig eine onkologische Schwerpunktpraxis betreibt, gilt für ihn grundsätzlich die Protokollnotiz III.1 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung. Je nachdem, ob es sich Zytostatika, Metastasenhemmer, Diphosphonate oder sonstige im Rahmen der onkologischen Behandlung verwendete Mittel handelt, ist zu differenzieren. Sämtliche strittigen Mittel sind solche, die grundsätzlich für mehr als einen Berechtigten zur Verfügung stehen müssen, wobei die abschließende Zubereitung zumindest bei Zytostatika, monoklonalen Antikörpern und Diphosphonaten patientenindividuell zu erfolgen hat.
Gegen die Verordnung von Zytostatika auf Einzelrezept und nicht über PC-Bedarf bestehen keine rechtlichen Bedenken. Denn bei Zytostatika handelt es sich um toxische Substanzen. Wie sich aus den in die Verfahren eingeführten Darstellungen (Zentralisierung der Zytostatika-Zubereitung, veröffentlicht in Ergo Med 2/203; gemeinsames Positionspapier der ABDA, der ADKA und des VFA vom 30.8.2005 zur Herstellung parenteraler Lösungen, insbesondere von Lösungen mit toxischem Potential; Umgang mit Zytostatika, ein Leitfaden für die Praxis des Bayer. Staatsministeriums für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz, 2. aktualisierte Auflage; schriftliche Äußerung des Krankenhausapothekers R.B. vom 25.11.2006; mündliche Äußerung des Apothekers der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung vom 6.12.2006) ergibt, steht bei der Herstellung von Zytostatika die Patientensicherheit durch das Produkt, die Patientensicherheit durch Dokumentation und die Personalsicherheit durch Training und Ausstattung im Vordergrund. Patientensicherheit ist insbesondere deshalb zu gewährleisten, weil bei vielen Tumorpatienten die Immunabwehr eingeschränkt und deshalb die Sterilität des applizierten Arzneimittels von eminenter Wichtigkeit ist, sollen die Patienten nicht einer zusätzlichen Gefährdung ausgesetzt werden. Konkret bedeutet dies, dass die Herstellung unter Reinraumbedingungen (Klasse A in B oder C) zu erfolgen hat. Erforderlich ist auch eine Sicherheitswerkbank mit laminarer Luftführung oder einem Isolator. Personalschutz bedeutet, dass das Personal in der Zubereitung von Zytostatika geschult und mit entsprechender Schutzkleidung während des Herstellungsvorgangs ausgestattet ist. Die Zubereitung von Zytostatika beträgt ca. 30 Minuten. Aus dem Leitfaden des Bayer. Staatsministeriums für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz ergibt sich ferner, dass Zytostatika für jeden Patienten individuell und wegen der geringen Haltbarkeit in der Regel zeitnah zubereitet werden müssen. Daraus erklären sich auch die qualitätssichernden Maßnahmen wie z.B. die Zubereitung unter Reinraumbedingungen. Dies wird auch durch die Aussage des Apothekers der Beigeladenen zu 1) bestätigt. Er weist auf die zeitliche und fachliche Komponente hin.
Nicht zuletzt aufgrund des Patientenschutzes, mit dem die erhöhten Qualitätsanforderungen einhergehen, sind höhere Kosten unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit in Kauf zu nehmen, da davon auszugehen ist, dass der therapeutische Nutzen ein höherer ist. Hinzu kommt, dass auch einer onkologischen Schwerpunktpraxis nicht zuzumuten ist, personell und ausstattungsmäßig so aufzurüsten, dass die vorgenannten Qualitätsanforderungen erfüllt werden.
Soweit die Beigeladene zu 2) in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die Abrechnungsmöglichkeit der GOP 8655 die Auffassung vertritt, es handle sich hierbei um eine Komplexziffer, weshalb Onkologen zumutbar sei, die Zubereitung von Zytostatika in der eigenen Praxis vorzunehmen, ist dem nicht zu folgen. Bekanntlich ist nämlich nicht unumstritten, ob es sich tatsächlich um eine Komplexziffer handelt. Selbst wenn dies zu bejahen wäre, ist daraus nicht automatisch zu folgern, dass von dem Leistungsinhalt dieser Ziffer auch die Herstellung von Zytostatika erfasst ist. Der Umstand, dass eine INN-Vereinbarung (International Non-Propritary Name) rückwirkend ab dem 1.7.2006 zwischen der KVB und allen gesetzlichen Krankenassen geschlossen wurde, spricht vielmehr für das Gegenteil. Ärzte, die an der INN-Vereinbarung teilnehmen (Teilnahme ist freiwillig), erhalten u.a. Pauschalen für die Bereitstellung von gebrauchsfertigen monoklonalen Antikörpern und von gebrauchsfertigen Zytostatika. Wäre die "Zubereitung" durch die GOP 8655 (jetzt III. arztgruppenspezifische Leistungen 13.3.4 EBM 2000 plus) mit erfasst, hätte es der INN-Vereinbarung überhaupt nicht bedurft.
Deshalb ist nicht zu beanstanden, wenn der Kläger von der Möglichkeit der "Gestattung" im Sinne der Protokollnotiz zu III.1 nicht Gebrauch macht und stattdessen die Zytostatika bezogen auf den einzelnen Patienten auf Rezept verordnet.
Im Ergebnis, nichts anderes gilt auch für sog. monoklonale Antikörper. Wie sich aus den in das Verfahren eingeführten Darstellungen (Proteinogene Arzneimittel in der Onkologie, veröffentlicht in PZ Prisma, 13. Jahrgang 2006; ADKA-Statement: aseptische Herstellung applikationsfertiger Zubereitung von monoklonalen Antikörpern für die Antitumortherapie in der Zeitschrift "Krankenhauspharmazie" Nr. 3, Jahrgang 2004; Arzneimittelinformation der Firma Schering zum Medikament MabCampath; schriftliche Äußerung des Krankenhaus-Apothekers R.B. vom 25.11.2006; Ausführungen des Apothekers der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung vom 6.12.2006) ergibt, sind auch bei der patientenindividuellen Zubereitung von monoklonalen Antikörpern die Patientensicherheit durch das Produkt und die Patientensicherheit durch Dokumentation zu beachten. Im Hinblick auf die eingeschränkte Immunabwehr der Patienten müssen auch bei der Herstellung von sog. monoklonalen Antikörpern aseptische Bedingungen vorherrschen und zwar insbesondere auch für die Dauer der Zubereitung, die wie bei den Zytostatika bei ca. 30 Minuten liegt. Hinzu kommt, dass nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft die Behandlung von Onkologiepatienten mit sog. Kombinations-Chemotherapien stattfindet, d.h. mit dem kombinierten, zeitgleichen Einsatz von Zytostatika und monoklonalen Antikörpern. Auch was die Herstellung von monoklonalen Antikörpern betrifft, sind den Onkologen ein personelles, apparatives und räumliches Aufrüsten, um den Qualitätsanforderungen zu entsprechen, nicht zuzumuten. Der in der mündlichen Verhandlung am 6.12.2006 anwesende Apotheker der Beigeladenen zu 1) wies darauf hin, dass auch mit der Herstellung von Antikörpern ein relativ großer zeitlicher Aufwand verbunden sei. Auch diesbezüglich gelte ein mikrobiologisches Wachstum zu verhindern (Proteinlösung!). Das Gericht geht daher auch bei den sog. monoklonalen Antikörpern von einem höheren therapeutischen Nutzen aus, wenn diese zentral in einer Apotheke zubereitet werden, so dass der Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit zurückzustehen hat. Dagegen gibt es keine eindeutige Aussage zur Personalsicherheit. Mehrheitlich wird offenbar davon ausgegangen, dass hier die Personalsicherheit anders zu beurteilen ist, wenngleich in dem Aufsatz "proteinogene Arzneimittel in der Onkologie" die Rede davon ist, dass eine reproduktionstoxische Wirkung nicht gänzlich auszuschließen sei.
Was das Gutachten des Kompetenzzentrums Onkologie zur "Verordnung von monoklonalen Antikörperpräparaten" vom 7.6.2004 betrifft, kann dieses nicht überzeugen. Darin wird die Auffassung vertreten, bei den monoklonalen Antikörperpräparaten handle es sich um verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel. Eine Verordnung der Substanzen als Rezepturarznei sei weder medizinisch begründet, noch wirtschaftlich.
Nach Auffassung des Gerichts wird in dem Gutachten übersehen, dass auch die Zubereitung von monoklonalen Antikörpern nicht nur patientenindividuell zu erfolgen hat, sondern auch mit wird der Notwendigkeit optimaler aseptischer Bedingungen bei der Zubereitung von monoklonalen Antikörpern zu wenig Gewicht beigemessen, wie auch der Tatsache, dass Zytostatika und monoklonale Antikörper häufig in Kombination gemeinsam verabreicht werden. Aber auch eine rechtliche Auseinandersetzung mit der Fragestellung, ob monoklonale Antikörper über PC-Bedarf verordnet werden können, findet in dem Gutachten nicht statt.
Anders zu beurteilen ist nach Auffassung des Gerichts allerdings die Verordnung von Diphosphonaten. Die Zubereitungsdauer ist deutlich kürzer als bei der Herstellung von Zytostatika und monoklonalen Antikörpern. Sie beträgt nämlich lediglich ca. 5 Minuten. Für die Einordnung als Sprechstundenbedarf spricht auch, dass es sich hierbei um sog. Fertigarzneiprodukte handelt, die mehrfach in der ärztlichen Praxis, nicht nur von Onkologen nach der Aussage des Apothekers der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung vom 6.12.2006, eingesetzt werden. Nicht gefolgt werden kann dabei der Auffassung der KBV in ihrem Rundschreiben vom 20.2.2002 zur "Folinsäure" und dem Beschluss des Beschwerdeausschusses Hamburg, Verordnung von Aredia und Bonat, die beide unter Hinweis auf die Notwendigkeit aseptischer Bedingungen eine Zuordnung zum Sprechstundenbedarf verneinen.
Denn die Gefährdung unter dem Aspekt des Patientenschutzes ist bei der doch wesentlich geringen Herstellungsdauer gegenüber Zytostatikazubereitungen und monoklonalen Antikörpern wesentlich geringer. Ein höherer therapeutischer Nutzen, der höhere Kosten rechtfertigen würde, ist nicht zu erkennen. Deshalb ist grundsätzlich der Wirtschaftlichkeitsaspekt im Sinne von § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V zu beachten. Die "Gestattung" in der Protokollnotiz zu III.1 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung ist diesbezüglich grundsätzlich als Verpflichtung zu verstehen.
Erforderlich ist jedoch, dass die Verordnung von Diphosphonaten über PC-Bedarf wirklich kostengünstiger ist, als die Verordnung auf Einzelrezept auf den Namen des Patienten. Den Nachweis ist der Beklagte, die beigeladene Krankenkasse bzw. klagende Krankenkasse bislang schuldig geblieben. Sollte ein Nachweis nicht zu führen sein, hat der Onkologe die Wahl zwischen dem Sprechstundenberdarf und der Einzelverordnung.
Sonstige in der Onkologie eingesetzte Medikamente unterfallen weder der Anlage III.1 noch der Protokollnotiz zu III.1 zur Sprechstundenbedarfsvereinbarung. Diese sind Fertigarzneimittel und als PC-Bedarf zu verordnen.
Es mag wünschenswert erscheinen (vgl. ADKA-Statement in Krankenhauspharmazie Nr. 3, 2004), sämtliche in der Onkologie eingesetzten Medikamente zentral von der Apotheke zu beziehen. Hierbei darf sicherlich nicht gänzlich außer Acht gelassen werden, dass auch die pekuniären Interessen von interessierter Seite eine Rolle spielen könnten. Es ist jedoch nicht alles wirtschaftlich, was wünschenswert ist.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die mehrfach geäußerte gänzlich restriktive Auffassung der Beigeladenen zu 2) bzw. der Klägerin in den Verfahren unter den Az.: S 38 KA 710/05 und S 38 KA 780/05 erstaunt, zumal sich diese im Schreiben vom 24.11.2003 dahin geäußert hat, dass nach dem zur Zeit bestehenden Apothekenrecht ein preiswerter PC-Bezug nicht realisierbar erscheint, so dass gegenüber der Einzelverordnung keine Einsparungen vorlägen. Des weiteren wird in den genannten Schreiben ausgeführt, es werde darum gebeten, die Vertragsärzte darauf hinzuweisen, dass ab dem 1.1.2004 nur noch Einzelverordnungen auf den Namen des Versicherten und dem jeweils zuständigen Kostenträger ausgestellt werden. Es ist nämlich nicht ersichtlich, warum für die streitbefangenen Quartale etwas anderes gelten sollte.
Aus den genannten Gründen war zu entscheiden wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 VwGO.
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