S 30 R 1447/15

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
30
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 30 R 1447/15
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 5152/16
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung der Bescheide vom 14.11.2014 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 10.06.2015 zu der bescheids-mäßigen Feststellung verurteilt, dass der Kläger seine Aufgaben für die Beigeladene von 02.01.2014 bis 31.07.2016 in selbständiger Tätigkeit erbracht hat.

II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Beigeladenen zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist der versicherungsrechtliche Status des Klägers. Der am XX.XX. 1981 geborene Kläger beantragte am 22.01.2014 bei der Beklagten, sei-nen versicherungsrechtlichen Status im Hinblick auf seine Tätigkeit im "Projektmanage-ment Internet" für zunächst nicht näher bezeichnete Aufgabenpakete mit eigener Preisge-staltung, eigener Büroausstattung und entsprechendem Kapitaleinsatz bei einem Unter-nehmen C. in der Zeit von 02.01.2014 bis 30.09.2014 festzustellen. Das Enddatum wurde später auf den 31.07.2014 berichtigt. Der Antrag zielte auf die Bestätigung einer selbstständigen Tätigkeit. Zur Bekräftigung dieses Begehrens wurde auf fehlende Vorgaben zu Arbeits- und Anwesenheitszeiten, die freie Wahl des Arbeitsortes vollständig außerhalb der Geschäftsräume des Auftraggebers sowie die eigene Werbung des Auftragnehmers, seine eigene Preisgestaltung und seine eigene Büroaus-stattung verwiesen. Ein Vertrag über selbstständige Mitarbeit für die Zeit ab 02.01.2014 enthielt Regelungen dieser Art und bezeichnete das Tätigkeitsfeld als Projektmanagement. Hierfür war als Entgelt ein Stundensatz von EUR 40,00 vereinbart. Der Auftraggeber behielt sich jeder-zeitige Änderungen der Aufgabenstellung und Leistungsbeschreibung vor. Die Geheim-haltung tätigkeitsbezogen erlangter Informationen hatte im Vertragswerk einen bedeuten-den Raum. Vereinbart war auch ein Konkurrenzverbot. Urlaub und andere Ausfälle unter-lagen einer Pflicht zu vorheriger Mitteilung und Abstimmung. Aus dem Vertrag ging hervor, dass es um Produkte für die Firma D. als Endabnehmer ging. Die Tätigkeiten waren in einer Anlage spezifiziert, aus der hervorging, dass es offenkundig ausschließlich um Produkte im digitalen Bereich abseits jeder Warenproduktion und abseits jedes persönli-chen Auftritts ging. Der Kläger hatte auch andere Auftraggeber. Am 27.01.2014 stellte die Beklagte dem Kläger 21 und der Firma C. 20 Fragen zu den Bedingungen der Leistungserbringung durch den Kläger. Thematisiert wurden u.a. die Methode der Beauftragung, die Details der Tätigkeit, der Kapitaleinsatz durch den Kläger, sein persönlicher Einsatz und der Einsatz von Hilfskräften, die Weisungsbefugnis, der Tätigkeitsort, die Formalien der Abrechnung, die Arbeitszeiten und der Umfang der Arbeit, die Bestimmung einer Ersatzkraft bei Verhinderung des Klägers, die Dokumentation der Arbeit und die Besprechungen über die Projekte.

Die Antwort vom 18.02.2014 beschrieb die Tätigkeiten als - Projektmanagement Internet und Bearbeitung von Teilprojekten, - Dokumentation der Anforderungen aus der Fachabteilung inklusive Methodik und Prozess, - Erstellung Spezifikationen und Seitenstrukturen, - Ausarbeiten und Controlling der Time Lines, - aufbereiten von Informationen in PowerPoint, - Organisation/Koordination/Kommunikation zwischen zentraler Entwicklungsumge-bung, Internet-Agenturen, IT-Dienstleister, Redakteuren und Online-Design-Manager, - Contentpflege im Content Management System, - Testing von Applikationen, - Bugreporting im Ticketsystem.

Nicht überraschend reagierte die Beklagte mit einer Rückfrage nach einer für Außenste-hende verständlichen Beschreibung der Tätigkeit. Am 21.05.2014 wurde diese mit dem Beispiel der Erarbeitung eines Internet-Gewinnspiels erläutert. Hierbei wurde deutlich, dass der Arbeitsweise des Klägers in hohem Maße kommunizierender Natur war. Zwischenzeitlich kam es am 10.06.2014 zur Einstellung des Verfahrens mangels ausrei-chender Klärung. Auf Widerspruch vom 17.06.2014 vom Kläger und vom 01.07.2014 von C-Firma hin unter Beifügung von Unterlagen und zahlreiche Rechnungen wurde das Ver-fahren fortgesetzt. Am 09.07.2014 verlangte die Beklagte eine noch weitergehende Detaillierung. In seiner Erwiderung vom 28.07.2014 berichtete der Kläger über die Bearbeitung von Projekten, die grundsätzlich etwas mit dem Internetauftritt eines Kunden der C. zu tun haben. Zu Pro-jektbeginn sei seine Aufgabe, die Anforderungen des Kunden zu verstehen und zusammen mit den relevanten Beteiligten zu dokumentieren. In dieser Phase würden Ablauf- und Terminpläne entstehen. Im Projektverlauf habe er Zeit, Kosten, Qualität und Umsetzung zu überwachen und mit steuernden Maßnahmen zu begleiten. Im Rahmen des Pro-jektabschlusses sei dann beispielsweise das Internet-Gewinnspiel online zu stellen. Nach Mitteilung an den Auftraggeber und dessen Abnahme sei das Projekt abgeschlossen. Kein Projekt gleiche dem anderen, so dass der Projektalltag nicht im vornherein planbar sei. In Abhängigkeit vom spezifischen Produkt gestalte er mithilfe sämtlicher Kommunikationsmittel das Projektmanagement. Für seinen Arbeitstag gebe es keine geregelten Abläufe. Die projektbeeinflussenden Ereignisse jeden Tages würden eine tagtäglich eigenständige Reaktion fordern. Als klassische Projektmanager sei er nicht in die Linienorganisation eingebunden. Er habe lediglich die Möglichkeit, mit fachlichen Argumenten zu überzeugen. Die tatsächliche Entscheidung über die Durchführung vorge-legter Vorschläge obliege den verantwortlichen Personen.

Am 14.10.2014 hörte die Beklagte den Kläger und die Beigeladene zu ihrer Absicht an, für den Kläger das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses mit der Folge der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und im Recht der Arbeitsförderung, nicht aber in der Kranken- und Pflegeversicherung festzustellen. Merkmale für die abhängige Beschäftigung seien die ausschließlich persönliche Leistungserbringung, die Bestimmung des Tätigkeitsorts nach den Bedürfnissen der Kunden bzw. des Auftraggebers, die Pflicht zur Einhaltung fachlicher Vorgaben des Auftraggebers, die projektbezogene Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des Auftraggebers bzw. deren Kunden, die feste Vergütung in Form eines Stundenlohns, das Wettbewerbsverbot, die Indienstnahme des Klägers zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen der C. gegenüber D. und die Un-terordnung des Klägers. Gegenvorstellungen stellten die Tätigkeit des Klägers in einen von D. vorgegebenen wei-ten Rahmen. Es bestehe keine Eingliederung in eine Arbeitsorganisation. Der Tätigkeitsort sei räumlich und geographisch nicht fixiert. Es würden keine fachlichen Vorgaben erteilt. Der Kläger bestimme selbst über Urlaubs- und Krankheitszeiten. Das Konkurrenzverbot betreffe nur Tätigkeiten für zwei unmittelbare Mitbewerber von D ... Mit Bescheiden vom 14.11.2014 an Kläger und Beigeladene stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seine am 02.01.2014 aufgenommene Tätigkeit in abhängiger Beschäftigung ausübe und damit der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und im Recht der Arbeitsförderung unterliege. Zur Begründung wiederholte sie fast wortgleich die Argumente aus der Anhörung. Eine Auseinandersetzung mit den Gegenvorstellungen aus dem Anhörungsverfahren ist nicht erkennbar. Die Beklagte hielt an der Bedeutung der Merk-male eines fehlenden Kapitaleinsatzes, eines angeblichen Direktionsrechts und einer behaupteten Eingliederung des Klägers in den Betrieb des Auftraggebers fest. Der Widerspruch des Klägers warf der Beklagten eine Ermessensunterschreitung vor. Er wurde mit Widerspruchsbescheiden vom 10.06.2015 zurückgewiesen. Die Klage hiergegen hält an der Argumentation zur Selbstständigkeit des Klägers fest. Mit ausführlichem Hinweis auf eine Rechtsprechung u.a. zu kurzen Vertragsverhältnissen unter den Vorgaben eines Rahmenvertrages in Abgrenzung zur unständigen Beschäfti-gung bestritt sie eine Eingliederung des Klägers in den Betrieb des Auftraggebers und dessen Weisungsbefugnis gegenüber dem Kläger. Die Klage zitierte auch Anerkenntnisse, die in Parallelverfahren vor anderen Kammern des Sozialgerichts München erzielt worden seien.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 14.11.2014 in der Gestalt der Wi-derspruchsbescheide vom 10.06.2015 zu der Feststellung zu verurteilen, dass er seine Aufgaben bei der Beigeladenen für die Zeit vom 02.01.2014 bis 31.07.2014 in selbstständiger Tätigkeit erbracht hat.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat die Akten der Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte sowie auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage wurde nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsverfahrens form- und fristgerecht beim zuständigen Gericht erhoben. Gegenstand der Über-prüfung nach zulässiger Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist jedoch nicht wie im Widerspruchsverfahren vorgetragen eine mangelhafte Ermessensausübung seitens der Beklagten, da es sich vorliegend ausschließlich um Angelegenheiten der Sachverhaltser-mittlung handelt, in deren Ergebnis zwingendes Recht der Versicherungspflicht ohne Ermessensspielraum anzuwenden ist. Die Klage ist in der Sache offenkundig begründet. § 7 a Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch IV (SGB IV) ermöglicht ein Anfrageverfahren über die Frage einer strittigen Beschäftigung in Abgrenzung zu einer selbstständigen Tätigkeit. Abs. 1 S. 3 der Vorschrift begründet eine bundesweite Sonderzuständigkeit der Beklagten für entsprechende Statusfeststellungen. Nach Abs. 2 der Vorschrift entscheidet die Beklagte aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt. Unerlässlich ist die Abwägung, in welchem Maße die erbrachte Leistung selbstgestaltet oder vor- und fremdbestimmt ist, inwieweit sie spezifischer Ausfluss eines eigenen unter-nehmerischen Profils oder aber austauschbare und standardisierte Abfolge vorgegebener Arbeitsschritte ist. Je enger und schematischer das Spektrum der zu erfüllenden Aufgaben ist und je selbstverständlicher die herangezogene Dienstleistungskraft austauschbar ist, umso weniger ist ein unternehmerisches Profil als Grundlage einer Selbstständigkeit beschreibbar.

Die erkennende Kammer hatte und hat immer wieder unter dem Aspekt der Statusfest-stellung die Position von Taxifahrern, LKW-Fahrern, Busfahrern, Bedienern von Bau- und Forstwirtschaftsmaschinen, Hausmeistern, Buchhaltungskräften, Teilzeitpflegekräften usw. zu beurteilen, von denen jeweils nur der Nachweis des entsprechenden Führer-scheins oder der formalen beruflichen Qualifikation gefordert wird und die bei der Erfüllung ihrer Aufgaben weder irgendeinen nennenswerten zeitlichen und inhaltlichen Spielraum noch auch nur die rechtliche Befugnis zu irgendeiner kreativen Ausgestaltung ihrer Dienstleistung haben. Dass ein mit fremdem Fahrzeug arbeitender Kurierdienstfahrer seine Fahrtrouten selbst bestimmen kann und dass sich der Hausmeister eines Grundbe-standes eigenen Werkzeugs bedient, genügt zur Anerkennung einer Selbstständigkeit nicht. Vorliegend ist jedoch sehr ausführlich und sorgfältig dargelegt und auch unschwer erkennbar, dass die Dienstleistung des Klägers ausgesprochen hochwertig, spezialisiert und individualisiert war. Er wurde offenkundig genau wegen eines bei der Beigeladenen bekannten Profils persönlicher und fachlicher Eigenschaften für genau die Aufträge herangezogen, bei denen er unter allen Aspekten von Zuverlässigkeit und Schnelligkeit die besten Ergebnisse garantieren und die Risiken minimieren konnte. Seine fachliche Souveränität gab er keineswegs mit der Öffnung einer entsprechenden Internetseite auf, sondern brachte diese auch gegenüber dem beauftragenden Subunternehmen und indirekt auch gegenüber D. zur Geltung. Mit irgendwelchen bei C-Firma erforderlich werdenden anderweitigen Arbeiten etwa in Vertretung dortigen Personals hatte er sich nicht zu befassen. Niemand kam auf den Gedanken, ihm entsprechende Aufträge zu erteilen. In der modernen Dienstleistungsgesellschaft ist es zur alltäglichen Erscheinung geworden, dass hoch qualifizierte Personen in einer extrem flexiblen Weise für mehrere Arbeitgeber oder Auftraggeber tätig werden. Der Arbeitsort kann abwechselnd der EDV-Arbeitsplatz zuhause, ein entsprechend ausgestatteter Raum des Auftraggebers, das Auto, der ICE oder das Flugzeug sein. Dem "Produkt" fehlen oftmals sowohl das klassische materielle Substrat eines Handwerks- oder Industrieerzeugnisses als auch das persönliche Element einer in körperlicher und geistiger Präsenz erbrachten Dienstleistung. Produziert wird vielmehr ein letztlich virtuelles Gebilde, bei dem es sich um eine Kommunikations-, Werbe-, Bestell- und Lieferungsstruktur zwischen dem Anbieter realer Waren und Dienstleistungen hier und der Kundschaft dort handeln kann, um eine Plattform für den politischen und gesellschaftlichen Nachrichten- und Meinungsaustausch oder um ein Spiel mit der Möglichkeit der Teilnahme von mobilen Geräten aus. Vertragsmäßig geschuldet kann beispielsweise sein die komplette digitale Dimension eines Wahlkampfs, die Popularisierung eine abseitigen Sportart mit der erhofften Folge des Massenkaufs entsprechender Geräte oder die von einem entsprechenden Ministerium in Auftrag gegebene Weckung des Bewusstseins für ein ökologisches Problem. Es liegt auf der Hand, dass der Anbieter solcher Programme und Strukturen keinen La-gerraum vorweisen kann, in dem werthaltige Gegenstände vorgewiesen werden könnten, und sei es auch nur eine CD oder DVD. Der Produzent von Programmen, Auftritten, Spie-len und Plattformen setzt auch kein Kapital ein, sondern verwertet ausschließlich Fähig-keiten, Erfahrungen und seine eigene Geschicklichkeit nicht zuletzt unter dem Aspekt der Schnelligkeit der Aufgabenerfüllung. Vorliegend bietet die Tätigkeit des Klägers geradezu das Idealbild einer solchen digitalen Arbeitstechnik im 21. Jahrhundert. Der Kläger hat wiederum ganz diesem Bild entspre-chend die Behauptungen der Beklagten über eine Fremdbestimmung von Arbeitsplatz, Arbeitszeit und Arbeitsweise geduldig widerlegt, ohne jedoch bei der Beklagten Gehör zu finden. Ort und Zeit der Leistungserbringung werden vorliegend gerade nicht vorgegeben. Die Beeinflussung des kreativen Prozesses des Klägers findet nicht in Gestalt von Wei-sungen statt, sondern in der Kommunikation auf Augenhöhe zwischen gleichberechtigten Partnern. Bekanntlich gibt auch der Eigentümer von Immobilien dem Gärtner, Anstreicher oder Installateur die Art und den Umfang seiner Tätigkeiten vor, ohne dass der Handwer-ker damit auch bei wochenlanger Inanspruchnahme in ein Beschäftigungsverhältnis bei ihm eintreten würde. Die Beauftragung eines selbstständigen Tagungsreferenten oder Kabarettisten, Architekten oder Bildhauers, Catering-Unternehmers oder Reiseleiters be-deutet ja jeweils auch nicht dessen völlige Freiheit in Art und Ergebnis seiner Aktivitäten, sondern geschieht in der Erwartung, dass ganz spezifische Arbeitsanteile unter den Aspekten von Auftragstreue, Zeit und Qualität erfüllt werden. Selbstverständlich finden zu diesem Zweck je nach der Eigenart des Projekts Kontrollen, Rückfragen und Bespre-chungen statt. Die von der Beklagten immer wieder herangezogenen Kriterien "Kapitaleinsatz" und "Unternehmerrisiko" sind bei der Beurteilung von Dienstleistungen wenig aussagekräftig. Der eindeutig selbstständige bzw. freiberufliche Schriftsteller, Psychotherapeut, Unter-nehmensberater oder Rechtsanwalt setzt genauso wenig "Kapital" ein wie der bei einer Zei-tung vollzeitbeschäftigte Journalist oder der leitende Angestellte eines Unternehmens. Die für viele geistig-kommerziell-kommunikative Berufe notwendige Vorhaltung eines häusli-chen Büros mit PC, Telefon und Schreibtisch sowie der Besitz eines Autos sind so selbstverständlich geworden, dass sich aus einer solchen Infrastruktur und ihrer mehr oder weniger intensiven beruflichen Nutzung keine bedeutsamen Schlüsse ziehen lassen. Auch die Mehrzahl der zweifellos nicht selbstständigen Tageszeitungsredakteure, Gymnasiallehrer, Hochschulprofessoren und Richter halten sich zuhause eine wissenschaftlich-schreibtechnisch-kommunikative Arbeitsbasis.

Hinsichtlich des Unternehmerrisikos müsste die Beklagte zur Kenntnis nehmen, dass im Dienstleistungsbereich gewiss nicht die einzelne vereinbarte Arbeitsstunde oder der einzelne Arbeitstag in der Ungewissheit über einen Erlös begonnen werden, sondern dass das typische Risiko hier in der Ungewissheit künftiger Aufträge besteht. Eine betriebswirt-schaftliche Risikokalkulation kann im Dienstleistungsbereich naturgemäß nicht in dersel-ben Weise stattfinden wie sie bei der Produktion von Waren möglich ist, bei der die Wahrscheinlichkeiten eines schnellen Abverkaufs, eines zögernden Verkaufs erst nach wiede-rum kostspieliger Lagerhaltung, einer billigen Abgabe von Überbeständen und schließlich einer vollständigen Abschreibung des unverkäuflichen Rests mit betriebswirtschaftlichen Kurven aufgezeichnet werden können. Unstrittig unterliegt der Kläger einem Risiko künftiger Beauftragung, das durch keinen Kündigungsschutz und durch keine sonstige Bestandsgarantie abgefedert ist. Nach alledem ist beim Kläger mit großer Deutlichkeit die Selbstständigkeit bewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Rechtskraft
Aus
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