Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
28
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 28 KR 250/14
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 12/17
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 30.06.2012 i.H.v. 13.226,55 EUR aufgrund Abschlusses eines Versorgungsvertrages mit rückwirkender Versorgungszusage hat.
Der Kläger ist seit dem 01.10.2000 bei der Beigeladenen zu 1. beschäftigt. Bei dieser handelt es sich um ein Bankinstitut, deren Träger der Freistaat Bayern und der Sparkas-senverband Bayern sind und die als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts organisiert ist.
Bei der Beigeladenen zu 1. bestand in der Vergangenheit die betriebliche Praxis, dass Mitarbeiter bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (Wartezeit, Beurteilung und Gesundheitszustand) einen Anspruch auf die Gewährung eines Versorgungsrechts besaßen. Der Vorstand der Beigeladenen zu 1. beschloss am 22.01.2009, keine Versorgungsrechte mehr zu vereinbaren. Das BAG verurteilte die Beigeladene zu 1. jedoch am 15.05.2012 in verschiedenen Urteilen (u.a. Az. 3 AZR 610/11), Arbeitnehmern aufgrund betrieblicher Übung und dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz rückwirkend in Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag den Abschluss eines Versorgungsvertrages anzubieten.
Die Beigeladene zu 1. bot darauf hin dem Kläger am 02.07.2012 den Abschluss eines Versorgungsvertrages mit Wirkung zum 01.10.2010 an. Diesen unterzeichnete der Kläger am 13.07.2012. Gemäß dem Versorgungsvertrag verpflichtete sich die Beigeladene zu 1. u.a., dem Kläger im Versorgungsfall ein Ruhegehalt zu gewähren, das entsprechend den jeweils für bayerische Staatsbeamte geltenden Vorschriften berechnet wird. Im Krank-heitsfall hat der Kläger gemäß dem Versorgungsvertrag Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Unfallfürsorge in entsprechender Anwendung der jeweils für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Regelungen.
Der Klägerbevollmächtigte beantragte mit Schreiben vom 16.09.2013 bei der Beklagten die Erstattung von Arbeitnehmerbeiträgen in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosen-versicherung für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 31.07.2012.
Mit Bescheid vom 21.11.2013 entschied die Beklagte, dem Kläger zu Unrecht entrichtete Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 01.07.2012 bis 31.07.2012 i.H.v. 632,80 EUR zu erstatten. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung hätten mit Rundschreiben vom 03.04.2013 entschieden, dass bei Abschluss eines Versorgungsvertrages mit rückwirkender Versorgungszusage die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung erst mit Beginn des Monats eintrete, in dem die Zusicherung der Anwartschaften vertraglich erfolgt sei. Der Kläger habe im Juli 2012 den Versorgungsvertrag unterschrieben, so dass ab 01.07.2012 Versicherungsfreiheit in der Renten- und Arbeitslosenversicherung eingetreten sei. Die Erstattung von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 30.06.2012 werde abgelehnt.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 04.02.2014 insbesondere unter Verweis auf § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI zurück.
Der Kläger hat am 04.03.2014 Klage zum Sozialgericht München erhoben. Er vertritt die Auffassung, dass das Versorgungsrecht automatisch mit Erfüllen der Bedingungen zum 01.10.2010 entstanden ist. § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI stehe somit nicht entgegen, da kein Fall der echten Rückwirkung vorliege. Gemäß Schreiben des Bayerischen Staatsministe-riums der Finanzen vom 11./24.03.1993 seien Beschäftigte der Beigeladenen zu 1. ab dem Zeitpunkt der Verleihung der Anwartschaft auf lebenslängliche Versorgung und Hin-terbliebenenversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen in der gesetzlichen Ren-tenversicherung versicherungsfrei. Die Versicherungsfreiheit sei zum 01.10.2010 einge-treten.
Der Kläger beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, den Bescheid vom 21.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.02.2014 dahingehend abzuändern, dass an den Kläger die für ihn abgeführten Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Ren-ten- und Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 30.06.2012 in Höhe von 13.226,55 EUR zzgl. gesetzlicher Zinsen gem. § 27 SGB IV erstattet werden. 2. Die Beklagte wird verpflichtet, der Beigeladenen zu 1. durch Verwaltungsakt eine Statusänderungsmitteilung nach § 25 DEÜV für den Kläger zum Stichtag 31.12.2012 aufzugeben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts wegen der Einzelheiten auf die Akte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 21.11.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.02.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Klä-ger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Er-stattung der Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosen-versicherung für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 30.06.2012 i.H.v. 13.226,55 EUR.
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage liegen allesamt vor.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Gesetzliche Grundlage des vom Kläger geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 26 SGB IV. Gem. § 26 Abs. 2 SGB IV sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten. Der Erstattungsanspruch steht dem zu, der die Beiträge getragen hat (§ 26 Abs. 3 Satz 1 SGB IV). Vorliegend hat der Kläger die Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung gem. §§ 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, 346 Abs. 1 Satz 1 SGB III getragen.
Die Entrichtung der Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung durch den Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum erfolgte nicht zu Unrecht, da der Kläger in dieser Zeit versicherungspflichtig war (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III).
Versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung sind gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI sonstige Beschäftigte von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, deren Verbänden einschließlich der Spitzenverbände oder ihrer Arbeitsgemeinschaften, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist, in dieser Beschäftigung und in weiteren Beschäftigungen, auf die die Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft erstreckt wird. Für Personen nach Satz 1 Nr. 2 gilt dies u.a. nur, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Anspruch auf Vergütung und bei Krankheit auf Fortzahlung der Bezüge haben (Nr. 1) oder nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben (Nr. 2) (§ 5 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 2 und 3 sowie nach Satz 2 und die Erstreckung der Gewährleistung auf weitere Beschäftigungen entscheidet für Beschäftigte beim Bund und bei Dienstherren oder anderen Arbeitgebern, die der Aufsicht des Bundes unterstehen, das zuständige Bundesministerium, im Übrigen die oberste Verwaltungsbehörde des Landes, in dem die Arbeitgeber, Genossenschaften oder Gemeinschaften ihren Sitz haben (§ 5 Abs. 1 Satz 3 SGB VI). Gem. § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI begründet die Gewährleistung von Anwartschaften die Versicherungsfreiheit von Beginn des Monats an, in dem die Zusicherung der Anwartschaften vertraglich erfolgt.
Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Versicherungsfreiheit des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß der Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI zum 01.07.2012 eingetreten ist. Die vertragliche Zusicherung der Anwartschaft des Klägers erfolgte erst am 13.07.2012, als der Kläger das Angebot der Beigeladenen zu 1. vom 02.07.2012 auf Abschluss eines Versorgungsvertrages annahm. Darauf, dass die Versorgungszusage rückwirkend zum 01.10.2010 vereinbart wurde, kommt es nach der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI eindeutig nicht an.
Mit der Einführung des § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI sollte gerade sichergestellt werden, dass nicht beamtenähnliche Versorgungsanwartschaften rückwirkend für Zeiten verliehen wer-den, in denen die Rentenversicherung ein Versicherungsrisiko getragen und eine beamtenähnliche Versorgungsanwartschaft aus einer "ex ante" Betrachtung heraus tatsächlich nicht bestanden hat (Fichte in: Hauck/Noftz, SGB VI, Stand 4/2014, § 5 Rn. 162; Sege-brecht in: Kreikebohm, SGB VI, 4. Auflage, 2013, § 5 Rn. 15; Gürtner in: Kasseler Kom-mentar Sozialversicherungsrecht, Stand Juni 2016, § 5 SGB VI Rn. 27a).
Dass der Kläger in dem streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.10.2010 bis 30.06.2012 noch keine beamtenähnliche Versorgungsanwartschaft besaß, ergibt sich aus den Urteilen des BAG vom 15.05.2012 (u.a. Az. 3 AZR 610/11). Das BAG stellte in diesen Fällen lediglich einen Anspruch der betroffenen Arbeitnehmer gegen die Beigeladene zu 1. da-hingehend fest, dass diese den Arbeitnehmern den Abschluss eines Versorgungsvertrages anbietet (Az. 3 AZR 610/11, Rn. 72, 95).
Ebenso wenig kann aus dem Gewährleistungsschreiben des Bayerischen Staatsministe-riums für Finanzen vom 11./24.03.1993 abgeleitet werden, dass der Kläger bereits zum 01.10.2010 eine beamtenähnliche Versorgungsanwartschaft besaß. Zum einen enthält dieses Schreiben keine Aussage zur Frage des Zeitpunkts des Eintritts der Versicherungsfreiheit im Fall einer vereinbarten rückwirkenden Versorgungszusage. Zum anderen besaß das Ministerium nach Einführung des § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI keine Zuständigkeit (mehr), den Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungsfreiheit zu bestimmen (vgl. Fichte, ebenda, § 5 Rn. 158).
Die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI ist vorliegend unstreitig gegeben. Gem. § 230 Abs. 5 SGB VI ist § 5 Abs. 1 Satz 4 nur nicht anzuwenden, wenn vor dem 1. Februar 2002 aufgrund einer Entscheidung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 bereits Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder 3 vorlag. Im Bereich der Arbeitslosenversicherung sind gem. § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III Personen in einer Beschäftigung als Beamtin, Beamter, Richterin, Richter, Soldatin auf Zeit, Soldat auf Zeit, Berufssoldatin oder Berufssoldat der Bundeswehr sowie als sonstige Beschäftigte oder sonstiger Beschäftigter des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, Anstalt, Stiftung oder eines Verban-des öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzah-lung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, versicherungsfrei. Eine § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI vergleichbare Vorschrift gibt es im SGB III nicht. Aufgrund der ge-setzgeberischen Grundentscheidung in § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI entsteht die Versicherungsfreiheit jedoch auch erst von Beginn des Monats an, in dem die Zusicherung der Ansprüche auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Unfallfürsorge im Krankheitsfall in entsprechender Anwendung der jeweils für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Regelungen vertraglich erfolgt, hier also ab 01.07.2012.
Da die Versicherungsfreiheit des Klägers in der Renten- und Arbeitslosenversicherung erst zum 01.07.2012 eintrat, wurden die Arbeitnehmeranteile der Beiträge für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 30.06.2012 zu Recht abgeführt.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183,193 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 30.06.2012 i.H.v. 13.226,55 EUR aufgrund Abschlusses eines Versorgungsvertrages mit rückwirkender Versorgungszusage hat.
Der Kläger ist seit dem 01.10.2000 bei der Beigeladenen zu 1. beschäftigt. Bei dieser handelt es sich um ein Bankinstitut, deren Träger der Freistaat Bayern und der Sparkas-senverband Bayern sind und die als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts organisiert ist.
Bei der Beigeladenen zu 1. bestand in der Vergangenheit die betriebliche Praxis, dass Mitarbeiter bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (Wartezeit, Beurteilung und Gesundheitszustand) einen Anspruch auf die Gewährung eines Versorgungsrechts besaßen. Der Vorstand der Beigeladenen zu 1. beschloss am 22.01.2009, keine Versorgungsrechte mehr zu vereinbaren. Das BAG verurteilte die Beigeladene zu 1. jedoch am 15.05.2012 in verschiedenen Urteilen (u.a. Az. 3 AZR 610/11), Arbeitnehmern aufgrund betrieblicher Übung und dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz rückwirkend in Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag den Abschluss eines Versorgungsvertrages anzubieten.
Die Beigeladene zu 1. bot darauf hin dem Kläger am 02.07.2012 den Abschluss eines Versorgungsvertrages mit Wirkung zum 01.10.2010 an. Diesen unterzeichnete der Kläger am 13.07.2012. Gemäß dem Versorgungsvertrag verpflichtete sich die Beigeladene zu 1. u.a., dem Kläger im Versorgungsfall ein Ruhegehalt zu gewähren, das entsprechend den jeweils für bayerische Staatsbeamte geltenden Vorschriften berechnet wird. Im Krank-heitsfall hat der Kläger gemäß dem Versorgungsvertrag Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Unfallfürsorge in entsprechender Anwendung der jeweils für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Regelungen.
Der Klägerbevollmächtigte beantragte mit Schreiben vom 16.09.2013 bei der Beklagten die Erstattung von Arbeitnehmerbeiträgen in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosen-versicherung für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 31.07.2012.
Mit Bescheid vom 21.11.2013 entschied die Beklagte, dem Kläger zu Unrecht entrichtete Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 01.07.2012 bis 31.07.2012 i.H.v. 632,80 EUR zu erstatten. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung hätten mit Rundschreiben vom 03.04.2013 entschieden, dass bei Abschluss eines Versorgungsvertrages mit rückwirkender Versorgungszusage die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung erst mit Beginn des Monats eintrete, in dem die Zusicherung der Anwartschaften vertraglich erfolgt sei. Der Kläger habe im Juli 2012 den Versorgungsvertrag unterschrieben, so dass ab 01.07.2012 Versicherungsfreiheit in der Renten- und Arbeitslosenversicherung eingetreten sei. Die Erstattung von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 30.06.2012 werde abgelehnt.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 04.02.2014 insbesondere unter Verweis auf § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI zurück.
Der Kläger hat am 04.03.2014 Klage zum Sozialgericht München erhoben. Er vertritt die Auffassung, dass das Versorgungsrecht automatisch mit Erfüllen der Bedingungen zum 01.10.2010 entstanden ist. § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI stehe somit nicht entgegen, da kein Fall der echten Rückwirkung vorliege. Gemäß Schreiben des Bayerischen Staatsministe-riums der Finanzen vom 11./24.03.1993 seien Beschäftigte der Beigeladenen zu 1. ab dem Zeitpunkt der Verleihung der Anwartschaft auf lebenslängliche Versorgung und Hin-terbliebenenversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen in der gesetzlichen Ren-tenversicherung versicherungsfrei. Die Versicherungsfreiheit sei zum 01.10.2010 einge-treten.
Der Kläger beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, den Bescheid vom 21.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.02.2014 dahingehend abzuändern, dass an den Kläger die für ihn abgeführten Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Ren-ten- und Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 30.06.2012 in Höhe von 13.226,55 EUR zzgl. gesetzlicher Zinsen gem. § 27 SGB IV erstattet werden. 2. Die Beklagte wird verpflichtet, der Beigeladenen zu 1. durch Verwaltungsakt eine Statusänderungsmitteilung nach § 25 DEÜV für den Kläger zum Stichtag 31.12.2012 aufzugeben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts wegen der Einzelheiten auf die Akte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 21.11.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.02.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Klä-ger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Er-stattung der Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosen-versicherung für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 30.06.2012 i.H.v. 13.226,55 EUR.
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage liegen allesamt vor.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Gesetzliche Grundlage des vom Kläger geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 26 SGB IV. Gem. § 26 Abs. 2 SGB IV sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten. Der Erstattungsanspruch steht dem zu, der die Beiträge getragen hat (§ 26 Abs. 3 Satz 1 SGB IV). Vorliegend hat der Kläger die Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung gem. §§ 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, 346 Abs. 1 Satz 1 SGB III getragen.
Die Entrichtung der Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung durch den Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum erfolgte nicht zu Unrecht, da der Kläger in dieser Zeit versicherungspflichtig war (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III).
Versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung sind gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI sonstige Beschäftigte von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, deren Verbänden einschließlich der Spitzenverbände oder ihrer Arbeitsgemeinschaften, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist, in dieser Beschäftigung und in weiteren Beschäftigungen, auf die die Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft erstreckt wird. Für Personen nach Satz 1 Nr. 2 gilt dies u.a. nur, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Anspruch auf Vergütung und bei Krankheit auf Fortzahlung der Bezüge haben (Nr. 1) oder nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben (Nr. 2) (§ 5 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 2 und 3 sowie nach Satz 2 und die Erstreckung der Gewährleistung auf weitere Beschäftigungen entscheidet für Beschäftigte beim Bund und bei Dienstherren oder anderen Arbeitgebern, die der Aufsicht des Bundes unterstehen, das zuständige Bundesministerium, im Übrigen die oberste Verwaltungsbehörde des Landes, in dem die Arbeitgeber, Genossenschaften oder Gemeinschaften ihren Sitz haben (§ 5 Abs. 1 Satz 3 SGB VI). Gem. § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI begründet die Gewährleistung von Anwartschaften die Versicherungsfreiheit von Beginn des Monats an, in dem die Zusicherung der Anwartschaften vertraglich erfolgt.
Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Versicherungsfreiheit des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß der Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI zum 01.07.2012 eingetreten ist. Die vertragliche Zusicherung der Anwartschaft des Klägers erfolgte erst am 13.07.2012, als der Kläger das Angebot der Beigeladenen zu 1. vom 02.07.2012 auf Abschluss eines Versorgungsvertrages annahm. Darauf, dass die Versorgungszusage rückwirkend zum 01.10.2010 vereinbart wurde, kommt es nach der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI eindeutig nicht an.
Mit der Einführung des § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI sollte gerade sichergestellt werden, dass nicht beamtenähnliche Versorgungsanwartschaften rückwirkend für Zeiten verliehen wer-den, in denen die Rentenversicherung ein Versicherungsrisiko getragen und eine beamtenähnliche Versorgungsanwartschaft aus einer "ex ante" Betrachtung heraus tatsächlich nicht bestanden hat (Fichte in: Hauck/Noftz, SGB VI, Stand 4/2014, § 5 Rn. 162; Sege-brecht in: Kreikebohm, SGB VI, 4. Auflage, 2013, § 5 Rn. 15; Gürtner in: Kasseler Kom-mentar Sozialversicherungsrecht, Stand Juni 2016, § 5 SGB VI Rn. 27a).
Dass der Kläger in dem streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.10.2010 bis 30.06.2012 noch keine beamtenähnliche Versorgungsanwartschaft besaß, ergibt sich aus den Urteilen des BAG vom 15.05.2012 (u.a. Az. 3 AZR 610/11). Das BAG stellte in diesen Fällen lediglich einen Anspruch der betroffenen Arbeitnehmer gegen die Beigeladene zu 1. da-hingehend fest, dass diese den Arbeitnehmern den Abschluss eines Versorgungsvertrages anbietet (Az. 3 AZR 610/11, Rn. 72, 95).
Ebenso wenig kann aus dem Gewährleistungsschreiben des Bayerischen Staatsministe-riums für Finanzen vom 11./24.03.1993 abgeleitet werden, dass der Kläger bereits zum 01.10.2010 eine beamtenähnliche Versorgungsanwartschaft besaß. Zum einen enthält dieses Schreiben keine Aussage zur Frage des Zeitpunkts des Eintritts der Versicherungsfreiheit im Fall einer vereinbarten rückwirkenden Versorgungszusage. Zum anderen besaß das Ministerium nach Einführung des § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI keine Zuständigkeit (mehr), den Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungsfreiheit zu bestimmen (vgl. Fichte, ebenda, § 5 Rn. 158).
Die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI ist vorliegend unstreitig gegeben. Gem. § 230 Abs. 5 SGB VI ist § 5 Abs. 1 Satz 4 nur nicht anzuwenden, wenn vor dem 1. Februar 2002 aufgrund einer Entscheidung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 bereits Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder 3 vorlag. Im Bereich der Arbeitslosenversicherung sind gem. § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III Personen in einer Beschäftigung als Beamtin, Beamter, Richterin, Richter, Soldatin auf Zeit, Soldat auf Zeit, Berufssoldatin oder Berufssoldat der Bundeswehr sowie als sonstige Beschäftigte oder sonstiger Beschäftigter des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, Anstalt, Stiftung oder eines Verban-des öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzah-lung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, versicherungsfrei. Eine § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI vergleichbare Vorschrift gibt es im SGB III nicht. Aufgrund der ge-setzgeberischen Grundentscheidung in § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI entsteht die Versicherungsfreiheit jedoch auch erst von Beginn des Monats an, in dem die Zusicherung der Ansprüche auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Unfallfürsorge im Krankheitsfall in entsprechender Anwendung der jeweils für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Regelungen vertraglich erfolgt, hier also ab 01.07.2012.
Da die Versicherungsfreiheit des Klägers in der Renten- und Arbeitslosenversicherung erst zum 01.07.2012 eintrat, wurden die Arbeitnehmeranteile der Beiträge für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 30.06.2012 zu Recht abgeführt.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183,193 SGG.
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