S 46 EG 43/16

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
46
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 46 EG 43/16
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
"Monat" im Sinn von § 7 Abs. 1 Satz 2 BEEG ist der Lebensmonat des betreffenden Kindes.

Auf die Berechnung der Rückwirkung des Antrags auf Elterngeld nach § 7 Abs. 1 Satz 2 BEEG ist § 26 SGB X anwendbar. Wenn das Ende der Frist auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt, verschiebt sich gemäß § 26 Abs. 3 SGB X das Ende der Frist auf den Ablauf des nächstfolgenden Werktages.
I. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 9. September 2015 und unter Abänderung des Bescheids vom 8. März 2016 beide in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2016 verurteilt, dem Kläger auch für den 13. Lebensmonat seines Sohnes N. Elterngeld in Höhe von 1800,- Euro zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob dem Kläger auch für den 13. Lebensmonat seines Sohnes Elterngeld zusteht oder der Leistungsantrag dafür zu spät gestellt wurde.

Der Kläger ist der Vater seines am 13.03.2014 geborenen Sohnes N. Der im Juni 2015 vom Kläger und seiner Ehefrau unterschriebene Antrag auf Elterngeld des Klägers erhält folgenden Hinweis in einem eigenen Textfeld:

"Rückwirkung bei verspäteter Antragstellung

Bitte bedenken Sie, dass der Antrag nur drei Lebensmonate zurückwirkt. Wir empfehlen Ihnen daher dringend, den ausgedruckten Antrag unterschrieben bis spätestens 12.07.2015 (Eingang bei Beklagten) zu übersenden. Bei einem späteren Eingang müssen Sie unter Umständen mit finanziellen Nachteilen rechnen."

Der Kläger beantragte Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat des Sohnes, also vom 13.03.2015 bis 12.05.2015. Dieser schriftliche Antrag ging am Montag, den 13.07.2015, beim Beklagten ein. Das monatliche Steuerbrutto an Lohn des abhängig Beschäftigten Klägers belief sich im Jahr vor der Geburt des Sohnes auf 5675,- Euro, ab Januar 2014 auf 6175,- Euro.

Mit Bescheid vom 09.09.2015 lehnte der Beklagte die Gewährung der Leistung ab. Der Antrag sei verspätet erst am 13.07.2015 eingegangen. Auf den Widerspruch des Klägers hin erging der Teilabhilfebescheid vom 08.03.2016, wonach dem Kläger für den 14. Lebensmonat Elterngeld in Höhe von 1800,- Euro bewilligt wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2016 wurde der Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. Elterngeld könne gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 BEEG rückwirkend nur für die letzten drei Monate vor Beginn des Monats geleistet werden, in dem der Antrag eingegangen sei. Es handle sich um eine Ausschlussfrist. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht, weil ein ausdrücklicher Hinweis zu dieser Frist ergangen sei.

Der Kläger erhob am 15.04.2016 Klage zum Sozialgericht München. Er habe den Antrag rechtzeitig gestellt. Der 12.07.2015 sei ein Sonntag gewesen. Außerdem habe er nur "unter Umständen" mit finanziellen Nachteilen rechnen müssen. Die Berufung auf die Frist sei rechtsmissbräuchlich. Der Kläger legte im weiteren Verlauf Gehaltsnachweise für die Monate März, April und Mai 2015 vor, aus denen sich ergab, dass der Kläger im 13. und 14. Lebensmonat Elternzeit in Anspruch genommen hatte ohne Einkommen aus Erwerbstätigkeit zu erzielen.

Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger auch für den 13. Lebensmonat seines Sohnes Elterngeld in Höhe von monatlich 1800,- Euro zu zahlen. Die Zahlung sei mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verzinsen und es seien Anwaltsgebühren in Höhe von 583,10 Euro nebst Zinsen zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist darauf, dass der Antrag am 13.07.2015, also im 17. Lebensmonat des Kindes eingegangen sei. Die drei Monate vor dem 17. Lebensmonat seien aber der 14., 15. und 16. Lebensmonat. Für den 13. Lebensmonat sei keine Leistung mehr möglich. Die Montagsregelung des § 26 Abs. 3 SGB X sei nicht anwendbar. Die Leistung sei nur für einen bestimmten Zeitraum zu erbringen, weshalb dieser Zeitraum nach § 26 Abs. 4 SGB X unabhängig von der Wochenendregelung ende.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Die Klage ist auch begründet, weil der Kläger auch einen Anspruch auf Elterngeld im 13. Lebensmonat des Sohnes hat, da der Antrag unter Anwendung der Montagsregelung des § 26 Abs. 3 SGB X gerade noch rechtzeitig war.

Der Kläger kann dem Grunde nach Elterngeld beanspruchen, weil er im Anspruchszeitraum die Grundvoraussetzungen des Elterngeldanspruchs nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BEEG erfüllt hat. Er hatte im Bezugszeitraum des Elterngelds seinen Wohnsitz in Deutschland, lebte in einem Haushalt mit seinem Sohn, den er selbst betreute und erzog, und übte zumindest keine volle Erwerbstätigkeit im Sinn von § 1 Abs. 6 BEEG aus.

Der Leistungsantrag wurde am 13.07.2015 noch so rechtzeitig gestellt, dass er den 13. Lebensmonat des Sohnes (13.03.2015 bis 12.04.2015) noch erreichte.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BEEG ist der Antrag schriftlich zu stellen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 BEEG wird Elterngeld rückwirkend nur für die letzten drei Monate vor Beginn des Monats geleistet, in dem der Antrag auf die Leistung eingegangen ist. Nach herrschender Ansicht in der Literatur ist unter "Monat" hier der Lebensmonat des Kindes zu verstehen, nicht etwa der Kalendermonat (Rancke, Mutterschutz/ Elterngeld/ Elternzeit/ Betreuungsgeld, 4. Auflage 2015, § 7 BEEG Rn. 2; Roos/Bieresborn, Mutterschutzgesetz, BEEG, 2014, § 7 BEEG Rn. 22). Für diese Auffassung spricht, dass das gesamte System im Bezugszeitraum auf Lebensmonate des Kindes ausgelegt ist und eine Ausnahme an dieser Stelle wenig Sinn ergäbe. Das Gericht schließt sich deshalb dieser Auffassung an.

Angewendet auf den vorliegenden Fall bedeutet diese Regelung folgendes: Bei der Geburt am 13.03.2014 war der Antrag für den 13.Lebensmonat (13.03.2015 bis 12.04.2015) spätestens am 12.07.2015 zu stellen, weil an diesem Tag der 16. Lebensmonat endete. Ein Antrag an diesem Tag wirkt auf den ersten Tag des 16. Lebensmonats zurück, mithin auf den 13.06.2015. Die drei Lebensmonate davor beginnen ab dem 13.03.2015 und erreichen somit auch noch den 13. Lebensmonat des Sohnes.

Der 12.07.2015 war ein Sonntag. Gemäß § 26 Abs. 1 BEEG ist das erste Kapitel des SGB X anwendbar, soweit das BEEG keine andere Regelung trifft. Damit ist auch § 26 SGB X anwendbar. Nach § 26 Abs. 3 SGB X endet eine Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags, wenn die Frist an einem Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag enden würde. Die Frist endete im vorliegenden Fall deshalb am Montag den 13.07.2015. An diesem Tag ging der Leistungsantrag beim Beklagten ein und war deshalb noch rechtzeitig.

§ 26 Abs. 4 SGB X ist entgegen der Ansicht des Beklagten nicht anwendbar. Diese Vorschrift begrenzt die Dauer befristeter Sozialleistungen auf den tatsächlichen letzten Tag, auch wenn dieser Tag auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fallen würde (Hauck/Noftz, SGB X, § 26 Rn. 33). Es geht hier aber nicht um die Frage, wie lange der Leistungszeitraum für Elterngeld ist, sondern um die Frage, wann die Antragsfrist endet. Dies ist in § 26 Abs. 3 SGB X geregelt.

Der Kläger hat am 13. Lebensmonat Anspruch auf Elterngeld in maximale Höhe von 1800,- Euro. Im Bemessungszeitraum nach § 2b Abs. 1 BEEG (zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes) hatte er ein hohes Einkommen, dass den Maximalbetrag erreichte. In den Bezugsmonaten war dagegen kein Einkommen gegenzurechnen, weil der Kläger keines erzielte.

Die Klage hinsichtlich der Zinsen war dagegen abzuweisen, weil über einen eventuellen Zinsanspruch zunächst ein Verwaltungsakt nach § 44 SGB I zu ergehen hat. Aufgabe des Gerichts ist es, Verwaltungsakte der Behörde auf Rechtmäßigkeit zu überprüfen, nicht aber, Verwaltungsakte anstelle der Behörde zu erlassen. Dies nennt man Gewaltenteilung.

Die Klageabweisung bezieht sich auch auf den Antrag, bereits im Urteil über die Höhe der außergerichtlichen Kosten zu entscheiden. Nach § 193 SGG ist im Urteil eine Kostengrundentscheidung zu treffen. Die Festsetzung der Höhe der Kosten erfolgt ggf. später nach § 197 SGG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved