L 1 R 180/07

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 1 R 104/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 180/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
SGB IV § 7, Abgang Beschäftigter, Selbständiger
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 16. April 2007 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben sich auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Kläger in seiner Dozententätigkeit für die Beigeladenen als abhängig Beschäftigter der Sozialversicherungspflicht unterlegen hat.

Es liegen zwei unterzeichnete Honorarverträge vom 18. Oktober 2003 und vom 7. November 2003 vor, wobei streitig ist, ob diese Verträge zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1 als schriftliche Verträge wirksam abgeschlossen wurden. Hiernach übernahm der Kläger als Auftragnehmer für die Beigeladene zu 1 die Honorartätigkeit für im Einzelnen benannte Veranstaltungen (§ 2 der Honorarverträge). Nach § 1 Satz 2 der Verträge wurde kein arbeits- oder sozialversicherungsrechtliches Dienstverhältnis begründet. In § 3 der Verträge vereinbarten die Parteien ein Honorar pro Tagewerk. Im Einzelnen wird hinsichtlich der Einzelheiten der Verträge auf die Blätter 49 - 52 der Gerichtsakte Bezug genommen. Nach den Angaben des Klägers ist alles andere mündlich festgelegt worden. Er machte Ansprüche aus dieser Vertragsbeziehung gegen die Beigeladene zu 1 in einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Detmold und nunmehr vor dem Oberlandesgericht Hamm geltend.

Der Kläger stellte am 19. Januar 2004 bei der Beklagten folgenden Antrag: "Unklar ist, ob der Kläger in seiner Tätigkeit hätte sozialversichert werden müssen. Wir beantragen daher eine Statusfeststellung." Mit Bescheid vom 19. April 2004 stellte die Beklagte daraufhin fest, dass der Kläger die Tätigkeit als Dozent selbständig ausübe. Eine abhängige Beschäftigung liege nicht vor, da er nicht in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert sei und auch keinen Weisungen im Hinblick auf Zeit, Dauer, Ort der Tätigkeit sowie Art und Weise von deren Durchführung unterworfen gewesen sei. Abschließend wies die Beklagte darauf hin, dass der Kläger auch nach § 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) der Rentenversicherungspflicht unterliegen könne; insoweit seien die Unterlagen an die zuständige Fachabteilung weitergeleitet worden.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 14. Mai 2004 Widerspruch und führte aus, dass Arbeitsort, Arbeitszeit und Inhalte von der Beigeladenen zu 1 vorgegeben worden seien. Innerhalb der Lehrgangszeiten seien unter einer Zeitangabe gewisse Lerninhalte zu vermitteln gewesen. Die einzusetzenden Lehrmittel wie Gesetzbücher und Lehrbücher seien durch die Beigeladene zu 1 gestellt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach Abwägung aller Umstände überwögen die Merkmale für eine selbständige Tätigkeit. Die Ausübung der Tätigkeit in einer vom Auftraggeber vorgegebenen Einrichtung sei typisch für den pädagogischen Bereich und kein ausschlaggebendes Merkmal für eine abhängige Beschäftigung. Nebenpflichten, wie Prüfungsabnahme oder Korrektur von Klausuren, seien vom Kläger nicht zu erfüllen gewesen.

Der Kläger hat am 16. Februar 2005 hiergegen Klage vor dem Sozialgericht Dessau (nunmehr Dessau-Roßlau (SG)) erhoben. Die Überschrift über einen Arbeitsvertrag sei nicht entscheidend. Maßgeblich sei allein, in welcher Art und Weise der Vertrag gelebt und praktiziert worden sei. Nicht entscheidend sei auch, dass er seine Honoraransprüche nicht beim Arbeitsgericht, sondern beim Amtsgericht bzw. Landgericht Detmold anhängig gemacht habe. Er müsse sich für die Wahl des Gerichtszweigs nicht rechtfertigen. Er habe sich im Zeitraum der Tätigkeit für die Beigeladene zu 1 in völliger wirtschaftlicher Abhängigkeit von dieser befunden. Es sei ihm aus diesem Grund schon nicht möglich gewesen, die Übertragung einer Vertretung bei einem anderen Dozenten abzulehnen. Dies ergebe sich auch aus schriftlichen Auskünften des Mitarbeiters der Beigeladenen zu 1, N. K.-B ... Das SG hat mit Beschluss vom 21. Juni 2005 die Beigeladene zu 1 zum Verfahren beigeladen. Es hat weiterhin eine schriftliche Stellungnahme des ehemaligen pädagogischen Mitarbeiters der Beigeladenen zu 1, N. K.-B. mit Datum 22. November 2006 eingeholt. Mit Urteil vom 16. April 2007 hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass bei der Gesamtwürdigung aller Umstände diejenigen Gesichtspunkte überwögen, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen. Insoweit nimmt das SG Bezug auf die vertraglichen Regelungen, von denen die tatsächliche Ausgestaltung der Vertragsbeziehung nicht wesentlich abgewichen sei. Dass der Kläger Lehrveranstaltungen in den von der Beigeladenen zu 1 bereit gestellten Räumlichkeiten nach Maßgabe eines vorgegebenen Gesamtplans habe durchführen müssen, spreche nicht für eine abhängige Beschäftigung, da dies im pädagogischen Bereich typisch sei.

Gegen das am 20. April 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. April 2007 Berufung eingelegt, im Wesentlichen die bisherigen Ausführungen wiederholt und auf die schriftlichen Angaben des N. K.-B. verwiesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 16. April 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2004 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2005 aufzuheben und festzustellen, dass er bei den Beigeladenen sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 16. April 2007 zurückzuweisen.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Die Beigeladene zu 1 hat erwidert, es sei im zivilgerichtlichen Verfahren umstritten, ob die Honorarverträge schriftlich abgeschlossen worden seien. Jedenfalls sei die Vertragsbeziehung aber so gehandhabt worden, wie es in diesen Verträgen zum Ausdruck komme. Es habe sich bei der Terminplanung nicht um eine Dienstanweisung gehandelt. Die Termine seien mit den Referenten, so auch mit dem Kläger, nach deren Verfügbarkeit abgestimmt worden und hätten bereits Monate vorher beworben werden müssen. Eine Entgeltfortzahlung hätte der Kläger auch dann nicht erhalten, wenn er krank gewesen wäre. Denn eine entsprechende Anspruchsgrundlage habe nicht bestanden.

Mit Beschluss vom 20. Mai 2010 hat der Senat die Beigeladene zu 2 wegen des Betriebsübergangs von der Beigeladenen zu 1 auf die Beigeladene zu 2 zum Verfahren beigeladen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Feststellung dahingehend, dass er bei den Beigeladenen sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Das wahre Begehren des Klägers, über das der Senat zu entscheiden hat (Bundessozialgerichts (BSG), Urteil vom 4. Juni 2009 – B 12 R 6/08 – juris, Rn. 10), ist die Feststellung der Versicherungspflicht als Beschäftigter der Beigeladenen in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung sowie in der Rentenversicherung. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut seines Antrags vom 19. Januar 2004. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes kommt die Feststellung des (Nicht-) Vorliegens einer Versicherungspflicht als Beschäftigter als allein zulässiger Ausspruch in Betracht (BSG, a.a.O., Rn. 31). Die - positive - Feststellung einer Beschäftigung ist für jede Sozialversicherung stets notwendige Voraussetzung (BSG, a.a.O., Rn. 15 u. 21). Dies ergibt sich aus § 1 SGB VI, § 24 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung, § 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung und § 20 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung.

Eine Beschäftigung bei den Beigeladenen liegt aber nicht vor. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in dem Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R – juris m.w.N.). Die Gesetzgebung zur Sozialversicherung selbst anerkennt, dass der Beruf eines Lehrers sowohl in Form abhängiger Beschäftigung als auch in Form selbständiger Tätigkeit ausgeübt werden kann. So ordnet § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für selbständig tätige Lehrer, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung an. Das diesbezüglich von der Beklagten eingeleitete Verfahren ist – soweit ersichtlich – noch nicht beendet.

Das BSG hat im Zusammenhang mit der rechtlichen Beurteilung von Lehrtätigkeit ausgeführt, die Tätigkeit eines Dozenten sei nicht allein deshalb als abhängige Beschäftigung anzusehen, weil der Bildungsträger den äußeren Ablauf der Lehrtätigkeit bestimmt. Der Lehrbetrieb könne sowohl in allgemeinbildenden Schulen, Hoch- und Fachschulen als auch in Volkshochschulen regelmäßig nur dann sinnvoll vonstatten gehen, wenn die vielfältigen Lehrveranstaltungen in einem Gesamtplan räumlich und zeitlich aufeinander abgestimmt werden. Allein aus dieser geminderten "Autonomie" der Dozenten oder allein aus der Tatsache, dass Dozenten an Prüfungen mitwirken und sich bei der Gestaltung ihres Unterrichts an Prüfungserfordernissen ausrichten müssen, dürfe jedoch nicht auf ihre Weisungsgebundenheit geschlossen werden. Weisungsfrei seien solche Tätigkeiten, bei denen einem Beschäftigten zwar die Ziele seiner Tätigkeit vorgegeben sein können, jedoch die Art und Weise, wie er diese erreicht, seiner eigenen Entscheidung überlassen bleibt. Auch Selbständige könnten in ihren Handlungsmöglichkeiten begrenzt sein, allerdings nicht durch Einzelanordnungen, sondern durch Regeln oder Normen, die die Grenzen der Verhandlungsfreiheit mehr in generell-abstrakter Weise umschreiben (BSG a.a.O., Rn. 29).

Das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1 weist – wie das SG richtig ausführt – sowohl Merkmale der Selbständigkeit als auch der abhängigen Beschäftigung auf. Bei der Gesamtwürdigung aller Umstände überwiegen jedoch – wie das SG ebenfalls zutreffend angenommen hat – diejenigen Gesichtspunkte, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen.

Zwischen der Beigeladenen zu 1 und dem Kläger wurden keine "klassischen" Arbeitsverträge geschlossen, sondern zwei "Honorarverträge". Es kann offen bleiben, ob die Verträge in schriftlicher Form wirksam zustandegekommen sind. Denn nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten geben die in den Verträgen zu findenden Regelungen die bestehende Vertragsbeziehung zutreffend wieder. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als einer Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es zwar aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen zu entscheiden. Maßgeblich dafür, ob abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, ist vielmehr die tatsächliche Rechtsnatur der Vertragsbeziehung bei Würdigung der gesamten Umstände, insbesondere auch der tatsächlichen Arbeitsleistung. Jedoch gehört auch die Vertragsbezeichnung zu den tatsächlichen Umständen. Der Bezeichnung kommt im Rahmen der Gesamtwürdigung jedenfalls dann indizielle Bedeutung zu, wenn sie dem festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnis nicht offensichtlich widerspricht und sie durch weitere Aspekte gestützt wird. Dies gilt umso mehr, als Lehrer, wie das Gesetz selbst anerkennt, abhängig Beschäftigte oder selbständig Tätige sein können (BSG a.a.O., Rn. 23 m.w.N.).

Hier spricht der Inhalt der Honorarverträge für eine selbständige Tätigkeit und bestätigt insoweit die Bezeichnung des Vertrages und der Beteiligten (Honorarvertrag zwischen der Beigeladenen und dem Auftragnehmer). Denn nach § 2 der beiden Verträge sind jeweils bestimmte Veranstaltungen zwischen den Parteien vereinbart worden. Für die einzelnen Veranstaltungen sind "Tagewerke" festgelegt worden sowie bestimmte Termine. Damit war der Gegenstand des Unterrichts nicht einseitig von der Beklagten bestimmt, sondern aufgrund des Honorarvertrags war eine Mitbestimmung des Klägers bzw. eine Ablehnung der Übernahme bestimmter Lehrveranstaltungen möglich. Dafür, dass für den Kläger diese Möglichkeit nicht gegeben war, besteht kein Anhaltspunkt und dies hat der Kläger auch nicht vorgetragen. Dass er aus wirtschaftlichen Gründen keine Angebote ablehnen konnte, ändert nichts an der rechtlichen Möglichkeit, auf die es hier ankommt. Für die einzelnen "Tagewerke" haben die Vertragspartner in § 3 das Honorar festgesetzt und die Stundenzahlen, die ein Tagewerk umfasst. Auch diese Regelung spricht für eine selbständige Tätigkeit. Mit dem Honorar sind nach § 3 Ziffer 2 des Vertrags alle Tätigkeiten abgegolten, insbesondere Vor- und Nachbereitungsarbeiten. Nur mit Einverständnis beider Vertragsparteien sind Sonderabsprachen möglich. Auch die Spesenregelung des § 3 Nr. 3 spricht ebenso für eine selbständige Tätigkeit wie die vertragliche Regelung des § 3 Nr. 5, wonach Steuern und sonstige Abzüge vom Honorar nicht einbehalten werden, sondern der Auftragnehmer die Honorarbezüge selbst zur Versteuerung anzumelden hatte. Die Regelung des § 5 Nr. 3 sieht eine Vertragsstrafe vor. Auch dies spricht für eine selbständige Tätigkeit. Denn im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, werden Vertragsstrafen nicht vereinbart. Dies gilt auch für die Gerichtsstandsvereinbarung des § 7 des Vertrags. Eine Regelung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall liegt nicht vor. Die Regelung des § 5 Nr. 3 Satz 2 der Verträge spricht dafür, dass eine solche Entgeltfortzahlung nicht beabsichtigt ist. Denn dort heißt es, dass eine plötzliche Erkrankung oder ähnliche Verhinderungsgründe keine Vertragsstrafe auslösen würde. Auch die Regelung des § 5 Nr. 4 der Verträge spricht für eine selbständige Tätigkeit, da die Beigeladene zu 1 bei einem Ausfall einer Veranstaltung nicht das volle Honorar, sondern nur 50 % zu zahlen hat. Nach § 1 Satz 2 der Honorarverträge wird durch diese Verträge ein arbeits- oder sozialversicherungsrechtliches Dienstverhältnis nicht begründet. Auch eine Urlaubsregelung fehlt in dem Vertrag.

Die eindeutige vertragliche Regelung stimmt überein mit der tatsächlichen Ausgestaltung der vertraglichen Beziehungen. Der Kläger hat zunächst weder vorgetragen noch ist ersichtlich, dass er Urlaub in Anspruch genommen hat. Die Beigeladene zu 1 hat vorgetragen, dass es dem Kläger freistand, die Durchführung von Seminaren, aus welchen Gründen auch immer, abzulehnen bzw. die Tätigkeit für sie jederzeit zu beenden. Dies ist vom Kläger auch nicht bestritten worden. Nach den Auskünften des N. K.-B. erhielt der Kläger keine Entgeltfortzahlung. Zwar meinte dieser, dass er dies deshalb nicht erhalten habe, weil er nie krank gewesen sei. Jedenfalls lässt sich aber aus dieser Angabe entnehmen, dass tatsächlich die Honorarverträge nicht anders umgesetzt wurden, als sie nach dem erkennbaren Willen der Beteiligten gefasst waren. Auch bezahlten Urlaub hat der Kläger nach der Auskunft des N. K.-B. nicht erhalten. Zwar trägt der Kläger wiederholt vor, dass die Honorarverträge anders "gelebt und praktiziert" worden seien, als es die Vertragsformulierungen vermuten ließen. Konkrete Hinweise darauf, welche Abweichungen in der Wirklichkeit vorlagen, gibt er jedoch nicht. Soweit er sich darauf bezieht, dass Zeit und Art der Veranstaltungen von der Beigeladenen bestimmt worden sind, ist darauf zu verweisen, dass er – wie bereits ausgeführt – als Vertragsbeteiligter des Honorarvertrags mitbestimmen konnte, welche Veranstaltungen er übernimmt. Es bedurfte damit keiner Weisung der Beigeladenen zu 1, bestimmte Veranstaltungen zu übernehmen. Die zu übernehmenden Veranstaltungen und deren Zeiten ergaben sich bereits direkt aus den vertraglichen Vereinbarungen der Vertragsparteien. Dass der Kläger die Lehrveranstaltungen in den von der Beigeladenen bereitgestellten Räumlichkeiten nach Maßgabe eines vorgegebenen Gesamtplans durchgeführt hat, spricht nicht für eine abhängige Beschäftigung. Denn dies ist im pädagogischen Bereich typisch. Allein aus der geminderten Autonomie des Dozenten durch Bereitstellung von Räumlichkeiten und Vereinbarung eines Gesamtplanes kann nicht auf die Weisungsgebundenheit geschlossen werden. Es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger im Rahmen einer Einzelanweisung eine Vertretung für einen verhinderten Kollegen wahrnehmen musste. N. K.-B. hat lediglich mitgeteilt, dass der Kläger einige Male als Ersatzreferent für verhinderte Kollegen eingesetzt worden sei. Er hat jedoch nicht mitgeteilt, dass dies auf Weisung der Beigeladenen zu 1 geschehen ist und nicht innerhalb einer einzelvertraglichen Abrede. Allein daraus, dass er nach der Auskunft des Herrn K.-B. von der Beigeladenen zu 1 mit Seminarunterlagen versorgt worden ist, lässt sich nicht entnehmen, dass eine Weisungsgebundenheit vorgelegen hat. Denn nach der vertraglichen Regelung war die Vor- und Nachbearbeitung der "Tagewerke" nicht besonders geregelt. Mit dem Honorar für das jeweilige Tagewerk war auch die Vor- und Nachbereitung bereits mit vergütet.

Für eine selbständige Tätigkeit spricht schließlich auch die von der Beigeladenen zu 1 eingereichte Präsentation des Klägers im Internet (Bl. 221 GA). Dort stellt das "Forum für Betriebs- und Personalräte Wittenberg e. V." den Kläger als Referenten vor und führt aus: ( ) "als Referent tätig seit 1992, zunächst ehrenamtlich für die IG Metall, dann nebenberuflich selbständig, seit Mitte 2003 hauptberuflich selbständig". Auch in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 14. August 2007 zum Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gibt der Kläger als berufliche Tätigkeit "freiberuflich selbständig" an. Er ist als Dozent für Arbeitsrecht ("Arbeitsrechtstrainer") und aufgrund seiner jahrelangen Tätigkeit in dem Bereich Sozialrecht/Arbeitsrecht in der Lage, die Unterscheidung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit zu treffen. Hier geht er offenbar selbst von einer selbständigen Tätigkeit aus. Zwar betrifft der Antrag auf Prozesskostenhilfe nicht den Zeitraum ab März 2003, jedoch ist er weiterhin als Dozent tätig, ohne dass eine entscheidende Änderung ersichtlich ist. Für die selbständige Tätigkeit spricht auch, dass der Kläger die Honoraransprüche gegen die Beigeladene zu 1 vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht, nicht aber vor dem für abhängige Beschäftigungsverhältnisse zuständigen Arbeitsgericht geltend gemacht hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Für den Kostenerstattungsanspruch der Beigeladenen ist § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) – anders als in den Verfahren nach § 197a SGG – nicht anwendbar; allerdings ergeht auch die Entscheidung nach § 193 SGG nach Billigkeit. Zu berücksichtigen ist u. a., ob der Beigeladene Anträge gestellt hat (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar, SGG, 9. Auflage, § 193 Rn. 11a; § 197a, Rn. 29). Die Beigeladenen haben selbst keine Anträge gestellt und sich damit auch nicht in ein Kostenrisiko begeben. Vor diesem Hintergrund hat der Senat ihnen auch keine Kostenerstattung zugesprochen.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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