Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 1 R 455/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 332/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Erwerbsminderung
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
: Die Beteiligten streiten über die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI).
Die am ... 1958 geborene Klägerin absolvierte nach der Schulausbildung (Zehn-Klassen-Abschluss) nach ihren Angaben vom 1. September 1975 bis zum Mutterschutz vor der Geburt ihres ersten Kindes am 24. Mai 1977 erfolgreich eine Ausbildung zur Facharbeiterin für automatisierte Produktionssysteme. Sie widmete sich dann bis zur Aufnahme einer Beschäftigung als Glaserhelferin am 19. Juni 1978 der Kindererziehung. Sie war bis zum 31. Mai 1997 in dieser Tätigkeit sowie vom 14. April bis zum 30. September 1998 und vom 4. Januar 1999 bis zum 13. März 2003 als Unterhaltsreinigerin beschäftigt; in den dazwischen liegenden Zeiträumen war sie arbeitslos. Im Anschluss daran erhielt sie Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld.
Die Klägerin beantragte am 11. November 2004 bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Sachsen-Anhalt, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der diesen Antrag ablehnende Bescheid der Beklagten vom 4. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2006 wurde nach einem durch Klagerücknahme beendeten Verfahren vor dem Sozialgericht Dessau (Az. S 2 R 87/06) bestandskräftig. In der nichtöffentlichen Sitzung des Sozialgerichts am 19. April 2007 gab die Klägerin ihren dem vorliegenden Streitverfahren zugrunde liegenden Rentenantrag zu Protokoll, den sie mit der bei ihr vorliegenden Hepatitis, Schilddrüsenerkrankung, Bandscheibenvorlagerung und starken Schmerzen begründete.
Die Beklagte zog zunächst die Unterlagen aus dem vorangegangenen Renten- bzw. Rehabilitationsverfahren bei. Nach dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik G. vom 21. März 2003 über die dort vom 13. Februar bis zum 13. März 2003 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme war die Klägerin auch für mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr täglich einsetzbar. Aus dem von der Beklagten beigezogenen Entlassungsbericht der Inneren Abteilung des Klinikums B. vom 29. März 2004 ergibt sich die Absicherung einer hepatitisähnlichen toxischen Hepatose mit zentrolobulären Nekrosen, geringer Cholestase und ausgeprägter zelliger Reaktion in den nicht fibrös verdichteten Periportalfeldern ohne Verfettung. Auffällig sei die erheblich rundzellige Infiltration der hierdurch verbreiterten Portalfelder, die auch an ein Lymphödem denken lasse. Ein eindeutiger Hinweis für einen medikamentöstoxischen Leberparenchymschaden, einen mechanisch bedingten Ikterus, eine Hepatitis oder andere leberspezifische Erreger habe nicht belegt werden können. Dr. O., Chefarzt der Inneren Klinik/Klinikum B., gab in seinem von der Beklagten eingeholten Gutachten vom 28. Februar 2005 an, die Klägerin werde seit 2004 wegen einer immunologischen Lebererkrankung behandelt. Diese sei medikamentös offensichtlich gut eingestellt. Die Kontrollparameter hätten keine Erhöhung der Transaminasen gezeigt. Der sonografische Befund sei ebenfalls regelrecht. Im Vordergrund der Beschwerden der Klägerin stünden die Wirbelsäulenschmerzen im Sinne eines chronischen lumbalgiformen Syndroms, die ein röntgenologisches Substrat hätten. Für die Anämie habe sich in den durchgeführten Untersuchungen kein pathologischer Befund ergeben; weitere diagnostische Maßnahmen sollten durchgeführt werden. Die Lebererkrankung schränke die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht zusätzlich ein. Sie sei für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten vollschichtig einsetzbar. Zu vermeiden seien länger andauernde Zwangshaltungen. Eine mehrfache sozialmedizinische Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), zuletzt mit dem Gutachten vom 24. Januar 2005, auf Grund der von Dipl.-Med. S. fortlaufend bescheinigten Arbeitsunfähigkeit ergab im Ergebnis eine Verweisbarkeit der Klägerin an die Arbeitsverwaltung zur Vermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Es bestehe eine Diskrepanz zwischen dem völlig normalen objektiven Untersuchungsbefund und den geklagten Beschwerden. Bis auf eine abgeschwächte Bauchdeckenmuskulatur und eine schwache Lumbalmuskulatur seien muskuläre Dysbalancen nicht nachweisbar. Die Leberwerte seien normal; es bestehe lediglich eine leichte chronische Eisenmangelanämie. Die Klägerin sei arbeitsfähig; eine Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit bestehe nicht.
Die Beklagte zog auch die Unterlagen aus dem Verfahren vor dem Sozialgericht Dessau S 2 R 87/06 bei. Aus dem dort eingeholten Befundbericht von Dr. O. vom 25. September 2006 ergibt sich eine Verbesserung und Stabilisierung des Gesundheitszustands der Klägerin. Aus gastroenterologischer Sicht könne die Klägerin leichte körperliche Tätigkeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen sechs Stunden ausüben. Zu beachten sei, dass sich die Klägerin unter laufender immunsuppressiver Therapie bei Autoimmunhepatitis befinde. Diese Leistungseinschätzung wird auch in den Befundberichten von der Fachärztin für Frauenheilkunde Dipl.-Med. O. vom 27. Oktober 2006 und von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. S. vom 4. Dezember 2006 wiedergegeben. Die Fachärztin für Anästhesiologie/Spezielle Schmerztherapie/Chirotherapie Dr. R. hat in ihren Befundberichten vom 19. September 2006 und 2. April 2007 eine gewisse Verbesserung der Symptomatik bestätigt, allerdings eine erneute Verschlechterung bei einer Belastung der Klägerin prognostiziert; die Klägerin könne leichte körperliche Arbeiten weniger als drei Stunden täglich verrichten. In dem Entlassungsbericht der Inneren Klinik des Klinikums. B. vom 11. April 2007 über die stationäre Behandlung der Klägerin vom 13. bis zum 29. März 2007 ergibt sich eine Verringerung der zunächst sehr hohen Transaminasewerte unter hochdosierter Prednisolontherapie.
Aus dem vom Sozialgericht eingeholten Gutachten von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 23. Februar 2007 gehen auf nervenärztlichem Fachgebiet nur ein leichter idiopathischer Tremor und Beschwerden nach Karpaltunneloperation rechts hervor, der sich in einem leichten, feinschlägigen Ruhe- und Intentionstremor der Hände äußere. Auf Grund des Zustands nach der Karpaltunneloperation rechts bestünden lediglich bei Druck auf das Handgelenk (z.B. beim Fahrradfahren) Beschwerden. Eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung liege nicht vor. Die von der Klägerin geklagten Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) und der Lendenwirbelsäule (LWS) mit Schmerzausstrahlung in die Extremitäten seien durch degenerative Veränderungen der Wirbelsäule bedingt und hinreichend erklärt. Die Klägerin könne leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne Zwangshaltung, im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen vollschichtig ausüben; Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Feinmotorik der Hände oder einer Druckbelastung auf die Handgelenke könne die Klägerin nicht leisten.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 4. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. August 2007 ab. Die Klägerin sei noch fähig, sechs Stunden und mehr täglich leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne starken Zeitdruck (z.B. Akkord), ohne häufiges Heben, Tragen, Bücken, Hocken, Knien, ohne häufige Zwangshaltungen sowie ohne besondere Anforderungen an die Feinmotorik der Hände zu verrichten. Bei der Klägerin sei von einem Hauptberuf als Reinigungskraft auszugehen. Als Ungelernte im Sinne des Mehrstufenschemas des Bundessozialgerichts (BSG) sei sie auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.
Mit ihrer am 30. August 2007 bei dem Sozialgericht Dessau-Roßlau erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren - gerichtet auf eine Rentengewährung wegen voller, teilweiser bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit - weiterverfolgt. Sie könne auf Grund ihrer Krankheiten einer Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr nachgehen. Ihr Gesundheitszustand habe sich durch einen weiteren Schub ihrer Autoimmunhepatitis weiter verschlechtert.
Das Sozialgericht hat zunächst durch Einholung eines Befundberichtes von dem Facharzt u.a. für Orthopädie Dipl.-Med. F. vom 19. November 2007 ermittelt, der eine erhebliche Verschlechterung oder Verbesserung der Befunde der Klägerin im Behandlungszeitraum (September 2002 bis Oktober 2007) verneint hat.
Das Sozialgericht hat sodann ein Gutachten von Dr. L., Leitender Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Krankenhaus Anhalt-Z., vom 9. April 2008 eingeholt. Die Klägerin habe über einen ständigen Schmerz im Bereich der HWS, der Schultern, der Oberarme (teilweise bis in die Fingerspitzen) geklagt, die sich bei bestimmten Bewegungen verstärkten. Die zunehmend auch auftretenden Schmerzen in beiden Knien, den Ober- und Unterschenkeln verstärkten sich beim Steigen von Treppen oder Laufen. Die Klägerin habe weiter von blutunterlaufenen Augen, einem Augenflimmern, Zungenschmerz, Tremor, Kloßgefühl im Hals, Sensibilitätsstörungen der Zunge, einem Zittern am ganzen Körper, Schwindelgefühl, Schlafstörungen bei Kraftlosigkeit, einem Herzrasen, Panikattacken, einer Nervosität und Vergesslichkeit sowie Konzentrationsschwierigkeiten berichtet. Die Klägerin befinde sich in einem guten Allgemein- und Ernährungszustand. Bei der Untersuchung seien die Extremitäten und Wirbelsäule aktiv und passiv frei beweglich gewesen. Es bestehe ein Druckschmerz im Bereich der HWS und der Schultermuskulatur. Die Fuß- und Beinimpulse seien beidseits seitengleich palpabel und die Reflexe beidseits auslösbar. Die Fahrradergometrie sei nach 40 Sekunden auf der Stufe von 125 Watt abgebrochen worden. Als zu stellende Diagnose hat der Sachverständige die Autoimmunhepatitis angegeben. Im Rahmen der bei der Begutachtung der durchgeführten Labordiagnostik hätten sich alle Parameter im Normbereich befunden. Die Oberbauchsonografie habe - mit Ausnahme einer leicht verdichteten Leberstruktur - keinen krankhaften Befund ergeben. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin seien ein Stadium "Child A" der Leberfunktion ohne Nebenwirkungen durch Azathioprin bei unter der Cushing-Schwellendosis liegender Prednisolondosis zu berücksichtigen. Es sei von einer mäßiggradigen Einschränkung der physischen und emotionalen Belastbarkeit auszugehen. Tätigkeiten mit lebertoxischen Substanzen seien der Klägerin nicht möglich. Im Übrigen könne sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen oder überwiegend im Sitzen - z.B. leichte Sortier- oder Büroarbeiten - mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Eine Einschränkung der Gehfähigkeit der Klägerin liege nicht vor. Die festgestellte Minderung der Leistungsfähigkeit bestehe sei April 2007 und auf Dauer.
Die Klägerin hat dem Sozialgericht eine ärztliche Bescheinigung von Dr. R. vom 27. Mai 2008 übersandt, in der angegeben wird, sie - die Klägerin - sei auf dem Arbeitsmarkt nur für Arbeiten von täglich weniger als drei Stunden (wöchentlich unter 15 Stunden) vermittelbar. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf Blatt 86 bis 87 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11. September 2008 abgewiesen. Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Gegen den ihr am 17. September 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17. Oktober 2008 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt, die sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf eine Rentengewährung wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung beschränkt hat. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, sie sei nicht mehr in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden täglich zu verrichten. Die bei ihr vorliegende somatoforme Schmerzstörung habe erhebliche Auswirkungen auf ihr Leistungsvermögen und sei medikamentös nicht erfolgreich zu behandeln. Bezüglich eines weiteren Schubes der bei ihr vorliegenden Autoimmunhepatitis verweist sie auf den von ihr übersandten Arztbrief des Assistenzarztes Dr. W., Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin/Universitätsklinikum H. (Saale), vom 9. April 2009, Blatt 139 der Gerichtsakte, auf den im Übrigen Bezug genommen wird.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 11. September 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. August 2007 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 1. Mai 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Senat hat zunächst den Entlassungsbericht der Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum H. vom 16. April 2009 über die dort durchgeführte stationäre Behandlung der Klägerin vom 9. bis zum 16. April 2009 beigezogen. Darin werden als Diagnosen ein erneuter Schub der Autoimmunhepatitis unter Prednisolon-Pause, eine Glossodynie, ein duodenogastroösophagealer Reflux und eine passagere Hypokaliämie angegeben. Während der stationären Behandlung sei eine Prednisolon-Stoßtherapie eingeleitet worden. Die Medikation hat danach nach Abschluss der stationären Behandlung bis zur Erhaltungsdosis schrittweise herabgesetzt werden können. Die Klägerin sei bei relativem Wohlbefinden entlassen worden.
Die Beklagte hat dem Senat die ihr von der Klägerin übersandten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Dipl.-Med. S. für den Gesamtzeitraum vom 2. Oktober 2008 bis zum 1. Juli 2009 zugeleitet.
Der Senat hat ein Gutachten vom 6. Oktober 2009 von dem Facharzt für Orthopädie/Rheumatologie/Sportmedizin/Physikalische Therapie/Chirotherapie/Rehabilitationswesen/Sozialmedizin Dr. E. eingeholt. Die Klägerin habe angegeben, unter ständigen Beschwerden im Bereich der HWS und LWS mit Ausstrahlung in die Schulter- und Beckenregion zu leiden. Sie habe einen "24-Stunden-Schmerz". Bei Belastungen, wie der Hausarbeit, einem Bücken, Heben, Tragen oder einer Überkopfarbeit, seien die Schmerzen verstärkt. Selbst beim Anspannen der Muskulatur im Bereich der Oberarme verspüre sie einen heftigen Schmerz, ebenso bei Berührung oder Druck auf die Hand- und Fingergelenke mit dort gelegentlich auftretenden Schwellungen. Sie habe "Einlaufbeschwerden" im Bereich der Hände und Füße von ein paar Minuten. Sie könne nicht lange sitzen (maximal eine halbe Stunde), gehen oder länger stehen. Sie könne nur Gehstrecken von drei bis fünf Minuten bzw. 50 bis 100 Metern zurücklegen, dann müsse sie eine Minute pausieren. Sie erhalte eine Schmerztherapie in Form von einer medikamentösen Behandlung, u.a. mit Injektionen. Sie fühle sich abgespannt, schwitze viel und habe Konzentrationsstörungen und Zungenschmerzen.
Die Klägerin habe sich in einem guten Allgemein- und Ernährungszustand (164 cm/74 kg) vorgestellt. Sie habe sich bei der Untersuchung bewusstseinsklar und voll orientiert, ohne formale oder inhaltlichen Denkstörungen gezeigt. Gedächtnis, Affektivität und Antrieb seien ohne Auffälligkeiten, Auffassung und Konzentration intakt gewesen. Das Gangbild zu ebener Erde sei bei gleicher Schrittlänge und Belastungsphase flüssig und sicher gewesen. Das Aus- und Ankleiden sei ohne fremde Hilfe und ohne Ausweichbewegungen gelungen. Die HWS sei nur gering in der Seitenbeweglichkeit, die LWS in der Vorneige-, Seitneige- und Drehbeweglichkeit gegenüber dem Normalmaß eingeschränkt, Ellenbogen-, Hand-, Fingergelenke und Hände sowie Hüft-, Knie-, Sprunggelenke und Füße seien frei beweglich gewesen. Die Fußsohlenbeschwielung habe sich seitengleich dargestellt. Hinweise für Störungen von Reflexen, Motorik, Sensibilität oder der Durchblutung der Extremitäten hätten sich nicht gefunden. Auf den vorgelegten Röntgenbildern hätten sich im Bereich der HWS und LWS neben einer Fehlstatik verschleißbedingte Veränderungen vornehmlich im unteren Abschnitt gezeigt. Durch die Magnetresonanztomografie (MRT) werde an der LWS eine Bandscheibenvorwölbung im untersten Bandscheibenfach und an der HWS neben verschleißbedingten Veränderungen Bandscheibenvorfälle in mehreren Etagen (C 4 bis 7) - ohne aktuelles klinisches und neurologisches Substrat - bestätigt.
Als Diagnosen hat der Sachverständige angegeben: Chronisches lumbales vertebragenes Schmerzsyndrom. Chronisches zervikobrachiales vertebragenes Schmerzsyndrom. Autoimmunhepatitis, medikamentös behandelt. Schilddrüsenvergrößerung.
Die Klägerin könne noch sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten, ohne einseitige körperliche Belastung, Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Heben, Bewegen oder Tragen mittelschwerer oder schwerer Lasten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten verrichten. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände sei nicht eingeschränkt. Wesentliche Einschränkungen in Bezug auf geistige Fähigkeiten oder psychische Faktoren seien nicht festgestellt worden. Die Klägerin sei noch in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel oder ein Kfz zu benutzen und viermal täglich mindestens 500 Meter zu Fuß zurückzulegen. Körperliche Arbeiten wie z.B. das Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen und Bedienen von Maschinen, das Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen seien der Klägerin zumutbar. Im Hinblick auf die Feststellung in dem vom Sozialgericht eingeholten internistischen Gutachten, längere krankheitsbedingte Ausfallzeiten seien nicht zu erwarten, sei ggf. vor dem Hintergrund der von Dipl.-Med. S. seit dem 2. Oktober 2008 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit der Klägerin eine weitere Abklärung vorzunehmen. Die vorgelegten serologischen Parameter belegten deutlich schwankende (erhöhte) Blutwerte der Leberfunktion.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
: Die Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Gemäß § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI teilweise erwerbsgemindert. Sind sie nicht mehr in der Lage, in diesem Rahmen mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, sind sie nach Absatz 2 Satz 2 dieser Vorschrift voll erwerbsgemindert. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Die Klägerin ist nicht erwerbsgemindert in diesem Sinne.
Die Klägerin ist noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten zu verrichten. Zu vermeiden sind einseitige oder statische Zwangshaltungen, ein Heben und Tragen von mittelschweren oder schweren Lasten ohne Hilfsmittel, häufiges Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie solche mit Einwirkungen von lebertoxischen Substanzen. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände der Klägerin ist nicht eingeschränkt, ihre geistigen bzw. psychischen Fähigkeiten genügen durchschnittlichen Anforderungen.
Dieses Leistungsbild ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den Feststellungen von Dr. E. in seinem Gutachten vom 6. Oktober 2009 und von Dr. L. in dem vom Sozialgericht eingeholten Gutachten vom 9. April 2008. Ergänzend stützt sich der Senat auch auf das von Dr. B. auf Anforderung der Beklagten erstellte Gutachten vom 23. Februar 2007.
Im Vordergrund stehen bei der Klägerin Gesundheitseinschränkungen auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet.
Auf orthopädischem Fachgebiet leidet die Klägerin unter einem chronischen lumbalen vertebragenen und zervikobrachialen Schmerzsyndrom. Auf Grund dieser Gesundheitseinschränkungen ergibt sich für die Klägerin die Notwendigkeit, Arbeiten mit einem häufigen Bücken sowie dem Tragen oder Bewegen von mittelschweren oder schweren Lasten ohne Hilfsmittel zu vermeiden.
Auf internistischem Fachgebiet besteht bei der Klägerin die Erkrankung an einer Autoimmunhepatitis. Bereits aus den Angaben der Klägerin lassen sich keine durch diese Erkrankung bedingten wesentlichen Einschränkungen ihrer Leistungsfähigkeit entnehmen. Dr. L. hat in seinem Gutachten vom 9. April 2008 einen guten Allgemein- und Ernährungszustand der Klägerin angegeben. Die von diesem Sachverständigen durchgeführte Labordiagnostik hat Parameter im Normbereich, die Oberbauchsonografie hat keinen krankhaften Befund ergeben. Nach einer stationären Behandlung vom 9. bis zum 16. April 2009 im Anschluss an eine Prednisolon-Pause ist die Klägerin zur Reduktion der Prednisolon-Medikation auf die Erhaltungsdosis bei relativem Wohlbefinden in die ambulante Behandlung entlassen worden. Eine dauerhafte Verschlechterung des internistischen Erkrankungsbildes ergibt sich aus diesem Befund nicht. Das kardiopulmonale Leistungsvermögen der Klägerin ist nach den Feststellungen von Dr. L. nicht über eine Begrenzung auf körperlich bis mittelschwere Arbeiten hinausgehend eingeschränkt. Zu vermeiden sind auf Grund der Autoimmunhepatitis im Übrigen Arbeiten mit einer Exposition gegenüber lebertoxischen Substanzen.
Eine das Leistungsvermögen darüber hinausgehend einschränkende psychiatrische Erkrankung der Klägerin hat sich nicht feststellen lassen. Eine somatoforme Schmerzstörung ist von Dr. B. in seinem Gutachten vom 23. Februar 2007 ausgeschlossen worden. Die Diskrepanz zwischen den von der Klägerin angegebenen Schmerzen sowie Beschwerden und dem tatsächlichen orthopädischem Befund wird bereits in dem MDK-Gutachten vom 24. Januar 2005 erwähnt, ohne dass auf ein krankhaftes psychiatrisches Geschehen hingewiesen wird. Alle Gutachter haben im Übrigen einen unauffälligen psychischen Befund festgestellt. Letztlich hat sich für die Vielzahl der behaupteten Beschwerden und Einschränkungen kein wesentliches organisches Korrelat finden lassen.
Bei der Klägerin liegen auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die trotz des Leistungsvermögens von mehr als sechs Stunden täglich zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führen würden. Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Das Restleistungsvermögen der Klägerin reicht vielmehr noch für zumindest leichte körperliche Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, das Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats (GS) des BSG vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f.). Das für diese Verrichtungen noch gegebene Leistungsvermögen der Klägerin haben insbesondere Dr. L. und Dr. E. in ihren Gutachten vom 9. April 2008 bzw. 6. Oktober 2009 bestätigt.
Auch liegt im Fall der Klägerin kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde (vgl. BSG, GS, a.a.O.,= S. 35). Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einem Versicherten die sog. Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von mehr als 500 Metern mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Soweit die Klägerin gegenüber Dr. E. eine auf drei bis fünf Minuten bzw. eine Entfernung von 50 bis 100 Metern reduzierte Gehstrecke angegeben hat, steht dem keine tatsächlich Einschränkung in diesem Umfang gegenüber. Das hat zuletzt Dr. E. in seinem Gutachten vom 6. Oktober 2006 bestätigt. Die Klägerin kann auch öffentliche Verkehrsmittel bzw. ein Kfz regelmäßig benutzen, wie u.a. dieser Sachverständige bestätigt hat.
Der Senat sah keine Veranlassung, auf Grund der durch Dipl.-Med. S. seit dem 2. Oktober 2008 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit davon auszugehen, dass die Klägerin nur unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann. Dipl.-Med. S. hatte bereits im Jahr 2004/2005 eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin bescheinigt, die schließlich Gegenstand der Begutachtung durch den MDK wurde und in diesem Rahmen nicht bestätigt werden konnte. Unter den rechtlich maßgebenden Kriterien der Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit ergeben sich aus dem Akteninhalt keine Anhaltspunkte dafür, dass für die Klägerin prognostisch zu einem Zeitpunkt ab Rentenantragstellung eine länger andauernde Arbeitsunfähigkeit zu erwarten war. Die Umstände des Absetzens der Prednisolon-Medikation lassen sich aus dem Entlassungsbericht der Inneren Klinik der Universitätsklinik H. nicht entnehmen. Unter der dort durchgeführten Neueinstellung der Klägerin auf dieses Arzneimittel konnte bereits im Rahmen einer stationären Behandlung von einer Woche eine wesentliche Reduktion der durch die Autoimmunhepatitis erhöhten serologischen Parameter erzielt werden. Auch vor diesem Hintergrund bestand keine Veranlassung für den Senat, eine erneute Begutachtung der Klägerin auf internistischem Fachgebiet vorzunehmen zu lassen. Denn die Feststellung für die Vergangenheit, ob die Voraussetzungen der ab dem 2. Oktober 2008 erneut festgestellten Arbeitsunfähigkeit tatsächlich gegeben waren, hätte angesichts der medizinischen Beweisaufnahme keine Auswirkung auf das Ergebnis des Rechtsstreits gehabt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Entscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Tatbestand:
: Die Beteiligten streiten über die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI).
Die am ... 1958 geborene Klägerin absolvierte nach der Schulausbildung (Zehn-Klassen-Abschluss) nach ihren Angaben vom 1. September 1975 bis zum Mutterschutz vor der Geburt ihres ersten Kindes am 24. Mai 1977 erfolgreich eine Ausbildung zur Facharbeiterin für automatisierte Produktionssysteme. Sie widmete sich dann bis zur Aufnahme einer Beschäftigung als Glaserhelferin am 19. Juni 1978 der Kindererziehung. Sie war bis zum 31. Mai 1997 in dieser Tätigkeit sowie vom 14. April bis zum 30. September 1998 und vom 4. Januar 1999 bis zum 13. März 2003 als Unterhaltsreinigerin beschäftigt; in den dazwischen liegenden Zeiträumen war sie arbeitslos. Im Anschluss daran erhielt sie Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld.
Die Klägerin beantragte am 11. November 2004 bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Sachsen-Anhalt, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der diesen Antrag ablehnende Bescheid der Beklagten vom 4. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2006 wurde nach einem durch Klagerücknahme beendeten Verfahren vor dem Sozialgericht Dessau (Az. S 2 R 87/06) bestandskräftig. In der nichtöffentlichen Sitzung des Sozialgerichts am 19. April 2007 gab die Klägerin ihren dem vorliegenden Streitverfahren zugrunde liegenden Rentenantrag zu Protokoll, den sie mit der bei ihr vorliegenden Hepatitis, Schilddrüsenerkrankung, Bandscheibenvorlagerung und starken Schmerzen begründete.
Die Beklagte zog zunächst die Unterlagen aus dem vorangegangenen Renten- bzw. Rehabilitationsverfahren bei. Nach dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik G. vom 21. März 2003 über die dort vom 13. Februar bis zum 13. März 2003 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme war die Klägerin auch für mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr täglich einsetzbar. Aus dem von der Beklagten beigezogenen Entlassungsbericht der Inneren Abteilung des Klinikums B. vom 29. März 2004 ergibt sich die Absicherung einer hepatitisähnlichen toxischen Hepatose mit zentrolobulären Nekrosen, geringer Cholestase und ausgeprägter zelliger Reaktion in den nicht fibrös verdichteten Periportalfeldern ohne Verfettung. Auffällig sei die erheblich rundzellige Infiltration der hierdurch verbreiterten Portalfelder, die auch an ein Lymphödem denken lasse. Ein eindeutiger Hinweis für einen medikamentöstoxischen Leberparenchymschaden, einen mechanisch bedingten Ikterus, eine Hepatitis oder andere leberspezifische Erreger habe nicht belegt werden können. Dr. O., Chefarzt der Inneren Klinik/Klinikum B., gab in seinem von der Beklagten eingeholten Gutachten vom 28. Februar 2005 an, die Klägerin werde seit 2004 wegen einer immunologischen Lebererkrankung behandelt. Diese sei medikamentös offensichtlich gut eingestellt. Die Kontrollparameter hätten keine Erhöhung der Transaminasen gezeigt. Der sonografische Befund sei ebenfalls regelrecht. Im Vordergrund der Beschwerden der Klägerin stünden die Wirbelsäulenschmerzen im Sinne eines chronischen lumbalgiformen Syndroms, die ein röntgenologisches Substrat hätten. Für die Anämie habe sich in den durchgeführten Untersuchungen kein pathologischer Befund ergeben; weitere diagnostische Maßnahmen sollten durchgeführt werden. Die Lebererkrankung schränke die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht zusätzlich ein. Sie sei für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten vollschichtig einsetzbar. Zu vermeiden seien länger andauernde Zwangshaltungen. Eine mehrfache sozialmedizinische Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), zuletzt mit dem Gutachten vom 24. Januar 2005, auf Grund der von Dipl.-Med. S. fortlaufend bescheinigten Arbeitsunfähigkeit ergab im Ergebnis eine Verweisbarkeit der Klägerin an die Arbeitsverwaltung zur Vermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Es bestehe eine Diskrepanz zwischen dem völlig normalen objektiven Untersuchungsbefund und den geklagten Beschwerden. Bis auf eine abgeschwächte Bauchdeckenmuskulatur und eine schwache Lumbalmuskulatur seien muskuläre Dysbalancen nicht nachweisbar. Die Leberwerte seien normal; es bestehe lediglich eine leichte chronische Eisenmangelanämie. Die Klägerin sei arbeitsfähig; eine Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit bestehe nicht.
Die Beklagte zog auch die Unterlagen aus dem Verfahren vor dem Sozialgericht Dessau S 2 R 87/06 bei. Aus dem dort eingeholten Befundbericht von Dr. O. vom 25. September 2006 ergibt sich eine Verbesserung und Stabilisierung des Gesundheitszustands der Klägerin. Aus gastroenterologischer Sicht könne die Klägerin leichte körperliche Tätigkeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen sechs Stunden ausüben. Zu beachten sei, dass sich die Klägerin unter laufender immunsuppressiver Therapie bei Autoimmunhepatitis befinde. Diese Leistungseinschätzung wird auch in den Befundberichten von der Fachärztin für Frauenheilkunde Dipl.-Med. O. vom 27. Oktober 2006 und von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. S. vom 4. Dezember 2006 wiedergegeben. Die Fachärztin für Anästhesiologie/Spezielle Schmerztherapie/Chirotherapie Dr. R. hat in ihren Befundberichten vom 19. September 2006 und 2. April 2007 eine gewisse Verbesserung der Symptomatik bestätigt, allerdings eine erneute Verschlechterung bei einer Belastung der Klägerin prognostiziert; die Klägerin könne leichte körperliche Arbeiten weniger als drei Stunden täglich verrichten. In dem Entlassungsbericht der Inneren Klinik des Klinikums. B. vom 11. April 2007 über die stationäre Behandlung der Klägerin vom 13. bis zum 29. März 2007 ergibt sich eine Verringerung der zunächst sehr hohen Transaminasewerte unter hochdosierter Prednisolontherapie.
Aus dem vom Sozialgericht eingeholten Gutachten von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 23. Februar 2007 gehen auf nervenärztlichem Fachgebiet nur ein leichter idiopathischer Tremor und Beschwerden nach Karpaltunneloperation rechts hervor, der sich in einem leichten, feinschlägigen Ruhe- und Intentionstremor der Hände äußere. Auf Grund des Zustands nach der Karpaltunneloperation rechts bestünden lediglich bei Druck auf das Handgelenk (z.B. beim Fahrradfahren) Beschwerden. Eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung liege nicht vor. Die von der Klägerin geklagten Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) und der Lendenwirbelsäule (LWS) mit Schmerzausstrahlung in die Extremitäten seien durch degenerative Veränderungen der Wirbelsäule bedingt und hinreichend erklärt. Die Klägerin könne leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne Zwangshaltung, im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen vollschichtig ausüben; Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Feinmotorik der Hände oder einer Druckbelastung auf die Handgelenke könne die Klägerin nicht leisten.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 4. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. August 2007 ab. Die Klägerin sei noch fähig, sechs Stunden und mehr täglich leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne starken Zeitdruck (z.B. Akkord), ohne häufiges Heben, Tragen, Bücken, Hocken, Knien, ohne häufige Zwangshaltungen sowie ohne besondere Anforderungen an die Feinmotorik der Hände zu verrichten. Bei der Klägerin sei von einem Hauptberuf als Reinigungskraft auszugehen. Als Ungelernte im Sinne des Mehrstufenschemas des Bundessozialgerichts (BSG) sei sie auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.
Mit ihrer am 30. August 2007 bei dem Sozialgericht Dessau-Roßlau erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren - gerichtet auf eine Rentengewährung wegen voller, teilweiser bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit - weiterverfolgt. Sie könne auf Grund ihrer Krankheiten einer Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr nachgehen. Ihr Gesundheitszustand habe sich durch einen weiteren Schub ihrer Autoimmunhepatitis weiter verschlechtert.
Das Sozialgericht hat zunächst durch Einholung eines Befundberichtes von dem Facharzt u.a. für Orthopädie Dipl.-Med. F. vom 19. November 2007 ermittelt, der eine erhebliche Verschlechterung oder Verbesserung der Befunde der Klägerin im Behandlungszeitraum (September 2002 bis Oktober 2007) verneint hat.
Das Sozialgericht hat sodann ein Gutachten von Dr. L., Leitender Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Krankenhaus Anhalt-Z., vom 9. April 2008 eingeholt. Die Klägerin habe über einen ständigen Schmerz im Bereich der HWS, der Schultern, der Oberarme (teilweise bis in die Fingerspitzen) geklagt, die sich bei bestimmten Bewegungen verstärkten. Die zunehmend auch auftretenden Schmerzen in beiden Knien, den Ober- und Unterschenkeln verstärkten sich beim Steigen von Treppen oder Laufen. Die Klägerin habe weiter von blutunterlaufenen Augen, einem Augenflimmern, Zungenschmerz, Tremor, Kloßgefühl im Hals, Sensibilitätsstörungen der Zunge, einem Zittern am ganzen Körper, Schwindelgefühl, Schlafstörungen bei Kraftlosigkeit, einem Herzrasen, Panikattacken, einer Nervosität und Vergesslichkeit sowie Konzentrationsschwierigkeiten berichtet. Die Klägerin befinde sich in einem guten Allgemein- und Ernährungszustand. Bei der Untersuchung seien die Extremitäten und Wirbelsäule aktiv und passiv frei beweglich gewesen. Es bestehe ein Druckschmerz im Bereich der HWS und der Schultermuskulatur. Die Fuß- und Beinimpulse seien beidseits seitengleich palpabel und die Reflexe beidseits auslösbar. Die Fahrradergometrie sei nach 40 Sekunden auf der Stufe von 125 Watt abgebrochen worden. Als zu stellende Diagnose hat der Sachverständige die Autoimmunhepatitis angegeben. Im Rahmen der bei der Begutachtung der durchgeführten Labordiagnostik hätten sich alle Parameter im Normbereich befunden. Die Oberbauchsonografie habe - mit Ausnahme einer leicht verdichteten Leberstruktur - keinen krankhaften Befund ergeben. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin seien ein Stadium "Child A" der Leberfunktion ohne Nebenwirkungen durch Azathioprin bei unter der Cushing-Schwellendosis liegender Prednisolondosis zu berücksichtigen. Es sei von einer mäßiggradigen Einschränkung der physischen und emotionalen Belastbarkeit auszugehen. Tätigkeiten mit lebertoxischen Substanzen seien der Klägerin nicht möglich. Im Übrigen könne sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen oder überwiegend im Sitzen - z.B. leichte Sortier- oder Büroarbeiten - mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Eine Einschränkung der Gehfähigkeit der Klägerin liege nicht vor. Die festgestellte Minderung der Leistungsfähigkeit bestehe sei April 2007 und auf Dauer.
Die Klägerin hat dem Sozialgericht eine ärztliche Bescheinigung von Dr. R. vom 27. Mai 2008 übersandt, in der angegeben wird, sie - die Klägerin - sei auf dem Arbeitsmarkt nur für Arbeiten von täglich weniger als drei Stunden (wöchentlich unter 15 Stunden) vermittelbar. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf Blatt 86 bis 87 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11. September 2008 abgewiesen. Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Gegen den ihr am 17. September 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17. Oktober 2008 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt, die sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf eine Rentengewährung wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung beschränkt hat. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, sie sei nicht mehr in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden täglich zu verrichten. Die bei ihr vorliegende somatoforme Schmerzstörung habe erhebliche Auswirkungen auf ihr Leistungsvermögen und sei medikamentös nicht erfolgreich zu behandeln. Bezüglich eines weiteren Schubes der bei ihr vorliegenden Autoimmunhepatitis verweist sie auf den von ihr übersandten Arztbrief des Assistenzarztes Dr. W., Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin/Universitätsklinikum H. (Saale), vom 9. April 2009, Blatt 139 der Gerichtsakte, auf den im Übrigen Bezug genommen wird.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 11. September 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. August 2007 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 1. Mai 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Senat hat zunächst den Entlassungsbericht der Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum H. vom 16. April 2009 über die dort durchgeführte stationäre Behandlung der Klägerin vom 9. bis zum 16. April 2009 beigezogen. Darin werden als Diagnosen ein erneuter Schub der Autoimmunhepatitis unter Prednisolon-Pause, eine Glossodynie, ein duodenogastroösophagealer Reflux und eine passagere Hypokaliämie angegeben. Während der stationären Behandlung sei eine Prednisolon-Stoßtherapie eingeleitet worden. Die Medikation hat danach nach Abschluss der stationären Behandlung bis zur Erhaltungsdosis schrittweise herabgesetzt werden können. Die Klägerin sei bei relativem Wohlbefinden entlassen worden.
Die Beklagte hat dem Senat die ihr von der Klägerin übersandten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Dipl.-Med. S. für den Gesamtzeitraum vom 2. Oktober 2008 bis zum 1. Juli 2009 zugeleitet.
Der Senat hat ein Gutachten vom 6. Oktober 2009 von dem Facharzt für Orthopädie/Rheumatologie/Sportmedizin/Physikalische Therapie/Chirotherapie/Rehabilitationswesen/Sozialmedizin Dr. E. eingeholt. Die Klägerin habe angegeben, unter ständigen Beschwerden im Bereich der HWS und LWS mit Ausstrahlung in die Schulter- und Beckenregion zu leiden. Sie habe einen "24-Stunden-Schmerz". Bei Belastungen, wie der Hausarbeit, einem Bücken, Heben, Tragen oder einer Überkopfarbeit, seien die Schmerzen verstärkt. Selbst beim Anspannen der Muskulatur im Bereich der Oberarme verspüre sie einen heftigen Schmerz, ebenso bei Berührung oder Druck auf die Hand- und Fingergelenke mit dort gelegentlich auftretenden Schwellungen. Sie habe "Einlaufbeschwerden" im Bereich der Hände und Füße von ein paar Minuten. Sie könne nicht lange sitzen (maximal eine halbe Stunde), gehen oder länger stehen. Sie könne nur Gehstrecken von drei bis fünf Minuten bzw. 50 bis 100 Metern zurücklegen, dann müsse sie eine Minute pausieren. Sie erhalte eine Schmerztherapie in Form von einer medikamentösen Behandlung, u.a. mit Injektionen. Sie fühle sich abgespannt, schwitze viel und habe Konzentrationsstörungen und Zungenschmerzen.
Die Klägerin habe sich in einem guten Allgemein- und Ernährungszustand (164 cm/74 kg) vorgestellt. Sie habe sich bei der Untersuchung bewusstseinsklar und voll orientiert, ohne formale oder inhaltlichen Denkstörungen gezeigt. Gedächtnis, Affektivität und Antrieb seien ohne Auffälligkeiten, Auffassung und Konzentration intakt gewesen. Das Gangbild zu ebener Erde sei bei gleicher Schrittlänge und Belastungsphase flüssig und sicher gewesen. Das Aus- und Ankleiden sei ohne fremde Hilfe und ohne Ausweichbewegungen gelungen. Die HWS sei nur gering in der Seitenbeweglichkeit, die LWS in der Vorneige-, Seitneige- und Drehbeweglichkeit gegenüber dem Normalmaß eingeschränkt, Ellenbogen-, Hand-, Fingergelenke und Hände sowie Hüft-, Knie-, Sprunggelenke und Füße seien frei beweglich gewesen. Die Fußsohlenbeschwielung habe sich seitengleich dargestellt. Hinweise für Störungen von Reflexen, Motorik, Sensibilität oder der Durchblutung der Extremitäten hätten sich nicht gefunden. Auf den vorgelegten Röntgenbildern hätten sich im Bereich der HWS und LWS neben einer Fehlstatik verschleißbedingte Veränderungen vornehmlich im unteren Abschnitt gezeigt. Durch die Magnetresonanztomografie (MRT) werde an der LWS eine Bandscheibenvorwölbung im untersten Bandscheibenfach und an der HWS neben verschleißbedingten Veränderungen Bandscheibenvorfälle in mehreren Etagen (C 4 bis 7) - ohne aktuelles klinisches und neurologisches Substrat - bestätigt.
Als Diagnosen hat der Sachverständige angegeben: Chronisches lumbales vertebragenes Schmerzsyndrom. Chronisches zervikobrachiales vertebragenes Schmerzsyndrom. Autoimmunhepatitis, medikamentös behandelt. Schilddrüsenvergrößerung.
Die Klägerin könne noch sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten, ohne einseitige körperliche Belastung, Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Heben, Bewegen oder Tragen mittelschwerer oder schwerer Lasten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten verrichten. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände sei nicht eingeschränkt. Wesentliche Einschränkungen in Bezug auf geistige Fähigkeiten oder psychische Faktoren seien nicht festgestellt worden. Die Klägerin sei noch in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel oder ein Kfz zu benutzen und viermal täglich mindestens 500 Meter zu Fuß zurückzulegen. Körperliche Arbeiten wie z.B. das Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen und Bedienen von Maschinen, das Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen seien der Klägerin zumutbar. Im Hinblick auf die Feststellung in dem vom Sozialgericht eingeholten internistischen Gutachten, längere krankheitsbedingte Ausfallzeiten seien nicht zu erwarten, sei ggf. vor dem Hintergrund der von Dipl.-Med. S. seit dem 2. Oktober 2008 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit der Klägerin eine weitere Abklärung vorzunehmen. Die vorgelegten serologischen Parameter belegten deutlich schwankende (erhöhte) Blutwerte der Leberfunktion.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
: Die Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Gemäß § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI teilweise erwerbsgemindert. Sind sie nicht mehr in der Lage, in diesem Rahmen mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, sind sie nach Absatz 2 Satz 2 dieser Vorschrift voll erwerbsgemindert. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Die Klägerin ist nicht erwerbsgemindert in diesem Sinne.
Die Klägerin ist noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten zu verrichten. Zu vermeiden sind einseitige oder statische Zwangshaltungen, ein Heben und Tragen von mittelschweren oder schweren Lasten ohne Hilfsmittel, häufiges Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie solche mit Einwirkungen von lebertoxischen Substanzen. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände der Klägerin ist nicht eingeschränkt, ihre geistigen bzw. psychischen Fähigkeiten genügen durchschnittlichen Anforderungen.
Dieses Leistungsbild ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den Feststellungen von Dr. E. in seinem Gutachten vom 6. Oktober 2009 und von Dr. L. in dem vom Sozialgericht eingeholten Gutachten vom 9. April 2008. Ergänzend stützt sich der Senat auch auf das von Dr. B. auf Anforderung der Beklagten erstellte Gutachten vom 23. Februar 2007.
Im Vordergrund stehen bei der Klägerin Gesundheitseinschränkungen auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet.
Auf orthopädischem Fachgebiet leidet die Klägerin unter einem chronischen lumbalen vertebragenen und zervikobrachialen Schmerzsyndrom. Auf Grund dieser Gesundheitseinschränkungen ergibt sich für die Klägerin die Notwendigkeit, Arbeiten mit einem häufigen Bücken sowie dem Tragen oder Bewegen von mittelschweren oder schweren Lasten ohne Hilfsmittel zu vermeiden.
Auf internistischem Fachgebiet besteht bei der Klägerin die Erkrankung an einer Autoimmunhepatitis. Bereits aus den Angaben der Klägerin lassen sich keine durch diese Erkrankung bedingten wesentlichen Einschränkungen ihrer Leistungsfähigkeit entnehmen. Dr. L. hat in seinem Gutachten vom 9. April 2008 einen guten Allgemein- und Ernährungszustand der Klägerin angegeben. Die von diesem Sachverständigen durchgeführte Labordiagnostik hat Parameter im Normbereich, die Oberbauchsonografie hat keinen krankhaften Befund ergeben. Nach einer stationären Behandlung vom 9. bis zum 16. April 2009 im Anschluss an eine Prednisolon-Pause ist die Klägerin zur Reduktion der Prednisolon-Medikation auf die Erhaltungsdosis bei relativem Wohlbefinden in die ambulante Behandlung entlassen worden. Eine dauerhafte Verschlechterung des internistischen Erkrankungsbildes ergibt sich aus diesem Befund nicht. Das kardiopulmonale Leistungsvermögen der Klägerin ist nach den Feststellungen von Dr. L. nicht über eine Begrenzung auf körperlich bis mittelschwere Arbeiten hinausgehend eingeschränkt. Zu vermeiden sind auf Grund der Autoimmunhepatitis im Übrigen Arbeiten mit einer Exposition gegenüber lebertoxischen Substanzen.
Eine das Leistungsvermögen darüber hinausgehend einschränkende psychiatrische Erkrankung der Klägerin hat sich nicht feststellen lassen. Eine somatoforme Schmerzstörung ist von Dr. B. in seinem Gutachten vom 23. Februar 2007 ausgeschlossen worden. Die Diskrepanz zwischen den von der Klägerin angegebenen Schmerzen sowie Beschwerden und dem tatsächlichen orthopädischem Befund wird bereits in dem MDK-Gutachten vom 24. Januar 2005 erwähnt, ohne dass auf ein krankhaftes psychiatrisches Geschehen hingewiesen wird. Alle Gutachter haben im Übrigen einen unauffälligen psychischen Befund festgestellt. Letztlich hat sich für die Vielzahl der behaupteten Beschwerden und Einschränkungen kein wesentliches organisches Korrelat finden lassen.
Bei der Klägerin liegen auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die trotz des Leistungsvermögens von mehr als sechs Stunden täglich zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führen würden. Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Das Restleistungsvermögen der Klägerin reicht vielmehr noch für zumindest leichte körperliche Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, das Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats (GS) des BSG vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f.). Das für diese Verrichtungen noch gegebene Leistungsvermögen der Klägerin haben insbesondere Dr. L. und Dr. E. in ihren Gutachten vom 9. April 2008 bzw. 6. Oktober 2009 bestätigt.
Auch liegt im Fall der Klägerin kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde (vgl. BSG, GS, a.a.O.,= S. 35). Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einem Versicherten die sog. Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von mehr als 500 Metern mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Soweit die Klägerin gegenüber Dr. E. eine auf drei bis fünf Minuten bzw. eine Entfernung von 50 bis 100 Metern reduzierte Gehstrecke angegeben hat, steht dem keine tatsächlich Einschränkung in diesem Umfang gegenüber. Das hat zuletzt Dr. E. in seinem Gutachten vom 6. Oktober 2006 bestätigt. Die Klägerin kann auch öffentliche Verkehrsmittel bzw. ein Kfz regelmäßig benutzen, wie u.a. dieser Sachverständige bestätigt hat.
Der Senat sah keine Veranlassung, auf Grund der durch Dipl.-Med. S. seit dem 2. Oktober 2008 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit davon auszugehen, dass die Klägerin nur unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann. Dipl.-Med. S. hatte bereits im Jahr 2004/2005 eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin bescheinigt, die schließlich Gegenstand der Begutachtung durch den MDK wurde und in diesem Rahmen nicht bestätigt werden konnte. Unter den rechtlich maßgebenden Kriterien der Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit ergeben sich aus dem Akteninhalt keine Anhaltspunkte dafür, dass für die Klägerin prognostisch zu einem Zeitpunkt ab Rentenantragstellung eine länger andauernde Arbeitsunfähigkeit zu erwarten war. Die Umstände des Absetzens der Prednisolon-Medikation lassen sich aus dem Entlassungsbericht der Inneren Klinik der Universitätsklinik H. nicht entnehmen. Unter der dort durchgeführten Neueinstellung der Klägerin auf dieses Arzneimittel konnte bereits im Rahmen einer stationären Behandlung von einer Woche eine wesentliche Reduktion der durch die Autoimmunhepatitis erhöhten serologischen Parameter erzielt werden. Auch vor diesem Hintergrund bestand keine Veranlassung für den Senat, eine erneute Begutachtung der Klägerin auf internistischem Fachgebiet vorzunehmen zu lassen. Denn die Feststellung für die Vergangenheit, ob die Voraussetzungen der ab dem 2. Oktober 2008 erneut festgestellten Arbeitsunfähigkeit tatsächlich gegeben waren, hätte angesichts der medizinischen Beweisaufnahme keine Auswirkung auf das Ergebnis des Rechtsstreits gehabt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Entscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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