Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
22
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 22 AS 3193/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit vom 01. Oktober 2015 bis 31. Dezember 2015 weitere 178 EUR monatlich zu zahlen, längstens bis zur Entscheidung über den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 08. September 2015. Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Kosten für Unterkunft und Heizung (KDU) im Rahmen der Erbringung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der am ... 1988 geborene Antragsteller beantragte erstmals im Juli 2013 Leistungen nach dem SGB II bei der Antragsgegnerin. Er wohnte damals noch im Wohnhaus der Eltern. Zum 01. August 2013 bezog er eine eigene Wohnung in W ... Zum 31. August 2014 zog er wegen Schimmelbefall aus der Wohnung aus und beantragte bei der Antragsgegnerin die Zustimmung zum Umzug. Nachdem die Antragsgegnerin die Zustimmung zum Umzug mit der Begründung ablehnte, der Umzug sei nicht erforderlich und die neue beabsichtigte Unterkunft unangemessen, zog der Antragsteller vorübergehend bei seinen Eltern ein. Einen weiteren Antrag auf Zustimmung zum Umzug vom 21. November 2014 lehnte die Antragsgegnerin erneut ab.
Am 16. März 2015 beantragte der Antragsteller erneut die Zusicherung für einen Umzug und reichte unter anderem ein Mietangebot für eine 25qm große Einraumwohnung ein, für die monatlich 195 EUR Miete inklusive Betriebs- und Heizkosten zu zahlen waren. Nach Erteilung der Zusicherung durch die Antragsgegnerin bezog der Antragsteller zum 01. April 2015 die Wohnung. Mit Bescheid vom 24. Juni 2015 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II für Juli bis Dezember 2015 iHv. 594 EUR monatlich und berücksichtigte dabei neben der Regelleistung KdU in Höhe von insgesamt 195 EUR.
Am 23. Juli 2015 beantragte der Antragsteller erneut die Erteilung der Zusicherung zum Umzug und reichte ein Mietangebot über eine 59qm große Dreiraumwohnung ein, für die monatlich 300 EUR Kaltmiete, 20 EUR Betriebs- und 50 EUR Heizkosten zu zahlen sind. Zur Begründung für den Umzug führte er aus, seine jetzige Wohnung sei zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit seinem im September 2014 geborenen Sohn zu klein. Auch verfüge seine Wohnung weder über Dusche und Wanne, die Toilette mit Waschbecken befinde sich im Treppenhaus. Mit Bescheid vom 29. Juli 2015 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab. Bereits vor Antragstellung hatte der Antragsteller den Mietvertrag unterschrieben und zog zum 01. August 2015 in die Wohnung ein.
Mit Änderungsbescheid vom 09. September 2015 hob die Antragsgegnerin die vorherige Bewilligung gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch teilweise auf und bewilligte dem Antragsteller für Juli bis Dezember 2015 Leistungen nach dem SGB II iHv. 591,00 EUR. Hierbei wurden neben der Regelleistung (399 EUR) nur noch KDU iHv. 192 EUR monatlich berücksichtigt. Bezüglich der Kaltmiete und der Heizkosten legte die Antragsgegnerin die Aufwendungen der alten Unterkunft zugrunde. Bei den Betriebskosten setzte sie den neuen geringeren Abschlag an. Zur Begründung führte sie aus, aufgrund des Umzugs ohne vorherige Zusicherung seien lediglich die Aufwendungen der alten Unterkunft zu berücksichtigen. Aufgrund einer Direktzahlung der gesamten Miete an den Vermieter und einer Verrechnung mit einer Ratenzahlungsvereinbarung und einer gewährten Mietkaution wurde dem Antragsteller für Oktober 2015 nur ein Betrag iHv.140,40 EUR ausgezahlt.
Hiergegen erhob der Antragsteller am 01. Oktober 2015 Widerspruch. Am gleichen Tag hat er durch seinen Prozessbevollmächtigten einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Magdeburg gestellt. Er trägt vor, eine Deckelung der Unterkunftskosten auf die Aufwendungen der alten Unterkunft sei unzulässig. Der Umzug sei erforderlich gewesen. Die frühere Unterkunft sei aufgrund der Größe und Ausstattung nicht geeignet gewesen, dort dauerhaft zu wohnen, sondern habe nur eine vorübergehende Notlösung dargestellt. Insbesondere habe er in der alten Unterkunft aufgrund des Platzmangels und der mangelnden Dusch-/Waschgelegenheit in der Wohnung selbst das Umgangsrecht mit seinem Sohn nicht wahrnehmen können. Die neue Unterkunft sei angemessen, da auf die Werte der Wohngeldtabelle und den Heizkostenspiegel abzustellen sei. Die in der Richtlinie der Antragsgegnerin festgelegten Angemessenheitswerte seien hingegen nicht maßgeblich, da sie nicht auf einem schlüssigen Konzept beruhen würden.
Der Antragsteller beantragt, ihm ab dem 01. Oktober 2015 bis 31. Dezember 2015 vorläufig Leistungen nach dem SGB II iHv. 769 EUR monatlich zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf höhere Unterkunftskosten. Der Umzug sei nicht erforderlich gewesen, sodass eine Deckelung auf die Aufwendungen der früheren Unterkunft zu erfolgen habe. Der Antragsteller, der bereits seit längerem auf Wohnungssuche war, habe die frühere Unterkunft in Kenntnis der Größe und des Wohnstandards angemietet. Es sei daher davon auszugehen, dass die Wohnung auch für seine Zwecke geeignet gewesen sei. Andernfalls hätte er zuvor eine andere Wohnung anmieten können. Es seien nach dem Einzug keine Änderungen in den persönlichen Verhältnissen des Antragstellers eingetreten, die einen Umzug gerechtfertigt hätten. Auch seien die Kosten der neuen Unterkunft unangemessen. Die neue Unterkunft überschreite sowohl bei der Wohnungsgröße als auch bei den anfallenden Aufwendungen die festgelegten Angemessenheitswerte. Die Ermittlung dieser Werte sei im Rahmen eines schlüssigen Konzepts erfolgt.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin lagen vor und fanden bei der Entscheidung Berücksichtigung.
II.
Der Antrag hat Erfolg, er ist zulässig und begründet.
Gemäß § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Vorliegend kommt eine Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile in Betracht. Sie kann erlassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber der Antragsgegnerin besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund). Der Anordnungsgrund setzt voraus, dass dem Antragsteller bei Abwägung seiner Interessen nicht zugemutet werden kann, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
Der Antragsteller hat zunächst einen Anordnungsgrund dargelegt und glaubhaft gemacht. Es kann dem Antragsteller hier nicht zugemutet werden, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Aufgrund der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Deckelung der Unterkunftskosten liegt derzeit eine erhebliche Unterdeckung des existenzsichernden Bedarfs des Antragstellers vor. Aufgrund der Direktabtretung der Mietzahlungen und der Verrechnung mit anderen Forderungen wird ihm derzeit weniger als die Hälfte seines Regelbedarfs ausgezahlt. Bei einem Widerruf der Abtretung der Mietzahlungen bestünde hingegen die Gefahr der Entstehung von Mietschulden und des Verlusts der Unterkunft. Da der Antragsteller weder über Einkommen oder Vermögen verfügt, aus dem er die Unterdeckung vorübergehend für die Dauer des Hauptsacheverfahrens ausgleichen könnte, ist eine besondere Dringlichkeit gegeben.
Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch auf die Gewährung seiner tatsächlichen KdU glaubhaft gemacht. Er hat derzeit KdU iHv. 370 EUR (300 EUR Grundmiete, 20 EUR Betriebskosten, 50 EUR Heizkosten). Die Antragsgegnerin trägt derzeit nur einen Anteil von 192 EUR, so dass sich eine monatliche Differenz von 178 EUR ergibt.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin liegen die Voraussetzungen von § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht vor. Erhöhen sich hiernach nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Mit der Regelung sollten Kostensteigerungen im Bereich der KdU entgegengewirkt und verhindert werden, dass Leistungsberechtigte nur zum Zweck der Ausschöpfung der durch die kommunalen Träger ermittelten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit zwar höheren, aber gerade noch angemessenen Kosten ziehen (Luik in Eicher, Kommentar zum SGB II, 3. Auflage, § 22 RNr. 106). Hier bestehen erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass der Umzug des Antragstellers erforderlich gewesen ist. Maßgeblich sind hierbei nicht "zwingende" Gründe, sondern ob für den Umzug ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Anlass vorliegt, von dem sich auch ein Nichthilfeempfänger hätte leiten lassen (Luik, a.a.O. § 22 RNr. 110).
Das Gericht geht hier von einer Erforderlichkeit des Umzugs aus. Die frühere Unterkunft des Antragstellers verfügte weder über eine Wanne oder eine Dusche, die Toilette und ein Waschbecken befanden sich nicht innerhalb der Wohnung, sondern im Treppenhaus. Damit entsprach die Unterkunft bereits hinsichtlich der Ausstattung nicht mehr den heutigen einfachen und grundlegenden Wohnbedürfnissen. Selbst bei einer Unterkunft mit nur einfachem Wohnstandard ist regelmäßig eine Dusche/Wanne vorhanden bzw. eine Toilette/Waschgelegenheit in der Wohnung zu finden. Mit einer Wohnungsgröße von nur 25qm war die Unterkunft des Antragstellers gerade einmal halb so groß wie die als angemessen geltende Wohnraumgröße.
Zwar steht es den Leistungsberechtigten frei, aus eigenem Wunsche solche Unterkünfte sogar längerfristig zu bewohnen. Möchte ein Leistungsberechtigter allerdings umziehen, so kann der Leistungsträger bei einer solchen deutlichen Unterschreitung des angemessenen Wohnstandards und der angemessenen Wohnungsgröße den Leistungsberechtigten nicht auf ein dauerhaftes Wohnen in einer solchen Unterkunft verweisen, sondern hat einen entsprechenden Umzugswunsch zu akzeptieren. Es ist dabei auch unerheblich, dass der Antragsteller sich in Kenntnis der Umstände der Wohnung diese zunächst selbst gesucht hat. Sofern er nun feststellt, dass ein dauerhaftes Wohnen in der Unterkunft für ihn nicht zumutbar ist, so steht es ihm frei, eine angemessene Unterkunft zu beziehen. Ein Missbrauch kann darin nicht gesehen werden. Hinzu kommt, dass die frühere Unterkunft des Antragstellers nicht geeignet war, das Umgangsrecht mit seinem Sohn ausreichend wahrzunehmen. So hatte es die Kindsmutter zur Bedingung für eine umfangreiche Wahrnehmung des Umgangsrechts durch den Antragsteller gemacht, dass ein ausreichender Platzbedarf und eine ausreichende Waschgelegenheit in der Unterkunft des Antragstellers vorhanden ist.
Der Umzug des Antragstellers in eine größere Unterkunft, die mit einer Toilette und Waschgelegenheit innerhalb der Wohnung und Dusche oder Wanne ausgestattet ist, stellt sich auch im Hinblick auf die Wahrnehmung des Umgangsrechts mit einem Kleinkind als nachvollziehbar und verständlich dar. Eine Deckelung der Unterkunftskosten auf die Aufwendungen der früheren Unterkunft kommt daher nicht in Betracht.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sind die derzeitigen Aufwendungen für die neue Unterkunft des Antragstellers auch angemessen und daher in voller Höhe zu übernehmen.
Für die Angemessenheit der Kosten einer Mietwohnung kommt es auf die anerkannte Wohnraumgröße für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau und die Aufwendungen für eine Wohnung dieser Größe im unteren Wohnstandard an (BSG, Urteil vom 15. April 2008 – B 14/7b AS 34/06 R, zitiert nach juris Rn. 36). Angemessen sind danach Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R, zitiert nach juris Rn. 14).
Zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße ist auf die Ausführungsbestimmungen der Länder zu § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) zurückzugreifen (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 R, zitiert nach juris Rn. 19; zustimmend BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R, zitiert nach juris Rn. 18). Als entsprechende Ausführungsbestimmung für das Land Sachsen-Anhalt ist die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsneubaus in Sachsen-Anhalt 1995 (Ministerialblatt für das Land Sachsen-Anhalt 1995, Seite 1133) zugrunde zu legen (BSG, Urteil vom 14. Februar 2013 – B 14 AS 61/12 R, zitiert nach juris Rn. 21). Danach ist für einen 1-Personen-Haushalt eine Wohnfläche bis zu 50 m² angemessen.
In einem zweiten Schritt ist der räumliche Vergleichsmaßstab zu bestimmen, innerhalb dessen das durchschnittliche Mietpreisniveau der Wohnungen ermittelt wird, wobei im Grundsatz der Wohnort des Leistungsberechtigten maßgeblich ist (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R, zitiert nach juris Rn. 20). Der maßgebliche Vergleichsraum muss aufgrund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur, insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 – B 14 AS 132/10 R, Rn. 25; Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 2/10 R, Rn. 18).
Schließlich ist zu ermitteln, wie viel für eine nach Größe und Standard abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist (BSG, a. a. O., Rn. 24). Dieser Mietpreis darf nach Maßgabe einer Produkttheorie ermittelt werden, d. h. durch Multiplikation der angemessenen Wohnfläche mit dem als angemessen angesehenen Quadratmeterpreis. Ziel der Ermittlungen, die zunächst vom Grundsicherungsträger durchzuführen sind, ist es also, einen Quadratmeterpreis für Wohnungen einfachen Standards zu ermitteln, um diesen nach Maßgabe der Produkttheorie mit der dem Hilfeempfänger zustehenden Quadratmeterzahl zu multiplizieren und so die angemessene Miete feststellen zu können (BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R, zitiert nach juris Rn. 17). Der Grundsicherungsträger darf aber nicht nach Belieben einen seiner Meinung nach angemessenen Quadratmeterpreis zugrunde legen. Vielmehr muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze auf der Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen (BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R, zitiert nach juris Rn. 18). Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden (BSG, a. a. O.).
Im Rahmen dieses Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes lässt sich nicht abschließend entscheiden, ob das zur Ermittlung der Angemessenheitswerte zugrunde gelegte Konzept der Antragsgegnerin diesen Anforderungen entspricht und schlüssig ist. Die Kammer hat jedoch erhebliche Zweifel daran. Diesbezüglich wird vollumfänglich auf die Entscheidungen des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 21. Oktober 2014, Az. L 5 AS 485/14 B ER) und des Sozialgerichts Magdeburg (Urteil vom 16. Januar 2015, Az. S 15 AS 1943/13) verwiesen, die sich die Kammer zu Eigen macht.
Daher ist zur Bestimmung der Angemessenheit auf die Werte von § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) mit einem Sicherheitszuschlag von 10% zurückzugreifen. Danach wäre ausgehend von einem 1-Personen-Haushalt und der Mietenstufe II, zu der W. gehört, eine monatliche Bruttokaltmiete von 338,80 EUR (308,00 EUR + 10%) angemessen. Die Aufwendungen des Antragstellers von 320 EUR (300 EUR Grundmiete + 20 EUR Betriebskosten) liegen darunter und sind daher angemessen.
Auch die Vorauszahlungen für Heizkosten iHv. 50 EUR monatlich sind unter Berücksichtigung der maßgeblichen Richtwerte aus dem bundesweiten Heizspiegel angemessen und daher vollständig zu übernehmen.
Im Hinblick auf die Funktion der Eilentscheidung, durch eine lediglich vorläufige Regelung drohende schwere Nachteile abzuwenden, hält die Kammer es für geboten, die Verpflichtung zur beantragten Leistungsgewährung auf den Zeitraum ab Eingang des Eilantrags bei Gericht bis zum Ende des laufenden Bewilligungsabschnitts und längstens bis zum Ablauf des Widerspruchsverfahrens zu beschränken.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits.
Eine Beschwerde gegen diese Entscheidung ist gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, da in der Hauptsache mangels Erreichen des Wertes des Beschwerdegegenstandes die Berufung nicht zulässig wäre. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt hier 534 EUR (3 Monate x 178 EUR).
Richter am Sozialgericht
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Kosten für Unterkunft und Heizung (KDU) im Rahmen der Erbringung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der am ... 1988 geborene Antragsteller beantragte erstmals im Juli 2013 Leistungen nach dem SGB II bei der Antragsgegnerin. Er wohnte damals noch im Wohnhaus der Eltern. Zum 01. August 2013 bezog er eine eigene Wohnung in W ... Zum 31. August 2014 zog er wegen Schimmelbefall aus der Wohnung aus und beantragte bei der Antragsgegnerin die Zustimmung zum Umzug. Nachdem die Antragsgegnerin die Zustimmung zum Umzug mit der Begründung ablehnte, der Umzug sei nicht erforderlich und die neue beabsichtigte Unterkunft unangemessen, zog der Antragsteller vorübergehend bei seinen Eltern ein. Einen weiteren Antrag auf Zustimmung zum Umzug vom 21. November 2014 lehnte die Antragsgegnerin erneut ab.
Am 16. März 2015 beantragte der Antragsteller erneut die Zusicherung für einen Umzug und reichte unter anderem ein Mietangebot für eine 25qm große Einraumwohnung ein, für die monatlich 195 EUR Miete inklusive Betriebs- und Heizkosten zu zahlen waren. Nach Erteilung der Zusicherung durch die Antragsgegnerin bezog der Antragsteller zum 01. April 2015 die Wohnung. Mit Bescheid vom 24. Juni 2015 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II für Juli bis Dezember 2015 iHv. 594 EUR monatlich und berücksichtigte dabei neben der Regelleistung KdU in Höhe von insgesamt 195 EUR.
Am 23. Juli 2015 beantragte der Antragsteller erneut die Erteilung der Zusicherung zum Umzug und reichte ein Mietangebot über eine 59qm große Dreiraumwohnung ein, für die monatlich 300 EUR Kaltmiete, 20 EUR Betriebs- und 50 EUR Heizkosten zu zahlen sind. Zur Begründung für den Umzug führte er aus, seine jetzige Wohnung sei zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit seinem im September 2014 geborenen Sohn zu klein. Auch verfüge seine Wohnung weder über Dusche und Wanne, die Toilette mit Waschbecken befinde sich im Treppenhaus. Mit Bescheid vom 29. Juli 2015 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab. Bereits vor Antragstellung hatte der Antragsteller den Mietvertrag unterschrieben und zog zum 01. August 2015 in die Wohnung ein.
Mit Änderungsbescheid vom 09. September 2015 hob die Antragsgegnerin die vorherige Bewilligung gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch teilweise auf und bewilligte dem Antragsteller für Juli bis Dezember 2015 Leistungen nach dem SGB II iHv. 591,00 EUR. Hierbei wurden neben der Regelleistung (399 EUR) nur noch KDU iHv. 192 EUR monatlich berücksichtigt. Bezüglich der Kaltmiete und der Heizkosten legte die Antragsgegnerin die Aufwendungen der alten Unterkunft zugrunde. Bei den Betriebskosten setzte sie den neuen geringeren Abschlag an. Zur Begründung führte sie aus, aufgrund des Umzugs ohne vorherige Zusicherung seien lediglich die Aufwendungen der alten Unterkunft zu berücksichtigen. Aufgrund einer Direktzahlung der gesamten Miete an den Vermieter und einer Verrechnung mit einer Ratenzahlungsvereinbarung und einer gewährten Mietkaution wurde dem Antragsteller für Oktober 2015 nur ein Betrag iHv.140,40 EUR ausgezahlt.
Hiergegen erhob der Antragsteller am 01. Oktober 2015 Widerspruch. Am gleichen Tag hat er durch seinen Prozessbevollmächtigten einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Magdeburg gestellt. Er trägt vor, eine Deckelung der Unterkunftskosten auf die Aufwendungen der alten Unterkunft sei unzulässig. Der Umzug sei erforderlich gewesen. Die frühere Unterkunft sei aufgrund der Größe und Ausstattung nicht geeignet gewesen, dort dauerhaft zu wohnen, sondern habe nur eine vorübergehende Notlösung dargestellt. Insbesondere habe er in der alten Unterkunft aufgrund des Platzmangels und der mangelnden Dusch-/Waschgelegenheit in der Wohnung selbst das Umgangsrecht mit seinem Sohn nicht wahrnehmen können. Die neue Unterkunft sei angemessen, da auf die Werte der Wohngeldtabelle und den Heizkostenspiegel abzustellen sei. Die in der Richtlinie der Antragsgegnerin festgelegten Angemessenheitswerte seien hingegen nicht maßgeblich, da sie nicht auf einem schlüssigen Konzept beruhen würden.
Der Antragsteller beantragt, ihm ab dem 01. Oktober 2015 bis 31. Dezember 2015 vorläufig Leistungen nach dem SGB II iHv. 769 EUR monatlich zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf höhere Unterkunftskosten. Der Umzug sei nicht erforderlich gewesen, sodass eine Deckelung auf die Aufwendungen der früheren Unterkunft zu erfolgen habe. Der Antragsteller, der bereits seit längerem auf Wohnungssuche war, habe die frühere Unterkunft in Kenntnis der Größe und des Wohnstandards angemietet. Es sei daher davon auszugehen, dass die Wohnung auch für seine Zwecke geeignet gewesen sei. Andernfalls hätte er zuvor eine andere Wohnung anmieten können. Es seien nach dem Einzug keine Änderungen in den persönlichen Verhältnissen des Antragstellers eingetreten, die einen Umzug gerechtfertigt hätten. Auch seien die Kosten der neuen Unterkunft unangemessen. Die neue Unterkunft überschreite sowohl bei der Wohnungsgröße als auch bei den anfallenden Aufwendungen die festgelegten Angemessenheitswerte. Die Ermittlung dieser Werte sei im Rahmen eines schlüssigen Konzepts erfolgt.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin lagen vor und fanden bei der Entscheidung Berücksichtigung.
II.
Der Antrag hat Erfolg, er ist zulässig und begründet.
Gemäß § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Vorliegend kommt eine Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile in Betracht. Sie kann erlassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber der Antragsgegnerin besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund). Der Anordnungsgrund setzt voraus, dass dem Antragsteller bei Abwägung seiner Interessen nicht zugemutet werden kann, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
Der Antragsteller hat zunächst einen Anordnungsgrund dargelegt und glaubhaft gemacht. Es kann dem Antragsteller hier nicht zugemutet werden, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Aufgrund der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Deckelung der Unterkunftskosten liegt derzeit eine erhebliche Unterdeckung des existenzsichernden Bedarfs des Antragstellers vor. Aufgrund der Direktabtretung der Mietzahlungen und der Verrechnung mit anderen Forderungen wird ihm derzeit weniger als die Hälfte seines Regelbedarfs ausgezahlt. Bei einem Widerruf der Abtretung der Mietzahlungen bestünde hingegen die Gefahr der Entstehung von Mietschulden und des Verlusts der Unterkunft. Da der Antragsteller weder über Einkommen oder Vermögen verfügt, aus dem er die Unterdeckung vorübergehend für die Dauer des Hauptsacheverfahrens ausgleichen könnte, ist eine besondere Dringlichkeit gegeben.
Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch auf die Gewährung seiner tatsächlichen KdU glaubhaft gemacht. Er hat derzeit KdU iHv. 370 EUR (300 EUR Grundmiete, 20 EUR Betriebskosten, 50 EUR Heizkosten). Die Antragsgegnerin trägt derzeit nur einen Anteil von 192 EUR, so dass sich eine monatliche Differenz von 178 EUR ergibt.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin liegen die Voraussetzungen von § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht vor. Erhöhen sich hiernach nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Mit der Regelung sollten Kostensteigerungen im Bereich der KdU entgegengewirkt und verhindert werden, dass Leistungsberechtigte nur zum Zweck der Ausschöpfung der durch die kommunalen Träger ermittelten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit zwar höheren, aber gerade noch angemessenen Kosten ziehen (Luik in Eicher, Kommentar zum SGB II, 3. Auflage, § 22 RNr. 106). Hier bestehen erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass der Umzug des Antragstellers erforderlich gewesen ist. Maßgeblich sind hierbei nicht "zwingende" Gründe, sondern ob für den Umzug ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Anlass vorliegt, von dem sich auch ein Nichthilfeempfänger hätte leiten lassen (Luik, a.a.O. § 22 RNr. 110).
Das Gericht geht hier von einer Erforderlichkeit des Umzugs aus. Die frühere Unterkunft des Antragstellers verfügte weder über eine Wanne oder eine Dusche, die Toilette und ein Waschbecken befanden sich nicht innerhalb der Wohnung, sondern im Treppenhaus. Damit entsprach die Unterkunft bereits hinsichtlich der Ausstattung nicht mehr den heutigen einfachen und grundlegenden Wohnbedürfnissen. Selbst bei einer Unterkunft mit nur einfachem Wohnstandard ist regelmäßig eine Dusche/Wanne vorhanden bzw. eine Toilette/Waschgelegenheit in der Wohnung zu finden. Mit einer Wohnungsgröße von nur 25qm war die Unterkunft des Antragstellers gerade einmal halb so groß wie die als angemessen geltende Wohnraumgröße.
Zwar steht es den Leistungsberechtigten frei, aus eigenem Wunsche solche Unterkünfte sogar längerfristig zu bewohnen. Möchte ein Leistungsberechtigter allerdings umziehen, so kann der Leistungsträger bei einer solchen deutlichen Unterschreitung des angemessenen Wohnstandards und der angemessenen Wohnungsgröße den Leistungsberechtigten nicht auf ein dauerhaftes Wohnen in einer solchen Unterkunft verweisen, sondern hat einen entsprechenden Umzugswunsch zu akzeptieren. Es ist dabei auch unerheblich, dass der Antragsteller sich in Kenntnis der Umstände der Wohnung diese zunächst selbst gesucht hat. Sofern er nun feststellt, dass ein dauerhaftes Wohnen in der Unterkunft für ihn nicht zumutbar ist, so steht es ihm frei, eine angemessene Unterkunft zu beziehen. Ein Missbrauch kann darin nicht gesehen werden. Hinzu kommt, dass die frühere Unterkunft des Antragstellers nicht geeignet war, das Umgangsrecht mit seinem Sohn ausreichend wahrzunehmen. So hatte es die Kindsmutter zur Bedingung für eine umfangreiche Wahrnehmung des Umgangsrechts durch den Antragsteller gemacht, dass ein ausreichender Platzbedarf und eine ausreichende Waschgelegenheit in der Unterkunft des Antragstellers vorhanden ist.
Der Umzug des Antragstellers in eine größere Unterkunft, die mit einer Toilette und Waschgelegenheit innerhalb der Wohnung und Dusche oder Wanne ausgestattet ist, stellt sich auch im Hinblick auf die Wahrnehmung des Umgangsrechts mit einem Kleinkind als nachvollziehbar und verständlich dar. Eine Deckelung der Unterkunftskosten auf die Aufwendungen der früheren Unterkunft kommt daher nicht in Betracht.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sind die derzeitigen Aufwendungen für die neue Unterkunft des Antragstellers auch angemessen und daher in voller Höhe zu übernehmen.
Für die Angemessenheit der Kosten einer Mietwohnung kommt es auf die anerkannte Wohnraumgröße für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau und die Aufwendungen für eine Wohnung dieser Größe im unteren Wohnstandard an (BSG, Urteil vom 15. April 2008 – B 14/7b AS 34/06 R, zitiert nach juris Rn. 36). Angemessen sind danach Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R, zitiert nach juris Rn. 14).
Zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße ist auf die Ausführungsbestimmungen der Länder zu § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) zurückzugreifen (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 R, zitiert nach juris Rn. 19; zustimmend BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R, zitiert nach juris Rn. 18). Als entsprechende Ausführungsbestimmung für das Land Sachsen-Anhalt ist die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsneubaus in Sachsen-Anhalt 1995 (Ministerialblatt für das Land Sachsen-Anhalt 1995, Seite 1133) zugrunde zu legen (BSG, Urteil vom 14. Februar 2013 – B 14 AS 61/12 R, zitiert nach juris Rn. 21). Danach ist für einen 1-Personen-Haushalt eine Wohnfläche bis zu 50 m² angemessen.
In einem zweiten Schritt ist der räumliche Vergleichsmaßstab zu bestimmen, innerhalb dessen das durchschnittliche Mietpreisniveau der Wohnungen ermittelt wird, wobei im Grundsatz der Wohnort des Leistungsberechtigten maßgeblich ist (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R, zitiert nach juris Rn. 20). Der maßgebliche Vergleichsraum muss aufgrund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur, insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 – B 14 AS 132/10 R, Rn. 25; Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 2/10 R, Rn. 18).
Schließlich ist zu ermitteln, wie viel für eine nach Größe und Standard abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist (BSG, a. a. O., Rn. 24). Dieser Mietpreis darf nach Maßgabe einer Produkttheorie ermittelt werden, d. h. durch Multiplikation der angemessenen Wohnfläche mit dem als angemessen angesehenen Quadratmeterpreis. Ziel der Ermittlungen, die zunächst vom Grundsicherungsträger durchzuführen sind, ist es also, einen Quadratmeterpreis für Wohnungen einfachen Standards zu ermitteln, um diesen nach Maßgabe der Produkttheorie mit der dem Hilfeempfänger zustehenden Quadratmeterzahl zu multiplizieren und so die angemessene Miete feststellen zu können (BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R, zitiert nach juris Rn. 17). Der Grundsicherungsträger darf aber nicht nach Belieben einen seiner Meinung nach angemessenen Quadratmeterpreis zugrunde legen. Vielmehr muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze auf der Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen (BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R, zitiert nach juris Rn. 18). Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden (BSG, a. a. O.).
Im Rahmen dieses Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes lässt sich nicht abschließend entscheiden, ob das zur Ermittlung der Angemessenheitswerte zugrunde gelegte Konzept der Antragsgegnerin diesen Anforderungen entspricht und schlüssig ist. Die Kammer hat jedoch erhebliche Zweifel daran. Diesbezüglich wird vollumfänglich auf die Entscheidungen des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 21. Oktober 2014, Az. L 5 AS 485/14 B ER) und des Sozialgerichts Magdeburg (Urteil vom 16. Januar 2015, Az. S 15 AS 1943/13) verwiesen, die sich die Kammer zu Eigen macht.
Daher ist zur Bestimmung der Angemessenheit auf die Werte von § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) mit einem Sicherheitszuschlag von 10% zurückzugreifen. Danach wäre ausgehend von einem 1-Personen-Haushalt und der Mietenstufe II, zu der W. gehört, eine monatliche Bruttokaltmiete von 338,80 EUR (308,00 EUR + 10%) angemessen. Die Aufwendungen des Antragstellers von 320 EUR (300 EUR Grundmiete + 20 EUR Betriebskosten) liegen darunter und sind daher angemessen.
Auch die Vorauszahlungen für Heizkosten iHv. 50 EUR monatlich sind unter Berücksichtigung der maßgeblichen Richtwerte aus dem bundesweiten Heizspiegel angemessen und daher vollständig zu übernehmen.
Im Hinblick auf die Funktion der Eilentscheidung, durch eine lediglich vorläufige Regelung drohende schwere Nachteile abzuwenden, hält die Kammer es für geboten, die Verpflichtung zur beantragten Leistungsgewährung auf den Zeitraum ab Eingang des Eilantrags bei Gericht bis zum Ende des laufenden Bewilligungsabschnitts und längstens bis zum Ablauf des Widerspruchsverfahrens zu beschränken.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits.
Eine Beschwerde gegen diese Entscheidung ist gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, da in der Hauptsache mangels Erreichen des Wertes des Beschwerdegegenstandes die Berufung nicht zulässig wäre. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt hier 534 EUR (3 Monate x 178 EUR).
Richter am Sozialgericht
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