Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
42
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 42 R 1993/11 WA
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 261/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand:
Das Verfahren betrifft die Rechtsfrage, ob § 22b Fremdrentengesetz (FRG) die Zahlung einer Witwerrente aus FRG-Zeiten ausschließt, wenn bereits der Versichertenrente der Berechtigten 25 Entgeltpunkte aus solchen Zeiten zugrunde liegen.
Die am ... geborene Klägerin zog am 10. November 1996 in die Bundesrepublik zu und ist als Spätaussiedler im Sinne des § 4 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) anerkannt worden. Am 3. Februar 1997 beantragte sie Witwenrente aus der Versicherung ihres am ... in K. verstorbenen Ehemann.
Mit Bescheid vom 23. Juni 1998 in der Fassung des Bescheides vom 12. Januar 1999 erkannte die Beklagte den Anspruch auf Witwenrente an, lehnte aber eine Rentenzahlung ab, weil der Rente keine Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden konnten. Zur Begründung wies sie sinngemäß darauf hin, dass nach § 22b FRG (in der Fassung des Rentenreformgesetzes - RRG - 1999; a.F.) höchstens 25 Entgeltpunkte für FRG-Zeiten zu berücksichtigen seien, und zwar vorrangig bei der Rente aus eigener Versicherung. Da die Antragstellerin bereits eine Rente aus eigener Versicherung erhalte, in der bereits 25 Entgeltpunkte enthalten seien, könnten bei der Witwenrente keine FRG-Entgeltpunkte mehr angerechnet werden. Es lägen auch keine in Deutschland zurückgelegten Beitragszeiten vor. Eine Rentenzahlung komme damit nicht in Betracht.
Dieser Bescheid wurde nicht angefochten und damit bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 13. Mai 2004 beantragte die Klägerin die Überprüfung und Aufhebung des Bescheids vom 23. Juni 1998 in der Fassung des Bescheides vom 12. Januar 1999 sowie die rückwirkende Auszahlung der Witwenrente. Die Berechtigung hierzu ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in den Urteilen vom 30.08.2001 (B 4 RA118/00 R) und vom 11.03.2004 (B 13 RJ 44/03 R; B 13 RJ 52/03 R; B 13RJ 53/03 R; B 13 RJ 56/03 R), nach der § 22b FRG nur anwendbar sei, wenn es sich um die Festsetzung eigener Rentenansprüche des Berechtigten handele.
Die Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 3. September 2004 ab, weil dem Urteil des BSG vom 30. August 2001 über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht gefolgt werde, wie sie ausführlich näher begründete. Im Übrigen bestehe hier ein eigenständiger und kein abgeleiteter Anspruch auf Witwenrente. Insoweit seien die Urteile des BSG nicht übertragbar.
Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 1. Februar 2005 zurückgewiesen.
Die Klägerin hat am 2. März 2005 Klage vor dem ehemaligen Sozialgericht Stendal erhoben.
Sie ist der Ansicht, einen Anspruch auf Auszahlung der dem Grunde nach anerkannten Witwenrente zu haben.
Die Klägerin beantragt ihrem schriftsätzlichen Vorbringen entsprechend, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 3. September 2004 und des Widerspruchsbescheids vom 1. Februar 2005 zu verpflichten, ihren Bescheid vom 23. Juni 1998 in der Fassung des Bescheides vom 12. Januar 1999 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die dem Grunde nach anerkannte Witwerrente in voller Höhe zur Auszahlung zu bringen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt auch im Gerichtsverfahren die Ansicht, die sie schon im Verwaltungsverfahren vertreten hat.
Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen. Mit Beschluss vom 16. Mai 2006 hat das Gericht auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2011 hat die Klägerin das Verfahren wieder aufgerufen.
Mit Schreiben vom 22. November 2012 hat das Gericht mitgeteilt, den Rechtsstreit per Gerichtsbescheid zu entscheiden. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akte und Unterlagen Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der ab dem 1. März 1998 als Dauerrecht fortgeltenden Gesetzesfassung durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da der Sachverhalt geklärt ist und auch in rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten aufweist. Zudem sind die Beteiligten vor der Entscheidung des Gerichts gehört worden.
Die Klage hat keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 3. September 2004 und des Widerspruchsbescheids vom 1. Februar 2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 23. Juni 1998 in der Fassung des Bescheides vom 12. Januar 1999 Witwenrente zahlt.
Das Bayrische LSG hat in seinem Urteil vom 31. Januar 2012 Aktenzeichen: L 13 R 614/11 folgendes ausgeführt:
"Nach § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG in der ab 07.05.1996 geltenden Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) vom 25.09.1996 (BGBl. I S. 1461) werden für anrechenbare Zeiten nach dem FRG höchstens 25 Entgeltpunkte zugrunde gelegt, bei Ehegatten nach § 22b Abs. 3 Satz 1 FRG jedoch höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte. Für Berechtigte, die vor dem 07.05.1996 ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben, ist § 22b FRG nach der Übergangsvorschrift des Art. 6 § 4b FANG in der Fassung des WFG nicht anzuwenden.
Durch das RRG 1999 vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2998) wurde mit Wirkung vom 07.05.1996 in § 22b Abs. 1 FRG der Satz 3 eingefügt, nach dem Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor vorrangig zu berücksichtigen sind.
Im Hinblick auf diese Regelungen bestand zunächst die einhellige Auffassung, dass für einen Berechtigten mit Anspruch auf eine Versichertenrente und eine Hinterbliebenenrente höchstens 25 "FRG-Entgeltpunkte" berücksichtigt werden konnten. Lagen der "vorrangigen" Versichertenrente bereits 25 Entgeltpunkte nach dem FRG zugrunde, konnte deshalb aus FRG-Zeiten keine Zahlung der Hinterbliebenenrente erfolgen. Der Bescheid der Beklagten vom 20.04.1999 entsprach dieser Rechtsauffassung.
Im Gegensatz hierzu entschied der 4. Senat des BSG mit Urteil vom 30.08.2001 (BSGE 88, 288), dass es einer Rechtsgrundlage entbehre, Berechtigte mit Ansprüchen auf Hinterbliebenenrente aus FRG-Zeiten anders zu behandeln als Berechtigte mit Ansprüchen auf Hinterbliebenenrente aus anderen Zeiten. Diese Auslegung wurde von den Rentenversicherungsträgern nicht akzeptiert;
sie stieß auch bei Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zum Teil auf Widerspruch. Der 13. Senat des BSG schloss sich im März 2004 jedoch in mehreren Entscheidungen der Auffassung des 4. Senats an.
Nachdem § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG durch das RVNG vom 21.07.2004 (BGBl. I S. 1791) rückwirkend zum 07.05.1996 dahingehend geändert wurde, dass für anrechenbare Zeiten nach dem FRG "für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten" insgesamt 25 Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, legte der 13. Senat des BSG mit mehreren Vorlagenbeschlüssen vom 29.08.2006 (u.a. B 13 RJ 8/05 R) dem BVerfG die Frage vor, ob diese Neuregelung gegen das Grundgesetz verstoße.
Das BVerfG hat diese Frage mit Beschluss vom 21.07.2010 (BVerfGE 126, 396) mit sehr eingehender Begründung verneint. Der 13. Senat des BSG hat sich daraufhin mit Entscheidungen vom 20.07.2011 (B 13 R 36/10 R; B 13 R 39/10 R; B 13 R 40/10 R; B 13 R 41/10 R; B 13 R 49/10 R) der Auffassung des BVerfG angeschlossen.
Die Berufung ist unbegründet, weil die Nichtzahlung der Witwerrente jedenfalls auf der Grundlage des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG in der Fassung des RVNG rechtmäßig ist.
Es spricht viel dafür, dass die Ablehnung der Rentenzahlung auch bereits nach § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG in der vor dem RVNG geltenden Fassung rechtmäßig war (vgl. hierzu BVerfGE 126, 396 und die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts München); dies kann jedoch dahingestellt bleiben. Selbst eine unrichtige Rechtsanwendung bei Erlass des Bescheids vom 20.04.1999 würde keinen Rücknahmeanspruch begründen, weil es an der weiteren Voraussetzung des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X fehlt, dass wegen der unrichtigen Rechtsanwendung Sozialleistungen zu Unrecht vorenthalten worden sind. Maßgebend dafür, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, ist die materielle Rechtslage, wie sie sich zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Überprüfungs-entscheidung ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 05.10.2005, B 5 RJ 57/03 R, juris Rn. 14; Urteil vom 20.07.2011, B 13 R 36/10 R, juris Rn. 17). Insoweit gilt für den Anspruch auf Erlass eines Zugunstenbescheids nach § 44 SGB X nichts anderes als für eine sonstige
kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, bei der der maßgebliche Zeitpunkt für die Frage, nach welchem Recht die Begründetheit des Anspruchs zu prüfen ist, grundsätzlich die letzte mündliche Verhandlung ist (vgl. BSG v. 05.10.2005, a.a.O., juris Rn. 14).
Dies ist in dem (durch Klagerücknahme inzwischen wirkungslos gewordenen) Urteil des Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 13.10.2004 - L 8 RJ 68/03, auf das sich der Kläger beruft, nicht berücksichtigt worden.
Im vorliegenden Fall ist das FRG in der Fassung des RVNG anzuwenden.
Der Kläger kann sich nicht auf § 300 Abs. 2 SGB VI berufen (vgl. BSG, Urteil vom 20.07.2011 – B 13 R 36/10 R, juris Rn.21), wonach u.a. durch Neuregelungen innerhalb des SGB VI ersetzte Vorschriften auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden sind, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Monaten nach der Aufhebung geltend gemacht worden ist. Aus § 300 SGB VI kann nicht abgeleitet werden, dass der Anspruch auf Witwerrente weiterhin nach § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG zu beurteilen ist, weil er bereits vor Verkündung des RVNG geltend gemacht worden ist. "Aufhebung" im Sinne von § 300 Abs. 2 SGB VI meint auch den rückwirkenden Zeitpunkt des Außerkrafttretens, hier also den 07.05.1996. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger aber noch keinen Anspruch auf Witwerrente, weil dieser erst mit dem Zuzug im Dezember 1998 entstanden ist (BSG v. 20.07.2011, a.a.O).
Somit sind die Entgeltpunkte (EP) aus der eigenen Versicherung des Klägers vorrangig zu berücksichtigen.
Da aber dort bereits 25 EP nach dem FRG zu berücksichtigen waren, war damit schon die Höchstzahl an EP erreicht, die § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG nF für ein Zusammentreffen von Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes zulässt.
Durch die Zuerkennung der Witwerrente wurde der Kläger somit nur zum Inhaber eines "leeren Rechts" (vgl. BSG v. 20.07.2011, a.a.O juris Rn. 19).
Art. 15 Abs. 3 RVNG, der § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. rückwirkend zum 07.05.1996 in Kraft gesetzt hat, verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Dies hat das BVerfG mit Gesetzesrang entschieden.
Auch die Regelung selbst steht im Einklang mit dem Grundgesetz (vgl. BVerfGE 126, 369 ff). Auf die entsprechenden Ausführungen in der Entscheidung des BVerfG und die nachfolgenden Entscheidungen des BSG (insbes. Urteil v. 20.07.2011 - B 13 R 36/10 R), die der Senat teilt, wird Bezug genommen.
Soweit der Kläger erstmals ausführt, es sei zu prüfen, ob alle EP, die der Berechnung der Altersrente des Klägers zugrunde gelegt worden seien, FRG-Punkte seien, sieht sich der Senat nicht zu weiterer Aufklärung gedrängt. Es ist nicht ersichtlich, dass insoweit bei Erlass des Bescheids vom 20.04.1999 von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wurde. Der Rentenanspruch des Klägers aus der eigenen Versicherung ist zudem nicht Gegenstand des Verfahrens.
Soweit der Kläger geltend macht, dass sowohl von ihm als auch von seiner verstorbenen Ehefrau Ersatzzeiten (§ 250 SGB VI) zurückgelegt worden seien, ändert dies jedenfalls nichts daran, dass bei der Rente des Klägers 25 Entgeltpunkte auf Grund von FRG-Zeiten nach den §§ 15,16 FRG berücksichtigt wurden. Diese FRG-Zeiten stehen Zeiten einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung im Bundesgebiet gleich und schließen nach § 250 SGB VI die Anrechnung von zeitgleichen Ersatzzeiten aus.
Im Übrigen handelt es sich bei Ersatzzeiten nicht um Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung.
Ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach dem FRG ergäbe sich im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung der Ersatzzeiten als beitragsfreie Zeiten (§ 54 Abs. 4 iVm § 71 Abs. 1 SGB VI) ein Gesamtleistungswert von Null und somit auch 0 EP für die ggf. vorliegende Ersatzzeit mit der Folge, dass allein aus den Ersatzzeiten des Klägers kein Zahlungsanspruch resultieren kann (vgl. BSG, Urteil vom 20.07.2011, a.a.O., juris Rn. 27)."
Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer vollinhaltlich an.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand:
Das Verfahren betrifft die Rechtsfrage, ob § 22b Fremdrentengesetz (FRG) die Zahlung einer Witwerrente aus FRG-Zeiten ausschließt, wenn bereits der Versichertenrente der Berechtigten 25 Entgeltpunkte aus solchen Zeiten zugrunde liegen.
Die am ... geborene Klägerin zog am 10. November 1996 in die Bundesrepublik zu und ist als Spätaussiedler im Sinne des § 4 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) anerkannt worden. Am 3. Februar 1997 beantragte sie Witwenrente aus der Versicherung ihres am ... in K. verstorbenen Ehemann.
Mit Bescheid vom 23. Juni 1998 in der Fassung des Bescheides vom 12. Januar 1999 erkannte die Beklagte den Anspruch auf Witwenrente an, lehnte aber eine Rentenzahlung ab, weil der Rente keine Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden konnten. Zur Begründung wies sie sinngemäß darauf hin, dass nach § 22b FRG (in der Fassung des Rentenreformgesetzes - RRG - 1999; a.F.) höchstens 25 Entgeltpunkte für FRG-Zeiten zu berücksichtigen seien, und zwar vorrangig bei der Rente aus eigener Versicherung. Da die Antragstellerin bereits eine Rente aus eigener Versicherung erhalte, in der bereits 25 Entgeltpunkte enthalten seien, könnten bei der Witwenrente keine FRG-Entgeltpunkte mehr angerechnet werden. Es lägen auch keine in Deutschland zurückgelegten Beitragszeiten vor. Eine Rentenzahlung komme damit nicht in Betracht.
Dieser Bescheid wurde nicht angefochten und damit bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 13. Mai 2004 beantragte die Klägerin die Überprüfung und Aufhebung des Bescheids vom 23. Juni 1998 in der Fassung des Bescheides vom 12. Januar 1999 sowie die rückwirkende Auszahlung der Witwenrente. Die Berechtigung hierzu ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in den Urteilen vom 30.08.2001 (B 4 RA118/00 R) und vom 11.03.2004 (B 13 RJ 44/03 R; B 13 RJ 52/03 R; B 13RJ 53/03 R; B 13 RJ 56/03 R), nach der § 22b FRG nur anwendbar sei, wenn es sich um die Festsetzung eigener Rentenansprüche des Berechtigten handele.
Die Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 3. September 2004 ab, weil dem Urteil des BSG vom 30. August 2001 über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht gefolgt werde, wie sie ausführlich näher begründete. Im Übrigen bestehe hier ein eigenständiger und kein abgeleiteter Anspruch auf Witwenrente. Insoweit seien die Urteile des BSG nicht übertragbar.
Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 1. Februar 2005 zurückgewiesen.
Die Klägerin hat am 2. März 2005 Klage vor dem ehemaligen Sozialgericht Stendal erhoben.
Sie ist der Ansicht, einen Anspruch auf Auszahlung der dem Grunde nach anerkannten Witwenrente zu haben.
Die Klägerin beantragt ihrem schriftsätzlichen Vorbringen entsprechend, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 3. September 2004 und des Widerspruchsbescheids vom 1. Februar 2005 zu verpflichten, ihren Bescheid vom 23. Juni 1998 in der Fassung des Bescheides vom 12. Januar 1999 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die dem Grunde nach anerkannte Witwerrente in voller Höhe zur Auszahlung zu bringen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt auch im Gerichtsverfahren die Ansicht, die sie schon im Verwaltungsverfahren vertreten hat.
Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen. Mit Beschluss vom 16. Mai 2006 hat das Gericht auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2011 hat die Klägerin das Verfahren wieder aufgerufen.
Mit Schreiben vom 22. November 2012 hat das Gericht mitgeteilt, den Rechtsstreit per Gerichtsbescheid zu entscheiden. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akte und Unterlagen Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der ab dem 1. März 1998 als Dauerrecht fortgeltenden Gesetzesfassung durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da der Sachverhalt geklärt ist und auch in rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten aufweist. Zudem sind die Beteiligten vor der Entscheidung des Gerichts gehört worden.
Die Klage hat keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 3. September 2004 und des Widerspruchsbescheids vom 1. Februar 2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 23. Juni 1998 in der Fassung des Bescheides vom 12. Januar 1999 Witwenrente zahlt.
Das Bayrische LSG hat in seinem Urteil vom 31. Januar 2012 Aktenzeichen: L 13 R 614/11 folgendes ausgeführt:
"Nach § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG in der ab 07.05.1996 geltenden Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) vom 25.09.1996 (BGBl. I S. 1461) werden für anrechenbare Zeiten nach dem FRG höchstens 25 Entgeltpunkte zugrunde gelegt, bei Ehegatten nach § 22b Abs. 3 Satz 1 FRG jedoch höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte. Für Berechtigte, die vor dem 07.05.1996 ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben, ist § 22b FRG nach der Übergangsvorschrift des Art. 6 § 4b FANG in der Fassung des WFG nicht anzuwenden.
Durch das RRG 1999 vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2998) wurde mit Wirkung vom 07.05.1996 in § 22b Abs. 1 FRG der Satz 3 eingefügt, nach dem Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor vorrangig zu berücksichtigen sind.
Im Hinblick auf diese Regelungen bestand zunächst die einhellige Auffassung, dass für einen Berechtigten mit Anspruch auf eine Versichertenrente und eine Hinterbliebenenrente höchstens 25 "FRG-Entgeltpunkte" berücksichtigt werden konnten. Lagen der "vorrangigen" Versichertenrente bereits 25 Entgeltpunkte nach dem FRG zugrunde, konnte deshalb aus FRG-Zeiten keine Zahlung der Hinterbliebenenrente erfolgen. Der Bescheid der Beklagten vom 20.04.1999 entsprach dieser Rechtsauffassung.
Im Gegensatz hierzu entschied der 4. Senat des BSG mit Urteil vom 30.08.2001 (BSGE 88, 288), dass es einer Rechtsgrundlage entbehre, Berechtigte mit Ansprüchen auf Hinterbliebenenrente aus FRG-Zeiten anders zu behandeln als Berechtigte mit Ansprüchen auf Hinterbliebenenrente aus anderen Zeiten. Diese Auslegung wurde von den Rentenversicherungsträgern nicht akzeptiert;
sie stieß auch bei Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zum Teil auf Widerspruch. Der 13. Senat des BSG schloss sich im März 2004 jedoch in mehreren Entscheidungen der Auffassung des 4. Senats an.
Nachdem § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG durch das RVNG vom 21.07.2004 (BGBl. I S. 1791) rückwirkend zum 07.05.1996 dahingehend geändert wurde, dass für anrechenbare Zeiten nach dem FRG "für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten" insgesamt 25 Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, legte der 13. Senat des BSG mit mehreren Vorlagenbeschlüssen vom 29.08.2006 (u.a. B 13 RJ 8/05 R) dem BVerfG die Frage vor, ob diese Neuregelung gegen das Grundgesetz verstoße.
Das BVerfG hat diese Frage mit Beschluss vom 21.07.2010 (BVerfGE 126, 396) mit sehr eingehender Begründung verneint. Der 13. Senat des BSG hat sich daraufhin mit Entscheidungen vom 20.07.2011 (B 13 R 36/10 R; B 13 R 39/10 R; B 13 R 40/10 R; B 13 R 41/10 R; B 13 R 49/10 R) der Auffassung des BVerfG angeschlossen.
Die Berufung ist unbegründet, weil die Nichtzahlung der Witwerrente jedenfalls auf der Grundlage des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG in der Fassung des RVNG rechtmäßig ist.
Es spricht viel dafür, dass die Ablehnung der Rentenzahlung auch bereits nach § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG in der vor dem RVNG geltenden Fassung rechtmäßig war (vgl. hierzu BVerfGE 126, 396 und die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts München); dies kann jedoch dahingestellt bleiben. Selbst eine unrichtige Rechtsanwendung bei Erlass des Bescheids vom 20.04.1999 würde keinen Rücknahmeanspruch begründen, weil es an der weiteren Voraussetzung des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X fehlt, dass wegen der unrichtigen Rechtsanwendung Sozialleistungen zu Unrecht vorenthalten worden sind. Maßgebend dafür, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, ist die materielle Rechtslage, wie sie sich zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Überprüfungs-entscheidung ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 05.10.2005, B 5 RJ 57/03 R, juris Rn. 14; Urteil vom 20.07.2011, B 13 R 36/10 R, juris Rn. 17). Insoweit gilt für den Anspruch auf Erlass eines Zugunstenbescheids nach § 44 SGB X nichts anderes als für eine sonstige
kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, bei der der maßgebliche Zeitpunkt für die Frage, nach welchem Recht die Begründetheit des Anspruchs zu prüfen ist, grundsätzlich die letzte mündliche Verhandlung ist (vgl. BSG v. 05.10.2005, a.a.O., juris Rn. 14).
Dies ist in dem (durch Klagerücknahme inzwischen wirkungslos gewordenen) Urteil des Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 13.10.2004 - L 8 RJ 68/03, auf das sich der Kläger beruft, nicht berücksichtigt worden.
Im vorliegenden Fall ist das FRG in der Fassung des RVNG anzuwenden.
Der Kläger kann sich nicht auf § 300 Abs. 2 SGB VI berufen (vgl. BSG, Urteil vom 20.07.2011 – B 13 R 36/10 R, juris Rn.21), wonach u.a. durch Neuregelungen innerhalb des SGB VI ersetzte Vorschriften auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden sind, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Monaten nach der Aufhebung geltend gemacht worden ist. Aus § 300 SGB VI kann nicht abgeleitet werden, dass der Anspruch auf Witwerrente weiterhin nach § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG zu beurteilen ist, weil er bereits vor Verkündung des RVNG geltend gemacht worden ist. "Aufhebung" im Sinne von § 300 Abs. 2 SGB VI meint auch den rückwirkenden Zeitpunkt des Außerkrafttretens, hier also den 07.05.1996. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger aber noch keinen Anspruch auf Witwerrente, weil dieser erst mit dem Zuzug im Dezember 1998 entstanden ist (BSG v. 20.07.2011, a.a.O).
Somit sind die Entgeltpunkte (EP) aus der eigenen Versicherung des Klägers vorrangig zu berücksichtigen.
Da aber dort bereits 25 EP nach dem FRG zu berücksichtigen waren, war damit schon die Höchstzahl an EP erreicht, die § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG nF für ein Zusammentreffen von Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes zulässt.
Durch die Zuerkennung der Witwerrente wurde der Kläger somit nur zum Inhaber eines "leeren Rechts" (vgl. BSG v. 20.07.2011, a.a.O juris Rn. 19).
Art. 15 Abs. 3 RVNG, der § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n.F. rückwirkend zum 07.05.1996 in Kraft gesetzt hat, verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Dies hat das BVerfG mit Gesetzesrang entschieden.
Auch die Regelung selbst steht im Einklang mit dem Grundgesetz (vgl. BVerfGE 126, 369 ff). Auf die entsprechenden Ausführungen in der Entscheidung des BVerfG und die nachfolgenden Entscheidungen des BSG (insbes. Urteil v. 20.07.2011 - B 13 R 36/10 R), die der Senat teilt, wird Bezug genommen.
Soweit der Kläger erstmals ausführt, es sei zu prüfen, ob alle EP, die der Berechnung der Altersrente des Klägers zugrunde gelegt worden seien, FRG-Punkte seien, sieht sich der Senat nicht zu weiterer Aufklärung gedrängt. Es ist nicht ersichtlich, dass insoweit bei Erlass des Bescheids vom 20.04.1999 von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wurde. Der Rentenanspruch des Klägers aus der eigenen Versicherung ist zudem nicht Gegenstand des Verfahrens.
Soweit der Kläger geltend macht, dass sowohl von ihm als auch von seiner verstorbenen Ehefrau Ersatzzeiten (§ 250 SGB VI) zurückgelegt worden seien, ändert dies jedenfalls nichts daran, dass bei der Rente des Klägers 25 Entgeltpunkte auf Grund von FRG-Zeiten nach den §§ 15,16 FRG berücksichtigt wurden. Diese FRG-Zeiten stehen Zeiten einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung im Bundesgebiet gleich und schließen nach § 250 SGB VI die Anrechnung von zeitgleichen Ersatzzeiten aus.
Im Übrigen handelt es sich bei Ersatzzeiten nicht um Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung.
Ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach dem FRG ergäbe sich im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung der Ersatzzeiten als beitragsfreie Zeiten (§ 54 Abs. 4 iVm § 71 Abs. 1 SGB VI) ein Gesamtleistungswert von Null und somit auch 0 EP für die ggf. vorliegende Ersatzzeit mit der Folge, dass allein aus den Ersatzzeiten des Klägers kein Zahlungsanspruch resultieren kann (vgl. BSG, Urteil vom 20.07.2011, a.a.O., juris Rn. 27)."
Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer vollinhaltlich an.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
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