S 12 KA 21/06 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 21/06 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ist ein Krankenhausarzt bereits seit mehreren Jahren in einem im Wesentlichen gleichen Umfang ermächtigt worden, so bedarf es zur Ablehnung einer Ermächtigung einer Sachverhaltsermittlung, die Anlass zu einer gegenüber früher abweichenden Bedarfs- und Bedarfsdeckungssituation gibt.
1. Die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 13.09.2005 wird bis zu einer Zustellung der Entscheidung des Antragsgegners über die Widersprüche der Beigeladenen zu 1., 9. und 10. an den Antragsteller angeordnet.

2. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen.

3. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller 2/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstsatten. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

4. Der Streitwert wird auf 106.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehrt die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer durch den Zulassungsausschuss ausgesprochenen Ermächtigung.

Der Antragsteller ist Facharzt für Innere Medizin und seit längerem Chefarzt der Inneren Abteilung des X-Hospitals. Er wird seit ca. 20 Jahren für einzelne internistische Leistungen ermächtigt. Der Antragsteller zu 9. und die Gesellschafter der Antragstellerin zu 10. sind ebf. Fachärzte für Innere Medizin. Der Antragsteller zu 9. ist als Vertragsarzt mit Praxissitz in Y. zugelassen. Bei der Antragstellerin zu 10. handelt es sich um eine zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in Z.

Am 05.08.2005 beantragte der Antragsteller, seine zuletzt bis zum 30.09.2005 befristete Ermächtigung mit Ausnahme einiger Ziffern des EBM im bisherigen Umfang erneut auszusprechen. Er trug vor, soweit die Beigeladene zu 1. im vorangegangenen Verfahren auf Kapazitäten der Praxis Dres. Q. u. Koll. hingewiesen habe, so habe diese hierzu im von ihm vorgelegten Schreiben vom 30.06.2005 andere Ausführungen gemacht. Ein Vergleich mit den Vorjahren zeige, dass die Gastroskopien und Koloskopien gestiegen seien, ebenso die Herzschrittmacherkontrollen.

Unter Datum vom 29.08.2005 sprach sich die Beigeladene zu 1. gegen die Fortführung aus, da wegen der veränderten örtlichen Versorgungssituation eine Ermächtigung aus Sicherstellungsgründen nicht mehr für erforderlich angesehen werde. Es sei zu befürchten, dass die fachärztlich tätigen Internisten keine Zuweisungen erhalten würden. Es habe sich eine weitere Praxis mit der Spezialisierung Gastroenterologie im Bereich der Bezirksstelle G. seit zwei Jahren etabliert. Es könnten auch weitere Spezialisten gebietsübergreifend in einem räumlich zumutbaren Raum in Anspruch genommen werden.

Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen beschloss am 30.09.2005, den Antragsteller zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung bis zum 30.09.2006 zu ermächtigen. Der Beschluss wurde am 02.12.2005 ausgefertigt. Die Ermächtigung erstreckte sich auf im Einzelnen aufgeführte Leistungen.

Mit Schreiben vom 01.11.2005, bei der Beigeladenen zu 1. am 22.11.2005 eingegangen, wies die Beigeladene zu 10. auf erhebliche eigene freie endoskopische Kapazitäten (ca. 1.000 bis 1.500 Gastroskopien und 500-800 Koloskopien) hin.

Gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses legten die Beigeladenen zu 1. (am 16.12.2005), zu 9. (am 07.11.2005) und 10. (am 07.12.2005) Widerspruch ein.

Die Beigeladene zu 1. verwies auf ihre Stellungnahme unter Datum vom 29.08.2005.

Der Beigeladene zu 9. trug vor, er könne ca. 80 Gastroskopien und 80 Koloskopien im Jahr erbringen, bei erhöhtem Bedarf jeweils eine weitere Leistung pro Woche, bei weiterem Bedarf könne er nach Umorganisation innerhalb eines Monats weitere Leistungen erbringen. Für die Mit- und Weiterbehandlung der Patienten mit chronischer Hepatitis B und C sowie im Bereich der Onkologie sehe er einen Bedarf für die Ermächtigung.

Am 13. Januar 2006 hat der Antragsteller den Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung gestellt. Zur Begründung trägt er ergänzend zu seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren vor, angegriffen werde nur die Ermächtigung in Bezug auf die endoskopischen Leistungen. Eine Änderung der Versorgungslage sei gegenüber früher nicht eingetreten. Die von der Beigeladenen zu 1. benannte weitere Praxis im Bereich G. sei die Praxis Dres. Q1., die eine Ermächtigung ausdrücklich befürwortet habe. Es gäbe auch qualitative Gründe für eine Ermächtigung, da niedergelassene Ärzte häufig nicht Polypen abtragen könnten. Er überreiche auch eine Liste mit niedergelassenen Ärzten, die eine Ermächtigung für erforderlich hielten, ein Schreiben des Qualitätszirkels Allgemeinmedizin, in dem die Versorgung mit Endoskopieleistungen als völlig unzureichend angesehen werde, ein Schreiben des Dr. B. als Vertreter der F. Ärzteschaft, worin eine weitere Ermächtigung ebf. befürwortet wird und ein Schreiben des Qualitätszirkels W. Internisten, worin auf Wartezeiten verwiesen werden. Er habe in den vergangenen Jahren ca. 1.600-1.800 Gastroskopien und ca. 1.500 Koloskopien jährlich erbracht, so dass die vom Beigeladenen zu 9. genannten Kapazitäten nicht ins Gewicht fielen. Die Angaben der Beigeladenen zu 10. seien hinsichtlich des Umfangs zu bezweifeln. Dies würde bedeuten, dass die Praxis gegenwärtig nicht annähernd ausgelastet sei. Lediglich Dr. L. endoskopiere in dieser Praxis. Träfen die Angaben zu, könne dieser gegenwärtig nur halbtags arbeiten. Es dürfte für diesen Umfang auch an Personal und Geräten fehlen. Die Anordnung sei erforderlich, da mit einer Terminierung des Antragsgegners frühestens Ende März zu rechnen sei. Es entstehe ein Versorgungsengpass für die Patienten. Die bevorstehende Terminierung des Antragsgegners ergebe jedenfalls einen Regelungsbedarf bis dahin. Im Übrigen sei ungewiss, ob bis dahin Entscheidungsreife bestehe. Einer Kompromissbereitschaft, wie sie vom Beigeladenen zu 9. angesprochen werde, verschließe er sich nicht. Bei entsprechender Mitwirkung der Beigeladenen zu 1. bei der Bedarfsprüfung hätte ein Kompromiss bereits früher erzielt werden können.

Der Antragsteller beantragt,
die sofortige Vollziehung des aufgrund des Beschlusses vom 13.09.2005 ergangenen Bescheides des Zulassungsausschusses für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen gem. § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 13.09.2005 zurückzuweisen.

Er trägt vor, die Widersprüche richteten sich im Wesentlichen nur gegen die Endoskopischen Leistungen, weshalb unklar sei, inwieweit es überhaupt einer Anordnung bedürfe. Gegenwärtig könnten nur die widersprüchlichen Angaben zur Kenntnis genommen werden. Es bedürfe einer weiteren Sachverhaltsermittlung. Es fehle aber an einem Anordnungsgrund, weil er das Widerspruchsverfahren für den 08.03.2006 terminieren werde.

Die Beigeladene zu 1. sieht hinsichtlich der bevorstehenden Terminierung des Antragsgegners ebf. keinen Anordnungsgrund. Insofern sei der Antrag zurückzuweisen.

Der Beigeladene zu 9. trägt vor, er sei 55 Jahre alt, verheiratet und habe zwei Kinder. Im Jahr 2000 habe er sich niedergelassen. Neben Gastroskopie und Koloskopie einschließlich Polypektomie biete er außer den üblichen internistischen Untersuchungsverfahren die Sonographie des Bauchraumes und der Schilddrüse, Farbdopplerechokardiographien sowie Farbduplex der Beingefäße und der hirnversorgten Gefäße an. Durch Änderung des EBM 2000 plus könne er die letztgenannte Untersuchung nicht mehr abrechnen, was einen Umsatzverlust von 15.000 Euro bedeute. Er sei daher zur Ausweitung seines Endoskopiebereiches gezwungen. Seinen Gerätepark werde er ausweiten, die Lieferung erfolge im Februar 2006. Die Angaben zu seinen Kapazitäten träfen weiterhin zu. Die Angabe zu Wartezeiten von acht Wochen verstehe er nicht, er erbringe die Leistungen innerhalb von zwei Wochen. Denkbar sei für ihn auch eine Beschränkung der Ermächtigung des Antragstellers auf max. 500 Gastroskopien und 500 Koloskopien jährlich bei einer Befristung auf ein Jahr. Die uneingeschränkte Ermächtigung eines Chefarztes stelle eine Existenzbedrohung niedergelassener Ärzte dar.

Die übrigen Beigeladenen haben sich schriftsätzlich zum Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 13.01.2006 die Beiladung ausgesprochen.

II.

Der Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet. Gegenstand dieses Verfahrens war die im Beschluss des Zulassungsausschusses vom 13.09.2005 ausgesprochene Ermächtigung im gesamten Umfang, da insbesondere die Beigeladene zu 1. weder im Verfaltungs- noch im gerichtlichen Anordnungsverfahren ihren Widerspruch beschränkt hat. Eine entsprechende Ausdeutungsmöglichkeit sieht die Kammer insbesondere auch deshalb nicht, weil davon auszugehen ist, dass der Beigeladenen zu 1. hinreichend die Konsequenzen einer Widerspruchseinlegung bekannt sind und sie in der Lage ist, ggf. ihren Widerspruch eindeutig zu begrenzen, soweit dies ihrem Willen entspricht.

Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben. Der Antrag ist schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 und 4, Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Die Widersprüche der Beigeladenen zu 1., 9. und 10. haben aufschiebende Wirkung. Dabei kann hier dahinstehen, ob die Widersprüche der Antragsteller zu 9. und 10. gegen den gesamten Ermächtigungsbescheid erhoben wurden und, falls ja, ob sie insoweit auch vollumfänglich zulässig wären. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Anschluss an das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.08.2004 – 1 BvR 378/00SozR 4-1500 § 54 Nr. 4, zitiert nach juris Rdnr. 15 ff.) setzt eine Widerspruchsbefugnis voraus, dass der Vertragsarzt im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbietet (vgl. BSG, Urt. v. 28.09.2005 – B 6 KA 70/04 RGesR 2006, 15 = ZMGR 2005, 321, juris Rdnr. 13). Jedenfalls hat die Beigeladene zu 1) vollumfänglich Widerspruch erhoben. Von daher kann auch dahinstehen, ob der Widerspruch des Beigeladenen zu 9. vor Ausfertigung des Beschlusses des Zulassungsausschusses zulässig war.

Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung (§ 86a Abs. 1 SGG). In Angelegenheiten des Antragsgegners entfällt die aufschiebende Wirkung nicht (vgl. § 86a Abs. 2 und 4 SGG). Eine sofortige Vollziehung des Beschlusses des Zulassungsausschusses, wozu die Kammer nach der Neuregelung der §§ 86a und 86b SGG den Zulassungsausschuss grundsätzlich für berechtigt hält, ist nicht angeordnet worden.

Nach der im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung spricht aber wesentlich mehr für die Rechtmäßigkeit der vom Zulassungsausschuss ausgesprochenen Ermächtigung als dagegen.

Rechtsgrundlage der Entscheidung der Zulassungsgremien ist § 116 SGB V, § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV. Nach diesen Vorschriften kann der Zulassungsausschuss mit Zustimmung des Krankenhausträgers einen Krankenhausarzt mit abgeschlossener Weiterbildung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigen, soweit und solange deren ausreichende ärztliche Versorgung ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird. Der in dieser Formulierung zum Ausdruck kommende Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte gilt für den gesamten Bereich der ambulanten Krankenversorgung und mithin auch für diagnostische Leistungen auf Überweisungen von denjenigen Ärzten, die die Patienten unmittelbar behandeln. Nicht nur die eigenverantwortliche ambulante Behandlung, sondern auch die Beratung und Unterstützung eines anderen Vertragsarztes bei dessen Behandlung obliegen in erster Linie den entsprechend weitergebildeten und qualifizierten Vertragsärzten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt die Erteilung einer Ermächtigung gemäß § 116 SGB V, § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV an einen weitergebildeten Krankenhausarzt einen quantitativ-allgemeinen oder einen qualitativ-speziellen Versorgungsbedarf voraus, bei dessen Überprüfung und Feststellung die Zulassungsgremien über einen der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglichen Beurteilungsspielraum verfügen. Ein quantitativ-allgemeiner Bedarf liegt vor, wenn in einem Planungsbereich in einer Arztgruppe zu wenige niedergelassene Ärzte vorhanden sind, um den Bedarf zu decken. Das Vorliegen eines qualitativ-speziellen Bedarfs setzt voraus, dass ein Krankenhausarzt besondere, für eine ausreichende Versorgung notwendige Untersuchungs- und Behandlungsleistungen anbietet, die von den niedergelassenen Ärzten nicht bzw. nicht in erforderlichem Umfang erbracht werden (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2002, Az: B 6 KA 12/01 R, SozR 3-2500 § 116 Nr. 24 = MedR 2002, 529 = KRS 02.028 = USK 2002-89, zitiert nach juris Rdnr. 18 bis 20; BSG, Urteil vom 12. September 2001, Az: B 6 KA 86/00 R, aaO., juris Rdnr. 18, jeweils m. w. N.).

Maßstab für die Bedarfsprüfung ist grundsätzlich der Planungsbereich. Bei der Ermittlung eines Bedarfs in quantitativ-allgemeiner Hinsicht sind als Voraussetzung für die Ermächtigung eines Krankenhausarztes, also der Prüfung, ob im jeweiligen Planungsbereich eine ausreichende Anzahl von Ärzten einer bestimmten Arztgruppe für die ambulante Versorgung zur Verfügung steht, die Angaben des Bedarfsplans zugrunde zu legen (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juli 1993, Az: 6 RKa 71/91, SozR 3-2500 § 116 Nr. 4 = BSGE 73, 25 = MedR 1994, 73 = NJW 1994, 1612 = USK 93140, zitiert nach juris Rdnr. 19; BSG, Beschluss vom 20. April 1998, Az: B 6 KA 36/97 B, juris Rdnr. 11; BSG, Urteil vom 22. Juni 1994, Az: 6 RKa 46/93, SozR 3-2500 § 116 Nr. 10 = USK 94164, zitiert nach juris Rdnr. 21 f.). Auch für die Prüfung des qualitativ-speziellen Bedarfs ist grundsätzlich der Zuschnitt der regionalen Planungsbereiche maßgeblich (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 9. Februar 2005, Az: L 3 KA 290/03, MedR 2005, 559, zitiert nach juris Rdnr. 33 (Revision anhängig: BSG, Az.: B 6 KA 15/05 R); LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. September 1997, Az: L 11 Ka 88/97, juris Rdnr. 64). Hierbei ist der Bedarf in der jeweiligen Gruppe der Gebietsärzte (Arztgruppe) maßgeblich. Auf den Bedarf in Teilgebieten ist nicht gesondert abzustellen. Das beruht darauf, dass nach ärztlichem Berufsrecht Ärzte mit Gebietsbezeichnungen alle Leistungen ihres Gebietes erbringen dürfen, auch wenn es sich um solche handelt, die in ein Teilgebiet des Fachgebietes fallen. Selbst wenn man bei der Prüfung der Versorgungslücke die Teilgebiete zugrunde legen würde, dürften bei der Ermittlung des Bedarfs nicht nur die Ärzte berücksichtigt werden, die die entsprechende Teilgebietsbezeichnung zu führen berechtigt sind bzw. führen; es wären vielmehr alle Gebietsärzte, deren Gebiet das Teilgebiet zugeordnet ist, einzubeziehen. Aus diesem Grunde wird auch in dem durch die Bedarfsplanung rechtlich vorgegebenen Rahmen bei der Feststellung des allgemeinen Versorgungsgrades eine Differenzierung nach Teilgebieten nicht vorgenommen (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juli 1993, Az: 6 RKa 71/91, aaO., juris Rdnr. 19). Lediglich dann, wenn ein besondere Zuschnitt des Planungsbereiches wie die Trennung in einen Stadt- und Landkreis, wobei in der geographischen Mitte des Landkreises der Planungsbereich Stadtkreis liegt, gegeben ist, kann die unter Bedarfsplanungskriterien ermittelte rechnerische Nichtauslastung des Planungsbereiches eine tatsächliche Unterversorgung der Versicherten u. U. nicht bewirken (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1998, Az: B 6 KA 81/97 R, aaO., juris Rdnr. 26).

Der Antragsteller ist bereits seit mehreren Jahren in einem im Wesentlichen gleichen Umfang ermächtigt worden. Eine Änderung der Bedarfssituation durch ein verändertes Krankheitsspektrum oder Neuniederlassungen ist insbesondere nicht von der Beigeladenen zu 1) dargelegt worden. Soweit die Beigeladene zu 1. auf den Bereich G. verweist, wird nicht im Einzelnen dargelegt, inwieweit Versorgungskapazitäten anderer Planungsbereiche berücksichtigt werden können. Als Abweichung vom Prinzip der Bedarfsplanung nach Planungsbereichen ist ein solches Vorgehen begründungsbedürftig. Mit Ausnahme der Bereiche Gastroskopie und Koloskopie fehlt es bereits an jeglichen Darlegungen zum Versorgungsbedarf seitens der Widerspruchsführer. Die Beigeladenen zu 9. und 10. beschränken sich offensichtlich nur auf diese Bereiche. Die Beigeladene zu 1. hat zwar ihren Widerspruch nicht beschränkt, hat aber, soweit überhaupt vorgetragen wurde, ebf. nur zu diesen Bereichen ausgeführt. Bereits von daher war für die anderen Teile der Ermächtigung an den Feststellungen des Zulassungsausschusses nicht zu zweifeln.

Für die Bereiche Gastroskopie und Koloskopie hat die Beigeladene zu 1. bisher keine Bedarfsanalyse oder Ähnliches vorgelegt. Es fehlt, worauf der Antragsgegner hinweist, bisher bereits an einer ausreichenden Sachverhaltsermittlung, die Anlass gäbe zu einer gegenüber früher abweichenden Bedarfs- und Bedarfsdeckungssituation. Weder wurde ermittelt, welche Ärzte überhaupt die strittigen Leistungen erbringen, noch in welchem Umfang dies geschieht. Einzig die Beigeladenen zu 9. und 10. verweisen auf eigene Behandlungskapazitäten. Demgegenüber hat der Antragsteller zahlreiche Stellungnahmen vorgelegt, nach denen z. T. erhebliche Wartezeiten von bis zu acht Wochen bestehen. Er hat aus eigener Initiative die überweisenden Ärzte befragt, ob auch in Zukunft aufgrund deren Einschätzung der örtlichen Versorgung die Notwendigkeit seiner Ermächtigung für endoskopische Untersuchungen bestehe. Nach seinen Angaben haben 20 Internisten, 20 Praktische Ärzte und Fachärzte für Allgemeinmedizin sowie 22 Gynäkologen, Urologen, Hautärzte und Radiologen, allesamt im Planungsbereich ansässig, einen weiteren Bedarf bejaht. Wenn auch der Antragsteller nicht weiter dargelegt hat, ob dies gleichermaßen für Koloskopien und Gastroskopien gelte, so bestehen doch für die Kammer keine Zweifel an den Angaben der vom Antragsteller Befragten. Aus Sicht einer Vielzahl niedergelassener Ärzte besteht danach ein weiterer Bedarf für Koloskopien und Gastroskopien. Nach Auffassung der Kammer ist daher zu besorgen, dass sich die Versorgungssituation bei völligem Wegfalls der Ermächtigung des Antragstellers auch in diesen Bereichen weiter verschlechtert und es zu einem für die Versicherten unzumutbarem Versorgungsengpass kommt. Von daher waren die Versorgungsinteressen der Versicherten und insofern auch das Interesse des Antragstellers höher zu bewerten als die der Beigeladenen zu 9. und 10., da für die Kammer insbesondere nicht erkennbar ist, dass sie unmittelbar den vom Antragsteller bisher geleisteten Versorgungsumfang übernehmen könnten.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung war andererseits zeitlich zu begrenzen. Zum einen steht es der Kammer nicht an, hier in den Beurteilungsspielraum des Antragsgegners einzugreifen. Zum anderen bleibt abzuwarten, welche Beurteilung der Antragsgegner nach gründlicher Sachverhaltsermittlung vornehmen wird.

Der Antrag war im Übrigen abzuweisen, da er zeitlich unbegrenzt, d. h. für die gesamte Dauer der Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss gestellt worden war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Der Streitwertbeschluss beruht auf dem Gerichtskostengesetz i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – KostRMoG) vom 05.05.2004, BGBl. I S. 718).

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).

Bei Ermächtigungen ist von dem erzielbaren Umsatz im Ermächtigungszeitraum abzüglich der Unkosten auszugehen. Der Kläger erzielt mit der Ermächtigung einen Quartalsumsatz von ca. 40.000 Euro, wobei er bereits einen Betrag in gleicher Höhe an den Krankenhausträger abgeführt hat, weshalb davon auszugehen ist, dass der Antragsteller keine weiteren Unkosten hat. Die Ermächtigung ist bis 30.09.2006 befristet, so dass der Streitwert auf der Grundlage eines Ermächtigungszeitraum von Februar bis September, also von acht Monaten zu bemessen ist, da der Antrag des Antragstellers zeitlich nicht begrenzt worden war. Bei einem monatlichen Gewinn von ca. 13.333 Euro ergibt dies einen Betrag von ca. 106.000 Euro. In dieser Höhe war der Streitwert festzusetzen.
Rechtskraft
Aus
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