S 12 KA 28/05

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 28/05
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Regelung in einem Honorarverteilungsmaßstab, wonach es nur innerhalb der ersten 6 Wochen nach Ende eines Abrechnungsvierteljahres gestattet werde kann, eine bereits eingereichte Abrechnungsunterlage in den Geschäftsräumen der KV in Anwesenheit eines ihrer Bevollmächtigten zu berichtigen, wobei nur in begründeten Ausnahmefällen diese Frist verlängert werden kann, ist nicht zu beanstanden. Ein Vertragsarzt kann danach nicht für 17 Quartale rückwirkend eine Korrektur der Honorarabrechnung mit dem Vortrag verlangen, aufgrund einer veränderten Eingabe einer Helferin habe sein Softwareprogramm nur eine um ca. 17 € niedriger bewertete Gebührennr. erfasst und sei ihm in 17 Quartalen ein Schaden von über 20.000 € entstanden.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten und die Gerichtskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die rückwirkende Vergütung von Leistungen nach Nr. 8016 für 17 Quartale (I/99 bis I/03).

Der Kläger ist als Arzt für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A. zugelassen.

Am 30.07.2003 teilte er der Beklagten mit, bei der zufälligen Überprüfung seiner letzten Abrechnung habe er festgestellt, dass die Nr. 8016 kein einziges Mal aufgeführt worden sei. Nach Überprüfung der Vorquartale habe er dies dort ebf. festgestellt. Mit der Software-Firma habe er dann den Fehler ermitteln können. Eine Mitarbeiterin habe vor langer Zeit, zur Vereinfachung der Eingabe, den Text ICT Schulung geändert ohne Änderung der dahinter stehenden Abrechnungsziffer. Somit seien auch diese Schulungen mit Nr. 8014 anstatt Nr. 8016 abgerechnet worden (pro Patient x 8). Da der dadurch entstandene wirtschaftliche Schaden sehr beträchtlich sei, bitte er um Berichtigung. Die betroffenen geschulten Patienten habe er im Anhang aufgeführt. Sie hätten alle ICT (Mahlzeiteninsulin und Basalinsulin) gespritzt. Zur Glaubhaftmachung, dass eine Änderung des Systems möglich sei, verweise er auf eine Stellungnahme des Software Hauses

Mit Bescheid vom 13.11.2003 wies die Beklagte den Antrag auf Vergütung zurück, weil nach dem HVM eine nachträgliche Berichtigung lediglich innerhalb von sechs Wochen nach Ende des Abrechnungsquartals persönlich in den Geschäftsräumen der Bezirksstelle F. vorgenommen werden könne.

Hiergegen legte der Kläger am 01.12.2003 Widerspruch ein, den er nicht weiter begründete.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.12.2004, dem Kläger am 10.12.2004 zugestellt, wies die Beklagte den Widerspruch mit gleicher Begründung wie im Ausgangsbescheid zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 10.01.2005 Klage über das SG Frankfurt a. M. erhoben, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 06.04.2005 (Az.: S 2 AR 4/05) an das erkennende Gericht verwiesen hat. Er hat seine Klage mit am 07.11.2005 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten mit Datum vom 03.11.2005 begründet. Darin trägt er ergänzend zu seinem Antragsvorbringen vor, die Abrechnungsnr. 8014 betreffe lediglich die programmierte Unterweisung von Typ II-Diabetikern mit Insulin bei einer Vergütung von 50 DM/25,56 EUR. Demgegenüber betrage die Vergütung der Nr. 8016 75 DM/38,35 EUR. Die Differenz der Abrechnungsposition betrage demnach pro Fall 14,70 EUR. Er habe in 201 Fällen die Nr. 8014 anstatt der Nr. 8016 abgerechnet und zwar jeweils achtmal pro Patient. Insgesamt sei ihm hierdurch ein Schaden in Höhe von 23.782,32 EUR entstanden. Bei Entdeckung des Fehlers im Juli 2003 sei die sechswöchige Frist zur nachträglichen Korrektur der Abrechnung für alle Quartalsabrechnungen abgelaufen gewesen. Es seien bereits die Honorarbescheide ergangen und rechtskräftig geworden. Insoweit sei die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Die Vorschrift des HVM sei jedoch mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Die kurze Ausschlussfrist und das Fehlen jeglicher Ausnahmetatbestände zugunsten der Vertragsärzte stelle einen Verstoß gegen Artikel 12 GG dar. § 6 LZ 601 HVM möge zwar geeignet sein, den reibungslosen Ablauf der Honorarverteilung zu gewährleisten, es fehle jedoch an der Erforderlichkeit hierfür. Aus der Vielzahl der Regresse könnten Reservetöpfe gebildet werden, um eventuelle Nachforderungen auszugleichen. Dies wäre in jedem Falle ein milderes Mittel. Die Regelung sei jedenfalls unangemessen. Bei der Software könnte eine Vielzahl von Fehlern auftreten, und die Ärzteschaft sei gezwungen, zum Teil massive finanzielle Einbußen hinzunehmen. Die Unverhältnismäßigkeit werde durch die Entscheidung des BSG vom Juni 2005 bestätigt. Auch bei ihm gehe es um einen technischen Fehler, zwar von einer Mitarbeiterin verschuldet, jedoch für ihn nicht erkennbar. Insgesamt ergebe sich jedoch bei ihm auch ein Betrag, der eine unzumutbare Beeinträchtigung darstelle. Hierfür sehe der HVM keinen Ausnahmetatbestand vor. Ein solcher bestehe nur für den Fall, dass die Gesamtabrechnung verspätet vorgelegt werde. Auch liege ein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung vor. Während Ärzten für eine Korrektur nur eine Frist von sechs Wochen eingeräumt werde, könnten die Bezirksstellen oder Landesstellen der Beklagten eine nachträgliche Berichtigung innerhalb von zwei Jahren vornehmen.

Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 13.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2004 die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie hat sich schriftsätzlich aufgrund des späten Klagevorbringens nicht geäußert, ist aber in der mündlichen Verhandlung dem Klagevorbringen entgegengetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Psychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Psychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Die Klage ist zulässig. Sie ist aber unbegründet. Der Bescheid vom 13.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2004 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass ihm sein Antrag auf Korrektur der Honorarabrechnungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu beschieden wird. Er hat insbesondere auch keinen Anspruch darauf, dass ihm die Differenz zwischen der Leistung nach Nr. 8016 und der Leistung nach Nr. 8014 in den insgesamt namentlich in der Antragsschrift mit Datum vom 28.07.2003 genannten 201 Fällen, jeweils achtmal, in den Quartalen I/99 bis I/03 nachvergütet wird.

Der insoweit für alle streitbefangenen Quartale gleichlautende Honorarverteilungsmaßstab der Beklagten bestimmt Folgendes:

§ 6 Einreichung der Abrechnung, Sonderbestimmung

(601) Abrechnungsunterlagen, Termine und Quartalserklärung
Die Abrechnungsunterlagen sind für jedes Kalendervierteljahr bis zu dem von der Bezirksstelle festgesetzten Termin bei der zuständigen Bezirksstelle einzureichen.

Soweit maschinell verwertbare Datenträger verwendet werden, bedarf dies der vorherigen Genehmigung durch die KV Hessen. Die diesbezüglichen Bestimmungen der Bundesmantelverträge und deren Anlagen finden Anwendung.

Mit der Abgabe der Behandlungsausweise und ggf. eines maschinell verwertbaren Datenträgers bestätigen der Arzt bzw. Psychotherapeuten oder bei einer Gemeinschaftspraxis die Ärzte bzw. Psychotherapeuten in einer Sammelerklärung/Quartalserklärung, dass die zur Abrechnung eingereichten Leistungen nach den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen sowie nach den Vorgaben dieser Honorarverteilung erbracht worden sind, notwendig waren und die eingereichte Abrechnung sachlich richtig und vollständig ist.

Wird die Abrechnung eines ermächtigten Krankenhausarztes vom Krankenhausträger gemäß § 120 Abs. 1 SGB V erstellt, so haben Krankenhausträger und ermächtigter Krankenhausarzt die vorgenannte Erklärung abzugeben. Für die Abrechnung ärztlich geleiteter Einrichtungen bzw. Psychologischer Ausbildungsinstitute haben der Träger und der (ärztliche) Leiter dieser Einrichtung die im Satz 1 genannte Erklärung abzugeben.

Die Bezirksstelle kann gestatten, dass ein Arzt bzw. Psychotherapeut innerhalb der ersten 6 Wochen nach Ende eines Abrechnungsvierteljahres seine bereits eingereichten Abrechnungsunterlagen in den Geschäftsräumen der Bezirksstelle in Anwesenheit eines Bevollmächtigten der Bezirksstelle berichtigt. In begründeten Ausnahmefällen kann diese Frist verlängert werden.

(602) Verspätete Abrechnungsabgabe
Geht die Abrechnung einer Praxis ohne eine hinreichende Begründung nicht fristgemäß oder unvollständig ein, können die laufenden Vorauszahlungen gesperrt und die Abrechnung bis zum nächsten Abrechnungstermin zurückgestellt werden.

In diesen Fällen hat der Arzt, der Psychotherapeut, der Krankenhausträger bzw. das Psychologische Ausbildungsinstitut höchstens Anspruch auf die Auszahlungsquote, die für das Abrechnungsvierteljahr gezahlt wurde, in dem die verspätet abgerechneten Leistungen ausgeführt wurden. Diese Bestimmung gilt nicht für einzelne Nachzüglerfälle.

(603) Abgeltung des Verwaltungsaufwandes bei Fristversäumnis
Für jeden Tag, um den der Termin für die Einreichung der vollständigen Abrechnung überschritten wird, kann der Geschäftsausschuss zur Deckung des hierdurch entstehenden Mehraufwandes an Verwaltungskosten einen Honorarabzug von 51,13 EUR pro Arzt, Psychotherapeut, Krankenhausträger bzw. Psychologischem Ausbildungsinstitut, höchstens 10 % des gesamten Nettohonorars, jedoch insgesamt maximal 2.556,46 EUR, beschließen.

(604) Verlust des Abrechnungsanspruches
Werden die Abrechnungsunterlagen nicht innerhalb von 12 Monaten nach dem vorgeschriebenen Einreichungstermin bei der Bezirksstelle vorgelegt, so sind die Honorarforderungen verwirkt. In begründeten Ausnahmefällen kann der Geschäftsausschuss eine verspätete Abrechnung zulassen.

Ein Honoraranspruch besteht auch dann nicht, wenn die Abrechnung nicht den allgemeinen Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Rechnungslegung (z. B. Lesbarkeit der Leistungseintragungen) entspricht oder die gemäß LZ 601 zu bestätigende Einhaltung gesetzlicher und vertraglicher Bestimmungen sowie der Vorgaben dieser Honorarverteilung offensichtlich und erkennbar verletzt wurden.

Nach diesen Bestimmungen kommt eine nachträgliche Abrechnung der vom Kläger geltend gemachten Leistungen bzw. Umwandlung der abgerechneten Leistungen nicht in Betracht. Der Kläger führt selbst aus, dass die Beklagte diese Bestimmungen zutreffend angewandt hat.

LZ 601 Satz 7 HVM ist rechtmäßig und war von der Kammer daher nicht zu beanstanden.

Es ist eine der grundlegenden Pflichten jedes Vertragsarztes, die erbrachten Leistungen peinlich genau abzurechnen, weil die korrekte Abrechnung von der KV angesichts der Vielzahl der von ihr in jedem Quartal zu bewältigenden Datenmengen nur in eingeschränktem Umfang überprüft werden kann (vgl. BSG, Urt. v. 24.11.1993 - 6 RKa 70/91 - BSGE 73, 234 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 4 (juris Rdnr. 22); BSG, Urt. v. 25.10.1989 - 6 RKa 28/88 - BSGE 66, 6, 8 = SozR SozR 2200 § 368a Nr 24 )juris Rdnr. 15); BSG, Urt. v. 08.07.1981 – 6 RKa 17/80 - USK 81172 (juris Rdnr. 31)). Der Grundsatz der peinlich genauen Abrechnung gilt unabhängig davon, ob die Abrechnung auf manuellem Wege oder mittels elektronischer Datenträger erfolgt. Auch wenn sich der Vertragsarzt im zweiten Fall entsprechender Abrechnungsprogramme bedient, entlastet ihn dies nicht davon, sich vor Weiterleitung der Diskette an die KV wenigstens anhand von Stichproben zu vergewissern, dass die dort enthaltenen Angaben frei von Fehlern sind, unabhängig davon, ob diese auf eigenen Falscheingaben oder auf Mängeln der benutzten Software beruhen (vgl. LSG Niedersachsen, Beschl. v. 17.02.2005 - L 3 KA 218/04 ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 15.01.1997 - L 11 Ka 74/96 - NZS 1997, 384, 386).

Der Arzt hat daher mit Abgabe der Abrechnung in einer Sammelerklärung/Quartalserklärung zu bestätigen, dass die zur Abrechnung eingereichten Leistungen nach den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen sowie nach den Vorgaben des Honorarverteilungsmaßstabs erbracht worden sind, notwendig waren und die eingereichte Abrechnung sachlich richtig und vollständig ist (LZ 601 Satz 4 HVM). Die Beklagte muss sich grundsätzlich auf die Richtigkeit und Vollständigkeit eingereichten Abrechnungsunterlagen verlassen können. Sie hat die Gesamtvergütung unter die Vertragsärzte nach § 85 Abs. 4 SGB V zu verteilen. Sie wendet dabei den im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an (§ 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V in der in den streitbefangenen Quartalen geltenden Fassung). Die Beschränkung auf kurze Abrechnungsfristen ist erforderlich, da die Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten einen Anspruch auf zeitnahe Vergütung haben. Um diesen Anspruch nachzukommen, ist es erforderlich, dass die Abrechnungen unmittelbar nach Quartalsschluss eingereicht werden. Angesichts einer begrenzten Gesamtvergütung und einer Honorarverteilung, die nicht lediglich die Festsetzung und Auszahlung einer im Vorhinein feststehenden Einzelleistungsvergütung vorsieht, bei der der Honoraranspruch des einzelnen Arztes wesentlich auch davon abhängt, in welchem Umfang die übrigen Vertragsärzte Leistungen zur Abrechnung gebracht haben, wie dies augenfällig in von Quartal zu Quartal schwankenden Punktwerten wird, kann nur bei vollständiger Abrechnung aller Vertragsärzte eine im Ergebnis auch richtige Honorarverteilung vorgenommen werden. Verspätet eingereichte Abrechnungen oder Abrechnungsteile oder Korrekturen können nicht rückwirkend berücksichtigt werden und führen zwangsläufig zu Belastungen der Honorarabrechnungen für Folgequartale (vgl. LSG Baden Württemberg, Urt. v. 16.07.2003 – L 5 KA 2935/01 -, S. 10 f.; LSG Baden Württemberg, Urt. v. 16.07.2003 – L 5 KA 3151/02 -, S. 7 f.). Hinzu kommen vielfältige Budgetierungsregelungen, die zu Verzerrungen der individuellen Honoraransprüche führen bzw. sogar Anreize liefern können, die Honorarabrechnungen auf verschiedene Quartale zu verteilen.

Ausgehend hiervon ist § 6 LZ 601 Satz 7 HVM nicht zu beanstanden.

§ 6 HVM sieht ein abgestuftes System für die Fälle verspäteter Abrechnung vor. Zunächst wird von der Beklagten ein Termin zur Abrechnung festgelegt (LZ 601 Satz 1 HVM), der in der Regel etwa 10 Tage beträgt. Korrekturen können noch innerhalb von sechs Wochen nach Ende eines Abrechnungsvierteljahres eingereicht werden (LZ 601 Satz 7 HVM), also etwa innerhalb eines Monats nach Ende der Einreichungsfrist. In begründeten Ausnahmefällen kann diese Frist verlängert werden (LZ 601 Satz 8 HVM).

Wird innerhalb der Abrechnungsfrist überhaupt keine Abrechnung eingereicht, so kann dennoch die Abrechnung nach Ablauf der Frist eingereicht werden. Für diesen Fall sieht der HVM eine Verwaltungskostenpauschale wegen des Mehraufwands vor. Die Verwaltungskostenpauschale ist so bemessen, das ihr Höchstbetrag bei einer Verspätung von über 50 Tagen erreicht wird (vgl. LZ 603 HVM). Eine Verwirkung tritt erst innerhalb von 12 Monaten nach dem vorgeschriebenen Einreichungstermin ein (LZ 604 Satz 1 HVM). In begründeten Ausnahmefällen kann aber der Geschäftsausschuss eine darüber hinaus verspätete Abrechnung zulassen (LZ 601 Satz 2 HVM).

Der HVM der Beklagten differenziert damit hinreichend zwischen der Bedeutung einer unrichtigen und dem gänzlichen Fehlen einer Abrechnung. Für das gänzliche Fehlen einer Abrechnung lässt er weitergehende Korrekturen zu beziehungsweise lässt es zu, dass die Abrechnung bis zu einem Jahr verspätet eingereicht wird, in Ausnahmefällen sogar noch später. Eine Nichtberücksichtigung der gesamten Abrechnung würde auch zwangsläufig zum Verlust des gesamten Honorars führen. Demgegenüber ist eine teilweise Unrichtigkeit nur von geringerem Gewicht. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnung, die ausschließlich im Verantwortungsbereich des die Abrechnung einreichenden Arztes liegt, ist auch von der Verspätung einer Einreichung der gesamten Abrechnung zu unterscheiden. Ob der HVM der Beklagten auch die Nachreichung fehlender Teile einer Abrechnung, also bisher nicht eingereichter Behandlungsfälle zulässt, und innerhalb welcher Fristen, kann hier dahinstehen, da es für den Kläger nur um die Korrektur bereits abgerechneter Behandlungsfälle geht.

Der Kammer ist auch nicht ersichtlich, dass aus Regressen hinreichend Reservetöpfe gebildet werden könnten, um eventuelle Nachforderungen auszugleichen. Im Übrigen muss die Beklagte bereits Forderungen, für die eine Rechtspflicht besteht, ausgleichen. Die Bildung eigener Reservetöpfe würde aber den Auszahlungsbetrag der Gesamtvergütung vermindern. Jeder Vorwegabzug von Gesamtvergütungsanteilen vermindert in mehr oder weniger großem Ausmaß den Auszahlungspunktwert, der der Honorierung der im laufenden Quartal erbrachten vertragsärztlichen Leistungen zu Grunde liegt. Grundsätzlich haben sowohl die Vertragsärzte als auch die die Gesamtvergütung entrichtenden Krankenkassen einen Rechtsanspruch darauf, dass die für ein bestimmtes Quartal geleistete Gesamtvergütung möglichst ungeschmälert für die Honorierung der in diesem Quartal erbrachten Leistungen verwendet wird (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 22.06.2005 – B 6 KA 21/04 R – juris Rdnr. 20 m.w.N.).

Aus den Entscheidungen des BSG vom Juni 2005 (BSG, Urt. v. 22.06.2005 - B 6 KA 19/04 R und 20/04 R -) ergeben sich für die Kammer aus der bisher nur vorliegenden Pressemitteilung (Presse-Mitteilung Nr. 29/05 (zum Presse-Vorbericht Nr. 29/05) v. 24. Juni 2005) keine anderen Erkenntnisse. Zum einen weicht der vom BSG zu beurteilende Sachverhalt von dem hier vorliegenden Sachverhalt ab. Beiden Entscheidungen des BSG lagen verspätete Teilabrechnungen vor, die zum Ausschluss von der Honorarabrechnung bei der Honorarverteilung eines Teils aller Behandlungsfälle geführt hatten. Es handelte sich zum Unterschied nicht um Korrekturen bereits zur Abrechnung eingereichter Behandlungsfälle. Im Übrigen weist das BSG darin darauf hin, dass die KV in ihrem HVM auch Regelungen über die Vorlage von Quartalsabrechnungen treffen und in diesem Zusammenhang auch Ausschlussfristen vorsehen darf. Die Vorschriften müssen aber so ausgestaltet sein, dass die Rechtsfolgen gegenüber Vertragsärzten, die in einzelnen Quartalen z. B. wegen Übermittlungsfehler die Frist nicht eingehalten haben, zumutbar bleiben. Das ist nicht mehr der Fall, wenn Vertragsärzte, die als Folge eines technischen Fehlers nahezu ihre gesamte Abrechnung verspätet der KÄV übermitteln, für das betroffene Quartal fast völlig auf das Honorar verzichten müssen.

Hinzu kommt, dass nach den Einlassungen des Klägers nicht schlichtes technisches Versagen im Sinne einer höheren Gewalt für die fehlerhafte Abrechnung Ursache ist. Der Kläger hat selbst dargelegt, dass Ursache nicht ein Programmfehler ist, sondern die fehlerhafte Eingabe einer Praxisangestellten. Die Richtigkeit der Eingaben gehört aber insbesondere zum Verantwortungsbereich des Klägers. Er hat seine Praxisangestellten entsprechend zu schulen und zu überwachen. Hierzu gehört auch die Kontrolle der Abrechnung und der erbrachten Leistungen. Die Dauer der fehlerhaften Abrechnung zeigt insbesondere, dass der Kläger seiner Verantwortung nicht in vollem Maße nachgekommen ist, was er sich nunmehr zurechnen lassen muss. Von daher hat die Beklagte auch zu Recht keine Ausführungen zu LZ 601 Satz 8 HVM gemacht, wonach in begründeten Ausnahmefällen die Korrekturfrist verlängert werden kann. Auch der Kläger beruft sich hierauf nicht.

Von daher sind die hier maßgeblichen Regelungen im HVM der Beklagten auch unter Berücksichtigung des Art. 12 Abs. 1 GG verhältnismäßig.

Entgegen der Auffassung des Klägers liegt auch keine Ungleichbehandlung im Verhältnis zur Beklagten vor, die grundsätzlich berechtigt ist, im Rahmen der sachlich-rechnerischen Berichtigung einen Honorarbescheid innerhalb von vier Jahren zu korrigieren. Hierfür liegen entsprechende Ermächtigungsgrundlagen in den Bundesmantelverträgen vor und ist die Beklagte gesetzlich verpflichtet, die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen (§ 75 Abs. 2 Satz 2 SGB V), auch hat sie den Vertrauensschutz des Arztes zu beachten (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 RBSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52).

Nach allem war der angefochtene Bescheid rechtmäßig und die Klage daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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