S 12 KA 454/05 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 454/05 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 38/05 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Ein Widerspruch eines Vertragsarztes gegen eine Genehmigung ausgelagerter Praxisräume eines anderen, im Nachbarplanungsbereich niedergelassenen Vertragsarztes in seinem Planungsbereich hat aufschiebende Wirkung (Fortführung von BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des 1. Senats v. 17.08.2004, Az: 1 BvR 378/00).
2. Unter Vertragsarztsitz ist die konkrete Praxisanschrift zu verstehen (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 10.05.2000 - B 6 KA 67/98 R - BSGE 86, 121 = SozR 3 5520 § 24 Nr. 4).
3. Soweit eine Berufsordnung es dem Arzt gestattet, über den Praxissitz hinaus an zwei weiteren Orten ärztlich tätig zu sein (hier: § 17 Abs. 2 S. 1 HessBO), so folgt hieraus nicht, dass dies auch unmittelbar Geltung im vertragsärztlichen Bereich entfalten kann.
4. Die Abgrenzung der Zweigpraxis von ausgelagerten Praxisräumen ist auch nach Änderung der Berufsordnungen auf der Grundlage des Leistungsangebots vorzunehmen. Für eine Zweigpraxis kommt es danach maßgeblich darauf an, ob der Arzt ein ähnliches Angebot in einer Praxis vorhalten will. Ausgelagerte Praxisräume bedingten demgegenüber, dass die dort angebotenen Leistungen nicht auch in den eigentlichen Praxisräumen erbracht werden (vgl. BSG, Urt. v. 12.09.2001 - B 6 KA 64/00 R, SozR 3-2500 § 135 Nr. 20).
5. Aus § 15a BMV-Ä/EKV-Ä folgt nicht, dass ausgelagerte Praxisräume in jedem Fall genehmigungsfrei betrieben werden können. Die als statische Verweisung zu verstehende Definition greift die genannte Abgrenzung der BSG-Rechtsprechung auf. Zu beachten ist hierbei aber die Systematik mit der Bindung der vertragsärztlichen Tätigkeit an den Praxissitz sowie der Zulassung des Vertragsarztes, die jeweils nur für seinen Zulassungsbereich erfolgt. Daraus folgt, dass es dem Vertragsarzt verwehrt ist, ausgelagerte Praxisräume in anderen Planungsbereichen zu unterhalten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der andere Planungsbereich wegen Überversorgung auch für diesen Leistungsbereich für weitere Zulassungen gesperrt ist. Die Verlagerung der Praxisräume in einen anderen Planungsbereich bedeutet, dass diese Leistungen nicht im eigentlichen Planungsbereich, für den die Zulassung erfolgt ist, angeboten werden.
1. Der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung vom 25.07.2005 wird abgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Verfahrenskosten einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 1.667 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Anordnung des sofortigen Vollzugs einer Genehmigung zur Nutzung ausgelagerter Praxisräume in einem benachbarten Planungsbereich.

Die Antragstellerin ist eine radiologische Gemeinschaftspraxis, bestehend aus zwei Fachärzten für diagnostische Radiologie. Sie wurde mit Beschluss vom 20.02.2001 mit Praxissitz in O. im Planungsbereich D.-D. genehmigt. Nach Verlagerung des Praxissitzes nach D. und Nichtzustandekommen einer Gemeinschaftspraxis mit einer weiteren Ärztin ruhte die Zulassung beider Mitglieder der Antragstellerin bis zum 30.06.2003. Anschließend verlagerte die Antragstellerin den Praxissitz nach W. und mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 25.01.2005 nach G., G-Straße, jeweils im Planungsbereich D.-D. gelegen.

Die Beigeladenen sind radiologische Praxen im Planungsbereich D ...

Im Oktober 2004 trat die Antragstellerin an die Antragsgegnerin wegen der Nutzung ausgelagerter Praxisräume im benachbarten Planungsbereich D., nämlich in D., D Straße heran. Die Antragstellerin beabsichtigte, die Geräte für die MRT-Diagnostik von der F. GmbH, Zentrum für moderne bildgebende Diagnostik zu mieten. Unter Datum vom 24.11.2004 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, unter der Voraussetzung, dass der Erstkontakt mit dem Patienten in den Praxisräumen tatsächlich in W. zu Stande komme und dass in den Praxisräumen in D. andere Leistungen als in den Praxisräumen in W. erbracht werden würden, handele es sich um ausgelagerte Praxisräume, hier mit der Besonderheit, dass diese planungsübergreifend seien. Wenn auch ansonsten genehmigungsfrei bedürfe es wegen des planungsübergreifenden Konzepts einer Genehmigung. Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe zuletzt am 21.10.2004 die angeordnete Sperre für Neuzulassungen für Radiologen im Planungsbereich D. bestätigt wegen andauernder Überversorgung.

Unter Datum vom 08.12.2004 widersprach die Antragstellerin der Auffassung, es handele sich um eine genehmigungsbedürftige Zweigpraxis. Über die Frage der Nutzung der ausgelagerten Praxisräume entspann sich ein Schriftsatzwechsel zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin.

Mit Bescheid vom 18.03.2005 genehmigte die Antragsgegnerin die Nutzung der Räumlichkeiten der F. GmbH, F-Straße, D., ausschließlich für das Erbringen von MRT-Leistungen als ausgelagerte Praxisstätte. Die Genehmigung wurde unter der Bedingung erteilt, dass die Antragstellerin die vertragsärztliche Tätigkeit in G. umgehend, d.h. spätestens mit Zustellung dieses Bescheides aufnehme sowie die privatärztliche Tätigkeit in D. sofort einstelle. Ferner erfolgte die Genehmigung unter der weiteren Bedingung, dass der Erstkontakt mit dem mittels MRT zu untersuchenden Patienten in der (Haupt-) Praxisstätte in G. zu Stande komme. Die Genehmigung der ausgelagerten Praxisstätte wurde befristet bis zum 30.09.2005. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, die Praxisstätte in G. liege in ca. 7,2 km Entfernung zur G-Straße in D ... Grundsätzlich sei das Betreiben eines ausgelagerten Praxisraumes im Sinne des § 18 Abs. 2 Hessische Berufsordnung für Ärzte gem. § 15a Abs. 2 Nr. 1 BMV-Ä genehmigungsfrei. Planungsbereichsübergreifende ausgelagerte Praxisstätten würden die Vorgaben der Bedarfsplanung in den angrenzenden Planungsgebieten jedoch unterlaufen, weshalb für diesen Sonderfall eine Genehmigung der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung nach Durchführung einer entsprechenden Bedarfsprüfung notwendig sei. Für das Planungsgebiet D.-D. bestünden keine Zulassungsbeschränkungen. Der Planungsbereich D. sei jedoch mit MRT-Leistungen überversorgt. Man habe sich auch der Interessen der bereits in D. niedergelassenen Radiologen verpflichtet gesehen. Es bestehe die Gefahr des Unterlaufens der bestehenden Bedarfsplanung und –situation durch das Konzept der planungsbereichsübergreifenden ausgelagerten Praxisstätte. Aus wirtschaftlichen Gründen sei das offengelegte Konzept der Nutzung der Räumlichkeiten und der Geräte der F. GmbH zu befürworten. Über die Dauer von 6 Monaten könne beurteilt werden, ob eine Auslastung des MRT’s durch die von der Antragstellerin zu behandelnden Patienten erfolge. Mit der Befristung werde auch den Interessen der niedergelassenen Radiologen in ausreichendem Maße Rechnung getragen. Deshalb habe man auch die weiteren auflösenden Bedingungen erlassen. Beeinflusst sei diese Entscheidung auch davon, dass in der zurückliegenden Zeit keine Aufnahme der vertragsärztlichen Versorgung in Bezug auf radiologische Leistungen durch die Antragstellerin erfolgt sei.

Hiergegen legten die Beigeladenen am 08.06.2005 Widerspruch ein.

Bereits zuvor hatten sie unter Datum vom 24.02.2003 der Antragsgegnerin mitgeteilt, dass die Antragstellerin in der D-Straße in D. eine radiologische Praxis eröffnet habe. Es handele sich um eine genehmigungspflichtige Zweigpraxis, die aus Versorgungsgründen nicht erteilt werden dürfe. Die Tätigkeit eines Vertragsarztes sei auch auf den Ort seiner Niederlassung beschränkt. Hierauf Bezug nehmend hatten sie unter Datum vom 02.03.2005 die Antragsgegnerin aufgefordert, sollte es zutreffen, dass diese der Antragstellerin eine Genehmigung erteilt habe, ihnen den Genehmigungsbescheid zuzustellen. Sie führten weiter aus, eine rechtsfehlerfreie Genehmigung sei in der vorliegenden Konstellation nicht möglich. Daraufhin hatte die Antragsgegnerin den Beigeladenen unter Datum vom 07.04.2005 mitgeteilt, dass mit Bescheid vom 18.03.2005 der Antragstellerin das Betreiben eines ausgelagerten Praxisraumes im Planungsbereich D. für die Dauer von 6 Monaten genehmigt worden sei. Hierauf erging, wie bereits erwähnt, der Widerspruch der Beigeladenen.

Zur Begründung ihres Widerspruchs führten die Beigeladenen aus, die Genehmigung sei rechtswidrig, weil mangels Versorgungsbedarfs für MRT-Leistungen im Planungsbereich D. ein die Planungsbereichsgrenzen überschreitender ausgelagerter Praxisteil nicht hätte genehmigt werden dürfen. Es handele sich um eine zulässige Form des defensiven Drittwiderspruchs, weil sie in ihrer Berufsausübungsfreiheit durch die Genehmigung verletzt seien. Eine Bekanntgabe des Genehmigungsbescheids sei bisher nicht erfolgt. Ihr Widerspruch entfalte aufschiebende Wirkung. Eine Genehmigung dürfe nur erfolgen, wenn ein Versorgungsbedarf bestehe. Für D. sei dies nicht der Fall. Sollte tatsächlich ein solcher Bedarf bestehen, müsse eine Sonderbedarfszulassung erfolgen. Die Auflage, die Durchführung von MRT-Untersuchungen auf Patienten aus G. zu beschränken, sei nicht zu kontrollieren. Die Antragstellerin versuche, sich schrittweise im Planungsbereich D. zu etablieren. Hierzu sei zunächst ein ausschließlich privatärztlich betriebenes MRT in D. in Betrieb genommen worden, obwohl bekannt gewesen sei, dass eine insoweit vertragsärztliche Tätigkeit unter Zugrundelegung der gültigen gesetzlichen Bestimmungen nicht möglich sei. Es werde nunmehr versucht, das MRT mit vertragsärztlichen Untersuchungen in D. auszulasten. Die Patienten müssten weiterhin nach D. fahren, eine bessere Versorgung bestehe für sie nicht.

Über die Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung entspannte sich ein weiterer Schriftwechsel zwischen den Beteiligten. Die Antragstellerin führte unter anderem aus, Gründe für eine vorzeitige Aufhebung der Genehmigung bestünden nicht. Die Beigeladenen hätten ausreichend Zeit gehabt, den Widerspruch fristgerecht einzureichen. Sie nähmen nur an der Versorgung in D-Land teil. Der Patientenerstkontakt erfolge selbstverständlich ausschließlich in der Praxis in G. ebenso wie die Verwaltungsarbeit und die eigentliche radiologische Leistung (Befundung, Arztbrief, Telefonate mit Zuweisern und/oder Patienten usw.). Ca. 90 % der Zuweisungen erfolgten aus dem Planungsbereich D-Land. Viele zugewiesene Patienten beklagten sich über ellenlange Wartezeiten, schlechte Praxisorganisation und unzumutbare Behandlung in den D. Radiologenpraxen. Sie mache keine unerlaubte Konkurrenz. Das Gerät gehöre nicht ihr und es habe schon vor der Sitzverlegung an der gleichen Stelle in D. gestanden. Auch die Beigeladenen könnten dieses Gerät nutzen. Wenn sich die Antragsgegnerin der Auffassung der aufschiebenden Wirkung anschließe, so habe sie einen entsprechend rechtsmittelfähigen Bescheid mit der Anordnung des Sofortvollzugs zu erlassen.

Unter Datum vom 17.06.2005 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass die Beigeladenen Widerspruch erhoben hätten. Ihrer Auffassung nach habe der Widerspruch aufschiebende Wirkung, weshalb sämtliche Leistungen der Antragstellerin in Bezug auf den MRT ab Zugang des heutigen Schreibens nicht vergütet würden.

Unter Datum vom 14.07.2005 teilte die Antragstellerin mit, sie gebe der Antragsgegnerin Gelegenheit, die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 18.03.2005 wieder herzustellen. Die Gründe hierfür seien bekannt. Dadurch könne ein einstweiliges Anordnungsverfahren vermieden werden. Die Antragsgegnerin erwiderte unter Datum vom 20.07.2005, sie habe mit großem Interesse die Aussage zur Kenntnis genommen, das die Antragstellerin darauf angewiesen sei, die in D. am MRT erbrachten Leistungen abzurechnen und dass mit der Abrechnung der kassenärztlichen Leistungen der Betrieb des Gerätes dort stehe und falle. Unter dieser Maßgabe bitte sie um eine Stellungnahme dahingehend, ob und wie der vertragsärztlichen Tätigkeit am eigentlichen Vertragsarztsitz nachgekommen werde. Rein vorsorglich habe sie das Anschreiben dem Zulassungsausschuss weitergeleitet. Gerade auf Grund der Ausführungen der Antragstellerin sehe sie keine rechtliche Grundlage für die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides.

Unter gleichem Datum teilte sie den Beigeladenen mit, die von der Gegenseite angekündigte abschließende Stellungnahme stehe noch aus. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung habe sie abgelehnt.

Unter Datum vom 22.07.2005 teilte die Antragstellerin mit, selbstverständlich versehe sie im Wesentlichen ihre vertragsärztliche Tätigkeit am Vertragsarztsitz in G ... In D. würden am MRT zu bestimmten Zeiten, die mit dem Betreiber abgestimmt seien, Untersuchungen durchgeführt werden. Dadurch sei der Betrieb der Vertragsarztpraxis in G. in keiner Weise beeinträchtigt.

Über den Widerspruch der Beigeladenen hat die Antragsgegnerin bisher nicht entschieden.

Am 25.07.2005 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Frankfurt am Main den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 26.07.2005 den Rechtsstreit an das Sozialgericht Marburg verwiesen.

Die Antragstellerin trägt ergänzend zu ihrem Vorbringen im bisherigen Verwaltungsverfahren vor, seit Einlegung des Widerspruchs verweigere die Antragsgegnerin die Abrechnung der MRT-Leistungen. Sie fordere gezahlte Abschläge in Höhe von 60.00,00 EUR zurück. Der Widerspruch sei bereits unzulässig, da den Widerspruchsführern keine Widerspruchsbefugnis zustehe. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.08.2004 habe eine andere Fallkonstellation betroffen. § 15a Abs. 2 i.V.m. § 24 Ärzte-ZV komme eine drittschützende Wirkung nicht zu. Der Widerspruch sei auch unbegründet. Eine positive Feststellung eines Versorgungsbedarfs sei nicht erforderlich. Dies gelte allein für eine Zweigpraxis. Das Verlangen einer Genehmigung für eine ausgelagerte Praxisstätte verstoße gegen den Bundesmantelvertrag-Ärzte. Ihr Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei zulässig, da sich die Antragsgegnerin auf den Standpunkt gestellt habe, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung entfalte. Der Antrag sei auch begründet. Ihr überwiegendes Interesse resultiere zum einen aus den bisher getätigten Investitionen. Zwar belasteten sie die Anschaffungskosten des MRT nicht. Dafür hätten sie aber zusätzliche Investitionen für das Gerät in Höhe von 2.000,00 EUR sowie die Telefonanlage in Höhe von 570,00 EUR vorgenommen. Hinzu kämen laufende Kosten für 4,5 Mitarbeiter von 4 1/2 mal 400,00 EUR, insgesamt also 1.800,00 EUR, eine Halbtagskraft von 1.081,00 EUR, Mietkosten von 2.500,00 EUR, des Telefons von 200,00 EUR und des Materialeinkaufs von 800,00 EUR, zusammen von 6.181,00 EUR. Ihre Räume in G. hätten die Implementation von Großgeräten nicht zugelassen. Eine ordnungsgemäße Abrechnung für das Quartal I/05 liege noch nicht vor. Die von der Antragsgegnerin genannte Summe entspreche nur dem Anteil der konventionellen Röntgenleistungen. Die Widerspruchsführer könnten sich nicht auf ein subjektives Recht auf Konkurrentenschutz berufen. Sie sei auf die Einnahmen angewiesen. Der Landkreis D.-D. liege wie ein Bogen um D. herum und habe insgesamt etwa 32.000 Einwohner, davon hätten die Städte G.-U. und D. zusammen 27.000 Einwohner. Sie lägen östlich von D. – westlich lägen die Kommunen W. und G. mit zusammen 49.000 Einwohnern. In G.-U. werde ein Kernspintomograph betrieben. Die Entfernung zwischen G.-U. sowie G. und W. betrage mehr als 29 km mit dem Auto. Im Zentrum dieses Weges liege D. mit vier radiologischen Großpraxen und darin mindestens 15 tätigen Radiologen und 4 MRT-Systemen. Diese Radiologen hätten bislang von der zentralen Lage D. innerhalb des die Stadt umgebenden Landkreis D.-D. profitiert. Sie hätten aber darauf keinen einklagbaren Anspruch. Einer der Beschwerdeführer sei zudem Chefarzt der Radiologie eines Krankenhauses in D., wo seine Praxis auch Großgeräte betreibe. Die Antragstellerin wolle nunmehr die monatlichen Zahlungen auf 4.500,00 EUR kürzen, nach dem in den vorangegangenen Monaten noch der dreifache Betrag gezahlt worden sei.

Die Antragstellerin beantragt,
im Wege der einstweiligen Anordnung die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides der Antragsgegnerin vom 18.03.2005 (Genehmigung ausgelagerter Praxisräume für MRT-Leistungen in D.) anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

Sie trägt vor, für das Quartal I/05 habe die Antragstellerin einen Abschlag in Höhe von 45.000,00 EUR erhalten. Die angeforderte Honorarmenge der Praxis habe sich für dieses Quartal jedoch nur auf 6.920,86 EUR belaufen, woraus sich (zusammen mit den Verwaltungskosten) eine Überzahlung des Kontos in der Höhe von 38.295,01 EUR ergeben habe. Man habe die Antragstellerin zur Rückzahlung aufgefordert, da auf Grund der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs auch künftig nicht soviel Honorar anfallen werde, dass eine Verrechnung erfolgen könnte. Der Antrag der Antragstellerin sei unbegründet. Eine Interessenabwägung falle nicht zu Gunsten von ihr aus. Ihre Interessen seien lediglich monetärer Natur. Sie habe das öffentliche Interesse der Bevölkerung in D. und Umgebung an einer ausreichenden vertragsärztlichen Versorgung mit radiologischen bzw. MRT-Leistungen zu berücksichtigen und mit den Interessen der niedergelassenen Radiologen in D. abzuwägen, die von einer solchen Entscheidung der Antragsgegnerin beeinflusst und beeinträchtigt sein könnten. Eine Zweigpraxisgenehmigung hätte sie der Antragstellerin nicht erteilen können. Ein Anspruch bestehe daher nicht. Der ausgelagerte Praxisraum sei lediglich aus Gründen der relativen räumlichen Nähe zur Hauptpraxis genehmigt worden. Es bestehe jedoch kein öffentliches Interesse daran, dass eine ausgelagerte Praxisstätte in einem andern Planungsbereich betrieben werden solle. Es seien die Interessen der in D. niedergelassenen Ärzte zu berücksichtigen gewesen.

Die Beigeladenen halten jede Art planungsübergreifender Tätigkeit für genehmigungsbedürftig. Die Antragstellerin müsse ihr Leistungsangebot auch in ihrem eigenen Planungsbereich vorhalten. Nur auf diese Weise werde sie dem Prinzip wohnortnaher Versorgung gerecht. Hinzu komme, dass am weiteren Standort eine Versorgungslücke bestehen müsse, was für D. gerade nicht der Fall sei. Sie stellten hier die Versorgung auch ordnungsgemäß sicher. Regelfall nach dem SGG sei die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs. Durch einen weiteren Standort in D. ließe sich die Versorgung im Landkreis nicht verbessern. Die Antragstellerin verschweige auch, dass sie bereits seit 2000 am Standort in der Stadt eine privatärztliche Praxis betreibe. Investitionen habe sie daher nicht im Vertrauen auf die Genehmigung getätigt. Es stelle sich auch die Frage, wo eigentlich der Hauptstandort der Antragstellerin sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist grundsätzlich zulässig.

Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Für die Frage der Zulässigkeit des einstweiligen Rechtsschutzes ist davon auszugehen, dass der Widerspruch der Beigeladenen aufschiebende Wirkung hat. Mit der Genehmigung hat die Antragsgegnerin jedenfalls einen Verwaltungsakt erlassen, der gegenüber der Antragstellerin bestandskräftig wurde. Der Widerspruch der Beigeladenen gegen diesen Verwaltungsakt ist auch im Hinblick auf die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss der 2. Kammer des 1. Senats vom 17.08.2004, Az: 1 BvR 378/00) nicht von vornherein unzulässig. Soweit das Bundesverfassungsgericht darin auf den Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte gegenüber Ermächtigungen hinweist, liegt eine vergleichbare Konstellation hier insoweit vor, als die Versorgung grundsätzlich von den im Planungsbereich zugelassenen Vertragsärzten zu erbringen ist und nicht von den Ärzten aus anderen Planungsbereichen. Insofern greift die Genehmigung oder die Zulassung einer Zweigpraxis bzw. ausgelagerter Praxisräume, soweit ein anderer Planungsbereich betroffen ist, in den Zulassungsstatus damit in die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz der niedergelassenen Vertragsärzte ein. Im Rahmen der vorläufigen Prüfung in diesem Eilverfahren ist daher von der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche der Beigeladenen auszugehen. Jedenfalls ist ein Antrag nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG schon dann zulässig, wenn Zweifel über die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs bestehen.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist aber unbegründet. Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch nicht geltend gemacht. Die sofortige Vollziehung eines rechtswidrigen Bescheides kann nicht angeordnet werden. Im Rahmen der vorläufigen Prüfung in diesem Eilverfahren hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf Genehmigung planbereichsübergreifender Praxisräume.

Ein Anspruch auf Genehmigung planbereichsübergreifender Praxisräume ist nicht ersichtlich.

Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz - § 24 Abs. 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte – Ärzte-ZV). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der abzuweichen die Kammer keine Veranlassung sieht, ist unter Vertragsarztsitz die konkrete Praxisanschrift zu verstehen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 10.05.2000, Az.: B 6 KA 67/98 R, BSGE 86, 121 = SozR 3 5520 § 24 Nr. 4, zitiert nach JURIS Rdnr. 18). Soweit nunmehr die Berufsordnung für die Ärztinnen und Ärzte in Hessen in der Fassung der letzten Änderung vom 24. Mai 2005 (vgl. Hessisches Ärzteblatt 7/2005 S. 496 ff.) es dem Arzt gestattet, über den Praxissitz hinaus an zwei weiteren Orten ärztlich tätig zu sein (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Hessische Berufsordnung), so folgt hieraus nicht, dass dies auch unmittelbar Geltung im vertragsärztlichen Bereich entfalten kann. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es wie hier um die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in ausgelagerten Praxisräumen in einem anderen Planungsbereich geht.

Auf der Grundlage der Berufsordnungen alter Fassung, die grundsätzlich nur eine Anzeigepflicht für ausgelagerte Praxisräume und eine Genehmigungspflicht für Zweigpraxen vorsahen, hat das Bundessozialgericht die Abgrenzung der Zweigpraxis von ausgelagerten Praxisräumen auf der Grundlage des Leistungsangebots vorgenommen. Für eine Zweigpraxis kommt es danach maßgeblich darauf an, ob der Arzt ein ähnliches Angebot in einer Praxis vorhalten wolle. Ausgelagerte Praxisräume bedingten demgegenüber, dass die dort angebotenen Leistungen nicht auch in den eigentlichen Praxisräumen erbracht werden (vgl. BSG, Urteil vom 12.09.2001, Az.: B 6 KA 64/00 R, SozR 3-2500 § 135 Nr. 20, hier zitiert nach JURIS Rdnr. 23 f.). Auch nach Änderung der Berufsordnungen hat diese begriffliche Abgrenzung für das Vertragsarztrecht weiterhin Bedeutung (vgl. zum Problem Engelmann, Zweigpraxen und ausgelagerte Praxisräume in der ambulanten (vertrags-)ärztlichen Versorgung, GesR 2004, S. 113 ff., 115 f.; s. a. Reiter, Zweigpraxis versus ausgelagerter Praxisraum – aktuelle Entwicklungen, GesR 2003; S. 196 ff., 199 f.). Soweit die Bundesmantelverträge an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anknüpfen und nunmehr vorsehen, dass ein Fall einer genehmigungspflichtigen Zweigpraxis nicht vorliegt, wenn der Vertragsarzt vertragsärztliche Leistungen in einer nach dem maßgeblichen Berufsrecht zugelassenen ausgelagerten Praxisstätte ("ausgelagerte Praxisräume" im Sinne von § 18 MBO-Ä) erbringt (§ 15 a BMV-Ä/EKV-Ä), so folgt hieraus nicht, dass ausgelagerte Praxisräume in jedem Fall genehmigungsfrei betrieben werden können. Die als statische Verweisung zu verstehende Definition greift die genannte Abgrenzung der BSG-Rechtsprechung auf. Zu beachten ist hierbei aber die Systematik mit der Bindung der vertragsärztlichen Tätigkeit an den Praxissitz sowie der Zulassung des Vertragsarztes, die jeweils nur für seinen Zulassungsbereich erfolgt. Daraus folgt, dass es dem Vertragsarzt jedenfalls verwehrt ist, ausgelagerte Praxisräume in anderen Planungsbereichen zu unterhalten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der andere Planungsbereich wegen Überversorgung auch für diesen Leistungsbereich für weitere Zulassungen gesperrt ist. Die Verlagerung der Praxisräume in einen anderen Planungsbereich bedeutet, dass diese Leistungen nicht im eigentlichen Planungsbereich, für den die Zulassung erfolgt ist, angeboten werden. Soweit die gesetzlich Versicherten das Recht auf freie Arztwahl haben und daher nicht an den Bereich ihres Wohnortes gebunden sind, so geht die Bedarfsplanung dennoch davon aus, dass eine möglichst gleichmäßige Versorgung aller Planungsbereiche angestrebt wird. Die Verlagerung der Praxisräume führt aber dazu, dass die Vorgaben des Planungsbereichs und der Bedarfsplanung nicht mehr zutreffen. Aufgrund der Grenzen des Planungsbereichs haftet diesem eine gewisse Willkürlichkeit an. Dies ist aber bei einer Bedarfsplanung grundsätzlich nicht auszuschließen und kann ggf. im Wege einer Sonderbedarfszulassung korrigiert werden. Aus § 15a BMV-Ä/EKV-Ä kann daher nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass im Anschluss an das Berufsrecht ausgelagerte Praxisräume in jedem Fall auch außerhalb des Planungsbereichs zulässig wären.

Auch das Bundessozialgericht hat in seiner bereits genannten Entscheidung vom 12.09.2001 hierzu ausgeführt, dem berufsrechtlichen Satzungsgeber liege die Vorstellung zugrunde, ein Arzt werde seine Niederlassung in aller Regel in Praxisräumen wahrnehmen, die eine Einheit bildeten, dass aber die Umstände in bestimmten Situationen zu einer Aufteilung der Praxis auf getrennte Räumlichkeiten nötigen könnten. Es hat hierfür letztlich einen sachlichen Grund gefordert, aber sich bisher zu der Frage nicht geäußert, ob die Auslagerung der Praxisräume auch in einen anderen Planungsbereich möglich ist (vgl. ebenda, Rdnr. 21 f.). Die Zulassung ausgelagerter Praxisräume in anderen Planungsbereichen würde aber letztlich dazu führen, dass auch das Planungsrecht umgangen werden könnte. Gerade dadurch könnte eine Zulassung in nicht gesperrten Randbereichen von Ballungszentren erreicht werden, wobei die Praxisräume für die wesentlichen Leistungen wie hier gerade in das Zentrum selbst verlegt werden würden.

Bereits von daher ist der Genehmigungsbescheid der Antragsgegnerin rechtswidrig und besteht kein Anspruch der Antragstellerin auf Nutzung des ausgelagerten Praxisraums im Planungsbereich D ... Auf die Frage, ob die Beigeladenen tatsächlich ein subjektives Recht auf eine solche Unterlassung haben, kommt es hierbei nicht an, da die Antragstellerin ein Recht geltend macht und nicht die Beigeladenen.

Nach allem war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung in § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der Antragstellerin waren auch die außergerichtliche Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen (vgl. § 197 a SGG in Verbindung mit § 162 Abs. 2 VwGO). Von der Möglichkeit der Auferlegung von Kosten des Beigeladenen auf den unterlegenen Beteiligten ist in der Regel dann Gebrauch zu machen, wenn der Beigeladene erfolgreich Anträge gestellt hat, wenn er allein oder zusammen mit anderen Beteiligten gesiegt hat oder das Verfahren wesentlich gefördert hat (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, § 197 a Rdnr. 29).

Der Streitwert war auf 1/3 des Regelstreitwertes festzusetzen. Im Streit stand nicht, dass die Antragstellerin die MRT-Leistungen erbringen darf, sondern nur an welchem Ort. Ein wirtschaftlicher Wert hierfür ist nicht ersichtlich, weshalb auf den Regelstreitwert zurückzugreifen war. Die Quotelung erfolgt wegen der Vorläufigkeit dieses Verfahrens. Dies ergab den festgesetzten Wert.
Rechtskraft
Aus
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