Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 1140/05 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Es kann im einstweiligen Anordnungsverfahren offen bleiben, ob eine Gemeinschaftspraxis, bestehend aus zwei Allgemeinärzten, von denen der eine überwiegend psychotherapeutisch tätig ist, der Kennzeichnungspflicht nach Nr. 5.3 der allgemeinen Bestimmungen des EBM 2000 Plus unterliegt. Ist die Gemeinschaftspraxis der Kennzeichnungspflicht nicht nachgekommen, so muss die KV die Abrechnung zur Honorarverteilung dennoch annehmen, da die Kennzeichnung bei Bedarf nachgeholt werden kann und der Nachteil einer späteren Vergütung oder Nichtvergütung überwiegt. Für die Zukunft ist es jedoch der Gemeinschaftspraxis zumutbar, der Kennzeichnungspflicht vorläufig nachzukommen, da die sofortige Kennzeichnung der Leistung bei Erbringung der Leistung keinen besonderen Mehraufwand erfordert.
1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Honorarabrechnung für das Quartal III/05 ohne eine nachträgliche Kennzeichnung der abgerechneten Leistungen mit dem Namen des jeweiligen Behandlers, aber unter dem Vorbehalt, eine nachträgliche Kennzeichnung der abgerechneten Leistungen mit dem Namen des jeweiligen Behandlers bei Durchführung einer Plausibilitätsprüfung oder aus sonstigen Gründen verlangen zu können, zur Honorarverteilung anzunehmen.
2. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
3. Die notwendigen Verfahrenskosten haben die Beteiligten jeweils zur Hälfte zu tragen.
4. Der Streitwert wird auf 1.667,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist eine Gemeinschaftspraxis zweier Ärzte. Beide Ärzte sind als Ärzte für Allgemeinmedizin zur vertragsärzlichen Versorgung zugelassen; einer der beiden Ärzte führt die Zusatzbezeichnung Psychotherapie und ist vorwiegend psychotherapeutisch tätig.
Nach Angaben der Antragsgegnerin informierte sie die Ärzteschaft nach Einführung des neuen EBM zum Quartal II/05 wiederholt in ihrem Publikationsorgan "info.doc" über die Kennzeichnungspflicht der Leistungen in versorgungsbereichs- und fachgruppenübergreifenden Gemeinschaftspraxen nach Nr. 5.3 der allgemeinen Bestimmungen des neuen EBM.
Unter Datum vom 08.08.2005 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, es sei nunmehr eine arztbezogene Kennzeichnung der abgerechneten Leistungen bundesweit verbindlich vorgeschrieben. Hierüber habe man im info.doc Nr. 1 vom Februar 2005 informiert. Die von der Antragstellerin eingereichte Abrechnung sei jedoch ohne die entsprechende Kennzeichnung. Es liege ein Verstoß gegen die Abrechnungsbestimmungen vor. Eine Zurückweisung der Abrechnung sowie eine Neuerstellung wäre angezeigt gewesen. In Anbetracht des hieraus resultierenden nicht unerheblichen Arbeitsaufwandes für ihre Praxis habe der Vorstand beschlossen, die Quartalsabrechnung II/05 trotz dieses erheblichen Mangels nicht zur Neuerstellung zurückzuschicken, sondern unter Vorbehalt zu bearbeiten. Es sei jedoch darauf hinzuweisen, dass dies nur für das Quartal II/05 so akzeptiert werden könne. Es werde darauf hingewiesen, dass das aus der Bearbeitung der Quartalsabrechnung II/05 resultierende Honorar unter dem Vorbehalt einer eventuellen Beanstandung aufgrund dieses formalen bzw. inhaltlichen Mangels durch die Krankenkassen stehe.
Hiergegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 16.08.2005 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2005 als unzulässig zurückwies. Sie wies darauf hin, bei dem Schreiben vom 08.08.2005 habe es sich nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt, der mit einem Widerspruch hätte angefochten werden können. Sie wertete aber das Schreiben vom 16.08.2005 als Antrag auf Aufhebung der Verpflichtung zur Leistungskennzeichnung. Diesen Antrag lehnte sie mit Bescheid vom 14.11.2005 ab. Sie verwies auf die Kennzeichnungspflicht nach dem EBM 2000plus und führte weiter aus, die Gemeinschaftspraxis bestehe aus einem zugelassenen Facharzt für Allgemeinmedizin und einem zugelassenen psychotherapeutisch tätigen Arzt/Facharzt für Allgemeinmedizin. Insofern unterliege die Praxis grundsätzlich der Kennzeichnungspflicht. Von untergeordneter Bedeutung sei hierbei die Zusatzbezeichnung eines der Ärzte. Entscheidend sei vielmehr die Zulassung als psychotherapeutisch tätiger Arzt (neben der Allgemeinmedizin), da insoweit ein überwiegender Anteil psychotherapeutischer Leistungen, gemessen am Gesamtspektrum, erbracht werde. Im Ergebnis handele es sich um eine versorgungsübergreifende Gemeinschaftspraxis. Hierüber habe sie in den info.doc Nrn. 1, 2, 3 und 4 des Jahres 2005 informiert. Mit der Abrechnung des Quartals II/05 habe man ebenfalls darauf hingewiesen und der Antragstellerin mitgeteilt, dass diese an und für sich zurückzuweisen gewesen wäre. Ab dem Quartal III/05 wäre aber eine Kennzeichnung möglich gewesen. Es handle sich auch um Vorgaben nach den Bundesmantelverträgen.
Am 31.10.2005 hat die Antragstellerin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung über das Sozialgericht Frankfurt am Main eingereicht (Az.: S 2 AR 59/05 ER). Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 07.11.2005 das Verfahren an das entscheidende Gericht verwiesen.
Die Antragstellerin trägt vor, sie befinde sich in einer vorgerichtlichen Auseinandersetzung über die Kennzeichnungspflicht. Sie sei eine Gemeinschaftspraxis mit Fachärzten für Allgemeinmedizin der hausärztlichen Versorgungsebene mit einer gemeinsamen Arztnummer. Die Antragsgegnerin verweigere die Annahme und Bearbeitung ihrer Honorarabrechnung für das Quartal III/05. Die Identifikation des Versorgungsbereichs erfolge durch die Arztnummer. Von einer Doppelzulassung sei ihr nichts bekannt. Auf eine EHV-Aufteilung komme es nicht an. Das Quartal I/05 sei nicht Gegenstand ihres Antrages. Das Verhältnis Psychotherapie zu Allgemeinmedizin betrage für Dr. S. 56 % zu 44 %. Auffällig sei, dass die Antragsgegnerin auf weitere Zusatzbezeichnungen nicht abstelle. Die Systematik des EBM ergebe, dass für sie die Kennzeichnungspflicht nicht gelte. Die Nach-Kennzeichnung der Leistungen des Quartals III/05 und der Leistungen des laufenden Quartals IV/05 erfordere einen erheblichen unangemessenen zeitlichen Aufwand, bei mehreren tausend Einzelleistungen betrage dies eine Arbeitszeit von ca. 150 Stunden. Alle von ihr abgerechneten Leistungen würden aus einem Topf, nämlich dem der hausärztlich tätigen Vertragsärzte vergütet werden. Ihre Zuordnung sei eindeutig, eine Änderung sei nicht vorgesehen. Eine gegenseitige Vertretung zwischen den Ärzten der Gemeinschaftspraxis finde nicht statt. Bei einer eventuellen Leistungsprüfung sei die Zuordnung der Leistungen problemlos und eindeutig möglich, da Dr. S. die Leistungen der großen Psychotherapie erbringe. Die Nichtbearbeitung ihrer Honorarabrechnung entziehe ihnen die wirtschaftliche Existenzgrundlage. Die Nichtannahme ihrer Abrechnung bedeute eine Vorwegnahme der Hauptsache.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die weitere Bearbeitung ihrer Honorarabrechnung für das Quartal III/05 und folgende Quartale und die Honorierung ihrer vertragsärztlichen Leistungen auch ohne einer Kennzeichnung der Leistungen in Bezug auf den jeweiligen Leistungserbringer sicher zu stellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.
Sie trägt vor, die Antragstellerin könne bereits keinen Anordnungsanspruch geltend machen. Die Antragstellerin sei hinreichend über die Kennzeichnungspflicht informiert worden. Dr. S. verfüge über eine Doppelzulassung als Facharzt für Allgemeinmedizin und als psychotherapeutisch tätiger Arzt. Entscheidend sei seine Zulassung als psychotherapeutisch tätiger Arzt. Er erbringe einen überwiegenden Anteil psychotherapeutischer Leistungen gemessen am Gesamtspektrum. Die Gemeinschaftspraxis habe im I. Quartal 2005 noch aus einer Dreiergemeinschaft zusammen mit Frau Dr. K. bestanden. Die EHV-Aufteilung der Gemeinschaftspraxis habe gelautet: Herr S. 50 %, Frau Dr. K. 25 % und Herr Dr. SA. ebenfalls 25 %. Ab dem II: Quartal 2005 ruhe die Zulassung von Frau Dr. K. und die Praxis werde nunmehr unter einer EHV-Aufteilung von jeweils 50 % geführt. Psychotherapeutische Leistungen würden ausschließlich von Dr. S. erbracht werden. Im Quartal I/05 habe der Leistungsumfang hierfür 475.670 Punkte bedeutet. Nach Abzug der Punktzahlen aus den Leistungsgruppen 11, 13 und 14, die reine Kosten darstellten, habe die Praxis insgesamt 1.613.790,7 Punkte abgerechnet. Bei einem 25 % tigen Anteil des Dr. S. entspräche dies 403.447,70 Punkte. Dies ergebe insgesamt weniger Punkte als der gesamte Anteil der psychotherapeutischen Leistungen. Damit lasse sich der Rückschluss ziehen, dass Herr Dr. S. sein Leistungsvolumen allein durch psychotherapeutische Leistungen erbringe. Neben der grundsätzlichen Verpflichtung, die sich sowohl aus dem Bundesmantelvertrag als auch aus den allgemeinen Bestimmungen des EBM 2000plus ergebe, sei darauf hinzuweisen, dass zukünftig als Grundlage für die Bildung von Honorartöpfen bzw. für die Berechnung individueller Budgetvolumen die Leistungskennzeichnung unabdingbar sei. Des weiteren sei die Leistungskennzeichnung im Rahmen der Durchführung von zeitbezogenen Plausibilitätsprüfungen erforderlich. Mit der Unterzeichnung der Quartals- und Sammelerklärung bescheinige auch der Arzt, dass die Abrechnung richtig und vollständig sei. Das schließe die Kennzeichnungspflicht ein. Der Antragstellerin fehle auch ein Anordnungsgrund. Sie könne sich nicht auf einen unzumutbaren Arbeitsaufwand berufen. Die Kennzeichnungspflicht sei hinlänglich bekannt gewesen. Die Softwarehäuser seien entsprechend informiert gewesen. Auch für manuelle Abrechner habe man eine Kennzeichnungsmöglichkeit rechtzeitig aufgezeigt. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung bedeute auch eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und war auch teilweise im Umfang der tenorierten Entscheidung begründet. Im Übrigen war er aber abzuweisen.
Bei dem Antragsbegehren der Antragstellerin handelt es sich sachlich um eine Verpflichtungssache. Der zwischenzeitlich ergangene Bescheid vom 14.11.2005 hat lediglich deklaratorischen Inhalt, soweit er die aus der Sicht der Antragsgegnerin bestehende Kennzeichnungspflicht nach den allgemeinen Bestimmungen des EBM feststellt. Von daher würde eine aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder der Erlass einer entsprechenden Anordnung nach § 86a Abs. 1 SGG der Antragstellerin nicht helfen, ihr Rechtsschutzziel zu erreichen.
Soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs (§ 86b Abs. 2 S. 1 bis 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Es müssen ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden (§ 920 Zivilprozessordnung i. V. m. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG).
Ein Anordnungsanspruch kann nach Aktenlage gegenwärtig nicht ausgeschlossen werden.
Nach Nr. 5.3 "Kennzeichnungspflicht" der allgemeinen Bestimmungen des EBM 2000plus sind bei der Abrechnung die abgerechneten Leistungen nach Maßgabe der jeweils zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung in versorgungsbereichs- und/oder fachgruppenübergreifenden Gemeinschaftspraxen, medizinischen Versorgungszentren und Einrichtungen gem. § 311 Abs. 2 SGB V gem. § 44 Abs. 6 BMV-Ä bzw. § 34 Abs. 12 EKV-Ä arztbezogen zu kennzeichnen. Nach den genannten Bestimmungen in den Bundesmantelverträgen sind bei der Abrechnung der abgerechneten Leistungen nach Maßgabe der jeweils zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung in versorgungsbereichs- und/oder arztgruppenübergreifenden Gemeinschaftspraxen, medizinischen Versorgungszentren und Einrichtungen gem. § 311 Abs. 2 SGB V arztbezogen zu kennzeichnen.
Nach Aktenlage sieht sich die Kammer gegenwärtig nicht in der Lage, zu entscheiden, ob tatsächlich eine Kennzeichnungspflicht auch für die Antragstellerin besteht. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Antragsgegnerin die Unterlagen nur unvollständig vorgelegt hat. So hat die Antragsgegnerin keine Verwaltungsakte vorgelegt, sondern nur verschiedene Unterlagen in Kopie. Insbesondere fehlt das Widerspruchsschreiben der Antragstellerin mit Datum vom 16.08.2005. Ferner wird auf die Veröffentlichung in info.doc verwiesen, diese sind aber der Kammer nicht vorgelegt worden und sind der Kammer auch nicht bekannt, da grundsätzlich diese Veröffentlichungen seitens der Antragsgegnerin nicht an das Gericht übersandt werden. Letztlich kam es aber auf die Vollständigkeit der Unterlagen nicht an.
Es wird daher ggf. einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben zu klären, ob die Anwendung der genannten Bestimmungen es voraussetzen, dass die Antragsgegnerin Ausführungsbestimmungen hierzu erlässt bzw. es wird zu prüfen sein, sollte sie dies getan haben, wozu sich die Antragsgegnerin bisher nicht geäußert hat, ob diese rechtmäßig sind. Ferner wird zu klären sein, ob die Antragstellerin als versorgungsbereichsübergreifende Gemeinschaftspraxis anzusehen ist, wovon die Antragsgegnerin ausgeht. Beide Vertragsärzte der Antragstellerin sind zunächst als Allgemeinärzte zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Soweit die Antragsgegnerin von einer Doppelzulassung des Dr. S. ausgeht, so wird zu prüfen sein, ob es sich hierbei um eine zulassungsrechtliche Entscheidung der Zulassungsgremien handelt oder ob es sich um eine Zuordnung im Rahmen der Bedarfsplanung handelt. Ferner wird zu prüfen sein, ob hieraus folgt, dass es sich um eine versorgungsübergreifende Gemeinschaftspraxis handelt. Die genannten Bestimmungen gehen offensichtlich davon aus, dass die Kennzeichnungspflicht für Gemeinschaftspraxen, die nicht versorgungsbereichsübergreifend tätig sind und nicht aus Vertragsärzten verschiedener Fachgruppen bestehen, nicht der Kennzeichnungspflicht unterliegen.
Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund.
Soweit die Rechtslage über die Kennzeichnungspflicht als offen zu bezeichnen ist, war von der Kammer eine Folgenabwägung vorzunehmen. Nach Aktenlage hat die Antragstellerin bisher eine Kennzeichnung der abgerechneten Leistungen nach dem Behandler nicht vorgenommen. Soweit die Kennzeichnung nunmehr vorgenommen wird, handelt es sich um eine nachträgliche Kennzeichnung. Die Vornahme der nachträglichen Kennzeichnung ist aber grundsätzlich auch zu einem späteren Zeitpunk noch nachholbar. Weder die jetzige Kennzeichnung noch eine Kennzeichnung in Zukunft sind eine authentische Kenzeichnung bei der Leistungserbringung. Insofern kann die Kennzeichnung grundsätzlich nachgeholt werden. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass grundsätzliche Zweifel an der Richtigkeit des Abrechnungsverhaltens der Antragstellerin bestünden und diese nur einer eventuellen Nachprüfung aus dem Wege gehen wollten. Von daher ist gegenwärtig nicht ersichtlich, dass es bereits zum jetzigen Zeitpunkt auf die Einhaltung der Abrechnungsvorschriften insoweit ankommt. Dem steht gegenüber, dass bei Nichtannahme der Honorarabrechnung die Antragstellerin ihre abgerechneten Leistungen nicht vergütet bekommt. Dem steht weiter gegenüber, dass ein erheblicher Zeitaufwand für die Kennzeichnung besteht mit der Folge, dass die Abrechnung nur verspätet angenommen werden kann. Aber auch im Hinblick auf das allgemeine Interesse ist festzuhalten, dass grundsätzlich alle Honorarabrechnungen für das jeweilige Quartal zusammen vergütet werden sollen, da nur auf diese Weise die Richtigkeit der Honorarverteilung erreicht werden kann, verspätet eingereichte Abrechnungen aber zu Verschiebungen innerhalb des Honorargefüges führen, was grundsätzlich hinzunehmen ist, was aber auf jeden Fall nach Möglichkeit vermieden werden soll. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin handelt es sich auch nicht um eine Vorwegnahme der Hauptsache. Zum einen erfolgt die einstweilige Anordnung nur unter dem Vorbehalt, dass noch nachträglich eine Kennzeichnung verlangt werden kann. Zum anderen würde gerade das Ausbleiben des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zur Vorwegnahme einer Hauptsache führen, da dann entweder die Antragstellerin ihre Leistungen nicht vergütet bekäme oder aber jetzt sofort die Kennzeichnung nachholen müsste.
Die Kammer hat beim Erlass der einstweiligen Anordnung auch geprüft, inwieweit der Antragstellerin die Eilbedürftigkeit der Situation nicht selbst anzulasten ist, da die Antragsgegnerin sie mehrfach auf die Kennzeichnungspflicht hingewiesen hat und die Kammer weiter davon ausgeht, dass die sofortige Kennzeichnung der Leistung bei Erbringung der Leistung keinen besonderen Mehraufwand erfordert. Hierbei war aber zu berücksichtigen, dass der Inhalt der Kennzeichnungspflicht zwischen den Beteiligten streitig war und nunmehr die Situation eingetreten ist, dass die Abrechnung ohne die Kennzeichnung erfolgt ist. Die Kammer weist aber die Antragstellerin ausdrücklich darauf hin, dass davon auszugehen ist, dass die vorsorgliche Kennzeichnung keinen besonderen Aufwand bedeutet und auch nur als marginaler Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit gewertet werden kann. Von daher hält es die Kammer für zumutbar, dass die Antragstellerin ab sofort der Kennzeichnungspflicht nachkommt und auch für die bereits vergangenen Tage des laufenden Quartals die Kennzeichnung nachholt, da hierfür hinreichend Zeit verbleibt. Von daher bestand keine Veranlassung für die Kammer, dem auch auf die Zukunft gerichteten Antrag der Antragstellerin statt zu geben, insbesondere wird es sich auch die Antragstellerin zukünftig zurechnen lassen müssen, dass sie selbst die Eilbedürftigkeit ihres Anliegens herbeigeführt hat. Insoweit betont die Kammer, dass aus Sicht der Kammer ein Anordnungsanspruch nicht festgestellt wurde, sondern als offen bezeichnet wurde, also nicht von vorneherein ausgeschlossen werden kann.
Im Ergebnis war daher dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nur im tenorierten Umfang stattzugeben. Von daher waren auch die Verfahrenskosten zu teilen (§ 97a Sozialgerichtsgesetz i. V. m. § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Für die Festsetzung des Streitwerts war, da ein unmittelbarer wirtschaftlicher Wert der Streitsache nicht beizumessen war, vom Regelstreitwert auszugehen. Nach der Rechtssprechung der Kammer war für das Einstweilige Anordnungsverfahren hiervon ein Drittel zu nehmen. Dies ergab den festgesetzten Streitwert.
2. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
3. Die notwendigen Verfahrenskosten haben die Beteiligten jeweils zur Hälfte zu tragen.
4. Der Streitwert wird auf 1.667,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist eine Gemeinschaftspraxis zweier Ärzte. Beide Ärzte sind als Ärzte für Allgemeinmedizin zur vertragsärzlichen Versorgung zugelassen; einer der beiden Ärzte führt die Zusatzbezeichnung Psychotherapie und ist vorwiegend psychotherapeutisch tätig.
Nach Angaben der Antragsgegnerin informierte sie die Ärzteschaft nach Einführung des neuen EBM zum Quartal II/05 wiederholt in ihrem Publikationsorgan "info.doc" über die Kennzeichnungspflicht der Leistungen in versorgungsbereichs- und fachgruppenübergreifenden Gemeinschaftspraxen nach Nr. 5.3 der allgemeinen Bestimmungen des neuen EBM.
Unter Datum vom 08.08.2005 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, es sei nunmehr eine arztbezogene Kennzeichnung der abgerechneten Leistungen bundesweit verbindlich vorgeschrieben. Hierüber habe man im info.doc Nr. 1 vom Februar 2005 informiert. Die von der Antragstellerin eingereichte Abrechnung sei jedoch ohne die entsprechende Kennzeichnung. Es liege ein Verstoß gegen die Abrechnungsbestimmungen vor. Eine Zurückweisung der Abrechnung sowie eine Neuerstellung wäre angezeigt gewesen. In Anbetracht des hieraus resultierenden nicht unerheblichen Arbeitsaufwandes für ihre Praxis habe der Vorstand beschlossen, die Quartalsabrechnung II/05 trotz dieses erheblichen Mangels nicht zur Neuerstellung zurückzuschicken, sondern unter Vorbehalt zu bearbeiten. Es sei jedoch darauf hinzuweisen, dass dies nur für das Quartal II/05 so akzeptiert werden könne. Es werde darauf hingewiesen, dass das aus der Bearbeitung der Quartalsabrechnung II/05 resultierende Honorar unter dem Vorbehalt einer eventuellen Beanstandung aufgrund dieses formalen bzw. inhaltlichen Mangels durch die Krankenkassen stehe.
Hiergegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 16.08.2005 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2005 als unzulässig zurückwies. Sie wies darauf hin, bei dem Schreiben vom 08.08.2005 habe es sich nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt, der mit einem Widerspruch hätte angefochten werden können. Sie wertete aber das Schreiben vom 16.08.2005 als Antrag auf Aufhebung der Verpflichtung zur Leistungskennzeichnung. Diesen Antrag lehnte sie mit Bescheid vom 14.11.2005 ab. Sie verwies auf die Kennzeichnungspflicht nach dem EBM 2000plus und führte weiter aus, die Gemeinschaftspraxis bestehe aus einem zugelassenen Facharzt für Allgemeinmedizin und einem zugelassenen psychotherapeutisch tätigen Arzt/Facharzt für Allgemeinmedizin. Insofern unterliege die Praxis grundsätzlich der Kennzeichnungspflicht. Von untergeordneter Bedeutung sei hierbei die Zusatzbezeichnung eines der Ärzte. Entscheidend sei vielmehr die Zulassung als psychotherapeutisch tätiger Arzt (neben der Allgemeinmedizin), da insoweit ein überwiegender Anteil psychotherapeutischer Leistungen, gemessen am Gesamtspektrum, erbracht werde. Im Ergebnis handele es sich um eine versorgungsübergreifende Gemeinschaftspraxis. Hierüber habe sie in den info.doc Nrn. 1, 2, 3 und 4 des Jahres 2005 informiert. Mit der Abrechnung des Quartals II/05 habe man ebenfalls darauf hingewiesen und der Antragstellerin mitgeteilt, dass diese an und für sich zurückzuweisen gewesen wäre. Ab dem Quartal III/05 wäre aber eine Kennzeichnung möglich gewesen. Es handle sich auch um Vorgaben nach den Bundesmantelverträgen.
Am 31.10.2005 hat die Antragstellerin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung über das Sozialgericht Frankfurt am Main eingereicht (Az.: S 2 AR 59/05 ER). Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 07.11.2005 das Verfahren an das entscheidende Gericht verwiesen.
Die Antragstellerin trägt vor, sie befinde sich in einer vorgerichtlichen Auseinandersetzung über die Kennzeichnungspflicht. Sie sei eine Gemeinschaftspraxis mit Fachärzten für Allgemeinmedizin der hausärztlichen Versorgungsebene mit einer gemeinsamen Arztnummer. Die Antragsgegnerin verweigere die Annahme und Bearbeitung ihrer Honorarabrechnung für das Quartal III/05. Die Identifikation des Versorgungsbereichs erfolge durch die Arztnummer. Von einer Doppelzulassung sei ihr nichts bekannt. Auf eine EHV-Aufteilung komme es nicht an. Das Quartal I/05 sei nicht Gegenstand ihres Antrages. Das Verhältnis Psychotherapie zu Allgemeinmedizin betrage für Dr. S. 56 % zu 44 %. Auffällig sei, dass die Antragsgegnerin auf weitere Zusatzbezeichnungen nicht abstelle. Die Systematik des EBM ergebe, dass für sie die Kennzeichnungspflicht nicht gelte. Die Nach-Kennzeichnung der Leistungen des Quartals III/05 und der Leistungen des laufenden Quartals IV/05 erfordere einen erheblichen unangemessenen zeitlichen Aufwand, bei mehreren tausend Einzelleistungen betrage dies eine Arbeitszeit von ca. 150 Stunden. Alle von ihr abgerechneten Leistungen würden aus einem Topf, nämlich dem der hausärztlich tätigen Vertragsärzte vergütet werden. Ihre Zuordnung sei eindeutig, eine Änderung sei nicht vorgesehen. Eine gegenseitige Vertretung zwischen den Ärzten der Gemeinschaftspraxis finde nicht statt. Bei einer eventuellen Leistungsprüfung sei die Zuordnung der Leistungen problemlos und eindeutig möglich, da Dr. S. die Leistungen der großen Psychotherapie erbringe. Die Nichtbearbeitung ihrer Honorarabrechnung entziehe ihnen die wirtschaftliche Existenzgrundlage. Die Nichtannahme ihrer Abrechnung bedeute eine Vorwegnahme der Hauptsache.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die weitere Bearbeitung ihrer Honorarabrechnung für das Quartal III/05 und folgende Quartale und die Honorierung ihrer vertragsärztlichen Leistungen auch ohne einer Kennzeichnung der Leistungen in Bezug auf den jeweiligen Leistungserbringer sicher zu stellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.
Sie trägt vor, die Antragstellerin könne bereits keinen Anordnungsanspruch geltend machen. Die Antragstellerin sei hinreichend über die Kennzeichnungspflicht informiert worden. Dr. S. verfüge über eine Doppelzulassung als Facharzt für Allgemeinmedizin und als psychotherapeutisch tätiger Arzt. Entscheidend sei seine Zulassung als psychotherapeutisch tätiger Arzt. Er erbringe einen überwiegenden Anteil psychotherapeutischer Leistungen gemessen am Gesamtspektrum. Die Gemeinschaftspraxis habe im I. Quartal 2005 noch aus einer Dreiergemeinschaft zusammen mit Frau Dr. K. bestanden. Die EHV-Aufteilung der Gemeinschaftspraxis habe gelautet: Herr S. 50 %, Frau Dr. K. 25 % und Herr Dr. SA. ebenfalls 25 %. Ab dem II: Quartal 2005 ruhe die Zulassung von Frau Dr. K. und die Praxis werde nunmehr unter einer EHV-Aufteilung von jeweils 50 % geführt. Psychotherapeutische Leistungen würden ausschließlich von Dr. S. erbracht werden. Im Quartal I/05 habe der Leistungsumfang hierfür 475.670 Punkte bedeutet. Nach Abzug der Punktzahlen aus den Leistungsgruppen 11, 13 und 14, die reine Kosten darstellten, habe die Praxis insgesamt 1.613.790,7 Punkte abgerechnet. Bei einem 25 % tigen Anteil des Dr. S. entspräche dies 403.447,70 Punkte. Dies ergebe insgesamt weniger Punkte als der gesamte Anteil der psychotherapeutischen Leistungen. Damit lasse sich der Rückschluss ziehen, dass Herr Dr. S. sein Leistungsvolumen allein durch psychotherapeutische Leistungen erbringe. Neben der grundsätzlichen Verpflichtung, die sich sowohl aus dem Bundesmantelvertrag als auch aus den allgemeinen Bestimmungen des EBM 2000plus ergebe, sei darauf hinzuweisen, dass zukünftig als Grundlage für die Bildung von Honorartöpfen bzw. für die Berechnung individueller Budgetvolumen die Leistungskennzeichnung unabdingbar sei. Des weiteren sei die Leistungskennzeichnung im Rahmen der Durchführung von zeitbezogenen Plausibilitätsprüfungen erforderlich. Mit der Unterzeichnung der Quartals- und Sammelerklärung bescheinige auch der Arzt, dass die Abrechnung richtig und vollständig sei. Das schließe die Kennzeichnungspflicht ein. Der Antragstellerin fehle auch ein Anordnungsgrund. Sie könne sich nicht auf einen unzumutbaren Arbeitsaufwand berufen. Die Kennzeichnungspflicht sei hinlänglich bekannt gewesen. Die Softwarehäuser seien entsprechend informiert gewesen. Auch für manuelle Abrechner habe man eine Kennzeichnungsmöglichkeit rechtzeitig aufgezeigt. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung bedeute auch eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und war auch teilweise im Umfang der tenorierten Entscheidung begründet. Im Übrigen war er aber abzuweisen.
Bei dem Antragsbegehren der Antragstellerin handelt es sich sachlich um eine Verpflichtungssache. Der zwischenzeitlich ergangene Bescheid vom 14.11.2005 hat lediglich deklaratorischen Inhalt, soweit er die aus der Sicht der Antragsgegnerin bestehende Kennzeichnungspflicht nach den allgemeinen Bestimmungen des EBM feststellt. Von daher würde eine aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder der Erlass einer entsprechenden Anordnung nach § 86a Abs. 1 SGG der Antragstellerin nicht helfen, ihr Rechtsschutzziel zu erreichen.
Soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs (§ 86b Abs. 2 S. 1 bis 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Es müssen ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden (§ 920 Zivilprozessordnung i. V. m. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG).
Ein Anordnungsanspruch kann nach Aktenlage gegenwärtig nicht ausgeschlossen werden.
Nach Nr. 5.3 "Kennzeichnungspflicht" der allgemeinen Bestimmungen des EBM 2000plus sind bei der Abrechnung die abgerechneten Leistungen nach Maßgabe der jeweils zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung in versorgungsbereichs- und/oder fachgruppenübergreifenden Gemeinschaftspraxen, medizinischen Versorgungszentren und Einrichtungen gem. § 311 Abs. 2 SGB V gem. § 44 Abs. 6 BMV-Ä bzw. § 34 Abs. 12 EKV-Ä arztbezogen zu kennzeichnen. Nach den genannten Bestimmungen in den Bundesmantelverträgen sind bei der Abrechnung der abgerechneten Leistungen nach Maßgabe der jeweils zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung in versorgungsbereichs- und/oder arztgruppenübergreifenden Gemeinschaftspraxen, medizinischen Versorgungszentren und Einrichtungen gem. § 311 Abs. 2 SGB V arztbezogen zu kennzeichnen.
Nach Aktenlage sieht sich die Kammer gegenwärtig nicht in der Lage, zu entscheiden, ob tatsächlich eine Kennzeichnungspflicht auch für die Antragstellerin besteht. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Antragsgegnerin die Unterlagen nur unvollständig vorgelegt hat. So hat die Antragsgegnerin keine Verwaltungsakte vorgelegt, sondern nur verschiedene Unterlagen in Kopie. Insbesondere fehlt das Widerspruchsschreiben der Antragstellerin mit Datum vom 16.08.2005. Ferner wird auf die Veröffentlichung in info.doc verwiesen, diese sind aber der Kammer nicht vorgelegt worden und sind der Kammer auch nicht bekannt, da grundsätzlich diese Veröffentlichungen seitens der Antragsgegnerin nicht an das Gericht übersandt werden. Letztlich kam es aber auf die Vollständigkeit der Unterlagen nicht an.
Es wird daher ggf. einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben zu klären, ob die Anwendung der genannten Bestimmungen es voraussetzen, dass die Antragsgegnerin Ausführungsbestimmungen hierzu erlässt bzw. es wird zu prüfen sein, sollte sie dies getan haben, wozu sich die Antragsgegnerin bisher nicht geäußert hat, ob diese rechtmäßig sind. Ferner wird zu klären sein, ob die Antragstellerin als versorgungsbereichsübergreifende Gemeinschaftspraxis anzusehen ist, wovon die Antragsgegnerin ausgeht. Beide Vertragsärzte der Antragstellerin sind zunächst als Allgemeinärzte zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Soweit die Antragsgegnerin von einer Doppelzulassung des Dr. S. ausgeht, so wird zu prüfen sein, ob es sich hierbei um eine zulassungsrechtliche Entscheidung der Zulassungsgremien handelt oder ob es sich um eine Zuordnung im Rahmen der Bedarfsplanung handelt. Ferner wird zu prüfen sein, ob hieraus folgt, dass es sich um eine versorgungsübergreifende Gemeinschaftspraxis handelt. Die genannten Bestimmungen gehen offensichtlich davon aus, dass die Kennzeichnungspflicht für Gemeinschaftspraxen, die nicht versorgungsbereichsübergreifend tätig sind und nicht aus Vertragsärzten verschiedener Fachgruppen bestehen, nicht der Kennzeichnungspflicht unterliegen.
Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund.
Soweit die Rechtslage über die Kennzeichnungspflicht als offen zu bezeichnen ist, war von der Kammer eine Folgenabwägung vorzunehmen. Nach Aktenlage hat die Antragstellerin bisher eine Kennzeichnung der abgerechneten Leistungen nach dem Behandler nicht vorgenommen. Soweit die Kennzeichnung nunmehr vorgenommen wird, handelt es sich um eine nachträgliche Kennzeichnung. Die Vornahme der nachträglichen Kennzeichnung ist aber grundsätzlich auch zu einem späteren Zeitpunk noch nachholbar. Weder die jetzige Kennzeichnung noch eine Kennzeichnung in Zukunft sind eine authentische Kenzeichnung bei der Leistungserbringung. Insofern kann die Kennzeichnung grundsätzlich nachgeholt werden. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass grundsätzliche Zweifel an der Richtigkeit des Abrechnungsverhaltens der Antragstellerin bestünden und diese nur einer eventuellen Nachprüfung aus dem Wege gehen wollten. Von daher ist gegenwärtig nicht ersichtlich, dass es bereits zum jetzigen Zeitpunkt auf die Einhaltung der Abrechnungsvorschriften insoweit ankommt. Dem steht gegenüber, dass bei Nichtannahme der Honorarabrechnung die Antragstellerin ihre abgerechneten Leistungen nicht vergütet bekommt. Dem steht weiter gegenüber, dass ein erheblicher Zeitaufwand für die Kennzeichnung besteht mit der Folge, dass die Abrechnung nur verspätet angenommen werden kann. Aber auch im Hinblick auf das allgemeine Interesse ist festzuhalten, dass grundsätzlich alle Honorarabrechnungen für das jeweilige Quartal zusammen vergütet werden sollen, da nur auf diese Weise die Richtigkeit der Honorarverteilung erreicht werden kann, verspätet eingereichte Abrechnungen aber zu Verschiebungen innerhalb des Honorargefüges führen, was grundsätzlich hinzunehmen ist, was aber auf jeden Fall nach Möglichkeit vermieden werden soll. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin handelt es sich auch nicht um eine Vorwegnahme der Hauptsache. Zum einen erfolgt die einstweilige Anordnung nur unter dem Vorbehalt, dass noch nachträglich eine Kennzeichnung verlangt werden kann. Zum anderen würde gerade das Ausbleiben des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zur Vorwegnahme einer Hauptsache führen, da dann entweder die Antragstellerin ihre Leistungen nicht vergütet bekäme oder aber jetzt sofort die Kennzeichnung nachholen müsste.
Die Kammer hat beim Erlass der einstweiligen Anordnung auch geprüft, inwieweit der Antragstellerin die Eilbedürftigkeit der Situation nicht selbst anzulasten ist, da die Antragsgegnerin sie mehrfach auf die Kennzeichnungspflicht hingewiesen hat und die Kammer weiter davon ausgeht, dass die sofortige Kennzeichnung der Leistung bei Erbringung der Leistung keinen besonderen Mehraufwand erfordert. Hierbei war aber zu berücksichtigen, dass der Inhalt der Kennzeichnungspflicht zwischen den Beteiligten streitig war und nunmehr die Situation eingetreten ist, dass die Abrechnung ohne die Kennzeichnung erfolgt ist. Die Kammer weist aber die Antragstellerin ausdrücklich darauf hin, dass davon auszugehen ist, dass die vorsorgliche Kennzeichnung keinen besonderen Aufwand bedeutet und auch nur als marginaler Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit gewertet werden kann. Von daher hält es die Kammer für zumutbar, dass die Antragstellerin ab sofort der Kennzeichnungspflicht nachkommt und auch für die bereits vergangenen Tage des laufenden Quartals die Kennzeichnung nachholt, da hierfür hinreichend Zeit verbleibt. Von daher bestand keine Veranlassung für die Kammer, dem auch auf die Zukunft gerichteten Antrag der Antragstellerin statt zu geben, insbesondere wird es sich auch die Antragstellerin zukünftig zurechnen lassen müssen, dass sie selbst die Eilbedürftigkeit ihres Anliegens herbeigeführt hat. Insoweit betont die Kammer, dass aus Sicht der Kammer ein Anordnungsanspruch nicht festgestellt wurde, sondern als offen bezeichnet wurde, also nicht von vorneherein ausgeschlossen werden kann.
Im Ergebnis war daher dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nur im tenorierten Umfang stattzugeben. Von daher waren auch die Verfahrenskosten zu teilen (§ 97a Sozialgerichtsgesetz i. V. m. § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Für die Festsetzung des Streitwerts war, da ein unmittelbarer wirtschaftlicher Wert der Streitsache nicht beizumessen war, vom Regelstreitwert auszugehen. Nach der Rechtssprechung der Kammer war für das Einstweilige Anordnungsverfahren hiervon ein Drittel zu nehmen. Dies ergab den festgesetzten Streitwert.
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