L 4 AS 674/16 NZB

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 27 AS 522/16
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 AS 674/16 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 9. November 2016 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S., J., für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Aufwendungen für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten in einem isolierten Widerspruchsverfahren.

Das Jobcenter Landkreis Wittenberg hatte gegenüber der 2001 geborenen Klägerin am 21. Februar 2013, 7. Mai 2013, 8. Mai 2013 und 17. Juli 2013 mehrere Bescheide erlassen, mit denen es Rückforderungen in Höhe von insgesamt 59,71 EUR geltend gemacht hatte.

Mit Schreiben vom 30. April 2015 mahnte die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Forderung in Höhe von insgesamt 64,71 EUR an, worin auch eine Mahngebühr in Höhe von 5,00 EUR enthalten war. Auf Seite 2 der Mahnung befand sich eine Aufstellung der vorgenannten Bescheide. Die Klägerin wurde aufgefordert, den Betrag in Höhe von 64,71 EUR bis zum 18. Mai 2015 zu zahlen. Gemäß der angefügten Rechtsbehelfsbelehrung sei die Festsetzung der Mahngebühr durch Widerspruch anfechtbar.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben ihres bevollmächtigten Rechtsanwalts am 26. Mai 2015 Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, die der Forderung zugrunde liegenden Bescheide seien Gegenstand von drei vor dem Sozialgericht (SG) Dessau-Roßlau geführten Klageverfahren. Widerspruch und Klage hätten aufschiebende Wirkung, so dass die Forderungen noch nicht fällig seien. Darüber hinaus berufe sich die Klägerin "vorsorglich auf das Minderjährigenprivileg".

Mit Abhilfebescheid vom 13. November 2015 hob die Beklagte die Entscheidung über die Festsetzung der Mahngebühren vom 30. April 2015 auf. Dem Widerspruch sei damit in vollem Umfang entsprochen worden. Die im Widerspruchsverfahren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen würden auf Antrag und gegen Nachweis erstattet. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten werde dabei als notwendig anerkannt.

Mit Schreiben vom 26. Januar 2016 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin der Beklagten mit, er habe bereits mit Schreiben vom 18. November 2015 die Kosten seiner Inanspruchnahme in Rechnung gestellt. Er erwarte nunmehr die Begleichung seiner Forderung bis spätestens 2. Februar 2016.

Nachdem der Beklagte darauf hingewiesen hatte, eine Kostennote vom 18. November 2015 nicht erhalten zu haben, übermittelte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 4. Februar 2016 eine auf den 18. November 2015 datierte Forderungsaufstellung über 142,80 EUR, aufgegliedert in eine Geschäftsgebühr nach § 14 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in Verbindung mit Nr. 2302 Satz 1 Nr. 1 Vergütungsverzeichnis (VV RVG) in Höhe von 100,00 EUR sowie die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 EUR zuzüglich 19 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG in Höhe von 22,80 EUR.

Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 9. Februar 2016 setzte der Beklagte die zu erstattenden Aufwendungen auf 71,40 EUR fest. Es seien lediglich eine Geschäftsgebühr in Höhe der Mindestgebühr von 50,00 EUR zuzüglich einer Pauschale in Höhe von 10,00 EUR für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen sowie 11,40 EUR Umsatzsteuer angemessen. Innerhalb des Rahmens des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG seien zunächst der unterdurchschnittliche zeitliche Umfang und die unterdurchschnittliche objektive Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zu berücksichtigen. Außerdem sei maßgeblich, dass es ausschließlich um die Festsetzung von Mahngebühren im Zusammenhang mit Erstattungsforderungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gegangen sei und sich die Ausführungen im Widerspruchsschreiben auf einen unstreitigen Sachverhalt sowie eine klare und eindeutige Rechtslage bezogen hätten. Zudem seien die Einkommens- und Vermögensverhältnisse von Leistungsberechtigten nach dem SGB II ebenfalls unterdurchschnittlich. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin sei allenfalls durchschnittlich gewesen, da es nur um die einmalige Festsetzung einer Mahngebühr in Höhe eines geringen Geldbetrages gegangen sei. Somit sei auch das anwaltliche Haftungsrisiko nur äußerst gering gewesen.

Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2016 zurück: Unter Würdigung aller auf Grundlage von § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG maßgeblichen Kriterien könne nur die Mindestgebühr des Rahmens anerkannt werden. Besonderheiten, die eine höhere Gebühr rechtfertigen würden, weise das Verfahren nicht auf.

Mit der am 7. März 2016 bei dem SG Dessau-Roßlau erhobenen Klage machte die Klägerin eine Geschäftsgebühr in Höhe der doppelten Mindestgebühr in Höhe von 100,00 EUR geltend: Bei der Bestimmung der Gebühr habe der Bevollmächtigte den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit sowie die Einkommensverhältnisse der Auftraggeberin berücksichtigt. Die von der Beklagten in Ansatz gebrachte Mindestgebühr werde dem hingegen in keiner Weise gerecht. Die Klägerin verwies auf einen "Musterbeschluss" des SG Berlin vom 14. Mai 2013. Darin habe das SG Berlin ausgeführt, dass bei einer Anfechtung von Mahngebührenbescheiden in der Regel die doppelte Mindestgebühr anzusetzen sei.

Außerhalb des gerichtlichen Klageverfahrens teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 12. April 2016 mit, er "korrigiere" – unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 1. März 2016 (richtig: 9. März 2016) – die Rechnung vom 18. November 2015 und mache nunmehr eine Geschäftsgebühr in Höhe von 150,00 EUR geltend, woraus sich (unter Berücksichtigung der Post- und Telekommunikationspauschale sowie der Umsatzsteuer) eine Gesamtforderung in Höhe von 202,30 EUR ableite. Mit Bescheid vom 20. April 2016 wies der Beklagte den Kostenantrag vom 12. April 2016 zurück: Über den Widerspruch gegen den Kostenfestsetzungsbescheid vom 9. Februar 2016 sei mit Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2016 entschieden worden. Dieser Bescheid sei bestandskräftig. Eine über die bisher erfolgte Erstattung hinausgehende Kostenerstattung könne daher nicht erfolgen. Im Übrigen sei der Prozessbevollmächtigte an den Kostenantrag am 18. November 2015 gebunden, da er mit dem Antrag bereits von seinem Bestimmungsrecht Gebrauch gemacht habe. Hiergegen erhob die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten am 26. April 2016 Widerspruch: Der Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2016 sei nicht bestandskräftig geworden, das Klageverfahren noch nicht abgeschlossen.

Der Beklagte hat im Verfahren vor dem SG ergänzend vorgetragen, dass es im maßgeblichen Widerspruchsverfahren lediglich um die Festsetzung einer Mahngebühr gegangen sei. Die Gewährung von Leistungen oder die Rückforderungen als solche seien nicht Streitgegenstand gewesen. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin erweise sich mithin als minimal. Darüber hinaus stelle die nochmalige Geltendmachung von Kosten mit Schreiben vom 12. April 2016 – vor dem Hintergrund des unter dem 18. November 2015 bereits abschließend ausgeübten Ermessens – ein rechtsmissbräuchliches und rechtswidriges Gebaren des Prozessbevollmächtigten dar.

Mit Urteil vom 9. November 2016 hat das SG die Klage abgewiesen: Für die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten im Widerspruchsverfahren seien 71,40 EUR angefallen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit habe weit unter dem Durchschnitt gelegen. Aufgrund der Abhilfe habe es lediglich eines anwaltlichen Schreibens bedurft. Die kurzen Ausführungen deuteten auf einen geringen zeitlichen Aufwand hin. Auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sei unterdurchschnittlich gewesen. Es habe sich um einen einfach gelagerten Sachverhalt gehandelt, da ausschließlich die Erhebung von Mahngebühren Klagegegenstand gewesen sei. Auch aus dem Urteil des BSG vom 9. März 2016 – B 14 AS 5/15 R – folge kein anderes Ergebnis. Der dort zu Grunde liegende Sachverhalt könne nicht auf die hiesige Konstellation übertragen werden. Denn der Prozessbevollmächtigte sei mit zahlreichen Fällen der Klägerin sowie deren Bedarfsgemeinschaft seit vielen Jahren beauftragt. Eine detaillierte Einarbeitung in eine schwierige Rechtsmaterie sei nicht erkennbar. Das SG hat die Berufung im Urteil nicht zugelassen.

Gegen das ihr am 15. November 2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23. November 2016 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt und geltend gemacht: Entgegen der Auffassung des SG sei die Entscheidung des BSG vom 9. März 2016 auf den vorliegenden Fall anwendbar. Ob der Prozessbevollmächtigte die Klägerin schon häufiger vertreten habe, spiele insoweit keine Rolle. Auch in dem vom BSG entschiedenen Fall seien Umfang und Schwierigkeit der Angelegenheit als unterdurchschnittlich eingestuft worden. Ungeachtet dessen sei die Tätigkeit des Bevollmächtigten nicht lediglich mit der Mindestgebühr abzugelten gewesen. Der hier zu entscheidende Fall unterscheide sich nicht von der der zitierten Entscheidung des BSG zu Grunde liegenden Konstellation.

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 9. November 2016 zuzulassen.

Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beklagte hat ausgeführt: Es sei weder eine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits erkennbar noch eine Abweichung von einer Entscheidung der übergeordneten Gerichte. Ein Verfahrensmangel sei nicht geltend gemacht worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 145 Abs. 1 SGG eingelegt worden. Sie ist auch statthaft, da die Berufung nicht kraft Gesetzes zulässig ist. Gemäß § 144 Abs. 1 SGG bedarf die Berufung in einem Urteil des Sozialgerichts der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR oder bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000,00 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Nach dem ausdrücklichen Klageantrag begehrt die Klägerin im gerichtlichen Verfahren die Zahlung weiterer Rechtsanwaltskosten in Höhe von 71,40 EUR. Auf die – parallel zum gerichtlichen Verfahren – gegenüber der Beklagten außergerichtlich mit Schreiben vom 12. April 2016 darüber hinaus noch geltend gemachten zusätzlichen 59,50 EUR hat sie sich im gerichtlichen Verfahren nicht bezogen. Der Senat geht daher mit dem SG davon aus, dass diese außerhalb des gerichtlichen Verfahrens gegenüber der Beklagten geltend gemachte weitere Forderung nicht zum Gegenstand des hiesigen Rechtsstreits gemacht worden ist. Aber selbst unter ergänzender Berücksichtigung des weiteren Betrages von 59,50 EUR läge der Wert des Beschwerdegegenstandes hier lediglich bei 130,90 EUR, mithin jedenfalls unter dem Berufungsstreitwert des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG.

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Berufung gegen das Urteil vom 9. November 2016 zu Recht nicht zugelassen.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG), des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

a) Der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 144 Rn. 28). Eine Tatsachenfrage kann auch dann die Zulassung der Berufung nicht begründen, wenn ihre Klärung verallgemeinerungsfähige Auswirkungen haben kann (Leitherer, a. a. O., § 144 Rn. 29).

Der vorliegende Rechtsstreit wirft keine bisher nicht geklärte Rechtsfrage auf: Die Höhe der Vergütung des Rechtsanwalts (Gebühren und Auslagen) bestimmt sich nach den Vorschriften des RVG (§ 1 Abs. 1 RVG). Gemäß § 3 Abs. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen – wie hier (vgl. § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG) – das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, deren Höhe sich nach dem Vergütungsverzeichnis bestimmt, welches dem RVG als Anlage 1 angefügt ist (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RVG). Nach § 3 Abs. 2 RVG gilt Entsprechendes für eine Tätigkeit außerhalb des gerichtlichen Verfahrens. § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt, welche Umstände der Rechtsanwalt bei der Bestimmung der Gebühr im Einzelfall zu berücksichtigen hat und dass in den Fällen, in denen die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen ist, die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich ist, wenn sie unbillig ist. Seitens des BSG ist insoweit auch geklärt, dass eine solche Unbilligkeit dann vorliegt, wenn die vom Rechtsanwalt bestimmte Gebühr um mehr als 20 % von der angemessenen Gebühr abweicht (BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 21/09 R).

§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG verlangt die Prüfung der Umstände des Einzelfalls. Für die Kostenfestsetzung ist daher im Grundsatz nicht auf "allgemeingültige" Rechtsgrundsätze abzustellen, wonach etwa für eine bestimmte "Art" der anwaltlichen Tätigkeit bzw. des zu betreibenden Verfahrens eine Kostenfestsetzung in einer bestimmten Höhe vorzunehmen wäre. Es kommt insoweit nach den Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG insbesondere nicht in Betracht, etwa grundsätzlich anzunehmen, dass für Verfahren, in denen es um Mahngebühren wegen nicht beglichener Rückforderungen eines Jobcenters geht, für die Geschäftsgebühr (Nr. 2302 VV RVG) prinzipiell die einfache oder doppelte Mindestgebühr bzw. ein sonstiger bestimmter Betrag in Ansatz zu bringen wäre. Es verbleibt vielmehr stets dabei, dass gerade hinsichtlich Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit und der Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber auf die individuellen Verhältnisse des einzelnen Falls abzustellen ist. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem von der Klägerin in Bezug genommenen Urteil des BSG vom 9. März 2016. Zwar hat das BSG die dort geltend gemachte Geschäftsgebühr in Höhe der Schwellengebühr (240,00 EUR) für unbillig, indes in Höhe der hälftigen Schwellengebühr (120,00 EUR) für angemessen gehalten. Es hat ausgeführt, weshalb es die vom SG zugrunde gelegte Mindestgebühr nicht für angemessen hält und sich in der Begründung mit den Umständen des konkreten Einzelfalls auseinandergesetzt, so zum Beispiel mit einer etwaigen Vorbefassung des Rechtsanwalts, der Durchführung einer Besprechung, deren Zeitdauer und der – neben der Mahngebühr selbst – für die Bedeutung der Angelegenheit auch maßgeblichen Höhe der Zahlungsaufforderung. Dem ist zu entnehmen, dass nicht generell in allen Konstellationen des Widerspruchs gegen eine Mahngebühr die hälftige Schwellengebühr zugrunde zu legen ist. In dem vom BSG entschiedenen Fall kam der der Mahnung – im Gegensatz zum hiesigen Rechtsstreit verhältnismäßig hohen – zugrunde liegenden Forderung eine besondere Bedeutung zu. Welche Kostenfestsetzung unter Berücksichtigung der in der genannten Entscheidung vom BSG aufgestellten Grundsätze im hiesigen Verfahren vorzunehmen ist, unterliegt dann wiederum einer Einzelfallprüfung auf der vorliegend gegebenen konkreten Tatsachengrundlage.

b) Es besteht – im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin – auch keine Divergenz im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG. Diese liegt nur dann vor, wenn das anzufechtende Urteil von einer Entscheidung des Berufungsgerichts oder des BSG abweicht. Dies ist hier nicht der Fall.

Wie sich bereits aus den Ausführungen zu lit. a) ergibt, folgt eine solche Divergenz insbesondere nicht aus einer etwaigen Abweichung zu dem von der Klägerin in Bezug genommenen Urteil des BSG vom 9. März 2016. Die dort vorgenommene Festsetzung auf die hälftige Schwellengebühr wurde vom BSG mit den konkreten Umständen des Einzelfalls begründet. Im (nichtamtlichen) Leitsatz zu diesem Urteil ist dabei besonders hervorgehoben worden, dass bei der Bemessung der Rechtsanwaltsgebühren für ein isoliertes Vorverfahren wegen einer Mahngebühr die Höhe der der Mahnung zugrunde liegenden Zahlungsaufforderung als gebührenerheblicher Umstand zu berücksichtigen sein kann. Die Zahlungsaufforderung bezog sich im Fall des BSG auf einen Betrag von 1.520,63 EUR. Im hiesigen Rechtsstreit machte das Jobcenter lediglich einen – wesentlich geringeren – Betrag von 59,71 EUR geltend. Dieser entspricht – im Vergleich zur Forderung in dem vom BSG entschiedenen Fall – lediglich einem Anteil von 4 %. Gerade weil der Höhe der Zahlungsaufforderung in der von der Klägerin angeführten BSG-Entscheidung eine Bedeutung zukam, diese vorliegend aber besonders gering ausfällt, vermag der Senat eine Divergenz nicht zu erkennen. Das SG hat die nach dem RVG und dem VV RVG sowie der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BSG (auch gemäß dem Urteil vom 9. März 2016) relevanten rechtlichen Kriterien auf den von ihm zu entscheidenden Einzelfall angewandt.

c) Auch ein entscheidungsrelevanter Verfahrensverstoß liegt nicht vor. Ein rechtserheblich geltend gemachter Verfahrensverstoß nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG setzt voraus, dass sich aus den vorgetragenen Tatsachen schlüssig ergibt, welche Vorschrift als verletzt angesehen wird und warum das Urteil darauf beruhen kann. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Insoweit können keine inhaltlichen Unrichtigkeiten eines Urteils gerügt werden (Leitherer, a. a. O., 11. Auflage, § 144 Rn. 34a).

Die Klägerin hat bereits keine Verletzung einer konkreten Verfahrensvorschrift gerügt. Ein Verfahrensverstoß ist auch nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.

3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet. Denn der Rechtsverfolgung fehlt die erforderliche Erfolgsaussicht. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Der Nichtzulassungsbeschwerde fehlt insoweit die erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht. Hierzu wird auf die Ausführungen unter Ziff. II.2 dieses Beschlusses verwiesen.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§ 177 SGG). Mit dieser Entscheidung wird das Urteil des SG gemäß § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG rechtskräftig.
Rechtskraft
Aus
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