Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 685/05
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Aus den Zeugnissen einer Klinik muss für den Qualifikationsnachweis nach § 3 I Nr. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung hervorgehen, dass es sich um Kliniken bzw. Abteilungen von Kliniken handelt, die auf die Behandlung von Schmerzpatienten spezialisiert waren und deshalb von Patienten anderer Abteilungen innerhalb der Klinik oder anderer Kliniken gezielt aufgesucht werden (vgl. LSG Bayern, Urt. v. 15.09.2004 - L 12 KA 138/03- RID 05-01-41). Gefordert ist damit eine Tätigkeit in einer spezialisierten Fortbildungsstätte, in der überwiegend solche chronisch schmerzkranken Patienten behandelt werden, für deren besondere Versorgung die Schmerztherapie-Vereinbarung gedacht ist (vgl. BSG, Urt. v. 08.09.2004 - B 6 KA 18/03 R – SozR 4-2500 § 82 Nr. 1 = GesR 2005, 86 = MedR 2005, 480 = Breith 2005, 93, zitiert nach juris Rdnr. 23).
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten und die Gerichtskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Genehmigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung.
Der Kläger ist als Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie und als Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin mit Praxissitz in A. zur vertragsärztlichen Versorgung seit 1999 zugelassen. Er betreibt mit drei weiteren Fachärzten für Innere Medizin, davon zwei mit dem Schwerpunkt Kardiologie, eine Gemeinschaftspraxis. Er ist zugleich als Belegarzt im Krankenhaus A. in A-Stadt tätig. Mit Schreiben vom 03.04.2003 erkannte ihm die Landesärztekammer Hessen die Zusatzbezeichnung "Spezielle Schmerztherapie" an.
Am 10.12.2002 beantragte der Kläger die Genehmigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung. Er verwies auf seine Qualifikation aufgrund langjähriger klinischer und wissenschaftlicher Beschäftigung mit chronischen Schmerzpatienten, was er im Einzelnen ausführte. Dem Antrag fügte er Zeugnisse und zahlreiche Weiterbildungsnachweise bei. Auf Anforderung der Beklagten reichte er mit Schreiben vom 04.04.2003 50 Patientendokumentationen nach.
Die Schmerztherapie-Kommission sah am 16.04.2003 nicht die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 2 i. V. m. § 2 Nr. 8 Schmerztherapie-Vereinbarung als erfüllt an. Sie schlug deshalb die Vorlage 25 neuer Dokumentationen und ein kollegiales Gespräch vor.
Der Kläger reichte mit Schreiben vom 27.02.2004 die geforderten Patientendokumentationen (insgesamt 27 Dokumentationen) nebst weiteren Fortbildungsnachweisen ein.
Die Schmerztherapie-Kommission befand am 10.03.2004 die vorgelegten Patientendokumentationen für ausreichend und schlug deshalb die Einladung zu einem kollegialen Gespräch vor. Dieses fand am 23.06.2004 in X. statt. Die Schmerztherapie-Kommission kam in ihrem Vermerk v. 05.08.2004 zu dem Ergebnis, dass bei sicher exzellenten Kenntnissen des Klägers im eigenen Fachgebiet zu den konkreten Fragen keine strukturierten schmerztherapeutischen Konzepte genannt worden seien. Basisinstrumente von Schmerzerfassung, Dokumentation und Verlauf seien nicht bekannt.
Mit Bescheid vom 31.08.2004 wies die Beklagte den Antrag zurück.
Hiergegen legte der Kläger am 01.10.2004 Widerspruch ein. Zur Widerspruchsbegründung wird auf das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 13.04.2005 verwiesen (Bl. 462-459 der Verwaltungsakte mit Anlage Bl. 458-456).
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2005, auf den im Einzelnen verwiesen wird (Bl. 482 ff. der Verwaltungsakte), dem Kläger zugestellt am 23.07., wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 23.08.2005 die Klage erhoben. Er trägt vor, seine Ausführungen im kollegialen Gespräch seien in mehrfacher Hinsicht falsch verstanden oder falsch wiedergegeben worden, was er im Einzelnen ausgeführt hat. Nach der Schmerztherapie-Vereinbarung komme es auf die formelle Anerkennung einer Fortbildungsstätte nicht an. Die von ihm besuchten Fortbildungsstätten genügten den Anforderungen der Schmerztherapie-Vereinbarung. Im Einzelnen wird auf den Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 18.01.2006 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 31.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung zu genehmigen,
hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, ihn erneut zu einem kollegialen Gespräch zu laden und ihn neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf den angefochtenen Bescheid und Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, der Kläger habe weder eine zwölfmonatige Tätigkeit in den in § 2 genannten fachgebietszugehörigen speziellen Untersuchungs- und Therapieverfahren in einer entsprechend qualifizierten interdisziplinären Fortbildungsstätte nachgewiesen, noch 50 (Erst-)Dokumentationen vorgelegt. Der Kläger habe auch das Kolloquium nicht erfolgreich absolviert. Im Einzelnen wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 27.02.2006 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Psychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Psychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 31.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2005 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Beklagte hat zu Recht eine Genehmigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung nicht erteilt.
Nach § 3 der am 1. Juli 1997 als Anlage 12 zum Arzt-/Ersatzkassenvertrag in Kraft getretenen Vereinbarung über die ambulante Behandlung chronisch schmerzkranker Patienten (Schmerztherapie-Vereinbarung) muss zur Teilnahme an dieser Vereinbarung der schmerztherapeutisch tätige Arzt gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung durch Zeugnisse oder Bescheinigungen die Erfüllung folgender Anforderungen nachweisen: 1. Die Berechtigung zum Führen der Gebietsbezeichnung für ein klinisches Fach; 2. eine zwölfmonatige Tätigkeit in den in § 2 genannten fachgebietszugehörigen speziellen Untersuchungs- und Therapieverfahren in einer entsprechend qualifizierten interdisziplinären Fortbildungsstätte; sechs dieser zwölf Monate müssen zusätzlich zu der Weiterbildung im Gebiet erbracht werden. Entsprechend qualifiziert ist eine Fortbildungsstätte, in der überwiegend Patienten gemäß § 1 Abs. 3 und 4 unter den Voraussetzungen des § 2 behandelt werden.
Darüber hinaus hat der Arzt gemäß § 3 Abs. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung Dokumentationen entsprechend den Anforderungen gemäß § 2 Nr. 8 über 50 Patienten vorzulegen, die das schmerztherapeutische Spektrum des Arztes erkennen lassen. Des Weiteren muss der Arzt durch ein vom Leiter der Fortbildungsstätte ausgestelltes Zeugnis nachweisen, dass er die fachspezifischen schmerztherapeutischen Verfahren gemäß § 2 Nr. 6 Schmerztherapie-Vereinbarung erlernt, selbständig durchgeführt und monatlich an den interdisziplinären Schmerzkonferenzen teilgenommen hat (§ 3 Abs. 3 Schmerztherapie-Vereinbarung).
Von den vorgenannten Voraussetzungen hat der Kläger jedenfalls den in § 3 Abs. 1 Nr. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung geforderten Nachweis einer zwölfmonatige Tätigkeit in den in § 2 eine zwölfmonatige Tätigkeit in den in § 2 genannten fachgebietszugehörigen speziellen Untersuchungs- und Therapieverfahren in einer entsprechend qualifizierten interdisziplinären Fortbildungsstätte nicht erbracht.
Entsprechend qualifiziert ist eine interdisziplinäre Fortbildungsstätte, in der überwiegend Patienten gemäß § 1 Abs. 3 und 4 unter den Voraussetzungen des § 2 Schmerztherapie-Vereinbarung behandelt werden (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Schmerztherapie-Vereinbarung). Das heißt, in der Fortbildungsstätte müssen überwiegend reine Schmerzpatienten im Sinne von § 1 Abs. 3 und 4 Schmerztherapie-Vereinbarung, also nicht allein Patienten mit Schmerzen behandelt worden sein. Gemäß § 1 Abs. 3 Schmerztherapie-Vereinbarung sind chronisch schmerzkrank im Sinne dieser Bestimmung Patienten, bei denen der Schmerz seine Leit- und Warnfunktion verloren und selbständigen Krankheitswert erlangt hat und bei denen das Schmerzleiden zu psycho-pathologischen Veränderungen geführt hat. Es muss sich um Patienten handeln, bei denen der Schmerz zum Mittelpunkt des Denkens und Verhaltens geworden ist und die dadurch ihrem sozialen Umfeld entfremdet sind, was zu einer Vertiefung des psycho-pathologischen Krankheitsbildes oder zum algogenen Psychosyndrom führen kann. Kennzeichnend für Schmerzpatienten im Sinne dieser Definition sind auch Behandlungsversuche über lange Zeit, die nicht erfolgreich waren. Chronisch schmerzkrank sind schließlich auch solche Patienten, bei denen im Rahmen eines inkurablen Grundleidens der Schmerz zum beherrschenden Symptom geworden ist (§ 1 Abs. 4 Schmerztherapie-Vereinbarung).
Der Kläger will diese Voraussetzungen durch Beschäftigungsnachweise und Zeugnisse der K-Klinik, Klinik für Rheumatologie vom 28.09.1999 (Dr. R. A.) und 30.06.1998 und 15.11.2002 (Dr. W. B. ), in der er vom 01.08.1994 bis zum 31.07.1999 als Oberarzt tätig war, sowie des Staatlichen Rheumakrankenhauses Y. vom 20.06.1994 (Prof. Dr. E.-M. L. l.), in der er zuvor seit 01.08.1990 als Stationsarzt beschäftigt war, nachweisen
Bei beiden Kliniken handelt es sich nicht um Einrichtungen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung. Insbesondere geht aus den Zeugnissen nicht hervor, dass es sich um Kliniken bzw. Abteilungen von Kliniken handelte, die auf die Behandlung von Schmerzpatienten spezialisiert waren und deshalb von Patienten anderer Abteilungen innerhalb der Klinik oder anderer Kliniken gezielt aufgesucht werden (vgl. LSG Bayern, Urt. v. 15.09.2004 – L 12 KA 138/03 – www.sozialgerichtsbarkeit.de). Gefordert ist damit eine Tätigkeit in einer spezialisierten Fortbildungsstätte, in der überwiegend solche chronisch schmerzkranken Patienten behandelt werden, für deren besondere Versorgung die Schmerztherapie-Vereinbarung gedacht ist (vgl. BSG, Urt. v. 08.09.2004 - B 6 KA 18/03 R – SozR 4-2500 § 82 Nr. 1 = GesR 2005, 86 = MedR 2005, 480 = Breith 2005, 93, zitiert nach juris Rdnr. 23).
Aus den Zeugnissen der K-Klinik geht hervor, dass es sich um eine Spezialklinik zur Behandlung aller Krankheiten des rheumatischen Formenkreises handelt, in der auch Patienten mit somatoformen Schmerzstörungen und Stoffwechselerkrankungen betreut werden. Bei dem Staatlichen Rheumakrankenhaus B. handelte es sich um ein Krankenhaus der Regelversorgung mit Patienten mit allen Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis sowie nach Gelenkoperationen und Endoprothesen.
Bei beiden Einrichtungen handelte es sich keinesfalls um eine schmerztherapeutische Einrichtung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung, denn die dort behandelten Patienten waren nur zu einem Teil Schmerzpatienten der in § 1 Schmerztherapie-Vereinbarung genannten Art. Vielmehr handelte es sich um Patienten mit Schmerzen, nicht aber überwiegend um Patienten, die an Schmerzkrankheit im Sinne der Schmerztherapie-Vereinbarung leiden. Entgegen der Auffassung der Beklagten geht die Kammer davon aus, dass eine förmliche Anerkennung als Fortbildungsstätte im Sinne der Schmerztherapie-Vereinbarung nicht vorliegen muss. Offensichtlich handelte es sich aber in beiden Kliniken nicht überwiegend um chronisch schmerzkranke Patienten im Sinne von § 1 Abs. 3 und 4 Schmerztherapie-Vereinbarung. Hinzu kommt, dass aus den Zeugnissen auch nicht eine 12-monatige Tätigkeit in den in § 2 im Einzelnen genannten fachgebietszugehörigen speziellen Untersuchungs- und Therapieverfahren nachgewiesen ist. Damit hat der Kläger die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung nicht erfüllt.
Der Kläger kann sich auch nicht auf einen Vertrauensschutz berufen. Die Beklagte hat keinen Verwaltungsakt erlassen, der rechtsverbindlich eine zwölfmonatige Tätigkeit in einer entsprechenden Fortbildungsstätte anerkannt hätte. Soweit die Schmerztherapie-Kommission und mit ihr die Beklagte offensichtlich vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ausging, haben beide immer die fachliche Qualifikation zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung nicht anerkannt und bestritten. Eine Bindungswirkung kommt diesen Mitteilungen als Realakten nicht zu. Insofern handelt es sich allenfalls um fehlerhafte Auskünfte.
Die Zusatzbezeichnung "spezielle Schmerztherapie" berechtigt nicht zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung (vgl. (BSG, Urt. v. 08.09.2004 - B 6 KA 18/03 R – aaO., Rdnr. 23; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 20.06.2003 – L 11 KA 266/01 - www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Schließlich ist auch an der Gültigkeit der Schmerztherapie-Vereinbarung nicht zu zweifeln. Das Bundessozialgericht hat bereits entschieden, dass kompetenzrechtliche Bedenken gegen den Abschluss der Schmerztherapie-Vereinbarung durch die Partner der Bundesmantelverträge nicht bestehen (vgl. BSG, Urt. v. 08.09.2004 - B 6 KA 18/03 R – aaO.).
Wegen Fehlens eines Nachweises einer zwölfmonatigen Tätigkeit in einer entsprechend qualifizierten interdisziplinären Fortbildungsstätte brauchte die Kammer nicht der Frage nachzugehen, ob der Kläger die weiteren Voraussetzungen erfüllt hat, insbesondere 50 ausreichende Dokumentationen vorgelegt hat. Wegen des fehlenden Nachweises besteht auch kein Anspruch auf die Durchführung eines – weiteren Kolloquiums (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 Schmerztherapie-Vereinbarung). Dies setzt voraus, dass die Grundvoraussetzungen nach § 3 Schmerztherapie-Vereinbarung nachgewiesen sind. Von daher war auch der Hilfsantrag abzuweisen.
Nach allem war der angefochtene Bescheid rechtmäßig und die Klage daher insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Kläger hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten und die Gerichtskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Genehmigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung.
Der Kläger ist als Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie und als Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin mit Praxissitz in A. zur vertragsärztlichen Versorgung seit 1999 zugelassen. Er betreibt mit drei weiteren Fachärzten für Innere Medizin, davon zwei mit dem Schwerpunkt Kardiologie, eine Gemeinschaftspraxis. Er ist zugleich als Belegarzt im Krankenhaus A. in A-Stadt tätig. Mit Schreiben vom 03.04.2003 erkannte ihm die Landesärztekammer Hessen die Zusatzbezeichnung "Spezielle Schmerztherapie" an.
Am 10.12.2002 beantragte der Kläger die Genehmigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung. Er verwies auf seine Qualifikation aufgrund langjähriger klinischer und wissenschaftlicher Beschäftigung mit chronischen Schmerzpatienten, was er im Einzelnen ausführte. Dem Antrag fügte er Zeugnisse und zahlreiche Weiterbildungsnachweise bei. Auf Anforderung der Beklagten reichte er mit Schreiben vom 04.04.2003 50 Patientendokumentationen nach.
Die Schmerztherapie-Kommission sah am 16.04.2003 nicht die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 2 i. V. m. § 2 Nr. 8 Schmerztherapie-Vereinbarung als erfüllt an. Sie schlug deshalb die Vorlage 25 neuer Dokumentationen und ein kollegiales Gespräch vor.
Der Kläger reichte mit Schreiben vom 27.02.2004 die geforderten Patientendokumentationen (insgesamt 27 Dokumentationen) nebst weiteren Fortbildungsnachweisen ein.
Die Schmerztherapie-Kommission befand am 10.03.2004 die vorgelegten Patientendokumentationen für ausreichend und schlug deshalb die Einladung zu einem kollegialen Gespräch vor. Dieses fand am 23.06.2004 in X. statt. Die Schmerztherapie-Kommission kam in ihrem Vermerk v. 05.08.2004 zu dem Ergebnis, dass bei sicher exzellenten Kenntnissen des Klägers im eigenen Fachgebiet zu den konkreten Fragen keine strukturierten schmerztherapeutischen Konzepte genannt worden seien. Basisinstrumente von Schmerzerfassung, Dokumentation und Verlauf seien nicht bekannt.
Mit Bescheid vom 31.08.2004 wies die Beklagte den Antrag zurück.
Hiergegen legte der Kläger am 01.10.2004 Widerspruch ein. Zur Widerspruchsbegründung wird auf das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 13.04.2005 verwiesen (Bl. 462-459 der Verwaltungsakte mit Anlage Bl. 458-456).
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2005, auf den im Einzelnen verwiesen wird (Bl. 482 ff. der Verwaltungsakte), dem Kläger zugestellt am 23.07., wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 23.08.2005 die Klage erhoben. Er trägt vor, seine Ausführungen im kollegialen Gespräch seien in mehrfacher Hinsicht falsch verstanden oder falsch wiedergegeben worden, was er im Einzelnen ausgeführt hat. Nach der Schmerztherapie-Vereinbarung komme es auf die formelle Anerkennung einer Fortbildungsstätte nicht an. Die von ihm besuchten Fortbildungsstätten genügten den Anforderungen der Schmerztherapie-Vereinbarung. Im Einzelnen wird auf den Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 18.01.2006 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 31.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung zu genehmigen,
hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, ihn erneut zu einem kollegialen Gespräch zu laden und ihn neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf den angefochtenen Bescheid und Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, der Kläger habe weder eine zwölfmonatige Tätigkeit in den in § 2 genannten fachgebietszugehörigen speziellen Untersuchungs- und Therapieverfahren in einer entsprechend qualifizierten interdisziplinären Fortbildungsstätte nachgewiesen, noch 50 (Erst-)Dokumentationen vorgelegt. Der Kläger habe auch das Kolloquium nicht erfolgreich absolviert. Im Einzelnen wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 27.02.2006 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Psychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Psychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 31.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2005 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Beklagte hat zu Recht eine Genehmigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung nicht erteilt.
Nach § 3 der am 1. Juli 1997 als Anlage 12 zum Arzt-/Ersatzkassenvertrag in Kraft getretenen Vereinbarung über die ambulante Behandlung chronisch schmerzkranker Patienten (Schmerztherapie-Vereinbarung) muss zur Teilnahme an dieser Vereinbarung der schmerztherapeutisch tätige Arzt gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung durch Zeugnisse oder Bescheinigungen die Erfüllung folgender Anforderungen nachweisen: 1. Die Berechtigung zum Führen der Gebietsbezeichnung für ein klinisches Fach; 2. eine zwölfmonatige Tätigkeit in den in § 2 genannten fachgebietszugehörigen speziellen Untersuchungs- und Therapieverfahren in einer entsprechend qualifizierten interdisziplinären Fortbildungsstätte; sechs dieser zwölf Monate müssen zusätzlich zu der Weiterbildung im Gebiet erbracht werden. Entsprechend qualifiziert ist eine Fortbildungsstätte, in der überwiegend Patienten gemäß § 1 Abs. 3 und 4 unter den Voraussetzungen des § 2 behandelt werden.
Darüber hinaus hat der Arzt gemäß § 3 Abs. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung Dokumentationen entsprechend den Anforderungen gemäß § 2 Nr. 8 über 50 Patienten vorzulegen, die das schmerztherapeutische Spektrum des Arztes erkennen lassen. Des Weiteren muss der Arzt durch ein vom Leiter der Fortbildungsstätte ausgestelltes Zeugnis nachweisen, dass er die fachspezifischen schmerztherapeutischen Verfahren gemäß § 2 Nr. 6 Schmerztherapie-Vereinbarung erlernt, selbständig durchgeführt und monatlich an den interdisziplinären Schmerzkonferenzen teilgenommen hat (§ 3 Abs. 3 Schmerztherapie-Vereinbarung).
Von den vorgenannten Voraussetzungen hat der Kläger jedenfalls den in § 3 Abs. 1 Nr. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung geforderten Nachweis einer zwölfmonatige Tätigkeit in den in § 2 eine zwölfmonatige Tätigkeit in den in § 2 genannten fachgebietszugehörigen speziellen Untersuchungs- und Therapieverfahren in einer entsprechend qualifizierten interdisziplinären Fortbildungsstätte nicht erbracht.
Entsprechend qualifiziert ist eine interdisziplinäre Fortbildungsstätte, in der überwiegend Patienten gemäß § 1 Abs. 3 und 4 unter den Voraussetzungen des § 2 Schmerztherapie-Vereinbarung behandelt werden (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Schmerztherapie-Vereinbarung). Das heißt, in der Fortbildungsstätte müssen überwiegend reine Schmerzpatienten im Sinne von § 1 Abs. 3 und 4 Schmerztherapie-Vereinbarung, also nicht allein Patienten mit Schmerzen behandelt worden sein. Gemäß § 1 Abs. 3 Schmerztherapie-Vereinbarung sind chronisch schmerzkrank im Sinne dieser Bestimmung Patienten, bei denen der Schmerz seine Leit- und Warnfunktion verloren und selbständigen Krankheitswert erlangt hat und bei denen das Schmerzleiden zu psycho-pathologischen Veränderungen geführt hat. Es muss sich um Patienten handeln, bei denen der Schmerz zum Mittelpunkt des Denkens und Verhaltens geworden ist und die dadurch ihrem sozialen Umfeld entfremdet sind, was zu einer Vertiefung des psycho-pathologischen Krankheitsbildes oder zum algogenen Psychosyndrom führen kann. Kennzeichnend für Schmerzpatienten im Sinne dieser Definition sind auch Behandlungsversuche über lange Zeit, die nicht erfolgreich waren. Chronisch schmerzkrank sind schließlich auch solche Patienten, bei denen im Rahmen eines inkurablen Grundleidens der Schmerz zum beherrschenden Symptom geworden ist (§ 1 Abs. 4 Schmerztherapie-Vereinbarung).
Der Kläger will diese Voraussetzungen durch Beschäftigungsnachweise und Zeugnisse der K-Klinik, Klinik für Rheumatologie vom 28.09.1999 (Dr. R. A.) und 30.06.1998 und 15.11.2002 (Dr. W. B. ), in der er vom 01.08.1994 bis zum 31.07.1999 als Oberarzt tätig war, sowie des Staatlichen Rheumakrankenhauses Y. vom 20.06.1994 (Prof. Dr. E.-M. L. l.), in der er zuvor seit 01.08.1990 als Stationsarzt beschäftigt war, nachweisen
Bei beiden Kliniken handelt es sich nicht um Einrichtungen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung. Insbesondere geht aus den Zeugnissen nicht hervor, dass es sich um Kliniken bzw. Abteilungen von Kliniken handelte, die auf die Behandlung von Schmerzpatienten spezialisiert waren und deshalb von Patienten anderer Abteilungen innerhalb der Klinik oder anderer Kliniken gezielt aufgesucht werden (vgl. LSG Bayern, Urt. v. 15.09.2004 – L 12 KA 138/03 – www.sozialgerichtsbarkeit.de). Gefordert ist damit eine Tätigkeit in einer spezialisierten Fortbildungsstätte, in der überwiegend solche chronisch schmerzkranken Patienten behandelt werden, für deren besondere Versorgung die Schmerztherapie-Vereinbarung gedacht ist (vgl. BSG, Urt. v. 08.09.2004 - B 6 KA 18/03 R – SozR 4-2500 § 82 Nr. 1 = GesR 2005, 86 = MedR 2005, 480 = Breith 2005, 93, zitiert nach juris Rdnr. 23).
Aus den Zeugnissen der K-Klinik geht hervor, dass es sich um eine Spezialklinik zur Behandlung aller Krankheiten des rheumatischen Formenkreises handelt, in der auch Patienten mit somatoformen Schmerzstörungen und Stoffwechselerkrankungen betreut werden. Bei dem Staatlichen Rheumakrankenhaus B. handelte es sich um ein Krankenhaus der Regelversorgung mit Patienten mit allen Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis sowie nach Gelenkoperationen und Endoprothesen.
Bei beiden Einrichtungen handelte es sich keinesfalls um eine schmerztherapeutische Einrichtung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung, denn die dort behandelten Patienten waren nur zu einem Teil Schmerzpatienten der in § 1 Schmerztherapie-Vereinbarung genannten Art. Vielmehr handelte es sich um Patienten mit Schmerzen, nicht aber überwiegend um Patienten, die an Schmerzkrankheit im Sinne der Schmerztherapie-Vereinbarung leiden. Entgegen der Auffassung der Beklagten geht die Kammer davon aus, dass eine förmliche Anerkennung als Fortbildungsstätte im Sinne der Schmerztherapie-Vereinbarung nicht vorliegen muss. Offensichtlich handelte es sich aber in beiden Kliniken nicht überwiegend um chronisch schmerzkranke Patienten im Sinne von § 1 Abs. 3 und 4 Schmerztherapie-Vereinbarung. Hinzu kommt, dass aus den Zeugnissen auch nicht eine 12-monatige Tätigkeit in den in § 2 im Einzelnen genannten fachgebietszugehörigen speziellen Untersuchungs- und Therapieverfahren nachgewiesen ist. Damit hat der Kläger die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Schmerztherapie-Vereinbarung nicht erfüllt.
Der Kläger kann sich auch nicht auf einen Vertrauensschutz berufen. Die Beklagte hat keinen Verwaltungsakt erlassen, der rechtsverbindlich eine zwölfmonatige Tätigkeit in einer entsprechenden Fortbildungsstätte anerkannt hätte. Soweit die Schmerztherapie-Kommission und mit ihr die Beklagte offensichtlich vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ausging, haben beide immer die fachliche Qualifikation zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung nicht anerkannt und bestritten. Eine Bindungswirkung kommt diesen Mitteilungen als Realakten nicht zu. Insofern handelt es sich allenfalls um fehlerhafte Auskünfte.
Die Zusatzbezeichnung "spezielle Schmerztherapie" berechtigt nicht zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung (vgl. (BSG, Urt. v. 08.09.2004 - B 6 KA 18/03 R – aaO., Rdnr. 23; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 20.06.2003 – L 11 KA 266/01 - www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Schließlich ist auch an der Gültigkeit der Schmerztherapie-Vereinbarung nicht zu zweifeln. Das Bundessozialgericht hat bereits entschieden, dass kompetenzrechtliche Bedenken gegen den Abschluss der Schmerztherapie-Vereinbarung durch die Partner der Bundesmantelverträge nicht bestehen (vgl. BSG, Urt. v. 08.09.2004 - B 6 KA 18/03 R – aaO.).
Wegen Fehlens eines Nachweises einer zwölfmonatigen Tätigkeit in einer entsprechend qualifizierten interdisziplinären Fortbildungsstätte brauchte die Kammer nicht der Frage nachzugehen, ob der Kläger die weiteren Voraussetzungen erfüllt hat, insbesondere 50 ausreichende Dokumentationen vorgelegt hat. Wegen des fehlenden Nachweises besteht auch kein Anspruch auf die Durchführung eines – weiteren Kolloquiums (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 Schmerztherapie-Vereinbarung). Dies setzt voraus, dass die Grundvoraussetzungen nach § 3 Schmerztherapie-Vereinbarung nachgewiesen sind. Von daher war auch der Hilfsantrag abzuweisen.
Nach allem war der angefochtene Bescheid rechtmäßig und die Klage daher insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
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