Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 10 U 143/13
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 58/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 2/17 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klägerin die erstinstanzlichen Verfahrenskosten trägt.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Feststellung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.
Die Klägerin ist Großmutter des am ... 2007 geborenen Beigeladenen. Am 13. August 2008 fiel dieser während der Betreuung durch die Klägerin in einen auf ihrem Grundstück befindlichen Pool (Wassertiefe 1,1 m). Hierbei erlitt der Beigeladene – nach den Feststellungen des Landgerichts (LG) Stendal (rechtskräftiges Urteil vom 4. Februar 2014 – 23 O 278/11) – u.a. eine hypoxische Hirnschädigung, in deren Folge sich eine generalisierte Epilepsie sowie eine spastische Tetraparese entwickelten.
Unter dem 10. Januar 2012 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und beantragte die Feststellung, dass es sich bei diesem Ereignis um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Um die Erwerbstätigkeit der Mutter ihrer Enkel zu gewährleisten, hätten sich der Beigeladene und seine am ... 2005 geborene Schwester L. regelmäßig ganztags und auch über Nacht unentgeltlich bei ihr befunden. Grund der ausgedehnten Betreuung vor dem Unfall sei eine Weiterbildungsmaßnahme der Kindesmutter gewesen, die diese zeitlich sehr beansprucht habe. Unmittelbar davor habe sie als Außendienstmitarbeiterin der Firma V. einen ausge-dehnten Einsatzbezirk bearbeiten müssen. Die Betreuung ihrer – der Klägerin – Enkelkinder habe zumindest den Umfang einer Tagesmutter erreicht. Zur Stützung ihres Antrags berief sich die Klägerin auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 5. Juli 1994 (2 RU 24/93 – SozR 3-2200 § 548 Nr. 20). Im Übrigen habe der Gesetzgeber durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz vom 8. September 2005 (KICK, BGBl. I, 2729) den bis dahin nicht ausdrücklich geregelten Versicherungsschutz für Kinder bei Einzelbetreu-ungspersonen klargestellt (vgl. BT-Drs. 15/3676, S. 44). Schließlich komme hinzu, dass sie mit der häufigen Kinderbetreuung auch unter Berücksichtigung der verwandtschaftlichen Beziehungen das Maß einer reinen Gefälligkeitsleistung überschritten habe und daher wie eine Beschäftigte im Sinne von § 2 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) tätig geworden sei. Die Klägerin fügte eine kalendarische Aufstellung bei, wonach sie ihre Enkelkinder im Zeitraum von Anfang Januar 2008 bis zum Unfall an insgesamt 99 Tagen betreut habe.
Mit der Klägerin am 5. September 2012 bekannt gegebenem Bescheid vom 30. August 2012 lehnte die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen die Anerkennung des Ereignisses vom 13. August 2008 als Arbeitsunfall ab. Der Beigeladene habe während der Betreuung durch die Klägerin nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallver-sicherung gestanden. Danach seien lediglich Kinder bei einer Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen versichert, deren Eignung durch die Jugendämter festgestellt worden sei. Geeignete Tagespflegepersonen seien nach § 23 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) Personen, die sich u.a. durch Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Tagespflegepersonen auszeichneten und über kindgerechte Räumlichkeiten verfügten. Sie sollten über vertiefte Kenntnisse der Kindertagespflege verfügen, die sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in anderer Weise nachgewiesen hätten. Vorliegend sei vom Jugendamt oder einer von ihm beauftragten Stelle keine Feststellung der Eignung der Klägerin erfolgt, so dass es sich bei ihr um keine anerkannte Tagespflegeperson gehandelt habe. Das eventuelle Vorliegen einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit (im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VII) begründe für den Beigeladenen keinen gesetzlichen Unfallversicherungsschutz.
Den hiergegen am 5. Oktober 2012 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2013, den sie per Post übermittelte, als unbegründet zurück.
Am 8. Juli 2013 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Magdeburg unter Wiederholung ihres Vorbringens Klage erhoben. Die Betreuung ihrer Enkel sei weit über den Umfang einer Tagesmutter hinausgegangen. Eine solche habe den Bedarf nicht abdecken können. Es sei nicht gerechtfertigt, ihre Betreuung anders zu bewerten als diejenige durch eine Tagesein-richtung oder Pflegeperson im Sinne von § 23 SGB VIII.
Die Beklagte hat an ihrer Auffassung festgehalten. Da eine Vielzahl von Eltern berufstätig sei, erscheine es nicht unüblich, dass Großeltern, Verwandte oder Bekannte eine Betreuung bzw. Aufsicht von Kindern übernähmen. Dies bedeute aber nicht, dass die Kinder währenddessen gesetzlich unfallversichert seien. Bei anderer Beurteilung werde der Rahmen des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes gesprengt.
Mit Beschluss vom 24. März 2014 hat das SG den Beigeladenen am Verfahren beteiligt.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. März 2014 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Ein Arbeitsunfall des Beigeladenen liege deshalb nicht vor, weil für eine Betreuung von Kindern durch Großeltern oder sonstige Verwandte und Bekannte kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz bestehe. Vielmehr gehörten nach § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII Kinder nur während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtung der Erlaubnis nach § 45 SGB VIII oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfe, sowie während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 SGB VIII zum geschützten Personenkreis. Geeignete Tagespflegepersonen bedürften gemäß § 43 SGB VIII einer Erlaubnis. Hierüber habe die Klägerin unstreitig nicht verfügt.
Gegen den ihr am 9. April 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 9. Mai 2014 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt. Ihre Eignung im Sinne von § 23 SGB VIII sei nicht zweifelhaft. Nur deshalb einen Unfallversicherungsschutz abzulehnen, weil sie zum Unfallzeitpunkt beim Jugendhilfeträger nicht als Tagespflegeperson registriert gewesen sei, sei gleichheitswidrig, zumal eine Registrierung bei unentgeltlicher Beaufsichtigung rechtlich nicht möglich sei. Der Betreuungsbedarf für den Beigeladenen habe an den genannten Tagen zum Teil schon ab 6:00 Uhr und häufig bis 22:00 Uhr bestanden. Zu beachten sei insoweit auch die vom Gesetzgeber in den letzten Jahren immer stärker betonte Intention, die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Kindererziehung zu fördern. Schließlich sei auf die Möglichkeit des Versicherungsschutzes eines nicht versicherten Unternehmers nach § 105 Abs. 2 SGB VII hinzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 24. März 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2013 aufzuheben und den Unfall des Beigeladenen vom 13. August 2008 als Arbeitsunfall festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Vorliegend sei zur Klägerin vom örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe keine Feststellung im Sinne von § 23 Abs. 3 SGB VIII getroffen worden, womit der Beigeladene nicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 a) SGB VII versichert gewesen sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des BSG vom 5. Juli 1994 (s.o.), in dem über einen Versicherungsschutz der Tagespflegeperson selbst entschieden worden sei.
Der Beigeladene beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Aus seiner Sicht sei die Klägerin keine Tagespflegeperson im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII. Er habe sich auch nicht an allen von der Klägerin behaupteten Tagen, insbesondere nicht an den Wochenenden, in ihrer Obhut befunden. Bei den angekreuzten Tagen sei auch seine Schwester betreut worden, die sich sehr viel häufiger bei der Klägerin befunden habe.
Der Senat hat vom LG Stendal die Akten des zivilgerichtlichen Verfahrens beigezogen. In diesem hob das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg das landgerichtliche Grundurteil vom 24. Januar 2012 (u.a. Feststellung einer dem Grunde nach bestehenden Verpflichtung der Klägerin, dem Beigeladenen ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen) mit Urteil vom 30. August 2012 auf (1 U 47/12 OLG Naumburg), verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück und führte in den Gründen u. a. aus: Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 108 SGB VII komme nicht in Betracht. Vielmehr sei die von der Klägerin begehrte Feststellung eines Arbeitsunfalls des Beigeladenen offensichtlich unbe-gründet; sie diene lediglich der Verzögerung des Haftpflichtprozesses und sei daher rechts-missbräuchlich. Es bestehe keine Gefahr divergierender Entscheidungen im zivil- und sozialrechtlichen Verfahren. Ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII entfalle, da die Klägerin den Beigeladenen nicht als geeignete Tagespflegeperson im Sinne von § 23 SGB VIII beaufsichtigt habe. Aus § 2 Abs. 2 SGB VII folge für den Beigeladenen kein Versicherungsschutz. Eine Haftungsbeschränkung nach den §§ 104 SGB VII sei schließlich nicht ansatzweise ersichtlich, wobei der Beigeladene insbesondere nicht als Unternehmer im Sinne von § 105 Abs. 2 Satz 1 SGB VII anzusehen sei. Im Übrigen stünden Verwandten gewährte Gefälligkeiten, die durch die familiäre Beziehung geprägt seien, nach der Rechtsprechung des BSG nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, Urteil vom 20. April 1993 – 2 RU 38/92 – NJW 1994, 676; Urteil vom 5. Juli 1994, s.o.). Unter dem 4. Februar 2014 verurteilte das LG Stendal die Klägerin zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 400.000,00 EUR und stellte ihre Verpflichtung fest, dem Beigeladenen jeden weiteren aus dem Vorfall vom 13. August 2008 entstehenden Schaden zu ersetzen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin blieb erfolglos (OLG Naumburg, Beschluss vom 17. September 2014 – 1 U 38/14 OLG Naumburg). Mit Beschluss vom 15. September 2015 wies der Bundesgerichtshof die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zurück (VI ZR 419/14).
Auf die Anfragen des Senats, ob eine Geeignetheit von Tagespflegepersonen auch geprüft wird, wenn diese von den Erziehungsberechtigten gestellt werden, wie bei einer Betreuung durch unentgeltlich tätige Tagespflegepersonen (insbesondere Großeltern) verfahren wird und inwieweit von Erziehungsberechtigten gestellte Tagespflegepersonen erfasst werden, hat das Jugendamt des Landkreises S. mitgeteilt: Für den Fall, dass Erziehungsberechtigte selbst die Betreuung ihrer Kinder mit den Großeltern regelten, bestehe kein Feststellungserfordernis der Geeignetheit als Pflegeperson. Ließen Eltern ihre Kinder im eigenen Haushalt (unentgeltlich) betreuen, bedürften etwaige Betreuungspersonen keiner Erlaubnis. Sie würden nicht vom Jugendamt erfasst und von ihm auch nicht vermittelt. Das Jugendamt habe dann keine rechtliche Grundlage, überhaupt tätig zu werden. Vor diesem Hintergrund bestehe keine Veranlassung, Kriterien für die Feststellung der Geeignetheit von Pflegepersonen festzulegen, die unentgeltlich tätig würden. Eine Pflegeerlaubnis sei nur für Personen erforderlich, die ein bis fünf Kinder außerhalb des Haushalts des Erziehungsberechtigten während eines Teils des Tages oder mehr als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt länger als drei Monate betreuten oder betreuen wollten. Nur diese Personen würden registriert und nur an sie würden Kinder zur Betreuung vermittelt. Bei einer solchen Vermittlung würden zwischen dem örtlichen Jugendhilfeträger, der jeweiligen Gemeinde, den Eltern und der Tagespflegeperson Vereinbarungen zur Betreuung und Finanzierung getroffen (Schreiben vom 7. Januar 2015).
Auf entsprechende gerichtliche Anfrage hat die seinerzeitige Kindertagesstätte (Kita) des Beigeladenen mitgeteilt, sie könne keine Auskunft mehr dazu geben, an welchen Tagen dieser zwischen Januar 2008 und Anfang August 2008 die Einrichtung besuchte und wer ihn jeweils brachte bzw. abholte.
Schließlich hat der Berichterstatter die Mutter des Beigeladenen, die Zeugen O., L. und C. S. sowie die Klägerin im Erörterungstermin am 21. Juni 2016 befragt. Wegen deren Angaben im Einzelnen wird auf Bl. 177 ff. der Gerichtsakten Bezug genommen. Die Klägerin hat erklärt: Sie habe den Beigeladenen betreut, weil es sich um ihren Enkel gehandelt habe. Neben der beruflichen Belastung der Mutter habe sie die Enkel auch zu sich geholt, weil die Beziehung zwischen den Eltern damals bereits krisenhaft gewesen sei. Der Kindesvater sei beruflich oft außerhalb tätig gewesen und habe seine Kinder deshalb nicht betreuen können. Die Betreuung habe sich so gestaltet, dass die Kinder etwa zweimal monatlich bei ihr übernachtet hätten. Auch über das Wochenende seien sie allerdings häufiger bei ihr gewesen, ebenso über mehrere Tage hinweg. Aufgrund spontaner Entscheidungen ihrer Mutter bzw. auf Wunsch der Kinder habe sie diese ebenfalls über Nacht bei sich behalten. Bei fremden Kindern habe sie sich eine derartige Betreuung nicht vorstellen können.
Zum Zeitpunkt des Unfalls habe sie eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezogen. Von Beruf sei sie Melkerin gewesen. Einen anerkannten Erste-Hilfe-Kurs für Säuglinge und Kleinkinder habe sie nicht belegt. Ihre Enkel seien zumeist zusammen bei ihr gewesen; eher selten habe sie nur L. allein betreut. Daran, dass sich der Beigeladene allein bei ihr befunden habe, könne sie sich heute nicht mehr erinnern. Dagegen sei es durchaus vorgekommen, dass nur der Beigeladene in der Kita geblieben sei und sie seine Schwester wieder mit sich genommen habe. Die Einträge im vorgelegten Kalenderauszug habe sie nach dem Unfall noch im Jahr 2008 vorgenommen, um einen Überblick zu haben, wie oft sich die Enkel bei ihr befunden hätten. Über den Besuch der Kita hätten keine besonderen Absprachen existiert. Auch am 12. August 2008 habe keine Verabredung bestanden, die Kinder am nächsten Morgen zur Kita zu bringen. Dem Beigeladenen hätten bei ihr auch jederzeit die Sachen gewechselt werden können.
Die Mutter des Beigeladenen hat angegeben, dass sie Mitte Januar 2008 als Mitarbeiterin der Firma V. angefangen habe, wobei die Probezeit sich auf ein halbes Jahr belaufen habe. In den ersten drei Monaten habe sie den Ablauf kennengelernt und danach einen eigenen Bereich übernehmen sollen. Zunächst sei sie im Bereich rund um O. tätig gewesen und anschließend in den G.er Bereich gewechselt. Die Arbeitszeiten seien flexibel gewesen. Gewöhnlich hätten sie sich im Büro getroffen und dann die Kunden aufgesucht. Die meisten Kundentermine hätten nachmittags stattgefunden. In Abhängigkeit von deren zeitlicher Lage habe die Arbeitszeit etwa um 16:00 Uhr geendet. Sie habe sich dann regelmäßig bemüht, ihren Sohn bis 17:00 Uhr von der Kita abzuholen. Etwa Ende Juni 2008 habe sie sich dann vom Unternehmen V. zurückgezogen. Ab dem 1. Juli 2008 sei sie arbeitslos gewesen und habe ab etwa Mitte Juli 2008 über das Arbeitsamt einen Computerkurs absolviert. Dieser habe anfangs zweimal wöchentlich und ab August fünf Tage in der Woche von etwa 8:00 bis 15:00 Uhr stattgefunden. Der Vater ihrer Kinder habe sich im Jahr 2008 noch in seiner Ausbildung befunden, die er nach der Geburt ihrer Tochter begonnen habe. Etwa im Juni 2008 hätten sie sich trennen wollen; sie selbst habe sich damals auch schon um eine neue Wohnung gekümmert.
Die Klägerin habe sich als Betreuungsperson angeboten. Seinerzeit hätten sie in einem Plattenbau gewohnt und seien hierüber erfreut gewesen. Auf die Möglichkeit von Übernach-tungen der Kinder habe sie sich aber nicht immer eingelassen. Insbesondere ihre Tochter sei früher häufig erkrankt, habe sich bei der Klägerin wohl gefühlt und auch den Wunsch geäußert, zu dieser zu können. Sie sei wesentlich öfter von der Klägerin betreut worden als der Beigeladene. Das habe auch daran gelegen, dass ihr Sohn sehr aktiv und für eine Betreuung wesentlich anstrengender als seine Schwester gewesen sei. Hinzu sei gekommen, dass seinerzeit noch die Mutter der Klägerin bei dieser gewohnt habe, die ebenfalls als Betreuerin zur Verfügung gestanden habe. Aus ihrer Sicht sei es bei der Betreuung ihres Sohnes im Wesentlichen darum gegangen, ein bis zwei Stunden zu überbrücken, während der eine Kitabetreuung nicht möglich gewesen sei. Die übliche Kita-Öffnungszeit habe zwischen 7:00 bis 17:00 Uhr gelegen. Obgleich mit der Klägerin abgesprochen gewesen sei, dass auch L. von ihr in die Kita gebracht werden sollte, sei es oft so gewesen, dass sie beim Abholen nach der Arbeit nur ihren Sohn in der Kita vorgefunden habe. Eine häufige Betreuung über die Wochenenden sei für sie nicht nachvollziehbar, da Wochenendlehrgänge bei der Firma V. maximal zwei- oder dreimal stattgefunden hätten und sie ihre Kinder daher selbst habe betreuen können.
Am 12. August 2008 sei ihr Sohn bei der Klägerin in ein aufblasbares Kinderplanschbecken gefallen. Sie habe ihn dann umgezogen, um ihn zusammen mit seiner Schwester nach Hause zu nehmen. Ihr sei jedoch bedeutet worden, die Kinder bei der Klägerin übernachten zu lassen, um zusammen mit dem Kindesvater Probleme besprechen zu können. Die Klägerin habe ihr zugesichert, die Kinder am 13. August 2008 in die Kita zu bringen. Sie habe die Betreuung dann jedoch eigenmächtig verlängert.
Der Zeuge O. S. (Sohn der Klägerin und Vater des Beigeladenen sowie von dessen Schwester) hat bekundet: Seine Familie habe damals in einem Plattenbau gewohnt und sich oft bei der Klägerin aufgehalten. Diese habe seine Kinder auch oft abends von der Kita abgeholt, da beide Elternteile hierzu berufsbedingt nicht in der Lage gewesen seien. Seine Tochter habe sich häufiger bei der Klägerin befunden als der Beigeladene. Die Klägerin habe auch den Wunsch geäußert, lieber nur ein Kind zu betreuen, was von ihnen als Eltern jedoch regelmäßig übergangen worden sei. An den Wochenenden habe sich die Familie eigentlich immer bei der Klägerin aufgehalten. Dann hätten in der Regel nur die Kinder bei der Klägerin geschlafen. Sie selbst hätten die Nächte von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag bei sich zu Hause verbracht. Er habe sich in der Wohnung bis etwa 0:00 oder 1:00 Uhr mit Freunden getroffen und sei mit diesen dann zu Partys gegangen. Die Klägerin habe die Kinder etwa an zehn Tagen monatlich betreut. Seine Familie habe sich aber auch sonst im Monat ständig bei dieser befunden. Beide Elternteile seien aus seiner Sicht damals nicht zur Kindererziehung imstande gewesen, zumal er selbst bis Ende August 2008 drogenabhängig gewesen sei. Am Tag vor dem Unfall hätten die Kinder nach seiner Erinnerung mit nach Hause gesollt, seien dann aber bei der Klägerin geblieben, weil es Streit zwischen ihm und der Kindesmutter gegeben habe. Wenn die Kinder bei der Klägerin gewesen seien, hätten sie auch nicht zur Kita gebraucht. Es sei so gewesen, dass die Kinder von ihrer Mutter in die Kita gebracht worden seien und er sie regelmäßig abgeholt habe. Wenn er es mit dem Abholen nicht geschafft habe, habe er die Klägerin angerufen, damit sie zur Kita fahre und ihre Enkel mit zu sich nach Hause nehme. Dass zur Zeit des Unfalls ein Kinderplanschbecken auf dem Grundstück der Klägerin aufgebaut gewesen sei, wisse er nicht mehr.
Der Zeuge L. S. (Ehemann der Klägerin und Großvater des Beigeladenen) hat angegeben, dass er von montags bis freitags in M. arbeite (11:00 bis 1:00, 2:00 bzw. 3:00 Uhr) und dort über ein betriebliches Zimmer verfüge. Der Beigeladene und seine Schwester hätten sich häufig (zwei- bis dreimal wöchentlich) bei ihnen befunden; an den Wochenenden sowieso. Sie hätten dann im Kinderzimmer geschlafen; ihre Eltern seien wieder zu sich nach Hause gefahren. Die Klägerin habe die Enkel auch oft von der Kita abgeholt. Vor dem Unfall am 13. August 2008 hätten sich beide Kinder seit Freitag, also fünf Tage hintereinander bei der Klägerin befunden. Nach seiner Erinnerung sei auf dem Grundstück regelmäßig auch ein Kinderplanschbecken vorhanden gewesen.
Der Zeuge C. S. (Sohn der Klägerin und Onkel des Beigeladenen) hat erklärt, er habe seinerzeit noch als Schüler die Fachoberschule besucht und sich daher täglich zu Hause aufgehalten. Beide Kinder hätten sich mit großer Regelmäßigkeit (wöchentlich auch mehrtägig) bei der Klägerin befunden. Sie seien entweder von der Klägerin oder ihren Eltern zur Kita gebracht und von dort abgeholt worden. Es sei auch vorgekommen, dass die Eltern ihre Kinder zur Klägerin gebracht hätten und am Abend entschieden worden sei, dass sie dort übernachten. An den Wochenenden seien die Kinder mit ihren Eltern zusammen ebenfalls oft bei der Klägerin gewesen. Bei Bedarf habe er sie auch selbst von der Kita abgeholt. Er gehe davon aus, dass sich die Kinder in der Woche regelmäßig in der Kita befanden. Es sei allerdings auch vorgekommen, dass sie über Tage bei der Klägerin gewesen seien, ohne die Kita zu besuchen. Ob sich auf dem Grundstück der Klägerin im Jahre 2008 ein Kinder-planschbecken befunden habe, wisse er nicht mehr.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Beratung und Entscheidungs-findung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten dem zugestimmt haben.
Die nach § 143 SGG statthafte, form- sowie fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Zunächst ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) zulässig. Insbesondere ist die Klägerin gegenüber der Beklagten hinsichtlich der Feststellung eines Arbeitsunfalls des Beigeladenen klagebefugt. Ein hierfür erforderliches berechtigtes Interesse umfasst jedes schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, das sich auch auf das Rechtsverhältnis eines Dritten zum Beklagten beziehen kann, wenn der Rechtsbereich des Klägers vom Bestehen oder Nichtbestehen des geltend gemachten Rechtsverhältnisses berührt wird. Insoweit genügt es, wenn die vom Kläger behauptete eigene Betroffenheit möglich ist. Das ist nur zu dann verneinen, wenn ihm die geltend gemachte Position unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen kann (siehe statt aller nur BSG, Urteil vom 27. Oktober 2009 – B 1 KR 4/09 R – BSGE 105, 1; Urteil vom 7. Dezember 2006 – B 3 KR 5/06 R – BSGE 98, 12; Urteil vom 22. Juni 1983 – 12 RK 35/82 – SozR 1500 § 55 Nr. 22).
Hier beruft sich die Klägerin insbesondere auf ein Eingreifen von § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII zugunsten des Beigeladenen. Einer Tagespflegeperson im Sinne dieser Norm stünde – etwa als (versicherter) Unternehmerin oder Beschäftigter gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII – bei zivilgerichtlicher Inanspruchnahme seitens eines von ihr betreuten Kindes das Haftungsprivileg des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII bzw. des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII zur Verfügung, so dass sie gemäß § 109 Satz 1 SGB VII feststellungsberechtigt ist. Nach dieser Vorschrift sind die – möglicherweise – haftungsprivilegierten Personen (hier die Klägerin) befugt, an Stelle des Berechtigten (hier des Beigeladenen) dessen – möglicherweise bestehenden – Rechte im eigenen Namen in Bezug auf die in § 108 SGB VII bezeichneten Regelungsgegenstände geltend zu machen, ohne dass dieser Position ein eigener materiell-rechtlicher Anspruch entspricht (BSG, Urteil vom 27. März 2012 – B 2 U 5/11 R – juris, Rn. 22; Urteil vom 29. November 2011 – B 2 U 27/10 R – SozR 4-2700 § 109 Nr. 1). Bei der Klägerin sind die Voraussetzungen des § 109 Satz 1 SGB VII erfüllt. Sie betreibt das Verfahren statt des Berechtigten. Denn der Beigeladene hat schon dem Bescheid der Beklagten vom 30. August 2012 nicht widersprochen und sich zudem ausdrücklich gegen die Klage und Berufung gewandt. Sie ist von diesem auch zivilrechtlich auf Schadensersatz in Anspruch genommen worden. Dass der Klägerin die von ihr geltend gemachte Position unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen kann, ist (entgegen der Ansicht des OLG Naumburg) jedenfalls nicht von vornherein offensichtlich.
Die danach zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 30. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2013 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Bei dem Ereignis vom 13. August 2008 handelt es sich nicht um einen Arbeitsunfall des Beigeladenen.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls seiner versicherten Haupttätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher bzw. innerer Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat, und dieses Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (siehe z.B. BSG, Urteil vom 4. September 2007 – B 2 U 24/06 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 24, m.w.N.; Urteil vom 5. September 2006 – B 2 U 24/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 18).
Danach sind die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls hier nicht erfüllt.
Zwar handelte es sich bei dem Ereignis vom 13. August 2008 um einen Unfall des Beigela-denen im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, der bei ihm auch zu Gesundheitsschäden u.a. in Form einer hypoxischen Hirnschädigung geführt hat. Ein Arbeitsunfall liegt jedoch deshalb nicht vor, weil der Beigeladene zum Zeitpunkt des Unfalls nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand (nachfolgend unter 1.). Auch ein so genannter Quasi-Versicherungsfall aufgrund eines Sondertatbestands der §§ 104 ff. SGB VII liegt nicht vor (hierzu unter 2.). Eine versicherte unfallbringende Verrichtung des Beigeladenen gemäß § 2 Abs. 2 SGB VII scheidet aus; ein entsprechender Versi-cherungsschutz als "Wie-Beschäftigte" käme allenfalls für die Klägerin in Betracht (siehe unter 2. b); vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 – B 2 U 21/99 R – SozR 3-2200 § 548 Nr. 37; Urteil vom 5. Juli 1994 – 2 RU 24/93 – a.a.O.).
1. Der Beigeladene war am 13. August 2008 nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII versichert.
Hiernach sind Kinder u.a. während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 SGB VIII gesetzlich unfallversichert. Geeignet sind gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII Personen, die sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbe-reitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Tagespflegepersonen auszeichnen und über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen.
Es kann dahinstehen, ob ein Versicherungsschutz des Beigeladenen nach § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII bereits daran scheitert, dass die Klägerin über keine Erlaubnis im Sinne von § 43 Abs. 1 SGB VIII verfügte und Entgeltlichkeit der Betreuung als konstitutiv für den Begriff der Tagespflegeperson angesehen würde.
Entsprechend lässt der Senat ausdrücklich offen, ob einer Subsumtion der Klägerin unter das Merkmal "Tagespflegeperson" der Umstand entgegen steht, dass sie den Beigeladenen auch über Nacht sowie – jedenfalls unmittelbar vor dem Ereignis vom 13. August 2008 – über mehrere Tage hinweg betreute und damit von den in § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII aufgeführten typischen Betreuungsformen abwich.
Andererseits steht der Anwendung des § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII nicht von vornherein entgegen, dass seitens des Jugendamts oder einer von diesen beauftragten Stelle keine Feststellung der Eignung der Klägerin erfolgte. Entsprechendes ist bei von Erziehungsbe-rechtigten für die Betreuung ihrer Kinder selbst gestellten Tagespflegepersonen nämlich nicht erforderlich. Dies ergibt sich aus § 23 Abs. 1 SGB VIII, wonach die Förderung der Kindertagespflege eine Vermittlung des Kindes zu einer geeigneten Tagespflegeperson – einschließlich der Prüfung der Geeignetheit nebst Erteilung einer etwaigen Erlaubnis – nur dann umfasst, "soweit diese [die Tagespflegeperson] nicht von der erziehungsberechtigten Person nachgewiesen wird". Dies leuchtet auch unmittelbar ein. Denn wenn der Erziehungs-berechtigte selbst eine Person auswählt, der er die Obhut seines Kindes anvertraut, ist deren Geeignetheit zu unterstellen; für das Jugendamt ist dann nichts mehr zu prüfen. Es ist gerade Ausdruck der Autonomie elterlicher Sorge, wie sie für das Wohl ihrer Kinder sorgen. Eine selbst organisierte Pflege lässt § 25 SGB VIII daher ausdrücklich unberührt.
Ein Versicherungsschutz des Beigeladenen nach § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII ist aber jedenfalls deshalb ausgeschlossen, weil der Tatbestand der Vorschrift nicht jedwede Kindesbetreuung durch Verwandte, Freunde, Bekannte oder Nachbarn erfasst. Dies ergibt sich aus einer teleologischen Auslegung.
So knüpft § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII, der von der in § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII enthaltenen Verweisung ebenfalls erfasst wird, an eine Erforderlichkeit – in qualifizierten Lehrgängen oder anderer Weise nachgewiesener – vertiefter Kenntnisse der Tagespflegeperson über die Anforderungen der Kindertagespflege an. Wenngleich dies als Sollvorschrift ausgestaltet ist und die Qualifizierungskriterien des § 23 Abs. 3 SGB VIII nach der Gesetzesbegründung nur für nicht von Erziehungsberechtigten selbst gestellte Tagespflegepersonen gelten (vgl. BT-Drs. 15/3676, S. 33), ist § 23 SGB VIII doch erkennbar auf vom Jugendamt vermittelte Tagespflegepersonen zugeschnitten und erscheint der gesetzgeberische Wille unzweideutig. Denn zur Begründung der durch das KICK mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2005 in § 2 Abs. 1 Nr. 8 a) SGB VII aufgenommenen zweiten Variante hat der Gesetzgeber ausgeführt:
"Durch die Änderung werden Kinder in Tagespflegestellen in den Kreis der versicherten Personen der gesetzlichen Unfallversicherung einbezogen, die vom örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe vermittelt wurden. Sie werden damit den bereits nach geltendem Recht versicherten Kindern in Tageseinrichtungen gleichgestellt. Durch die Bezugnahme auf § 23 SGB VIII wird sichergestellt, dass nur die Kinder zum versicherten Personenkreis gehören, deren Tagespflegepersonen beim Träger der Jugendhilfe oder durch diesen beauftragten Stellen registriert sind und sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz, die ihnen zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten sowie ihre Kooperationsbereitschaft mit Eltern und anderen Tagespflegepersonen als geeignet erweisen. Bislang sind nur Kinder in Tageseinrichtungen gesetzlich unfallversichert. Durch die Änderung werden Kinder in Tagespflegestellen, die vom örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe vermittelt wurden, in den Kreis der versicherten Personen in der gesetzlichen Unfallversicherung aufgenommen und damit den Kindern in Tageseinrichtungen gleichgestellt." (BT-Drs. 15/3676, S. 44).
Nach diesem ausdrücklichem gesetzgeberischen Willen, der im Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII mit der Anknüpfung an § 23 SGB VIII auch noch hinreichend Niederschlag findet, sollen Kinder nur dann in die gesetzliche Unfallversicherung einbezogen sein, wenn deren Tagespflegepersonen beim Jugendamt registriert sind und von diesem vermittelt wurden. Dies hat unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen bezogen auf von Erziehungsberechtigten in Eigenregie herangezogene Betreuungspersonen zur Folge, dass ein Unfallversicherungsschutz deren Anmeldung (Registrierung) beim Jugendamt voraussetzt, welches die betreffende Person dann – dem Wunsch der Erziehungsberechtigten entspre-chend – "vermittelt", ohne hierbei nochmals eine Geeignetheit prüfen zu müssen.
Gestützt wird dieses Verständnis durch systematische Erwägungen. Die Betreuung von nach § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII versicherten Kinder, für die gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII die Unfallkassen der Länder zuständig sind, wird nach § 136 Abs. 3 Nr. 3 SGB VII einem Sachkostenträger zugerechnet. Die von den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe nach § 23 Abs. 1 SGB VIII gewährte Geldleistung schließt als erstattungsfähige Kosten auch Aufwen-dungen zur gesetzlichen Unfallversicherung ein (§ 23 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII). Zwar werden für die nach § 128 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII Versicherten keine Beiträge erhoben, sondern die entsprechenden Aufwendungen auf das Land bzw. die Kommunen umgelegt (§ 185 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB VII). Eine Erstattung von Aufwendungen setzt – auch in Bezug auf als (Wie-)Beschäftigte der Eltern bzw. selbständig tätige Tagespflegepersonen – ebenso wie die Berechnung umlagefähiger Aufwendungen jedoch zumindest eine (durch Anmeldung nötige) Kenntniserlangung des zuständigen Jugendamtes darüber voraus, dass überhaupt eine Kindertagespflege erfolgt.
Auch die in den §§ 104 ff. SGB VII als Äquivalent der Beitragspflicht normierte Haftungsablö-sung bedingt, dass der als Anknüpfungspunkt zugrunde liegende Lebenssachverhalt – also das Stattfinden einer Kindertagespflege – durch Information der in Betracht kommenden Leistungsträger im Rechtsverkehr (nach außen) in Erscheinung tritt.
An einer Anmeldung/Registrierung der Klägerin beim Jugendamt fehlt es hier. Aus § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII auch ohne entsprechendes einen Versicherungsschutz abzuleiten, wider-spricht dem erklärten Willen des Gesetzgebers sowie der aufgezeigten Systematik und hätte für alle Kinder, die durch ihre Erziehungsberechtigten gestellte und unentgeltlich tätige Tagespflegepersonen betreut werden, einen Unfallversicherungsschutz zur Folge. Hätte der Gesetzgeber derartiges vorgehabt, wäre zu erwarten gewesen, dass er den Verweis auf § 23 SGB VIII unterlassen hätte. Ein allgemeiner Kinderunfallversicherungsschutz bei "Angehöri-gen-Tagespflege" war offensichtlich ebenso wenig intendiert wie ein solcher bei Betreuung durch die Erziehungsberechtigten selbst.
2. Der Beigeladene ist auch nicht gemäß § 105 Abs. 2 Satz 2 SGB VII als Versicherter zu behandeln (vgl. näher hierzu BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 – B 2 U 17/06 R – SozR 4-2700 § 105 Nr. 2). Dabei kann offen bleiben, ob der Anwendung dieser Norm angesichts § 2 Abs. 1 Nr. 8 a) SGB VII im vorliegenden Zusammenhang bereits grundsätzliche Bedenken entgegenstehen. Denn selbst wenn dies nicht der Fall wäre, sind die Voraussetzungen eines Versicherungsschutzes wegen Haftungsbeschränkung jedenfalls hier nicht erfüllt. Die Klägerin hat die Betreuung des Beigeladenen nämlich weder als Beschäftigte (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) noch "Wie-Beschäftigte" (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) – und damit versichert im Sinne von § 105 SGB VII – verrichtet.
a) Die Klägerin war nicht als Beschäftigte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII tätig.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – in seiner bis heute unverändert für alle Bereiche der Sozialversicherung geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsver-hältnis. Abhängige Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. hierzu nur BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 – B 2 U 21/99 R – a.a.O.).
Hier fehlen Anhaltspunkte für ein Beschäftigungsverhältnis der Klägerin, in welchem sie einem umfassenden Weisungs- und Direktionsrecht unterlegen hätte. Entscheidend dagegen spricht, dass die Klägerin für ihre umfangreiche Betreuungstätigkeit keinen Gegenwert als Entgelt erhielt und es allein ihrer Entscheidung überlassen war, ob überhaupt und falls ja, wann sie tätig werden wollte.
b) Ebenso liegt in Bezug auf die Klägerin keine versicherte "Wie-Beschäftigung" gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII vor.
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ist jede Verrichtung versichert, die der Ausübung einer Beschäftigung vergleichbar ist. Hiervon erfasst sind Tätigkeiten, die ihrer Art nach zwar nicht sämtliche Merkmale der Ausübung einer Beschäftigung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer solchen ähneln. Das kann insbesondere dann zu verneinen sein, wenn die betreffende Tätigkeit im Rahmen einer Sonderbeziehung erfolgt. Eine solche liegt etwa bei Verwandtschaft oder bei einer Gefälligkeit für Bekannte bzw. Freunde oder Nachbarn vor. Denn je enger eine familiäre Gemeinschaft ist, umso größer wird regelmäßig der Rahmen sein, innerhalb dessen bestimmte Tätigkeiten gerade hierdurch ihr Gepräge erhalten. Liegt die betreffende Verrichtung außerhalb dessen, was für enge Verwandte, Freunde oder Bekannte oder nicht wegen der Sonderbeziehung getan wird, kann eine "Wie-Beschäftigung" bestehen (BSG, Urteil vom 27. März 2012 – B 2 U 5/11 R – a.a.O.; Urteil vom 15. Juni 2010 – B 2 U 12/09 R – SozR 4-2700 § 2 Nr. 15).
Danach war die Betreuung seitens der Klägerin im Wesentlichen durch die familiäre Bindung zum Beigeladenen geprägt und daher nicht mehr arbeitnehmerähnlich.
Die Klägerin hat zwar einerseits eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert, die dem Unternehmen des Beigeladenen – seiner Betreuung – diente und dessen Willen entsprach, mit (zumindest auch) fremdnütziger Handlungstendenz in erheblichem zeitlichen Umfang verrichtet. Der Zeitdauer ist aber "nur" die ihr zukommende, nicht jedoch eine allein maßgeb-liche Bedeutung beizumessen (siehe nur BSG, Urteil vom 17. März 1992 – 2 RU 6/91 – SozR 3-2200 § 539 Nr. 15). Denn die Großeltern-Eltern-Kind-Beziehung kann auch Tätigkeiten von erheblichem Umfang und großer Zeitdauer ihr Gepräge geben, so dass keine versicherte Tätigkeit vorliegt. Eine generelle Festlegung dessen, was als rechtlich wesentlich von familiärer Bindung geprägt anzusehen ist, ist nicht möglich. Entscheidend sind vielmehr die Gesamtumstände des konkreten Einzelfalls bei lebensnaher Betrachtung, wobei insbesondere die Stärke der tatsächlichen verwandtschaftlichen Beziehungen zu beachten ist (vgl. BSG, Urteil vom 20. April 1993 – 2 RU 38/92 – SozR 3-2200 § 539 Nr. 25; Urteil vom 25. Oktober 1989 – 2 RU 4/89 – SozR 2200 § 539 Nr. 134; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, Stand Oktober 2015, § 2 Rn. 34.19; Bieresborn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 2 Rn. 413).
Gerade die tatsächlichen Beziehungen zwischen der Klägerin und ihren Enkeln sprechen für eine enge Familiengemeinschaft, die den Rahmen normalerweise zu erwartender Hilfeleis-tungen weit spannt. Auch wenn die Klägerin die Betreuung ihrer Enkel im geleisteten Umfang weder als Beistand und Unterstützung noch Dienstleistung schuldete (vgl. §§ 1618a, 1619 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB), hat sie doch von Anfang an erklärt, ihre Hilfe zwecks Unterstützung und Ermöglichung der Erwerbstätigkeit der Mutter des Beigeladenen erbracht zu haben. Am 21. Juni 2016 hat sie ausdrücklich bestätigt, dass sie den Beigeladenen (und seine Schwester) betreute, weil es sich um ihre Enkel handelte; bei fremden Kindern hat sie sich eine derartige Betreuung nicht vorstellen können. Hinzu tritt, dass die Klägerin ihre Unterstützung auch zwecks Bewältigung der zwischen den Eltern ihrer Enkel bestehenden Beziehungskrise leistete. Dass eine solche im Sommer 2008 tatsächlich vorhanden war, haben sowohl die Mutter des Beigeladenen als auch dessen Vater bestätigt. Auch dies belegt eine besonders enge familiäre Beziehung.
Untermauert wird die enge familiäre Bindung auch dadurch, dass sich der Beigeladene und dessen Schwester nicht nur häufig außerhalb der Öffnungszeiten der Kita bei der Klägerin befanden. Denn wenngleich die Mutter des Beigeladenen bestritten hat, dass sich auch dieser an allen von der Klägerin in der Kalenderübersicht vermerkten Tagen bei seiner Großmutter befand, steht doch sowohl aufgrund ihrer eigenen Angaben als auch der übereinstimmenden Bekundungen aller Zeugen ein intensiver Kontakt zwischen beiden Familien fest. So hat nämlich auch die Mutter des Beigeladenen eingeräumt, dass dieser, ebenso wie seine Schwester, nicht selten bei der Klägerin übernachtete und überdies deren Mutter zusätzlich zur Beaufsichtigung zur Verfügung stand. Die Zeugen S. haben darüber hinaus einhellig erklärt, dass sich die gesamte Familie des Beigeladenen häufig an Wochenenden bei der Klägerin aufhielt und diese ihre Enkel nicht selten mehrere Tage hintereinander – einschließlich über Nacht – betreute. Dem hat auch die Mutter des Beigeladenen nicht widersprochen, sondern vielmehr ausdrücklich ihre Freude über die Bereitschaft der Klägerin bestätigt.
Maßgeblich kommt nach § 4 Abs. 4 SGB VII hinzu, dass bereits derjenige von § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII ausgenommen ist, der in einem (fremden) Haushalt als Verwandter oder Verschwägerter unentgeltlich tätig wird, es sei denn, er verrichtet seine Tätigkeit in einem der – hier nicht einschlägigen – in § 124 Nr. 1 SGB VII genannten Haushalte (näher hierzu BSG, Urteil vom 27. März 2012 – B 2 U 5/11 R – a.a.O.). Hier erfolgte die Betreuung – abgesehen vom Hinbringen bzw. Abholen zur bzw. von der Kita – sogar im eigenen Haushalt der Klägerin (vgl. § 1356 Abs. 1 BGB), dessen Führung ihrer freien Gestaltung oblag. Es fehlt ein Anhalt dafür, dass sie bezüglich Verpflegung, Essens- und Ruhezeiten, Freizeitgestaltung sowie Erziehung Anweisungen der Eltern ihrer Enkel unterlag. Vielmehr hat der Vater des Beigeladenen eindrücklich dargelegt, dass und warum er sich seinerzeit mit der Erziehung seiner Kinder überfordert fühlte. Selbst hinsichtlich des Abholens/Hinbringens zur Kita war die Klägerin keinen Vorgaben unterworfen. Denn der anderslautende Vortrag der Mutter des Beigeladenen, dem dessen Vater und die anderen Zeugen ausdrücklich widersprochen haben, bezieht sich allenfalls auf den 13. August 2008, nicht aber die Gesamtgestaltung an sich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung – was die Auslegung des § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII anbelangt – zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Feststellung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.
Die Klägerin ist Großmutter des am ... 2007 geborenen Beigeladenen. Am 13. August 2008 fiel dieser während der Betreuung durch die Klägerin in einen auf ihrem Grundstück befindlichen Pool (Wassertiefe 1,1 m). Hierbei erlitt der Beigeladene – nach den Feststellungen des Landgerichts (LG) Stendal (rechtskräftiges Urteil vom 4. Februar 2014 – 23 O 278/11) – u.a. eine hypoxische Hirnschädigung, in deren Folge sich eine generalisierte Epilepsie sowie eine spastische Tetraparese entwickelten.
Unter dem 10. Januar 2012 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und beantragte die Feststellung, dass es sich bei diesem Ereignis um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Um die Erwerbstätigkeit der Mutter ihrer Enkel zu gewährleisten, hätten sich der Beigeladene und seine am ... 2005 geborene Schwester L. regelmäßig ganztags und auch über Nacht unentgeltlich bei ihr befunden. Grund der ausgedehnten Betreuung vor dem Unfall sei eine Weiterbildungsmaßnahme der Kindesmutter gewesen, die diese zeitlich sehr beansprucht habe. Unmittelbar davor habe sie als Außendienstmitarbeiterin der Firma V. einen ausge-dehnten Einsatzbezirk bearbeiten müssen. Die Betreuung ihrer – der Klägerin – Enkelkinder habe zumindest den Umfang einer Tagesmutter erreicht. Zur Stützung ihres Antrags berief sich die Klägerin auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 5. Juli 1994 (2 RU 24/93 – SozR 3-2200 § 548 Nr. 20). Im Übrigen habe der Gesetzgeber durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz vom 8. September 2005 (KICK, BGBl. I, 2729) den bis dahin nicht ausdrücklich geregelten Versicherungsschutz für Kinder bei Einzelbetreu-ungspersonen klargestellt (vgl. BT-Drs. 15/3676, S. 44). Schließlich komme hinzu, dass sie mit der häufigen Kinderbetreuung auch unter Berücksichtigung der verwandtschaftlichen Beziehungen das Maß einer reinen Gefälligkeitsleistung überschritten habe und daher wie eine Beschäftigte im Sinne von § 2 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) tätig geworden sei. Die Klägerin fügte eine kalendarische Aufstellung bei, wonach sie ihre Enkelkinder im Zeitraum von Anfang Januar 2008 bis zum Unfall an insgesamt 99 Tagen betreut habe.
Mit der Klägerin am 5. September 2012 bekannt gegebenem Bescheid vom 30. August 2012 lehnte die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen die Anerkennung des Ereignisses vom 13. August 2008 als Arbeitsunfall ab. Der Beigeladene habe während der Betreuung durch die Klägerin nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallver-sicherung gestanden. Danach seien lediglich Kinder bei einer Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen versichert, deren Eignung durch die Jugendämter festgestellt worden sei. Geeignete Tagespflegepersonen seien nach § 23 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) Personen, die sich u.a. durch Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Tagespflegepersonen auszeichneten und über kindgerechte Räumlichkeiten verfügten. Sie sollten über vertiefte Kenntnisse der Kindertagespflege verfügen, die sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in anderer Weise nachgewiesen hätten. Vorliegend sei vom Jugendamt oder einer von ihm beauftragten Stelle keine Feststellung der Eignung der Klägerin erfolgt, so dass es sich bei ihr um keine anerkannte Tagespflegeperson gehandelt habe. Das eventuelle Vorliegen einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit (im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VII) begründe für den Beigeladenen keinen gesetzlichen Unfallversicherungsschutz.
Den hiergegen am 5. Oktober 2012 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2013, den sie per Post übermittelte, als unbegründet zurück.
Am 8. Juli 2013 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Magdeburg unter Wiederholung ihres Vorbringens Klage erhoben. Die Betreuung ihrer Enkel sei weit über den Umfang einer Tagesmutter hinausgegangen. Eine solche habe den Bedarf nicht abdecken können. Es sei nicht gerechtfertigt, ihre Betreuung anders zu bewerten als diejenige durch eine Tagesein-richtung oder Pflegeperson im Sinne von § 23 SGB VIII.
Die Beklagte hat an ihrer Auffassung festgehalten. Da eine Vielzahl von Eltern berufstätig sei, erscheine es nicht unüblich, dass Großeltern, Verwandte oder Bekannte eine Betreuung bzw. Aufsicht von Kindern übernähmen. Dies bedeute aber nicht, dass die Kinder währenddessen gesetzlich unfallversichert seien. Bei anderer Beurteilung werde der Rahmen des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes gesprengt.
Mit Beschluss vom 24. März 2014 hat das SG den Beigeladenen am Verfahren beteiligt.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. März 2014 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Ein Arbeitsunfall des Beigeladenen liege deshalb nicht vor, weil für eine Betreuung von Kindern durch Großeltern oder sonstige Verwandte und Bekannte kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz bestehe. Vielmehr gehörten nach § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII Kinder nur während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtung der Erlaubnis nach § 45 SGB VIII oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfe, sowie während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 SGB VIII zum geschützten Personenkreis. Geeignete Tagespflegepersonen bedürften gemäß § 43 SGB VIII einer Erlaubnis. Hierüber habe die Klägerin unstreitig nicht verfügt.
Gegen den ihr am 9. April 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 9. Mai 2014 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt. Ihre Eignung im Sinne von § 23 SGB VIII sei nicht zweifelhaft. Nur deshalb einen Unfallversicherungsschutz abzulehnen, weil sie zum Unfallzeitpunkt beim Jugendhilfeträger nicht als Tagespflegeperson registriert gewesen sei, sei gleichheitswidrig, zumal eine Registrierung bei unentgeltlicher Beaufsichtigung rechtlich nicht möglich sei. Der Betreuungsbedarf für den Beigeladenen habe an den genannten Tagen zum Teil schon ab 6:00 Uhr und häufig bis 22:00 Uhr bestanden. Zu beachten sei insoweit auch die vom Gesetzgeber in den letzten Jahren immer stärker betonte Intention, die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Kindererziehung zu fördern. Schließlich sei auf die Möglichkeit des Versicherungsschutzes eines nicht versicherten Unternehmers nach § 105 Abs. 2 SGB VII hinzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 24. März 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2013 aufzuheben und den Unfall des Beigeladenen vom 13. August 2008 als Arbeitsunfall festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Vorliegend sei zur Klägerin vom örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe keine Feststellung im Sinne von § 23 Abs. 3 SGB VIII getroffen worden, womit der Beigeladene nicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 a) SGB VII versichert gewesen sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des BSG vom 5. Juli 1994 (s.o.), in dem über einen Versicherungsschutz der Tagespflegeperson selbst entschieden worden sei.
Der Beigeladene beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Aus seiner Sicht sei die Klägerin keine Tagespflegeperson im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII. Er habe sich auch nicht an allen von der Klägerin behaupteten Tagen, insbesondere nicht an den Wochenenden, in ihrer Obhut befunden. Bei den angekreuzten Tagen sei auch seine Schwester betreut worden, die sich sehr viel häufiger bei der Klägerin befunden habe.
Der Senat hat vom LG Stendal die Akten des zivilgerichtlichen Verfahrens beigezogen. In diesem hob das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg das landgerichtliche Grundurteil vom 24. Januar 2012 (u.a. Feststellung einer dem Grunde nach bestehenden Verpflichtung der Klägerin, dem Beigeladenen ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen) mit Urteil vom 30. August 2012 auf (1 U 47/12 OLG Naumburg), verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück und führte in den Gründen u. a. aus: Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 108 SGB VII komme nicht in Betracht. Vielmehr sei die von der Klägerin begehrte Feststellung eines Arbeitsunfalls des Beigeladenen offensichtlich unbe-gründet; sie diene lediglich der Verzögerung des Haftpflichtprozesses und sei daher rechts-missbräuchlich. Es bestehe keine Gefahr divergierender Entscheidungen im zivil- und sozialrechtlichen Verfahren. Ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII entfalle, da die Klägerin den Beigeladenen nicht als geeignete Tagespflegeperson im Sinne von § 23 SGB VIII beaufsichtigt habe. Aus § 2 Abs. 2 SGB VII folge für den Beigeladenen kein Versicherungsschutz. Eine Haftungsbeschränkung nach den §§ 104 SGB VII sei schließlich nicht ansatzweise ersichtlich, wobei der Beigeladene insbesondere nicht als Unternehmer im Sinne von § 105 Abs. 2 Satz 1 SGB VII anzusehen sei. Im Übrigen stünden Verwandten gewährte Gefälligkeiten, die durch die familiäre Beziehung geprägt seien, nach der Rechtsprechung des BSG nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, Urteil vom 20. April 1993 – 2 RU 38/92 – NJW 1994, 676; Urteil vom 5. Juli 1994, s.o.). Unter dem 4. Februar 2014 verurteilte das LG Stendal die Klägerin zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 400.000,00 EUR und stellte ihre Verpflichtung fest, dem Beigeladenen jeden weiteren aus dem Vorfall vom 13. August 2008 entstehenden Schaden zu ersetzen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin blieb erfolglos (OLG Naumburg, Beschluss vom 17. September 2014 – 1 U 38/14 OLG Naumburg). Mit Beschluss vom 15. September 2015 wies der Bundesgerichtshof die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zurück (VI ZR 419/14).
Auf die Anfragen des Senats, ob eine Geeignetheit von Tagespflegepersonen auch geprüft wird, wenn diese von den Erziehungsberechtigten gestellt werden, wie bei einer Betreuung durch unentgeltlich tätige Tagespflegepersonen (insbesondere Großeltern) verfahren wird und inwieweit von Erziehungsberechtigten gestellte Tagespflegepersonen erfasst werden, hat das Jugendamt des Landkreises S. mitgeteilt: Für den Fall, dass Erziehungsberechtigte selbst die Betreuung ihrer Kinder mit den Großeltern regelten, bestehe kein Feststellungserfordernis der Geeignetheit als Pflegeperson. Ließen Eltern ihre Kinder im eigenen Haushalt (unentgeltlich) betreuen, bedürften etwaige Betreuungspersonen keiner Erlaubnis. Sie würden nicht vom Jugendamt erfasst und von ihm auch nicht vermittelt. Das Jugendamt habe dann keine rechtliche Grundlage, überhaupt tätig zu werden. Vor diesem Hintergrund bestehe keine Veranlassung, Kriterien für die Feststellung der Geeignetheit von Pflegepersonen festzulegen, die unentgeltlich tätig würden. Eine Pflegeerlaubnis sei nur für Personen erforderlich, die ein bis fünf Kinder außerhalb des Haushalts des Erziehungsberechtigten während eines Teils des Tages oder mehr als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt länger als drei Monate betreuten oder betreuen wollten. Nur diese Personen würden registriert und nur an sie würden Kinder zur Betreuung vermittelt. Bei einer solchen Vermittlung würden zwischen dem örtlichen Jugendhilfeträger, der jeweiligen Gemeinde, den Eltern und der Tagespflegeperson Vereinbarungen zur Betreuung und Finanzierung getroffen (Schreiben vom 7. Januar 2015).
Auf entsprechende gerichtliche Anfrage hat die seinerzeitige Kindertagesstätte (Kita) des Beigeladenen mitgeteilt, sie könne keine Auskunft mehr dazu geben, an welchen Tagen dieser zwischen Januar 2008 und Anfang August 2008 die Einrichtung besuchte und wer ihn jeweils brachte bzw. abholte.
Schließlich hat der Berichterstatter die Mutter des Beigeladenen, die Zeugen O., L. und C. S. sowie die Klägerin im Erörterungstermin am 21. Juni 2016 befragt. Wegen deren Angaben im Einzelnen wird auf Bl. 177 ff. der Gerichtsakten Bezug genommen. Die Klägerin hat erklärt: Sie habe den Beigeladenen betreut, weil es sich um ihren Enkel gehandelt habe. Neben der beruflichen Belastung der Mutter habe sie die Enkel auch zu sich geholt, weil die Beziehung zwischen den Eltern damals bereits krisenhaft gewesen sei. Der Kindesvater sei beruflich oft außerhalb tätig gewesen und habe seine Kinder deshalb nicht betreuen können. Die Betreuung habe sich so gestaltet, dass die Kinder etwa zweimal monatlich bei ihr übernachtet hätten. Auch über das Wochenende seien sie allerdings häufiger bei ihr gewesen, ebenso über mehrere Tage hinweg. Aufgrund spontaner Entscheidungen ihrer Mutter bzw. auf Wunsch der Kinder habe sie diese ebenfalls über Nacht bei sich behalten. Bei fremden Kindern habe sie sich eine derartige Betreuung nicht vorstellen können.
Zum Zeitpunkt des Unfalls habe sie eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezogen. Von Beruf sei sie Melkerin gewesen. Einen anerkannten Erste-Hilfe-Kurs für Säuglinge und Kleinkinder habe sie nicht belegt. Ihre Enkel seien zumeist zusammen bei ihr gewesen; eher selten habe sie nur L. allein betreut. Daran, dass sich der Beigeladene allein bei ihr befunden habe, könne sie sich heute nicht mehr erinnern. Dagegen sei es durchaus vorgekommen, dass nur der Beigeladene in der Kita geblieben sei und sie seine Schwester wieder mit sich genommen habe. Die Einträge im vorgelegten Kalenderauszug habe sie nach dem Unfall noch im Jahr 2008 vorgenommen, um einen Überblick zu haben, wie oft sich die Enkel bei ihr befunden hätten. Über den Besuch der Kita hätten keine besonderen Absprachen existiert. Auch am 12. August 2008 habe keine Verabredung bestanden, die Kinder am nächsten Morgen zur Kita zu bringen. Dem Beigeladenen hätten bei ihr auch jederzeit die Sachen gewechselt werden können.
Die Mutter des Beigeladenen hat angegeben, dass sie Mitte Januar 2008 als Mitarbeiterin der Firma V. angefangen habe, wobei die Probezeit sich auf ein halbes Jahr belaufen habe. In den ersten drei Monaten habe sie den Ablauf kennengelernt und danach einen eigenen Bereich übernehmen sollen. Zunächst sei sie im Bereich rund um O. tätig gewesen und anschließend in den G.er Bereich gewechselt. Die Arbeitszeiten seien flexibel gewesen. Gewöhnlich hätten sie sich im Büro getroffen und dann die Kunden aufgesucht. Die meisten Kundentermine hätten nachmittags stattgefunden. In Abhängigkeit von deren zeitlicher Lage habe die Arbeitszeit etwa um 16:00 Uhr geendet. Sie habe sich dann regelmäßig bemüht, ihren Sohn bis 17:00 Uhr von der Kita abzuholen. Etwa Ende Juni 2008 habe sie sich dann vom Unternehmen V. zurückgezogen. Ab dem 1. Juli 2008 sei sie arbeitslos gewesen und habe ab etwa Mitte Juli 2008 über das Arbeitsamt einen Computerkurs absolviert. Dieser habe anfangs zweimal wöchentlich und ab August fünf Tage in der Woche von etwa 8:00 bis 15:00 Uhr stattgefunden. Der Vater ihrer Kinder habe sich im Jahr 2008 noch in seiner Ausbildung befunden, die er nach der Geburt ihrer Tochter begonnen habe. Etwa im Juni 2008 hätten sie sich trennen wollen; sie selbst habe sich damals auch schon um eine neue Wohnung gekümmert.
Die Klägerin habe sich als Betreuungsperson angeboten. Seinerzeit hätten sie in einem Plattenbau gewohnt und seien hierüber erfreut gewesen. Auf die Möglichkeit von Übernach-tungen der Kinder habe sie sich aber nicht immer eingelassen. Insbesondere ihre Tochter sei früher häufig erkrankt, habe sich bei der Klägerin wohl gefühlt und auch den Wunsch geäußert, zu dieser zu können. Sie sei wesentlich öfter von der Klägerin betreut worden als der Beigeladene. Das habe auch daran gelegen, dass ihr Sohn sehr aktiv und für eine Betreuung wesentlich anstrengender als seine Schwester gewesen sei. Hinzu sei gekommen, dass seinerzeit noch die Mutter der Klägerin bei dieser gewohnt habe, die ebenfalls als Betreuerin zur Verfügung gestanden habe. Aus ihrer Sicht sei es bei der Betreuung ihres Sohnes im Wesentlichen darum gegangen, ein bis zwei Stunden zu überbrücken, während der eine Kitabetreuung nicht möglich gewesen sei. Die übliche Kita-Öffnungszeit habe zwischen 7:00 bis 17:00 Uhr gelegen. Obgleich mit der Klägerin abgesprochen gewesen sei, dass auch L. von ihr in die Kita gebracht werden sollte, sei es oft so gewesen, dass sie beim Abholen nach der Arbeit nur ihren Sohn in der Kita vorgefunden habe. Eine häufige Betreuung über die Wochenenden sei für sie nicht nachvollziehbar, da Wochenendlehrgänge bei der Firma V. maximal zwei- oder dreimal stattgefunden hätten und sie ihre Kinder daher selbst habe betreuen können.
Am 12. August 2008 sei ihr Sohn bei der Klägerin in ein aufblasbares Kinderplanschbecken gefallen. Sie habe ihn dann umgezogen, um ihn zusammen mit seiner Schwester nach Hause zu nehmen. Ihr sei jedoch bedeutet worden, die Kinder bei der Klägerin übernachten zu lassen, um zusammen mit dem Kindesvater Probleme besprechen zu können. Die Klägerin habe ihr zugesichert, die Kinder am 13. August 2008 in die Kita zu bringen. Sie habe die Betreuung dann jedoch eigenmächtig verlängert.
Der Zeuge O. S. (Sohn der Klägerin und Vater des Beigeladenen sowie von dessen Schwester) hat bekundet: Seine Familie habe damals in einem Plattenbau gewohnt und sich oft bei der Klägerin aufgehalten. Diese habe seine Kinder auch oft abends von der Kita abgeholt, da beide Elternteile hierzu berufsbedingt nicht in der Lage gewesen seien. Seine Tochter habe sich häufiger bei der Klägerin befunden als der Beigeladene. Die Klägerin habe auch den Wunsch geäußert, lieber nur ein Kind zu betreuen, was von ihnen als Eltern jedoch regelmäßig übergangen worden sei. An den Wochenenden habe sich die Familie eigentlich immer bei der Klägerin aufgehalten. Dann hätten in der Regel nur die Kinder bei der Klägerin geschlafen. Sie selbst hätten die Nächte von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag bei sich zu Hause verbracht. Er habe sich in der Wohnung bis etwa 0:00 oder 1:00 Uhr mit Freunden getroffen und sei mit diesen dann zu Partys gegangen. Die Klägerin habe die Kinder etwa an zehn Tagen monatlich betreut. Seine Familie habe sich aber auch sonst im Monat ständig bei dieser befunden. Beide Elternteile seien aus seiner Sicht damals nicht zur Kindererziehung imstande gewesen, zumal er selbst bis Ende August 2008 drogenabhängig gewesen sei. Am Tag vor dem Unfall hätten die Kinder nach seiner Erinnerung mit nach Hause gesollt, seien dann aber bei der Klägerin geblieben, weil es Streit zwischen ihm und der Kindesmutter gegeben habe. Wenn die Kinder bei der Klägerin gewesen seien, hätten sie auch nicht zur Kita gebraucht. Es sei so gewesen, dass die Kinder von ihrer Mutter in die Kita gebracht worden seien und er sie regelmäßig abgeholt habe. Wenn er es mit dem Abholen nicht geschafft habe, habe er die Klägerin angerufen, damit sie zur Kita fahre und ihre Enkel mit zu sich nach Hause nehme. Dass zur Zeit des Unfalls ein Kinderplanschbecken auf dem Grundstück der Klägerin aufgebaut gewesen sei, wisse er nicht mehr.
Der Zeuge L. S. (Ehemann der Klägerin und Großvater des Beigeladenen) hat angegeben, dass er von montags bis freitags in M. arbeite (11:00 bis 1:00, 2:00 bzw. 3:00 Uhr) und dort über ein betriebliches Zimmer verfüge. Der Beigeladene und seine Schwester hätten sich häufig (zwei- bis dreimal wöchentlich) bei ihnen befunden; an den Wochenenden sowieso. Sie hätten dann im Kinderzimmer geschlafen; ihre Eltern seien wieder zu sich nach Hause gefahren. Die Klägerin habe die Enkel auch oft von der Kita abgeholt. Vor dem Unfall am 13. August 2008 hätten sich beide Kinder seit Freitag, also fünf Tage hintereinander bei der Klägerin befunden. Nach seiner Erinnerung sei auf dem Grundstück regelmäßig auch ein Kinderplanschbecken vorhanden gewesen.
Der Zeuge C. S. (Sohn der Klägerin und Onkel des Beigeladenen) hat erklärt, er habe seinerzeit noch als Schüler die Fachoberschule besucht und sich daher täglich zu Hause aufgehalten. Beide Kinder hätten sich mit großer Regelmäßigkeit (wöchentlich auch mehrtägig) bei der Klägerin befunden. Sie seien entweder von der Klägerin oder ihren Eltern zur Kita gebracht und von dort abgeholt worden. Es sei auch vorgekommen, dass die Eltern ihre Kinder zur Klägerin gebracht hätten und am Abend entschieden worden sei, dass sie dort übernachten. An den Wochenenden seien die Kinder mit ihren Eltern zusammen ebenfalls oft bei der Klägerin gewesen. Bei Bedarf habe er sie auch selbst von der Kita abgeholt. Er gehe davon aus, dass sich die Kinder in der Woche regelmäßig in der Kita befanden. Es sei allerdings auch vorgekommen, dass sie über Tage bei der Klägerin gewesen seien, ohne die Kita zu besuchen. Ob sich auf dem Grundstück der Klägerin im Jahre 2008 ein Kinder-planschbecken befunden habe, wisse er nicht mehr.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Beratung und Entscheidungs-findung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten dem zugestimmt haben.
Die nach § 143 SGG statthafte, form- sowie fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Zunächst ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) zulässig. Insbesondere ist die Klägerin gegenüber der Beklagten hinsichtlich der Feststellung eines Arbeitsunfalls des Beigeladenen klagebefugt. Ein hierfür erforderliches berechtigtes Interesse umfasst jedes schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, das sich auch auf das Rechtsverhältnis eines Dritten zum Beklagten beziehen kann, wenn der Rechtsbereich des Klägers vom Bestehen oder Nichtbestehen des geltend gemachten Rechtsverhältnisses berührt wird. Insoweit genügt es, wenn die vom Kläger behauptete eigene Betroffenheit möglich ist. Das ist nur zu dann verneinen, wenn ihm die geltend gemachte Position unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen kann (siehe statt aller nur BSG, Urteil vom 27. Oktober 2009 – B 1 KR 4/09 R – BSGE 105, 1; Urteil vom 7. Dezember 2006 – B 3 KR 5/06 R – BSGE 98, 12; Urteil vom 22. Juni 1983 – 12 RK 35/82 – SozR 1500 § 55 Nr. 22).
Hier beruft sich die Klägerin insbesondere auf ein Eingreifen von § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII zugunsten des Beigeladenen. Einer Tagespflegeperson im Sinne dieser Norm stünde – etwa als (versicherter) Unternehmerin oder Beschäftigter gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII – bei zivilgerichtlicher Inanspruchnahme seitens eines von ihr betreuten Kindes das Haftungsprivileg des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII bzw. des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII zur Verfügung, so dass sie gemäß § 109 Satz 1 SGB VII feststellungsberechtigt ist. Nach dieser Vorschrift sind die – möglicherweise – haftungsprivilegierten Personen (hier die Klägerin) befugt, an Stelle des Berechtigten (hier des Beigeladenen) dessen – möglicherweise bestehenden – Rechte im eigenen Namen in Bezug auf die in § 108 SGB VII bezeichneten Regelungsgegenstände geltend zu machen, ohne dass dieser Position ein eigener materiell-rechtlicher Anspruch entspricht (BSG, Urteil vom 27. März 2012 – B 2 U 5/11 R – juris, Rn. 22; Urteil vom 29. November 2011 – B 2 U 27/10 R – SozR 4-2700 § 109 Nr. 1). Bei der Klägerin sind die Voraussetzungen des § 109 Satz 1 SGB VII erfüllt. Sie betreibt das Verfahren statt des Berechtigten. Denn der Beigeladene hat schon dem Bescheid der Beklagten vom 30. August 2012 nicht widersprochen und sich zudem ausdrücklich gegen die Klage und Berufung gewandt. Sie ist von diesem auch zivilrechtlich auf Schadensersatz in Anspruch genommen worden. Dass der Klägerin die von ihr geltend gemachte Position unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen kann, ist (entgegen der Ansicht des OLG Naumburg) jedenfalls nicht von vornherein offensichtlich.
Die danach zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 30. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2013 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Bei dem Ereignis vom 13. August 2008 handelt es sich nicht um einen Arbeitsunfall des Beigeladenen.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls seiner versicherten Haupttätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher bzw. innerer Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat, und dieses Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (siehe z.B. BSG, Urteil vom 4. September 2007 – B 2 U 24/06 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 24, m.w.N.; Urteil vom 5. September 2006 – B 2 U 24/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 18).
Danach sind die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls hier nicht erfüllt.
Zwar handelte es sich bei dem Ereignis vom 13. August 2008 um einen Unfall des Beigela-denen im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, der bei ihm auch zu Gesundheitsschäden u.a. in Form einer hypoxischen Hirnschädigung geführt hat. Ein Arbeitsunfall liegt jedoch deshalb nicht vor, weil der Beigeladene zum Zeitpunkt des Unfalls nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand (nachfolgend unter 1.). Auch ein so genannter Quasi-Versicherungsfall aufgrund eines Sondertatbestands der §§ 104 ff. SGB VII liegt nicht vor (hierzu unter 2.). Eine versicherte unfallbringende Verrichtung des Beigeladenen gemäß § 2 Abs. 2 SGB VII scheidet aus; ein entsprechender Versi-cherungsschutz als "Wie-Beschäftigte" käme allenfalls für die Klägerin in Betracht (siehe unter 2. b); vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 – B 2 U 21/99 R – SozR 3-2200 § 548 Nr. 37; Urteil vom 5. Juli 1994 – 2 RU 24/93 – a.a.O.).
1. Der Beigeladene war am 13. August 2008 nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII versichert.
Hiernach sind Kinder u.a. während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 SGB VIII gesetzlich unfallversichert. Geeignet sind gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII Personen, die sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbe-reitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Tagespflegepersonen auszeichnen und über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen.
Es kann dahinstehen, ob ein Versicherungsschutz des Beigeladenen nach § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII bereits daran scheitert, dass die Klägerin über keine Erlaubnis im Sinne von § 43 Abs. 1 SGB VIII verfügte und Entgeltlichkeit der Betreuung als konstitutiv für den Begriff der Tagespflegeperson angesehen würde.
Entsprechend lässt der Senat ausdrücklich offen, ob einer Subsumtion der Klägerin unter das Merkmal "Tagespflegeperson" der Umstand entgegen steht, dass sie den Beigeladenen auch über Nacht sowie – jedenfalls unmittelbar vor dem Ereignis vom 13. August 2008 – über mehrere Tage hinweg betreute und damit von den in § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII aufgeführten typischen Betreuungsformen abwich.
Andererseits steht der Anwendung des § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII nicht von vornherein entgegen, dass seitens des Jugendamts oder einer von diesen beauftragten Stelle keine Feststellung der Eignung der Klägerin erfolgte. Entsprechendes ist bei von Erziehungsbe-rechtigten für die Betreuung ihrer Kinder selbst gestellten Tagespflegepersonen nämlich nicht erforderlich. Dies ergibt sich aus § 23 Abs. 1 SGB VIII, wonach die Förderung der Kindertagespflege eine Vermittlung des Kindes zu einer geeigneten Tagespflegeperson – einschließlich der Prüfung der Geeignetheit nebst Erteilung einer etwaigen Erlaubnis – nur dann umfasst, "soweit diese [die Tagespflegeperson] nicht von der erziehungsberechtigten Person nachgewiesen wird". Dies leuchtet auch unmittelbar ein. Denn wenn der Erziehungs-berechtigte selbst eine Person auswählt, der er die Obhut seines Kindes anvertraut, ist deren Geeignetheit zu unterstellen; für das Jugendamt ist dann nichts mehr zu prüfen. Es ist gerade Ausdruck der Autonomie elterlicher Sorge, wie sie für das Wohl ihrer Kinder sorgen. Eine selbst organisierte Pflege lässt § 25 SGB VIII daher ausdrücklich unberührt.
Ein Versicherungsschutz des Beigeladenen nach § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII ist aber jedenfalls deshalb ausgeschlossen, weil der Tatbestand der Vorschrift nicht jedwede Kindesbetreuung durch Verwandte, Freunde, Bekannte oder Nachbarn erfasst. Dies ergibt sich aus einer teleologischen Auslegung.
So knüpft § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII, der von der in § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII enthaltenen Verweisung ebenfalls erfasst wird, an eine Erforderlichkeit – in qualifizierten Lehrgängen oder anderer Weise nachgewiesener – vertiefter Kenntnisse der Tagespflegeperson über die Anforderungen der Kindertagespflege an. Wenngleich dies als Sollvorschrift ausgestaltet ist und die Qualifizierungskriterien des § 23 Abs. 3 SGB VIII nach der Gesetzesbegründung nur für nicht von Erziehungsberechtigten selbst gestellte Tagespflegepersonen gelten (vgl. BT-Drs. 15/3676, S. 33), ist § 23 SGB VIII doch erkennbar auf vom Jugendamt vermittelte Tagespflegepersonen zugeschnitten und erscheint der gesetzgeberische Wille unzweideutig. Denn zur Begründung der durch das KICK mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2005 in § 2 Abs. 1 Nr. 8 a) SGB VII aufgenommenen zweiten Variante hat der Gesetzgeber ausgeführt:
"Durch die Änderung werden Kinder in Tagespflegestellen in den Kreis der versicherten Personen der gesetzlichen Unfallversicherung einbezogen, die vom örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe vermittelt wurden. Sie werden damit den bereits nach geltendem Recht versicherten Kindern in Tageseinrichtungen gleichgestellt. Durch die Bezugnahme auf § 23 SGB VIII wird sichergestellt, dass nur die Kinder zum versicherten Personenkreis gehören, deren Tagespflegepersonen beim Träger der Jugendhilfe oder durch diesen beauftragten Stellen registriert sind und sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz, die ihnen zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten sowie ihre Kooperationsbereitschaft mit Eltern und anderen Tagespflegepersonen als geeignet erweisen. Bislang sind nur Kinder in Tageseinrichtungen gesetzlich unfallversichert. Durch die Änderung werden Kinder in Tagespflegestellen, die vom örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe vermittelt wurden, in den Kreis der versicherten Personen in der gesetzlichen Unfallversicherung aufgenommen und damit den Kindern in Tageseinrichtungen gleichgestellt." (BT-Drs. 15/3676, S. 44).
Nach diesem ausdrücklichem gesetzgeberischen Willen, der im Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII mit der Anknüpfung an § 23 SGB VIII auch noch hinreichend Niederschlag findet, sollen Kinder nur dann in die gesetzliche Unfallversicherung einbezogen sein, wenn deren Tagespflegepersonen beim Jugendamt registriert sind und von diesem vermittelt wurden. Dies hat unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen bezogen auf von Erziehungsberechtigten in Eigenregie herangezogene Betreuungspersonen zur Folge, dass ein Unfallversicherungsschutz deren Anmeldung (Registrierung) beim Jugendamt voraussetzt, welches die betreffende Person dann – dem Wunsch der Erziehungsberechtigten entspre-chend – "vermittelt", ohne hierbei nochmals eine Geeignetheit prüfen zu müssen.
Gestützt wird dieses Verständnis durch systematische Erwägungen. Die Betreuung von nach § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII versicherten Kinder, für die gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII die Unfallkassen der Länder zuständig sind, wird nach § 136 Abs. 3 Nr. 3 SGB VII einem Sachkostenträger zugerechnet. Die von den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe nach § 23 Abs. 1 SGB VIII gewährte Geldleistung schließt als erstattungsfähige Kosten auch Aufwen-dungen zur gesetzlichen Unfallversicherung ein (§ 23 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII). Zwar werden für die nach § 128 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII Versicherten keine Beiträge erhoben, sondern die entsprechenden Aufwendungen auf das Land bzw. die Kommunen umgelegt (§ 185 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB VII). Eine Erstattung von Aufwendungen setzt – auch in Bezug auf als (Wie-)Beschäftigte der Eltern bzw. selbständig tätige Tagespflegepersonen – ebenso wie die Berechnung umlagefähiger Aufwendungen jedoch zumindest eine (durch Anmeldung nötige) Kenntniserlangung des zuständigen Jugendamtes darüber voraus, dass überhaupt eine Kindertagespflege erfolgt.
Auch die in den §§ 104 ff. SGB VII als Äquivalent der Beitragspflicht normierte Haftungsablö-sung bedingt, dass der als Anknüpfungspunkt zugrunde liegende Lebenssachverhalt – also das Stattfinden einer Kindertagespflege – durch Information der in Betracht kommenden Leistungsträger im Rechtsverkehr (nach außen) in Erscheinung tritt.
An einer Anmeldung/Registrierung der Klägerin beim Jugendamt fehlt es hier. Aus § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII auch ohne entsprechendes einen Versicherungsschutz abzuleiten, wider-spricht dem erklärten Willen des Gesetzgebers sowie der aufgezeigten Systematik und hätte für alle Kinder, die durch ihre Erziehungsberechtigten gestellte und unentgeltlich tätige Tagespflegepersonen betreut werden, einen Unfallversicherungsschutz zur Folge. Hätte der Gesetzgeber derartiges vorgehabt, wäre zu erwarten gewesen, dass er den Verweis auf § 23 SGB VIII unterlassen hätte. Ein allgemeiner Kinderunfallversicherungsschutz bei "Angehöri-gen-Tagespflege" war offensichtlich ebenso wenig intendiert wie ein solcher bei Betreuung durch die Erziehungsberechtigten selbst.
2. Der Beigeladene ist auch nicht gemäß § 105 Abs. 2 Satz 2 SGB VII als Versicherter zu behandeln (vgl. näher hierzu BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 – B 2 U 17/06 R – SozR 4-2700 § 105 Nr. 2). Dabei kann offen bleiben, ob der Anwendung dieser Norm angesichts § 2 Abs. 1 Nr. 8 a) SGB VII im vorliegenden Zusammenhang bereits grundsätzliche Bedenken entgegenstehen. Denn selbst wenn dies nicht der Fall wäre, sind die Voraussetzungen eines Versicherungsschutzes wegen Haftungsbeschränkung jedenfalls hier nicht erfüllt. Die Klägerin hat die Betreuung des Beigeladenen nämlich weder als Beschäftigte (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) noch "Wie-Beschäftigte" (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) – und damit versichert im Sinne von § 105 SGB VII – verrichtet.
a) Die Klägerin war nicht als Beschäftigte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII tätig.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – in seiner bis heute unverändert für alle Bereiche der Sozialversicherung geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsver-hältnis. Abhängige Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. hierzu nur BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 – B 2 U 21/99 R – a.a.O.).
Hier fehlen Anhaltspunkte für ein Beschäftigungsverhältnis der Klägerin, in welchem sie einem umfassenden Weisungs- und Direktionsrecht unterlegen hätte. Entscheidend dagegen spricht, dass die Klägerin für ihre umfangreiche Betreuungstätigkeit keinen Gegenwert als Entgelt erhielt und es allein ihrer Entscheidung überlassen war, ob überhaupt und falls ja, wann sie tätig werden wollte.
b) Ebenso liegt in Bezug auf die Klägerin keine versicherte "Wie-Beschäftigung" gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII vor.
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ist jede Verrichtung versichert, die der Ausübung einer Beschäftigung vergleichbar ist. Hiervon erfasst sind Tätigkeiten, die ihrer Art nach zwar nicht sämtliche Merkmale der Ausübung einer Beschäftigung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer solchen ähneln. Das kann insbesondere dann zu verneinen sein, wenn die betreffende Tätigkeit im Rahmen einer Sonderbeziehung erfolgt. Eine solche liegt etwa bei Verwandtschaft oder bei einer Gefälligkeit für Bekannte bzw. Freunde oder Nachbarn vor. Denn je enger eine familiäre Gemeinschaft ist, umso größer wird regelmäßig der Rahmen sein, innerhalb dessen bestimmte Tätigkeiten gerade hierdurch ihr Gepräge erhalten. Liegt die betreffende Verrichtung außerhalb dessen, was für enge Verwandte, Freunde oder Bekannte oder nicht wegen der Sonderbeziehung getan wird, kann eine "Wie-Beschäftigung" bestehen (BSG, Urteil vom 27. März 2012 – B 2 U 5/11 R – a.a.O.; Urteil vom 15. Juni 2010 – B 2 U 12/09 R – SozR 4-2700 § 2 Nr. 15).
Danach war die Betreuung seitens der Klägerin im Wesentlichen durch die familiäre Bindung zum Beigeladenen geprägt und daher nicht mehr arbeitnehmerähnlich.
Die Klägerin hat zwar einerseits eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert, die dem Unternehmen des Beigeladenen – seiner Betreuung – diente und dessen Willen entsprach, mit (zumindest auch) fremdnütziger Handlungstendenz in erheblichem zeitlichen Umfang verrichtet. Der Zeitdauer ist aber "nur" die ihr zukommende, nicht jedoch eine allein maßgeb-liche Bedeutung beizumessen (siehe nur BSG, Urteil vom 17. März 1992 – 2 RU 6/91 – SozR 3-2200 § 539 Nr. 15). Denn die Großeltern-Eltern-Kind-Beziehung kann auch Tätigkeiten von erheblichem Umfang und großer Zeitdauer ihr Gepräge geben, so dass keine versicherte Tätigkeit vorliegt. Eine generelle Festlegung dessen, was als rechtlich wesentlich von familiärer Bindung geprägt anzusehen ist, ist nicht möglich. Entscheidend sind vielmehr die Gesamtumstände des konkreten Einzelfalls bei lebensnaher Betrachtung, wobei insbesondere die Stärke der tatsächlichen verwandtschaftlichen Beziehungen zu beachten ist (vgl. BSG, Urteil vom 20. April 1993 – 2 RU 38/92 – SozR 3-2200 § 539 Nr. 25; Urteil vom 25. Oktober 1989 – 2 RU 4/89 – SozR 2200 § 539 Nr. 134; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, Stand Oktober 2015, § 2 Rn. 34.19; Bieresborn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 2 Rn. 413).
Gerade die tatsächlichen Beziehungen zwischen der Klägerin und ihren Enkeln sprechen für eine enge Familiengemeinschaft, die den Rahmen normalerweise zu erwartender Hilfeleis-tungen weit spannt. Auch wenn die Klägerin die Betreuung ihrer Enkel im geleisteten Umfang weder als Beistand und Unterstützung noch Dienstleistung schuldete (vgl. §§ 1618a, 1619 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB), hat sie doch von Anfang an erklärt, ihre Hilfe zwecks Unterstützung und Ermöglichung der Erwerbstätigkeit der Mutter des Beigeladenen erbracht zu haben. Am 21. Juni 2016 hat sie ausdrücklich bestätigt, dass sie den Beigeladenen (und seine Schwester) betreute, weil es sich um ihre Enkel handelte; bei fremden Kindern hat sie sich eine derartige Betreuung nicht vorstellen können. Hinzu tritt, dass die Klägerin ihre Unterstützung auch zwecks Bewältigung der zwischen den Eltern ihrer Enkel bestehenden Beziehungskrise leistete. Dass eine solche im Sommer 2008 tatsächlich vorhanden war, haben sowohl die Mutter des Beigeladenen als auch dessen Vater bestätigt. Auch dies belegt eine besonders enge familiäre Beziehung.
Untermauert wird die enge familiäre Bindung auch dadurch, dass sich der Beigeladene und dessen Schwester nicht nur häufig außerhalb der Öffnungszeiten der Kita bei der Klägerin befanden. Denn wenngleich die Mutter des Beigeladenen bestritten hat, dass sich auch dieser an allen von der Klägerin in der Kalenderübersicht vermerkten Tagen bei seiner Großmutter befand, steht doch sowohl aufgrund ihrer eigenen Angaben als auch der übereinstimmenden Bekundungen aller Zeugen ein intensiver Kontakt zwischen beiden Familien fest. So hat nämlich auch die Mutter des Beigeladenen eingeräumt, dass dieser, ebenso wie seine Schwester, nicht selten bei der Klägerin übernachtete und überdies deren Mutter zusätzlich zur Beaufsichtigung zur Verfügung stand. Die Zeugen S. haben darüber hinaus einhellig erklärt, dass sich die gesamte Familie des Beigeladenen häufig an Wochenenden bei der Klägerin aufhielt und diese ihre Enkel nicht selten mehrere Tage hintereinander – einschließlich über Nacht – betreute. Dem hat auch die Mutter des Beigeladenen nicht widersprochen, sondern vielmehr ausdrücklich ihre Freude über die Bereitschaft der Klägerin bestätigt.
Maßgeblich kommt nach § 4 Abs. 4 SGB VII hinzu, dass bereits derjenige von § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII ausgenommen ist, der in einem (fremden) Haushalt als Verwandter oder Verschwägerter unentgeltlich tätig wird, es sei denn, er verrichtet seine Tätigkeit in einem der – hier nicht einschlägigen – in § 124 Nr. 1 SGB VII genannten Haushalte (näher hierzu BSG, Urteil vom 27. März 2012 – B 2 U 5/11 R – a.a.O.). Hier erfolgte die Betreuung – abgesehen vom Hinbringen bzw. Abholen zur bzw. von der Kita – sogar im eigenen Haushalt der Klägerin (vgl. § 1356 Abs. 1 BGB), dessen Führung ihrer freien Gestaltung oblag. Es fehlt ein Anhalt dafür, dass sie bezüglich Verpflegung, Essens- und Ruhezeiten, Freizeitgestaltung sowie Erziehung Anweisungen der Eltern ihrer Enkel unterlag. Vielmehr hat der Vater des Beigeladenen eindrücklich dargelegt, dass und warum er sich seinerzeit mit der Erziehung seiner Kinder überfordert fühlte. Selbst hinsichtlich des Abholens/Hinbringens zur Kita war die Klägerin keinen Vorgaben unterworfen. Denn der anderslautende Vortrag der Mutter des Beigeladenen, dem dessen Vater und die anderen Zeugen ausdrücklich widersprochen haben, bezieht sich allenfalls auf den 13. August 2008, nicht aber die Gesamtgestaltung an sich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung – was die Auslegung des § 2 Abs. 1 Nr. 8a) SGB VII anbelangt – zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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