Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 R 491/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RS 3/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechts-züge zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Feststellung des neben dem Bruttoverdienst gezahlten Verpflegungs- und Bekleidungsgelds für die Zeit vom ... 1970 bis zum ... 1979 als weitere Entgelte nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG).
Die am ... 1947 geborene Klägerin war vom ... 1965 bis ... 1979 bei der Deutschen Volkspolizei der DDR tätig. Sie war vom ... 1968 bis zum ... 1979 in das Sonderversorgungssystem des Ministeriums des Innern der ehemaligen DDR (VSO-MdI) (Nr. 2 der Anlage 2 zum AAÜG) einbezogen. Neben dem Bruttoverdienst bezog sie u.a. Verpflegungs- und Bekleidungsgeld, die nicht sozialversicherungs- und lohnsteuerpflichtig waren. Die Zahlungen wurden in den Besoldungsstammkarten über die Klägerin dokumentiert. Der Beklagte hat - von diesen Eintragungen ausgehend - im sozialgerichtlichen Verfahren eine Auflistung über die erfolgten Zahlungen im streitigen Zeitraum, getrennt nach Jahren und nach Verpflegungs- sowie Bekleidungsgeld, vorgelegt. Über die Höhe der tatsächlichen Zahlungen besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom ... 2003 stellte die Polizeidirektion M. für das beklagte Land für den Zeitraum vom ... 1968 bis zum ... 1979 Zeiten der Zugehörigkeit zum VSO-MdI fest. Darin berücksichtigte sie nur den jeweils erzielten Jahresbruttoverdienst.
Am 26. August 2009 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheids und begehrte die Feststellung von weiteren Entgelten nach dem AAÜG, insb. des gezahlten Verpflegungs- und Bekleidungsgelds.
Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 18. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheids vom 3. Mai 2010 die Feststellung von weiteren Entgelten ab. Die bisherige Rechtsprechung betreffe Einzelfallentscheidungen oder die Zusatzversorgungssysteme. Sie sei daher auf die Sonderversorgungssysteme nicht übertragbar. Es werde eine obergerichtli-che Klärung angestrebt.
Dagegen hat die Klägerin am 4. Juni 2010 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Sie hat vorgetragen, das Verpflegungs- und Bekleidungsgeld seien Arbeitsentgelt i.S.v. § 14 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV). Sie hat sich auf Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. August 2007 (B 4 RS 4/06 R) und des erkennenden Senats vom 17. Juli 2008 (L 1 RA 243/05) bezogen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, es handele sich nicht um Arbeitsentgelte. Die Urteile des BSG beträfen nur die Zusatzversorgungssysteme. Die hier streitigen Leistungen seien als Sozialleistungen und Aufwandsentschädigung anzusehen. Sie hätten auch nicht der Steuer- und Beitragspflicht der DDR unterlegen. Eine Berücksichtigung komme nur in Betracht, sofern diese nach dem Recht der DDR renten- oder versorgungsrechtliche Auswirkungen gehabt hätten. Die rentenrechtliche Berücksichtigung würde auch zu einer Ungleich-behandlung der Arbeitnehmer mit gewährter Vollverpflegung führen.
Das SG hat mit Urteil vom 28. Juni 2012 antragsgemäß den Bescheid vom 18. November 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2010 aufgehoben. Es hat ferner den Beklagten verpflichtet, unter Abänderung des Bescheids vom 29. Dezember 2003 für die Zeit vom ... 1970 bis ... 1979 Verpflegungs- und Bekleidungsgeld entsprechend der Zahlungen für die einzelnen Jahre als weitere Arbeitsentgelte festzustellen. Verpflegungs- und Bekleidungsgeld seien laufende Einnahmen aus einer Beschäftigung und daher Arbeitsentgelt i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Nach der Rechtsprechung des BSG sei der Begriff des Arbeitsentgelts nach § 14 SGB IV zu bestimmen; eine Anknüpfung an das Recht der ehemaligen DDR sei nicht vorzunehmen. Es müsse sich nicht um eine Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistung handeln. Ausreichend sei, dass die Zahlungen im Zusammenhang mit einer Beschäftigung gestanden hätten. Das Verpflegungsgeld sei eine finanzielle Abgel-tung der im Rahmen des Dienstverhältnisses als Sachleistung gewährten Vollverpflegung gewesen. Dies gelte auch für das Bekleidungsgeld. Diese Leistungen seien auch nicht ausnahmsweise nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, weil sie am 1. August 1991 gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB IV i.V.m. § 1 der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) lohnsteuerfrei gewesen wären. Dies beurteile sich an dem Einkommensteuergesetz (EStG) i.d.F. vom 1. August 1991. Verpflegungszuschüsse seien nur bei der "im Einsatz unentgeltlich abgegebenen Verpflegung" lohnsteuerfrei gewesen (§ 3 Nr. 4 c EStG). Auf das Bekleidungsgeld passe die Vorschrift des § 3 Nr. 4b EStG ("Einkleidungsbeihilfen und Abnutzungsentschädigungen für die Dienstkleidung der zum Tragen oder Bereithalten von Dienstkleidung Verpflichteten und für dienstlich notwendige Kleidungsstücke der Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei") schon begrifflich nicht. Steuerfreiheit ergebe sich auch nicht aus § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 EStG. Es habe sich nicht um Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile gehandelt, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Nach einem Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) von Dezember 1990 sollte auf das Verpflegungsgeld ab Januar 1991 Lohnsteuer erhoben werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seien Geldzuwendungen, über die der Arbeitnehmer nach seinem Ermessen verfügen könne, in der Regel Arbeitslohn. So liege der Fall hier für das Verpflegungsgeld.
Gegen das ihm am 6. August 2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 20. August 2012 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Er hat sich zunächst auf sein bisheriges Vorbringen sowie auf Rechtsprechung der Instanzgerichte berufen. Dort sei u.a. vertreten worden, die Zulagen seien zum Zeitpunkt des Zuflusses lohnsteuerfrei gewesen und nicht als Arbeitsentgelte i.S.v. § 14 SGB IV zu berücksichtigen. Es bestünde auch eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Versicherten aufgrund der Regelung in § 256a Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Das von der Klägerin in Anspruch genommene Urteil des BSG vom 23. August 2007 (a.a.O.) betreffe die Anerkennung von Jahresendprämien auf dem Gebiet der Zusatzversorgung und habe keine Auswirkung auf den vorliegenden Fall.
Mit Beschluss vom 23. Oktober 2013 ist hinsichtlich des beim BSG anhängigen Revisions-verfahrens B 5 RS 1/13 das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden. Das Verfahren ist nach Vorliegen des Urteils des BSG vom 30. Oktober 2014 fortgesetzt worden.
Der Beklagte hat weiter vorgetragen, die streitigen Zahlungen seien nicht aus der Beschäfti-gung erzielt worden und hätten keine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung dargestellt. Nach dem Recht der DDR habe es sich um lohnsteuer- und beitragsfreie persönliche Vergütungen gehandelt. Diese seien nicht Bestandteil der Besoldung gewesen. Mit dem Verpflegungsgeld habe ein besonderer Aufwand für die Verpflegung ausgeglichen werden sollen. Zweck sei die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Polizei und die Sicherstellung der Erledigung der staatlichen Aufgaben gewesen. Dies sei durch die vorran-gige Teilnahme an der Gemeinschaftsversorgung oder durch Auszahlung des Verpflegungs-gelds erfolgt. Dieses habe nicht als Entgelt zur freien Verfügung gestanden, sondern sei für die Durchführung der Vollverpflegung einzusetzen gewesen. Die Zahlungen hätten zudem keinen Lohncharakter gehabt. Dies ergebe sich u.a. daraus, dass der Anspruch auf Vollverpflegung und Verpflegungsgeld auch an dienstfreien Tagen bestanden habe. Das gleiche gelte für Bekleidungsgeld, das ebenfalls keinen Gegenleistungscharakter des Dienstherrn gegenüber den Angehörigen der Volkspolizei gehabt habe. Es sei für die Angehörigen der Volkspolizei gezahlt worden, die während des Dienstes Zivilkleidung tragen durften und auch keine Uniform besessen hätten. Es sei eine finanzielle Entschädigung für die Abnutzung und den Verschleiß der im Dienst getragenen Privatkleidung gewesen. Das Bekleidungsgeld sei an arbeitsfreien Tagen sowie an uniformierte weibliche Angehörige für die Zeit der Schwangerschaft, des Schwangeren- und Wochenurlaubs und für die Zeit der Freistellung nach der Geburt geleistet worden. Auch das Bekleidungsgeld sei kein Teil der Besoldung gewesen.
Auf den Hinweis zur Rechtsprechung des erkennenden Senats zu den Angehörigen der Zollverwaltung der DDR (Urteil vom 19. November 2015, L 1 RS 33/12) hat der Beklagte weiter ausgeführt: die Zahlungen von Verpflegungsgeld bei Zoll und Polizei hätten keine unterschiedlichen Zielrichtungen gehabt. Beide hätten der Aufrechterhaltung der Dienstbe-reitschaft und der Gewährleistung der staatlichen Aufgabenerfüllung gedient.
Der Beklagte hat die rechtlichen Grundlagen für die Zahlung von Verpflegungs- und Beklei-dungsgeld für die Zeit ab dem 1. Mai 1960 vorgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 164, 194 der Gerichtsakten verwiesen.
Der Beklagte beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen, das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 28. Juni 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend führt sie aus: Das Verpflegungs- und das Bekleidungsgeld seien "Arbeitsentgelt" im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Es komme nicht darauf an, ob diese Besoldungsbestandteil gewesen seien. Aus den rechtlichen Bestimmungen ergäbe sich kein Beweis, dass das Verpflegungs- und das Bekleidungsgeld kein Teil der Besoldung gewesen seien. Nach der Anlage 5 der Ordnung über die Zahlung von persönlichen Vergütungen und Entschädigungen vom 10. Januar 1973 sei für Ver-dienstbescheinigungen das Verpflegungsgeld mit 50 M als Verdienst aufzunehmen gewesen. Die Regelungen für die Angehörigen der Zollverwaltung seien auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht übertragbar.
Die Beteiligten haben sich mit Erklärungen vom 2. und 10. Februar 2017 mit einer Entschei-dung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung des Beklagten ist gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch in der Form und Frist des § 151 SGG eingelegt worden.
Der Senat durfte im Einverständnis mit dem Beteiligten ohne mündliche Verhandlung über den Rechtsstreit entscheiden (§ 124 Satz 2 SGG).
II.
Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass die unterbliebene Feststellung des Verpflegungs- und Bekleidungsgelds als Arbeitsentgelt rechtswidrig ist und die Klägerin i.S.v. §§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1, 157 SGG in ihren Rechten verletzt (1.). Der Beklagte war zu verpflichten, den bestandskräftigen Bescheid vom 29. Dezember 2003 auf den Überprüfungsantrag der Klägerin nach § 44 SGB X vom 26. August 2009 auch für den Zeitraum ab der Bekanntgabe dieses Bescheids zu ändern (2.).
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X, der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, ist ein nicht begünstigender Verwaltungsakt zurückzunehmen, soweit er rechtswidrig ist. Der Verwaltungsakt ist immer mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (Abs. 2 Satz 1 a.a.O.), soweit er noch Rechtswirkungen hat. Die Rücknahme hat als gebundene Entscheidung für die Vergangenheit zu erfolgen, wenn wegen der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Im Übrigen kann im Wege der Ermessensausübung der anfänglich rechtswidrige Verwaltungsakt auch in sonstigen Fällen für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X).
Der Überführungsbescheid vom 29. Dezember 2003 regelt nicht unmittelbar Ansprüche auf nachträglich zu erbringende Sozialleistungen (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014, B 5 RS 1/13 R (12)). Daher kann sich der Rücknahmeanspruch der Klägerin nur aus § 44 Abs. 2 SGB X ergeben. Dessen Voraussetzungen sind erfüllt.
1.
Der bestandskräftige Feststellungsbescheid vom 29. Dezember 2003 war im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe teilweise rechtswidrig, weil auch das tatsächlich gezahlte Verpflegungs- und das gezahlte Bekleidungsgeld als erzieltes Arbeitsentgelt festzustellen gewesen waren. Diese Feststellung lehnte der Beklagte im Überprüfungsverfahren mit dem Bescheid vom 18. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2010 zu Unrecht ab.
Rechtsgrundlage für den streitigen Feststellungsanspruch ist § 8 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 2 AAÜG. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat das beklagte Land als Versorgungs-träger für das Sonderversorgungssystem der Anlage 2 Nr. 2 (§ 8 Abs. 4 Nr. 2 AAÜG) dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt der Mitteilung nach Abs. 2 a.a.O. bekannt zu geben. Diese Mitteilung hat u.a. "das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen" zu enthalten (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014, B 5 RS 1/13 R (13)). Die Versorgungsträger im Sinne von § 8 Abs. 4 AAÜG haben in dem ihnen durch § 8 Abs. 1 AAÜG zugewiesenen Aufgabenkreis dem Rentenversicherungsträger "die Daten" mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zu Feststellungen der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dies umfasst die Mitteilung des tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens sowie der Daten, die sich nach Anwendung der §§ 6 und 7 ergeben (§ 8 Abs. 2 AAÜG). Gemäß § 6 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeits-einkommen zugrunde zu legen.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23. August 2007, B 4 RS 4/06 R (24 ff.); Urteil vom 30. Oktober 2014, B 5 RS 1/13 R (15,16); Urteil vom 23. Juli 2015, B 5 RS 9/14 R (13,14); Urteil vom 29. Oktober 2015, B 5 RS 7/14 R (18 f.)) bestimmt sich der Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG nach § 14 SGB IV. Darunter fällt nicht nur der nach dem Recht der DDR renten- bzw. versorgungsrelevante Verdienst. Jeder rechtlich relevante Bezug zum Arbeitsverhältnis genügt. Ob ein derartiger Bezug im Einzelfall vorliegt, ist durch Feststellung und zeitliche Zuordnung des jeweils maßgeblichen DDR-Rechts zu ermitteln, aus dem sich die streitige Zuwendung ergibt. Hierzu gehört neben der Feststellung der Zahlungsmodalitäten im Einzelnen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 7. Mai 2014, B 12 R 18/11 R) auch die Feststellung und exakte zeitliche Zuordnung desjenigen DDR-Rechts, aus dem sich der Sinn der in Frage stehenden Zahlungen ergibt. Dessen abstrakt-generelle Regelungen dienen insofern als "generelle Anknüpfungstatsachen".
Bei Vorliegen von Arbeitsentgelt i.S.v. § 14 SGB IV ist in einem zweiten Prüfungsschritt festzustellen, ob sich insbesondere auf der Grundlage von § 17 SGB IV i.V.m. § 1 Arbeits-entgeltverordnung (ArEV) ausnahmsweise ein Ausschluss ergibt. Dieser kommt allein dann in Betracht, wenn u.a. "Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen" zu Löhnen oder Gehältern "zusätzlich" gezahlt werden und lohnsteuerfrei sind. Nur wenn kumulativ beide Voraussetzungen erfüllt sind, besteht ausnahmsweise Beitragsfreiheit. Insofern es auf Vorschriften des Steuerrechts ankommt, ist das am 1. August 1991 - dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG - geltende Steuerrecht maßgeblich.
Unstreitig sind an die Klägerin Verpflegungs- und Bekleidungsgeld seitens ihres Dienstherrn in dem vom SG tenorierten Umfang gezahlt worden. Die konkrete Höhe der Zahlungen ergibt sich aus den Besoldungsstammkarten, die schon im Verwaltungsverfahren beigezogen wurden.
a.
Das an die Klägerin gezahlte Verpflegungs- und Bekleidungsgeld war "Arbeitsentgelt" i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG.
Insoweit genügt jeder rechtlich relevante Bezug zum Arbeitsverhältnis. Ein synallagmatisches Verhältnis von Arbeit und Entgelt ist zwar im Einzelfall hinreichend, nicht aber stets notwendig (BSG, Urteil vom 23. Juli 2015,B 5 RS 9/14 (13)).
Der Bezug dieser Leistungen zum Arbeitsverhältnis der Klägerin ergibt sich aus den maß-geblichen Bestimmungen der ehemaligen DDR:
a.a.
Grundlage für die Zahlungen des Verpflegungsgelds waren der Befehl des Ministers des Innern Nr. 24/60 vom 22. April 1960 auf der Grundlage des Beschlusses des Ministerrates der DDR über die Einführung von Wohnungs- und Verpflegungsgeld für die Angehörigen der bewaffneten Organe des MdI vom 21. April 1960 und die darauf beruhende Dienstvorschrift Nr. I/29 des Ministers des Innern vom 20. Mai 1963 sowie die jeweils vom Minister des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei erlassene Ordnung Nr. 18/68 vom 1. Juli 1968 (Ordnung über die Verpflegungsversorgung) (dort: III.), ferner die Ordnung Nr. 21/73 vom 10. Januar 1973 (Ordnung über die Zahlung von persönlichen Vergütungen und Entschädigungen) (dort: A.I.1.(1) b), A.I.1.(3), A.II.), die Ordnung Nr. 18/74 über die Verpflegungsversorgung (Verpflegungsordnung) vom 20. Dezember 1973 (dort: III., IV.), die Ordnung Nr. 18/77 über die Verpflegungsversorgung (Verpflegungsordnung) vom 16. Mai 1977 und die Ordnung Nr. 18/87 über die Organisation und Sicherstellung der Verpflegungsversorgung (Verpflegungsordnung) vom 21. November 1986 (dort: B.I.).
b.b.
Aus den Dienstanweisungen des Ministers des Innern 18/57 vom 31. Oktober 1957 und Nr. 15/60 von 22. April 1960 ergibt sich, dass ein monatliches Bekleidungsgeld nur zu zahlen war, wenn die Bediensteten nicht Uniformträger und auch nicht mehr im Besitz ihrer Uniform waren. Die Ordnung Nr. 21/73 des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei vom 10. Januar 1973 sah unter Teil III. 2. vor, dass Bekleidungsgeld nur für Angehörige, die während der Dienstdurchführung Zivilkleidung tragen, für die nicht in Anspruch genommene Uniform zu zahlen war. Es handelte sich um eine persönliche Vergütung, die kein Bestandteil der Besoldung war (Ordnung Nr. 21/73 des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei vom 10. Januar 1973 Teil A I. 1 (1.) a), 2.).
Ein zumindest mittelbarer Zusammenhang mit der Beschäftigung besteht daher in Bezug auf das streitige Verpflegungs- und das Bekleidungsgeld. Denn beide Leistungen waren mit einem tatsächlichen Dienstverhältnis verknüpft. Es handelt sich um Einnahmen aus dem Dienstverhältnis der Klägerin zur Deutschen Volkspolizei. Der Anspruch auf die persönlichen Vergütungen entstand am Tag des Beginns des Dienstverhältnisses bzw. bei Eintritt der entsprechenden Voraussetzungen. Der Anspruch endete bei Wegfall der Voraussetzungen bzw. bei Auflösung des Dienstverhältnisses mit dem festgelegten Entlassungstag. Daher ist unerheblich, dass sowohl das Verpflegungs- als auch das Bekleidungsgeld nicht Bestandteil der Besoldung, sondern lohnsteuer- und beitragsfreie persönliche Vergütungen waren.
b.
In einem zweiten Prüfungsschritt ist zu klären, ob sich gemäß § 17 SGB IV i.V.m. § 1 ArEV i.d.F. vom 12. Dezember 1989 (BGBl I S. 2177) ausnahmsweise ein Ausschluss ergibt. Dies ist nach den o.g. genannten Kriterien nicht der Fall.
a.a.
Das der Klägerin tatsächlich gezahlte Verpflegungsgeld wäre im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG am 1. August 1991 steuerpflichtig gewesen.
Dies ergibt sich aus der Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums für Finanzen vom 21. März 1991 (VV DEU BMF 1991-03-21 IV B 6-S 2332-20/91; recherchiert über JURIS). Danach unterlagen die Bezüge für ein gegenwärtiges Dienstverhältnis u.a. nach der Besol-dungsordnung des ehemaligen Ministeriums des Innern/Volkspolizei "dem Lohnsteuerabzug in Höhe der Bruttobesoldung (ggf. einschließlich Wohnungs-, Verpflegungs- und Beklei-dungsgeld)".
Bestätigt wird diese Rechtsauffassung in der Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums für Finanzen vom 28. Juni 1991 betreffend die steuerliche Behandlung der Mutterschaftsleis-tungen nach den Vorschriften der ehemaligen DDR (VV DEU BMF 1991-06-28 IV B 6 6-S 2342-39/91). Unter I.3. findet sich der Hinweis, dass Wohnungsgeld und Verpflegungsgeld seit 1. Januar 1991 steuer-, sozialversicherungs- und VSO-beitragspflichtiges Einkommen seien. Es handele sich daher um Bestandteile der Bruttobezüge.
Die zum Stichtag maßgeblichen Verwaltungsvorschriften des BMF stehen auch im Einklang mit den steuergesetzlichen Regelungen: Insbesondere fällt das Verpflegungsgeld nicht unter § 3 Nr. 4c EStG (Verpflegungs- und Beköstigungszuschüsse während Einsätzen außerhalb des üblichen Dienstortes), oder unter § 3 Nr. 12, 13 oder 16 EStG (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. Februar 2016, L 16 R 649/14 (24), LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. Oktober 2016, L 3 RS 11/15).
Das Verpflegungsgeld ist auch nicht als lediglich notwendige Begleiterscheinung betriebs-funktionaler Zielsetzungen anzusehen.
Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 EStG (in der Fassung vom 7. September 1990 des Steuerreformgesetzes vom 25. Juli 1988, BGBl I S. 1093) gehören zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Insofern ist es gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht. Dem Tatbestandsmerkmal "für eine Beschäftigung" ist nach ständiger finanzgerichtlicher Rechtsprechung zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das zur Verfügung stellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Dagegen sind solche Vorteile (auch steuerrechtlich) kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen. Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. In diesem Fall des "ganz überwiegend" eigenbetrieblichen Interesses kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers: Je höher aus der Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusetzen ist, desto geringer wiegt das aus der Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse. Tritt das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber dem des Arbeitgebers in den Hintergrund, kann eine Lohnzuwendung zu verneinen sein. Ist aber - neben dem eigenbe-trieblichen Interesse des Arbeitgebers - ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und ist damit als Lohnzuwendung zu werten. Entscheidend ist somit, ob durch den mit der Unentgeltlichkeit verbundenen Vorteil die Arbeitsleistung zusätzlich abgegolten werden soll oder ob es sich um eine von der Arbeitsleistung losgelöste betriebliche Maßnahme des Arbeitgebers handelt (Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 21. Januar 2010, VI R 51/08 (12 f.)).
Insoweit folgt der Senat in vollem Umfang dem Urteil des 3. Senat des Landessozialgerichts vom 13. Oktober 2016 (L 3 RS 11/15, (33 f.)). Die Zahlung des Verpflegungsgelds diente nicht ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interessen. Vielmehr sollte das Verpflegungsgeld u.a. maßgeblich zur Verbesserung des Einkommens der Angehörigen der bewaffneten Organe des MdI gezahlt werden. Ziel war es, die Gehälter der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei im Zuge lohnpolitischer Maßnahmen an die Einkünfte der anderen Angehörigen der bewaffneten Organe anzupassen. Verhindert werden sollte die weitere Abwanderung der Beschäftigten zu anderen bewaffneten Organen durch eine Angleichung der Gehälter. Gerade die Tätigkeit bei der Deutschen Volkspolizei sollte lohntechnisch aufgewertet werden. Es ging bei der Einführung des Verpflegungsgelds ausdrücklich um eine "weitere Verbesserung der Lebenslage der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei" (Beschluss über die Einführung von Wohnungs- und Verpflegungsgeld für die Angehörigen der bewaffneten Organe des Ministeriums des Inneren vom 21. April 1960, Geheime Regierungssache GRS Nr. 148/60; Befehl des Ministers des Inneren Nr. 24/60 vom 22. April 1960, Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, Ministerium des Inneren, ?. 0001). Die Bediensteten der Deutschen Volkspolizei konnten auch nach freiem Ermessen über die persönlichen Zulagen verfügen.
b.b.
Auch das der Klägerin tatsächlich gezahlte Bekleidungsgeld wäre im Zeitpunkt des Inkrafttre-tens des AAÜG am 1. August 1991 steuerpflichtig gewesen.
Das Bekleidungsgeld wäre nicht gemäß § 3 Nr. 4b EStG steuerfrei gewesen. Danach waren steuerfrei bei Angehörigen der Bundeswehr, des Bundesgrenzschutzes, der Bereitschaftspo-lizei der Länder, der Vollzugspolizei und der Berufsfeuerwehr der Länder und Gemeinden und bei Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei des Bundes, der Länder und Gemeinden Einkleidungsbeihilfen und Abnutzungsentschädigungen für die Dienstbekleidung der zum Tragen oder Bereithalten von Dienstkleidung Verpflichteten und für dienstlich notwendige Kleidungsstücke der Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei.
Es handelte sich bei dem Bekleidungsgeld nicht um Abnutzungsentschädigungen für die Dienstkleidung oder für dienstlich notwendige Kleidungsstücke. Vielmehr war es einen Lohnausgleich für die während der Dienstdurchführung nicht in Anspruch genommene Dienstuniform.
Das Bekleidungsgeld wäre auch nicht in entsprechender Anwendung von § 3 Nr. 12 EStG in der am 1. August 1991 geltenden Fassung lohnsteuerfrei gewesen. Nach dieser Vorschrift sind aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge steuerfrei, die in einem Bundes- oder Landesgesetz oder einer auf bundes- oder landesgesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder von der Bundesregierung oder einer Landesregierung als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden (Satz 1). Das gleiche gilt für andere Bezüge, die als Aufwandsentschä-digung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen (Lohnsteuerfreiheit bejaht: Urteil des erkennenden Senats vom 19. November 2015, L 1 RS 33/12 zu Reini-gungszuschüssen für Bedienstete des Zolls).
Anders als die Reinigungszuschüsse für Bedienstete des Zolls überstieg das bewilligte Bekleidungsgeld auch den Aufwand für die Abnutzung der Privatkleidung der bei der Deutschen Volkspolizei Tätigen deutlich. Die erfolgten Zahlungen des Bekleidungsgelds betrugen ca. 5% des jährlichen Bruttoeinkommens (1978: 5,19 %). Es liegt auf der Hand, dass eine solche Summe nicht allein eine Entschädigung für den Verschleiß der Privatkleidung während des Dienstes darstellen sollte.
Dies entspricht auch der damaligen Rechtsauffassung des BMF. Nach der VV DEU BMF 1991-03-21 IV B 6-S 2332-20/91 unterlagen die Bezüge für ein gegenwärtiges Dienstverhältnis u.a. nach der Besoldungsordnung des ehemaligen Ministeriums des Innern/Volkspolizei "dem Lohnsteuerabzug in Höhe der Bruttobesoldung (ggf. einschließlich Wohnungs-, Verpflegungs- und Bekleidungsgeld)".
Auch die zweite - notwendige - Voraussetzung für eine ausnahmsweise Einkommensteuer-freiheit des Bekleidungsgelds hätte nicht vorgelegen. Insoweit kann ebenfalls ein überwie-gendes eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers für die Zahlung eines Bekleidungsgelds nicht festgestellt werden. Insbesondere handelte es sich - anders als bei dem Reini-gungszuschuss für die Pflege der Uniformen der Zöllner - nicht um Aufwendungen für die Pflege der Dienstbekleidung. Vielmehr kam das Bekleidungsgeld lediglich den Arbeitnehmern zugute, die anstelle einer Dienstuniform im Dienst ihre Privatkleidung nutzten. Der einzige Vorteil für den Arbeitgeber waren Ersparnisse bei den Ausgaben für Dienstuniformen. Mit dem Bekleidungsgeld wurde jedoch nicht etwa der Zweck verfolgt, die Polizeibehörden nach außen durch einheitliche Kleidung zu repräsentieren (so etwa für den Fall einer während der Arbeitszeit zu tragenden einheitlichen bürgerlichen Kleidung: BFH, Urteil vom 22. Juni 2006, VI R 21/05). Vielmehr stand es den begünstigten Beschäftigten der Deutschen Volkspolizei frei, wie sie das Bekleidungsgeld verwenden wollten. Eine Zweckbindung für den Kauf von Kleidungsstücken mit dem bewilligten Bekleidungsgeld war nicht vorgesehen. Bei dieser Würdigung ist auch zu berücksichtigen, dass das Bekleidungsgeld mit Zahlbeträgen von monatlich 50 M bis 60 M (ab 1973) erheblich über denen eines Reinigungszuschusses für die Zöllner lag. Nach der zu berücksichtigenden Wechselwirkung (s.o.) kommt daher einem eventuell auch vorhandenen eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers keine Bedeutung mehr zu.
2.a.
Deshalb hat der Beklagte den zur Überprüfung gestellten Bescheid vom 29. Dezember 2003 im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nach § 44 Abs. 2 SGB X insoweit mit Wirkung für die Zukunft, d.h. mit Wirkung für die Zeit nach Bekanntgabe des Zugunstenbescheids zurückzunehmen.
b.
Die Entscheidung, den teilweise rechtswidrigen Feststellungsbescheid vom 29. Dezember 2003 auch mit Wirkung für die Zeit vor Bekanntgabe des Bescheids vom 18. November 2009 aufzuheben, steht nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X grundsätzlich im Ermessen des Beklagten (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R (17)). Eine Verpflichtung zur Aufhebung des Überführungsbescheides auch für die Vergangenheit kommt daher nur dann in Betracht, wenn das Ermessen zu Gunsten der Klägerin auf Null reduziert ist. Anderenfalls kann der Beklagte nur zur Neubescheidung des Überprüfungsantrages verpflichtet werden. Eine derartige Verdichtung des Ermessens zu Gunsten der Klägerin liegt nur dann vor, wenn ihre individuellen Belange, die in die Ermessensausübung einzustellen sind, das Interesse an der Rechtssicherheit deutlich überwiegen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Juni 2016, L 33 R 182/15 WA (153); LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. Oktober 2016, L 3 RS 11/15 (33)).
Ein solches überwiegendes Interesse der Klägerin erkennt der Senat bereits für den Zeitraum vor Stellung des Überprüfungsantrags am 26. August 2009 (anders: u.a. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. Oktober 2016, L 3 RS 11/15 (33)). Der zu überprüfende Bescheid vom 29. Dezember 2003 ist daher mit Wirkung ab seiner Bekanntgabe an die Klägerin zu ändern.
Auch für die Zeit vor der Stellung des Überprüfungsantrags sind keine Interessen des Beklagten erkennbar, welche dieser der beantragten Änderung des teilweise rechtswidrigen Feststellungsbescheids vom 29. Dezember 2003 entgegen halten könnte. Der Beklagte ist grundsätzlich, soweit er in der Vergangenheit eine falsche Rechtsanwendung vorgenommen hat, zur Korrektur seiner fehlerhaften Entscheidung verpflichtet. Ein sachlicher Grund, bei der notwendigen Korrektur die Zeiträume vor dem Antrag nach § 44 SGB X vom 26. August 2009 auszusparen, ist hier nicht erkennbar. Insbesondere entsteht bei dem Beklagten keinerlei finanzielle Belastung durch die Verpflichtung zur Korrektur des Bescheids vom 29. Dezember 2003 bereits zu seinem Erlasszeitpunkt. Darüber hinaus unterscheidet sich die finanzielle Interessenlage des Adressaten eines Feststellungsbescheids nach dem AAÜG nicht maßgeblich von den Fällen des § 44 Abs. 1 SGB X, der die Fälle der zu Unrecht nicht bewilligten Sozialleistungen regelt. Der Adressat eines Feststellungsbescheids hat grund-sätzlich ein erhebliches Interesse an der Feststellung des weiteren Einkommens, gerade weil dieses sich mittelbar auf die Höhe der gesetzlichen Rente auswirken kann. Es ist daher kein Grund ersichtlich, den Korrekturzeitraum nicht auch auf die Zeit vor dem Überprüfungsantrag vom 26. August 2009 auszudehnen. Der Beklagte könnte auch nicht eine seit dem Erlass des Feststellungsbescheids geänderte obergerichtliche Rechtsprechung für ein Absehen von einer Korrektur für die Vergangenheit in Anspruch nehmen. Denn das BSG hatte bereits mit Urteilen vom 23. Juni 1998 (B 4 R 61/07 R) und vom 4. August 1998 (B 4 R 74/96 R) als Arbeitsentgelt i.S.v. § 6 AAÜG das tatsächliche Arbeitsentgelt unabhängig von früherer Beitragszahlung oder Beitragserstattung angesehen. Die Frage eines Zeitablaufs von dem bestandskräftigen Feststellungsbescheid bis zum Überprüfungsantrag ist im Rahmen der Ermessensausübung ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Denn der Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X ist jederzeit zulässig und nicht an Fristen gebunden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage.
Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechts-züge zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Feststellung des neben dem Bruttoverdienst gezahlten Verpflegungs- und Bekleidungsgelds für die Zeit vom ... 1970 bis zum ... 1979 als weitere Entgelte nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG).
Die am ... 1947 geborene Klägerin war vom ... 1965 bis ... 1979 bei der Deutschen Volkspolizei der DDR tätig. Sie war vom ... 1968 bis zum ... 1979 in das Sonderversorgungssystem des Ministeriums des Innern der ehemaligen DDR (VSO-MdI) (Nr. 2 der Anlage 2 zum AAÜG) einbezogen. Neben dem Bruttoverdienst bezog sie u.a. Verpflegungs- und Bekleidungsgeld, die nicht sozialversicherungs- und lohnsteuerpflichtig waren. Die Zahlungen wurden in den Besoldungsstammkarten über die Klägerin dokumentiert. Der Beklagte hat - von diesen Eintragungen ausgehend - im sozialgerichtlichen Verfahren eine Auflistung über die erfolgten Zahlungen im streitigen Zeitraum, getrennt nach Jahren und nach Verpflegungs- sowie Bekleidungsgeld, vorgelegt. Über die Höhe der tatsächlichen Zahlungen besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom ... 2003 stellte die Polizeidirektion M. für das beklagte Land für den Zeitraum vom ... 1968 bis zum ... 1979 Zeiten der Zugehörigkeit zum VSO-MdI fest. Darin berücksichtigte sie nur den jeweils erzielten Jahresbruttoverdienst.
Am 26. August 2009 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheids und begehrte die Feststellung von weiteren Entgelten nach dem AAÜG, insb. des gezahlten Verpflegungs- und Bekleidungsgelds.
Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 18. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheids vom 3. Mai 2010 die Feststellung von weiteren Entgelten ab. Die bisherige Rechtsprechung betreffe Einzelfallentscheidungen oder die Zusatzversorgungssysteme. Sie sei daher auf die Sonderversorgungssysteme nicht übertragbar. Es werde eine obergerichtli-che Klärung angestrebt.
Dagegen hat die Klägerin am 4. Juni 2010 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Sie hat vorgetragen, das Verpflegungs- und Bekleidungsgeld seien Arbeitsentgelt i.S.v. § 14 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV). Sie hat sich auf Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. August 2007 (B 4 RS 4/06 R) und des erkennenden Senats vom 17. Juli 2008 (L 1 RA 243/05) bezogen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, es handele sich nicht um Arbeitsentgelte. Die Urteile des BSG beträfen nur die Zusatzversorgungssysteme. Die hier streitigen Leistungen seien als Sozialleistungen und Aufwandsentschädigung anzusehen. Sie hätten auch nicht der Steuer- und Beitragspflicht der DDR unterlegen. Eine Berücksichtigung komme nur in Betracht, sofern diese nach dem Recht der DDR renten- oder versorgungsrechtliche Auswirkungen gehabt hätten. Die rentenrechtliche Berücksichtigung würde auch zu einer Ungleich-behandlung der Arbeitnehmer mit gewährter Vollverpflegung führen.
Das SG hat mit Urteil vom 28. Juni 2012 antragsgemäß den Bescheid vom 18. November 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2010 aufgehoben. Es hat ferner den Beklagten verpflichtet, unter Abänderung des Bescheids vom 29. Dezember 2003 für die Zeit vom ... 1970 bis ... 1979 Verpflegungs- und Bekleidungsgeld entsprechend der Zahlungen für die einzelnen Jahre als weitere Arbeitsentgelte festzustellen. Verpflegungs- und Bekleidungsgeld seien laufende Einnahmen aus einer Beschäftigung und daher Arbeitsentgelt i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Nach der Rechtsprechung des BSG sei der Begriff des Arbeitsentgelts nach § 14 SGB IV zu bestimmen; eine Anknüpfung an das Recht der ehemaligen DDR sei nicht vorzunehmen. Es müsse sich nicht um eine Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistung handeln. Ausreichend sei, dass die Zahlungen im Zusammenhang mit einer Beschäftigung gestanden hätten. Das Verpflegungsgeld sei eine finanzielle Abgel-tung der im Rahmen des Dienstverhältnisses als Sachleistung gewährten Vollverpflegung gewesen. Dies gelte auch für das Bekleidungsgeld. Diese Leistungen seien auch nicht ausnahmsweise nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, weil sie am 1. August 1991 gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB IV i.V.m. § 1 der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) lohnsteuerfrei gewesen wären. Dies beurteile sich an dem Einkommensteuergesetz (EStG) i.d.F. vom 1. August 1991. Verpflegungszuschüsse seien nur bei der "im Einsatz unentgeltlich abgegebenen Verpflegung" lohnsteuerfrei gewesen (§ 3 Nr. 4 c EStG). Auf das Bekleidungsgeld passe die Vorschrift des § 3 Nr. 4b EStG ("Einkleidungsbeihilfen und Abnutzungsentschädigungen für die Dienstkleidung der zum Tragen oder Bereithalten von Dienstkleidung Verpflichteten und für dienstlich notwendige Kleidungsstücke der Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei") schon begrifflich nicht. Steuerfreiheit ergebe sich auch nicht aus § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 EStG. Es habe sich nicht um Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile gehandelt, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Nach einem Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) von Dezember 1990 sollte auf das Verpflegungsgeld ab Januar 1991 Lohnsteuer erhoben werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seien Geldzuwendungen, über die der Arbeitnehmer nach seinem Ermessen verfügen könne, in der Regel Arbeitslohn. So liege der Fall hier für das Verpflegungsgeld.
Gegen das ihm am 6. August 2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 20. August 2012 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Er hat sich zunächst auf sein bisheriges Vorbringen sowie auf Rechtsprechung der Instanzgerichte berufen. Dort sei u.a. vertreten worden, die Zulagen seien zum Zeitpunkt des Zuflusses lohnsteuerfrei gewesen und nicht als Arbeitsentgelte i.S.v. § 14 SGB IV zu berücksichtigen. Es bestünde auch eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Versicherten aufgrund der Regelung in § 256a Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Das von der Klägerin in Anspruch genommene Urteil des BSG vom 23. August 2007 (a.a.O.) betreffe die Anerkennung von Jahresendprämien auf dem Gebiet der Zusatzversorgung und habe keine Auswirkung auf den vorliegenden Fall.
Mit Beschluss vom 23. Oktober 2013 ist hinsichtlich des beim BSG anhängigen Revisions-verfahrens B 5 RS 1/13 das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden. Das Verfahren ist nach Vorliegen des Urteils des BSG vom 30. Oktober 2014 fortgesetzt worden.
Der Beklagte hat weiter vorgetragen, die streitigen Zahlungen seien nicht aus der Beschäfti-gung erzielt worden und hätten keine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung dargestellt. Nach dem Recht der DDR habe es sich um lohnsteuer- und beitragsfreie persönliche Vergütungen gehandelt. Diese seien nicht Bestandteil der Besoldung gewesen. Mit dem Verpflegungsgeld habe ein besonderer Aufwand für die Verpflegung ausgeglichen werden sollen. Zweck sei die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Polizei und die Sicherstellung der Erledigung der staatlichen Aufgaben gewesen. Dies sei durch die vorran-gige Teilnahme an der Gemeinschaftsversorgung oder durch Auszahlung des Verpflegungs-gelds erfolgt. Dieses habe nicht als Entgelt zur freien Verfügung gestanden, sondern sei für die Durchführung der Vollverpflegung einzusetzen gewesen. Die Zahlungen hätten zudem keinen Lohncharakter gehabt. Dies ergebe sich u.a. daraus, dass der Anspruch auf Vollverpflegung und Verpflegungsgeld auch an dienstfreien Tagen bestanden habe. Das gleiche gelte für Bekleidungsgeld, das ebenfalls keinen Gegenleistungscharakter des Dienstherrn gegenüber den Angehörigen der Volkspolizei gehabt habe. Es sei für die Angehörigen der Volkspolizei gezahlt worden, die während des Dienstes Zivilkleidung tragen durften und auch keine Uniform besessen hätten. Es sei eine finanzielle Entschädigung für die Abnutzung und den Verschleiß der im Dienst getragenen Privatkleidung gewesen. Das Bekleidungsgeld sei an arbeitsfreien Tagen sowie an uniformierte weibliche Angehörige für die Zeit der Schwangerschaft, des Schwangeren- und Wochenurlaubs und für die Zeit der Freistellung nach der Geburt geleistet worden. Auch das Bekleidungsgeld sei kein Teil der Besoldung gewesen.
Auf den Hinweis zur Rechtsprechung des erkennenden Senats zu den Angehörigen der Zollverwaltung der DDR (Urteil vom 19. November 2015, L 1 RS 33/12) hat der Beklagte weiter ausgeführt: die Zahlungen von Verpflegungsgeld bei Zoll und Polizei hätten keine unterschiedlichen Zielrichtungen gehabt. Beide hätten der Aufrechterhaltung der Dienstbe-reitschaft und der Gewährleistung der staatlichen Aufgabenerfüllung gedient.
Der Beklagte hat die rechtlichen Grundlagen für die Zahlung von Verpflegungs- und Beklei-dungsgeld für die Zeit ab dem 1. Mai 1960 vorgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 164, 194 der Gerichtsakten verwiesen.
Der Beklagte beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen, das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 28. Juni 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend führt sie aus: Das Verpflegungs- und das Bekleidungsgeld seien "Arbeitsentgelt" im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Es komme nicht darauf an, ob diese Besoldungsbestandteil gewesen seien. Aus den rechtlichen Bestimmungen ergäbe sich kein Beweis, dass das Verpflegungs- und das Bekleidungsgeld kein Teil der Besoldung gewesen seien. Nach der Anlage 5 der Ordnung über die Zahlung von persönlichen Vergütungen und Entschädigungen vom 10. Januar 1973 sei für Ver-dienstbescheinigungen das Verpflegungsgeld mit 50 M als Verdienst aufzunehmen gewesen. Die Regelungen für die Angehörigen der Zollverwaltung seien auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht übertragbar.
Die Beteiligten haben sich mit Erklärungen vom 2. und 10. Februar 2017 mit einer Entschei-dung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung des Beklagten ist gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch in der Form und Frist des § 151 SGG eingelegt worden.
Der Senat durfte im Einverständnis mit dem Beteiligten ohne mündliche Verhandlung über den Rechtsstreit entscheiden (§ 124 Satz 2 SGG).
II.
Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass die unterbliebene Feststellung des Verpflegungs- und Bekleidungsgelds als Arbeitsentgelt rechtswidrig ist und die Klägerin i.S.v. §§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1, 157 SGG in ihren Rechten verletzt (1.). Der Beklagte war zu verpflichten, den bestandskräftigen Bescheid vom 29. Dezember 2003 auf den Überprüfungsantrag der Klägerin nach § 44 SGB X vom 26. August 2009 auch für den Zeitraum ab der Bekanntgabe dieses Bescheids zu ändern (2.).
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X, der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, ist ein nicht begünstigender Verwaltungsakt zurückzunehmen, soweit er rechtswidrig ist. Der Verwaltungsakt ist immer mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (Abs. 2 Satz 1 a.a.O.), soweit er noch Rechtswirkungen hat. Die Rücknahme hat als gebundene Entscheidung für die Vergangenheit zu erfolgen, wenn wegen der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Im Übrigen kann im Wege der Ermessensausübung der anfänglich rechtswidrige Verwaltungsakt auch in sonstigen Fällen für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X).
Der Überführungsbescheid vom 29. Dezember 2003 regelt nicht unmittelbar Ansprüche auf nachträglich zu erbringende Sozialleistungen (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014, B 5 RS 1/13 R (12)). Daher kann sich der Rücknahmeanspruch der Klägerin nur aus § 44 Abs. 2 SGB X ergeben. Dessen Voraussetzungen sind erfüllt.
1.
Der bestandskräftige Feststellungsbescheid vom 29. Dezember 2003 war im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe teilweise rechtswidrig, weil auch das tatsächlich gezahlte Verpflegungs- und das gezahlte Bekleidungsgeld als erzieltes Arbeitsentgelt festzustellen gewesen waren. Diese Feststellung lehnte der Beklagte im Überprüfungsverfahren mit dem Bescheid vom 18. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2010 zu Unrecht ab.
Rechtsgrundlage für den streitigen Feststellungsanspruch ist § 8 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 2 AAÜG. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat das beklagte Land als Versorgungs-träger für das Sonderversorgungssystem der Anlage 2 Nr. 2 (§ 8 Abs. 4 Nr. 2 AAÜG) dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt der Mitteilung nach Abs. 2 a.a.O. bekannt zu geben. Diese Mitteilung hat u.a. "das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen" zu enthalten (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014, B 5 RS 1/13 R (13)). Die Versorgungsträger im Sinne von § 8 Abs. 4 AAÜG haben in dem ihnen durch § 8 Abs. 1 AAÜG zugewiesenen Aufgabenkreis dem Rentenversicherungsträger "die Daten" mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zu Feststellungen der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dies umfasst die Mitteilung des tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens sowie der Daten, die sich nach Anwendung der §§ 6 und 7 ergeben (§ 8 Abs. 2 AAÜG). Gemäß § 6 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeits-einkommen zugrunde zu legen.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23. August 2007, B 4 RS 4/06 R (24 ff.); Urteil vom 30. Oktober 2014, B 5 RS 1/13 R (15,16); Urteil vom 23. Juli 2015, B 5 RS 9/14 R (13,14); Urteil vom 29. Oktober 2015, B 5 RS 7/14 R (18 f.)) bestimmt sich der Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG nach § 14 SGB IV. Darunter fällt nicht nur der nach dem Recht der DDR renten- bzw. versorgungsrelevante Verdienst. Jeder rechtlich relevante Bezug zum Arbeitsverhältnis genügt. Ob ein derartiger Bezug im Einzelfall vorliegt, ist durch Feststellung und zeitliche Zuordnung des jeweils maßgeblichen DDR-Rechts zu ermitteln, aus dem sich die streitige Zuwendung ergibt. Hierzu gehört neben der Feststellung der Zahlungsmodalitäten im Einzelnen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 7. Mai 2014, B 12 R 18/11 R) auch die Feststellung und exakte zeitliche Zuordnung desjenigen DDR-Rechts, aus dem sich der Sinn der in Frage stehenden Zahlungen ergibt. Dessen abstrakt-generelle Regelungen dienen insofern als "generelle Anknüpfungstatsachen".
Bei Vorliegen von Arbeitsentgelt i.S.v. § 14 SGB IV ist in einem zweiten Prüfungsschritt festzustellen, ob sich insbesondere auf der Grundlage von § 17 SGB IV i.V.m. § 1 Arbeits-entgeltverordnung (ArEV) ausnahmsweise ein Ausschluss ergibt. Dieser kommt allein dann in Betracht, wenn u.a. "Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen" zu Löhnen oder Gehältern "zusätzlich" gezahlt werden und lohnsteuerfrei sind. Nur wenn kumulativ beide Voraussetzungen erfüllt sind, besteht ausnahmsweise Beitragsfreiheit. Insofern es auf Vorschriften des Steuerrechts ankommt, ist das am 1. August 1991 - dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG - geltende Steuerrecht maßgeblich.
Unstreitig sind an die Klägerin Verpflegungs- und Bekleidungsgeld seitens ihres Dienstherrn in dem vom SG tenorierten Umfang gezahlt worden. Die konkrete Höhe der Zahlungen ergibt sich aus den Besoldungsstammkarten, die schon im Verwaltungsverfahren beigezogen wurden.
a.
Das an die Klägerin gezahlte Verpflegungs- und Bekleidungsgeld war "Arbeitsentgelt" i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG.
Insoweit genügt jeder rechtlich relevante Bezug zum Arbeitsverhältnis. Ein synallagmatisches Verhältnis von Arbeit und Entgelt ist zwar im Einzelfall hinreichend, nicht aber stets notwendig (BSG, Urteil vom 23. Juli 2015,B 5 RS 9/14 (13)).
Der Bezug dieser Leistungen zum Arbeitsverhältnis der Klägerin ergibt sich aus den maß-geblichen Bestimmungen der ehemaligen DDR:
a.a.
Grundlage für die Zahlungen des Verpflegungsgelds waren der Befehl des Ministers des Innern Nr. 24/60 vom 22. April 1960 auf der Grundlage des Beschlusses des Ministerrates der DDR über die Einführung von Wohnungs- und Verpflegungsgeld für die Angehörigen der bewaffneten Organe des MdI vom 21. April 1960 und die darauf beruhende Dienstvorschrift Nr. I/29 des Ministers des Innern vom 20. Mai 1963 sowie die jeweils vom Minister des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei erlassene Ordnung Nr. 18/68 vom 1. Juli 1968 (Ordnung über die Verpflegungsversorgung) (dort: III.), ferner die Ordnung Nr. 21/73 vom 10. Januar 1973 (Ordnung über die Zahlung von persönlichen Vergütungen und Entschädigungen) (dort: A.I.1.(1) b), A.I.1.(3), A.II.), die Ordnung Nr. 18/74 über die Verpflegungsversorgung (Verpflegungsordnung) vom 20. Dezember 1973 (dort: III., IV.), die Ordnung Nr. 18/77 über die Verpflegungsversorgung (Verpflegungsordnung) vom 16. Mai 1977 und die Ordnung Nr. 18/87 über die Organisation und Sicherstellung der Verpflegungsversorgung (Verpflegungsordnung) vom 21. November 1986 (dort: B.I.).
b.b.
Aus den Dienstanweisungen des Ministers des Innern 18/57 vom 31. Oktober 1957 und Nr. 15/60 von 22. April 1960 ergibt sich, dass ein monatliches Bekleidungsgeld nur zu zahlen war, wenn die Bediensteten nicht Uniformträger und auch nicht mehr im Besitz ihrer Uniform waren. Die Ordnung Nr. 21/73 des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei vom 10. Januar 1973 sah unter Teil III. 2. vor, dass Bekleidungsgeld nur für Angehörige, die während der Dienstdurchführung Zivilkleidung tragen, für die nicht in Anspruch genommene Uniform zu zahlen war. Es handelte sich um eine persönliche Vergütung, die kein Bestandteil der Besoldung war (Ordnung Nr. 21/73 des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei vom 10. Januar 1973 Teil A I. 1 (1.) a), 2.).
Ein zumindest mittelbarer Zusammenhang mit der Beschäftigung besteht daher in Bezug auf das streitige Verpflegungs- und das Bekleidungsgeld. Denn beide Leistungen waren mit einem tatsächlichen Dienstverhältnis verknüpft. Es handelt sich um Einnahmen aus dem Dienstverhältnis der Klägerin zur Deutschen Volkspolizei. Der Anspruch auf die persönlichen Vergütungen entstand am Tag des Beginns des Dienstverhältnisses bzw. bei Eintritt der entsprechenden Voraussetzungen. Der Anspruch endete bei Wegfall der Voraussetzungen bzw. bei Auflösung des Dienstverhältnisses mit dem festgelegten Entlassungstag. Daher ist unerheblich, dass sowohl das Verpflegungs- als auch das Bekleidungsgeld nicht Bestandteil der Besoldung, sondern lohnsteuer- und beitragsfreie persönliche Vergütungen waren.
b.
In einem zweiten Prüfungsschritt ist zu klären, ob sich gemäß § 17 SGB IV i.V.m. § 1 ArEV i.d.F. vom 12. Dezember 1989 (BGBl I S. 2177) ausnahmsweise ein Ausschluss ergibt. Dies ist nach den o.g. genannten Kriterien nicht der Fall.
a.a.
Das der Klägerin tatsächlich gezahlte Verpflegungsgeld wäre im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG am 1. August 1991 steuerpflichtig gewesen.
Dies ergibt sich aus der Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums für Finanzen vom 21. März 1991 (VV DEU BMF 1991-03-21 IV B 6-S 2332-20/91; recherchiert über JURIS). Danach unterlagen die Bezüge für ein gegenwärtiges Dienstverhältnis u.a. nach der Besol-dungsordnung des ehemaligen Ministeriums des Innern/Volkspolizei "dem Lohnsteuerabzug in Höhe der Bruttobesoldung (ggf. einschließlich Wohnungs-, Verpflegungs- und Beklei-dungsgeld)".
Bestätigt wird diese Rechtsauffassung in der Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums für Finanzen vom 28. Juni 1991 betreffend die steuerliche Behandlung der Mutterschaftsleis-tungen nach den Vorschriften der ehemaligen DDR (VV DEU BMF 1991-06-28 IV B 6 6-S 2342-39/91). Unter I.3. findet sich der Hinweis, dass Wohnungsgeld und Verpflegungsgeld seit 1. Januar 1991 steuer-, sozialversicherungs- und VSO-beitragspflichtiges Einkommen seien. Es handele sich daher um Bestandteile der Bruttobezüge.
Die zum Stichtag maßgeblichen Verwaltungsvorschriften des BMF stehen auch im Einklang mit den steuergesetzlichen Regelungen: Insbesondere fällt das Verpflegungsgeld nicht unter § 3 Nr. 4c EStG (Verpflegungs- und Beköstigungszuschüsse während Einsätzen außerhalb des üblichen Dienstortes), oder unter § 3 Nr. 12, 13 oder 16 EStG (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. Februar 2016, L 16 R 649/14 (24), LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. Oktober 2016, L 3 RS 11/15).
Das Verpflegungsgeld ist auch nicht als lediglich notwendige Begleiterscheinung betriebs-funktionaler Zielsetzungen anzusehen.
Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 EStG (in der Fassung vom 7. September 1990 des Steuerreformgesetzes vom 25. Juli 1988, BGBl I S. 1093) gehören zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Insofern ist es gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht. Dem Tatbestandsmerkmal "für eine Beschäftigung" ist nach ständiger finanzgerichtlicher Rechtsprechung zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das zur Verfügung stellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Dagegen sind solche Vorteile (auch steuerrechtlich) kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen. Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. In diesem Fall des "ganz überwiegend" eigenbetrieblichen Interesses kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers: Je höher aus der Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusetzen ist, desto geringer wiegt das aus der Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse. Tritt das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber dem des Arbeitgebers in den Hintergrund, kann eine Lohnzuwendung zu verneinen sein. Ist aber - neben dem eigenbe-trieblichen Interesse des Arbeitgebers - ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und ist damit als Lohnzuwendung zu werten. Entscheidend ist somit, ob durch den mit der Unentgeltlichkeit verbundenen Vorteil die Arbeitsleistung zusätzlich abgegolten werden soll oder ob es sich um eine von der Arbeitsleistung losgelöste betriebliche Maßnahme des Arbeitgebers handelt (Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 21. Januar 2010, VI R 51/08 (12 f.)).
Insoweit folgt der Senat in vollem Umfang dem Urteil des 3. Senat des Landessozialgerichts vom 13. Oktober 2016 (L 3 RS 11/15, (33 f.)). Die Zahlung des Verpflegungsgelds diente nicht ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interessen. Vielmehr sollte das Verpflegungsgeld u.a. maßgeblich zur Verbesserung des Einkommens der Angehörigen der bewaffneten Organe des MdI gezahlt werden. Ziel war es, die Gehälter der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei im Zuge lohnpolitischer Maßnahmen an die Einkünfte der anderen Angehörigen der bewaffneten Organe anzupassen. Verhindert werden sollte die weitere Abwanderung der Beschäftigten zu anderen bewaffneten Organen durch eine Angleichung der Gehälter. Gerade die Tätigkeit bei der Deutschen Volkspolizei sollte lohntechnisch aufgewertet werden. Es ging bei der Einführung des Verpflegungsgelds ausdrücklich um eine "weitere Verbesserung der Lebenslage der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei" (Beschluss über die Einführung von Wohnungs- und Verpflegungsgeld für die Angehörigen der bewaffneten Organe des Ministeriums des Inneren vom 21. April 1960, Geheime Regierungssache GRS Nr. 148/60; Befehl des Ministers des Inneren Nr. 24/60 vom 22. April 1960, Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, Ministerium des Inneren, ?. 0001). Die Bediensteten der Deutschen Volkspolizei konnten auch nach freiem Ermessen über die persönlichen Zulagen verfügen.
b.b.
Auch das der Klägerin tatsächlich gezahlte Bekleidungsgeld wäre im Zeitpunkt des Inkrafttre-tens des AAÜG am 1. August 1991 steuerpflichtig gewesen.
Das Bekleidungsgeld wäre nicht gemäß § 3 Nr. 4b EStG steuerfrei gewesen. Danach waren steuerfrei bei Angehörigen der Bundeswehr, des Bundesgrenzschutzes, der Bereitschaftspo-lizei der Länder, der Vollzugspolizei und der Berufsfeuerwehr der Länder und Gemeinden und bei Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei des Bundes, der Länder und Gemeinden Einkleidungsbeihilfen und Abnutzungsentschädigungen für die Dienstbekleidung der zum Tragen oder Bereithalten von Dienstkleidung Verpflichteten und für dienstlich notwendige Kleidungsstücke der Vollzugsbeamten der Kriminalpolizei.
Es handelte sich bei dem Bekleidungsgeld nicht um Abnutzungsentschädigungen für die Dienstkleidung oder für dienstlich notwendige Kleidungsstücke. Vielmehr war es einen Lohnausgleich für die während der Dienstdurchführung nicht in Anspruch genommene Dienstuniform.
Das Bekleidungsgeld wäre auch nicht in entsprechender Anwendung von § 3 Nr. 12 EStG in der am 1. August 1991 geltenden Fassung lohnsteuerfrei gewesen. Nach dieser Vorschrift sind aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge steuerfrei, die in einem Bundes- oder Landesgesetz oder einer auf bundes- oder landesgesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder von der Bundesregierung oder einer Landesregierung als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden (Satz 1). Das gleiche gilt für andere Bezüge, die als Aufwandsentschä-digung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen (Lohnsteuerfreiheit bejaht: Urteil des erkennenden Senats vom 19. November 2015, L 1 RS 33/12 zu Reini-gungszuschüssen für Bedienstete des Zolls).
Anders als die Reinigungszuschüsse für Bedienstete des Zolls überstieg das bewilligte Bekleidungsgeld auch den Aufwand für die Abnutzung der Privatkleidung der bei der Deutschen Volkspolizei Tätigen deutlich. Die erfolgten Zahlungen des Bekleidungsgelds betrugen ca. 5% des jährlichen Bruttoeinkommens (1978: 5,19 %). Es liegt auf der Hand, dass eine solche Summe nicht allein eine Entschädigung für den Verschleiß der Privatkleidung während des Dienstes darstellen sollte.
Dies entspricht auch der damaligen Rechtsauffassung des BMF. Nach der VV DEU BMF 1991-03-21 IV B 6-S 2332-20/91 unterlagen die Bezüge für ein gegenwärtiges Dienstverhältnis u.a. nach der Besoldungsordnung des ehemaligen Ministeriums des Innern/Volkspolizei "dem Lohnsteuerabzug in Höhe der Bruttobesoldung (ggf. einschließlich Wohnungs-, Verpflegungs- und Bekleidungsgeld)".
Auch die zweite - notwendige - Voraussetzung für eine ausnahmsweise Einkommensteuer-freiheit des Bekleidungsgelds hätte nicht vorgelegen. Insoweit kann ebenfalls ein überwie-gendes eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers für die Zahlung eines Bekleidungsgelds nicht festgestellt werden. Insbesondere handelte es sich - anders als bei dem Reini-gungszuschuss für die Pflege der Uniformen der Zöllner - nicht um Aufwendungen für die Pflege der Dienstbekleidung. Vielmehr kam das Bekleidungsgeld lediglich den Arbeitnehmern zugute, die anstelle einer Dienstuniform im Dienst ihre Privatkleidung nutzten. Der einzige Vorteil für den Arbeitgeber waren Ersparnisse bei den Ausgaben für Dienstuniformen. Mit dem Bekleidungsgeld wurde jedoch nicht etwa der Zweck verfolgt, die Polizeibehörden nach außen durch einheitliche Kleidung zu repräsentieren (so etwa für den Fall einer während der Arbeitszeit zu tragenden einheitlichen bürgerlichen Kleidung: BFH, Urteil vom 22. Juni 2006, VI R 21/05). Vielmehr stand es den begünstigten Beschäftigten der Deutschen Volkspolizei frei, wie sie das Bekleidungsgeld verwenden wollten. Eine Zweckbindung für den Kauf von Kleidungsstücken mit dem bewilligten Bekleidungsgeld war nicht vorgesehen. Bei dieser Würdigung ist auch zu berücksichtigen, dass das Bekleidungsgeld mit Zahlbeträgen von monatlich 50 M bis 60 M (ab 1973) erheblich über denen eines Reinigungszuschusses für die Zöllner lag. Nach der zu berücksichtigenden Wechselwirkung (s.o.) kommt daher einem eventuell auch vorhandenen eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers keine Bedeutung mehr zu.
2.a.
Deshalb hat der Beklagte den zur Überprüfung gestellten Bescheid vom 29. Dezember 2003 im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nach § 44 Abs. 2 SGB X insoweit mit Wirkung für die Zukunft, d.h. mit Wirkung für die Zeit nach Bekanntgabe des Zugunstenbescheids zurückzunehmen.
b.
Die Entscheidung, den teilweise rechtswidrigen Feststellungsbescheid vom 29. Dezember 2003 auch mit Wirkung für die Zeit vor Bekanntgabe des Bescheids vom 18. November 2009 aufzuheben, steht nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X grundsätzlich im Ermessen des Beklagten (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R (17)). Eine Verpflichtung zur Aufhebung des Überführungsbescheides auch für die Vergangenheit kommt daher nur dann in Betracht, wenn das Ermessen zu Gunsten der Klägerin auf Null reduziert ist. Anderenfalls kann der Beklagte nur zur Neubescheidung des Überprüfungsantrages verpflichtet werden. Eine derartige Verdichtung des Ermessens zu Gunsten der Klägerin liegt nur dann vor, wenn ihre individuellen Belange, die in die Ermessensausübung einzustellen sind, das Interesse an der Rechtssicherheit deutlich überwiegen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Juni 2016, L 33 R 182/15 WA (153); LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. Oktober 2016, L 3 RS 11/15 (33)).
Ein solches überwiegendes Interesse der Klägerin erkennt der Senat bereits für den Zeitraum vor Stellung des Überprüfungsantrags am 26. August 2009 (anders: u.a. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. Oktober 2016, L 3 RS 11/15 (33)). Der zu überprüfende Bescheid vom 29. Dezember 2003 ist daher mit Wirkung ab seiner Bekanntgabe an die Klägerin zu ändern.
Auch für die Zeit vor der Stellung des Überprüfungsantrags sind keine Interessen des Beklagten erkennbar, welche dieser der beantragten Änderung des teilweise rechtswidrigen Feststellungsbescheids vom 29. Dezember 2003 entgegen halten könnte. Der Beklagte ist grundsätzlich, soweit er in der Vergangenheit eine falsche Rechtsanwendung vorgenommen hat, zur Korrektur seiner fehlerhaften Entscheidung verpflichtet. Ein sachlicher Grund, bei der notwendigen Korrektur die Zeiträume vor dem Antrag nach § 44 SGB X vom 26. August 2009 auszusparen, ist hier nicht erkennbar. Insbesondere entsteht bei dem Beklagten keinerlei finanzielle Belastung durch die Verpflichtung zur Korrektur des Bescheids vom 29. Dezember 2003 bereits zu seinem Erlasszeitpunkt. Darüber hinaus unterscheidet sich die finanzielle Interessenlage des Adressaten eines Feststellungsbescheids nach dem AAÜG nicht maßgeblich von den Fällen des § 44 Abs. 1 SGB X, der die Fälle der zu Unrecht nicht bewilligten Sozialleistungen regelt. Der Adressat eines Feststellungsbescheids hat grund-sätzlich ein erhebliches Interesse an der Feststellung des weiteren Einkommens, gerade weil dieses sich mittelbar auf die Höhe der gesetzlichen Rente auswirken kann. Es ist daher kein Grund ersichtlich, den Korrekturzeitraum nicht auch auf die Zeit vor dem Überprüfungsantrag vom 26. August 2009 auszudehnen. Der Beklagte könnte auch nicht eine seit dem Erlass des Feststellungsbescheids geänderte obergerichtliche Rechtsprechung für ein Absehen von einer Korrektur für die Vergangenheit in Anspruch nehmen. Denn das BSG hatte bereits mit Urteilen vom 23. Juni 1998 (B 4 R 61/07 R) und vom 4. August 1998 (B 4 R 74/96 R) als Arbeitsentgelt i.S.v. § 6 AAÜG das tatsächliche Arbeitsentgelt unabhängig von früherer Beitragszahlung oder Beitragserstattung angesehen. Die Frage eines Zeitablaufs von dem bestandskräftigen Feststellungsbescheid bis zum Überprüfungsantrag ist im Rahmen der Ermessensausübung ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Denn der Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X ist jederzeit zulässig und nicht an Fristen gebunden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage.
Rechtskraft
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