Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 19 AS 2604/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 AS 112/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 28. Januar 2016 betreffend die Ablehnung des Antrags auf Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragssteller und Beschwerdeführer (im Weiteren: Antragsteller) wenden sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein rechtskräftig beendetes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bei dem Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG).
Die 1956 geborene Antragstellerin bezog gemeinsam mit ihrem im September 1991 gebore-nen Sohn, dem Antragsteller, vom Antragsgegner Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zuletzt bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 26. November 2015 Leistungen für den Bewilligungszeit-raum von Dezember 2015 bis November 2016. Dabei berücksichtigte er Kosten der Unter-kunft und Heizung (KdU) in Höhe von 382,00 EUR.
Die Antragsteller bewohnten seit 1998 eine Dreizimmerwohnung und bezahlten bereits seit dem Jahr 2005 die Miete nicht mehr in voller Höhe, sondern nahmen Mietminderungen vor. Wegen Mängeln der Wohnung, deren Beseitigung und den Zahlungspflichten gab es mehrere zivilrechtliche Verfahren vor dem Amtsgericht. Im März 2015 kündigte die Vermieterin den Mietvertrag fristlos wegen Zahlungsverzugs von rund 3.400 EUR (seit Mai 2012) und erhob Räumungsklage beim Amtsgericht D.
Am 29. Oktober 2015 beantragte die Antragstellerin eine Zusicherung für eine neue Unter-kunft in der ...Straße in D. Zur Begründung führte sie an, aufgrund ihrer Erkrankung sei die derzeitige Wohnung unzumutbar geworden, da diese in der fünften Etage liege und sie keine Treppen mehr steigen könne. Zudem gebe es seit Jahren mit dem Vermieter Streit wegen der Beseitigung von Wohnungsmängeln.
Am 1. Dezember 2015 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner die Übernahme von Umzugskosten in eine Wohnung in der ...Straße in D. und legte dazu drei Kostenvoran-schläge von Umzugsunternehmen vor, die sich auf 1.047,20 EUR, 1.130,50 EUR und 1.814,75 EUR beliefen. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 10. Dezember 2015 ab. In der Regel sei ein Umzug in Selbsthilfe durchzuführen. Es könnten die Kosten für einen Mietwagen in erforderlicher Größe übernommen sowie Verpflegungszu-schüsse für Umzugshelfer gewährt werden. Aufwendungen für ein Umzugsunternehmen würden nur im Ausnahmefall gewährt. Nach der Arbeitsvermittlungsakte habe die Antragstel-lerin keine gesundheitlichen Einschränkungen, sodass nicht glaubhaft gemacht sei, dass sie den Umzug nicht selbst durchführen könne.
Am 17. Dezember 2015 schloss die Antragstellerin einen ab Februar 2016 gültigen Mietver-trag für die 57,82 m² Zweiraumwohnung in der ...Straße (1. OG rechts) ab. Danach war eine Bruttokaltmiete von 422 EUR (ohne Wasser und Heizkosten) zu zahlen. Hinzu kamen Abschläge für Fernwärme von 76 EUR und Wasser von 42 EUR.
Am 30. Dezember 2015 haben die Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. Dezember 2015 eingelegt und beim SG einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechts-schutzes gestellt. Sie haben PKH beantragt und geltend gemacht: Sie könnten eine Ent-scheidung im Widerspruchsverfahren nicht abwarten, weil der Umzug kurzfristig bis zum 1. Februar 2016 erfolgen müsse. Die Sache sei auch eilbedürftig, weil ihnen ein weiterer Verbleib in der mit Schimmelpilz belasteten Wohnung nicht zumutbar sei. Ihr Anordnungsan-spruch ergebe sich aus § 22 Abs. 6 SGB II, denn der Antragsgegner habe sich im angegrif-fenen Bescheid vom 10. Dezember 2015 dem Grunde nach bereit erklärt, die Umzugskosten zu übernehmen. Allein die Höhe sei streitig Die Antragstellerin könne selbst keinen Mietwagen führen. Sie leide an Gelenkarthrosen und könne weder schwer heben noch tragen. Sie habe keine Freunde oder Bekannte, die ihr beim Umzug helfen könnten. Der Antragsteller könne ebenfalls nicht helfen, denn er sei nach einer doppelten Leistenbruchoperation im November 2015 krankgeschrieben. Ihm sei jede Anstrengung, insbesondere das Heben und Tragen von Lasten untersagt. Es komme nicht darauf an, ob die KdU für die neue Wohnung angemessen seien.
Mit Beschluss vom 28. Januar 2016 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und den PKH-Antrag abgelehnt. Es hat zur Begründung ausgeführt, es bestehe kein Anordnungsanspruch. Die Antragsteller könnten keine Zusicherung nach § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II beanspruchen. Zwar sei der Auszug aus der bisherigen Wohnung nach fristloser Kündigung und Erhebung der Räumungsklage notwendig, jedoch sei der beabsich-tigte Bezug in die Wohnung in der ...Straße nach summarischer Prüfung nicht erforderlich. Denn die KdU für diese Wohnung überstiegen die Angemessenheitswerte der Stadt D. Nach dem qualifizierten Mietspielgel aus dem Jahr 2014 sei für einen Zweipersonenhaushalt eine Bruttokaltmiete von 326,40 EUR angemessen. Die Bruttokaltmiete für die Wohnung in der ...Straße liege bereits insgesamt 137,60 EUR über diesem Angemessenheitswert. Nach Prüfung des Gerichts würden auf dem Mietwohnungsmarkt mehrere Wohnungen angeboten, die den Angemessenheitsgrenzen des Antragsgegners entsprächen. Auch aus § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II folge kein Anordnungsanspruch. Diese Auffangnorm für Fälle des nicht erforderlichen Umzugs räume dem Leistungsträger wegen der Übernahme von Umzugskos-ten Ermessen sowohl in Bezug auf das "ob" der Übernahme als auch hinsichtlich der Höhe der Leistungen ein. Die Antragsteller hätten insoweit einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, nicht aber auf eine bestimmte, die begehrte Leistung. Eine Ermessens-reduzierung auf Null sei nicht gegeben. Denn es sei nicht sachgerecht, den Umzug in eine nach den Kosten unangemessene Wohnung zu finanzieren. Denn bei nicht vollständig berücksichtigten KdU seien erneute Mietrückstände und ein Wohnungsverlust vorhersehbar. Daher habe die Rechtsverfolgung der Antragsteller keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO).
Nur gegen die PKH-Ablehnung im Beschluss haben die Antragsteller am 26. Februar 2016 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass SG habe zu Unrecht auf die von der Stadt D. festgelegten Angemessenheitswerte zurückgegriffen. Diese seien unwirksam, da sie nicht auf einem schlüssigen Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG basierten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Akte und das PKH-Beiheft Bezug genommen. Die Gerichtsake S 19 AS 2604/15 ER hat vorgelegen und ist Gegenstand der Beratung des Senats gewesen.
II.
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht erhoben gemäß § 173 SGG. Sie aus statthaft gemäß § 172 Abs. 1, 3 Nr. 1 SGG. Denn in der Hauptsache wäre die Berufung zulässig. Die geltend gemachten Umzugskosten betragen nach den vorgelegten Kostenvoranschlägen mindestens 1.047 EUR und überschreiten die Beschwerdewertgrenze von mindestens 750 EUR gemäß § 144 Abs. 1 SGG.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH ist jedoch unbegründet. Nach § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 114 ff. ZPO ist auf Antrag PKH zu bewilligen, soweit der Antrag-steller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozess-führung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzu-schätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht Gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990, Az.: 1 BvR 94/88, juris). PKH kommt hingegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 1998, Az.: B 13 RJ 83/97 R, juris).
Unter Anwendung dieses Maßstabs hatte das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beim SG keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das SG hat zu Recht PKH abgelehnt. Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten des Begehrens der Antragsteller ist der Senat an den rechtskräftigen Beschluss des SG in der Sache vom 28. Januar 2016 gebunden. Danach haben die Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Denn bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung ist das Gericht grundsätzlich an eine zwischenzeitlich eingetretene Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung gebunden. Die Bindungswirkung der Hauptsache verhindert, dass ein Rechtsmittelgericht in einem Nebenverfahren zu einem der Hauptsache widersprechenden Ergebnis gelangt. Etwas anderes gilt jedoch, wenn durch eine Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse die Erfolgsaussichten zwischenzeitlich entfallen sind und die Entscheidung des Gerichts über die PKH pflichtwidrig verzögert wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 7. März 2012, Az.: XII ZB 391/10, juris RN 11ff.; ebenso: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Februar 2014, Az.: L 11 R 4217/13 B, juris RN 18ff.; 5. Senat des LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10. September 2014, Az.: L 5 AS 399/14 B, juris RN 14 mit weiteren Nachweisen). Dabei steht die hier als Hauptsache maßgebliche Rechtsnatur des Beschlusses im einstweiligen Anordnungsverfahren der Bindungswirkung der materiellen Rechtskraft nicht entgegen. Denn der Beschluss über die Ablehnung der begehrten einstweiligen Anordnung beinhaltet nicht eine vorläufige Regelung eines endgültigen Zustands, sondern trifft eine abschließende, endgültige Reglung für einen vorläufigen Zustand. Diese materielle Rechtskraftwirkung steht einer erneuten Prüfung der Sache und damit einer anderen Einschätzung der Erfolgsaussichten des (erledigten) einstweiligen Anordnungsverfahrens entgegen (vgl. Beschluss des 5. Senats vom 10. September 2014, a.a.O., RN 15).
Die Antragsteller haben ausdrücklich im Beschwerdewege allein die Ablehnung des PKH-Antrags angegriffen. Der Beschluss in der Hauptsache ist im Übrigen rechtskräftig geworden.
Es ist auch nicht erkennbar, dass das SG die Entscheidung pflichtwidrig verzögert hätte oder durch eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse das Rechtsschutzinteresse an der Fortsetzung des einstweiligen Anordnungsverfahrens entfallen wäre. Denn das SG hat über das Rechtsschutzgesuch unmittelbar nach Eingang des letzten zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsatzes am 27. Januar 2016 mit Beschluss vom 28. Januar 2017 entschieden, nachdem es sich zuvor vergewissert hatte, dass das Rechtsschutzinteresse der Antragsteller fortbestand. Eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse war nicht eingetreten. Eine pflichtwidrige Verzögerung der Erledigung liegt nicht vor. Daher kommt wegen des fehlenden Erfolgs des Antrags im einstweiligen Rechtsschutz beim SG die nachträgliche Bewilligung von PKH nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragssteller und Beschwerdeführer (im Weiteren: Antragsteller) wenden sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein rechtskräftig beendetes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bei dem Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG).
Die 1956 geborene Antragstellerin bezog gemeinsam mit ihrem im September 1991 gebore-nen Sohn, dem Antragsteller, vom Antragsgegner Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zuletzt bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 26. November 2015 Leistungen für den Bewilligungszeit-raum von Dezember 2015 bis November 2016. Dabei berücksichtigte er Kosten der Unter-kunft und Heizung (KdU) in Höhe von 382,00 EUR.
Die Antragsteller bewohnten seit 1998 eine Dreizimmerwohnung und bezahlten bereits seit dem Jahr 2005 die Miete nicht mehr in voller Höhe, sondern nahmen Mietminderungen vor. Wegen Mängeln der Wohnung, deren Beseitigung und den Zahlungspflichten gab es mehrere zivilrechtliche Verfahren vor dem Amtsgericht. Im März 2015 kündigte die Vermieterin den Mietvertrag fristlos wegen Zahlungsverzugs von rund 3.400 EUR (seit Mai 2012) und erhob Räumungsklage beim Amtsgericht D.
Am 29. Oktober 2015 beantragte die Antragstellerin eine Zusicherung für eine neue Unter-kunft in der ...Straße in D. Zur Begründung führte sie an, aufgrund ihrer Erkrankung sei die derzeitige Wohnung unzumutbar geworden, da diese in der fünften Etage liege und sie keine Treppen mehr steigen könne. Zudem gebe es seit Jahren mit dem Vermieter Streit wegen der Beseitigung von Wohnungsmängeln.
Am 1. Dezember 2015 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner die Übernahme von Umzugskosten in eine Wohnung in der ...Straße in D. und legte dazu drei Kostenvoran-schläge von Umzugsunternehmen vor, die sich auf 1.047,20 EUR, 1.130,50 EUR und 1.814,75 EUR beliefen. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 10. Dezember 2015 ab. In der Regel sei ein Umzug in Selbsthilfe durchzuführen. Es könnten die Kosten für einen Mietwagen in erforderlicher Größe übernommen sowie Verpflegungszu-schüsse für Umzugshelfer gewährt werden. Aufwendungen für ein Umzugsunternehmen würden nur im Ausnahmefall gewährt. Nach der Arbeitsvermittlungsakte habe die Antragstel-lerin keine gesundheitlichen Einschränkungen, sodass nicht glaubhaft gemacht sei, dass sie den Umzug nicht selbst durchführen könne.
Am 17. Dezember 2015 schloss die Antragstellerin einen ab Februar 2016 gültigen Mietver-trag für die 57,82 m² Zweiraumwohnung in der ...Straße (1. OG rechts) ab. Danach war eine Bruttokaltmiete von 422 EUR (ohne Wasser und Heizkosten) zu zahlen. Hinzu kamen Abschläge für Fernwärme von 76 EUR und Wasser von 42 EUR.
Am 30. Dezember 2015 haben die Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. Dezember 2015 eingelegt und beim SG einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechts-schutzes gestellt. Sie haben PKH beantragt und geltend gemacht: Sie könnten eine Ent-scheidung im Widerspruchsverfahren nicht abwarten, weil der Umzug kurzfristig bis zum 1. Februar 2016 erfolgen müsse. Die Sache sei auch eilbedürftig, weil ihnen ein weiterer Verbleib in der mit Schimmelpilz belasteten Wohnung nicht zumutbar sei. Ihr Anordnungsan-spruch ergebe sich aus § 22 Abs. 6 SGB II, denn der Antragsgegner habe sich im angegrif-fenen Bescheid vom 10. Dezember 2015 dem Grunde nach bereit erklärt, die Umzugskosten zu übernehmen. Allein die Höhe sei streitig Die Antragstellerin könne selbst keinen Mietwagen führen. Sie leide an Gelenkarthrosen und könne weder schwer heben noch tragen. Sie habe keine Freunde oder Bekannte, die ihr beim Umzug helfen könnten. Der Antragsteller könne ebenfalls nicht helfen, denn er sei nach einer doppelten Leistenbruchoperation im November 2015 krankgeschrieben. Ihm sei jede Anstrengung, insbesondere das Heben und Tragen von Lasten untersagt. Es komme nicht darauf an, ob die KdU für die neue Wohnung angemessen seien.
Mit Beschluss vom 28. Januar 2016 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und den PKH-Antrag abgelehnt. Es hat zur Begründung ausgeführt, es bestehe kein Anordnungsanspruch. Die Antragsteller könnten keine Zusicherung nach § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II beanspruchen. Zwar sei der Auszug aus der bisherigen Wohnung nach fristloser Kündigung und Erhebung der Räumungsklage notwendig, jedoch sei der beabsich-tigte Bezug in die Wohnung in der ...Straße nach summarischer Prüfung nicht erforderlich. Denn die KdU für diese Wohnung überstiegen die Angemessenheitswerte der Stadt D. Nach dem qualifizierten Mietspielgel aus dem Jahr 2014 sei für einen Zweipersonenhaushalt eine Bruttokaltmiete von 326,40 EUR angemessen. Die Bruttokaltmiete für die Wohnung in der ...Straße liege bereits insgesamt 137,60 EUR über diesem Angemessenheitswert. Nach Prüfung des Gerichts würden auf dem Mietwohnungsmarkt mehrere Wohnungen angeboten, die den Angemessenheitsgrenzen des Antragsgegners entsprächen. Auch aus § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II folge kein Anordnungsanspruch. Diese Auffangnorm für Fälle des nicht erforderlichen Umzugs räume dem Leistungsträger wegen der Übernahme von Umzugskos-ten Ermessen sowohl in Bezug auf das "ob" der Übernahme als auch hinsichtlich der Höhe der Leistungen ein. Die Antragsteller hätten insoweit einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, nicht aber auf eine bestimmte, die begehrte Leistung. Eine Ermessens-reduzierung auf Null sei nicht gegeben. Denn es sei nicht sachgerecht, den Umzug in eine nach den Kosten unangemessene Wohnung zu finanzieren. Denn bei nicht vollständig berücksichtigten KdU seien erneute Mietrückstände und ein Wohnungsverlust vorhersehbar. Daher habe die Rechtsverfolgung der Antragsteller keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO).
Nur gegen die PKH-Ablehnung im Beschluss haben die Antragsteller am 26. Februar 2016 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass SG habe zu Unrecht auf die von der Stadt D. festgelegten Angemessenheitswerte zurückgegriffen. Diese seien unwirksam, da sie nicht auf einem schlüssigen Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG basierten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Akte und das PKH-Beiheft Bezug genommen. Die Gerichtsake S 19 AS 2604/15 ER hat vorgelegen und ist Gegenstand der Beratung des Senats gewesen.
II.
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht erhoben gemäß § 173 SGG. Sie aus statthaft gemäß § 172 Abs. 1, 3 Nr. 1 SGG. Denn in der Hauptsache wäre die Berufung zulässig. Die geltend gemachten Umzugskosten betragen nach den vorgelegten Kostenvoranschlägen mindestens 1.047 EUR und überschreiten die Beschwerdewertgrenze von mindestens 750 EUR gemäß § 144 Abs. 1 SGG.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH ist jedoch unbegründet. Nach § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 114 ff. ZPO ist auf Antrag PKH zu bewilligen, soweit der Antrag-steller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozess-führung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzu-schätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht Gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990, Az.: 1 BvR 94/88, juris). PKH kommt hingegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 1998, Az.: B 13 RJ 83/97 R, juris).
Unter Anwendung dieses Maßstabs hatte das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beim SG keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das SG hat zu Recht PKH abgelehnt. Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten des Begehrens der Antragsteller ist der Senat an den rechtskräftigen Beschluss des SG in der Sache vom 28. Januar 2016 gebunden. Danach haben die Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Denn bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung ist das Gericht grundsätzlich an eine zwischenzeitlich eingetretene Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung gebunden. Die Bindungswirkung der Hauptsache verhindert, dass ein Rechtsmittelgericht in einem Nebenverfahren zu einem der Hauptsache widersprechenden Ergebnis gelangt. Etwas anderes gilt jedoch, wenn durch eine Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse die Erfolgsaussichten zwischenzeitlich entfallen sind und die Entscheidung des Gerichts über die PKH pflichtwidrig verzögert wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 7. März 2012, Az.: XII ZB 391/10, juris RN 11ff.; ebenso: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Februar 2014, Az.: L 11 R 4217/13 B, juris RN 18ff.; 5. Senat des LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10. September 2014, Az.: L 5 AS 399/14 B, juris RN 14 mit weiteren Nachweisen). Dabei steht die hier als Hauptsache maßgebliche Rechtsnatur des Beschlusses im einstweiligen Anordnungsverfahren der Bindungswirkung der materiellen Rechtskraft nicht entgegen. Denn der Beschluss über die Ablehnung der begehrten einstweiligen Anordnung beinhaltet nicht eine vorläufige Regelung eines endgültigen Zustands, sondern trifft eine abschließende, endgültige Reglung für einen vorläufigen Zustand. Diese materielle Rechtskraftwirkung steht einer erneuten Prüfung der Sache und damit einer anderen Einschätzung der Erfolgsaussichten des (erledigten) einstweiligen Anordnungsverfahrens entgegen (vgl. Beschluss des 5. Senats vom 10. September 2014, a.a.O., RN 15).
Die Antragsteller haben ausdrücklich im Beschwerdewege allein die Ablehnung des PKH-Antrags angegriffen. Der Beschluss in der Hauptsache ist im Übrigen rechtskräftig geworden.
Es ist auch nicht erkennbar, dass das SG die Entscheidung pflichtwidrig verzögert hätte oder durch eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse das Rechtsschutzinteresse an der Fortsetzung des einstweiligen Anordnungsverfahrens entfallen wäre. Denn das SG hat über das Rechtsschutzgesuch unmittelbar nach Eingang des letzten zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsatzes am 27. Januar 2016 mit Beschluss vom 28. Januar 2017 entschieden, nachdem es sich zuvor vergewissert hatte, dass das Rechtsschutzinteresse der Antragsteller fortbestand. Eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse war nicht eingetreten. Eine pflichtwidrige Verzögerung der Erledigung liegt nicht vor. Daher kommt wegen des fehlenden Erfolgs des Antrags im einstweiligen Rechtsschutz beim SG die nachträgliche Bewilligung von PKH nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved