Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 1 R 615/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 254/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 92/14 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 11. Mai 2012 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. einer höheren Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Der 1944 geborene Kläger erlitt während seiner Tätigkeit als Schlossermeister in den Jahren 1975, 1977 und 1987 drei Arbeitsunfälle. Hierfür erhielt er seit 05. September 1979 eine Unfallrente seitens des zuständigen Unfallversicherungsträgers der DDR. Nach der Wiedervereinigung wurde diese Rente als Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung fortgeführt. Zum 01. Juni 1994 betrug die Höhe der Verletztenrente 635,20 DM. Vom 01. November 1972 bis zum 30. Juni 1990 zahlte er Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR (FZR).
Der Kläger beantragte am 09. Mai 1994 die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit bei der Beklagten. Mit Bescheid vom 12. September 1995 bewilligte diese ihm ab dem 22. März 1994 bis zum 30. November 1996 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit. Hierbei legte sie 39,5646 Entgeltpunkte (EP), einen Rentenartfaktor von 0,6667 und einen aktuellen Rentenwert (Ost) in Höhe von 33,34 DM monatlich zu Grunde. Sie errechnete eine Rente in Höhe von 879,43 DM. Die Beklagte rechnete die Verletztenrente aus der Unfallversicherung an. Sie berücksichtigte einen Freibetrag in Höhe der Grundrente von 209,00 DM und sie ging nach Abzug dieses Freibeitrages von einem Gesamtrentenbetrag von 1.305,63 DM aus. Den Grenzbetrag ermittelte sie in Höhe von 1.111,56 DM. Im Ergebnis errechnete sie eine Rente in Höhe von 685,36 DM. Hiergegen legte der Kläger am 09. Oktober 1995 Widerspruch ein. Seinen zwischenzeitlichen Fortzahlungsantrag vom 11. März 1996 beschied die Beklagte mit Bescheid vom 28. Juni 1996, mit dem sie ihm eine Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer bewilligte. Die Verletztenrente aus der Unfallversicherung rechnete sie weiterhin an. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 18. Juli 1996 ebenfalls Widerspruch ein. Die Beklagte führte anschließend mit Rentenbescheid vom 04. August 1997 eine Neuberechnung durch. Die Verletztenrente wurde weiterhin angerechnet. Nachdem die Beklagte einen Antrag des Klägers auf Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente vom 18. August 1997 mit Bescheid vom 20. Januar 1998 abgelehnt hatte, wies sie dessen Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 07. September 1998 als unbegründet zurück. Hiergegen hat er am 05. Oktober 1998 Klage beim Sozialgericht Dessau eingereicht – S 1 RA 169/98 –. Er hat u.a. vorgetragen, dass er sich bei der Anrechnung der Leistung aus der Unfallversicherung benachteiligt fühle, weil er zu DDR-Zeiten in die FZR eingezahlt habe und trotzdem die gleiche Berufsunfähigkeitsrente erhalte, wie jemand, der dies nicht getan habe. Hieraus würden sich 3,5331 persönliche EP ergeben. Auf Grund der Anrechnungsvorschriften hinsichtlich der Rente aus der Unfallversicherung erhalte er auch den gleichen Auszahlungsbetrag wie jemand, der keine weiteren Beiträge zur FZR geleistet habe. Er habe somit seine Beiträge zur FZR völlig umsonst geleistet, und zwar auf Dauer. Er würde heute die gleiche Rente erhalten, wenn er der FZR nicht beigetreten wäre. Das Sozialgericht Dessau hat die Klage mit Urteil vom 27. September 2001 abgewiesen. Die Anrechnung der Unfallversicherungsrente sei nicht zu beanstanden. Die vom Kläger gerügte Ungleichbehandlung beruhe auf dem Anrechnungsmechanismus des § 93 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Die diesem zu Grunde liegenden Arbeitsverdienste ermittle der Unfallversicherer in eigener Zuständigkeit. Die Überprüfung des Jahresarbeitsverdienstes gehöre daher in den Bereich der Unfall- und nicht der Rentenversicherung.
Hiergegen hat der Kläger am 14. Januar 2002 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt – L 1 RA 10/02 –. In diesem Berufungsverfahren schlossen die Beteiligten am 29. Juni 2005 einen Teilvergleich dahingehend, dass sich die Beklagte verpflichtete, im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung auch für die Zukunft eine höhere Rente auf Grund einer verringerten Anrechnung wegen der Bezuges der Unfallrente zu zahlen. Mit Urteil vom 29. Juni 2005 ist die Beklagte verpflichtet worden, dem Kläger vom 22. März 1994 bis zum Juni 1998 eine höhere Rente nach einem Monatsbetrag einschließlich des Unterschiedsbetrages zwischen der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) für das Beitrittsgebiet und der Grundrente für das übrige Bundesgebiet bei Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H. zu zahlen. Im Übrigen wurde die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte sei verpflichtet, einen höheren Freibetrag bei der Berechnung der Unfallrente zu Grunde zu legen. Die Absenkung des Grundrentenbetrages sei nicht zulässig gewesen. Dies ergebe sich daraus, dass § 93 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI eine Rechtsgrundverweisung auf § 84a Satz 1, 2 BVG enthalte. Im Übrigen sei die Berufung des Klägers unbegründet. Er habe keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte bei der Ermittlung des Grenzbetrages das durch die Zahlung von FZR-Beiträgen versicherte Entgelt in den Betrag des Jahresarbeitsverdienstes der Unfallversicherung einbeziehe oder anrechnungsfrei stelle. Die vom Kläger beanstandete Norm des § 93 Abs. 3 SGB VI sei nicht verfassungswidrig. Insbesondere liege kein Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG) vor, soweit der Kläger mit Rentnern gleichbehandelt werde, die keine Beiträge zur FZR entrichtet hätten. Dieser Gesichtspunkt werde durch den Mindestgrenzbetrag berücksichtigt und hierdurch werde der Kläger gegen Anrechnungsverluste abgesichert. Gegen diese Entscheidung haben sowohl der Kläger als auch die Beklagte Revision beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt. Die Beklagte hat ihre Revision am 28. Juli 2006 zurückgenommen. In der mündlichen Verhandlung am 05. September 2006 ist der Kläger nach einer Beratung des Senats darauf hingewiesen worden, dass Bedenken wegen der Zulässigkeit der Revision bestünden. Durch die Rechtsprechung des BSG, gegen die Verfassungsbeschwerden keinen Erfolg gehabt hätten, sei zudem in ständiger Rechtsprechung geklärt, dass die Anrechnungsregelung des § 93 SGB VI im Grundsatz und, soweit in diesem Rechtsstreit möglicherweise von Belang, verfassungsgemäß sei und außerdem freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung nicht anders als Pflichtbeiträge bewertet werden dürften. Der Kläger hat daraufhin seine Revision zurückgenommen.
Zwischenzeitlich stellte er am 20. Januar 2004 einen Antrag auf Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Diese wurde ihm mit Bescheid vom
28. April 2004 ab dem 01. Mai 2004 unter Anrechnung der Unfallrente bewilligt. Mit den Bescheiden vom 10. Februar 2006 und vom 20. Oktober 2006 führte die Beklagte eine Neuberechnung der Rente wegen Berufsunfähigkeit durch. Mit Bescheid vom 27. November 2006 nahm die Beklagte eine Probeberechnung vor, bei der die Beiträge aus der FZR nicht berücksichtigt wurden. Mit Bescheid vom 02. November 2006 wurde zudem die Altersrente für schwerbehinderte Menschen neu festgestellt. Hiergegen legte der Kläger am 07. Dezem-ber 2006 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 2007 zurückwies. Die dagegen am 15. Mai 2007 erhobene Klage ist am 07. August 2009 zurückgenommen worden.
Am 03. August 2009 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag in Bezug auf den Renten-bescheid vom 12. September 1995 sowie alle weiteren Rentenbescheide. Der Kläger machte wiederum geltend, dass sich die Zahlung seiner FZR-Beiträge bei der absoluten Rentenhöhe nicht auswirken würde. Die Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 17. August 2009 ab. Der hiergegen am 16. September 2009 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2009 zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 01. Dezember 2009 Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhoben. Er mache weiterhin geltend, dass sich die Zahlung der FZR-Beiträge nicht rentensteigernd auswirke.
Am 14. Dezember 2010 stellte er einen weiteren Überprüfungsantrag zu den bislang ergan-genen Rentenbescheiden. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. März 2011 ab. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2011 zurückgewiesen. Hiergegen hat er am 17. Januar 2012 ebenfalls Klage beim SG erhoben.
Die Klageverfahren sind mit Beschluss des SG vom 02. März 2012 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden mit dem führenden Verfahren
– S 1 R 615/09 –. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 11. Mai 2012 abgewiesen. Die Beklagte habe die Unfallrente zutreffend angerechnet. Die Regelung zur Berechnung des Grenzbetrages nach § 93 Abs. 3 SGB VI unter Berücksichtigung des pauschalen Jahresarbeitsverdienstes verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit der Kläger hier eine Un-gleichbehandlung rüge, sei diese jedenfalls gerechtfertigt.
Gegen das am 04. Juni 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. Juni 2012 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Er habe 4,5366 EP auf Grund freiwilliger eigener Beiträge zur FZR erworben. Diese müssten von der Ermittlung des Grenzbetrages freigestellt werden, damit sie sich zahlbetragserhöhend auswirkten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 11. Mai 2012, den Bescheid der Beklagten vom 17. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2009, des Bescheides vom 17. März 2011 und des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Abänderung der Rentenbe-scheide vom 12. September 1995, vom 28. Juni 1996 und vom 28. April 2004 sowie aller folgenden abändernden Rentenbescheide eine höhere Berufsunfähigkeitsrente bzw. Alters-rente für schwerbehinderte Menschen zu zahlen, indem 4,5366 EP bei der Ermittlung des Grenzbetrages freigestellt werden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 11. Mai 2012 zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf das bisherige Vorbringen sowie auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die Klage gegen den Bescheid vom 17. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 ist bereits unzulässig. Der Bescheid vom 17. März 2011 ist nach § 96 SGG Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens geworden, da auf § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) gestützte Folgebescheide in anhängige Streitverfahren einbezogen werden, weil hier ebenfalls über die Rechtmäßigkeit der früheren Verwaltungsakte entschieden wird und der Streitgegenstand deswegen weitgehend identisch ist (BSG, Urteil vom 24. März 1992 – 14b/4 REg 12/90 –; juris). Durch die Rechtshängigkeit der Sache ist die zweite Klage nach § 94 SGG i.V.m. § 202 SGG und § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz unzulässig.
Der Bescheid der Beklagten vom 17. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2009, des Bescheides vom 17. März 2011 und des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Er hat nach § 44 Abs. 1 SGB X keinen Anspruch auf Abänderung der Bescheide über die Bewilligung einer Berufsunfähigkeitsrente vom 12. September 1995 bzw. vom 28. Juni 1996 und des Bescheides zur Bewilligung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen vom 28. April 2004 sowie der nachfolgend ergangenen Änderungsbescheide dazu. Soweit sich nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Die genannten Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zahlung einer höheren Berufsunfähigkeitsrente bzw. Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Die "Höhe einer Rente" (d. h. der Wert des gegen den jeweiligen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gerichteten Rentenrechts) richtet sich primär nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 SGB VI). Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen findet dabei (als verwaltungsinterner Zwischenschritt im Rahmen der Wertermittlung) seinen Ausdruck in sogenannten EP als Relationsgröße; die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts in einem Kalenderjahr ergibt einen vollen EP (§ 63 Abs. 2 SGB VI). Der "Monatsbetrag der Rente" ergibt sich, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden, § 64 SGB VI. Soweit der Wert eines nach dem 01. Januar 1992 entstandenen Rentenrechts (sogenannte Zugangsrenten) auf Beitragszeiten beruht, die nach § 248 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI den nach Bundesrecht zurückgelegten gleichgestellt sind, werden die § 63 ff. SGB VI durch § 256 a SGB VI ergänzt (BSG, Urteil vom 09. November 1999 – B 4 RA 2/99 R –; juris). Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass er die Berücksichtigung weiterer EP begehre, so ist dieses unbegründet, da nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden ist, dass die Beklagte bei der Ermittlung der EP Arbeitsverdienste des Klägers unberücksichtigt gelassen hat. Die vom Kläger behauptete Schlechterstellung kann mithin nicht aus der Berechnung des Rentenstammrechts resultieren.
Beim Kläger kommt es lediglich zu einer sogenannten "Nichtleistung" der Rente durch Anwendung von § 93 SGB VI. Besteht nach § 93 Abs. 1 SGB VI für denselben Zeitraum Anspruch auf Rente aus eigener Versicherung und auf eine Verletztenrente aus der Unfall-versicherung oder auf eine Hinterbliebenenrente und eine entsprechende Hinterbliebenenrente aus der Unfallversicherung, wird die Rente insoweit nicht geleistet, als die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge vor Einkommensanrechnung den jeweiligen Grenzbetrag übersteigt. Nach Absetzung der Freibeträge nach § 93 Abs. 2 SGB VI beträgt der Grenzbetrag nach § 93 Abs. 3 SGB VI 70 v.H. eines Zwölftels des Jahresarbeitsverdienstes, der der Berechnung aus der Unfallversicherung zugrunde liegt, vervielfältigt mit dem jeweili-gen Rentenartfaktor für persönliche EP der allgemeinen Rentenversicherung. Mindestgrenz-betrag ist der Monatsbetrag der Rente ohne die Beträge nach Abs. 2 Nr. 1. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte bei der Anwendung von § 93 SGB VI rechtswidrig gehandelt hat. Insoweit ergibt sich einfachgesetzlich keine Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers (siehe hierzu bereits Urteil des Senats vom 29. Juni 2005 – L 1 RA 10/02 –).
Der Senat konnte auch nicht zu der Überzeugung gelangen, dass § 93 SGB VI verfas-sungswidrig ist. Die Vorschrift verstößt insbesondere nicht gegen Art. 14 GG. Hierbei ist zunächst zu beachten, dass Art. 14 Abs. 1 GG keinen individualgrundrechtlichen Schutz für Rechtspositionen gewährt, die in der DDR gegenüber Organen der DDR erworben worden sind. Gegenstand einer Eigentumsgarantie konnten erst die vom bundesdeutschen Gesetzgeber neu begründeten Ansprüche sein. Zwar werden Renten und Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung aus der Bundesrepublik Deutschland durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt. Der Schutz der individual-grundrechtlichen Eigentumsgarantie des Art. 14 GG erstreckte sich nicht rückwirkend auf Erwerbstatbestände, die im Gebiet der ehemaligen DDR zurückgelegt worden sind (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 30. Oktober 1993 – 1 BvL 42/92 –; BSG, Urteil vom 29. Juli 1997 – 4 RA 56/95 –; juris). Insoweit sind nur Versichertenrenten und Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung vom Eigentumsschutz umfasst. Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich allerdings erst aus der Bestimmung von "Inhalt und Schranken" des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (BSG, Urteil vom 31. März 1998 – B 4 RA 49/96 R –; juris). Hierbei ist zu beachten, dass § 93 SGB VI den Rentenwert unberührt lässt und diesen nicht mindert; die Vorschrift nimmt auf die wertbestimmenden Faktoren der Rente keinen Einfluss: weder die Zahl der EP noch der Rentenartfaktor noch der aktuelle Rentenwert sind von der Regelung i. S. einer Einschränkung betroffen (BSG, Urteil vom 31. März 1998, a.a.O.). Die Inhalts- und Schrankenbestimmung des § 93 SGB VI ist als verhält-nismäßig und gerechtfertigt anzusehen. Durch die Anrechnung der Verletztenrente auf die Renten aus der Rentenversicherung werden die Sicherungsziele beider Renten erfüllt und das jeweils höhere Sicherungsniveau garantiert (BSG, Urteil vom 31. März 1998, a.a.O.). Durch die Regelung wird eine Überversorgung durch die Summierung zweier zweckähnlicher Versicherungsleistungen aus zwei Zweigen der Sozialversicherung vermieden. Jegliche Anrechnung auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung führt folgerichtiger Weise dazu, dass – für die konkrete Rentenart – Beiträge vergebens entrichtet worden sind, denn dieselbe Gesamtleistung hätte auch mit weniger Beiträgen erreicht werden können. Nicht nur für freiwillig Versicherte, sondern auch für Pflichtversicherte lässt sich dann die Höhe "überzahlter" Beiträge ermitteln (BSG, Urteil vom 27. August 2009 – B 13 R 14/09 R –; juris).
Hieraus ergibt sich auch, dass § 93 SGB VI mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet der gesetzgebenden Gewalt, bei der Ausgestaltung von Rechtsnormen, also auch von Schrankenbestimmungen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obgleich zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (siehe hierzu BVerfG, Beschluss vom 07. Oktober 1980 – 1 BvL 50/79 –; juris). § 93 SGB VI wird auch den Anforderungen des Art. 3 GG gerecht (BSG, Urteil vom 31. März 1998, a.a.O.). Dies gilt nicht nur für Renten aus Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch für die Anwendung auf Renten, die teilweise auf freiwilligen Beiträgen beruhen (BSG, Urteil vom 27. August 2009 – B 13 R 14/09 R –; juris). Insbesondere kommt freiwilligen Beiträgen kein erhöhter Schutz gegen Beeinträchtigungen z. B. durch Anrechnung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu. Das BVerfG führt in diesem Zusammenhang regelmäßig aus, dass selbst eine Schlechterstellung von freiwillig Rentenversicherten gegenüber Versicherten mit Pflichtbei-trägen gerechtfertigt sein kann. Eine Begünstigung der Pflichtversicherten lasse sich schon deswegen rechtfertigen, weil diese in der Regel nach Beitragszeit, Beitragdichte und Beitragshöhe in wesentlich stärkerem Maße zur Versichertengemeinschaft beigetragen hätten und dabei ihren Verpflichtungen im Gegensatz zu den freiwillig Versicherten nicht hätten ausweichen können (BVerfG, Beschluss vom 08. April 1987 – 1 BVR 564/84 –; BSG, Urteil vom 27. August 2009 – B 13 R 14/09 R – m.w.N.; juris). Wenn aber die Schlechterstellung freiwillig Versicherter gegenüber Pflichtversicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung verfassungsgemäß sein kann, umso weniger erscheint eine Gleichbehandlung von Freiwillig- und Pflichtversicherten bedenklich. Und dies gilt selbst dann, wenn der Rentenversicherungsträger den Versicherten vor Beitragsentrichtung pflichtwidrig nicht auf die Anrechnungsregelung hingewiesen hat (BSG, Urteil vom 27. August 2009, a.a.O.). Vor dem Hintergrund dieser ständigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG lassen sich keine Gründe dafür erkennen, weshalb Beiträge zur FZR der DDR gegenüber den Pflichtbeiträgen bei der Anrechnung nach § 93 SGB VI besser gestellt werden sollten. Die "Freibetragsregelung", wie sie dem Kläger wohl vorschwebt, lässt sich jedenfalls nicht ableiten. Die Konsequenz hieraus wäre, dass die Beitragszahler zur FZR besser gestellt wären als freiwillig Versicherte nach bundesdeutschem Recht und sogar Pflichtversicherte in der Rentenversicherung. Hierfür lassen sich aber, auch im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des BVerfG, keine Gründe finden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Obwohl der Kläger wiederholt in mehreren Verfahren dieselbe Rechtsfrage vorgetragen hat und deshalb erhebliche Anzeichen für die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung vorliegen, sieht der Senat noch einmal von der Auferlegung von Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ab.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere liegt entgegen der Auffassung des Klägers eine ausreichende höchstrichterliche Rechtsprechung zu den hier aufgeworfenen Fragen vor, denn die Verfassungsmäßigkeit von § 93 SGB VI ist durch das BSG und das BVerfG hinreichend geprüft worden.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. einer höheren Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Der 1944 geborene Kläger erlitt während seiner Tätigkeit als Schlossermeister in den Jahren 1975, 1977 und 1987 drei Arbeitsunfälle. Hierfür erhielt er seit 05. September 1979 eine Unfallrente seitens des zuständigen Unfallversicherungsträgers der DDR. Nach der Wiedervereinigung wurde diese Rente als Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung fortgeführt. Zum 01. Juni 1994 betrug die Höhe der Verletztenrente 635,20 DM. Vom 01. November 1972 bis zum 30. Juni 1990 zahlte er Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR (FZR).
Der Kläger beantragte am 09. Mai 1994 die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit bei der Beklagten. Mit Bescheid vom 12. September 1995 bewilligte diese ihm ab dem 22. März 1994 bis zum 30. November 1996 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit. Hierbei legte sie 39,5646 Entgeltpunkte (EP), einen Rentenartfaktor von 0,6667 und einen aktuellen Rentenwert (Ost) in Höhe von 33,34 DM monatlich zu Grunde. Sie errechnete eine Rente in Höhe von 879,43 DM. Die Beklagte rechnete die Verletztenrente aus der Unfallversicherung an. Sie berücksichtigte einen Freibetrag in Höhe der Grundrente von 209,00 DM und sie ging nach Abzug dieses Freibeitrages von einem Gesamtrentenbetrag von 1.305,63 DM aus. Den Grenzbetrag ermittelte sie in Höhe von 1.111,56 DM. Im Ergebnis errechnete sie eine Rente in Höhe von 685,36 DM. Hiergegen legte der Kläger am 09. Oktober 1995 Widerspruch ein. Seinen zwischenzeitlichen Fortzahlungsantrag vom 11. März 1996 beschied die Beklagte mit Bescheid vom 28. Juni 1996, mit dem sie ihm eine Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer bewilligte. Die Verletztenrente aus der Unfallversicherung rechnete sie weiterhin an. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 18. Juli 1996 ebenfalls Widerspruch ein. Die Beklagte führte anschließend mit Rentenbescheid vom 04. August 1997 eine Neuberechnung durch. Die Verletztenrente wurde weiterhin angerechnet. Nachdem die Beklagte einen Antrag des Klägers auf Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente vom 18. August 1997 mit Bescheid vom 20. Januar 1998 abgelehnt hatte, wies sie dessen Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 07. September 1998 als unbegründet zurück. Hiergegen hat er am 05. Oktober 1998 Klage beim Sozialgericht Dessau eingereicht – S 1 RA 169/98 –. Er hat u.a. vorgetragen, dass er sich bei der Anrechnung der Leistung aus der Unfallversicherung benachteiligt fühle, weil er zu DDR-Zeiten in die FZR eingezahlt habe und trotzdem die gleiche Berufsunfähigkeitsrente erhalte, wie jemand, der dies nicht getan habe. Hieraus würden sich 3,5331 persönliche EP ergeben. Auf Grund der Anrechnungsvorschriften hinsichtlich der Rente aus der Unfallversicherung erhalte er auch den gleichen Auszahlungsbetrag wie jemand, der keine weiteren Beiträge zur FZR geleistet habe. Er habe somit seine Beiträge zur FZR völlig umsonst geleistet, und zwar auf Dauer. Er würde heute die gleiche Rente erhalten, wenn er der FZR nicht beigetreten wäre. Das Sozialgericht Dessau hat die Klage mit Urteil vom 27. September 2001 abgewiesen. Die Anrechnung der Unfallversicherungsrente sei nicht zu beanstanden. Die vom Kläger gerügte Ungleichbehandlung beruhe auf dem Anrechnungsmechanismus des § 93 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Die diesem zu Grunde liegenden Arbeitsverdienste ermittle der Unfallversicherer in eigener Zuständigkeit. Die Überprüfung des Jahresarbeitsverdienstes gehöre daher in den Bereich der Unfall- und nicht der Rentenversicherung.
Hiergegen hat der Kläger am 14. Januar 2002 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt – L 1 RA 10/02 –. In diesem Berufungsverfahren schlossen die Beteiligten am 29. Juni 2005 einen Teilvergleich dahingehend, dass sich die Beklagte verpflichtete, im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung auch für die Zukunft eine höhere Rente auf Grund einer verringerten Anrechnung wegen der Bezuges der Unfallrente zu zahlen. Mit Urteil vom 29. Juni 2005 ist die Beklagte verpflichtet worden, dem Kläger vom 22. März 1994 bis zum Juni 1998 eine höhere Rente nach einem Monatsbetrag einschließlich des Unterschiedsbetrages zwischen der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) für das Beitrittsgebiet und der Grundrente für das übrige Bundesgebiet bei Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H. zu zahlen. Im Übrigen wurde die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte sei verpflichtet, einen höheren Freibetrag bei der Berechnung der Unfallrente zu Grunde zu legen. Die Absenkung des Grundrentenbetrages sei nicht zulässig gewesen. Dies ergebe sich daraus, dass § 93 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI eine Rechtsgrundverweisung auf § 84a Satz 1, 2 BVG enthalte. Im Übrigen sei die Berufung des Klägers unbegründet. Er habe keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte bei der Ermittlung des Grenzbetrages das durch die Zahlung von FZR-Beiträgen versicherte Entgelt in den Betrag des Jahresarbeitsverdienstes der Unfallversicherung einbeziehe oder anrechnungsfrei stelle. Die vom Kläger beanstandete Norm des § 93 Abs. 3 SGB VI sei nicht verfassungswidrig. Insbesondere liege kein Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG) vor, soweit der Kläger mit Rentnern gleichbehandelt werde, die keine Beiträge zur FZR entrichtet hätten. Dieser Gesichtspunkt werde durch den Mindestgrenzbetrag berücksichtigt und hierdurch werde der Kläger gegen Anrechnungsverluste abgesichert. Gegen diese Entscheidung haben sowohl der Kläger als auch die Beklagte Revision beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt. Die Beklagte hat ihre Revision am 28. Juli 2006 zurückgenommen. In der mündlichen Verhandlung am 05. September 2006 ist der Kläger nach einer Beratung des Senats darauf hingewiesen worden, dass Bedenken wegen der Zulässigkeit der Revision bestünden. Durch die Rechtsprechung des BSG, gegen die Verfassungsbeschwerden keinen Erfolg gehabt hätten, sei zudem in ständiger Rechtsprechung geklärt, dass die Anrechnungsregelung des § 93 SGB VI im Grundsatz und, soweit in diesem Rechtsstreit möglicherweise von Belang, verfassungsgemäß sei und außerdem freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung nicht anders als Pflichtbeiträge bewertet werden dürften. Der Kläger hat daraufhin seine Revision zurückgenommen.
Zwischenzeitlich stellte er am 20. Januar 2004 einen Antrag auf Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Diese wurde ihm mit Bescheid vom
28. April 2004 ab dem 01. Mai 2004 unter Anrechnung der Unfallrente bewilligt. Mit den Bescheiden vom 10. Februar 2006 und vom 20. Oktober 2006 führte die Beklagte eine Neuberechnung der Rente wegen Berufsunfähigkeit durch. Mit Bescheid vom 27. November 2006 nahm die Beklagte eine Probeberechnung vor, bei der die Beiträge aus der FZR nicht berücksichtigt wurden. Mit Bescheid vom 02. November 2006 wurde zudem die Altersrente für schwerbehinderte Menschen neu festgestellt. Hiergegen legte der Kläger am 07. Dezem-ber 2006 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 2007 zurückwies. Die dagegen am 15. Mai 2007 erhobene Klage ist am 07. August 2009 zurückgenommen worden.
Am 03. August 2009 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag in Bezug auf den Renten-bescheid vom 12. September 1995 sowie alle weiteren Rentenbescheide. Der Kläger machte wiederum geltend, dass sich die Zahlung seiner FZR-Beiträge bei der absoluten Rentenhöhe nicht auswirken würde. Die Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 17. August 2009 ab. Der hiergegen am 16. September 2009 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2009 zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 01. Dezember 2009 Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhoben. Er mache weiterhin geltend, dass sich die Zahlung der FZR-Beiträge nicht rentensteigernd auswirke.
Am 14. Dezember 2010 stellte er einen weiteren Überprüfungsantrag zu den bislang ergan-genen Rentenbescheiden. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. März 2011 ab. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2011 zurückgewiesen. Hiergegen hat er am 17. Januar 2012 ebenfalls Klage beim SG erhoben.
Die Klageverfahren sind mit Beschluss des SG vom 02. März 2012 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden mit dem führenden Verfahren
– S 1 R 615/09 –. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 11. Mai 2012 abgewiesen. Die Beklagte habe die Unfallrente zutreffend angerechnet. Die Regelung zur Berechnung des Grenzbetrages nach § 93 Abs. 3 SGB VI unter Berücksichtigung des pauschalen Jahresarbeitsverdienstes verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit der Kläger hier eine Un-gleichbehandlung rüge, sei diese jedenfalls gerechtfertigt.
Gegen das am 04. Juni 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. Juni 2012 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Er habe 4,5366 EP auf Grund freiwilliger eigener Beiträge zur FZR erworben. Diese müssten von der Ermittlung des Grenzbetrages freigestellt werden, damit sie sich zahlbetragserhöhend auswirkten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 11. Mai 2012, den Bescheid der Beklagten vom 17. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2009, des Bescheides vom 17. März 2011 und des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Abänderung der Rentenbe-scheide vom 12. September 1995, vom 28. Juni 1996 und vom 28. April 2004 sowie aller folgenden abändernden Rentenbescheide eine höhere Berufsunfähigkeitsrente bzw. Alters-rente für schwerbehinderte Menschen zu zahlen, indem 4,5366 EP bei der Ermittlung des Grenzbetrages freigestellt werden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 11. Mai 2012 zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf das bisherige Vorbringen sowie auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die Klage gegen den Bescheid vom 17. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 ist bereits unzulässig. Der Bescheid vom 17. März 2011 ist nach § 96 SGG Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens geworden, da auf § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) gestützte Folgebescheide in anhängige Streitverfahren einbezogen werden, weil hier ebenfalls über die Rechtmäßigkeit der früheren Verwaltungsakte entschieden wird und der Streitgegenstand deswegen weitgehend identisch ist (BSG, Urteil vom 24. März 1992 – 14b/4 REg 12/90 –; juris). Durch die Rechtshängigkeit der Sache ist die zweite Klage nach § 94 SGG i.V.m. § 202 SGG und § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz unzulässig.
Der Bescheid der Beklagten vom 17. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2009, des Bescheides vom 17. März 2011 und des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2011 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Er hat nach § 44 Abs. 1 SGB X keinen Anspruch auf Abänderung der Bescheide über die Bewilligung einer Berufsunfähigkeitsrente vom 12. September 1995 bzw. vom 28. Juni 1996 und des Bescheides zur Bewilligung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen vom 28. April 2004 sowie der nachfolgend ergangenen Änderungsbescheide dazu. Soweit sich nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Die genannten Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zahlung einer höheren Berufsunfähigkeitsrente bzw. Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Die "Höhe einer Rente" (d. h. der Wert des gegen den jeweiligen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gerichteten Rentenrechts) richtet sich primär nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 SGB VI). Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen findet dabei (als verwaltungsinterner Zwischenschritt im Rahmen der Wertermittlung) seinen Ausdruck in sogenannten EP als Relationsgröße; die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts in einem Kalenderjahr ergibt einen vollen EP (§ 63 Abs. 2 SGB VI). Der "Monatsbetrag der Rente" ergibt sich, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden, § 64 SGB VI. Soweit der Wert eines nach dem 01. Januar 1992 entstandenen Rentenrechts (sogenannte Zugangsrenten) auf Beitragszeiten beruht, die nach § 248 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI den nach Bundesrecht zurückgelegten gleichgestellt sind, werden die § 63 ff. SGB VI durch § 256 a SGB VI ergänzt (BSG, Urteil vom 09. November 1999 – B 4 RA 2/99 R –; juris). Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass er die Berücksichtigung weiterer EP begehre, so ist dieses unbegründet, da nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden ist, dass die Beklagte bei der Ermittlung der EP Arbeitsverdienste des Klägers unberücksichtigt gelassen hat. Die vom Kläger behauptete Schlechterstellung kann mithin nicht aus der Berechnung des Rentenstammrechts resultieren.
Beim Kläger kommt es lediglich zu einer sogenannten "Nichtleistung" der Rente durch Anwendung von § 93 SGB VI. Besteht nach § 93 Abs. 1 SGB VI für denselben Zeitraum Anspruch auf Rente aus eigener Versicherung und auf eine Verletztenrente aus der Unfall-versicherung oder auf eine Hinterbliebenenrente und eine entsprechende Hinterbliebenenrente aus der Unfallversicherung, wird die Rente insoweit nicht geleistet, als die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge vor Einkommensanrechnung den jeweiligen Grenzbetrag übersteigt. Nach Absetzung der Freibeträge nach § 93 Abs. 2 SGB VI beträgt der Grenzbetrag nach § 93 Abs. 3 SGB VI 70 v.H. eines Zwölftels des Jahresarbeitsverdienstes, der der Berechnung aus der Unfallversicherung zugrunde liegt, vervielfältigt mit dem jeweili-gen Rentenartfaktor für persönliche EP der allgemeinen Rentenversicherung. Mindestgrenz-betrag ist der Monatsbetrag der Rente ohne die Beträge nach Abs. 2 Nr. 1. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte bei der Anwendung von § 93 SGB VI rechtswidrig gehandelt hat. Insoweit ergibt sich einfachgesetzlich keine Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers (siehe hierzu bereits Urteil des Senats vom 29. Juni 2005 – L 1 RA 10/02 –).
Der Senat konnte auch nicht zu der Überzeugung gelangen, dass § 93 SGB VI verfas-sungswidrig ist. Die Vorschrift verstößt insbesondere nicht gegen Art. 14 GG. Hierbei ist zunächst zu beachten, dass Art. 14 Abs. 1 GG keinen individualgrundrechtlichen Schutz für Rechtspositionen gewährt, die in der DDR gegenüber Organen der DDR erworben worden sind. Gegenstand einer Eigentumsgarantie konnten erst die vom bundesdeutschen Gesetzgeber neu begründeten Ansprüche sein. Zwar werden Renten und Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung aus der Bundesrepublik Deutschland durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt. Der Schutz der individual-grundrechtlichen Eigentumsgarantie des Art. 14 GG erstreckte sich nicht rückwirkend auf Erwerbstatbestände, die im Gebiet der ehemaligen DDR zurückgelegt worden sind (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 30. Oktober 1993 – 1 BvL 42/92 –; BSG, Urteil vom 29. Juli 1997 – 4 RA 56/95 –; juris). Insoweit sind nur Versichertenrenten und Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung vom Eigentumsschutz umfasst. Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich allerdings erst aus der Bestimmung von "Inhalt und Schranken" des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (BSG, Urteil vom 31. März 1998 – B 4 RA 49/96 R –; juris). Hierbei ist zu beachten, dass § 93 SGB VI den Rentenwert unberührt lässt und diesen nicht mindert; die Vorschrift nimmt auf die wertbestimmenden Faktoren der Rente keinen Einfluss: weder die Zahl der EP noch der Rentenartfaktor noch der aktuelle Rentenwert sind von der Regelung i. S. einer Einschränkung betroffen (BSG, Urteil vom 31. März 1998, a.a.O.). Die Inhalts- und Schrankenbestimmung des § 93 SGB VI ist als verhält-nismäßig und gerechtfertigt anzusehen. Durch die Anrechnung der Verletztenrente auf die Renten aus der Rentenversicherung werden die Sicherungsziele beider Renten erfüllt und das jeweils höhere Sicherungsniveau garantiert (BSG, Urteil vom 31. März 1998, a.a.O.). Durch die Regelung wird eine Überversorgung durch die Summierung zweier zweckähnlicher Versicherungsleistungen aus zwei Zweigen der Sozialversicherung vermieden. Jegliche Anrechnung auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung führt folgerichtiger Weise dazu, dass – für die konkrete Rentenart – Beiträge vergebens entrichtet worden sind, denn dieselbe Gesamtleistung hätte auch mit weniger Beiträgen erreicht werden können. Nicht nur für freiwillig Versicherte, sondern auch für Pflichtversicherte lässt sich dann die Höhe "überzahlter" Beiträge ermitteln (BSG, Urteil vom 27. August 2009 – B 13 R 14/09 R –; juris).
Hieraus ergibt sich auch, dass § 93 SGB VI mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet der gesetzgebenden Gewalt, bei der Ausgestaltung von Rechtsnormen, also auch von Schrankenbestimmungen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obgleich zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (siehe hierzu BVerfG, Beschluss vom 07. Oktober 1980 – 1 BvL 50/79 –; juris). § 93 SGB VI wird auch den Anforderungen des Art. 3 GG gerecht (BSG, Urteil vom 31. März 1998, a.a.O.). Dies gilt nicht nur für Renten aus Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch für die Anwendung auf Renten, die teilweise auf freiwilligen Beiträgen beruhen (BSG, Urteil vom 27. August 2009 – B 13 R 14/09 R –; juris). Insbesondere kommt freiwilligen Beiträgen kein erhöhter Schutz gegen Beeinträchtigungen z. B. durch Anrechnung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu. Das BVerfG führt in diesem Zusammenhang regelmäßig aus, dass selbst eine Schlechterstellung von freiwillig Rentenversicherten gegenüber Versicherten mit Pflichtbei-trägen gerechtfertigt sein kann. Eine Begünstigung der Pflichtversicherten lasse sich schon deswegen rechtfertigen, weil diese in der Regel nach Beitragszeit, Beitragdichte und Beitragshöhe in wesentlich stärkerem Maße zur Versichertengemeinschaft beigetragen hätten und dabei ihren Verpflichtungen im Gegensatz zu den freiwillig Versicherten nicht hätten ausweichen können (BVerfG, Beschluss vom 08. April 1987 – 1 BVR 564/84 –; BSG, Urteil vom 27. August 2009 – B 13 R 14/09 R – m.w.N.; juris). Wenn aber die Schlechterstellung freiwillig Versicherter gegenüber Pflichtversicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung verfassungsgemäß sein kann, umso weniger erscheint eine Gleichbehandlung von Freiwillig- und Pflichtversicherten bedenklich. Und dies gilt selbst dann, wenn der Rentenversicherungsträger den Versicherten vor Beitragsentrichtung pflichtwidrig nicht auf die Anrechnungsregelung hingewiesen hat (BSG, Urteil vom 27. August 2009, a.a.O.). Vor dem Hintergrund dieser ständigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG lassen sich keine Gründe dafür erkennen, weshalb Beiträge zur FZR der DDR gegenüber den Pflichtbeiträgen bei der Anrechnung nach § 93 SGB VI besser gestellt werden sollten. Die "Freibetragsregelung", wie sie dem Kläger wohl vorschwebt, lässt sich jedenfalls nicht ableiten. Die Konsequenz hieraus wäre, dass die Beitragszahler zur FZR besser gestellt wären als freiwillig Versicherte nach bundesdeutschem Recht und sogar Pflichtversicherte in der Rentenversicherung. Hierfür lassen sich aber, auch im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des BVerfG, keine Gründe finden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Obwohl der Kläger wiederholt in mehreren Verfahren dieselbe Rechtsfrage vorgetragen hat und deshalb erhebliche Anzeichen für die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung vorliegen, sieht der Senat noch einmal von der Auferlegung von Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ab.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere liegt entgegen der Auffassung des Klägers eine ausreichende höchstrichterliche Rechtsprechung zu den hier aufgeworfenen Fragen vor, denn die Verfassungsmäßigkeit von § 93 SGB VI ist durch das BSG und das BVerfG hinreichend geprüft worden.
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