S 12 KA 756/06

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 756/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 71/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Für den Begriff der „Mitwirkung“ i. S. d. § 95 Abs. 7 Satz 5 SGB V kommt es nicht auf den Umfang oder die Intensität der psychotherapeutischen Tätigkeit an. Entscheidend ist allein, dass überhaupt eine psychotherapeutische Tätigkeit ausgeübt wurde. Jedenfalls dann, wenn diese in eigener Praxis erfolgte, reicht es aus, das Merkmal der Mitwirkung zu erfüllen. Wie diese Möglichkeit konkret ausgestaltet wurde, ist dann Sache des Vertragspsychotherapeuten. Dies gilt auch für die Dauer eines über zweijährigen Zulassungsverfahrens.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beklagten und die Gerichtskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Verlängerung der Zulassung des Klägers zur vertragsärztlichen Tätigkeit über die Vollendung des 68. Lebensjahres und hierbei insbesondere um die Verlängerung über den 30.09.2009 hinaus.

Der 1937 geborene und jetzt 69-jährige Kläger erlernte nach eigenen Angaben bis 1959 den Beruf als Technischer Zeichner. Er machte das Abitur nach und studierte zunächst Wirtschaftsingenieurwesen. 1967 eröffnete er ein Konstruktionsbüro, das er bis 1986 betrieb. 1975 schloss er sein daneben begonnenes Psychologiestudium mit der Diplomprüfung ab. Er ist seit 1975 in eigener Praxis in FK. und seit April 1978 in A-Stadt tätig. Im Januar 1985 erhielt er die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde. Seit 1999 ist er approbierter Psychotherapeut. Er wurde mit Beschluss des Beklagten vom 16.11.2000 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Unter Datum vom 08.06.2005 beantragte der Kläger die Verlängerung seiner Zulassung über das 68. Lebensjahr hinaus. Er trug vor, die Zulassungsentscheidung sei ihm erst am 19.10.2001 zugegangen, weshalb die Zulassung bis zum 19.10.2021 zu verlängern sei. Zeiten der Teilnahme am Kostenerstattungsverfahren seien nicht anzurechnen. Allenfalls komme eine Berücksichtigung ab dem 01.01.1995 in Betracht. Er habe erst seit 1995 im Kostenerstattungsverfahren an der vertragsärztlichen Versorgung teilgenommen. Zuvor sei er noch in seinem Ingenieurbüro und im Bereich Marktforschung tätig gewesen. Hierdurch habe er sein Studium finanziert und sei seinen familiären Unterhaltspflichten nachgekommen. Das Büro habe regelmäßig 5 – 10 Mitarbeiter beschäftigt. Das Büro sei seit 1994 abgewickelt und 1996 geschlossen worden. 1975 habe er sich zunächst einen Praxisraum in den Räumlichkeiten des Konstruktionsbüros eingerichtet, um seine zweitberufliche Beziehung nicht abreißen zu lassen. 1978 habe er parallel zur neuen Eheschließung und Umzug nach NA. den Versuch unternommen, mit einem Praxisraum zusätzlich am Nachbarort A-Stadt dem zweiten Berufsziel näher zu kommen. Psychotherapien seien nur nebenberuflich erfolgt. Vor Erteilung der Heilkundeerlaubnis habe er nicht in relevantem Ausmaß tätig werden können. Aber auch danach habe er wegen der hauptberuflichen Verpflichtung seine psychotherapeutische Tätigkeit auf die Behandlung weniger Privatpatienten begrenzt. Er habe die Praxis für eine damalige "Marktlücke", der zeitweisen Betreuung von Legastheniker-Schülern und hauptsächlich für Marktforschung genutzt. Er habe auch psychotherapeutische Behandlungen von Kindern durchgeführt. Aus der psychotherapeutischen Nebentätigkeit habe er keine Alterssicherung aufbauen können. LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 05.06.2002 - L 5 KA 115/02 ER-B – habe entschieden, dass Zeiten einer Nebentätigkeit nicht zu berücksichtigen seien. Der Zeitraum 1997 bis 10.04.1999 sei herauszurechnen; in dieser Zeit seien ihm kaum Kostenzusagen der Krankenkassen erteilt worden. Die Zeit des Widerspruchverfahrens (10.04.1999 bis 19.10.2001) sei ebf. herauszurechnen, da er von der Teilnahme an der ambulanten Versorgung faktisch abgeschnitten gewesen sei. Die Zulassungsentscheidung sei ihm erst am 19.10.2001 zugegangen. Anrechnungsfähig auf den 20-Jahres-Zeitraum seien nur die Jahre 1995/96 (zwei Jahre) und die Zeit ab Zulassung (19.10.2001) bis zur Vollendung des 68. Lebensjahres (3 Jahre 10 Monate). Die Zulassung müsse um 14 Jahre und zwei Monate verlängert werden.

Mit Beschluss vom 15.09.2005 verlängerte der Zulassungsausschuss die Zulassung bis zum 30.09.2009. Zur Begründung führte er aus, aus dem Psychotherapeutenregister- und Zulassungsakten habe er entnommen, dass der Kläger ab Juli 1989 einen bei der Techniker Krankenkasse versicherten Patienten im Kostenerstattungsverfahren behandelt habe. Bis zu der hauptberuflichen Tätigkeit als Psychotherapeut in A-Stadt habe er Versicherte der AOK, BEK, DAK, KKH, BKK und IKK im Kostenerstattungsverfahren behandelt.

Gegen die zeitliche Befristung legte der Kläger am 05.12.2005 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, er habe von 1989 bis 1994 lediglich 1, 5, 9, 4, 5 bzw. 7 Patienten behandelt. Es habe sich bis dahin nur um eine Nebentätigkeit gehandelt. Nur Zeiten einer Vollzeittätigkeit seien anrechenbar. Er besitze auch keine andere Alterssicherung. Eine Lebensversicherung sei mit der Abwicklung des Ingenieurbüros verloren gegangen, nachdem das Finanzamt diese Tätigkeit nachträglich als gewerbliche Tätigkeit angesehen habe und es zu Nachzahlungsforderungen gekommen sei. Die Zulassung müsse aus diesem Grund um weitere 5 ½ Jahre verlängert werden. Im Zeitraum 1997 bis 10.04.1999 habe er lediglich 12 gesetzlich versicherte Patienten gewinnen können, weshalb auch dieser Zeitraum herausgerechnet werden müsse. Er habe dann zunächst nur die anbehandelten Fälle weiterbehandeln können. Auch der Zeitraum bis zur Bescheidzustellung am 19.11.2001 müsse weiter herausgerechnet werden.

Mit Beschluss vom 22.02.2006, ausgefertigt am 07.04. und dem Kläger am 08.04.2006 zugestellt, wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er an, mit dem Behandlungsbeginn ab dem 25.07.1989 liege eine Mitwirkung vor und seien die Zeiten bei der Berechnung der Frist miteinzubeziehen. Für die Zeit ab 1997 sehe das Gesetz nicht vor, dass Zeiten geringen Umfangs psychotherapeutischer Tätigkeit unberücksichtigt bleiben sollten. Aus der nicht auszuschließenden Rechtsunsicherheit ab April 1999 folge kein Verlängerungstatbestand. der Kläger habe selbst angegeben, Patienten hätten sich nicht mehr nach Kontaktaufnahme mit der Krankenkasse zurückgemeldet. Eine unmittelbare Schadensverursachung durch die Ablehnungsentscheidung sei nicht festzustellen, weshalb kein Folgenbeseitigungsanspruch bestehe. Auch könne durch einen Folgenbeseitigungsanspruch kein öffentlich-rechtlicher Status eingeräumt oder verlängert werden.

Hiergegen hat der Kläger am 08.05.2006 die Klage erhoben. Ergänzend zu seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren trägt er vor, wie beim sog. Zeitfenster müsse unter "Mitwirkung" nach § 95 Abs. 7 SGB V eine nachhaltige Tätigkeit verstanden werden. Sinn der Verlängerung sei der Aufbau einer Alterssicherung. Zeiten einer geringfügigen Tätigkeit seien nicht anzurechnen. Seine frühere hauptberufliche Tätigkeit "Konstruktionsbüro" habe er am 30.06.1996 mit Kündigung der entsprechenden Gewerberäume abgeschlossen. Die Angabe des Jahres 1986 im Lebenslauf vom 15.12.1998 sei falsch, es handele sich hierbei um einen Schreibfehler

Der Kläger beantragt,
den Beschluss vom 22.02.2006 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, die Zulassung über den 30.09.2009 hinaus bis einschließlich 15.12.2019 zu erteilen,
hilfsweise
den Beklagten zu verpflichten, eine zusätzliche Verlängerung der Zulassung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er verweist auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg sei lediglich im einstweiligen Rechtsschutz ergangen. Eine gesetzgeberische Lücke bestehe nicht. Der Gesetzgeber habe den Personenkreis mit dem Verlängerungstatbestand klar definiert. Die Tatsache, dass der Kläger keine ausreichende Altersversorgung aufgebaut habe, rechtfertige keine weitere Verlängerung.

Die Beigeladene zu 1) bis 6) beantragen übereinstimmend,
die Klage abzuweisen.

Die Beigeladenen zu 7) und 8) haben keinen Antrag gestellt.

Die Beigeladenen haben sich schriftsätzlich zum Verfahren nicht geäußert.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 10.05.2006 die Beiladung ausgesprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Psychotherapeuten und der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Die Kammer konnte dies trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen zu 7) und 8) tun, weil diese ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Beschluss des Beklagten vom 22.02.2006 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Zulassung endet ab 1. Januar 1999 am Ende des Kalendervierteljahres, in dem der Vertragsarzt sein achtundsechzigstes Lebensjahr vollendet. War der Vertragsarzt
1. zum Zeitpunkt der Vollendung des achtundsechzigsten Lebensjahres weniger als zwanzig Jahre als Vertragsarzt tätig und
2. vor dem 1. Januar 1993 bereits als Vertragsarzt zugelassen, verlängert der Zulassungsausschuss die Zulassung längstens bis zum Ablauf dieser Frist (§ 95 Abs. 7 Satz 3 und 4 SGB V). § 95 Abs. 7 Satz 4 Nr. 2 SGB V gilt für Psychotherapeuten mit der Maßgabe, dass diese vor dem 1. Januar 1999 an der ambulanten Versorgung der Versicherten mitgewirkt haben (§ 95 Abs. 7 Satz 5 SGB V).

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der abzuweichen die Kammer keine Veranlassung sieht, werden bei der Ausfüllung des 20-Jahres-Zeitraums auch die vor dem 1. Januar 1999 ausgeübten Tätigkeiten im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung als Delegations- oder Erstattungspsychotherapeut mit erfasst (vgl. BSG, Urt. v. 08.11.2000 - B 6 KA 55/00 R - BSGE 87, 184 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 26, zitiert nach juris Rdnr. 27 ff.; BVerfG v. 18.05.2001 – 1 BvR 522/01PsychR 2001, 153; BSG, Beschl. v. 05.11.2003 - B 6 KA 56/03 B - juris Rdnr. 7).

Das Gesetz - anders als in § 95 Abs. 10 SGB V im Zusammenhang mit der bedarfsunabhängigen Zulassung – fordert in Abs. 7 Satz 5 des § 95 SGB V nicht die "Teilnahme" an der ambulanten Versorgung der Versicherten vor dem 1. Januar 1993, sondern lässt die "Mitwirkung" an ihr als schwächere Form der Teilnahme ausreichen (vgl. BSG, Urt. v. 08.11.2000 - B 6 KA 55/00 R – aaO., juris Rdnr. 33). In der Abgrenzung zum sog. Zeitfenster nach § 95 Abs. 10 SGB V hat das BSG weiter herausgearbeitet, dass im Zusammenhang mit der bedarfsunabhängigen Zulassung von Psychotherapeuten nicht die untechnischen Merkmale der "Mitwirkung" an der Versorgung bzw. der "Tätigkeit für eine Krankenkasse", denen im übrigen die zulassungsrechtlich irrelevante Behandlung von Versicherten der privaten Krankenversicherung gleichgestellt wird, verwandt werden, sondern dass auf den aus dem Kassen- bzw. Vertragsarztrecht bekannten und von der Rechtsprechung des BSG ausdrücklich auch für die Rechtsstellung der Delegationspsychotherapeuten verwandten Begriff der "Teilnahme an der psychotherapeutischen Versorgung" abgestellt wird. Das spricht dafür, dass insoweit für das Verständnis dieses Begriffs eine an dem Leitbild der vertragsärztlichen Tätigkeit orientierte Betrachtungsweise gewollt gewesen ist (vgl. BSG, Urt. v. 08.11.2000 - B 6 KA 52/00 RBSGE 87, 158 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 2, juris Rdnr. 44). Im Umkehrschluss folgt für den Begriff der "Mitwirkung" hieraus, dass es auf den Umfang oder die Intensität der psychotherapeutischen Tätigkeit nicht ankommt. Entscheidend ist allein, dass überhaupt eine psychotherapeutische Tätigkeit ausgeübt wurde. Jedenfalls dann, wenn diese in eigener Praxis erfolgte, reicht es aus, das Merkmal der Mitwirkung zu erfüllen. Wie diese Möglichkeit konkret ausgestaltet wurde, ist dann Sache des Vertragspsychotherapeuten. So hat die Kammer z. B. entschieden, dass es für die nach § 95 Abs. 7 SGB V maßgebliche Zwanzig-Jahresfrist allein auf den formalen Zulassungsstatus ankomme und ein Vortrag, die Zulassung habe nur zum Schein bestanden, um als faktisch angestellter Zahnarzt bei einem Kollegen tätig zu sein, unerheblich sei (vgl. SG Marburg, Beschl. v. 13.07.2006 – S 12 KA 829/06 ER – www.sozialgerichtsbarkeit.de). So hat das BSG auch entschieden, dass es bei der Verlängerung der Zulassung über das 68. Lebensjahr hinaus für Ärzte, die noch nicht 20 Jahre zugelassen waren, solche Zeiten anzurechnen sind, in denen sie aufgrund einer Ermächtigung in niedergelassener Praxis mit voller Arbeitskraft Versicherte der Primär- und Ersatzkassen behandeln konnten (vgl. BSG, Urt. v. 12.09.2001, Aktenzeichen: B 6 KA 45/00 R, SozR 3-2500 § 95 Nr. 32 = Breith 2002, 310 = NZS 2002, 334).

Ausgehend von dieser Rechtslage war der Auffassung des Klägers, die Tätigkeit im sog. Erstattungsverfahren sei nicht zu berücksichtigen, nicht zu folgen. Entscheidend ist die Möglichkeit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung, die jedenfalls mit Beginn einer Behandlung feststeht. Zutreffend geht der Zulassungsausschuss und mit ihm der Beklagte davon aus, dass insoweit die Aufnahme der psychotherapeutischen Tätigkeit des Klägers im Juli 1989 erfolgt ist. Insoweit obliegt es der freien Entscheidung des Psychotherapeuten, in welchem Umfang er sich der psychotherapeutischen Tätigkeit widmet. Dies gilt im Übrigen auch für förmlich zugelassene Leistungserbringer, die entweder bewusst in geringerem Umfang vertragsärztlich tätig sind oder aufgrund der Wettbewerbssituation ungewollt die Tätigkeit nicht in dem gewünschten Umfang ausüben können. Auch ihnen kommt ein Anspruch auf Verlängerung über das 68. Lebensjahr hinaus nicht zu. Von daher kommt es auch nicht darauf an, in welchem Umfang der Kläger die psychotherapeutische Tätigkeit seit Juli 1989 betrieben hat, da er jedenfalls durchgängig eine Praxis betrieben hat. Unerheblich ist insofern auch, wann der Kläger nun tatsächlich das daneben betriebene Konstruktionsbüro aufgegeben hat. Insofern liegt grundsätzlich nahe, von der Richtigkeit der früher abgegebenen Erklärung auszugehen. Die Einlassung des Klägers, es handele sich um einen Schreibfehler, ist insofern zweifelhaft, als die nunmehr als fehlerhaft beschriebene Angabe des Jahres 1986 sich an chronologisch richtiger Stelle im tabellarischen Lebenslauf befindet und hierbei angegeben wird, im Jahr zuvor die Heilkundeerlaubnis erhalten zu haben. Die Kammer brauchte dem aber nicht weiter nachzugehen, da es hierauf nicht ankam.

Soweit der Kläger geltend macht, im Zeitraum 1997 bis 10.04.1999 habe er lediglich 12 gesetzlich versicherte Patienten gewinnen können, weshalb auch dieser Zeitraum herausgerechnet werden müsse, so kommt es auch hier allein darauf an, dass die psychotherapeutische Praxis fortbestand. Gleiches gilt für den Zeitraum des Rechtsbehelfsverfahrens bezüglich der Zulassung des Klägers. Auch für diese Zeit trägt der Kläger nicht vor, die Praxis aufgegeben zu haben, sondern lediglich, Patienten nicht im gewünschten Umfang behandelt zu haben. Soweit der Kläger auf eine fehlende Alterssicherung hinweist, hat der Gesetzgeber diesen Gesichtspunkt nicht in das Gesetz aufgenommen. Hierbei handelt es sich vielmehr um den Gesetzeszweck. Mit dem Übergangsrecht wollte der Gesetzgeber die Investition in eine Praxis und den Aufbau einer Alterssicherung ermöglichen. Dabei geht der Gesetzgeber aber davon aus, dass mit der Möglichkeit einer insgesamt zwanzigjährigen Tätigkeit diese Erfordernisse ausreichend berücksichtigt wurden. Bereits im Übergangsrecht ist insofern eine Härtefallregelung zu sehen, neben der weitere Härtefallgesichtspunkte keine Ausnahme rechtfertigen. Das Fehlen einer allgemeinen Härteregelung bei der Altersgrenze stellt keine ausfüllungsfähige oder ausfüllungsbedürftige Gesetzeslücke dar, sondern entspricht der Absicht des Gesetzgebers. Über den ausdrücklich geregelten Ausnahmetatbestand hinaus ist die Altersgrenze damit auf alle Betroffenen anzuwenden (vgl. BSG, Urt. v. 25.11.1998 - B 6 KA 4/98 R - BSGE 83, 135 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 18, juris Rdnr. 24).

Die vom Kläger angeführte Entscheidung, LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 05.06.2002 - L 5 KA 115/02 ER-B -, juris betrifft die Sonderkonstellation, dass der Psychotherapeut zum Zulassungszeitpunkt bereits das 68 Lebensjahr vollendet hatte; im Übrigen handelte es sich um ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren, in dem das LSG Erfolgsaussichten in einem Hauptsacheverfahren nicht ausgeschlossen hatte (zur weiteren Rspr. s. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 30.04.2003 - L 5 KA 4280/02 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris; BSG, Beschl. v. 05.11.2003 - B 6 KA 56/03 B – juris).

Die Regelung des § 95 Abs. 7 SGB V ist auch weder unter verfassungs- noch europarechtlichen Gesichtspunkten zu beanstanden.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hält die Altersgrenze nach § 97 Abs. 7 als eine subjektive Zulassungsbeschränkung für verfassungsgemäß. Unter Bezugnahme seiner Rechtsprechung zu anderen Altersgrenzen stellt es vor allem darauf ab, dass die angegriffenen Regelungen auch dazu dienten, den Gefährdungen, die von älteren, nicht mehr voll leistungsfähigen Berufstätigen ausgingen, einzudämmen (vgl. BVerfG, 1. Sen., 2. Ka., Beschl. v. 31.03.1998 - 1 BvR 2167/93, 1 BvR 2198/93 - SozR 3-2500 § 95 Nr. 17 = NJW 1998, 1776, juris Rdnr. 30 f.). Das Bundessozialgericht (BSG) sieht demgegenüber unter Hinweis auf die Möglichkeiten, über das 68. Lebensjahr hinaus als Vertragsarzt tätig zu sein (als Privatarzt und nach dem Übergangsrecht) keinen Willen des Gesetzgebers, jede patientenbezogene Berufsausübung durch ältere Ärzte als so potenziell gefährdend anzusehen, dass sie ausnahmslos zu unterbleiben hätten (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 11/04 R - BSGE 93, 79 = SozR 4-5525 § 32 Nr. 1, juris Rdnr. 24). Es stützt sich deshalb bei Bejahung der Verfassungsmäßigkeit vor allem auf die Erwägung des Gesetzgebers, wonach die zur Sicherung der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung vom Gesetzgeber für zwingend erforderlich gehaltene Beschränkung der Zahl der zugelassenen Vertragsärzte nicht einseitig zu Lasten der jungen, an einer Zulassung interessierten Ärztegeneration zu verwirklichen sei (vgl. BSG, Urt. v. 25.11.1998 - B 6 KA 4/98 R - BSGE 83, 135 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 18, juris Rdnr. 29). Dies gelte auch für die Psychotherapeuten (vgl. BSG, Urt. v. 08.11.2000 – B 6 KA 55/00 R - BSGE 87, 184 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 26 S. 142, juris Rdnr. 36 f.). Eine europarechtliche Dimension der Altersgrenze hat das BSG ausdrücklich verneint (vgl. BSG, Beschl. v.27.04.2005 - B 6 KA 38/04 B – juris (Rdnr. 12); BSG, Urt. v. 25.11.1998 - B 6 KA 4/98 R - BSGE 83, 135 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 18, juris Rdnr. 35). Dies gilt auch für die vorgetragene Diskriminierung wegen Alters.

Auch das LSG Hessen (Beschluss vom 10.06.2005 – L 6/7 KA 58/04 ER – juris; LSG Hessen, Urt. v. 15.03.2006 – L 4 KA 32/05 – www.sozialgerichtsbarkeit.de) hat sich ausführlich mit dem Verbot der Altersdiskriminierung beschäftigt und einen Verstoß hiergegen verneint (s. ferner LSG Hamburg, Urt. v. 28.06.2006 – L 2 KA 1/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de; LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 31.01.2006 – L 4 KA 3/04 – www.sozialgerichtsbarkeit.de; SG PO., Beschl. v. 31.03.2006– S 8 ER 68/06 KA – http://cms.justiz.rlp.de/justiz).

Das BSG hat hierzu zuletzt ausgeführt:

"Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann die Regelung über die Beendigung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit mit Vollendung des 68. Lebensjahres auch nicht gegen die auf Art 13 EGV beruhende Richtlinie des Rates 2000/78/EG vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Amtsblatt L 303/16 vom 2. Dezember 2000) verstoßen. Diese Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, im Rahmen der Umsetzung die zur Beseitigung u. a. von Altersdiskriminierung erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen (Art 18 der Richtlinie; näher Eichenhofer, NZA, Sonderbeilage zu Heft 22/2004, S 26 ff). Die Umsetzungsfrist lief grundsätzlich zum 2. Dezember 2003 ab (Art 18 der Richtlinie). Nach Art 18 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten allerdings bezogen auf das Kriterium Alter eine Zusatzfrist von drei Jahren in Anspruch nehmen. Hierfür reicht es aus, die Kommission davon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Davon hat die Bundesrepublik Deutschland Gebrauch gemacht, wie sich aus der vom Senat eingeholten Stellungnahme des für die Umsetzung zuständigen Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 9. Februar 2005 und der Stellungnahme der Generaldirektion Beschäftigung und Soziales der Europäischen Kommission vom 12. Februar 2004 (D(04)/D3/FK/mg/2736) ergibt. Deshalb ist die Frist zur Umsetzung der Richtlinie noch nicht abgelaufen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kommt deshalb auch eine Vorlage an den EuGH zur Klärung der Frage der Vereinbarkeit der Regelung über die Altersgrenze zur Beendigung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit mit der genannten EG-Richtlinie vom 27. November 2000 nicht in Betracht" (vgl. BSG, Beschl. v.27.04.2005 - B 6 KA 38/04 B – juris, Rdnr. 12).

Im Ergebnis war die Klage daher im Hauptantrag abzuweisen.

Die Klage war aber auch im Hilfsantrag abzuweisen, da der Kläger keinen Anspruch auf weitere Verlängerung seiner Zulassung hat und insofern auch kein Anspruch auf Neubescheidung besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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