Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 840/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 24/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Kassenzahnärztliche Vereinigung ist zuständig zur Feststellung von Ansprüchen von Ersatzkassen gegen einen Vertragszahnarzt auf Grund mangelhafter kieferorthopädischer Leistungen (§ 12 Abs. 2 EKV-Z). Ein Antrag der Krankenkasse ist hierfür nicht erforderlich.
2. Bei einer mangelhaften kieferorthopädischen Behandlung kann der Schaden nach den abgerechneten Leistungen bemessen werden.
3. Der Lauf der Verjährung für einen Regress wegen „sonstigen Schadens“ beginnt erst zum Zeitpunkt des Abschlusses der kieferorthopädischen Behandlung.
2. Bei einer mangelhaften kieferorthopädischen Behandlung kann der Schaden nach den abgerechneten Leistungen bemessen werden.
3. Der Lauf der Verjährung für einen Regress wegen „sonstigen Schadens“ beginnt erst zum Zeitpunkt des Abschlusses der kieferorthopädischen Behandlung.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Sie hat auch die Gerichtskosten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Regress in Höhe von 3.184,46 EUR wegen eines sonstigen Schadens im Behandlungsfall der bei der Beigeladenen versicherten J. C ...
Die 1948 geborene und jetzt 59-jährige Klägerin ist als Zahnärztin für Kieferorthopädie seit dem 01.04.1978 zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
Die Klägerin nahm bei dem am XX geborenen C. eine kieferorthopädische Behandlung seit Oktober 1995 vor. Am 07.08.2003 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die Prüfung der KFO-Behandlung ihrer Versicherten C. durch die Klägerin. Sie gab an, die Mutter der Patientin habe mit Schreiben vom 20.05.2003 mitgeteilt, dass wahrscheinlich ein Behandlungsfehler in der kieferorthopädischen Behandlung ihrer Tochter vorliege. Es sei eine KFO-Behandlung durchgeführt worden, in deren Rahmen ein Extraktionsauftrag der Zähne 85 und 75 (bleibende Milchzähne) gegeben und durchgeführt worden sei. Nun solle eine Brückenversorgung zum Lückenschluss 34 bis 36 erfolgen. Sie habe den Behandlungsverlauf durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen prüfen lassen. Die Stellungnahme des Gutachters lege sie bei. In der durch Frau Dr. D., Zahnärztin für Kieferorthopädie, angeführten gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage mit Datum vom 19.07.2003 wird ausgeführt, dass der Behandlungsplan vom 21.04.1997 als therapeutische Maßnahme vorgesehen habe: "Umformen beider Kiefer, Auflockern beider Frontzahngruppen, Protrudieren beider Frontzahngruppen, Derotation und Aufrichten der betreffenden Zähne, Einstellen der Kiefermitte, Einstellen in den Regelbiss, Lückenöffnung für 23, 33, 43". Dieser Plan sei vom Gutachter Dr. F. am 21.05.1997 mit der Bemerkung "Nachbegutachtung nach 6 Quartalen" genehmigt worden. Der Nachantrag für 8 Quartale Retentionsphase sei von Dr. G. als nicht wirtschaftlich abgelehnt worden. Am 07.05.2003 habe die Klägerin die Behandlung als abgeschlossen erklärt. Die Mutter der Versicherten beklage nun, dass "die Zahnstellung des Unterkiefers immer noch nicht in Ordnung" sei und "außerdem noch eine Brücke gemacht werden" solle. Dr. D. gelangt zum Ergebnis, es liege nach wie vor ein Engstand in beiden Zahnbögen vor. Die Stellung der zweiten Molaren sei nicht funktionell. Der Zahn 34 sei stark rotiert und in die Lücke 35 gekippt, was die Anfertigung einer Brücke bzw. das Setzen eines Implantates erschwere. Der Zahn 35 sei nicht angelegt, der Vorgänger Milchzahn 75 befinde sich auf Okklusionsniveau und habe noch gut ausgebildete Wurzeln gehabt, so dass die Entfernung nicht unbedingt erforderlich gewesen sei. Um allerdings eine funktionelle Okklusion herstellen zu könne, sei die Extraktion des Zahnes 75 oder dessen Slicen (mesiales Beschleifen) erforderlich, da dieser Zahn mehr Platz einnehme als sein Nachfolger.
Die Beklagte fertigte durch Dr. F., Beauftragter ihres Vorstandes für Kieferorthopädie, eine fachliche Stellungnahme mit Datum vom 04.05.2005 an. Dieser kam zu dem Ergebnis, es lägen folgende erhebliche Versäumnisse und Fehleinschätzungen vor:
- Eingliederung von Platzhaltern ohne Indikation
- Mehrfach Eingliederung von aktiven Plattenapparaturen ohne Behandlungsplan
- Verfrühter Einsatz der MB-Apparatur
- Unsinnige Einbeziehung von Milchzähnen in die MB-Apparatur
- Falsche Bracketpositionierung ohne spätere Korrektur
- Entfernung eines persistierenden Milchzahnes bei Aplasie ohne Indikation - Weiterbehandlung nach MB-Ausgliederung ohne erkennbares Konzept
- Unwirtschaftlich häufiger Ersatz der Behandlungsgeräte
Es seien fachliche Defizite und eine überaus unwirtschaftliche Vorgehensweise zu beobachten. Es sei ein sonstiger Schaden festzustellen. Er empfehle die Rückerstattung von 80% der Behandlungskosten.
Die Beklagte informierte die Klägerin über die Stellungnahme des Dr. F ... Hierzu nahm die Klägerin mit Schriftsatz vom 30.06.2005 Stellung. Darin führte sie aus, die Platzhalter seien eingesetzt worden, weil entzündete Milchzähne durch den Zahnarzt extrahiert werden sollten. Die entsprechenden Extraktionsaufträge seien ausgefüllt und mitgegeben worden. Der Plan sei im Jahr 1997 genehmigt worden, 1998 sei nach Nachbegutachtung die Weiterbehandlung ebenfalls genehmigt worden. Der Zahn 75 sei extrahiert worden, weil er gelockert und entzündet gewesen sei. Die später durchzuführende prothetische Versorgung sei selbstverständlich mit der Mutter und der Patientin besprochen worden. Die Laborkosten hätten sich wegen der unzureichenden Mitarbeit der Patientin erhöht. Ein sonstiger Schaden sei nicht festzustellen. Auch die vorgeschlagene Rückerstattung von 80% der Behandlungskosten sei unbegründet.
Mit Bescheid vom 30.03.2006 setzte die Beklagte den strittigen Regressbetrag fest. Darin führte sie aus, Herr Dr. F. habe die Angelegenheit nochmals eingehend geprüft und komme zu keinem anderen Ergebnis. Die eingereichte Stellungnahme beschreibe lapidar allenfalls durchgeführte Maßnahmen, gebe jedoch keine Begründung für die Notwendigkeit der Maßnahmen und gehe auch mit keiner Silbe auf die getroffenen fachlichen Feststellungen ein. Da insoweit keine Argumente und Gründe vorgetragen worden seien, die eine andere Entscheidung hätten rechtfertigen können, bleibe es daher bei der Belastung in Höhe von 80% der abgerechneten Leistungen, wie sie in der diesen Bescheid beigefügten Aufstellung (DM-Beträge seien in Euro-Beträge umgerechnet worden) ausgewiesen seien.
Hiergegen legte die Klägerin am 10.04.2006 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, sie verweise zunächst auf ihre bereits eingereichte Stellungnahme. Entscheidend sei, dass ihre Maßnahmen zweimal durch andere Kieferorthopäden begutachtet und letztlich befürwortet worden seien. Vor diesem Hintergrund sei die Entscheidung des Dr. F. nicht nachvollziehbar.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.2006, zugegangen am 30.06.2006, wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. In den Bescheidgründen führte sie aus, mit dem Behandlungsplan vom 21.04.1997 seien für die Patientin C. kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen beantragt worden, für die nach gutachterlicher Befürwortung die Krankenkasse die Zuschussfestsetzung vorgenommen habe. Eine Nachbegutachtung nach Ablauf eines Jahres habe zum Ergebnis geführt, dass die Behandlungsmaßnahmen weiterhin befürwortet worden seien. Mit Wirkung zum 31.03.2003 sei von der Klägerin die Behandlung in Sinne des § 29 SGB V als abgeschlossen bezeichnet worden. Weiter wird auf die Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung und des Dr. F. verwiesen. Sodann wird ausgeführt, die Klägerin habe die Notwendigkeit der Maßnahmen in Ihrer Stellungnahme nicht begründet. Soweit die Extraktion des Zahnes 75 angesprochen sei, sei aus der Karteikarte keine Begründung ersichtlich, die die Lockerung und Entzündung bestätigen würde. Die Stellungnahme von Herrn Dr. F. datiere vom Anfang der Behandlung, sie könne mithin die Folgemaßnahmen gar nicht erfassen. Dass demgegenüber nach der gutachterlichen Stellungnahme von Herrn Dr. G. vom 29.01.2002 die Kostenübernahme für weitere beantragte Leistungen nicht empfohlen werde, gleichwohl aber noch bis einschließlich des Quartals I/2003 Leistungen zu Lasten der Krankenkasse abgerechnet worden seien, werfe Fragen hinsichtlich der administrativen Organisation der Praxis auf.
Hiergegen hat die Klägerin am 13.07.2006 die Klage erhoben. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen trägt sie vor, die Behandlung der Patientin C. sei in jeder Hinsicht medizinisch indiziert und ordnungsgemäß durchgeführt und abgerechnet worden. Ein Rückforderungsrecht der Beklagten bestehe daher nicht. Sie weist nochmals darauf hin, die kritisierten Platzhalter seien eingesetzt worden, weil entzündete Milchzähne durch den Zahnarzt extrahiert werden sollten. Ferner weist sie auf die Begutachtung und Genehmigung der kieferorthopädischen Leistungen hin. Soweit Dr. F. weiter moniere, dass die Positionierung der Brackets auf den einzelnen Zähnen nicht der gängigen Lehrmeinung entspreche, werde dies zunächst bestritten. Im Übrigen gebe der Erfolg der Behandlung ihr letztendlich Recht. Es werde weiter bestritten, dass einige Zähne nach Entbänderung noch die gleichen Dreh- und Kippstände aufwiesen wie vor der MB-Eingliederung. Die Extraktion des Zahnes 75 sei veranlasst worden, da der Milchzahn sich gelockert habe. Dementsprechend habe auch eine medizinische Indikation vorgelegen. Soweit der Erfolg nicht eingetreten sei, habe dies an der unzureichenden Mitarbeit der Patientin gelegen. Darauf sei die Beklagte zwar nicht schriftlich, jedoch telefonisch hingewiesen worden, was zum damaligen Zeitpunkt der gängigen Praxis entsprochen habe. Von daher könnten etwaige Verzögerungen ihr nicht angelastet werden. Das Gutachten des Medizinischen Dienstes vom 19.07.2003 sei ihr nicht bekannt und werde mit Nichtwissen bestritten. Herr Dr. F. divergiere mit ihrer medizinischen Auffassung. Sie könne nur die medizinische Indikation verteidigen. Gleiches gelte auch hinsichtlich der anderen monierten Positionen. Im Rahmen der Nachbegutachtung sei jedoch ihre medizinische Tätigkeit begutachtet worden. Dem Gutachter seien sämtliche Unterlagen, Modelle und Röntgenbilder zur Verfügung gestellt worden. Der Gutachter habe offensichtlich die bis dahin von ihr erbrachte Leistung positiv bewertet, da er ansonsten keine Genehmigung für eine Weiterbehandlung gegeben hätte. Die angeblichen Fehlleistungen seien bereits durchgeführt worden, ohne dass dies von dem Gutachter moniert worden sei. Richtig sei zwar, dass zum Zeitpunkt der zweiten Begutachtung die Behandlung noch nicht abgeschlossen worden sei. Die Beklagte fordere aber gerade für die Jahre 1997 und 1998 einen erheblichen Teil der Behandlungskosten zurück. Verzögerung und erhöhte Laborkosten seien auf die unzureichende Mitarbeit der Patientin zurückzuführen. Die Patientin habe Termine nicht wahrgenommen, die Geräte nicht getragen und es an der ausreichenden Zahnpflege fehlen lassen. Es handele sich um einen Problemfall, weshalb häufig auf die unzureichende Mitarbeit der Patienten verwiesen werden müsse.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 30.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage zurückzuweisen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, die Behandlung der Patientin C. sei gerade nicht medizinisch indiziert gewesen und sei auch keinesfalls von der Klägerin ordnungsgemäß durchgeführt worden. Bei dem ersten Gutachten habe es sich um ein reines Planungsgutachten gehandelt, das im Vorfeld der Behandlung, also vor Behandlungsbeginn, erstellt worden sei. Gegenstand dieses Gutachtens sei die Planung und nicht die Ausführung der Behandlung gewesen. Auch das zweite Gutachten sei zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Behandlung erfolgt. Gegenstand der Begutachtung sei die Fortsetzung der Leistungen gewesen und auch hier nicht die Menge der bis dahin durchgeführten Behandlungen. Umgekehrt übersehe die Klägerin, dass nicht nur das ausführlich begründete Gutachten des Vorstandsreferenten vorläge, sondern auch ein weiteres Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, in dem schwere Mängel der kieferorthopädischen Versorgung aufgezeigt worden seien. Damit setze sich die Klägerin in keiner Weise auseinander. Im übrigen falle auf, dass sich der Klagevortrag im Wesentlichen auf ein einfaches Bestreiten von fundiert dargestellten Mängeln beschränke und soweit dies offenbar nicht möglich sei, die vorhandenen Mängel, wie dies bereits aus den anderen Verfahren gegenüber der Klägerin bekannt sei, pauschal auf eine unzureichende Mitarbeit der Patientin zurückgeführt werden würde.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie verweist auf die gutachterlichen Stellungnahmen und die Ausführungen der Beklagten.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 17.07.2006 die Beiladung ausgesprochen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG ). Sie konnte dies trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen tun, weil diese ordnungsgemäß geladen und hierauf hingewiesen worden ist.
Die Klage ist zulässig. Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid vom 30.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 29.06.2006 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Beklagte hat zu Recht den strittigen Regressbetrag festgesetzt.
Die Beklagte ist zuständig. Sie stellt Ansprüche von Ersatzkassen gegen einen Vertragszahnarzt auf Grund mangelhafter prothetischer oder kieferorthopädischer Leistungen fest (§ 21 Abs. 2 EKV-Z i. d. F. mit Geltung ab 01.01.2005 bzw. § 12 Nr. 6 EKV-Z a. F.) (vgl. BSG, Urt. v. 03.12.1997 – 6 RKa 40/96 – SozR 3-5555 § 12 Nr. 5 = USK 97149, juris Rdnr. 15 ff. m. w. N.). Ein Antrag ist hierfür nicht erforderlich; die Beklagte kann von Amts wegen tätig werden.
Voraussetzung für den Anspruch einer Krankenkasse auf Ersatz eines sonstigen Schadens durch einen Vertragszahnarzt ist die Verletzung einer vertragszahnärztlichen Pflicht, ein hieraus resultierender Schaden sowie ein schuldhaftes, also zumindest fahrlässiges Verhalten des Vertragszahnarztes (vgl. BSG, Urt. v. 14.03.2001 - B 6 KA 19/00 R – SozR 3-2500 § 106 Nr. 52 = USK 2001-148, juris Rdnr. 15 m. w. N.)
Die kieferorthopädische Behandlung war mangelhaft. Die insoweit mit einer Vertragszahnärztin und einem Vertragszahnarzt fachkundig besetzte Kammer folgt der urkundenbeweislich verwertbaren fachlichen Stellungnahme des Dr. F ... Dieser hat festgestellt, dass erhebliche Versäumnisse und Fehleinschätzungen vorliegen, so die Eingliederung von Platzhaltern ohne Indikation, die mehrfache Eingliederung von aktiven Plattenapparaturen ohne Behandlungsplan, ein verfrühter Einsatz der MB-Apparatur, eine unsinnige Einbeziehung von Milchzähnen in die MB-Apparatur, die falsche Bracketpositionierung ohne spätere Korrektur, die Entfernung eines persistierenden Milchzahnes bei Aplasie ohne Indikation, eine Weiterbehandlung nach MB-Ausgliederung ohne erkennbares Konzept und der unwirtschaftlich häufige Ersatz der Behandlungsgeräte. Hiermit setzt sich die Klägerin nicht im Einzelnen auseinander.
Entgegen der Auffassung der Klägerin gibt ihr auch ein Erfolg der Behandlung nicht letztendlich Recht. In der urkundenbeweislich verwertbaren gutachterlichen Stellungnahme der Frau Dr. D. wird im Einzelnen dargelegt, dass nach wie vor ein Engstand in beiden Zahnbögen vorliege, die Stellung der zweiten Molaren nicht funktionell sei, der Zahn 34 stark rotiert sei und in die Lücke 35 gekippt, was die Anfertigung einer Brücke bzw. das Setzen eines Implantates erschwere. Damit war die Behandlung gerade nicht erfolgreich abgeschlossen worden.
Soweit die Klägerin auf eine unzureichende Mitarbeit der Patientin verweist, ist ihr Vortrag unsubstantiiert. Im Übrigen gehört es zu ihrer Behandlung, die Patientin und/oder ihre Erziehungsberechtigten entsprechend zu beraten und für die Einhaltung der notwendigen Hygienevorschriften Soge zu tragen; in gravierenden Fällen ist die Behandlung abzubrechen.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf die eingeholten Gutachten im Genehmigungsverfahren berufen, da es sich um ein reines Planungsgutachten im Vorfeld der Behandlung bzw. um ein Gutachten zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Behandlung gehandelt hat.
Ein Schaden ist eingetreten. dabei ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Schaden nach den abgerechneten Leistungen bemisst (vgl. zur Schadenshöhe BSG, Urt. v. 29.11.2006 - B 6 KA 21/06 R – juris Rdnr. 23 m. w. N.). Hier hat sie 80 % der abgerechneten Leistungen als Schaden festgesetzt und ist insoweit hinter der Gesamtabrechnung zurückgeblieben.
Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Es gilt eine vierjährige Verjährungsvorschrift (vgl. BSG, Urt. v. 28.08.1996 - 6 RKa 88/95 - SozR 3-5545 § 23 Nr. 1 = BSGE 79, 97 = NJW 1997, 3116 = USK 96151, juris Rdnr. 16). Das Bundessozialgericht hat es bisher offen gelassen, ob die Verjährung wie bei anderen Ansprüchen aus dem Bereich des Sozialrechts ( § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB I ; § 25 Abs. 1 , § 27 Abs. 2 SGB IV ; § 50 Abs. 4 , § 113 SGB X ) mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind, oder wie bei deliktischen Ansprüchen des Zivilrechts ( § 852 Abs. 1 BGB ) erst mit der Kenntnis des Ersatzberechtigten von dem eingetretenen Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen beginnt (vgl. BSG, Urt. v. 28.08.1996 - 6 RKa 88/95 -, aaO., juris Rdnr. 17).
Auf die Kenntnis des Ersatzberechtigten von dem eingetretenen Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen kann nach Auffassung der Kammer allerdings nicht abgestellt werden. Dies würde, da typischerweise die Krankenkasse gerade keine Kenntnis von etwaigen Abweichungen des behandelnden Arztes von den Vorgaben des genehmigten Behandlungsplanes hat, den Vertragszahnarzt über einen langen Zeitraum hinweg dem Risiko eines Regresses aussetzen (vgl. ausführlich LSG Niedersachsen, Urt. v. 27.09.2000 - L 3/5 KA 64/97 – juris Rdnr. 38). Ob die Verjährung wie bei anderen Ansprüchen aus dem Bereich des Sozialrechts mit dem Ablauf des Kalenderjahres beginnt, wofür einiges spricht, kann hier dahinstehen, da es hierauf nicht ankommt.
Für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist folgt die Kammer insoweit der von der Beklagten vertretenen Auffassung, dass Verjährungsbeginn der Zeitpunkt des Abschlusses der kieferorthopädischen Behandlung ist. Dies ist hier der 07.05.2003. Danach war zum Zeitpunkt der Regressfestsetzung durch den Bescheid vom 30.03.2006 Verjährung in keinem Fall angetreten, so dass dahinstehen kann, ob die Verjährung nicht erst zum Jahresende, also mit Ablauf des 31.12.2003 zu laufen begonnen hat. Für diesen Zeitpunkt, den 07.05.2003, hat die Klägerin die Behandlung als abgeschlossen erklärt. Die insoweit fachkundig besetzte Kammer geht hierbei davon aus, dass bei kieferorthopädischen Behandlung eine einzelne, bestimmte Pflichtverletzung und insbesondere deren Zeitpunkt nicht oder nur erschwert und im Regelfall vage bestimmt werden kann. Die kieferorthopädische Behandlung beruht auch auf der Überwachung eingeleiteter Maßnahmen und der Herbeiführung eines Erfolges dieser Maßnahmen. Ob die Behandlung insoweit regelgerecht war, kann erst nach deren Abschluss beurteilt werden, da bis dahin unter Umständen die Einleitung weiterer oder korrigierender Maßnahmen noch zu einem regelgerechten Erfolg führen können. Damit hat der Vertragszahnarzt auch keine Garantiehaftung für einen bestimmten Erfolg seiner Behandlung zu übernehmen, da Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch in jedem Fall eine schuldhafte Pflichtverletzung ist. Gerade bei kieferorthopädischen Behandlungen, die im Regelfall über mehrere Jahre erfolgen, wird sich ein Pflichtenverstoß aber erst am Ende der Behandlung feststellen lassen. Von daher kann ein Pflichtenverstoß erst am Ende der Behandlung festgestellt werden und kann zuvor die Verjährung nicht zu laufen beginnen.
Soweit das LSG Niedersachsen maßgeblich für die Entstehung des Schadensersatzanspruches den Zeitpunkt ansieht, in dem der Vertragszahnarzt schuldhaft seine kassenzahnärztlichen Pflichten verletzt und insoweit eine Gesamtbetrachtung des Behandlungszeitraumes nicht zulässig sein soll (vgl. LSG Niedersachsen, Urt. v. 27.09.2000 - L 3/5 KA 64/97 – juris Rdnr. 38 f.), war dem aus den genannten Gründen nicht zu folgen.
Nach allem war der angefochtene Bescheid nicht aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Die Klägerin hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Sie hat auch die Gerichtskosten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Regress in Höhe von 3.184,46 EUR wegen eines sonstigen Schadens im Behandlungsfall der bei der Beigeladenen versicherten J. C ...
Die 1948 geborene und jetzt 59-jährige Klägerin ist als Zahnärztin für Kieferorthopädie seit dem 01.04.1978 zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
Die Klägerin nahm bei dem am XX geborenen C. eine kieferorthopädische Behandlung seit Oktober 1995 vor. Am 07.08.2003 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die Prüfung der KFO-Behandlung ihrer Versicherten C. durch die Klägerin. Sie gab an, die Mutter der Patientin habe mit Schreiben vom 20.05.2003 mitgeteilt, dass wahrscheinlich ein Behandlungsfehler in der kieferorthopädischen Behandlung ihrer Tochter vorliege. Es sei eine KFO-Behandlung durchgeführt worden, in deren Rahmen ein Extraktionsauftrag der Zähne 85 und 75 (bleibende Milchzähne) gegeben und durchgeführt worden sei. Nun solle eine Brückenversorgung zum Lückenschluss 34 bis 36 erfolgen. Sie habe den Behandlungsverlauf durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen prüfen lassen. Die Stellungnahme des Gutachters lege sie bei. In der durch Frau Dr. D., Zahnärztin für Kieferorthopädie, angeführten gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage mit Datum vom 19.07.2003 wird ausgeführt, dass der Behandlungsplan vom 21.04.1997 als therapeutische Maßnahme vorgesehen habe: "Umformen beider Kiefer, Auflockern beider Frontzahngruppen, Protrudieren beider Frontzahngruppen, Derotation und Aufrichten der betreffenden Zähne, Einstellen der Kiefermitte, Einstellen in den Regelbiss, Lückenöffnung für 23, 33, 43". Dieser Plan sei vom Gutachter Dr. F. am 21.05.1997 mit der Bemerkung "Nachbegutachtung nach 6 Quartalen" genehmigt worden. Der Nachantrag für 8 Quartale Retentionsphase sei von Dr. G. als nicht wirtschaftlich abgelehnt worden. Am 07.05.2003 habe die Klägerin die Behandlung als abgeschlossen erklärt. Die Mutter der Versicherten beklage nun, dass "die Zahnstellung des Unterkiefers immer noch nicht in Ordnung" sei und "außerdem noch eine Brücke gemacht werden" solle. Dr. D. gelangt zum Ergebnis, es liege nach wie vor ein Engstand in beiden Zahnbögen vor. Die Stellung der zweiten Molaren sei nicht funktionell. Der Zahn 34 sei stark rotiert und in die Lücke 35 gekippt, was die Anfertigung einer Brücke bzw. das Setzen eines Implantates erschwere. Der Zahn 35 sei nicht angelegt, der Vorgänger Milchzahn 75 befinde sich auf Okklusionsniveau und habe noch gut ausgebildete Wurzeln gehabt, so dass die Entfernung nicht unbedingt erforderlich gewesen sei. Um allerdings eine funktionelle Okklusion herstellen zu könne, sei die Extraktion des Zahnes 75 oder dessen Slicen (mesiales Beschleifen) erforderlich, da dieser Zahn mehr Platz einnehme als sein Nachfolger.
Die Beklagte fertigte durch Dr. F., Beauftragter ihres Vorstandes für Kieferorthopädie, eine fachliche Stellungnahme mit Datum vom 04.05.2005 an. Dieser kam zu dem Ergebnis, es lägen folgende erhebliche Versäumnisse und Fehleinschätzungen vor:
- Eingliederung von Platzhaltern ohne Indikation
- Mehrfach Eingliederung von aktiven Plattenapparaturen ohne Behandlungsplan
- Verfrühter Einsatz der MB-Apparatur
- Unsinnige Einbeziehung von Milchzähnen in die MB-Apparatur
- Falsche Bracketpositionierung ohne spätere Korrektur
- Entfernung eines persistierenden Milchzahnes bei Aplasie ohne Indikation - Weiterbehandlung nach MB-Ausgliederung ohne erkennbares Konzept
- Unwirtschaftlich häufiger Ersatz der Behandlungsgeräte
Es seien fachliche Defizite und eine überaus unwirtschaftliche Vorgehensweise zu beobachten. Es sei ein sonstiger Schaden festzustellen. Er empfehle die Rückerstattung von 80% der Behandlungskosten.
Die Beklagte informierte die Klägerin über die Stellungnahme des Dr. F ... Hierzu nahm die Klägerin mit Schriftsatz vom 30.06.2005 Stellung. Darin führte sie aus, die Platzhalter seien eingesetzt worden, weil entzündete Milchzähne durch den Zahnarzt extrahiert werden sollten. Die entsprechenden Extraktionsaufträge seien ausgefüllt und mitgegeben worden. Der Plan sei im Jahr 1997 genehmigt worden, 1998 sei nach Nachbegutachtung die Weiterbehandlung ebenfalls genehmigt worden. Der Zahn 75 sei extrahiert worden, weil er gelockert und entzündet gewesen sei. Die später durchzuführende prothetische Versorgung sei selbstverständlich mit der Mutter und der Patientin besprochen worden. Die Laborkosten hätten sich wegen der unzureichenden Mitarbeit der Patientin erhöht. Ein sonstiger Schaden sei nicht festzustellen. Auch die vorgeschlagene Rückerstattung von 80% der Behandlungskosten sei unbegründet.
Mit Bescheid vom 30.03.2006 setzte die Beklagte den strittigen Regressbetrag fest. Darin führte sie aus, Herr Dr. F. habe die Angelegenheit nochmals eingehend geprüft und komme zu keinem anderen Ergebnis. Die eingereichte Stellungnahme beschreibe lapidar allenfalls durchgeführte Maßnahmen, gebe jedoch keine Begründung für die Notwendigkeit der Maßnahmen und gehe auch mit keiner Silbe auf die getroffenen fachlichen Feststellungen ein. Da insoweit keine Argumente und Gründe vorgetragen worden seien, die eine andere Entscheidung hätten rechtfertigen können, bleibe es daher bei der Belastung in Höhe von 80% der abgerechneten Leistungen, wie sie in der diesen Bescheid beigefügten Aufstellung (DM-Beträge seien in Euro-Beträge umgerechnet worden) ausgewiesen seien.
Hiergegen legte die Klägerin am 10.04.2006 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, sie verweise zunächst auf ihre bereits eingereichte Stellungnahme. Entscheidend sei, dass ihre Maßnahmen zweimal durch andere Kieferorthopäden begutachtet und letztlich befürwortet worden seien. Vor diesem Hintergrund sei die Entscheidung des Dr. F. nicht nachvollziehbar.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.2006, zugegangen am 30.06.2006, wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. In den Bescheidgründen führte sie aus, mit dem Behandlungsplan vom 21.04.1997 seien für die Patientin C. kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen beantragt worden, für die nach gutachterlicher Befürwortung die Krankenkasse die Zuschussfestsetzung vorgenommen habe. Eine Nachbegutachtung nach Ablauf eines Jahres habe zum Ergebnis geführt, dass die Behandlungsmaßnahmen weiterhin befürwortet worden seien. Mit Wirkung zum 31.03.2003 sei von der Klägerin die Behandlung in Sinne des § 29 SGB V als abgeschlossen bezeichnet worden. Weiter wird auf die Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung und des Dr. F. verwiesen. Sodann wird ausgeführt, die Klägerin habe die Notwendigkeit der Maßnahmen in Ihrer Stellungnahme nicht begründet. Soweit die Extraktion des Zahnes 75 angesprochen sei, sei aus der Karteikarte keine Begründung ersichtlich, die die Lockerung und Entzündung bestätigen würde. Die Stellungnahme von Herrn Dr. F. datiere vom Anfang der Behandlung, sie könne mithin die Folgemaßnahmen gar nicht erfassen. Dass demgegenüber nach der gutachterlichen Stellungnahme von Herrn Dr. G. vom 29.01.2002 die Kostenübernahme für weitere beantragte Leistungen nicht empfohlen werde, gleichwohl aber noch bis einschließlich des Quartals I/2003 Leistungen zu Lasten der Krankenkasse abgerechnet worden seien, werfe Fragen hinsichtlich der administrativen Organisation der Praxis auf.
Hiergegen hat die Klägerin am 13.07.2006 die Klage erhoben. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen trägt sie vor, die Behandlung der Patientin C. sei in jeder Hinsicht medizinisch indiziert und ordnungsgemäß durchgeführt und abgerechnet worden. Ein Rückforderungsrecht der Beklagten bestehe daher nicht. Sie weist nochmals darauf hin, die kritisierten Platzhalter seien eingesetzt worden, weil entzündete Milchzähne durch den Zahnarzt extrahiert werden sollten. Ferner weist sie auf die Begutachtung und Genehmigung der kieferorthopädischen Leistungen hin. Soweit Dr. F. weiter moniere, dass die Positionierung der Brackets auf den einzelnen Zähnen nicht der gängigen Lehrmeinung entspreche, werde dies zunächst bestritten. Im Übrigen gebe der Erfolg der Behandlung ihr letztendlich Recht. Es werde weiter bestritten, dass einige Zähne nach Entbänderung noch die gleichen Dreh- und Kippstände aufwiesen wie vor der MB-Eingliederung. Die Extraktion des Zahnes 75 sei veranlasst worden, da der Milchzahn sich gelockert habe. Dementsprechend habe auch eine medizinische Indikation vorgelegen. Soweit der Erfolg nicht eingetreten sei, habe dies an der unzureichenden Mitarbeit der Patientin gelegen. Darauf sei die Beklagte zwar nicht schriftlich, jedoch telefonisch hingewiesen worden, was zum damaligen Zeitpunkt der gängigen Praxis entsprochen habe. Von daher könnten etwaige Verzögerungen ihr nicht angelastet werden. Das Gutachten des Medizinischen Dienstes vom 19.07.2003 sei ihr nicht bekannt und werde mit Nichtwissen bestritten. Herr Dr. F. divergiere mit ihrer medizinischen Auffassung. Sie könne nur die medizinische Indikation verteidigen. Gleiches gelte auch hinsichtlich der anderen monierten Positionen. Im Rahmen der Nachbegutachtung sei jedoch ihre medizinische Tätigkeit begutachtet worden. Dem Gutachter seien sämtliche Unterlagen, Modelle und Röntgenbilder zur Verfügung gestellt worden. Der Gutachter habe offensichtlich die bis dahin von ihr erbrachte Leistung positiv bewertet, da er ansonsten keine Genehmigung für eine Weiterbehandlung gegeben hätte. Die angeblichen Fehlleistungen seien bereits durchgeführt worden, ohne dass dies von dem Gutachter moniert worden sei. Richtig sei zwar, dass zum Zeitpunkt der zweiten Begutachtung die Behandlung noch nicht abgeschlossen worden sei. Die Beklagte fordere aber gerade für die Jahre 1997 und 1998 einen erheblichen Teil der Behandlungskosten zurück. Verzögerung und erhöhte Laborkosten seien auf die unzureichende Mitarbeit der Patientin zurückzuführen. Die Patientin habe Termine nicht wahrgenommen, die Geräte nicht getragen und es an der ausreichenden Zahnpflege fehlen lassen. Es handele sich um einen Problemfall, weshalb häufig auf die unzureichende Mitarbeit der Patienten verwiesen werden müsse.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 30.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage zurückzuweisen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, die Behandlung der Patientin C. sei gerade nicht medizinisch indiziert gewesen und sei auch keinesfalls von der Klägerin ordnungsgemäß durchgeführt worden. Bei dem ersten Gutachten habe es sich um ein reines Planungsgutachten gehandelt, das im Vorfeld der Behandlung, also vor Behandlungsbeginn, erstellt worden sei. Gegenstand dieses Gutachtens sei die Planung und nicht die Ausführung der Behandlung gewesen. Auch das zweite Gutachten sei zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Behandlung erfolgt. Gegenstand der Begutachtung sei die Fortsetzung der Leistungen gewesen und auch hier nicht die Menge der bis dahin durchgeführten Behandlungen. Umgekehrt übersehe die Klägerin, dass nicht nur das ausführlich begründete Gutachten des Vorstandsreferenten vorläge, sondern auch ein weiteres Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, in dem schwere Mängel der kieferorthopädischen Versorgung aufgezeigt worden seien. Damit setze sich die Klägerin in keiner Weise auseinander. Im übrigen falle auf, dass sich der Klagevortrag im Wesentlichen auf ein einfaches Bestreiten von fundiert dargestellten Mängeln beschränke und soweit dies offenbar nicht möglich sei, die vorhandenen Mängel, wie dies bereits aus den anderen Verfahren gegenüber der Klägerin bekannt sei, pauschal auf eine unzureichende Mitarbeit der Patientin zurückgeführt werden würde.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie verweist auf die gutachterlichen Stellungnahmen und die Ausführungen der Beklagten.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 17.07.2006 die Beiladung ausgesprochen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG ). Sie konnte dies trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen tun, weil diese ordnungsgemäß geladen und hierauf hingewiesen worden ist.
Die Klage ist zulässig. Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid vom 30.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 29.06.2006 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Beklagte hat zu Recht den strittigen Regressbetrag festgesetzt.
Die Beklagte ist zuständig. Sie stellt Ansprüche von Ersatzkassen gegen einen Vertragszahnarzt auf Grund mangelhafter prothetischer oder kieferorthopädischer Leistungen fest (§ 21 Abs. 2 EKV-Z i. d. F. mit Geltung ab 01.01.2005 bzw. § 12 Nr. 6 EKV-Z a. F.) (vgl. BSG, Urt. v. 03.12.1997 – 6 RKa 40/96 – SozR 3-5555 § 12 Nr. 5 = USK 97149, juris Rdnr. 15 ff. m. w. N.). Ein Antrag ist hierfür nicht erforderlich; die Beklagte kann von Amts wegen tätig werden.
Voraussetzung für den Anspruch einer Krankenkasse auf Ersatz eines sonstigen Schadens durch einen Vertragszahnarzt ist die Verletzung einer vertragszahnärztlichen Pflicht, ein hieraus resultierender Schaden sowie ein schuldhaftes, also zumindest fahrlässiges Verhalten des Vertragszahnarztes (vgl. BSG, Urt. v. 14.03.2001 - B 6 KA 19/00 R – SozR 3-2500 § 106 Nr. 52 = USK 2001-148, juris Rdnr. 15 m. w. N.)
Die kieferorthopädische Behandlung war mangelhaft. Die insoweit mit einer Vertragszahnärztin und einem Vertragszahnarzt fachkundig besetzte Kammer folgt der urkundenbeweislich verwertbaren fachlichen Stellungnahme des Dr. F ... Dieser hat festgestellt, dass erhebliche Versäumnisse und Fehleinschätzungen vorliegen, so die Eingliederung von Platzhaltern ohne Indikation, die mehrfache Eingliederung von aktiven Plattenapparaturen ohne Behandlungsplan, ein verfrühter Einsatz der MB-Apparatur, eine unsinnige Einbeziehung von Milchzähnen in die MB-Apparatur, die falsche Bracketpositionierung ohne spätere Korrektur, die Entfernung eines persistierenden Milchzahnes bei Aplasie ohne Indikation, eine Weiterbehandlung nach MB-Ausgliederung ohne erkennbares Konzept und der unwirtschaftlich häufige Ersatz der Behandlungsgeräte. Hiermit setzt sich die Klägerin nicht im Einzelnen auseinander.
Entgegen der Auffassung der Klägerin gibt ihr auch ein Erfolg der Behandlung nicht letztendlich Recht. In der urkundenbeweislich verwertbaren gutachterlichen Stellungnahme der Frau Dr. D. wird im Einzelnen dargelegt, dass nach wie vor ein Engstand in beiden Zahnbögen vorliege, die Stellung der zweiten Molaren nicht funktionell sei, der Zahn 34 stark rotiert sei und in die Lücke 35 gekippt, was die Anfertigung einer Brücke bzw. das Setzen eines Implantates erschwere. Damit war die Behandlung gerade nicht erfolgreich abgeschlossen worden.
Soweit die Klägerin auf eine unzureichende Mitarbeit der Patientin verweist, ist ihr Vortrag unsubstantiiert. Im Übrigen gehört es zu ihrer Behandlung, die Patientin und/oder ihre Erziehungsberechtigten entsprechend zu beraten und für die Einhaltung der notwendigen Hygienevorschriften Soge zu tragen; in gravierenden Fällen ist die Behandlung abzubrechen.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf die eingeholten Gutachten im Genehmigungsverfahren berufen, da es sich um ein reines Planungsgutachten im Vorfeld der Behandlung bzw. um ein Gutachten zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Behandlung gehandelt hat.
Ein Schaden ist eingetreten. dabei ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Schaden nach den abgerechneten Leistungen bemisst (vgl. zur Schadenshöhe BSG, Urt. v. 29.11.2006 - B 6 KA 21/06 R – juris Rdnr. 23 m. w. N.). Hier hat sie 80 % der abgerechneten Leistungen als Schaden festgesetzt und ist insoweit hinter der Gesamtabrechnung zurückgeblieben.
Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Es gilt eine vierjährige Verjährungsvorschrift (vgl. BSG, Urt. v. 28.08.1996 - 6 RKa 88/95 - SozR 3-5545 § 23 Nr. 1 = BSGE 79, 97 = NJW 1997, 3116 = USK 96151, juris Rdnr. 16). Das Bundessozialgericht hat es bisher offen gelassen, ob die Verjährung wie bei anderen Ansprüchen aus dem Bereich des Sozialrechts ( § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB I ; § 25 Abs. 1 , § 27 Abs. 2 SGB IV ; § 50 Abs. 4 , § 113 SGB X ) mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind, oder wie bei deliktischen Ansprüchen des Zivilrechts ( § 852 Abs. 1 BGB ) erst mit der Kenntnis des Ersatzberechtigten von dem eingetretenen Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen beginnt (vgl. BSG, Urt. v. 28.08.1996 - 6 RKa 88/95 -, aaO., juris Rdnr. 17).
Auf die Kenntnis des Ersatzberechtigten von dem eingetretenen Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen kann nach Auffassung der Kammer allerdings nicht abgestellt werden. Dies würde, da typischerweise die Krankenkasse gerade keine Kenntnis von etwaigen Abweichungen des behandelnden Arztes von den Vorgaben des genehmigten Behandlungsplanes hat, den Vertragszahnarzt über einen langen Zeitraum hinweg dem Risiko eines Regresses aussetzen (vgl. ausführlich LSG Niedersachsen, Urt. v. 27.09.2000 - L 3/5 KA 64/97 – juris Rdnr. 38). Ob die Verjährung wie bei anderen Ansprüchen aus dem Bereich des Sozialrechts mit dem Ablauf des Kalenderjahres beginnt, wofür einiges spricht, kann hier dahinstehen, da es hierauf nicht ankommt.
Für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist folgt die Kammer insoweit der von der Beklagten vertretenen Auffassung, dass Verjährungsbeginn der Zeitpunkt des Abschlusses der kieferorthopädischen Behandlung ist. Dies ist hier der 07.05.2003. Danach war zum Zeitpunkt der Regressfestsetzung durch den Bescheid vom 30.03.2006 Verjährung in keinem Fall angetreten, so dass dahinstehen kann, ob die Verjährung nicht erst zum Jahresende, also mit Ablauf des 31.12.2003 zu laufen begonnen hat. Für diesen Zeitpunkt, den 07.05.2003, hat die Klägerin die Behandlung als abgeschlossen erklärt. Die insoweit fachkundig besetzte Kammer geht hierbei davon aus, dass bei kieferorthopädischen Behandlung eine einzelne, bestimmte Pflichtverletzung und insbesondere deren Zeitpunkt nicht oder nur erschwert und im Regelfall vage bestimmt werden kann. Die kieferorthopädische Behandlung beruht auch auf der Überwachung eingeleiteter Maßnahmen und der Herbeiführung eines Erfolges dieser Maßnahmen. Ob die Behandlung insoweit regelgerecht war, kann erst nach deren Abschluss beurteilt werden, da bis dahin unter Umständen die Einleitung weiterer oder korrigierender Maßnahmen noch zu einem regelgerechten Erfolg führen können. Damit hat der Vertragszahnarzt auch keine Garantiehaftung für einen bestimmten Erfolg seiner Behandlung zu übernehmen, da Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch in jedem Fall eine schuldhafte Pflichtverletzung ist. Gerade bei kieferorthopädischen Behandlungen, die im Regelfall über mehrere Jahre erfolgen, wird sich ein Pflichtenverstoß aber erst am Ende der Behandlung feststellen lassen. Von daher kann ein Pflichtenverstoß erst am Ende der Behandlung festgestellt werden und kann zuvor die Verjährung nicht zu laufen beginnen.
Soweit das LSG Niedersachsen maßgeblich für die Entstehung des Schadensersatzanspruches den Zeitpunkt ansieht, in dem der Vertragszahnarzt schuldhaft seine kassenzahnärztlichen Pflichten verletzt und insoweit eine Gesamtbetrachtung des Behandlungszeitraumes nicht zulässig sein soll (vgl. LSG Niedersachsen, Urt. v. 27.09.2000 - L 3/5 KA 64/97 – juris Rdnr. 38 f.), war dem aus den genannten Gründen nicht zu folgen.
Nach allem war der angefochtene Bescheid nicht aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
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