Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 43/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Einem Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin kann eine Genehmigung für Leistungen nach Nr. 13611 EBM 2005 nur erteilt werden, wenn er eine zusätzlich zu den Weiterbildungszeiten des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin abgeleistete, mindestens 24-monatigen Weiterbildung an einer weiterbildungsbefugten Ausbildungsstätte im Bereich der Neuropädiatrie nachweist (Abschnitt 4.4 Nr. 2 EBM 2005). Eine KV ist nicht berechtigt, durch einen Vorstandsbeschluss hiervon abweichend zu regeln, eine 24-monatige Weiterbildung könne anhand einer entsprechenden Abrechnung der Nr. 806 EBM´96 nachgewiesen werden. Hierfür fehlt es an einer Ermächtigungsgrundlage.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Er hat auch die Gerichtskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Genehmigung zur Abrechnung der Langzeitelektroenzephalographischen (Schlaf-)Untersuchung nach Nr. 16311 EBM 2005 für die Quartale ab II/05 ff.
Der Kläger ist als Facharzt für Kinderheilkunde mit Praxissitz in A-Stadt seit 1988 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Seit Oktober 1999 führt er eine Gemeinschaftspraxis mit Herrn Dr. med. G, ebf. Facharzt für Kinderheilkunde. Die Gemeinschaftspraxis ist im hausärztlichen Bereich tätig.
Am 18.03.2005 beantragte er die Genehmigung zur Abrechnung verschiedener Leistungen nach dem EBM 2005. Er wies darauf hin, er habe seit seiner Niederlassung den Schwerpunkt Neuropädiatrie. Er habe 1991 das EG-Zertifikat und 2003 das Zertifikat Epilepsie plus 2003 erworben. Das mit dem Schwerpunkt verbundene Engagement habe zur kontinuierlichen Tätigkeit im kinder- und jugendpsychiatrischen Bereich geführt. Deshalb seien ihm auch entsprechende Zusatzbudgets zugebilligt worden. U. a. behandele er 175 Kinder und Jugendliche mit ADHS je Quartal.
Mit Bescheid vom 29.06.2005 erteilte die Beklagte eine Abrechnungsgenehmigung für die Nr. 16310 EBM 2005 und lehnte den Antrag hinsichtlich der Nr. 16311 EBM 2005 ab. Sie führte an, zwar erfülle der Kläger nicht die Voraussetzung einer mindestens 24 monatigen Weiterbildung an einer weiterbildungsbefugten Ausbildungsstätte im Bereich Neuropädiatrie. Der Vorstand habe jedoch beschlossen, dass eine 24-monatige neuropädiatrische Tätigkeit ausreichend sei. Dieser Nachweis lasse sich mit der Nr. 802 EBM´96 führen für die Nr. 16310 EBM 2005. Für die Nr. 806 EBM´96 habe der Nachweis nicht geführt werden können, weshalb der Antrag bzgl. der Nr. 16311 EBM 2005 abzulehnen gewesen sei.
Hiergegen legte der Kläger am 15.07.2005 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, die Nr. 806 EBM´96 habe 18 Stunden Ableitung erfordert, was in einer Praxis kaum durchführbar sei. Die neue Nr. 16311 EBM 2005 sei mit geforderten zwei Stunden Ableitung und dem Hinweis auf Schlaf damit nicht vergleichbar. Er teile die Ansicht, dass zwei Stunden Ableitung ausreichend seien. Er habe die Schlaf-EEGs nur mit der Nr. 802 EBM´96 abgerechnet, weil der Inhalt der Nr. 806 EBM´96 nicht erfüllt gewesen sei. Den Inhalt der jetzigen Nr. 16311 EBM 2005 habe er etwa fünf Mal im Quartal erbracht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.2005, zugestellt am 20.12., wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In der Begründung führte sie aus, die Bestimmungen des EBM 2005 beinhalteten eine fachgruppenspezifische Abrechnungssystematik. Zugleich sei in den Präambeln der einzelnen Kapitel niedergelegt worden, dass grundsätzlich ausschließlich die dort genannten Leistungen außerhalb des fachgruppenspezifischen Kapitels zur Abrechnung kommen könnten. Ausschlaggebend sei deshalb die fachgruppenspezifische Zuordnung der Leistungen. Als Facharzt für Kinderheilkunde könne er die Leistungen nach Abschnitt 16 EBM 2005 nicht abrechen. Eine Ausnahme hinsichtlich der Nr. 16311 EBM 2005 setze eine mindestens 24-monatigen Weiterbildung an einer weiterbildungsbefugten Ausbildungsstätte im Bereich Neuropädiatrie voraus. Dies sei nicht nachgewiesen. Die vorgelegten Weiterbildungen genügten diesen Anforderungen nicht. Zweistündige Ableitungen könnten auch mit der Nr. 16310 EBM 2005 abgerechnet werden, deren Bewertung noch über der Nr. 806 EBM´96 liege. Aus Sicherstellungsgründen komme eine Genehmigung nicht in Betracht.
Hiergegen hat der Kläger am 19.01.2006 die Klage erhoben. Er trägt ergänzend vor, er greife den Vergleich der Nr. 16311 EBM 2005 mit der Nr. 806 EBM´96 an. Bei der häufiger auftretenden Frage, ob bei einer Partialisepilepsie eine Anfallsaktivierung im Schlaf erfolgt sei, sei die Ableitung des ersten nächtlichen Schlafzyklus notwendig. Dieser dauere weniger als 18 Stunden, aber über zwei Stunden. Die Ausnahmegenehmigung solle unzumutbare Härten auffangen. Er verweise auf die Spruchpraxis der KV Bayern, die auf die Nr. 802 EBM´96 abstelle. Schon aus Gründen des Vertrauensschutzes sei die Beklagte befugt, Öffnungsklauseln zum EBM zu schaffen. Die Nr. 16311 EBM 2005 sei inhaltlich nicht anders gefasst als die Nr. 16310 EBM 2005. Der Unterschied liege allein in der Dauer.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 29.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt ergänzend zu den Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid vor, ein EEG von mindestens zwei Stunden könne mit Nr. 16310 EBM 2005 abgerechnet werden, die Nr. 16311 EBM 2005 sei nicht notwendig. Für die Nr. 16310 EBM 2005 sei eine Abrechnungsgenehmigung bereits erteilt worden. Der Kläger könne somit seine neuropädiatrische Tätigkeit fortsetzen. Diese Leistung umfasse auch ein Schlaf- bzw. Schlafentzugs-EEG. Für die Fortschreitung der Nr. 806 EBM´96 in der Nr. 16311 EBM 2005 spreche auch die annähernd gleiche Bewertung mit 1.100 bzw. 1.405 Punkten. Eine Sicherstellungsproblematik bestehe nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der Beratungen gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Sie konnte dies ohne mündliche Verhandlung tun, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 29.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2005 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags für die Quartale ab II/05 ff. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Nach dem ab 01.04.2005 geltenden EBM 2005 sind die abrechnungsfähigen Leistungen drei Bereichen zugeordnet: arztgruppenübergreifenden allgemeinen Leistungen, arztgruppenspezifischen Leistungen und arztgruppenübergreifenden spezielle Leistungen. Arztgruppenspezifische Leistungen unterteilen sich in Leistungen des hausärztlichen und des fachärztlichen Versorgungsbereichs. In den arztgruppenspezifischen Kapiteln bzw. Abschnitten sind entweder durch Aufzählung der Leistungspositionen in den jeweiligen Präambeln oder Auflistung im Kapitel bzw. Abschnitt alle von einer Arztgruppe berechnungsfähigen Leistungen angegeben. Arztgruppenspezifische Leistungen können nur von den in der Präambel des entsprechenden Kapitels bzw. Abschnitts genannten Vertragsärzten, die die dort aufgeführten Kriterien erfüllen, berechnet werden (Abschnitt I 1.2.2 EBM 2005). Abrechnungsfähige Leistungen, deren Berechnung an ein Gebiet, einen Schwerpunkt (Teilgebiet), eine Zusatzbezeichnung oder sonstige Kriterien gebunden ist, setzen das Führen der Bezeichnung, die darauf basierende Zulassung und/oder die Erfüllung der Kriterien voraus (vgl. Abschnitt I 1.2 bis 1.5 EBM 2005).
Bei den vom Kläger begehrten Leistungen nach Kapitel 16 EBM 2005 (Neurologische und neurochirurgische Leistungen), Abschnitt 16.3 (Diagnostische und therapeutische Leistungen) handelt es sich um arztgruppenspezifische Leistungen. Sie sind Teil des fachärztlichen Versorgungsbereichs nach Abschnitt IIIb. Die in Kapitel 16 EBM 2005 aufgeführten Leistungen können ausschließlich von Fachärzten für Neurologie, Fachärzten für Nervenheilkunde, Fachärzten für Neurologie und Psychiatrie, Fachärzten für Neurochirurgie berechnet werden (Kap. 16 Präambel. Nr. 1 EBM 2005). Zu diesen Arztgruppen gehört der Kläger nicht. Er ist als Facharzt für Kinderheilkunde zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Als Facharzt für Kinderheilkunde der hausärztlichen Versorgungsebene ist der Kläger auf die in Kapitel 4 EBM 2005 genannten Leistungen beschränkt. Ein Facharzt für Kinderheilkunde kann aber zusätzlich u. a. die arztgruppenspezifischen Leistungen nach der Nr. 16311 EBM 2005 berechnen, wenn er die Voraussetzungen zur Abrechnung von Leistungen gemäß Abschnitt 4.4 erfüllt (Kap. 4.1 Präambel Nr. 3 EBM 2005). Nach Abschnitt 4.4 EBM 2005 (Leistungen der schwerpunktorientierten Kinder- und Jugendmedizin) genehmigt die Kassenärztliche Vereinigung dem Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin auf Antrag jeweils die unter 2. aufgeführten Leistungen anderer arztgruppenspezifischer Kapitel abzurechnen, wenn er die unter 3. aufgeführten Qualifikationen jeweils für die unter 2. genannten Leistungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nachweisen kann. Die Genehmigung kann nach Nr. 2 u. a. für Leistungen nach Nr. 13611 EBM 2005 erteilt werden. Als Genehmigungsvoraussetzung gilt nach Nr. 3 zweiter Spiegelstrich eine zusätzlich zu den Weiterbildungszeiten des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin abgeleistete, mindestens 24-monatigen Weiterbildung an einer weiterbildungsbefugten Ausbildungsstätte im Bereich der Neuropädiatrie.
Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Die Beklagte weist im angefochtenen Widerspruchsbescheid zutreffend darauf hin, dass die vorgelegten Weiterbildungen diesen Anforderungen nicht genügen. Soweit die Beklagte aufgrund eines Vorstandsbeschlusses davon ausgeht, eine 24-monatige Weiterbildung könne anhand einer entsprechenden Abrechnung der Nr. 806 EBM´96 nachgewiesen werden, so fehlt es hieran an einer Ermächtigungsgrundlage. Weder im Gesetz noch im EBM 2005 oder anderen Vorschriften wird der Beklagten die Befugnis eingeräumt, entsprechend von den Bestimmungen des EBM 2005 abzuweichen. Bei der Ersetzung der Voraussetzung einer 24-monatigen Weiterbildung an einer weiterbildungsbefugten Ausbildungsstätte im Bereich der Neuropädiatrie durch die bloße Abrechnung einer entsprechenden Leistung handelt es sich auch nicht mehr um eine bloße Auslegung der EBM-Bestimmung. Soweit die Beklagte bei gleicher Rechtslage eine Genehmigung für Leistungen nach Nr. 16310 EBM 2005 erteilt hat, ist dies nicht Gegenstand des Verfahrens. Weitergehende Ansprüche können hieraus auch nicht abgeleitet werden.
Nach den Bestimmungen des EBM 2005 kann eine Genehmigung für die vom Kläger begehrten Leistungen nicht erteilt werden. Bei den Bewertungsmaßstäben handelt es sich um Normsetzung durch Vertrag (vgl. BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004, Az: B 6 KA 44/03 R, SozR 4-2500 § 72 Nr. 2 = BSGE 94, 50 = GesR 2005, 307 = MedR 2005, 538 = Breith 2005, 817, juris Rdnr. 78). Die Beklagte ist hieran ebenso wie ein Vertragsarzt gebunden (vgl. § 81 Abs. 3 Nr. 1 SGB V).
Soweit die zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und der KBV abgeschlossene Ergänzende Vereinbarung zur Reform des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) zum 1. April 2005 (DÄ 2005, A 77) davon ausgeht, die Kassenärztlichen Vereinigungen könnten wegen der Verpflichtung zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 72 SGB V aus Sicherstellungsgründen allen Vertragsärzten sowohl eine Erweiterung des abrechnungsfähigen Leistungsspektrums als auch die Abrechnung einzelner ärztlicher Leistungen auf Antrag des Vertragsarztes genehmigen, so handelt es sich lediglich um eine Rechtsansicht. Eine eigenständige Ermächtigungsgrundlage zum Abweichen vom EBM 2005, der detailliert und im Einzelnen regelt, inwiefern Leistungen anderer Kapitel abgerechnet werden können, wurde damit nicht geschaffen. § 72 SGB V, der lediglich allgemeine Vorgaben zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung enthält, ist ebf. keine Rechtsgrundlage für ein Abweichen von den Vorgaben des EBM 2005 (vgl. SG Marburg, Urt. v. 19.07.2006 – S 12 KA 23/06 –; Urt. v. 30.08.2006 - 12 KA 39/06 -, alle nicht rechtskräftig).
Die genannten Bestimmungen des EBM 2005 sind auch rechtmäßig.
Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen vereinbaren mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse als Bestandteil der Bundesmantelverträge einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen Leistungen. Der einheitliche Bewertungsmaßstab bestimmt den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander; soweit möglich, sind die Leistungen mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen (§ 87 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB V). Die Leistungen sind entsprechend der in § 73 Abs. 1 SGB V festgelegten Gliederung der vertragsärztlichen Versorgung bis zum 31. März 2000 in Leistungen der hausärztlichen und Leistungen der fachärztlichen Versorgung zu gliedern mit der Maßgabe, dass, unbeschadet gemeinsam abrechenbarer Leistungen, Leistungen der hausärztlichen Versorgung nur von den an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und Leistungen der fachärztlichen Versorgung nur von den an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten abgerechnet werden dürfen; die Leistungen der fachärztlichen Versorgung sind in der Weise zu gliedern, dass den einzelnen Facharztgruppen die von ihnen ausschließlich abrechenbaren Leistungen zugeordnet werden (§ 87 Abs. 2a Satz 5 SGB V). Bei der Bestimmung der Arztgruppen nach Satz 5 ist der Versorgungsauftrag der jeweiligen Arztgruppe im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu Grunde zu legen (§ 87 Abs. 2a Satz 6 SGB V). Die Regelungen nach den Sätzen 1, 2, 5, 6 und 9 sind erstmalig bis zum 30. Juni 2004 zu treffen (§ 87 Abs. 2a Satz 10 SGB V).
Die Ermächtigungsgrundlage für den EBM in § 87 Abs. 2 SGB V genügt den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts. Trotz der Grundrechtsrelevanz (Art. 12 Abs. 1 GG) ist die Übertragung von Entscheidungskompetenzen auf die Partner der Bundesmantelverträge verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn der Gesetzgeber hat die für die erstmalige Vereinbarung des EBM und seine Fortschreibung maßgebenden Strukturprinzipien im Gesetz selbst festgelegt Der EBM dient bestimmten qualitativen und ökonomischen Zielen. Die vertragsärztliche Gebührenordnung leistet einen Beitrag zur Gewährleistung einer bedarfsgerechten und gleichmäßigen, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechenden, humanen Versorgung der Versicherten (§ 70 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 72 Abs. 2 SGB V) sowie zur wirtschaftlichen Erbringung der zu einer derartigen Versorgung zählenden Leistungen (§ 70 Abs. 1 Satz 2, § 72 Abs. 2 SGB V). Zugleich muss der EBM aber auch so vereinbart werden, dass die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden (§ 72 Abs. 2 SGB V). Bereits diesen Gestaltungsvorgaben lässt sich ein ausreichend dichtes Normprogramm entnehmen (vgl. BSG, Urteil vom 09. Dezember 2004, Az: B 6 KA 44/03 R, aaO., juris Rdnr. 74). Der Bewertungsausschuss des EBM hat eine weitgehende Gestaltungsfreiheit bei der Regelung der Vergütungstatbestände. Er hat im Interesse der Überschaubarkeit und Praktikabilität der Vergütungsordnung schematisierende und typisierende Regelungen zu treffen. Er darf zur Qualitätssicherung die Abrechenbarkeit von Leistungen auch an qualitätssichernde Begleitmaßnahmen binden. Durch solche Vergütungsausschlüsse ist Art. 12 Abs. 1 GG nicht verletzt. Wenn nicht der Kernbereich der beruflichen Tätigkeit, sondern nur Leistungen betroffen sind, die für das Fachgebiet weder wesentlich noch prägend sind, handelt es sich nicht um eine Regelung in dem Bereich der Berufswahl, sondern lediglich in dem der Berufsausübung und ohne Statusrelevanz. Diese ist bei einer Abwägung zwischen der Eingriffsintensität und den der Qualifikationsanforderung zu Grunde liegenden Gemeinwohlbelangen - dem Gesundheitsschutz - von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls gedeckt (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2004, Az: B 6 KA 82/03 R, SozR 4-5533 Nr. 653 Nr. 1, juris Rdnr. 20 f.).
Die vom Kläger begehrten Leistungen sind für sein Fachgebiet Kinder- und Jugendmedizin weder wesentlich noch prägend. Das BSG hat Abrechnungsbeschränkungen aufgrund bundesmantelvertraglicher Vereinbarung zugelassen. Hat sich ein Vertragsarzt für den hausärztlichen und nicht den fachärztlichen Versorgungsbereich entschieden (vgl. § 73 Abs. 1 und Abs. 1a Satz 2 SGB V), unterliegt er unabhängig von den ihm berufsrechtlich erlaubten Leistungserbringungsmöglichkeiten auf seinem Fachgebiet den vertragsarztrechtlichen Beschränkungen eines Hausarztes. Ein Vertragsarzt darf nur von der Honorierung solcher Leistungen nicht gänzlich ausgenommen werden, die in den Kernbereich seines Fachgebietes fallen bzw. für dieses wesentlich und prägend sind (vgl. BSG v. 31.01.2001 - B 6 KA 11/99 R – USK 2001-143, juris Rdnr. 15 m. w. N.; zu aus der Aufteilung in einen haus- und fachärztlichen Versorgungsbereich folgenden Vergütungsbeschränkungen vgl. a. BSG v. 17.09.1997 - 6 RKa 90/96 - BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 17 = MedR 1998, 239 = USK 97136, juris Rdnr. 30 ff.).
Nach der Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Hessen nach den Beschlüssen der Delegiertenversammlung vom 02. Juli 2005, Hessisches Ärzteblatt 10/2005, gehört nach Abschnitt 13. Gebiet Kinder- und Jugendmedizin zum Weiterbildungsinhalt für das Gebiet Kinder- und Jugendmedizin die Erkennung, Behandlung, Prävention, Rehabilitation und Nachsorge aller körperlichen, neurologischen, psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsstörungen und Behinderungen des Säuglings, Kleinkindes, Kindes und Jugendlichen von Beginn bis zum Abschluss seiner somatischen Entwicklung einschließlich pränataler Erkrankungen, Neonatologie, Sozialpädiatrie und der Schutzimpfungen. Bei der Nr. 16311 EBM 2005 Langzeit-EEG mit der Leistungsbeschreibung langzeitelektroenzephalographische (Schlaf-)Untersuchung und dem obligaten Leistungsinhalt Ableitungsdauer mindestens 2 Stunden, Aufzeichnung und Auswertung handelt es sich um eine neurologische bzw. neuropädiatrische Leistung und insofern um eine Subspezialisierung der Pädiatrie, die nicht zum Kernbereich der Kinder- und Jugendmedizin gehört. Die zusätzliche Voraussetzung einer 24-monatigen Weiterbildung an einer weiterbildungsbefugten Ausbildungsstätte im Bereich der Neuropädiatrie erscheint insofern auch nicht sachwidrig und knüpft an besondere Qualifikationsvoraussetzungen an. Der normgeberische Gestaltungsspielraum wird damit nicht überschritten.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertsetzung erfolgte auf den gesetzlichen Grundlagen.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Ein wirtschaftlicher Wert kann dem Klagebegehren nicht zugeordnet werden, weshalb von dem Regelstreitwert als Streitwert auszugehen war. Dies ergab den festgesetzten Wert.
2. Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Er hat auch die Gerichtskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Genehmigung zur Abrechnung der Langzeitelektroenzephalographischen (Schlaf-)Untersuchung nach Nr. 16311 EBM 2005 für die Quartale ab II/05 ff.
Der Kläger ist als Facharzt für Kinderheilkunde mit Praxissitz in A-Stadt seit 1988 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Seit Oktober 1999 führt er eine Gemeinschaftspraxis mit Herrn Dr. med. G, ebf. Facharzt für Kinderheilkunde. Die Gemeinschaftspraxis ist im hausärztlichen Bereich tätig.
Am 18.03.2005 beantragte er die Genehmigung zur Abrechnung verschiedener Leistungen nach dem EBM 2005. Er wies darauf hin, er habe seit seiner Niederlassung den Schwerpunkt Neuropädiatrie. Er habe 1991 das EG-Zertifikat und 2003 das Zertifikat Epilepsie plus 2003 erworben. Das mit dem Schwerpunkt verbundene Engagement habe zur kontinuierlichen Tätigkeit im kinder- und jugendpsychiatrischen Bereich geführt. Deshalb seien ihm auch entsprechende Zusatzbudgets zugebilligt worden. U. a. behandele er 175 Kinder und Jugendliche mit ADHS je Quartal.
Mit Bescheid vom 29.06.2005 erteilte die Beklagte eine Abrechnungsgenehmigung für die Nr. 16310 EBM 2005 und lehnte den Antrag hinsichtlich der Nr. 16311 EBM 2005 ab. Sie führte an, zwar erfülle der Kläger nicht die Voraussetzung einer mindestens 24 monatigen Weiterbildung an einer weiterbildungsbefugten Ausbildungsstätte im Bereich Neuropädiatrie. Der Vorstand habe jedoch beschlossen, dass eine 24-monatige neuropädiatrische Tätigkeit ausreichend sei. Dieser Nachweis lasse sich mit der Nr. 802 EBM´96 führen für die Nr. 16310 EBM 2005. Für die Nr. 806 EBM´96 habe der Nachweis nicht geführt werden können, weshalb der Antrag bzgl. der Nr. 16311 EBM 2005 abzulehnen gewesen sei.
Hiergegen legte der Kläger am 15.07.2005 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, die Nr. 806 EBM´96 habe 18 Stunden Ableitung erfordert, was in einer Praxis kaum durchführbar sei. Die neue Nr. 16311 EBM 2005 sei mit geforderten zwei Stunden Ableitung und dem Hinweis auf Schlaf damit nicht vergleichbar. Er teile die Ansicht, dass zwei Stunden Ableitung ausreichend seien. Er habe die Schlaf-EEGs nur mit der Nr. 802 EBM´96 abgerechnet, weil der Inhalt der Nr. 806 EBM´96 nicht erfüllt gewesen sei. Den Inhalt der jetzigen Nr. 16311 EBM 2005 habe er etwa fünf Mal im Quartal erbracht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.2005, zugestellt am 20.12., wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In der Begründung führte sie aus, die Bestimmungen des EBM 2005 beinhalteten eine fachgruppenspezifische Abrechnungssystematik. Zugleich sei in den Präambeln der einzelnen Kapitel niedergelegt worden, dass grundsätzlich ausschließlich die dort genannten Leistungen außerhalb des fachgruppenspezifischen Kapitels zur Abrechnung kommen könnten. Ausschlaggebend sei deshalb die fachgruppenspezifische Zuordnung der Leistungen. Als Facharzt für Kinderheilkunde könne er die Leistungen nach Abschnitt 16 EBM 2005 nicht abrechen. Eine Ausnahme hinsichtlich der Nr. 16311 EBM 2005 setze eine mindestens 24-monatigen Weiterbildung an einer weiterbildungsbefugten Ausbildungsstätte im Bereich Neuropädiatrie voraus. Dies sei nicht nachgewiesen. Die vorgelegten Weiterbildungen genügten diesen Anforderungen nicht. Zweistündige Ableitungen könnten auch mit der Nr. 16310 EBM 2005 abgerechnet werden, deren Bewertung noch über der Nr. 806 EBM´96 liege. Aus Sicherstellungsgründen komme eine Genehmigung nicht in Betracht.
Hiergegen hat der Kläger am 19.01.2006 die Klage erhoben. Er trägt ergänzend vor, er greife den Vergleich der Nr. 16311 EBM 2005 mit der Nr. 806 EBM´96 an. Bei der häufiger auftretenden Frage, ob bei einer Partialisepilepsie eine Anfallsaktivierung im Schlaf erfolgt sei, sei die Ableitung des ersten nächtlichen Schlafzyklus notwendig. Dieser dauere weniger als 18 Stunden, aber über zwei Stunden. Die Ausnahmegenehmigung solle unzumutbare Härten auffangen. Er verweise auf die Spruchpraxis der KV Bayern, die auf die Nr. 802 EBM´96 abstelle. Schon aus Gründen des Vertrauensschutzes sei die Beklagte befugt, Öffnungsklauseln zum EBM zu schaffen. Die Nr. 16311 EBM 2005 sei inhaltlich nicht anders gefasst als die Nr. 16310 EBM 2005. Der Unterschied liege allein in der Dauer.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 29.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt ergänzend zu den Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid vor, ein EEG von mindestens zwei Stunden könne mit Nr. 16310 EBM 2005 abgerechnet werden, die Nr. 16311 EBM 2005 sei nicht notwendig. Für die Nr. 16310 EBM 2005 sei eine Abrechnungsgenehmigung bereits erteilt worden. Der Kläger könne somit seine neuropädiatrische Tätigkeit fortsetzen. Diese Leistung umfasse auch ein Schlaf- bzw. Schlafentzugs-EEG. Für die Fortschreitung der Nr. 806 EBM´96 in der Nr. 16311 EBM 2005 spreche auch die annähernd gleiche Bewertung mit 1.100 bzw. 1.405 Punkten. Eine Sicherstellungsproblematik bestehe nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der Beratungen gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Sie konnte dies ohne mündliche Verhandlung tun, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 29.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2005 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags für die Quartale ab II/05 ff. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Nach dem ab 01.04.2005 geltenden EBM 2005 sind die abrechnungsfähigen Leistungen drei Bereichen zugeordnet: arztgruppenübergreifenden allgemeinen Leistungen, arztgruppenspezifischen Leistungen und arztgruppenübergreifenden spezielle Leistungen. Arztgruppenspezifische Leistungen unterteilen sich in Leistungen des hausärztlichen und des fachärztlichen Versorgungsbereichs. In den arztgruppenspezifischen Kapiteln bzw. Abschnitten sind entweder durch Aufzählung der Leistungspositionen in den jeweiligen Präambeln oder Auflistung im Kapitel bzw. Abschnitt alle von einer Arztgruppe berechnungsfähigen Leistungen angegeben. Arztgruppenspezifische Leistungen können nur von den in der Präambel des entsprechenden Kapitels bzw. Abschnitts genannten Vertragsärzten, die die dort aufgeführten Kriterien erfüllen, berechnet werden (Abschnitt I 1.2.2 EBM 2005). Abrechnungsfähige Leistungen, deren Berechnung an ein Gebiet, einen Schwerpunkt (Teilgebiet), eine Zusatzbezeichnung oder sonstige Kriterien gebunden ist, setzen das Führen der Bezeichnung, die darauf basierende Zulassung und/oder die Erfüllung der Kriterien voraus (vgl. Abschnitt I 1.2 bis 1.5 EBM 2005).
Bei den vom Kläger begehrten Leistungen nach Kapitel 16 EBM 2005 (Neurologische und neurochirurgische Leistungen), Abschnitt 16.3 (Diagnostische und therapeutische Leistungen) handelt es sich um arztgruppenspezifische Leistungen. Sie sind Teil des fachärztlichen Versorgungsbereichs nach Abschnitt IIIb. Die in Kapitel 16 EBM 2005 aufgeführten Leistungen können ausschließlich von Fachärzten für Neurologie, Fachärzten für Nervenheilkunde, Fachärzten für Neurologie und Psychiatrie, Fachärzten für Neurochirurgie berechnet werden (Kap. 16 Präambel. Nr. 1 EBM 2005). Zu diesen Arztgruppen gehört der Kläger nicht. Er ist als Facharzt für Kinderheilkunde zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Als Facharzt für Kinderheilkunde der hausärztlichen Versorgungsebene ist der Kläger auf die in Kapitel 4 EBM 2005 genannten Leistungen beschränkt. Ein Facharzt für Kinderheilkunde kann aber zusätzlich u. a. die arztgruppenspezifischen Leistungen nach der Nr. 16311 EBM 2005 berechnen, wenn er die Voraussetzungen zur Abrechnung von Leistungen gemäß Abschnitt 4.4 erfüllt (Kap. 4.1 Präambel Nr. 3 EBM 2005). Nach Abschnitt 4.4 EBM 2005 (Leistungen der schwerpunktorientierten Kinder- und Jugendmedizin) genehmigt die Kassenärztliche Vereinigung dem Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin auf Antrag jeweils die unter 2. aufgeführten Leistungen anderer arztgruppenspezifischer Kapitel abzurechnen, wenn er die unter 3. aufgeführten Qualifikationen jeweils für die unter 2. genannten Leistungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nachweisen kann. Die Genehmigung kann nach Nr. 2 u. a. für Leistungen nach Nr. 13611 EBM 2005 erteilt werden. Als Genehmigungsvoraussetzung gilt nach Nr. 3 zweiter Spiegelstrich eine zusätzlich zu den Weiterbildungszeiten des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin abgeleistete, mindestens 24-monatigen Weiterbildung an einer weiterbildungsbefugten Ausbildungsstätte im Bereich der Neuropädiatrie.
Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Die Beklagte weist im angefochtenen Widerspruchsbescheid zutreffend darauf hin, dass die vorgelegten Weiterbildungen diesen Anforderungen nicht genügen. Soweit die Beklagte aufgrund eines Vorstandsbeschlusses davon ausgeht, eine 24-monatige Weiterbildung könne anhand einer entsprechenden Abrechnung der Nr. 806 EBM´96 nachgewiesen werden, so fehlt es hieran an einer Ermächtigungsgrundlage. Weder im Gesetz noch im EBM 2005 oder anderen Vorschriften wird der Beklagten die Befugnis eingeräumt, entsprechend von den Bestimmungen des EBM 2005 abzuweichen. Bei der Ersetzung der Voraussetzung einer 24-monatigen Weiterbildung an einer weiterbildungsbefugten Ausbildungsstätte im Bereich der Neuropädiatrie durch die bloße Abrechnung einer entsprechenden Leistung handelt es sich auch nicht mehr um eine bloße Auslegung der EBM-Bestimmung. Soweit die Beklagte bei gleicher Rechtslage eine Genehmigung für Leistungen nach Nr. 16310 EBM 2005 erteilt hat, ist dies nicht Gegenstand des Verfahrens. Weitergehende Ansprüche können hieraus auch nicht abgeleitet werden.
Nach den Bestimmungen des EBM 2005 kann eine Genehmigung für die vom Kläger begehrten Leistungen nicht erteilt werden. Bei den Bewertungsmaßstäben handelt es sich um Normsetzung durch Vertrag (vgl. BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004, Az: B 6 KA 44/03 R, SozR 4-2500 § 72 Nr. 2 = BSGE 94, 50 = GesR 2005, 307 = MedR 2005, 538 = Breith 2005, 817, juris Rdnr. 78). Die Beklagte ist hieran ebenso wie ein Vertragsarzt gebunden (vgl. § 81 Abs. 3 Nr. 1 SGB V).
Soweit die zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und der KBV abgeschlossene Ergänzende Vereinbarung zur Reform des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) zum 1. April 2005 (DÄ 2005, A 77) davon ausgeht, die Kassenärztlichen Vereinigungen könnten wegen der Verpflichtung zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 72 SGB V aus Sicherstellungsgründen allen Vertragsärzten sowohl eine Erweiterung des abrechnungsfähigen Leistungsspektrums als auch die Abrechnung einzelner ärztlicher Leistungen auf Antrag des Vertragsarztes genehmigen, so handelt es sich lediglich um eine Rechtsansicht. Eine eigenständige Ermächtigungsgrundlage zum Abweichen vom EBM 2005, der detailliert und im Einzelnen regelt, inwiefern Leistungen anderer Kapitel abgerechnet werden können, wurde damit nicht geschaffen. § 72 SGB V, der lediglich allgemeine Vorgaben zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung enthält, ist ebf. keine Rechtsgrundlage für ein Abweichen von den Vorgaben des EBM 2005 (vgl. SG Marburg, Urt. v. 19.07.2006 – S 12 KA 23/06 –; Urt. v. 30.08.2006 - 12 KA 39/06 -, alle nicht rechtskräftig).
Die genannten Bestimmungen des EBM 2005 sind auch rechtmäßig.
Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen vereinbaren mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse als Bestandteil der Bundesmantelverträge einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen Leistungen. Der einheitliche Bewertungsmaßstab bestimmt den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander; soweit möglich, sind die Leistungen mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen (§ 87 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB V). Die Leistungen sind entsprechend der in § 73 Abs. 1 SGB V festgelegten Gliederung der vertragsärztlichen Versorgung bis zum 31. März 2000 in Leistungen der hausärztlichen und Leistungen der fachärztlichen Versorgung zu gliedern mit der Maßgabe, dass, unbeschadet gemeinsam abrechenbarer Leistungen, Leistungen der hausärztlichen Versorgung nur von den an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und Leistungen der fachärztlichen Versorgung nur von den an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten abgerechnet werden dürfen; die Leistungen der fachärztlichen Versorgung sind in der Weise zu gliedern, dass den einzelnen Facharztgruppen die von ihnen ausschließlich abrechenbaren Leistungen zugeordnet werden (§ 87 Abs. 2a Satz 5 SGB V). Bei der Bestimmung der Arztgruppen nach Satz 5 ist der Versorgungsauftrag der jeweiligen Arztgruppe im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu Grunde zu legen (§ 87 Abs. 2a Satz 6 SGB V). Die Regelungen nach den Sätzen 1, 2, 5, 6 und 9 sind erstmalig bis zum 30. Juni 2004 zu treffen (§ 87 Abs. 2a Satz 10 SGB V).
Die Ermächtigungsgrundlage für den EBM in § 87 Abs. 2 SGB V genügt den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts. Trotz der Grundrechtsrelevanz (Art. 12 Abs. 1 GG) ist die Übertragung von Entscheidungskompetenzen auf die Partner der Bundesmantelverträge verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn der Gesetzgeber hat die für die erstmalige Vereinbarung des EBM und seine Fortschreibung maßgebenden Strukturprinzipien im Gesetz selbst festgelegt Der EBM dient bestimmten qualitativen und ökonomischen Zielen. Die vertragsärztliche Gebührenordnung leistet einen Beitrag zur Gewährleistung einer bedarfsgerechten und gleichmäßigen, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechenden, humanen Versorgung der Versicherten (§ 70 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 72 Abs. 2 SGB V) sowie zur wirtschaftlichen Erbringung der zu einer derartigen Versorgung zählenden Leistungen (§ 70 Abs. 1 Satz 2, § 72 Abs. 2 SGB V). Zugleich muss der EBM aber auch so vereinbart werden, dass die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden (§ 72 Abs. 2 SGB V). Bereits diesen Gestaltungsvorgaben lässt sich ein ausreichend dichtes Normprogramm entnehmen (vgl. BSG, Urteil vom 09. Dezember 2004, Az: B 6 KA 44/03 R, aaO., juris Rdnr. 74). Der Bewertungsausschuss des EBM hat eine weitgehende Gestaltungsfreiheit bei der Regelung der Vergütungstatbestände. Er hat im Interesse der Überschaubarkeit und Praktikabilität der Vergütungsordnung schematisierende und typisierende Regelungen zu treffen. Er darf zur Qualitätssicherung die Abrechenbarkeit von Leistungen auch an qualitätssichernde Begleitmaßnahmen binden. Durch solche Vergütungsausschlüsse ist Art. 12 Abs. 1 GG nicht verletzt. Wenn nicht der Kernbereich der beruflichen Tätigkeit, sondern nur Leistungen betroffen sind, die für das Fachgebiet weder wesentlich noch prägend sind, handelt es sich nicht um eine Regelung in dem Bereich der Berufswahl, sondern lediglich in dem der Berufsausübung und ohne Statusrelevanz. Diese ist bei einer Abwägung zwischen der Eingriffsintensität und den der Qualifikationsanforderung zu Grunde liegenden Gemeinwohlbelangen - dem Gesundheitsschutz - von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls gedeckt (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2004, Az: B 6 KA 82/03 R, SozR 4-5533 Nr. 653 Nr. 1, juris Rdnr. 20 f.).
Die vom Kläger begehrten Leistungen sind für sein Fachgebiet Kinder- und Jugendmedizin weder wesentlich noch prägend. Das BSG hat Abrechnungsbeschränkungen aufgrund bundesmantelvertraglicher Vereinbarung zugelassen. Hat sich ein Vertragsarzt für den hausärztlichen und nicht den fachärztlichen Versorgungsbereich entschieden (vgl. § 73 Abs. 1 und Abs. 1a Satz 2 SGB V), unterliegt er unabhängig von den ihm berufsrechtlich erlaubten Leistungserbringungsmöglichkeiten auf seinem Fachgebiet den vertragsarztrechtlichen Beschränkungen eines Hausarztes. Ein Vertragsarzt darf nur von der Honorierung solcher Leistungen nicht gänzlich ausgenommen werden, die in den Kernbereich seines Fachgebietes fallen bzw. für dieses wesentlich und prägend sind (vgl. BSG v. 31.01.2001 - B 6 KA 11/99 R – USK 2001-143, juris Rdnr. 15 m. w. N.; zu aus der Aufteilung in einen haus- und fachärztlichen Versorgungsbereich folgenden Vergütungsbeschränkungen vgl. a. BSG v. 17.09.1997 - 6 RKa 90/96 - BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 17 = MedR 1998, 239 = USK 97136, juris Rdnr. 30 ff.).
Nach der Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Hessen nach den Beschlüssen der Delegiertenversammlung vom 02. Juli 2005, Hessisches Ärzteblatt 10/2005, gehört nach Abschnitt 13. Gebiet Kinder- und Jugendmedizin zum Weiterbildungsinhalt für das Gebiet Kinder- und Jugendmedizin die Erkennung, Behandlung, Prävention, Rehabilitation und Nachsorge aller körperlichen, neurologischen, psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsstörungen und Behinderungen des Säuglings, Kleinkindes, Kindes und Jugendlichen von Beginn bis zum Abschluss seiner somatischen Entwicklung einschließlich pränataler Erkrankungen, Neonatologie, Sozialpädiatrie und der Schutzimpfungen. Bei der Nr. 16311 EBM 2005 Langzeit-EEG mit der Leistungsbeschreibung langzeitelektroenzephalographische (Schlaf-)Untersuchung und dem obligaten Leistungsinhalt Ableitungsdauer mindestens 2 Stunden, Aufzeichnung und Auswertung handelt es sich um eine neurologische bzw. neuropädiatrische Leistung und insofern um eine Subspezialisierung der Pädiatrie, die nicht zum Kernbereich der Kinder- und Jugendmedizin gehört. Die zusätzliche Voraussetzung einer 24-monatigen Weiterbildung an einer weiterbildungsbefugten Ausbildungsstätte im Bereich der Neuropädiatrie erscheint insofern auch nicht sachwidrig und knüpft an besondere Qualifikationsvoraussetzungen an. Der normgeberische Gestaltungsspielraum wird damit nicht überschritten.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertsetzung erfolgte auf den gesetzlichen Grundlagen.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Ein wirtschaftlicher Wert kann dem Klagebegehren nicht zugeordnet werden, weshalb von dem Regelstreitwert als Streitwert auszugehen war. Dies ergab den festgesetzten Wert.
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