L 2 U 2543/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 648/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 2543/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Keine Gleichsetzung eines Kundendienstmonteurs für Öl- und Gasfeuerungsanlagen mit einem Schornsteinfeger.
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. Juni 2003 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung einer obstruktiven Atemwegserkrankung als Berufskrankheit nach der Nummer 4301 bzw. 4302 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).

Der x geborene Kläger war von 19x bis x als Kundendienstmonteur bei der Firma W. GmbH und Co. KG, Heizung-Sanitär-Klima in M. beschäftigt. Neben dem Aufbau von Neuanlagen hatte er überwiegend Reinigungs- und Wartungsarbeiten an Öl- und Gasfeuerungsanlagen vorzunehmen. Nach einem Arbeitsunfall am x 2003 (Sturz aus 4 m Höhe von der Leiter) war er arbeitsunfähig erkrankt und bezieht mittlerweile Rente.

Mit Schreiben vom x 2000 erstattete der Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. W. wegen respiratorischer Partialinsuffizienz mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung, die auf den Umgang mit Kesselruß und schwefliger Säure zurückgeführt wurde, die Anzeige über eine Berufskrankheit nach Nr. 4302 BKV. Im Rahmen ihrer Ermittlungen holte die Beklagte eine Auskunft beim Arbeitgeber ein, zog ein Vorerkrankungsverzeichnis von der IKK R.-M. bei und führte über ihren technischen Aufsichtsdienst (TAD) Ermittlungen am Arbeitsplatz des Klägers durch (Stellungnahme des TAD vom x 2000, x 2001, Messtechnischer Bericht vom x 2001 und Analysen-Bericht vom x 2001) woraus sich ergab, dass die Grenzwerte für Einzelstoffe eingehalten waren. Dr. M., Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde diagnostizierte in seinem Gutachten vom x 2001 eine chronisch rezidivierende Bronchitis, Bronchiopathie und Adipositas. Das Vorliegen einer obstruktiven Atemwegserkrankung sowie ein Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit wurden verneint. Dem schloss sich die staatliche Gewerbeärztin Dr. H. an (Schreiben vom x 2001).

Mit Bescheid vom x 2001 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen ab. Der Widerspruchsbescheid vom x 2002 wurde damit begründet, dass zum einen die Schadstoffkonzentration der am Arbeitsplatz gemessenen Russstoffe jeweils unterhalb der geltenden Grenzwerte gelegen habe und eine Obstruktion als Voraussetzung für das medizinische Bild der geprüften Berufskrankheiten nicht nachgewiesen worden sei.

Dagegen hat der Kläger am x 2002 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben, mit der er wegen einer Berufskrankheit nach den Nrn. 4301 bzw. 4302 BKV eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 vom Hundert (v.H.) begehrt. Das SG holte das lungenfachärztliche Gutachten vom x 2003 des Dr. S./Dr. S., St. V.-K. K. ein, in dem u.a. eine chronische Bronchitis ohne obstruktive Ventilationsstörung und eine bronchiale Hyperreaktivität auf Carbachol festgestellt wurde. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufserkrankung seien nicht erfüllt, da keine manifeste obstruktive Ventilationsstörung vorliege, die zur Unterbrechung der Tätigkeit geführt habe. Das SG hat die Klage unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid durch Gerichtsbescheid vom x 2003 zurückgewiesen. Ergänzend wurde ausgeführt, das vom Gericht erhobene Gutachten habe die Auffassung der Beklagten und des Vorgutachters bestätigt, wonach eine manifeste obstruktive Ventilationsstörung mit Zwang zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit nicht nachgewiesen sei.

Dagegen hat der Kläger am x 2003 Berufung eingelegt, die mit der fehlenden Sachverhaltsaufklärung durch das SG begründet wird, nachdem Dr. W. von einer obstruktiven Ventilationsstörung berichtet habe und sich Dr. S. damit nicht auseinandergesetzt habe. Nach dem vom Senat beigezogenen Analysebericht des berufsgenossenschaftlichen Instituts für Arbeitssicherheit (BIA) vom x 2001 über Verbrennungsrückstände aus einer Heizungsanlage am Arbeitsplatz des Klägers seien keine organischen Stoffe einschließlich polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe nachgewiesen worden. Dr. E., Klinik L. äußerte sich gegenüber dem Senat dahingehend, dass beim Kläger während eines stationären Aufenthaltes im Juli x im schlafmedizinischen Zentrum eine leichte obstruktive Ventilationsstörung im Sinne einer chronisch-obstruktiven Bronchitis festgestellt worden sei. Prof. Dr. S. hält in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom x 2004 bei einer erheblichen Unterschreitung der Grenzwerte die haftungsbegründende Kausalität einer Berufskrankheit für nicht gegeben. Eine Obstruktion der Atemwege von Krankheitswert sei nicht nachgewiesen. Dem hat Dr. E. in seiner Stellungnahme vom x 2004 widersprochen. Prof. Dr. D./Dr. Metzler, Klinik Schillerhöhe, stellten in ihrem internistisch-pneumologischen Gutachten (vom x 2004) eine signifikante bronchiale Hyperreagibilität der Bronchien (gemessen im titrierten Methacholintest) und - nach dem lungenfunktionellen Verhalten - ein Asthma bronchiale fest. In der Ruhelage sei zwar - anders bei der Untersuchung bei Dr. M. und von diesem fälschlicherweise anders bewertet - keine wesentliche Obstruktion festgestellt worden. Die nicht fixierte obstruktive Ventilationsstörung sei typisch beim Asthma bronchiale, das mit einem flexiblen Bronchialsystem einhergehe, woraus sich auch die unterschiedlichen Aussagen anderer Ärzte (Dres. W./S./E.) zum Ausmaß der Obstruktion in Ruheatmung erklärten. Das Vorliegen eines Asthma bronchiale ergebe sich aus der Anamnese und dem nachweisbaren Vorliegen einer bronchialen Überempfindlichkeit. Die bronchiale Hyperreagibilität und Obstruktionsneigung des bronchialen Systems unter provozierten Bedingungen oder nach Einwirkung von bestimmten Stimuli sei über Jahre hinweg in allen vorliegenden Berichten und Messungen konstant nachgewiesen. Hinsichtlich der weiter festzustellenden arteriellen Hypertonie mit einem Cor hypertonikum konnte auf Grund der Knie- und Hüftprobleme nicht weiter untersucht werden, ob dieses pulmonal oder karidal induziert ist. Die weiter festgestellte respiratorische Partialinsuffizienz wurde auf die Kompression der unteren Lungenabschnitte bei Übergewicht zurückgeführt. Die obstruktive Atemwegserkrankung sei mit Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen, da der Kläger mit irritativ wirkenden Mischstäuben, in denen insbesondere Schwefeldioxid als Irritanz mit hohem Gefahrstoffpotenzial enthalten war, in Kontakt sei. Da auf Inertstaub die Reaktion nicht erfolgt sei, müsse der Husten und die Obstruktion durch die spezifische irritative Wirkung der Stäube ausgelöst werden. Weitere Risikofaktoren seien beim Kläger nicht vorhanden. Die medizinischen Voraussetzungen einer Berufskrankheit nach der Nr. 4302 BKV mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. lägen vor. Die Unterschreitung der Grenzwerte (Prof. S.) beziehe sich auf Einzelgrenzwerte und nicht auf die Gefährlichkeit eines Gemisches. Die personenbezogene Messung sei nicht über eine ganze Schicht erfolgt und habe daher arbeitsprozessbezogene Spitzenbelastungen nicht mit erfasst. In ergänzenden Stellungnahmen (unter Mitarbeit von Dr. L., vom x 2004 und x 2005) hielt Prof. Dr. D. eine deutliche Arbeitsplatzbezogenheit der Beschwerden mit Besserung in arbeitsfreien Zeiten, Verringerung der staubinduzierten Werte nach technischen Schutzmaßnahmen, quasi identischer inhalativer Belastung wie bei einem Schornsteinfeger und Befundstabilisierung seit Aufgabe der Tätigkeit für nachgewiesen. Prof. Dr. H., Facharzt für Arbeitsmedizin-Sozialmedizin schloss sich in seiner gutachterlichen Stellungnahme (vom x 2004 und x 2005) zwar hinsichtlich des Vorliegens einer obstruktiven Atemwegserkrankung dem Gutachten von Prof. Dr. D./Dr. M. an, verneinte jedoch die Kausalität unter Hinweis auf die ursprünglich fehlende arbeitsplatzbezogene Beschwerdeanamnese. Er sah die obstruktive Atemwegserkrankung auf Grundlage einer seit x (s. Dr. S.) dokumentierten chronischen Bronchitis entwickelt an. Ein direkter zeitlicher Bezug zwischen den Atembeschwerden und der beruflichen Tätigkeit sei nicht belegt. Mit einem Schornsteinfeger könne der Kläger nicht verglichen werden. Letztlich hat sich Dr. W. (Allgemeinmediziner) als sachverständiger Zeuge schriftlich am x 2005 über die frühere und jetzige Behandlung des Kläger geäußert und Behandlungsunterlagen vorlegt.

Der Kläger hat Ausführungen zum objektiven Zwang zur Unterlassung der schädigenden Tätigkeit gemacht und beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom x 2003 aufzuheben sowie den Bescheid vom x 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom x 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Anerkennung einer Berufskrankheit nach den Nrn. 4301, 4302 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung weiterhin für zutreffend, da der Nachweis eines Kausalzusammenhangs im Sinne des Wahrscheinlichkeitszusammenhangs nicht gelinge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, da die Beschränkungen des § 144 Abs. 1 SGG nicht eingreifen; sie ist frist- und formgerecht eingelegt (§ 151 SGG) und somit zulässig. Sie ist jedoch in der Sache nicht begründet. Das angefochtene Urteil sowie der Bescheid der Beklagten vom x 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom x 2002 sind im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung einer BK und auf Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung.

Im vorliegenden Rechtsstreit kommen die Vorschriften des am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Siebten Buches des Sozialgesetzbuch (SGB VII) zur Anwendung, weil die als BK geltend gemachte Erkrankung nach dem Inkrafttreten aufgetreten ist.

Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind BK´en die Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Hierzu zählen nach Nr. 4301 und 4302 der Anlage zur BKV - die vorliegend allein in Frage stehen - entweder eine durch allergisierende Stoffe oder durch chemisch-irritativ bzw. toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Voraussetzung für die Anerkennung einer BK ist, dass die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die Gesundheitsstörung nachgewiesen sind, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83; BSGE 61, 127, 128). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhanges zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 45, 261, 285; BSG SozR 3 - 2200 § 551 Nr. 16). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder ein ursächlicher Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten möchte, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (BSG SozR 3 - 2200 § 548 Nr. 11).

Zwischen den Beteiligten steht nicht im Streit, dass der Kläger als Kundendienstmonteur für Zentralheizungen bei der Firma W. GmbH & Co. KG eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, die durch Schadstoffe in der Raumluft bei der Heizkesselreinigung von Befeuerungsanlagen belastet war.

Durch die weiteren Ermittlungen des Senats ist mittlerweile auch das Vorliegen einer obstruktiven Atemwegserkrankung als medizinische Voraussetzung für die Anerkennung einer BK nach Nrn. 4301/4302 der Anlage zur BKV unstreitig, auch wenn Prof. Dr. D. von einer bronchialen Hyperreagibilität und einem Asthma bronchiale, Prof. Dr. H. dagegen von einer chronisch-obstruktiven Bronchitis ausgeht. Der Begriff "obstruktive Atemwegserkrankung" umfasst verschiedene und chronische Krankheitsbilder, er ist die Sammelbezeichnung für Krankheiten des Bronchio-Pulmonalen-Systems, die mit obstruktiven Ventilationsstörungen einhergehen. Charakterisiert sind sie durch vorübergehende, sich wiederholende, meist reversible Zustände und Anfälle von Atemnot, die durch eine Erhöhung der Atemwegswiderstände verursacht wird. Unter den Begriff fallen neben anderen sowohl das Asthma bronchiale als auch die chronisch-obstruktive Bronchitis. Die unspezifische bronchiale Hyperreagibilität ist kein selbstständiges Krankheitsbild, sondern ein phasenweise saisonal wechselndes Symptom der obstruktiven Atemwegserkrankung. Die Diagnose obstruktive Atemwegserkrankung ist bereits zu stellen, wenn im Zusammenhang mit Beschwerden eine unspezifische bronchiale Hyperreagibilität nachgewiesen wird auch außerhalb von Infekten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage S. 1115). Dies ist vorliegend der Fall, wie bereits die Lungenfunktionsprüfungen mit Werten für FEV 1, SR tot bei Dr. M. - mit falscher Interpretation seinerseits - und später auch die Provokationstestung bei Dr. S. belegt haben. Der Senat schließt sich der insoweit übereinstimmenden Beurteilung von Prof. Dr. D. und Prof. Dr. H. an und lässt offen, ob es sich beim Kläger um eine chronisch-obstruktive Bronchitis oder um ein Asthma bronchiale handelt, da beide Erkrankungen die medizinischen Voraussetzungen der BK’s erfüllen.

Die obstruktive Atemwegserkrankung des Klägers ist jedoch nicht durch die berufliche Tätigkeit verursacht worden. Anhand aller durchgeführten Testungen ergibt sich kein Hinweis auf eine Verursachung durch allergiesierende Stoffe. Zum Beispiel lag der hierfür signifikante IgE Wert bei allen Gutachtern im Normbereich. Alle Gutachter sind darin einig, dass allergisierende Stoffe für die Atemwegserkrankung nicht ursächlich sind. Allergene wurden auch in der Analyse des BIA nicht festgestellt. Eine Anerkennung der BK Nr. 4301 der Anlage zur BKV kommt daher nicht in Betracht.

Aber auch die Anerkennung einer BK nach der Nr. 4102 der Anlage zur BKV scheidet aus. Der Senat hat nicht feststellen können, dass die in Rede stehende Erkrankung des Klägers mit der dafür erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe am Arbeitsplatz zurückzuführen ist. Der Kläger war zwar während der Reinigungstätigkeit an Heizkesseln von Ölfeuerungsanlagen einer Staubbelastung ausgesetzt, die hauptsächlich aus Ruß von Verbrennungsrückständen bestand. Die Messungen und Analysen des TAD bzw. BIA haben ergeben, dass die Menge des einatembaren Gesamtstaubes mit einem Messwert von 1,11 mg/m3 weit unter dem Grenzwert von 10 mg/m3 lag (wobei der ab 2004 geltende Grenzwert zu Grunde gelegt wurde). Am Arbeitsplatz des Klägers sind im Staub/Ruß an Gefahrstoffen Benzol und Schwefeldioxid nachweisbar enthalten. Auch diese Werte lagen deutlich unter den Grenzwerten ((0,1 mg/m3 zu 3,2 mg/m3 und (0,8 mg/m3 zu 5 mg/m3). Organische Stoffe einschließlich polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe wurden nicht nachgewiesen (Analysenbericht vom 24. Januar 2001). Die Proben stammen aus einer über den Zeitraum von 4 Stunden durchgeführten großen Heizkesselreinigung. Der Messwert wurde entsprechend einer Arbeitsschicht von 8 Stunden mit dem Faktor 2 multipliziert. Selbst wenn zu Gunsten des Klägers eine Reinigung von bis zu 3 Kesseln (Angaben des Klägers gegenüber TAD) unterstellt wird, bleiben beim Faktor 3 die Grenzwerte für die festgestellten Gefahrstoffe weit unterschritten. Zusätzlich ist davon allein Schwefeldioxid - und nicht Benzol - als chemisch-irritativ oder toxisch wirkender Arbeitsstoff als Gefahrenquelle erfasst (vgl. Mehrtens/Perlebach, die Berufskrankheitenverordnung, M 4302 S. 1). Da Ausmaß und Art der Atemwegserkrankung von der Qualität und der Konzentration des Staubes abhängig sind (Schönbergen/Mehrtens/Valentin aaO. S. 1057), ist damit keine ausreichende Exposition nachgewiesen, die anerkanntermaßen zu einer sichtbaren Risikoerhöhung führt und den gesetzlich geforderten Ursachenzusammenhang wahrscheinlich machen kann.

Die hierzu getroffenen Schlussfolgerungen von Prof. Dr. D. überzeugen den Senat aus mehreren Gründen nicht. Der Gutachter stellt generell auf das hohe Gefahrstoffpotential der Irritanz Schwefeldioxid ab (Bl. x LSG-Akte), ohne die Tatsache zu berücksichtigen, dass im individuellen Fall des Klägers die Grenzwerte weit unterschritten sind. Hinsichtlich der arbeitsplatzspezifischen Stäube bezieht er sich auf die generalisierende Analyse von Ruß durch Dr. Schildge in dessen Gutachten (Bl. 69 LSG-Akte, Bl. 31 SG- Akte), die jedoch mit den Feststellungen des TAD nicht übereinstimmt. Insofern entbehren sowohl der allgemeine Schluss auf die Gefährlichkeit von Mischstäuben und der Vergleich mit einem Schornsteinfeger einer analytischen Grundlage. Fälschlicherweise hält Prof. Dr. D. arbeitsprozessbezogene Spitzenbelastungen druch die verkürzte Messung des TAD für nicht berücksichtigt. Die Überprüfung des TAD hat jedoch einen Arbeitsvorgang, wie er beim Kläger bis zu 3mal vorkommen konnte, vollständig mit allen möglichen Spitzenbelastungen nachvollzogen und die Werte entsprechend hochgerechnt. Prof. Dr. D. legt seiner Kausalitätsbeurteilung damit Umstände zugrunde, die so nicht nachgewiesen sind. Nicht nachvollziehbar geht er auch von einer Befundstabilisierung nach Aufgabe der belastenden beruflichen Tätigkeit aus. Dem widersprechen jedoch die von Dr. W. in seinen Befundberichten vom 28. Juni 2004, 11. Mai 2005 und 06. Juli 2005 erhobenen Werte für FVC und FEV 1(86%, 94 %, 78 % Soll FVC bzw. 79%, 80%, 67% Soll FEV 1; Bl. 136, 131,145 LSG-Akte), die schlechter sind als die bei Dr. S. im Jahr 2003 erhobenen Werte, als der Kläger ebenfalls schon länger wegen Kniebeschwerden arbeitsunfähig war ( FVC 88,1% Soll, FEV 1 82,7% Soll; Bl. x SG-Akte). Auch hat der Kläger den Rückgang staubinduzierter Beschwerden durch die Verwendung einer Staubmaske gegenüber Dr. S. verneint (Bl. x SG-Akte), wovon Prof. Dr. D. jedoch ausgeht. Dem Arbeitgeber waren Atembeschwerden am Arbeitsplatz nicht bekannt. Gegen eine beruflich bedingte Verursachung spricht damit die Arbeitsvorgeschichte, zumal der Kläger zunächst selbst über viele Jahre hinweg keinen Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit gesehen hat. Erst im Laufe des Verfahrens haben sich seine Einlassungen zu einer Berufsbezogenheit hin geändert. Die arbeitsplatzbezogenen Einwirkungen kommen beim Kläger nicht als einzige Ursache in Betracht. Ausgeschlossen ist zwar ein Gefährdungspotential als Raucher. Als mögliche Ursache kommen aber seit vielen Jahren bekannte chronisch-rezidivierende Infektionen der Atemwege in Betracht. In Anbetracht der erheblichen kardialen Problematik im Sinne einer chronisch-ischämischen Herzkrankheit bei Stentimplantation und arterieller Hypertonie ist auch hieran als Ursache zu denken (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO. S. 1124), zumal Prof. Dr. D. nicht testen konnte, ob die Atemnot pulmonal oder kardial induziert ist (Bl. 69 LSG-Akte). Bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte spricht nicht mehr für wie gegen eine berufliche Verursachung.

Letztlich ist nicht nachgewiesen, dass die obstruktive Atemwegserkrankung einen Zwang zur Unterlassung der angeschuldigten Tätigkeit begründet hat. Die Anzahl der nachgewiesenen Krankschreibungen wegen der Atemwegserkrankung mag dies nicht zu belegen. Der Kläger hatte daneben massive andere gesundheitliche Probleme, die zur Berufsaufgabe überwogen haben dürften.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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