Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KA 4098/04 BB
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 5485/04 W-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
"Erhebt ein Arzt einer Gemeinschaftspraxis Klage gegen die Entziehung der Zulassung seines bisherigen Partners, so beträgt der Streitwert 20 % des von dem Partner in der Vergangenheit erwirtschafteten Anteils am Gesamtgewinn der Gemeinschaftspraxis, bezogen auf einen 3-Jahreszeitraum.
In Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Freiburg vom 11. Oktober 2004 wird der Streitwert für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Freiburg S 1 KA 312/03 auf 96.000 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten stand im Streit, ob der vom Beigeladenen Ziff. 8) erklärte und später widerrufene Zulassungsverzicht weiterhin wirksam ist.
Die Kläger und Beschwerdegegner befanden sich ursprünglich in einer Gemeinschaftspraxis mit dem Beigeladenen Ziff. 8). Die Kläger möchten nach dem Zulassungsverzicht des Beigeladenen Ziff. 8) die Ausschreibung des Vertragsarztsitzes und die Einleitung des Nachbesetzungsverfahrens beantragen.
Mit Beschluss vom 11. Oktober 2004 setzte das SG den Streitwert für das Klageverfahren auf 488.400,00 EUR fest. Auf der Grundlage der Umsatzzahlen der Praxis der Kläger (einschließlich des Beigel. Ziff. 8) in Höhe von 180.000 EUR pro Quartal ging das SG von einem Jahresumsatz in Höhe von 720.000 EUR und damit pro Arzt von 240.000 EUR aus. Da es sich hier um eine Statussache handele, rechnete das SG diesen Umsatz auf eine Fünfjahreszeitraum hoch und damit einen Betrag in Höhe von 1,2 Millionen EUR. Abzüglich der durchschnittlichen Praxisunkosten in Höhe von 59,3% sei damit ein verbleibender Gewinn in Höhe von 488.400,00 EUR als Streitwert festzusetzen gewesen.
Der Beklagte und Beschwerdeführer hatte gegen den ihm am 26. Oktober 2004 mit Empfangsbekenntnis zugestellten Beschluss am 19. November 2004 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen und die es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat (Verfügung vom 25. November 2004). Zur Begründung machte der Beklagte geltend, wesentliches Ziel der Kläger sei es gewesen den Vertragsarztsitz für die Gemeinschaftspraxis zu erhalten, nicht jedoch die Zulassung des Beigeladenen 8) als solche und auch nicht die mit der Zulassung des Beigeladenen Ziff. 8) verbundene vertragsärztliche Tätigkeit. Davon ausgehend handele es sich im Kern des Verfahrens nicht um eine vermögensrechtliche Streitigkeit, sodass im Ergebnis vom Regelstreitwert in Höhe von 4000 EUR auszugehen wäre. Allenfalls könne hier der Streitwert noch mit 12.000 EUR festgesetzt werden, sofern man von einer Unwiderruflichkeit des Verzichts ausgehen würde, sodass noch ein halbes Quartal des anteiligen Praxisumsatzes in diesem Falle zu berücksichtigen wäre.
Der Beklagte beantragt,
in Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Freiburg vom 11. Oktober 2004 den Streitwert für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Freiburg S 1 KA 312/03 auf 4000 EUR, hilfsweise 12.000 EUR festzusetzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nur teilweise begründet.
Da weder die Kläger/Beschwerdegegner noch der Beklagte/Beschwerdeführer des Rechtsstreites Leistungsempfänger oder Behinderte sind, werden gemäß § 197 a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der seit 2. Januar 2002 gültigen Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) vom 17. August 2001 (BGBl. I, 2144) Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben. Nach §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 Satz 1 GKG (in der seit 2. Januar 2002 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 4 6. SGGÄndG, die gem. Art. 1(Gerichtskostengesetz), §71 des am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Kostenrechtsmodernisierungsgesetz für vor seinem Inkrafttreten anhängig gewordene Fälle weiter anwendbar sind) bestimmt sich in Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelklägers/Beschwerdeführers. Es ist also auf das wirtschaftliche Interesse an der angestrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen abzustellen. Erstrecken sich die Auswirkungen auf eine längere Zeit, ist dies gebührend zu berücksichtigen (BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6; SozR 3-1930 § 8 Nr. 1 jeweils noch zur alten Rechtslage bei entsprechender Anwendung des § 13 GKG).
Bei Verfahren, in denen die Entziehung der Zulassung und wie hier der Verzicht auf die Zulassung zur vertragsärztlichen/vertragspsychotherapeutischen Versorgung im Streit steht, orientiert sich das wirtschaftliche Interesse grundsätzlich am durch die vertragsärztliche/vertragspsychotherapeutische Tätigkeit in der Vergangenheit erzielten Gewinn, denn das Begehren geht regelmäßig - so auch hier - dahin, die ärztliche/psychotherapeutische Tätigkeit weiter wie in der Vergangenheit ausüben und aus dieser Tätigkeit Einnahmen in bisheriger Höhe erzielen zu können.
Da in dem Verfahren hier allerdings das Begehren der Kläger nicht auf die Erzielung des von einem neuen Partner in der Gemeinschaftspraxis auf diesen entfallenden Anteil des Umsatzes der Gemeinschaftspraxis abgestellt ist, sondern nur auf die mögliche Gewinnsteigerung durch einen weiteren Gemeinschaftspraxispartner, ist auch nur auf diesen Betrag beim Streitwert abzustellen. Der Senat setzt diesen durch einen weiteren Partner möglichen erzielbaren "Zusatzgewinn" für die Kläger auf 20% des auf den von einem weiteren Partner in der Gemeinschaftspraxis erwirtschafteten Anteil am Gesamtumsatz an. Der Senat hält in diesem Zusammenhang an seiner früheren Rechtsprechung zur Festsetzung des Streitwertes bei diesen Fallkonstellationen nicht mehr fest (so etwa noch die Beschlüsse vom 1. Juni 2004 - L 5 KA 699/04 W-B und L 5 KA 1125/04 W-A -). Damit ist der Streitwert wie folgt zu berechnen: Ausgehend von einem Umsatz der ursprünglichen Gemeinschaftspraxis einschließlich dem Beigeladenen Ziff. 8) in Höhe von 180.000 EUR pro Quartal, ergibt sich pro Arzt ein Betrag in Höhe von 60.000 EUR pro Quartal, hochgerechnet auf ein Jahr 240.000 EUR. Unter Abzug des durchschnittlichen Kostenersatzes - hier bei den Klägern bzw. dem Beigeladenen Ziff. 8) für Fachärzte für Allgemeinmedizin - (vgl. BSG Beschluss vom 28. Januar 2000 - B 6 KA 22/99 R -) in Höhe von rund 60% (vgl. Allgemeine Bestimmungen AI Teil B Tabelle 8 EBM) verbleibt somit ein Gewinn in Höhe von 96.000 EUR (240.000 EUR - 144.000 EUR), hiervon wiederum 20% ergibt einen Betrag in Höhe von 19.200 EUR.
In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG (MedR 1986,85; SozR 3-1930 § 8 Nr. 2; Beschluss vom 28. Januar 2000 -B 6 KA 22/99 R-) geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass in vertragsärztlichen bzw. vertragspsychotherapeutischen Zulassungssachen der Jahresbetrag der Einnahmen mit dem Faktor fünf zu multiplizieren ist. Danach ist von einem Betrag in Höhe von 96.000 EUR (19.200 EUR x 5) auszugehen. In dieser Höhe war der Streitwert in Abänderung des Beschlusses des SG festzusetzen.
Im Übrigen war damit die Beschwerde zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten für das Wertfestsetzungsverfahren selbst sind nicht zu erstatten (§ 10 Abs. 2 Satz 3 BRAGO).
Dieser Beschlusses unanfechtbar (§ 177 SGG).
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten stand im Streit, ob der vom Beigeladenen Ziff. 8) erklärte und später widerrufene Zulassungsverzicht weiterhin wirksam ist.
Die Kläger und Beschwerdegegner befanden sich ursprünglich in einer Gemeinschaftspraxis mit dem Beigeladenen Ziff. 8). Die Kläger möchten nach dem Zulassungsverzicht des Beigeladenen Ziff. 8) die Ausschreibung des Vertragsarztsitzes und die Einleitung des Nachbesetzungsverfahrens beantragen.
Mit Beschluss vom 11. Oktober 2004 setzte das SG den Streitwert für das Klageverfahren auf 488.400,00 EUR fest. Auf der Grundlage der Umsatzzahlen der Praxis der Kläger (einschließlich des Beigel. Ziff. 8) in Höhe von 180.000 EUR pro Quartal ging das SG von einem Jahresumsatz in Höhe von 720.000 EUR und damit pro Arzt von 240.000 EUR aus. Da es sich hier um eine Statussache handele, rechnete das SG diesen Umsatz auf eine Fünfjahreszeitraum hoch und damit einen Betrag in Höhe von 1,2 Millionen EUR. Abzüglich der durchschnittlichen Praxisunkosten in Höhe von 59,3% sei damit ein verbleibender Gewinn in Höhe von 488.400,00 EUR als Streitwert festzusetzen gewesen.
Der Beklagte und Beschwerdeführer hatte gegen den ihm am 26. Oktober 2004 mit Empfangsbekenntnis zugestellten Beschluss am 19. November 2004 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen und die es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat (Verfügung vom 25. November 2004). Zur Begründung machte der Beklagte geltend, wesentliches Ziel der Kläger sei es gewesen den Vertragsarztsitz für die Gemeinschaftspraxis zu erhalten, nicht jedoch die Zulassung des Beigeladenen 8) als solche und auch nicht die mit der Zulassung des Beigeladenen Ziff. 8) verbundene vertragsärztliche Tätigkeit. Davon ausgehend handele es sich im Kern des Verfahrens nicht um eine vermögensrechtliche Streitigkeit, sodass im Ergebnis vom Regelstreitwert in Höhe von 4000 EUR auszugehen wäre. Allenfalls könne hier der Streitwert noch mit 12.000 EUR festgesetzt werden, sofern man von einer Unwiderruflichkeit des Verzichts ausgehen würde, sodass noch ein halbes Quartal des anteiligen Praxisumsatzes in diesem Falle zu berücksichtigen wäre.
Der Beklagte beantragt,
in Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Freiburg vom 11. Oktober 2004 den Streitwert für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Freiburg S 1 KA 312/03 auf 4000 EUR, hilfsweise 12.000 EUR festzusetzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nur teilweise begründet.
Da weder die Kläger/Beschwerdegegner noch der Beklagte/Beschwerdeführer des Rechtsstreites Leistungsempfänger oder Behinderte sind, werden gemäß § 197 a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der seit 2. Januar 2002 gültigen Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) vom 17. August 2001 (BGBl. I, 2144) Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben. Nach §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 Satz 1 GKG (in der seit 2. Januar 2002 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 4 6. SGGÄndG, die gem. Art. 1(Gerichtskostengesetz), §71 des am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Kostenrechtsmodernisierungsgesetz für vor seinem Inkrafttreten anhängig gewordene Fälle weiter anwendbar sind) bestimmt sich in Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelklägers/Beschwerdeführers. Es ist also auf das wirtschaftliche Interesse an der angestrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen abzustellen. Erstrecken sich die Auswirkungen auf eine längere Zeit, ist dies gebührend zu berücksichtigen (BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6; SozR 3-1930 § 8 Nr. 1 jeweils noch zur alten Rechtslage bei entsprechender Anwendung des § 13 GKG).
Bei Verfahren, in denen die Entziehung der Zulassung und wie hier der Verzicht auf die Zulassung zur vertragsärztlichen/vertragspsychotherapeutischen Versorgung im Streit steht, orientiert sich das wirtschaftliche Interesse grundsätzlich am durch die vertragsärztliche/vertragspsychotherapeutische Tätigkeit in der Vergangenheit erzielten Gewinn, denn das Begehren geht regelmäßig - so auch hier - dahin, die ärztliche/psychotherapeutische Tätigkeit weiter wie in der Vergangenheit ausüben und aus dieser Tätigkeit Einnahmen in bisheriger Höhe erzielen zu können.
Da in dem Verfahren hier allerdings das Begehren der Kläger nicht auf die Erzielung des von einem neuen Partner in der Gemeinschaftspraxis auf diesen entfallenden Anteil des Umsatzes der Gemeinschaftspraxis abgestellt ist, sondern nur auf die mögliche Gewinnsteigerung durch einen weiteren Gemeinschaftspraxispartner, ist auch nur auf diesen Betrag beim Streitwert abzustellen. Der Senat setzt diesen durch einen weiteren Partner möglichen erzielbaren "Zusatzgewinn" für die Kläger auf 20% des auf den von einem weiteren Partner in der Gemeinschaftspraxis erwirtschafteten Anteil am Gesamtumsatz an. Der Senat hält in diesem Zusammenhang an seiner früheren Rechtsprechung zur Festsetzung des Streitwertes bei diesen Fallkonstellationen nicht mehr fest (so etwa noch die Beschlüsse vom 1. Juni 2004 - L 5 KA 699/04 W-B und L 5 KA 1125/04 W-A -). Damit ist der Streitwert wie folgt zu berechnen: Ausgehend von einem Umsatz der ursprünglichen Gemeinschaftspraxis einschließlich dem Beigeladenen Ziff. 8) in Höhe von 180.000 EUR pro Quartal, ergibt sich pro Arzt ein Betrag in Höhe von 60.000 EUR pro Quartal, hochgerechnet auf ein Jahr 240.000 EUR. Unter Abzug des durchschnittlichen Kostenersatzes - hier bei den Klägern bzw. dem Beigeladenen Ziff. 8) für Fachärzte für Allgemeinmedizin - (vgl. BSG Beschluss vom 28. Januar 2000 - B 6 KA 22/99 R -) in Höhe von rund 60% (vgl. Allgemeine Bestimmungen AI Teil B Tabelle 8 EBM) verbleibt somit ein Gewinn in Höhe von 96.000 EUR (240.000 EUR - 144.000 EUR), hiervon wiederum 20% ergibt einen Betrag in Höhe von 19.200 EUR.
In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG (MedR 1986,85; SozR 3-1930 § 8 Nr. 2; Beschluss vom 28. Januar 2000 -B 6 KA 22/99 R-) geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass in vertragsärztlichen bzw. vertragspsychotherapeutischen Zulassungssachen der Jahresbetrag der Einnahmen mit dem Faktor fünf zu multiplizieren ist. Danach ist von einem Betrag in Höhe von 96.000 EUR (19.200 EUR x 5) auszugehen. In dieser Höhe war der Streitwert in Abänderung des Beschlusses des SG festzusetzen.
Im Übrigen war damit die Beschwerde zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten für das Wertfestsetzungsverfahren selbst sind nicht zu erstatten (§ 10 Abs. 2 Satz 3 BRAGO).
Dieser Beschlusses unanfechtbar (§ 177 SGG).
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