S 12 KA 404/07 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 404/07 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ein medizinisches Versorgungszentrum, das als Teil eines kommunalen Eigenbetriebes, der bereits zwei Krankenhäuser betreibt, geführt werden soll, ist nicht genehmigungsfähig. Für das Betreiben eines medizinischen Versorgungszentrums ist aufgrund der gesetzlichen Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung eine eigenständige Rechtsform notwendig.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 25.09.2007 wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Der Streitwert wird auf 26.667,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens um die Zulassung eines vom Antragsteller betriebenen medizinischen Versorgungszentrums im Rahmen eines Eigenbetriebs.

Der Antragsteller ist ein Landkreis. Er betreibt in der Rechtsform des Eigenbetriebs ohne eigene Rechtspersönlichkeit zwei Krankenhäuser, eines in G-Stadt und eines in J-Stadt.

Der Antragsteller beantragte am 14.05.2007 die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums. Im Antragsformular gab er zunächst an, das MVZ werde in der Gesellschaftsform einer GmbH betrieben. Gesellschaftsvertrag und Bürgschaftserklärung der Gesellschafter werde er nachreichen. Er beantragte ferner, die Anstellung des Facharztes für Chirurgie, Dr. D und des Facharztes für Anästhesiologie, E, in dem medizinischen Versorgungszentrum zu genehmigen. Herr F sollte seinen Vertragsarztsitz in das medizinische Versorgungszentrum einbringen. Für den weiteren Vertragsarztsitz bewarb sich der Antragsteller im Zuge eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 SGB V für die Vertragsarztpraxis des Dr. G in G-Stadt. Dr. G hatte unter Datum vom 30.10.2006 auf seine Vertragsarztzulassung zum 31. Januar 2007 unter dem Vorbehalt der Weiterführung seiner Praxis verzichtet. Er verstarb am 14.12.2006. Das Nachbesetzungsverfahren wurde von seinen Erben weiterbetrieben. Auf die Ausschreibung im Dezemberheft des Hessischen Ärzteblattes gingen keine Bewerbungen ein. Mit Datum vom 21.06.2007 schlossen die Erben des Dr. G und die Kreiskrankenhäuser des Landkreises A-Stadt, vertreten durch den Kreisausschuss des Landkreises, dieser wiederum vertreten durch die Krankenhausbetriebsleitung, einen Praxisübernahmevertrag, in dem die Verkäuferin mit Wirkung vom 27.06.2007 die unfallchirurgische Arztpraxis an die – so im Vertrag - Käuferin übergab. Der Vertrag wird nach § 11 erst wirksam, wenn die Käuferin als MVZ eine Zulassung zur ambulanten fachübergreifenden vertragsärztlichen Versorgung erhalten hat. Sollte dies bis zum 15.10.2007 nicht der Fall sein, sind beide Parteien berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten. Weitergehende Ansprüche, insbesondere Schadensersatzansprüche bestehen in diesem Fall nicht. Die Wirksamkeit des Vertrages hängt weiter davon ab, dass der Kreisausschuss und der Kreistag des Landkreises A-Stadt den Vertrag genehmigen. Sollte dies bis zum 15.07.2007 nicht der Fall sein, sind beide Parteien ebenfalls berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten.

Unter Datum vom 20.06.2007 teilte der Antragsteller dem Zulassungsausschuss mit, der notariell beurkundete geänderte Gesellschaftsvertrag der Kreiskliniken GmbH sei fertig gestellt worden und werde vom Notar direkt übersandt werden. Da die erforderliche selbstschuldnerische Bürgschaftserklärung eines Beschlusses des Kreisausschusses und des Kreistages sowie einer Genehmigung der Kommunalaufsicht bedürfe, könne die Vorlage nicht zeitnah erfolgen. Um das Zulassungsverfahren nicht zu verzögern oder zu gefährden, hätte er die Vorgehensweise dahingehend modifiziert, dass der Aufbau des medizinischen Versorgungszentrums und somit die Beantragung der kassenärztlichen Zulassung unmittelbar durch den Eigenbetrieb der Kreiskrankenhäuser des Landkreises A-Stadt erfolge. Die Tätigkeit sei durch § 3 der aktuell gültigen Betriebssatzung abgedeckt. Das ausschließlich für Antragsteller in privatrechtlicher Rechtsform erforderliche Bürgschaftserfordernis sei damit obsolet. Die Zulassung werde hiermit offiziell beantragt. Die spätere Neuausrichtung im Sinne des eingangs erwähnten Gesellschaftsvertrages behielte er sich vor.

Die Beigeladene zu 1) erklärte unter Datum vom 16.08.2007 zum modifizierten Antrag des Antragstellers, der Antrag sei nicht genehmigungsfähig. Grundsätzlich sei zur Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums eine Trägergesellschaft notwendig. Abweichend davon sei bei einem medizinischen Versorgungszentrum am Krankenhaus ausnahmsweise die Gründung einer eigenen Trägergesellschaft nicht erforderlich. Hier reiche es aus, dass der Krankenhausträger das medizinische Versorgungszentrum als organisatorisch selbständige Abteilung oder eigene Rechtsform führe. In diesem Fall sei die Rechtsform, in der das Krankenhaus organisiert sei, entscheidend. Jedoch gelte dieser Grundsatz nur dann, wenn es sich bei dem Träger um eine Gesellschaft handele. Nach dem Antrag sei aber von einem Krankenhaus auszugehen, das als rechtlich unselbständiger Eigenbetrieb eines Landkreises geführt werde. Da der Landkreis als Gebietskörperschaft selbst nicht die Gründereigenschaft besitze, fehle es insgesamt bei dieser Konstellation unter Einbindung eines Eigenbetriebs an der notwendigen Gründereigenschaft. Sie empfehle daher die Antragsablehnung.

Zum Verfahren meldete sich Rechtsanwalt I unter Datum vom 17. und 20.08.2007 und Hinweis darauf, er vertrete den Landesverband ambulantes Operieren in Hessen e.V. sowie einen namentlich genannten betroffenen Arzt bzw. er vertrete Herrn Facharzt für Chirurgie H. Er trug vor, seine Mandanten wendeten sich gegen das Vorhaben des Antragstellers. Das Vorhaben sei wegen Verstoßes gegen Bundesgesetze und gegen EU-Recht illegal. Die Verantwortlichen des Antragstellers verstießen gegen Dienstpflichten. Er verwies auf die Beschluss-Verwaltungsvorlage der Antragstellerin, in der es wörtlich heiße:

"Durch die Gründung eines solchen medizinischen Versorgungszentrums mit angestellten Ärzten scheint es möglich, Einweisungen in das Kreiskrankenhaus G-Stadt zu steuern."

Und:

"aus den Ermittlungen der Firma CMK geht hervor, dass Patienten aus der Region R-G-B zu mehr als 50% Krankenhäuser in A-Stadt aufsuchen, so dass in diesem Gebiet das meiste Potential an Patienten zu gewinnen wäre und die Einrichtung eines Versorgungszentrums sich auszahlen würde."

Die beabsichtigte "Steuerung" von Patientenströmen stelle, so Rechtsanwalt I, ein schwerwiegendes Zulassungshindernis dar. Auch die Subventionierung eines MVZ durch die öffentliche Hand stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht dar. Nach der Beschlussvorlage zahle der Landkreis in die Kapitalrückgabe der Eigenbetriebskrankenhäuser 360.000,00 Euro zweckgebunden für die Aufbringung des Kaufpreises für zwei KV-Zulassungen. Die Klinik GmbH könne nicht als Gründer auftreten, da ihr Zweck die Verleihung von Personal an die Klinik-Eigenbetriebe sei. Voraussetzung für die Gründereigenschaft sei aber, dass selbständige Leistungen unmittelbar gegenüber der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden würden. Sein Mandant gewährleiste die Versorgung auch in R-Stadt. Modifizierenden Erklärungen der Verantwortlichen der Antragstellerin nach Verabschiedung der Beschlussvorlage könne kein Glauben geschenkt werden.

Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers gab dem Zulassungsausschuss sein Schreiben mit Datum vom 20.08.2007 an die Beigeladene zu 1) zur Kenntnis. Darin führte er aus, der Antragsteller besitze Gründereigenschaft. Auch in der Kommentarliteratur werde ausgeführt, führe eine Gemeinde oder der Landkreis ein Krankenhaus als Regie- oder Eigenbetrieb, so sei sie/er als (unmittelbarer) Krankenhausträger auch zur MVZ-Trägerschaft zugelassen. Sämtliche schon bestehende Krankenhausträger seien in der Lage, unter Beibehaltung ihrer Rechtsform ein MVZ zu gründen.

Mit Beschluss vom 25.09.2007, ausgefertigt am 02.10.2007, wies der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen den Antrag des Antragstellers auf Zulassung gemäß § 95 Abs. 1 SGB V des medizinischen Versorgungszentrums A-Stadt, Kreiskliniken für den Sitz R-Stadt, CP. Straße 2, Kreis A-Stadt, ab. Zur Begründung führe er aus, dass der Antragsteller als Landkreis die Gründereigenschaft nicht erfülle. Sei eine Gemeinde oder das Land Träger eines zugelassenen Krankenhauses, so sei zwar die juristische Person des öffentlichen Rechts Inhaber des Zulassungsstatus, dieser Zulassungsstatus sei jedoch durch einen Eigenbetrieb vermittelt, den die Gemeinde oder das Land errichten dürfe, weil ihnen nach entsprechenden öffentlichen Recht die Kompetenz zustehe, Krankenhausträger zu sein. Diese Kompetenz stehe der Gemeinde oder dem Land indessen nicht zu, wenn es um die Frage gehe, ob es Aufgabe sei, ein MVZ zu errichten. Eine Gemeinde oder das Land könnten dementsprechend über den Status als Inhaber eines Zulassungsrechts ihres Krankenhauses ein MVZ nur errichten, wenn der Krankenhausbereich ausgegründet und in eine Kapitalgesellschaft überführt werde und diese Kapitalgesellschaft als Inhaberin eines Zulassungsrechts ihrerseits nach ihrem Satzungszwecke eine Aufgabe "Errichtung und Betrieb eines medizinischen Versorgungszentrums" übernehme.

Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 25.09.2007 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden wurde.

Am 25.09.2007 hat der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung bei Gericht eingereicht. Er trägt ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen im Verwaltungsverfahren vor, der Antrag sei entsprechend § 123 VWGO zulässig und begründet. Seine beiden Krankenhäuser seien in dem Krankenhausplan des Landes Hessen als sogenannte Plankrankenhäuser aufgenommen. Ein Abwarten des Widerspruchsbescheides oder des Ausgangs eines nachfolgenden Sozialgerichtsverfahrens sei unzumutbar. Nach dem Übernahmevertrag für die Praxis des Dr. G könnten die Vertragsparteien, werde das medizinische Versorgungszentrum nicht bis zum 15.10.2007 genehmigt, vom Vertrag zurücktreten. Die Verkäuferin habe bereits angekündigt, von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch zu machen. Auch ihm selbst bliebe keine andere Wahl, als den Rücktritt zu erklären, sonst müsse er den Kaufpreis bezahlen, ohne sicher sein zu können, hier jemals das geplante MVZ betreiben zu können. Dieses wirtschaftliche Risiko könne er angesichts seiner defizitären Haushaltslage nicht eingehen. Auch könne die Fortführung der Praxis nur bis zur Dauer von zwei Quartalen genehmigt werden. Diese Frist sei längst abgelaufen, aber dennoch bis zum Jahresende verlängert worden. Über eine weitere Verlängerung sei noch nicht entschieden worden. Sie sei aber höchst unwahrscheinlich. Er gehöre auch zu den Leistungserbringern, der mit seinem Eigenbetrieb Krankenhäuser betreibe, weshalb ihm Gründereigenschaft für ein MVZ zukomme. Das Bundesgesundheitsministerium führe dazu in einem Schreiben vom 21.08.2007 an ihn aus, ein Landkreis, der ein Krankenhaus als Eigenbetrieb und damit als ausgegliedertes Sondervermögen ohne eigene Rechtspersönlichkeit betreibe, habe damit die Gründereigenschaft als Voraussetzung für die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums. Denn der Landkreis, der ein Krankenhaus als Eigenbetrieb betreibe, sei Vertragspartner der Versorgungsträger nach § 109 SGB V und damit zugelassener Leistungserbringer. Die Auffassung, zur Gründung eines MVZ sei eine Trägergesellschaft erforderlich, ergebe sich nicht aus dem Gesetz. Maßgeblich sei allein der Status als zugelassener Leistungserbringer im Sinne des SGB V. Die selbstschuldnerische Bürgschaft der Gesellschafter sei nicht nur wegen Fehlens der formalen Voraussetzungen, keine Gründung einer juristischen Person des Privatrechts, nicht notwendig, sondern auch deshalb, weil im Falle eines Eigenbetriebs die gegen das MVZ gerichteten Forderungen sich unmittelbar gegen den Landkreis als Schuldner richteten. Das medizinische Versorgungszentrum könne sich aller zulässigen Organisationsformen bedienen. Eine Trägergesellschaft werde nicht vorausgesetzt. Es gebe keine Verpflichtung, in die gesellschafts-rechtliche Ebene des Privatrechts zu wechseln. Es herrsche das Prinzip der Wahlfreiheit der Organisationsform. Er verweise ferner auf ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. J vom 18.09.2007 sowie ein Schreiben des Hessischen Sozialministeriums vom 10.09.2007, dass er neben weiteren Anlagen zur Gerichtsakte gereicht hat. Weiter ist er der Auffassung, auch die in der Rechtsform des Eigenbetriebes ohne eigene Rechtspersönlichkeit betriebenen Kreiskrankenhäuser dürften ein MVZ organisatorisch selbständig betreiben. Erforderlich sei lediglich die Errichtung einer organisatorisch verselbständigten, nicht aber komplett selbständigen Einheit ohne Rücksicht auf ihre rechtliche Separierung. Organisatorische Verselbständigung meine aber eine räumliche wahrnehmbare, personell und einrichtungsmäßig losgelöste Einheit, die Aufgaben eines MVZ wahrnehmen könne. Diese Voraussetzungen lägen vor. Das medizinische Versorgungszentrum solle in den separat gelegenen Räumen des Praxisvorgängers Dr. G, R-Stadt, weiterbetrieben werden. Die Kreiskrankenhäuser lägen in G-Stadt bzw. J-Stadt. Das medizinische Versorgungszentrum werde auch über eine eigenständige Einrichtung verfügen. Nach dem Praxisübernahmevertrag gingen sämtliche im Inventarverzeichnis aufgeführte Praxisgegenstände in sein Eigentum über. Unabhängig vom Personal der Kreiskrankenhäuser würden zwei Ärzte von ihm eingestellt und beschäftigt werden. Die eigenständige medizinische Leitung werde voraussichtlich einem mit den Kreiskrankenhäusern personell nicht verbundenen Arzt obliegen. Das nichtärztliche Personal solle sich aus der bisher in der Praxis des Verstorbenen beschäftigten Mitarbeiterinnen rekrutieren. Es bestehe eine räumliche, personelle und einrichtungsmäßige Trennung von den Kreiskrankenhäusern. Für die Kreiskrankenhäuser werde ferner bereits bisher jeweils ein eigener Buchhaltungskreis geführt und ein separater Jahresabschluss erstellt. Entsprechend werde für das zu gründende MVZ verfahren. Beide Krankenhäuser als auch das MVZ würden allein in kaufmännischen Fragen der Betriebsleitung des Eigenbetriebes unterstellt werden. Medizinisch werde es dagegen bei der Etablierung einer eigenständigen ärztlichen Leitung bleiben. Die Gründung eines weiteren Eigenbetriebes garantiere nicht die geschilderten Vorteile. Er könne auch nicht auf dem formalen Akt einer weiteren Eigenbetriebsgründung verwiesen werden, ohne dass hierfür organisatorisch Notwendigkeiten bestünden. Der Antragsteller hat ferner eine eidesstattliche Versicherung des Herrn K, Erster Kreisbeigeordneter des Antragstellers, zur Gerichtsakte gereicht.

Der Antragsteller beantragt,
den Antragsgegner zu verpflichten, ihm eine bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Zulassung als medizinisches Versorgungszentrum befristete vorläufige Zulassung als medizinisches Versorgungszentrum zu erteilen.

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die rechtlichen Hinweise des Gerichts vom 26.09.2007 sowie die ausführliche Erörterung der Angelegenheit in der mündlichen Verhandlung am 10.10.2007. Weiter ist er Auffassung, der Antragsteller könnte ggf. als Gründer eines MVZ gemäß § 95 SGB V infrage kommen, weil er über die Eigenschaften eines potentiellen Gründers eines MVZ möglicherweise verfüge. Dies könnte sich daraus ergeben, dass der Antragsteller über seinen Eigenbetrieb Krankenhäuser des Landkreises A-Stadt als Leistungserbringer medizinischer Versorgung der Versicherten anzusehen sei. Einer abschließenden Entscheidung über diese Fragestellung bedürfe es jedoch deshalb nicht, weil der Antragsteller in der Konzeptionierung des von ihm geplanten MVZ keine rechtlich abgesicherte strukturelle Autonomie des MVZ von dem Eigenbetrieb Krankenhäuser des Landkreises A-Stadt vorgesehen habe. Der Gesetzgeber habe jedoch für den Betrieb Medizinischer Versorgungszentren ausdrücklich vorgesehen, dass eine strukturelle Trennung des ambulanten und stationären Bereichs erfolgen müsse. Da der Antragsteller beabsichtige, sowohl den stationären Betrieb der Krankenhäuser wie auch den ambulanten Betrieb des Medizinischen Versorgungszentrums im identischen Rechtsrahmen zu führen, sei die beantragte Genehmigung aus Rechtsgründen zu versagen. Da es somit bereits am Anordnungsanspruch fehle, sei auf den Anordnungsgrund nicht weiter einzugehen.

Die Beigeladene zu 1) beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, es liege weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch vor. Es werde bereits bezweifelt, dass der Antragsteller das beabsichtigte medizinische Versorgungszentrum als Teil des Krankenhauses als Eigenbetrieb betreiben könne. Aufgrund einer fehlenden organisatorischen Trennung zwischen dem geplanten medizinischen Versorgungszentrum und dem ebenfalls als Eigenbetrieb betriebenen Krankenhaus komme es zu einer Vermischung ambulanter und stationärer Leistungen, dessen Verhinderung jedoch gerade gesetzgeberisches Ziel gewesen sei. Die Argumentation der Vermischung von ambulanter und stationärer Tätigkeit werde insbesondere durch in der Presse vorgefundene Veröffentlichungen gestützt, aus welchen zur Begründung des Antrags auf Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums zu entnehmen sei, dass " durch die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrum mit angestellten Ärzten es möglich (erscheint), Einweisungen in das Kreiskrankenhaus G-Stadt zu steuern." Dem Landkreis fehle die Gründereigenschaft. Als Gebietskörperschaft sei er nicht unmittelbarer Rechtsinhaber des GKV-Status. Die Voraussetzungen des § 121 HGO lägen nicht vor, da die ambulante Versorgung durch die niedergelassenen Ärzte sichergestellt werde. Die ambulante Versorgung könne nicht zur Daseinsvorsorge gerechnet werden. Im Eigenbetrieb könne die Position des ärztlichen Leiters nicht ausreichend berücksichtigt werden. Es bedürfe auch einer Änderung der Krankenhausbetriebssatzung. Ein Anordnungsgrund könne schon deshalb nicht angenommen werden, weil der Antragsgegner die Widerspruchssache für den 07.11.2007 terminiert habe. Hinsichtlich der Dringlichkeit bezüglich des Grunds der Rücktrittsmöglichkeit ab 15.10.2007 stehe der Antragsteller in der Verpflichtung zu versichern, dass durch die Verkäuferin die Frist nicht verlängert worden sei. Es besteht auch eine Notermächtigung für den Betrieb der Praxis bis zum 31.12.2007.

Die übrigen Beigeladenen haben sich zum Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Die Kammer hat mit Verfügung vom 26.09.2007 rechtliche Hinweise erteilt und mit den Beteiligten am 10.10.207 einen Erörterungstermin abgehalten. Die aufgrund des Beschlusses am Ende des Erörterungstermins gesetzte Frist zur abschließenden Stellungnahme bis 31.10.2007 hat die Kammer, nachdem der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin mitgeteilt habe, die Sache solle entschieden werden, mit Verfügung vom 16.10.2005 auf den 24.10.2007 abgekürzt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt und der beigezogenen Verwaltungsakte (zwei Leitzordner) verwiesen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 25.09.2007 ist grundsätzlich zulässig, aber unbegründet.

Bereits mit Wirkung vom 02.01.2007 ist durch das 6. Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 17.08.2001 (BGBl I S.2144) der einstweilige Rechtsschutz grundlegend umgestaltet und in §§ 86a und 86b SGG zusammengefasst worden. Eines Rückgriffs auf § 123 VwGO bedarf es daher nicht. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag einen Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 1 u.2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Es müssen ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden (§ 920 Zivilprozessordnung i.V.m. § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG).

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war abzuweisen.

Ein Anordnungsanspruch besteht nicht.

Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Genehmigung des beantragten medizinischen Versorgungszentrums (MVZ).

Medizinische Versorgungszentren sind fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind (§ 95 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch, 5. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze (Vertragsarztrechtsänderungsgesetz) vom 22.12.2006, Bundesgesetzblatt BGBl I S. 3439 - SGB V -).

Die medizinischen Versorgungszentren können sich aller zulässigen Organisationsformen bedienen. Sie können von den Leistungserbringern, die aufgrund von Zulassungen, Ermächtigungen oder einer medizinischen Versorgung der Versicherten teilnehmen, gegründet werden (§ 95 Abs. 1 Satz 6 SGB V). Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz) (§ 95 Abs. 1 Satz 7 SGB V). Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben. Dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden (§ 95 Abs. 2 Satz 6 SGB V).

Der Antragsteller hat grundsätzlich Gründereigenschaft. Er betreibt zwei Plankrankenhäuser im Sinne des § 108 Nr. 2 SGB V, die als solche Krankenbehandlung für gesetzlich Versicherte erbringen dürfen. Als Träger dieser Einrichtungen ist der Antragsteller damit Leistungserbringer im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 6 SGB V.

Das vom Antragsteller beantragte MVZ ist aber nicht genehmigungsfähig, da es nicht in einer eigenständigen Rechtsform betrieben wird. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob das Betreiben eines MVZ in der Form eines eigenen Eigenbetriebs betrieben werden könnte, da der Antragsteller diese Rechtsform nicht gewählt hat.

Die Notwendigkeit einer eigenständigen Rechtsform für das Betreiben eines MVZ folgt bereits unmittelbar aus den genannten Vorschriften des § 95 SGB V.

Bereits nach der Legaldefinition nach § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB V muss es sich um "Einrichtungen" handeln. Bereits hieraus folgt eine Eigenständigkeit des MVZ, da dieser als Leistungserbringer nach § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt. Dies setzt aber die Eigenständigkeit einer Einrichtung voraus, die nicht nur räumlich und personell gegeben sein muss, sondern auch in der Rechtsform. Insofern knüpft hieran § 95 Abs. 1 Satz 6 SGB V an, wenn der Gesetzgeber alle zulässigen Organisationsformen für möglich hält. Bereits der Begriff "Organisationsform" verlangt aber damit auch eine rechtlich eigenständige Organisationsform. Insbesondere aber sprechen die systematische Auslegung und damit die vom Gesetzgeber vorgegebene Struktur der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung für die Unzulässigkeit der vom Antragsteller gewählten Rechtsform.

Das SGB V beruht weiterhin auf einer grundsätzlich strikten Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Insoweit bestimmt § 95 Abs. 1 Satz 1, dass an der vertragsärztlichen Versorgung, d. h. an der ambulanten Versorgung nur zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen teilnehmen. Leistungserbringer aus dem stationären Leistungsbereich werden hier nicht genannt. Soweit der Gesetzgeber verstärkt im Wege einer Verzahnung der ambulanten und stationären Versorgung auch stationäre Leistungserbringer in den ambulanten Versorgungsbereich einbezieht, geschieht dies durch ausdrückliche gesetzliche Regelung, so z. B. als nachstationäre (§ 115a SGB V) sowie ambulante Krankenhausbehandlung (§§ 115b, 116b SGB V), als Ermächtigung im Falle einer Unterversorgung (§ 116a SGBV), zur Erbringung hochspezialisierter und seltener Leistungen (§ 116b SGB V) oder als Ermächtigung nach §§ 117 ff. SGB V. Der Gesetzgeber hat aber bisher davon abgesehen, stationäre Leistungserbringer als solche und generell in die ambulante Versorgung einzubeziehen. Diese nehmen als solche eben nicht teil an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 SGB V. Sogenannte Polikliniken der Plankrankenhäuser sind weiterhin ausdrücklich nicht vorgesehen. Soweit Hochschulambulanzen (§ 117 SGB V) oder psychiatrische Institutsambulanzen (§ 118 SGB V) möglich sind, erfolgt dies aus Zwecken der Forschung und Lehre oder aber aus besonderen Versorgungsgesichtspunkten. Diese Vorschriften bestätigen aber die Regel, dass sogenannte Polikliniken der übrigen Krankenhäuser gerade nicht zugelassen sind. Der Gesetzgeber hat der Zulassung der Gründung von MVZ auch durch Krankenhäuser bzw. deren Träger eine weitere Verschränkung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung ermöglicht, was er weiter flankiert hat durch Änderung des § 20 Abs. 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz. Eine weitergehende Verzahnung hat er aber gerade nicht ermöglicht. Die Zulassungsgremien und die Gerichte sind daher weiterhin an die Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung gebunden. Die vom Antragsteller beabsichtigte Organisationsform würde aber im Ergebnis bedeuten, dass das MVZ als Abteilung eines Krankenhauses geführt werden könnte, die beabsichtigte Trennung im Rahmen des Eigenbetriebs ist lediglich eine organisationsinterne Maßnahme, die rechtlich nicht zwingend ist und rechtlich keine Trennung zwischen dem MVZ als Teilnehmer der ambulanten Versorgung und den Krankenhäusern als Teilnehmer der stationären Versorgung bedeutet. Von daher ist davon auszugehen, dass nach den gesetzlichen Vorgaben jedenfalls eine strikte, auch rechtliche Trennung zwischen einem MVZ in einem Krankenhaus bestehen muss.

Den Hinweisen des Antragstellers auf das Rechtsgutachten des Herrn Prof. Dr. J mit Datum vom 18.09.2007 vermochte die Kammer nicht zu folgen. Soweit dieser darin ausführt (Seite 16 des Gutachtens), erforderlich sei lediglich, dass es sich bei dem MVZ um eine "Einrichtung" handele, die als organisatorisch (nicht rechtlich) verselbständigte (räumlich wahrnehmbare, personell und einrichtungsmäßig erkennbare) Einheit die Aufgabe eines MVZ wahrnehmen könne, handelt es sich um eine nicht näher begründete Wertung. Dies gilt auch für die weiteren Ausführungen. Insbesondere werden die von der Kammer aufgezeigten strukturellen Vorgaben des Gesetzgebers nicht beachtet. Soweit der Gesetzgeber neue Versorgungsformen mit dem MVZ schaffen wollte, so hat er gerade von der Zulässigkeit sogenannter Polikliniken abgesehen. In der Konsequenz bedeutet dies auch, dass das MVZ, würde es in der vom Antragsteller beabsichtigten Form gegründet werden, nicht in der Lage wäre, selbst die Ärzte zum Betrieb des MVZ anzustellen. Die Stellungnahme des Hessischen Sozialministeriums mit Datum vom 10.09.2007 beschränkt sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe von Gesetzespassagen und die Feststellung, in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Bundesministeriums für Gesundheit vom 21. August 2007 würden keine Gründe gesehen, die eine Zulassung des MVZ in R-Stadt entgegenstünden.

Aufgrund dieser Rechtslage brauchte die Kammer nicht darüber zu befinden, inwieweit die Vorgabe in der Begründung der Beschlussvorlage vom 21.06.2007, Blatt 104 bis 101 des Bandes 1a der Verwaltungsakte, einer Genehmigung entgegensteht. Jedenfalls kann es nicht der Zweck eines MVZ sein, Einweisungen in bestimmte Krankenhäuser zu steuern.

Ein Anordnungsgrund liegt ebenfalls nicht vor. Der Antragsteller begründet das Vorliegen eines Anordnungsgrundes damit, dass ihm nicht zuzumuten sei, ein Hauptsacheverfahren abzuwarten, da er bereits einen Kaufvertrag mit der Rücktrittsklausel abgeschlossen habe. Das Risiko eines Hauptsacheverfahrens könnte dem Antragsteller aber auch im Falle der Stattgabe seines Antrages nicht genommen werden. Sollte der Antragsteller im Ergebnis auch ein Hauptsacheverfahren verlieren, so würde er im Ergebnis eine Genehmigung nicht erhalten und könnte von der Praxisübernahme keinen weiteren Gebrauch machen. Sollte die Rücktrittsklausel daher dahingehend verstanden werden, dass eine bestandskräftige Zulassung vorliegen muss, so würde auch im Falle einer stattgebenden einstweiligen Anordnung den Vertragsparteien des Praxisübernahmevertrages vorbehalten bleiben, vom Vertrag zurückzutreten. Andere Gründe aber, wie die Notwendigkeit der Aufnahme des Betriebs oder wirtschaftliche Gründe für den Beginn des Betriebes, hat der Antragsteller nicht vorgetragen. Öffentliche Gründe für den Erlass einer einstweiligen Anordnung, als solche kommen insbesondere Versorgungsgesichtspunkte in Betracht, bestehen in einem gesperrten Planungsbereich zunächst nicht. Besondere Versorgungsgesichtspunkte sind der Kammer nicht ersichtlich und werden von den Beteiligten auch nicht vorgetragen.

Nach allem war der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.

Die Kostentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Verfahrenskosten.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den gesetzlichen Vorgaben (§ 52 Abs. 1 Satz 2 Gerichtskostengesetz). Auszugehen war von einem vom Antragsteller angegebenen Jahresgewinn von 80.000,00 Euro. Eine gerichtliche Entscheidung kann längstens bis zur Zustellung einer Entscheidung des Antragsgegners und Ablaufs der Widerspruchsfrist ergehen. Dieser Zeitraum war mit 4 Monaten anzusetzen. Entsprechend war der Jahresgewinn zu quoteln. Dies ergab den festgesetzten Wert.
Rechtskraft
Aus
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