Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AL 939/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AL 4873/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Festgesetzt im Sinne der Übergangsvorschrift des § 434 j Abs. 5 SGB III ist der Betrag des Bemessungsentgelts, der für die Höhe der Leistung maßgeblich ist. Der Verzicht auf Rundung des bis 31.12.2004 dem Bemessungsentgelt zugrundegelegten Betrags bei Leistungsgewährung ab 01.01.2005 stellt somit eine Neufestsetzung im Sinne der Übergangsvorschrift dar.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. September 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Abänderung des Zahlbetrags ab 01.01.2005 aus dem Arbeitslosengeldanspruch des Klägers.
Dem Kläger wurde mit Bescheid vom 20.12.2004 Arbeitslosengeld (Alg) ab 01.12.2004 mit einem täglichen Zahlbetrag von 69,84 EUR (Bemessungsentgelt wöchentlich 1180 EUR, Leistungssatz wöchentlich 488,88 EUR) bewilligt. Mit Änderungsbescheid vom 02.01.2005 wurde dem Kläger ab 01.01.2005 Alg mit einem täglichen Zahlbetrag von 68,52 EUR (Bemessungsentgelt täglich 168,35 EUR) bewilligt. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Bemessungsentgelt werde ab Jahresbeginn von einem wöchentlichen auf einem täglichen Betrag umgestellt, hierzu werde nicht das bisherige gerundete wöchentliche Bemessungsentgelt durch 7 geteilt, sondern das ungerundete wöchentliche Bemessungsentgelt zugrunde gelegt. Hierdurch könnten sich geringfügige Abweichung vom bisherigen gerundeten Wochenbetrag ergeben.
Der Kläger legte gegen die Abänderung Widerspruch ein unter Hinweis auf die Übergangsvorschrift von § 434 j Abs. 5 Sozialgesetzbuch (SGB) III, wonach die Neuberechnung bei vor dem 1. Januar 2005 entstandenen Ansprüchen auf Alg nur bei Änderung eines nach Dezember 2004 eingetreten Sachverhalts vorzunehmen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Bewilligung ab 01.12. 2004 habe ein ungerundetes Bemessungsentgelt von 1178,44 EUR wöchentlich zugrunde gelegen. Dies entspreche einem täglichen Bemessungsentgelt von 168,35 EUR.
Für den Zeitpunkt einer Reha- Maßnahme vom 06.07. bis 30.07.2005 erging der Bewilligungsbescheid vom 02.08.2005 für die Bezugsdauer vom 06.07. bis 30.07.2005 zu einem täglichen Leistungssatz von 69,11 EUR bei einem täglichen Bemessungsentgelt von 168,35 EUR, mit Weiterbewilligung ab 31.07.2005 zu einem Leistungssatz von täglich 68,52 EUR.
Der Kläger hat am 21.02.2005 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholt.
Mit richterlicher Verfügung vom 31.05.2005 wurde der Beklagten der Hinweis erteilt, dass im Bescheid vom 20.12.2004 ein Bemessungsentgelt von 1180 EUR wöchentlich festgesetzt worden sei, was ein tägliches Bemessungsentgelt von 168,57 EUR ergebe. Die Beklagte hat ihren Rechtsstandpunkt wiederholt und der gerichtlichen Auflage entsprechend mitgeteilt, der tägliche Leistungssatz bei einem täglichen Bemessungsentgelt von 168,57 EUR würde 69,18 EUR betragen.
Mit Urteil vom 29.09.2005 hat das SG in Abänderung der angefochtenen Bescheide die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 01.01.2005 Alg nach einem Bemessungsentgelt von 168,57 EUR täglich zu gewähren. Nach der bis Dezember 2004 gültigen Regelung sei das Bemessungsentgelt das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende, auf den nächsten durch fünf teilbaren Eurobetrag gerundete Entgelt gewesen (§132 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGB III alte Fassung (a. F.)). Nach der ab Januar 2005 geltenden Rechtsänderung sei das Bemessungsentgelt nunmehr das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das im Bemessungszeitraum erzielt worden sei (§ 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Nach der Übergangsvorschrift in § 434 j Abs. 5 SGB III sei bei den vor 01.01.2005 entstandenen Arbeitslosengeldansprüchen das Bemessungsentgelt nach neuem Recht nur neu festzusetzen, soweit dies aufgrund eines Sachverhalts erforderlich geworden sei, der nach dem 31.12.2004 eingetreten sei. Vorliegend sei keine Sachverhaltsänderung eingetreten. Auch wenn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Angabe des Arbeitsentgelts im Bewilligungsbescheid nur ein Begründungselement darstelle und nicht zum Verfügungssatz gehöre, ergebe sich nichts anderes. Bis Dezember 2004 sei nicht nach "tatsächlichem" und "gerundetem" Bemessungsentgelt unterschieden worden, sondern nach § 132 SGB III a. F. sei das Bemessungsentgelt zu berechnen gewesen, was im Falle des Klägers ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 1180 EUR ergeben habe. Dies entspreche bei der ab 01.01.2005 vorzunehmenden Umrechnung auf ein tägliches Bemessungsentgelt einem Betrag von 168,57 EUR.
Gegen das der Beklagten am 24.10.2005 zugestellte Urteil hat sie am 16.11.2005 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die Übergangsregelung des §§ 434j Abs. 5 SGB III beziehe sich auf die Neufestsetzung von Bemessungsentgelt. Vorliegend sei aber kein neues Bemessungsentgelt festgesetzt worden, die Änderung des Bemessungsentgelts beruhe lediglich auf dem Umstand, dass die Rundungsvorschriften ersatzlos entfallen seien. Der Gesetzgeber habe mit der Übergangsregelung nur aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität die Neubemessung laufender Fälle vermeiden wollen. In der ersten Entwurfsfassung habe die Übergangsregelung noch gelautet, dass das Recht über die Bemessung des Arbeitslosengeldes (§§ 129 bis 139) in der vom 1. Januar 2005 an geltenden Fassung anzuwenden sei, wenn dies aufgrund eines Sachverhalts erforderlich ist, der nach dem 31. Dezember 2004 eingetreten ist. Die geltende Fassung stelle nun darauf ab, dass das Bemessungsentgelt nach dem vom 1. Januar 2005 an geltenden Recht nur neu festzusetzen ist, soweit dies aufgrund einer Sachverhaltsänderung nach Dezember 2004 erforderlich ist. Daraus ergebe sich, dass der Gesetzgeber nicht die Absicht verfolgt habe, das alte Bemessungsrecht für laufende Fälle vollständig unverändert weitergelten zu lassen. Die Beklagte hat auf den vorgelegten Bescheid vom 16.12.2005 verwiesen, der nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sei. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte die Bewilligung von Alg ab 05.01.2005 teilweise in Höhe von 1,32 EUR täglich aufgehoben. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X habe der Kläger gewusst bzw. hätte wissen müssen, dass der ihm zuerkannte Anspruch zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen sei. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte den Bescheid vom 16.12.2005 zurückgenommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.09.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hat eingewandt, die Interpretation der Beklagten der Übergangsregelung hinsichtlich der Erst- und Endfassung sei nicht nachvollziehbar. Zudem sei die Berechnung auch deshalb nicht korrekt, da die Lohnsteuererklärung von 2005 berücksichtigt worden sei, richtig wäre die Berücksichtigung der Lohnsteuertabelle von 2004 gewesen. Zum Bescheid vom 16.12.2005 hat sich der Kläger nicht geäußert.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des SG beigezogen. Auf diese Unterlagen und die beim Senat angefallene Akte wird im Übrigen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist (zuletzt) nur der Bescheid vom 02.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.02.2005 Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Klage erhoben. Spätere ergangene Bewilligungsbescheide sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. In der mündlichen Verhandlung des Senats hat der Kläger erklärt, die Klage richte sich gegen diesen Bescheid. Zugleich hat die Beklagte erklärt, sie sei bereit, im Falle der rechtskräftigen Aufhebung dieses Bescheides die danach ergangenen Bescheide zu überprüfen.
Über den Bescheid vom 16.12.2005 braucht der Senat nicht mehr zu entscheiden, da die Beklagte diesen Bescheid in der mündlichen Verhandlung des Senats wieder aufgehoben hat.
II.
Die Berufung der Beklagten ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft, da sie laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Im Bewilligungsbescheid vom 20.12.2004 ist eine Anspruchsdauer von 960 Kalendertagen festgesetzt. Außerdem hat das SG die Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, denn das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden.
Dem Kläger steht Alg ab 01.01.2005 nach einem Bemessungsentgelt von 168,57 EUR täglich zu. Dies hat das SG zutreffend im angefochtenen Urteil ausgeführt, weshalb der Senat nach eigener Überprüfung hierauf verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist auszuführen, dass für die von der Beklagten vertretenen und im Berufungsverfahren vertieften Rechtsauffassung zur Auslegung der Übergangsvorschrift des § 434j Abs. 5 SGB III, durch Verzicht auf Rundung keine Neufestsetzung des Bemessungsentgelts vorgenommen zu haben, nichts spricht. § 434 j Abs. 5 SG&61472;&61513;&61513;&61513; bestimmt: Ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld vor dem 1. Januar 2005 entstanden, ist das Bemessungsentgelt nach dem vom 1. Januar 2005 an geltenden Recht nur neu festzusetzen, soweit dies aufgrund eines Sachverhalts erforderlich ist, der nach dem 31. Dezember 2004 eingetreten ist.
§ 434j Abs. 5 bezieht sich auf die ab 01.01.2005 geltende Neuregelung der Berechnungsvorschriften für das Arbeitslosengeld (Neufassung der §§ 130-134, Aufhebung von §§ 135-139). Es soll aus Verwaltungsvereinfachungsgründen vermieden werden, dass alle laufenden Fälle neu berechnet werden müssen. Die Neuberechnung erfolgt nur, wenn Änderungen nach dem 31.12.2004 ohnehin Anlass zur Neuberechnung geben (Gagel, SGB III, § 434j Rdnr. 9). Da es sich auf die komplette Neuregelung bezieht, wird von der Übergangsvorschrift auch der Wegfall der Rundungsvorschriften erfasst, sodass die Beklagte nicht berechtigt ist, das Bemessungsentgelt ohne Rundung zu berechnen und der Leistung zugrunde zu legen.
Eine Festsetzung im Rechtssinne, wonach eine in Bestandskraft erwachsende Feststellung, die isoliert angefochten werden kann, im Bewilligungsbescheid zum Arbeitslosengeld ergeht, kann mit der gesetzlichen Formulierung nicht gemeint sein, da mit dem Bemessungsentgelt nur die Höhe der Leistung begründet wird. Festgesetzt im Sinne der Übergangsvorschrift ist daher der Betrag des Bemessungsentgelts, der für die Höhe der Leistung maßgeblich ist.
Dies sind die differenten, nach den Berechnungsvorschriften einschließlich der nach altem Recht anzuwendenden Rundungsvorschrift ausgewiesenen Beträge, die in den Bescheiden vom 20.12.2004 bzw. 02.01. 2005 folgerichtig auch in der Rubrik "Berechnungsgrundlagen" angegeben sind. Weshalb die Änderung dieser in den Bescheiden ausgewiesen Beträge keine neue Festsetzung i. S. der Übergangsvorschrift sein soll, erschließt sich ebenso wie dem SG auch dem Senat nicht. Maßgebend für die allein anfechtbare Höhe des Alg, nämlich dem auch konsequent in der Rubrik "zuerkannte Leistungen" angegebenen Leistungsbetrag, ist das im Bescheid ausgewiesene Bemessungsentgelt. Die Berechnungsweise, ob dem ausgewiesenen Bemessungsentgelt ein gerundetes oder ungerundetes Rechenergebnis zu Grunde lag, ist weder den Bescheiden zu entnehmen gewesen, noch war der ungerundete Betrag bis 31.12.2004 von rechtlicher Bedeutung. Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte für die Bezugsdauer ab 01.01.2005 - nach dem zu berücksichtigenden Bescheid vom 02.01.2005 - eine Neufestsetzung des Bemessungsentgelts vorgenommen, obgleich eine solche nach § 434 j Abs. 5 SGB II ausdrücklich nur vorzunehmen ist, soweit dies aufgrund eines nach dem 31.12.2004 eingetreten Sachverhalts erforderlich ist.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist aus der Abänderung der ursprünglichen Entwurfsfassung nichts anderes zu folgern. Die Bezugnahme auf die Vorschriften der §§ 129 bis 139 SGB III a. F., die bei den privilegierten Ansprüchen noch über den 01.01.2005 hinaus anwendbar sein sollten, hätte auch die verwaltungsvereinfachende Umstellung auf den allein maßgeblichen täglichen Zahlbetrag und die pauschalierte Auszahlung bei vollen Kalendermonaten mit Berechnung von 30 Tagen, auch wenn 31 oder 29/28 Kalendertage vorliegen, ab 01.01.2005 verhindert. Dem wurde mit der jetzigen Formulierung in § 434j Abs. 5 SGB III Rechnung getragen, die auf die Festsetzung des Bemessungsentgelts abstellt. Die gesetzeshistorische Auslegung der Beklagten ist daher nicht überzeugend.
Eine Änderung der Tatsachen liegt unstreitig nicht vor. Dies gilt auch für die Durchführung der Reha-Maßnahme im Juli 2005, auf die der Änderungsbescheid vom 03.08.2005 der Beklagten zurückzuführen ist. Eine Weitergewährung von Alg nach § 126 SGB III für die Zeit einer durchgeführten stationären Heilbehandlung bei anschließender fortbestehender Arbeitsfähigkeit ist kein rechtlich relevanter Sachverhalt für die Neufestsetzung von Bemessungsentgelt (§ 135 Abs. 5 Satz 1 SGB III). Eine für den Leistungsbezug dem Grunde oder der Höhe nach wesentliche rechtliche Änderung liegt nach den obigen Ausführungen nicht vor.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die streitige Auslegung einer Rechtsvorschrift begründet noch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Abänderung des Zahlbetrags ab 01.01.2005 aus dem Arbeitslosengeldanspruch des Klägers.
Dem Kläger wurde mit Bescheid vom 20.12.2004 Arbeitslosengeld (Alg) ab 01.12.2004 mit einem täglichen Zahlbetrag von 69,84 EUR (Bemessungsentgelt wöchentlich 1180 EUR, Leistungssatz wöchentlich 488,88 EUR) bewilligt. Mit Änderungsbescheid vom 02.01.2005 wurde dem Kläger ab 01.01.2005 Alg mit einem täglichen Zahlbetrag von 68,52 EUR (Bemessungsentgelt täglich 168,35 EUR) bewilligt. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Bemessungsentgelt werde ab Jahresbeginn von einem wöchentlichen auf einem täglichen Betrag umgestellt, hierzu werde nicht das bisherige gerundete wöchentliche Bemessungsentgelt durch 7 geteilt, sondern das ungerundete wöchentliche Bemessungsentgelt zugrunde gelegt. Hierdurch könnten sich geringfügige Abweichung vom bisherigen gerundeten Wochenbetrag ergeben.
Der Kläger legte gegen die Abänderung Widerspruch ein unter Hinweis auf die Übergangsvorschrift von § 434 j Abs. 5 Sozialgesetzbuch (SGB) III, wonach die Neuberechnung bei vor dem 1. Januar 2005 entstandenen Ansprüchen auf Alg nur bei Änderung eines nach Dezember 2004 eingetreten Sachverhalts vorzunehmen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Bewilligung ab 01.12. 2004 habe ein ungerundetes Bemessungsentgelt von 1178,44 EUR wöchentlich zugrunde gelegen. Dies entspreche einem täglichen Bemessungsentgelt von 168,35 EUR.
Für den Zeitpunkt einer Reha- Maßnahme vom 06.07. bis 30.07.2005 erging der Bewilligungsbescheid vom 02.08.2005 für die Bezugsdauer vom 06.07. bis 30.07.2005 zu einem täglichen Leistungssatz von 69,11 EUR bei einem täglichen Bemessungsentgelt von 168,35 EUR, mit Weiterbewilligung ab 31.07.2005 zu einem Leistungssatz von täglich 68,52 EUR.
Der Kläger hat am 21.02.2005 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholt.
Mit richterlicher Verfügung vom 31.05.2005 wurde der Beklagten der Hinweis erteilt, dass im Bescheid vom 20.12.2004 ein Bemessungsentgelt von 1180 EUR wöchentlich festgesetzt worden sei, was ein tägliches Bemessungsentgelt von 168,57 EUR ergebe. Die Beklagte hat ihren Rechtsstandpunkt wiederholt und der gerichtlichen Auflage entsprechend mitgeteilt, der tägliche Leistungssatz bei einem täglichen Bemessungsentgelt von 168,57 EUR würde 69,18 EUR betragen.
Mit Urteil vom 29.09.2005 hat das SG in Abänderung der angefochtenen Bescheide die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 01.01.2005 Alg nach einem Bemessungsentgelt von 168,57 EUR täglich zu gewähren. Nach der bis Dezember 2004 gültigen Regelung sei das Bemessungsentgelt das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende, auf den nächsten durch fünf teilbaren Eurobetrag gerundete Entgelt gewesen (§132 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGB III alte Fassung (a. F.)). Nach der ab Januar 2005 geltenden Rechtsänderung sei das Bemessungsentgelt nunmehr das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das im Bemessungszeitraum erzielt worden sei (§ 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Nach der Übergangsvorschrift in § 434 j Abs. 5 SGB III sei bei den vor 01.01.2005 entstandenen Arbeitslosengeldansprüchen das Bemessungsentgelt nach neuem Recht nur neu festzusetzen, soweit dies aufgrund eines Sachverhalts erforderlich geworden sei, der nach dem 31.12.2004 eingetreten sei. Vorliegend sei keine Sachverhaltsänderung eingetreten. Auch wenn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Angabe des Arbeitsentgelts im Bewilligungsbescheid nur ein Begründungselement darstelle und nicht zum Verfügungssatz gehöre, ergebe sich nichts anderes. Bis Dezember 2004 sei nicht nach "tatsächlichem" und "gerundetem" Bemessungsentgelt unterschieden worden, sondern nach § 132 SGB III a. F. sei das Bemessungsentgelt zu berechnen gewesen, was im Falle des Klägers ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 1180 EUR ergeben habe. Dies entspreche bei der ab 01.01.2005 vorzunehmenden Umrechnung auf ein tägliches Bemessungsentgelt einem Betrag von 168,57 EUR.
Gegen das der Beklagten am 24.10.2005 zugestellte Urteil hat sie am 16.11.2005 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die Übergangsregelung des §§ 434j Abs. 5 SGB III beziehe sich auf die Neufestsetzung von Bemessungsentgelt. Vorliegend sei aber kein neues Bemessungsentgelt festgesetzt worden, die Änderung des Bemessungsentgelts beruhe lediglich auf dem Umstand, dass die Rundungsvorschriften ersatzlos entfallen seien. Der Gesetzgeber habe mit der Übergangsregelung nur aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität die Neubemessung laufender Fälle vermeiden wollen. In der ersten Entwurfsfassung habe die Übergangsregelung noch gelautet, dass das Recht über die Bemessung des Arbeitslosengeldes (§§ 129 bis 139) in der vom 1. Januar 2005 an geltenden Fassung anzuwenden sei, wenn dies aufgrund eines Sachverhalts erforderlich ist, der nach dem 31. Dezember 2004 eingetreten ist. Die geltende Fassung stelle nun darauf ab, dass das Bemessungsentgelt nach dem vom 1. Januar 2005 an geltenden Recht nur neu festzusetzen ist, soweit dies aufgrund einer Sachverhaltsänderung nach Dezember 2004 erforderlich ist. Daraus ergebe sich, dass der Gesetzgeber nicht die Absicht verfolgt habe, das alte Bemessungsrecht für laufende Fälle vollständig unverändert weitergelten zu lassen. Die Beklagte hat auf den vorgelegten Bescheid vom 16.12.2005 verwiesen, der nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sei. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte die Bewilligung von Alg ab 05.01.2005 teilweise in Höhe von 1,32 EUR täglich aufgehoben. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X habe der Kläger gewusst bzw. hätte wissen müssen, dass der ihm zuerkannte Anspruch zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen sei. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte den Bescheid vom 16.12.2005 zurückgenommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.09.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hat eingewandt, die Interpretation der Beklagten der Übergangsregelung hinsichtlich der Erst- und Endfassung sei nicht nachvollziehbar. Zudem sei die Berechnung auch deshalb nicht korrekt, da die Lohnsteuererklärung von 2005 berücksichtigt worden sei, richtig wäre die Berücksichtigung der Lohnsteuertabelle von 2004 gewesen. Zum Bescheid vom 16.12.2005 hat sich der Kläger nicht geäußert.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des SG beigezogen. Auf diese Unterlagen und die beim Senat angefallene Akte wird im Übrigen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist (zuletzt) nur der Bescheid vom 02.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.02.2005 Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Klage erhoben. Spätere ergangene Bewilligungsbescheide sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. In der mündlichen Verhandlung des Senats hat der Kläger erklärt, die Klage richte sich gegen diesen Bescheid. Zugleich hat die Beklagte erklärt, sie sei bereit, im Falle der rechtskräftigen Aufhebung dieses Bescheides die danach ergangenen Bescheide zu überprüfen.
Über den Bescheid vom 16.12.2005 braucht der Senat nicht mehr zu entscheiden, da die Beklagte diesen Bescheid in der mündlichen Verhandlung des Senats wieder aufgehoben hat.
II.
Die Berufung der Beklagten ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft, da sie laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Im Bewilligungsbescheid vom 20.12.2004 ist eine Anspruchsdauer von 960 Kalendertagen festgesetzt. Außerdem hat das SG die Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, denn das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden.
Dem Kläger steht Alg ab 01.01.2005 nach einem Bemessungsentgelt von 168,57 EUR täglich zu. Dies hat das SG zutreffend im angefochtenen Urteil ausgeführt, weshalb der Senat nach eigener Überprüfung hierauf verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist auszuführen, dass für die von der Beklagten vertretenen und im Berufungsverfahren vertieften Rechtsauffassung zur Auslegung der Übergangsvorschrift des § 434j Abs. 5 SGB III, durch Verzicht auf Rundung keine Neufestsetzung des Bemessungsentgelts vorgenommen zu haben, nichts spricht. § 434 j Abs. 5 SG&61472;&61513;&61513;&61513; bestimmt: Ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld vor dem 1. Januar 2005 entstanden, ist das Bemessungsentgelt nach dem vom 1. Januar 2005 an geltenden Recht nur neu festzusetzen, soweit dies aufgrund eines Sachverhalts erforderlich ist, der nach dem 31. Dezember 2004 eingetreten ist.
§ 434j Abs. 5 bezieht sich auf die ab 01.01.2005 geltende Neuregelung der Berechnungsvorschriften für das Arbeitslosengeld (Neufassung der §§ 130-134, Aufhebung von §§ 135-139). Es soll aus Verwaltungsvereinfachungsgründen vermieden werden, dass alle laufenden Fälle neu berechnet werden müssen. Die Neuberechnung erfolgt nur, wenn Änderungen nach dem 31.12.2004 ohnehin Anlass zur Neuberechnung geben (Gagel, SGB III, § 434j Rdnr. 9). Da es sich auf die komplette Neuregelung bezieht, wird von der Übergangsvorschrift auch der Wegfall der Rundungsvorschriften erfasst, sodass die Beklagte nicht berechtigt ist, das Bemessungsentgelt ohne Rundung zu berechnen und der Leistung zugrunde zu legen.
Eine Festsetzung im Rechtssinne, wonach eine in Bestandskraft erwachsende Feststellung, die isoliert angefochten werden kann, im Bewilligungsbescheid zum Arbeitslosengeld ergeht, kann mit der gesetzlichen Formulierung nicht gemeint sein, da mit dem Bemessungsentgelt nur die Höhe der Leistung begründet wird. Festgesetzt im Sinne der Übergangsvorschrift ist daher der Betrag des Bemessungsentgelts, der für die Höhe der Leistung maßgeblich ist.
Dies sind die differenten, nach den Berechnungsvorschriften einschließlich der nach altem Recht anzuwendenden Rundungsvorschrift ausgewiesenen Beträge, die in den Bescheiden vom 20.12.2004 bzw. 02.01. 2005 folgerichtig auch in der Rubrik "Berechnungsgrundlagen" angegeben sind. Weshalb die Änderung dieser in den Bescheiden ausgewiesen Beträge keine neue Festsetzung i. S. der Übergangsvorschrift sein soll, erschließt sich ebenso wie dem SG auch dem Senat nicht. Maßgebend für die allein anfechtbare Höhe des Alg, nämlich dem auch konsequent in der Rubrik "zuerkannte Leistungen" angegebenen Leistungsbetrag, ist das im Bescheid ausgewiesene Bemessungsentgelt. Die Berechnungsweise, ob dem ausgewiesenen Bemessungsentgelt ein gerundetes oder ungerundetes Rechenergebnis zu Grunde lag, ist weder den Bescheiden zu entnehmen gewesen, noch war der ungerundete Betrag bis 31.12.2004 von rechtlicher Bedeutung. Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte für die Bezugsdauer ab 01.01.2005 - nach dem zu berücksichtigenden Bescheid vom 02.01.2005 - eine Neufestsetzung des Bemessungsentgelts vorgenommen, obgleich eine solche nach § 434 j Abs. 5 SGB II ausdrücklich nur vorzunehmen ist, soweit dies aufgrund eines nach dem 31.12.2004 eingetreten Sachverhalts erforderlich ist.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist aus der Abänderung der ursprünglichen Entwurfsfassung nichts anderes zu folgern. Die Bezugnahme auf die Vorschriften der §§ 129 bis 139 SGB III a. F., die bei den privilegierten Ansprüchen noch über den 01.01.2005 hinaus anwendbar sein sollten, hätte auch die verwaltungsvereinfachende Umstellung auf den allein maßgeblichen täglichen Zahlbetrag und die pauschalierte Auszahlung bei vollen Kalendermonaten mit Berechnung von 30 Tagen, auch wenn 31 oder 29/28 Kalendertage vorliegen, ab 01.01.2005 verhindert. Dem wurde mit der jetzigen Formulierung in § 434j Abs. 5 SGB III Rechnung getragen, die auf die Festsetzung des Bemessungsentgelts abstellt. Die gesetzeshistorische Auslegung der Beklagten ist daher nicht überzeugend.
Eine Änderung der Tatsachen liegt unstreitig nicht vor. Dies gilt auch für die Durchführung der Reha-Maßnahme im Juli 2005, auf die der Änderungsbescheid vom 03.08.2005 der Beklagten zurückzuführen ist. Eine Weitergewährung von Alg nach § 126 SGB III für die Zeit einer durchgeführten stationären Heilbehandlung bei anschließender fortbestehender Arbeitsfähigkeit ist kein rechtlich relevanter Sachverhalt für die Neufestsetzung von Bemessungsentgelt (§ 135 Abs. 5 Satz 1 SGB III). Eine für den Leistungsbezug dem Grunde oder der Höhe nach wesentliche rechtliche Änderung liegt nach den obigen Ausführungen nicht vor.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die streitige Auslegung einer Rechtsvorschrift begründet noch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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